Language of document : ECLI:EU:T:2009:401

Rechtssache T-390/08

Bank Melli Iran

gegen

Rat der Europäischen Union

„Gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Nichtigkeitsklage – Gerichtliche Nachprüfung – Ermessensmissbrauch – Gleichbehandlung – Verhältnismäßigkeit – Eigentumsrecht – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Begründungspflicht – Zuständigkeit der Gemeinschaft“

Leitsätze des Urteils

1.      Europäische Gemeinschaften – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe – Verordnung über restriktive Maßnahmen gegen Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Umfang der Kontrolle – Unterscheidung zwischen allgemeinen Regeln und Rechtsakten zur Anwendung dieser Regeln auf spezifische Einrichtungen

(Art. 60 EG und 301 EG; Verordnung Nr. 423/2007 des Rates)

2.      Handlungen der Organe – Gültigkeit – Gemeinschaftsrechtsakte, mit denen Ziele des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen verfolgt werden – Beurteilung nur nach dem Gemeinschaftsrecht

(Art. 60 EG und 301 EG; Art. 2 EU; Verordnung Nr. 423/2007 des Rates)

3.      Europäische Union – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen den Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Keine Beschränkung der Zuständigkeit des Rates auf die Umsetzung der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erlassenen restriktiven Maßnahmen

(Art. 60 EG und 301 EG; Verordnung Nr. 423/2007 des Rates, 6. Erwägungsgrund und Art. 7 Abs. 1 und 2)

4.      Europäische Union – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen den Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Beschluss über das Einfrieren von Geldern einer iranischen Bank – Keine Verhängung von Maßnahmen des Einfrierens von Geldern durch den Rat gegenüber anderen Einrichtungen, die sich in einer identischen Lage befinden – Kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

(Verordnung Nr. 423/2007 des Rates, Art. 7 Abs. 2; Beschluss 2008/475 des Rates)

5.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Restriktive Maßnahmen gegen den Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Mindestanforderungen

(Art. 253 EG; Verordnung Nr. 423/2007 des Rates, Art. 7 Abs. 1 und 2 und 15 Abs. 3)

6.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Restriktive Maßnahmen gegen den Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Verpflichtung zur Bekanntgabe der zur Last gelegten Gesichtspunkte – Umfang

(Verordnung Nr. 423/2007 des Rates, Art. 7 Abs. 2; Beschluss 2008/475 des Rates)

7.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Restriktive Maßnahmen gegen den Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Recht auf Zugang zu Dokumenten – Anspruch auf rechtliches Gehör – Rechte, die einen entsprechenden Antrag an den Rat voraussetzen

(Verordnung Nr. 423/2007 des Rates, Art. 7 Abs. 2; Beschluss 2008/475 des Rates)

8.      Europäische Union – Gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen den Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Nichtigkeitsklage einer Einrichtung, die von einem Beschluss über das Einfrieren von Geldern betroffen ist – Beweislastverteilung – Keine Verletzung des Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

(Verordnung Nr. 423/2007 des Rates, Art. 7 Abs. 2; Beschluss 2008/475 des Rates)

9.      Europäische Union – Gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen den Iran – Einfrieren der Gelder von Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind oder diese unterstützen – Natur dieser Maßnahmen – Kein Strafcharakter

(Verordnung Nr. 423/2007 des Rates)

1.      Bezüglich der Intensität der gerichtlichen Nachprüfung sind innerhalb der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran, mit der zur Verhinderung der nuklearen Proliferation Druck auf den Iran ausgeübt werden soll, zwei Arten von Regelungen zu unterscheiden. Zum einen sind darin die allgemeinen Regeln enthalten, die die Einzelheiten der mit der Verordnung eingeführten restriktiven Maßnahmen festlegen. Zum anderen stellt Anhang V der Verordnung, der die Einrichtungen aufführt, gegen die sich die nach Art. 7 Abs. 2 erlassenen Maßnahmen des Einfrierens von Geldern richten, eine Gesamtheit von Rechtsakten dar, mit denen diese allgemeinen Regeln auf spezifische Einrichtungen angewandt werden.

