URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
7. November 1997 (1)
„Landwirtschaft Fischerei Aquakultur und Umgestaltung geschützter
Meeresgebiete Gemeinschaftszuschuß Feststellung der fehlenden
Zuschußfähigkeit bestimmter Ausgaben Nichtigkeitsklage
Schadensersatzklage“
In der Rechtssache T-218/95
Azienda Agricola „Le Canne“ Srl, Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in
Porto Viro (Italien), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Giulio Schiller,
Giuseppe Carraro, Francesca Mazzonetto, Padua, und Guy Arendt, Luxemburg,
Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Guy Arendt, 62, avenue Guillaume,
Luxemburg,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater
Eugenio de March und Hubertus van Vliet, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
Beistand: Rechtsanwalt Alberto Dal Ferro, Vicenza, Zustellungsbevollmächtigter:
Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
wegen Nichtigerklärung der Kürzung eines zunächst bewilligten
Gemeinschaftszuschusses durch die Kommission und Ersatz des der Klägerin durch
diese Kürzung entstandenen Schadens
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten B. Vesterdorf sowie der Richter C. P. Briët und
A. Potocki,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5.
Juni 1997,
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
- 1.
- Gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 des
Rates vom 18. Dezember 1986 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung
und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur (ABl.
L 376, S. 7) kann die Kommission einen Gemeinschaftszuschuß für die Entwicklung
der Aquakultur und die Umgestaltung geschützter Meeresgebiete im Hinblick auf
eine bessere Bewirtschaftung der Küstenstreifen gewähren.
- 2.
- Gemäß Artikel 12 der Verordnung Nr. 4028/86, der auf Anhang III verweist,
beträgt für die Region Venezien der Gemeinschaftszuschuß für die Aquakultur
40 %, die Beteiligung Italiens zwischen 10 % und 30 % der zuschußfähigen
Ausgaben.
- 3.
- In Artikel 44 der Verordnung Nr. 4028/86 heißt es:
„(1) Während der gesamten Dauer der Gemeinschaftsbeteiligung übermittelt die
hierfür von dem betreffenden Mitgliedstaat bezeichnete Behörde oder Stelle der
Kommission auf Ersuchen alle Belege und sonstigen Dokumente, aus denen
hervorgeht, daß die finanziellen oder sonstigen Bedingungen bei den einzelnen
Vorhaben eingehalten sind. Die Kommission kann nach dem Verfahren des
Artikels 47 eine Aussetzung, Kürzung oder Streichung der Beteiligung beschließen,
wenn
das Vorhaben nicht wie vorgesehen durchgeführt wird oder
...
Die Entscheidung wird dem betreffenden Mitgliedstaat und dem Begünstigten
mitgeteilt.
Die Kommission zieht zu Unrecht gezahlte Beträge wieder ein.
(2) Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden von der Kommission
nach dem Verfahren des Artikels 47 erlassen.“
- 4.
- Artikel 47 lautet:
„(1) Wird auf das Verfahren dieses Artikels Bezug genommen, so befaßt der
Vorsitzende des Ständigen Strukturausschusses für die Fischwirtschaft von sich aus
oder auf Antrag des Vertreters eines Mitgliedstaats den Ausschuß.
(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet einen Entwurf der zu treffenden
Maßnahmen. Der Ausschuß nimmt zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist, die
der Vorsitzende entsprechend der Dringlichkeit der zu prüfenden Fragen festlegen
kann, Stellung. Die Stellungnahme kommt mit einer Mehrheit von 54 Stimmen
zustande, wobei die Stimmen der Mitgliedstaaten nach Artikel 148 Absatz 2 des
Vertrages gewogen werden. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.
(3) Die Kommission trifft die Maßnahmen, die sofort anwendbar sind. Entsprechen
sie jedoch nicht der Stellungnahme des Ausschusses, so werden sie von der
Kommission unverzüglich dem Rat mitgeteilt; in diesem Fall kann die Kommission
die Anwendung der von ihr beschlossenen Maßnahmen für die Dauer von
höchstens einem Monat ab dieser Mitteilung aussetzen. Der Rat kann innerhalb
eines Monats mit qualifzierter Mehrheit anders entscheiden.“
- 5.
- Mit der Verordnung (EWG) Nr. 1116/88 vom 20. April 1988 (ABl. L 112, S. 1) hat
die Kommission Durchführungsbestimmungen zu den Entscheidungen über die
Gewährung von Zuschüssen zu Vorhaben betreffend Gemeinschaftsmaßnahmen zur
Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei, der
Aquakultur und der Entwicklung der Küstengewässer erlassen.
- 6.
- Die sechste Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1116/88 lautet: „Das
Verfahren zur Aussetzung, Kürzung oder Streichung der Beteiligung sollte nicht
eingeleitet werden, ohne daß zuvor der betreffende Mitgliedstaat, der dazu Stellung
nehmen kann, gehört wurde und den Zuschußempfängern Gelegenheit zur
Äußerung gegeben wurde.“
- 7.
