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Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 5. Juli 2007 - Kommission der Europäischen Gemeinschaften / Königreich Belgien

(Rechtssache C-522/04)1

(Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Freizügigkeit - Freizügigkeit der Arbeitnehmer - Freier Dienstleistungsverkehr - Niederlassungsfreiheit - Freier Kapitalverkehr - Art. 28, 31, 36 und 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum - Richtlinie 2002/83/EG - Steuerregelung, die eine ungünstigere Behandlung von Beiträgen zu betrieblichen Altersversorgungssystemen vorsieht, die an im Ausland niedergelassene Versicherungsunternehmen entrichtet worden sind - Versteuerung von Kapitalbeträgen und Rückkaufwerten in Belgien, die an Begünstigte ausgezahlt werden, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben - Doppelbesteuerungsabkommen - Verantwortlicher Vertreter)

Verfahrenssprache: Französisch

Parteien

Klägerin: Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Prozessbevollmächtigte: R. Lyal und D. Triantafyllou)

Beklagter: Königreich Belgien (Prozessbevollmächtigte: E. Dominkovits und M. Wimmer)

Gegenstand

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Verletzung der Art. 18, 39, 43, 49 und 56 EG-Vertrag, der Art. 28, 31, 36 und 40 des EWR-Abkommens sowie der Art. 5 Abs. 1 und 53 Abs. 2 der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen (ABl. L 345, S. 1) - Steuervorschriften, die eine weniger günstige Behandlung der Beiträge zu Berufsrentensystemen vorsehen, die an im Ausland ansässige Versicherungsunternehmen gezahlt werden, Besteuerung in Belgien der Kapitalbeträge und Rückkaufwerte, die an die Begünstigten gezahlt werden, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben, sowie Verpflichtung dieser Unternehmen, einen in Belgien wohnhaften Vertreter zu haben, um die Zahlung der jährlichen Steuer auf die Versicherungsverträge zu garantieren

Tenor

Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG, 43 EG und 49 EG, den Art. 28, 31 und 36 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 sowie Art. 4 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung), nach Neufassung jetzt Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen, verstoßen, dass es

die Abzugsfähigkeit der Arbeitgeberbeiträge, die die Erfüllung eines Vertrags über eine Zusatzversicherung für das Alter und für einen vorzeitigen Todesfall von der in Art. 59 Einkommensteuergesetzbuch 1992, koordiniert durch die Königliche Verordnung vom 10. April 1992, in der durch das Gesetz vom 28. April 2003 über Zusatzrenten und die Steuerregelung für diese sowie bestimmte Zusatzvergünstigungen im Bereich der sozialen Sicherheit geänderten Fassung vorgesehenen Voraussetzung abhängig macht, dass diese Beiträge an ein in Belgien niedergelassenes Versicherungsunternehmen oder einen dort niedergelassenen Versorgungsfonds gezahlt werden;

die Steuerermäßigung für langfristiges Sparen, die gemäß den Art. 145/1 und 145/3 des Einkommensteuergesetzbuchs 1992 in der durch das Gesetz vom 28. April 2003 geänderten Fassung für vom Arbeitgeber vom Gehalt des Arbeitnehmers oder vom Unternehmen vom Gehalt des Unternehmensleiters, der nicht durch Arbeitsvertrag verpflichtet ist, einbehaltene persönliche Beiträge zur Zusatzversicherung für das Alter und für einen vorzeitigen Todesfall oder für eine Zusatzrente gewährt wird, von der Voraussetzung abhängig macht, dass diese Beiträge an ein in Belgien niedergelassenes Versicherungsunternehmen oder einen dort niedergelassenen Versorgungsfonds gezahlt werden;

in Art. 364bis des Einkommensteuergesetzbuchs 1992 in der durch das Gesetz vom 28. April 2003 geänderten Fassung vorsieht, dass in Fällen, in denen die Kapitalbeträge, die Rückkaufwerte und die Sparguthaben im Sinne von Art. 34 dieses Gesetzbuchs einem Steuerpflichtigen ausgezahlt oder zugewiesen werden, nachdem er seinen Wohnsitz oder sein Vermögen ins Ausland verlagert hat, die Zahlung oder die Zuweisung als am Tag vor dieser Verlegung erfolgt gilt, und in Art. 364bis Abs. 2 jede in Art. 34 § 2 Nr. 3 dieses Gesetzbuchs genannte Übertragung einer Zuweisung gleichgestellt hat, so dass jeder Versicherer die Pflicht hat, gemäß Art. 270 dieses Gesetzbuchs bei den Kapitalbeträgen und Rückkaufwerten, die einem Gebietsfremden ausgezahlt werden, der zu irgendeinem Zeitpunkt in Belgien Steuerinländer gewesen ist, einen Berufssteuervorabzug vorzunehmen, sofern diese Beträge oder Werte ganz oder teilweise in dem Zeitraum gebildet worden sind, in dem der Betroffene in Belgien Steuerinländer gewesen ist, auch wenn vom Königreich Belgien geschlossene bilaterale Besteuerungsabkommen dem anderen Vertragsstaat das Recht zur Besteuerung dieser Einkünfte geben;

gemäß Art. 364ter des Einkommensteuergesetzbuchs 1992 in der durch das Gesetz vom 28. April 2003 geänderten Fassung Kapitalbeträge oder Rückkaufwerte besteuert, die durch Arbeitgeberbeiträge oder persönliche Beiträge für Zusatzrenten gebildet worden sind, die durch den Pensionsfonds oder die Versicherungseinrichtungen, bei denen sie gebildet worden sind, für den Begünstigten oder seinen Rechtsnachfolger auf einen anderen Pensionsfonds oder eine andere Versicherungseinrichtung, die außerhalb Belgiens niedergelassen sind, übertragen worden sind, während eine solche Übertragung keinen steuerpflichtigen Vorgang darstellt, wenn die Kapitalbeträge oder Rückkaufwerte auf einen anderen Pensionsfonds oder eine andere Versicherungseinrichtung, die in Belgien niedergelassen sind, übertragen werden;

auf der Grundlage von Art. 224/2bis der Allgemeinen Regelung für der Stempelsteuer gleichgestellte Abgaben, hervorgegangen aus der Königlichen Verordnung vom 3. März 1927, in der durch die Königliche Verordnung vom 30. Juli 1994 geänderten Fassung von ausländischen Versicherern, die in Belgien keinen Geschäftssitz haben, verlangt, dass sie, bevor sie ihre Dienstleistungen in Belgien anbieten, die Zulassung eines verantwortlichen Vertreters mit Wohnsitz in Belgien erwirken, der sich schriftlich persönlich gegenüber dem Staat verpflichtet, die jährliche Steuer auf Versicherungsverträge, die Zinsen und die Geldbußen zu zahlen, die aufgrund von Verträgen über in Belgien belegene Risiken geschuldet werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Das Königreich Belgien trägt die Kosten.

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1 - ABl. C 249 vom 14.10.2006.