Was die allgemeinen Regeln über die Einzelheiten der restriktiven Maßnahmen betrifft, verfügt der Rat bei der Beurteilung der Umstände, die bei der Verhängung von wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG in Übereinstimmung mit einem im Rahmen der Gemeinsamen Außen‑ und Sicherheitspolitik angenommenen Gemeinsamen Standpunkt zu berücksichtigen sind, über ein weites Ermessen. Da der Gemeinschaftsrichter insbesondere nicht seine Beurteilung der Beweise, Tatsachen und Umstände, die dem Erlass solcher Maßnahmen zugrunde liegen, an die Stelle der Beurteilung des Rates setzen darf, muss sich seine Kontrolle auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet worden sind, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und kein offensichtlicher Fehler in der Beurteilung der Tatsachen oder Ermessensmissbrauch vorliegt. Diese eingeschränkte Kontrolle gilt insbesondere für die Beurteilung der Zweckmäßigkeitserwägungen, auf denen solche Maßnahmen beruhen.

Was die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Beschlusses angeht, durch den aufgrund des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 eine Einrichtung in die Liste des Anhangs V dieser Verordnung aufgenommen wird, ist es Sache des Gemeinschaftsrichters, unter Berücksichtigung der von der betroffenen Einrichtung geltend gemachten oder von Amts wegen festgestellten Nichtigkeitsgründe u. a. zu prüfen, ob der betreffende Fall zu einer der vier in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a bis d genannten Fallgruppen gehört. Das bedeutet, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Beschlusses auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände erstreckt, die zu seiner Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweise und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. Der Gemeinschaftsrichter muss sich auch von der Wahrung der Verteidigungsrechte und der Erfüllung des insoweit bestehenden Begründungserfordernisses sowie gegebenenfalls von der Berechtigung der zwingenden Erwägungen überzeugen, auf die sich der Rat ausnahmsweise beruft, um hiervon abweichen zu können.

(vgl. Randnrn. 35-37)

2.      Die Art. 60 EG und 301 EG betreffen den Erlass von Maßnahmen gegenüber Drittländern, wobei dieser Begriff die Machthaber eines solchen Landes sowie die mit diesen Machthabern verbündeten oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrollierten Personen oder Organisationen einschließen kann. Die genannten Vorschriften des EG‑Vertrags weisen die Besonderheit auf, dass mit ihnen ein Bindeglied zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der Gemeinschaft und den Zielen des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen, darunter der Gemeinsamen Außen‑ und Sicherheitspolitik, geschaffen worden ist. Diese Vorschriften bestimmen nämlich ausdrücklich, dass sich ein Tätigwerden der Gemeinschaft zur Verwirklichung eines der durch Art. 2 EU der Union speziell zugewiesenen Ziele wie eine gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik als erforderlich erweisen kann. Dieser Umstand bleibt indessen unberührt von der Koexistenz der Union und der Gemeinschaft als integrierte, aber verschiedene Rechtsordnungen sowie dem konstitutionellen Gefüge der Pfeiler, beides von den Verfassern der derzeit geltenden Verträge gewollt. Daher gilt, dass, selbst wenn das Tätigwerden der Gemeinschaft im Rahmen der Art. 60 EG und 301 EG eines der Unionsziele verwirklicht, dies dennoch auf der Grundlage des Gemeinschaftspfeilers geschieht. Folglich ist die Rechtmäßigkeit der auf diesem Gebiet erlassenen Rechtsakte wie der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran und der sie durchführenden Rechtsakte anhand der Voraussetzungen zu beurteilen, die die Vorschriften dieses Pfeilers vorsehen, einschließlich der passenden Abstimmungsregel. Der zum zweiten Pfeiler der Union gehörende Gemeinsame Standpunkt 2007/140 ist daher keine Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 423/2007 und der sie durchführenden Rechtsakte, woraus folgt, dass die für den Erlass und die Änderung dieses Gemeinsamen Standpunkts geltende Abstimmungsregel nicht anwendbar ist.

(vgl. Randnrn. 44-47)

3.      Der sechste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran verpflichtet zwar den Rat, die ihm durch Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung übertragenen Befugnisse im Hinblick auf die Ziele der Resolution 1737 (2006) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen auszuüben. Die Verpflichtung, diese Ziele zu verfolgen, bedeutet jedoch nicht, dass Art. 7 Abs. 2 der genannten Verordnung nur hinsichtlich der Einrichtungen durchgesetzt werden kann, gegen die der Sicherheitsrat aufgrund dieser Resolution restriktive Maßnahmen beschlossen hat. Die Art. 60 EG und 301 EG enthalten nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass die der Gemeinschaft mit diesen Bestimmungen zugewiesene Zuständigkeit auf die Umsetzung der vom Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen beschränkt wäre. Der Rat war demzufolge nicht nur für den Erlass des Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 423/2007 zuständig, der die genannte Resolution umsetzt, indem er das Einfrieren der Gelder der dort bezeichneten Organisationen anordnet, sondern auch für den Erlass des Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung, der die Verhängung von Maßnahmen des Einfrierens von Geldern gegenüber anderen Organisationen erlaubt, die nach Ansicht des Rates an der nuklearen Proliferation beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen.