- Artikel 7 der Verordnung Nr. 1116/88 trifft hierzu folgende Regelung:
„Bevor die Kommission ein Verfahren zur Aussetzung, Kürzung oder Streichung
von Zuschüssen nach Artikel 44 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86
einleitet,
setzt sie den Mitgliedstaat, auf dessen Gebiet das Vorhaben durchgeführt
werden sollte, hiervon in Kenntnis; der Mitgliedstaat kann hierzu Stellung
nehmen;
hört sie die für die Übermittlung der Belege zuständige Behörde oder
Stelle;
fordert sie den oder die Begünstigten auf, über die Behörde oder Stelle die
Gründe für die Nichteinhaltung der vorgesehenen Bedingungen zu
erläutern.“
Sachverhalt
- 8.
- Mit der Entscheidung C (90) 1923/99 vom 30. Oktober 1990 bewilligte die
Kommission der Klägerin einen Zuschuß von 1 103 646 181 LIT oder 40 % der
zuschußfähigen Ausgaben von 2 759 115 453 LIT für die Modernisierung und die
Umgestaltung von Fischzuchtanlagen (Vorhaben I/16/90). Ferner war vorgesehen,
daß der italienische Staat einen anteiligen Zuschuß in Höhe von 30 % der
beitragsfähigen Ausgaben oder 827 734 635 LIT gewähren sollte.
- 9.
- In dieser Entscheidung hieß es, die Höhe des von der Kommission bei
Fertigstellung eines Vorhabens tatsächlich gewährten Zuschusses hänge davon ab,
inwieweit die im Entwurf vorgesehenen Arbeiten tatsächlich durchgeführt worden
seien. Entsprechend dem Vermerk in Teil B des vom Begünstigten eingereichten
Zuschußantrags könnten die vorgesehenen Arbeiten nicht ohne vorherige
Zustimmung der nationalen Verwaltung und gegebenenfalls der Kommission
geändert werden. Würden wesentliche Änderungen ohne Zustimmung der
Kommission vorgenommen, so könne der Zuschuß gekürzt oder gestrichen werden,
falls diese Änderungen nach Auffassung der nationalen Verwaltung oder der
Kommission nicht gebilligt werden könnten. Gegebenenfalls unterrichte die
nationale Verwaltung jeden Begünstigten über das einzuhaltende Verfahren.
- 10.
- Die Kommission zahlte der Klägerin am 23. Juni 1993 eine erste Tranche von
343 117 600 LIT.
- 11.
- Die Baubehörde kontrollierte die Fertigstellung des Vorhabens an Ort und Stelle.
Sie teilte der Klägerin mit Schreiben vom 7. April 1994 mit, daß die Durchführung,
von einigen Änderungen des Entwurfs bei den Maurerarbeiten und ähnlichen
Arbeiten sowie den Ausschachtungsarbeiten abgesehen, ihrer Ansicht nach in
technischer und wirtschaftlicher Hinsicht dem genehmigten Vorhaben entspreche.
- 12.
- Durch die Entscheidung C (94) 1531/99 vom 27. Juli 1994 gab die Kommission
einem zweiten Zuschußantrag der Klägerin statt, der sich auf abschließende
Modernisierungsarbeiten an ihren Anlagen bezog (Vorhaben I/100/94).
- 13.
- Die Klägerin wies in Schreiben an das italienische Ministerium für Landwirtschaft
(im folgenden: Ministerium) und an die Kommission vom 12. Dezember 1994
darauf hin, daß nach der Übermittlung des Vorhabens an das Ministerium
eingetretene, von ihr nicht zu beeinflussende Umstände einige Änderungen der im
Rahmen des Vorhabens I/16/90 vorgesehenen Arbeiten erforderlich gemacht
hätten. Ihre Überzeugung, die geplanten Ziele eingehalten und die richtigen
Lösungen gewählt zu haben, sowie der Wunsch, die geplanten Ergebnisse rasch zu
erreichen, hätten sie unglücklicherweise ihre Verpflichtung vergessen lassen, das
Ministerium über Änderungen vorab zu informieren. Dies stelle ein wesentliches
Hindernis für den Abschluß des Verfahrens dar. Das Vorhaben I/16/90 sei jedoch
insgesamt, abgesehen von der Lage und der Ausgestaltung der
Intensivaufzuchtbecken, nicht wesentlich geändert worden.
- 14.
- Die Klägerin räumte somit zwar ein, daß ihr allerdings erst nach Abschluß der
Arbeiten bewußt geworden sei, daß sie das Formerfordernis der vorherigen
Mitteilung der Änderungen nicht eingehalten habe, beantragte aber, daß das
Ministerium und gegebenenfalls auch die Kommission eine technische Prüfung der
Änderungen durchführen sollten, die zeigen werde, daß die gewählten Lösungen
richtig, erforderlich und zweckmäßig gewesen seien. Alle genannten Änderungen
seien im Rahmen der Genehmigung des ergänzenden Umgestaltungsvorhabens
(I/100/94), für das mit der Entscheidung C (94) 1531/99 ein Gemeinschaftszuschuß
bewilligt worden sei, erläutert und gebilligt worden.
- 15.
- Nach der Kontrolle der Fertigstellung der Arbeiten übermittelte das Ministerium
der Klägerin am 3. Juni 1995 die am 24. Mai 1995 ausgestellte Bescheinigung über
die Abnahme (im folgenden: Bescheinigung). Nach Auffassung des Ministeriums
hatte die Klägerin über die bereits von der Baubehörde festgestellten Änderungen
hinaus folgende weitere Änderungen vorgenommen:
a) Fehlende Errichtung von sechzehn Becken, einer Wasseranlage und eines
Wärmekraftwerks und stattdessen lediglich Planung von im Rahmen des von
der Kommission durch die Entscheidung C (94) 1531/99 genehmigten
ergänzenden Vorhabens zu errichtenden Aufzuchtbeckens;
b) fehlender Erwerb einer Reihe von Maschinen;
c) fehlende Errichtung des neuen Bootsschuppens und der im Freien
gelegenen Aufzuchtbecken.
Nach Auffassung des Ministeriums war die Klägerin gemäß den einschlägigen
Gemeinschaftsvorschriften verpflichtet, für diese Änderungen eine vorherige
Genehmigung einzuholen.
- 16.
- Das Ministerium kürzte den Betrag der Ausgaben, für die bei Fertigstellung des
Vorhabens ein Zuschuß gewährt werden konnte, auf 1 049 556 101 LIT. Es führte
aus, unter Berücksichtigung der bereits während des ersten Abschnitts der Arbeiten
als zuschußfähig anerkannten Ausgaben von 857 794 000 LIT ergebe sich ein
Gesamtbetrag der zuschußfähigen Ausgaben von 1 907 350 101 LIT oder 69,13 %
der Ausgaben, die in dem ursprünglich von der Kommission genehmigten
Vorhaben als zuschußfähig anerkannt worden seien.
- 17.
- Durch eine abschließende Auszahlungsanordnung vom 5. Juli 1995 zahlte die
Kommission der Klägerin einen Restbetrag von 419 822 440 LIT. Sie kürzte damit
den Gesamtbetrag des Gemeinschaftszuschusses für die Arbeiten, die sie auf der
Grundlage der Bescheinigung als dem ursprünglich genehmigten Vorhaben
entsprechend ansah, von 1 103 646 181 LIT auf 762 940 040 LIT.
- 18.
- Die Klägerin übermittelte dem Ministerium und der Kommission am 28. Juli bzw.
am 3. August 1995 mehrere schriftliche Erklärungen, in denen sie die
Bescheinigung als fehlerhaft bezeichnete und deren Überprüfung beantragte.
- 19.
- Auf Ersuchen der nationalen Behörden übermittelte die Kommission diesen ihre
Stellungnahme mit dem Telex Nr. 12 497 vom 27. Oktober 1995. Sie war aus den
nachstehenden Gründen der Auffassung, daß eine Überprüfung des Verfahrens des
Ministeriums betreffend das Vorhaben I/16/90 nach den verfügbaren Informationen
nicht erforderlich sei:
1. Das Vorhaben sei erheblich abgeändert worden, ohne daß die nationale
Verwaltung zuvor unterrichtet worden sei.
Die Gewährung des Zuschusses für das Folgevorhaben I/100/94 bedeute
nicht, daß die Kommission früheren Änderungen zustimme.
2. Als Teil des Folgevorhabens I/100/94 geplante Arbeiten seien im Rahmen
des Vorhabens I/16/90 ausgeführt worden und damit im Rahmen dieses
Vorhabens nicht zuschußfähig.
3. Der von der Klägerin herangezogene Artikel 7 der Verordnung Nr. 1116/88
sei auf den von ihr angeführten Sachverhalt nicht anwendbar.
4. Aus den vom Ministerium gelieferten Informationen ergebe sich, daß die
Ausführungen auf Seite 18 des Schriftsatzes der Klägerin, daß Ausgaben
gekürzt worden seien, weil sie in ursprünglich nicht vorgesehene
Ausgabenrubriken aufgenommen worden seien, unzutreffend seien.
- 20.
- Mit Schreiben vom 14. November 1995 lehnte das Ministerium den
Überprüfungsantrag der Klägerin aus den von der Kommission in ihrem Telex Nr.
12 497 vom 27. Oktober 1995 angeführten Gründen ab.
Gerichtliches Verfahren
- 21.
- Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 1. Dezember 1995 bei der Kanzlei des
Gerichts eingegangen ist, eine Klage auf Nichtigerklärung des Telex Nr. 12 497 der
Kommission vom 27. Oktober 1995 und auf Ersatz des ihr angeblich durch diese
Handlung entstandenen Schadens erhoben.
- 22.
- Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) die mündliche
Verhandlung eröffnet und die Parteien aufgefordert, vor der mündlichen
Verhandlung einige schriftliche Fragen zu beantworten. Die Parteien haben dies
getan.
- 23.
- In der Sitzung vom 5. Juni 1997 haben die Parteien mündlich verhandelt und die
Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge der Parteien
- 24.