Wenn der Sicherheitsrat keine Maßnahmen beschließt oder eine spezielle Position einnimmt, kann dies neben anderen in Betracht zu ziehenden Umständen allenfalls bei der Beurteilung der Frage berücksichtigt werden, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 erfüllt sind oder nicht.

(vgl. Randnrn. 51-52)

4.      Das entscheidende Kriterium für die Durchführung des Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran und damit auch das Vergleichskriterium zur Feststellung einer eventuell bestehenden Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist die Frage, ob die betroffene Organisation an der nuklearen Proliferation beteiligt ist, direkt damit in Verbindung steht oder Unterstützung dafür bereitstellt.

Wird in einem Beschluss zur Durchführung des genannten Art. 7 Abs. 2 festgestellt, dass eine iranische Bank eine Einrichtung ist, die eine Unterstützung für die nukleare Proliferation bereitstellt, und hat sie im Rahmen ihrer Klage gegen diesen Beschluss keinen zulässigen Klagegrund geltend gemacht, der die Begründetheit dieser Feststellung in Zweifel zieht, kann die fragliche Einrichtung, selbst wenn der Rat es tatsächlich versäumt haben sollte, Maßnahmen des Einfrierens von Geldern gegenüber bestimmten iranischen Banken zu verhängen, die an der nuklearen Proliferation beteiligt sind, mit ihr direkt in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen, diesen Umstand nicht mit Erfolg geltend machen, da der Grundsatz der Gleichbehandlung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns, wonach sich niemand zu seinem Vorteil auf eine gegenüber anderen begangene Rechtsverletzung berufen kann, in Einklang gebracht werden muss.

(vgl. Randnrn. 57-59)

5.      Stehen der Mitteilung bestimmter Umstände keine zwingenden Gründe der Sicherheit der Gemeinschaft oder ihrer Mitgliedstaaten oder der Gestaltung ihrer internationalen Beziehungen entgegen, hat der Rat nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran bei Erlass einer Maßnahme des Einfrierens von Geldern der betroffenen Einrichtung die besonderen und konkreten Gründe mitzuteilen. Er hat daher die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme abhängt, sowie die Erwägungen anzuführen, die ihn zu deren Erlass veranlasst haben. Diese Begründung ist so weit wie möglich entweder gleichzeitig mit dem Erlass der betreffenden Maßnahme oder so früh wie möglich im Anschluss daran mitzuteilen. Die Durchführung des Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 423/2007 setzt voraus, dass die betroffene Einrichtung an der nuklearen Proliferation beteiligt ist, direkt damit in Verbindung steht oder Unterstützung dafür bereitstellt. Infolgedessen hat der Rat neben der Angabe der Rechtsgrundlage der beschlossenen Maßnahme eben diesen Umstand zu begründen.

Die Begründung muss allerdings der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen.

(vgl. Randnrn. 81-83)

6.      Eine Entscheidung wie der Beschluss 2008/475 zur Durchführung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran, mit dem eine geänderte Fassung des Anhangs V dieser Verordnung erlassen wird, entfaltet ihre Wirkungen erga omnes, da sie sich an eine Vielzahl allgemein und abstrakt bestimmter Adressaten richtet, die Gelder der in der Liste dieses Anhangs angeführten Einrichtungen einzufrieren haben. Gleichwohl hat dieser Beschluss keinen rein normativen Charakter, da sich das Einfrieren von Geldern auf namentlich bezeichnete Einrichtungen bezieht, die unmittelbar und individuell von den ihnen gegenüber verhängten Sanktionen betroffen sind. Darüber hinaus hat das Einfrieren der Gelder für die betroffenen Einrichtungen erhebliche Konsequenzen, weil dies zur Beschränkung der Ausübung ihrer Grundrechte führt. Aus alledem folgt, dass der Rat die Maßnahmen des Einfrierens von Geldern angesichts der Notwendigkeit, die Beachtung dieser zugleich materiellen und prozessualen Rechte sicherzustellen, den betroffenen Organisationen so weit wie möglich mit einer einzelfallbezogenen Mitteilung bekannt zu geben hat.