- Die Klägerin beantragt,
die den Gegenstand der vorliegenden Klage bildende Handlung Nr. 12 497
der Kommission vom 27. Oktober 1995 für nichtig zu erklären;
die Kommission zu verurteilen, wie in der Klageschrift ausgeführt,
Schadensersatz zu leisten;
der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
- 25.
- Die Kommission beantragt,
die auf Artikel 173 EG-Vertrag gestützte Klage als unzulässig, hilfsweise, als
unbegründet abzuweisen;
die auf die Artikel 178 und 215 EG-Vertrag gestützte Klage abzuweisen;
der Klägerin jedenfalls die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zum Antrag auf Nichtigerklärung
1. Zulässigkeit
Vorbringen der Parteien
- 26.
- Nach Auffassung der Kommission kann die angefochtene Handlung vom 27.
Oktober 1995 für die Klägerin keine verbindlichen Wirkungen begründen und
betrifft sie jedenfalls nicht unmittelbar. In dieser Handlung habe die Kommission
nämlich nur das Verhalten der nationalen Behörden im Rahmen des durch die
Verordnung Nr. 4028/86 eingeführten Verfahrens der Kofinanzierung von
Vorhaben gewürdigt.
- 27.
- Die Klägerin hält dem entgegen, der betreffende Mitgliedstaat werde lediglich als
„Ausführungsorgan“ der Gemeinschaft „im Auftrag“ der Kommission tätig, die
allein entscheidungsbefugt sei; das rein formale Bestehen einer nationalen
Handlung, mit der die Gemeinschaftsmaßnahme durchgeführt werde, könne nicht
bewirken, daß die Gemeinschaftshandlung die Klägerin nicht unmittelbar betreffe.
Würdigung durch das Gericht
- 28.
- Das Telex Nr. 12 497 vom 27. Oktober 1995 bewirkte in Verbindung mit der von
der Kommission am 5. Juli 1995 erteilten Auszahlungsanordnung für den
Restbetrag des Gemeinschaftszuschusses, daß der mit der Entscheidung C (90)
1923/99 der Kommission zunächst bewilligte Zuschuß gekürzt wurde.
- 29.
- Da das streitige Telex den Anspruch der Klägerin auf den vollen Betrag kürzt,
ohne daß der Mitgliedstaat in dieser Hinsicht über eine eigene Beurteilungsbefugnis
verfügte, stellt es gegenüber der Klägerin eine verbindliche Einzelfallentscheidung
dar, die geeignet ist, ihre Interessen durch einen Eingriff in ihre Rechtsstellung zu
beeinträchtigen (Urteile des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der
Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9, vom 7. Mai 1991
in den Rechtssachen C-291/89, Interhotel/Kommission, Slg. 1991, I-2257, Randnrn.
12 und 13, und C-304/89, Oliveira/Kommission, Slg. 1991, I-2283, Randnrn. 12 und
13, sowie vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-189/90, Cipeke/Kommission, Slg.
1992, I-3573, Randnrn. 11 und 12).
- 30.
- Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher
zurückzuweisen.
2. Begründetheit
- 31.
- Die Klägerin macht für ihre Nichtigkeitsklage fünf Klagegründe geltend: fehlende
Mitteilung der angefochtenen Entscheidung, Verletzung des Kollegialprinzips, der
Verfahrensvorschriften und der Begründungspflicht sowie Ermessensmißbrauch.
Erster Klagegrund: Fehlende Mitteilung der angefochtenen Handlung
- 32.
- Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Handlung sei ihr niemals mitgeteilt
worden; sie habe davon nur zufällig durch eine Kopie Kenntnis erlangt, die sie auf
ihr Verlangen erhalten habe.
- 33.
- Die Kommission macht zu diesem Punkt keine Ausführungen.
- 34.
- Die Klägerin war in der Lage, vom Inhalt der angefochtenen Handlung gebührend
Kenntnis zu nehmen und die vorliegende Klage innerhalb der Klagefrist zu
erheben. Über die Frage, ob ihr diese Handlung förmlich mitgeteilt worden ist,
braucht daher nicht entschieden zu werden.
Zweiter Klagegrund: Verletzung des Kollegialprinzips
- 35.
- Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe das Kollegialprinzip nicht
beachtet. Die angefochtene Handlung, die schlicht von einem „Vertreter des
Referatsleiters“ zu stammen scheine, lasse nicht erkennen, ob und wann die
Mitglieder der Kommission, die als Kollegium die Verantwortung für diese
Handlung trügen, hierüber gemeinsam beraten hätten.
- 36.
- Die Kommission hält dem entgegen, daß die Übertragung der
Zeichnungsberechtigung das normale Mittel darstelle, mit dem die Kommission ihre
Zuständigkeiten ausübe, und daß die angefochtene Handlung im Rahmen der
Verwaltung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die
Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Ausrichtung, erlassen worden sei, für die die
Generaldirektion Fischerei (GD XIV) zuständig sei.
- 37.