Wurde jedoch, obwohl der Rat der Pflicht, der betroffenen Einrichtung die Gründe des Beschlusses über das Einfrieren von Geldern bekannt zu geben, nicht nachgekommen ist und dieser keine einzelfallbezogene Mitteilung übermittelt hat, die von dieser Maßnahme betroffene Einrichtung rechtzeitig und aus amtlicher Quelle über den Erlass des genannten Beschlusses und darüber informiert, dass sie seine Begründung im Amtsblatt konsultieren könne, so hat das Versäumnis des Rates die betroffene Einrichtung nicht daran gehindert, von der Begründung des Beschlusses rechtzeitig Kenntnis zu erlangen und die Berechtigung der ihr gegenüber getroffenen Maßnahme des Einfrierens von Geldern zu prüfen.

Da ein Ausgangsbeschluss über das Einfrieren der Gelder einer Organisation, wie im Fall der Klägerin der Beschluss 2008/475, zudem einen Überraschungseffekt haben muss, kann nicht verlangt werden, dass der betroffenen Einrichtung vor Erlass des betreffenden Beschlusses die ihr zur Last gelegten Punkte mitgeteilt werden und dass sie angehört wird.

(vgl. Randnrn. 86, 88-90, 93)

7.      Im Rahmen eines Beschlusses über das Einfrieren von Geldern wie dem Beschluss 2008/475 zur Durchführung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran verpflichtet der Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte, wenn hinreichend genaue Informationen mitgeteilt wurden, die es der betroffenen Einrichtung erlauben, zu den ihr vom Rat zur Last gelegten Gesichtspunkten sachdienlich Stellung zu nehmen, den Rat nicht dazu, von sich aus Zugang zu den in seinen Akten enthaltenen Schriftstücken zu gewähren. Nur auf Antrag des Betroffenen hat er Einsicht in alle nichtvertraulichen Verwaltungspapiere zu gewähren, die die in Rede stehende Maßnahme betreffen.

Dies gilt auch für das Recht auf Anhörung. Die von einem Ausgangsbeschluss über das Einfrieren von Geldern betroffene Einrichtung hat nämlich einen Anspruch darauf, nach dem Erlass des betreffenden Beschlusses vom Rat angehört zu werden. Der Rat hat jedoch nicht von Amts wegen eine Anhörung durchzuführen, weil die betroffenen Einrichtungen auch die Möglichkeit haben, sofort Klage beim Gericht zu erheben.

(vgl. Randnrn. 97-98)

8.      Im Rahmen eines auf die Nichtigerklärung eines gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran erlassenen Beschlusses über das Einfrieren von Geldern gerichteten Verfahrens vor dem Gericht, das von einer von diesem Beschluss betroffenen Einrichtung eingeleitet wurde, ist die Vorlage von Beweisen für die im angefochtenen Beschluss angeführte Begründung durch den Rat nur erforderlich, wenn die Klägerin einen zulässigen Klagegrund anführt, der die Begründetheit der Feststellung, sie stelle eine Unterstützung für die nukleare Proliferation bereit, in Frage stellt. In einem solchen Fall müsste der Rat, ohne dass die Klägerin einen negativen Beweis zu führen hätte, dem Gemeinschaftsrichter die Beweise und Informationen zur Überprüfung vorlegen, auf die er sich bei seiner Beurteilung gestützt hat. Hat die Klägerin jedoch keinen entsprechenden Klagegrund geltend gemacht, verstößt der Umstand, dass der Rat keinen Beweis vorgelegt hat, nicht gegen den Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz.

(vgl. Randnr. 107)

9.      Die in der Verordnung Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen den Iran vorgesehenen restriktiven Maßnahmen sind keine strafrechtlichen Sanktionen, da die Gelder der Einrichtungen, gegen die diese Sanktionen gerichtet sind, nicht als Erträge aus einer Straftat eingezogen, sondern vorsorglich eingefroren werden. Außerdem enthalten sie auch keinen Strafvorwurf dieser Art.

(vgl. Randnr. 111)