- Wie der Geschäftsordnung der Kommission zu entnehmen ist, können ihre Beamte
ermächtigt werden, im Namen der Kommission und unter ihrer Kontrolle klar
umschriebene Maßnahmen der Geschäftsführung und der Verwaltung, wie die
streitige Maßnahme, zu treffen. Die Übertragung der Zeichnungsberechtigung stellt
das normale Mittel dar, mit dem die Kommission ihre Zuständigkeiten ausübt
(Urteil des Gerichtshofes vom 11. Oktober 1990 in der Rechtssache C-200/89,
FUNOC/Kommission, Slg. 1990, I-3669, Randnrn. 13 und 14).
- 38.
- Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür geliefert, daß die
Verwaltung der Gemeinschaft die einschlägigen Vorschriften nicht beachtet hätte.
Der die angefochtene Entscheidung unterzeichnende Vertreter des Referatsleiters
gehört im Gegenteil zur GD XIV, die für den Wirtschaftssektor, dem die auf der
Grundlage der Verordnung Nr. 4028/86 gewährten Gemeinschaftszuschüsse zugute
kommen, nämlich die Fischerei, verantwortlich ist.
- 39.
- Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
Dritter Klagegrund: Verletzung der Verfahrensvorschriften
Vorbringen der Parteien
- 40.
- Die Klägerin macht erstens geltend, die Kommission habe den zunächst bewilligten
Gemeinschaftszuschuß gekürzt, ohne zuvor das einschlägige Verfahren nach Artikel
44 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4028/86 durchzuführen und ohne insbesondere
ihre Verpflichtungen gemäß Artikel 7 der Verordnung Nr. 1116/88 zu erfüllen, zu
denen die Pflicht gehöre, den Begünstigten aufzufordern, über die Behörde oder
Stelle des betreffenden Mitgliedstaats die Gründe für die Nichteinhaltung der
vorgesehenen Bedingungen zu erläutern.
- 41.
- Sie weist zweitens darauf hin, daß gemäß Artikel 44 Absatz 1 erster
Gedankenstrich der Verordnung Nr. 4028/86 bei einer Kürzungsentscheidung das
Verfahren des Artikels 47 der Verordnung einzuhalten sei.
- 42.
- Die Kommission wendet ein, es könne nicht angenommen werden, daß für die
angefochtene Entscheidung die Durchführung des Verfahrens des Artikels 44 der
Verordnung Nr. 4028/86 erforderlich sei. Diese Vorschrift betreffe Fälle, in denen
der Gemeinschaftszuschuß nach einer Überprüfung des Vorhabens gekürzt werde,
weil dieses aufgrund der Änderungen nicht mehr dem ursprünglichen Vorhaben
entspreche.
- 43.
- Der vorliegende Fall sei anderer Art. Hier bleibe der Gemeinschaftszuschuß
unverändert; es verringerten sich lediglich die zuschußfähigen Ausgaben, weil das
Vorhaben nicht entsprechend der Planung durchgeführt werde. Es handle sich nicht
um eine Kürzung des Zuschusses im Sinne von Artikel 44 der Verordnung Nr.
4028/86, sondern nur um die Weigerung, bestimmte Ausgaben anzuerkennen, mit
der Folge, daß der von der Gemeinschaft gewährte Zuschuß der Höhe nach
angepaßt werde. Diese bloße Feststellung der zuschußfähigen Ausgaben beinhalte
keine neue Würdigung in rechtlicher und wirtschaftlicher, sondern nur in
technischer Hinsicht.
- 44.
- Die Klägerin habe niemals eine Überprüfung des eingereichten und durch die
Entscheidung C (90) 1923/99 genehmigten Vorhabens beantragt. Da die Klägerin
keine Mitteilung über eine Änderung des Vorhabens gemacht habe, habe der
Minister in der Bescheinigung festgestellt, daß bestimmte Ausgaben dem
genehmigten Vorhaben nicht entsprächen und damit nicht zuschußfähig seien, daß
die übrigen Ausgaben jedoch zuschußfähig seien. Die Kommission habe daher für
die als zuschußfähig angesehenen Ausgaben Erstattungen geleistet, ohne daß dies
eine erneute Beurteilung des Vorhabens beinhalte.
- 45.
- In einem solchen Fall wäre eine Befassung des Ständigen Strukturausschusses für
die Fischwirtschaft im Rahmen des Verfahrens des Artikels 47 der Verordnung Nr.
4028/86 sinnlos und würde zudem die Tätigkeit des Ausschusses grundlegend
verändern, der dann nicht mehr über Vorhaben, sondern über die fehlende
Zuschußfähigkeit getätigter Ausgaben zu entscheiden hätte.
- 46.
- Jedenfalls habe die Klägerin in ihrem Briefwechsel mit den nationalen Behörden
Stellung nehmen können, die ihre Erklärungen gegebenenfalls an die Kommission
weitergeleitet hätten. Die Kommission habe ihren Standpunkt in der angefochtenen
Handlung geäußert, in der ausdrücklich ein am 3. August 1995 bei der GD XIV
eingegangenes Schreiben der Klägerin erwähnt werde. Aus dem Briefwechsel
ergebe sich, daß die angefochtene Handlung auf bestimmte Erklärungen der
Klägerin hin erlassen worden sei.
Würdigung durch das Gericht
- 47.
- Aus den Ausführungen der Klägerin ergibt sich, daß der Klagegrund tatsächlich
zwei Teile hat, von denen sich der erste auf eine Verletzung des Anhörungsrechts,
der zweite auf die fehlende Befassung des Ausschusses bezieht. Da Artikel 47 der
Verordnung Nr. 4028/86 das Verfahren für die Befassung des Ausschusses regelt,
ist davon auszugehen, daß die Klägerin, indem sie geltend macht, gemäß Artikel
44 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 4028/86 sei das Verfahren
des Artikels 47 einzuhalten, neben der Verletzung des Anhörungsrechts auch die
fehlende Befassung des Ausschusses rügen wollte.
Erster Teil des dritten Klagegrundes
- 48.
- Die Beachtung der Verfahrensrechte ist in allen Verfahren, die zu einer den
Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein elementarer Grundsatz
des Gemeinschaftsrechts, der auch dann sichergestellt werden muß, wenn es an
einer Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es,
daß die Adressaten von Entscheidungen, die, wie im vorliegenden Fall, ihre
Interessen spürbar beeinträchtigen, rechtzeitig Stellung nehmen können (Urteil des
Gerichtshofes vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-32/95 P,
Kommission/Lisrestal u. a., Slg. 1996, I-5373, Randnr. 21).
- 49.
- Aus Nummer 5 der Klageschrift ergibt sich jedoch, daß die Klägerin in schriftlichen
Erklärungen, die am 28. Juli 1995 beim Ministerium und am 3. August 1995 bei der
Kommission eingingen also bevor die Kommission durch das Telex Nr. 12 497
vom 27. Oktober 1995 endgültig entschied , die Bescheinigung beanstandete und
ihre Überprüfung beantragte.
- 50.
- Die Klägerin selbst weist dort darauf hin, daß die Kommission durch Telegrammvom 7. August 1995 entschieden habe, das Verfahren zur Zahlung des
Gemeinschaftszuschusses auf der Grundlage der in der Bescheinigung enthaltenen
Beurteilung durchzuführen.
- 51.
- Die Klägerin war folglich in der Lage, die Gründe für die Nichteinhaltung der
vorgesehenen Bedingungen vor dem Erlaß der streitigen Entscheidung zu erläutern.
Artikel 7 der Verordnung Nr. 1116/88 ist daher insoweit von der Kommission
eingehalten worden.
- 52.
- Der erste Teil des dritten Klagegrundes ist demnach zurückzuweisen.
Zweiter Teil des dritten Klagegrundes
- 53.
- Es steht fest, daß die Klägerin, wie sie selbst einräumt, Änderungen des Vorhabens
vorgenommen hat, ohne das Formerfordernis zu beachten, diese den
Gemeinschaftsbehörden und den nationalen Behörden zuvor mitzuteilen. Dies
stellte nach ihren eigenen Einlassungen ein wesentliches Hindernis für den
Abschluß ihres Verfahrens dar (vgl. Randnr. 13).
- 54.
- In der Entscheidung über die Gewährung des Zuschusses hieß es insoweit
ausdrücklich, daß die vorgesehenen Arbeiten nicht ohne vorherige Zustimmung der
nationalen Verwaltung und gegebenenfalls der Kommission geändert werden
könnten.
- 55.
- Damit durfte sich die Kommission nach Durchführung der Überprüfung in
Anbetracht der von der nationalen Verwaltung ausgestellten Bescheinigung auf die
Feststellung beschränken, daß die als nicht zuschußfähig angesehenen Ausgaben
nicht berücksichtigt werden könnten, da sie nicht Teil des genehmigten Vorhabens
seien.
- 56.
- Die angefochtene Entscheidung ist daher keine Entscheidung zur Kürzung des der
Klägerin zunächst bewilligten Zuschusses im Sinne von Artikel 44 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 4028/86, sondern enthält tatsächlich nur die Feststellung, daß ein
Teil der Ausgaben, deren Bezahlung die Klägerin beantrage, nicht zu dem zunächst
bewilligten Vorhaben gehöre.
- 57.
- Der zweite Teil des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.
- 58.
- Der dritte Klagegrund ist demnach insgesamt zurückzuweisen.
Vierter Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht
Vorbringen der Parteien
- 59.
- Der Klagegrund hat zwei Teile. Die Klägerin macht erstens geltend, abgesehen von
einer ganz allgemeinen Bezugnahme auf die Verordnung Nr. 4028/86 fehlten in der
angefochtenen Handlung Ausführungen zu deren Rechtsgrundlage.
- 60.
- Die Kommission hält dem entgegen, daß im Betreff der angefochtenen Handlung
ausdrücklich auf die Verordnung Nr. 4028/86 Bezug genommen werde und daß in
der Handlung selbst diese Verordnung und die Verordnung Nr. 1116/88 erwähnt
würden.
- 61.
- Die Klägerin macht zweitens geltend, die Begründung der angefochtenen Handlung
erlaube es ihr nicht, die Gründe für die Kürzung des zunächst bewilligten
Zuschusses zu erkennen und dem Gericht nicht, seine richterliche Kontrolle
auszuüben. Die Kommission erkläre insbesondere nicht, inwiefern die
Ausführungen der Klägerin zur Aufnahme tatsächlich getätigter Ausgaben in
ursprünglich nicht vorgesehene Rubriken fehlerhaft seien und wie diese Daten
buchhalterisch korrekt zu erfassen gewesen wären.
- 62.
- Die Kommission entgegnet, daß sich aus der angefochtenen Handlung ergebe, daß
sie durch die darin erwähnten ihr von den nationalen Behörden übermittelten
Unterlagen, darunter die Bescheinigung, gerechtfertigt werde.
Würdigung durch das Gericht
Erster Teil des vierten Klagegrundes
- 63.
- In der angefochtenen Entscheidung werden die im vorliegenden Fall einschlägigen
Verordnungen Nrn. 4028/86 und 1116/88 ausdrücklich erwähnt. Werden der
Kontext der Rechtssache und insbesondere die Ausführungen der Klägerin zu
ihrem dritten Klagegrund berücksichtigt, so konnte sie über die Bedeutung dieser
beiden Bezugnahmen nicht im unklaren sein; die Rechtsgrundlage der
angefochtenen Entscheidung war ihr daher bekannt (Urteil des Gerichtshofes vom
26. März 1987 in der Rechtssache 45/86, Kommission/Rat, Slg. 1987, 1493,
Randnr. 9).
- 64.
- Der erste Teil des Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.
Zweiter Teil des vierten Klagegrundes
- 65.
- Nach ständiger Rechtsprechung muß die in Artikel 190 EG-Vertrag
vorgeschriebene Begründung der Rechtsnatur der betreffenden Handlung angepaßt
sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen
hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen ihr die
Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das Gericht seine
Kontrolle ausüben kann. In der Begründung einer Handlung brauchen jedoch nicht
die einzelnen tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte aufgeführt zu
werden, da die Frage, ob die Begründung hinreichend ist, nicht nur im Hinblick auf
den Wortlaut der Begründung zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres
Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil
des Gerichtshofes vom 9. November 1995 in der Rechtssache C-466/93, Atlanta
Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II), Slg. 1995, I-3799, Randnr. 16).
- 66.
- Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Vorgeschichte des Rechtsstreits, dem
Briefwechsel der Klägerin mit der nationalen Verwaltung und der Kommission
sowie der angefochtenen Entscheidung, daß die von der Kommission für diese
Entscheidung angeführten Gründe hinreichend klar zum Ausdruck kommen, so daß
die Klägerin ihre Rechte vor dem Gemeinschaftsrichter geltend machen kann und
dieser seine Kontrolle über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung ausüben kann.
- 67.
- Erstens räumte die Klägerin in dem Schreiben, das sie am 12. Dezember 1994 an
das Ministerium und an die Kommission richtete, ein, daß sich nach Einreichung
des Vorhabens wesentliche Umstände verändert hätten, so daß Anpassungen
erforderlich gewesen seien; sie erklärte, daß ihr bewußt sei, daß sie das
Formerfordernis der vorherigen Mitteilung der Änderungen nicht beachtet habe,
was, wie sie selbst anerkannte, ein wesentliches Hindernis für den Abschluß des
Verfahrens war (vgl. Randnr. 13).
- 68.
- Zweitens ergeben sich, wie es die einschlägige Rechtsprechung verlangt (Urteil
Cipeke/Kommission, a. a. O., Randnrn. 18 bis 22), die Gründe, die die
angefochtene Entscheidung rechtfertigen, mit hinreichender Deutlichkeit aus den
ausführlichen Erläuterungen, die in der Bescheinigung für die fehlende
Zuschußfähigkeit der Ausgaben gegeben werden, die unter die betreffenden Posten
fallen.
- 69.
- Drittens gibt die angefochtene Entscheidung zwar knapp, aber klar die Gründe der
Kommission wieder, da sie auf einige der Argumente, die die Klägerin in ihren am
3. August 1995 bei der Kommission eingegangenen Erklärungen anführte, einging
und auf die vom Ministerium in der Bescheinigung gegebenen Erläuterungen Bezug
nahm. In Anbetracht des Systems enger Zusammenarbeit zwischen der Kommission
und den Mitgliedstaaten, auf dem die Gewährung der Zuschüsse beruht (Urteil des
Gerichts vom 12. Januar 1995 in der Rechtssache T-85/94, Branco/Kommission, Slg.
1995, II-45, Randnr. 36), wurde in der angefochtenen Entscheidung zu Recht auch
auf diese Erläuterungen Bezug genommen.
- 70.
- Damit unterrichtet die Begründung der angefochtenen Entscheidung die Klägerin
ausreichend, so daß sie von den wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen
Gesichtspunkten Kenntnis nehmen konnte, auf denen die dargestellte
Argumentation beruht. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Gründe stichhaltig und
die Höhe der nicht für zuschußfähig erklärten Ausgaben zutreffend war. Diese
Fragen, die die Begründetheit der Entscheidung betreffen, sind von der Klägerin
vor dem Gericht nicht aufgeworfen worden (Urteile des Gerichtshofes vom 20.
März 1957 in der Rechtssache 2/56, Geitling/Hohe Behörde, Slg. 1957, 11, 38, vom
8. Februar 1966 in der Rechtssache 8/65, Acciaierie e Ferriere Pugliesi/Hohe
Behörde, Slg. 1966, 2, 11, Urteil des Gerichts vom 2. Oktober 1996 in der
Rechtssache T-356/94, Vecchi/Kommission, Slg. ÖD 1996, II-1251, Randnr. 82).
- 71.
- Der zweite Teil des Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.
- 72.
- Der vierte Klagegrund ist demnach insgesamt zurückzuweisen.
Fünfter Klagegrund: Ermessensmißbrauch
- 73.
- Die Klägerin macht geltend, die für die Gewährung und die Kürzung des
Zuschusses allein zuständige Kommission habe dadurch, daß sie eine Handlung
formell als Stellungnahme erlassen habe, die Anwendung des Kürzungsverfahrens
der Artikel 44 der Verordnung Nr. 4028/86 und 7 der Verordnung Nr. 1116/88
umgangen. Der Hinweis der Kommission, daß der Ständige Strukturausschuß für
die Fischwirtschaft völlig überlastet wäre, wenn Kürzungen von Zuschüssen in Form
von Entscheidungen nach Anhörung dieses Ausschusses erfolgten, zeige, daß sie mit
der angefochtenen Handlung in Wirklichkeit eine Kürzung des Zuschusses unter
Umgehung des hierfür vorgeschriebenen Verfahrens bezweckt habe.
- 74.
- Die Kommission hält entgegen, die Klägerin sehe die angefochtene Handlung zu
Unrecht als für die nationalen Behörden verbindlich an.
- 75.
- Die Klägerin hat keine objektiven, maßgeblichen und übereinstimmenden
Anhaltspunkte dafür vorgebracht, daß die angefochtene Entscheidung ausschließlich
oder zumindest überwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit
dem Ziel erlassen worden wäre, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag oder
das abgeleitete Recht vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteil des
Gerichtshofes vom 13. Juli 1995 in der Rechtssache C-156/93,
Parlament/Kommission, Slg. 1995, I-2019, Randnr. 31).
- 76.
- Die vorstehenden Ausführungen zeigen im Gegenteil, daß die Kommission durch
die Änderungen, die die Klägerin an dem Vorhaben I/16/90 vorgenommen hatte,
zu der Handlung veranlaßt wurde.
- 77.
- Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
- 78.
- Die Nichtigkeitsklage ist demnach insgesamt abzuweisen.
Zum Schadensersatzantrag
Begründetheit
- 79.
- Die Klägerin macht geltend, die Kommission sei verpflichtet, ihr den Schaden zu
ersetzen, der ihr durch die erhebliche Kürzung des von der Gemeinschaft und den
nationalen Behörden bewilligten Zuschusses entstanden sei.
- 80.
- Die Klägerin stellt die Bemessung des Schadens in das Ermessen des Gerichts,
weist jedoch darauf hin, daß der Schadensersatz nicht geringer sein könnte, als das
Erfüllungsinteresse oder zumindest die Verzugszinsen auf den streitigen Betrag ab
Zugang des Mahnschreibens an die Kommission am 3. August 1995.
- 81.
- Die Kommission hält dem entgegen, daß zwischen der angefochtenen Handlung
und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden kein unmittelbarer
Kausalzusammenhang bestehe und daß ferner auch die beiden anderen
Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft, die
Rechtswidrigkeit des beanstandeten Verhaltens und das Vorliegen des behaupteten
Schadens, mit Sicherheit nicht erfüllt seien.
- 82.
- Die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft kann nur ausgelöst sein, wenn
mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: Das dem Gemeinschaftsorgan zur Last
gelegte Verhalten muß rechtswidrig sein, es muß ein Schaden vorliegen und
zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muß
ein Kausalzusammenhang bestehen (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Dezember
1981 in den Rechtssachen 197/80, 198/80, 199/80, 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80,
Ludwigshafener Walzmühle u. a./Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 18,
Urteile des Gerichts vom 9. Januar 1996 in der Rechtssache T-575/93,
Koelman/Kommission, Slg. 1996, II-1, Randnr. 89, und vom 16. Januar 1996 in der
Rechtssache T-108/94, Candiotte/Rat, Slg. 1996, II-87, Randnr. 54).
- 83.
- Wie sich aus der Prüfung der für die Nichtigkeitsklage angeführten Gründe ergibt,
hat die Klägerin jedoch nicht nachgewiesen, daß die angefochtene Entscheidung
rechtsfehlerhaft ist. Die Rechtswidrigkeit des der Kommission vorgeworfenen
Verhaltens ist daher nicht dargetan worden und der Antrag auf Ersatz des geltend
gemachten Schadens ist demnach zurückzuweisen.
- 84.
- Die Schadensersatzklage ist folglich abzuweisen.
- 85.
- Die Klage ist demgemäß insgesamt abzuweisen.
Kosten
- 86.
- Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf
Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihremVorbringen unterlegen ist und die Kommission einen entsprechenden Antrag
gestellt hat, sind der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. November 1997.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
B. Vesterdorf