Language of document : ECLI:EU:C:2017:699

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 19. September 2017(1)

Rechtssache C‑284/16

Slowakische Republik

gegen

Achmea BV

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Grundsätze des Unionsrechts – Bilaterales Investitionsschutzabkommen, das 1991 zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik geschlossen wurde und zwischen dem Königreich der Niederlande und der Slowakischen Republik weitergilt – Vereinbarkeit des durch ein unionsinternes bilaterales Investitionsschutzabkommen eingeführten Mechanismus zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten mit Art. 18 Abs. 1 AEUV und den Art. 267 und 344 AEUV“







Inhaltsverzeichnis


I. Einleitung

II. Rechtlicher Rahmen

A. AEU-Vertrag

B. BIT Niederlande/Tschechoslowakei

C. Deutsches Recht

III. Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

IV. Verfahren vor dem Gerichtshof

V. Würdigung

A. Vorbemerkungen

B. Zur dritten Vorlagefrage

1. Zur Zulässigkeit

2. Zur Begründetheit

C. Zur zweiten Vorlagefrage

1. Gesetzliche Grundlage der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte

2. Ständiger Charakter der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte

3. Obligatorische Gerichtsbarkeit der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte

4. Streitiger Charakter des Verfahrens vor den nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichten, Anwendung von Rechtsnormen durch diese bei der Beilegung der ihnen unterbreiteten Rechtsstreitigkeiten sowie Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter

D. Zur ersten Vorlagefrage

1. Fällt eine Streitigkeit zwischen einem Investor und einem Mitgliedstaat wie die im Sinne von Art. 8 des BIT unter Art. 344 AEUV?

2. Bezieht sich die in Rede stehende Streitigkeit auf „die Auslegung oder Anwendung der Verträge“?

a) Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts beschränkt sich darauf, über Verstöße gegen das BIT zu entscheiden

b) Der Anwendungsbereich des BIT und die mit diesem eingeführten Rechtsnormen sind nicht mit dem Anwendungsbereich und den Rechtsnormen des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags identisch

1) Der Anwendungsbereich des genannten BIT ist weiter als der des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags

2) Rechtsnormen des BIT, die keine Entsprechung im Unionsrecht haben und mit diesem nicht unvereinbar sind

i) Meistbegünstigungsklausel

ii) Klausel der Achtung vertraglicher Verpflichtungen, sogenannte Schirmklausel („umbrella clause“)

iii) „Sunset“-Klausel

iv) Internationales Schiedsverfahren als ISDS-Mechanismus

3) Nur partielle Überschneidung der übrigen Bestimmungen des BIT mit einigen Bestimmungen des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags

i) Voller Schutz und volle Sicherheit der Investitionen

ii) Faire und gerechte Behandlung von Investitionen

iii) Verbot rechtswidriger Enteignungen

3. Hat das BIT Niederlande/Tschechoslowakei im Hinblick auf seine Zielsetzung zur Folge, dass die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union beeinträchtigt werden?

VI. Ergebnis



I.      Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ergeht im Rahmen eines bei den deutschen Gerichten gestellten Antrags auf Aufhebung des Schiedsspruchs vom 7. Dezember 2012, den das aus Vaughan Lowe QC (Obmann) sowie Albert Jan van den Berg und V. V. Veeder QC (Schiedsrichter) – Sekretariat: Ständiger Schiedshof (Permanent Court of Arbitration, PCA) – bestehende Schiedsgericht erlassen hat, das gemäß dem Abkommen zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (im Folgenden: BIT Niederlande/Tschechoslowakei)(2) und der Schiedsordnung der Kommission der Vereinten Nationen für Internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law, UNCITRAL) gebildet wurde(3).

2.        Das Ersuchen bietet dem Gerichtshof erstmalig Gelegenheit, zu der heiklen Frage der Vereinbarkeit der BIT(4), die zwischen Mitgliedstaaten geschlossen wurden(5), insbesondere des von diesen BIT eingeführten Mechanismus zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten („Investor-State Dispute Settlement“, im Folgenden: ISDS), mit den Art. 18, 267 und 344 AEUV Stellung zu nehmen.

3.        Diese Frage ist von höchster Bedeutung für die 196 unionsinternen BIT, die derzeit in Kraft sind(6), und die zahlreichen Schiedsverfahren zwischen Investoren und Mitgliedstaaten, bei denen die Europäische Kommission als amicus curiae auftrat, um ihre These von einer Unvereinbarkeit der unionsinternen BIT mit dem AEU-Vertrag geltend zu machen, die von den Schiedsgerichten systematisch als unbegründet zurückgewiesen wurde(7).

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      AEU-Vertrag

4.        Art. 18 Abs. 1 AEUV bestimmt: „Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.“

5.        Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV lautet:

„Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung

a)      über die Auslegung der Verträge,

b)      über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union,

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.“

6.        Art. 344 AEUV bestimmt: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln.“

B.      BIT Niederlande/Tschechoslowakei

7.        Das BIT Niederlande/Tschechoslowakei wurde am 29. April 1991 geschlossen und trat am 1. Oktober 1992 in Kraft(8). Die Slowakische Republik trat am 1. Januar 1993 als Rechtsnachfolgerin der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik in deren Rechte und Pflichten ein und wurde am 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union.

8.        Das BIT wurde in Tschechisch, Englisch und Niederländisch geschlossen; bei Auslegungsunterschieden ist die englische Fassung verbindlich.

9.        Nach Art. 2 des BIT fördert „[j]ede Vertragspartei … in ihrem Hoheitsgebiet Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei und lässt diese Investitionen in Übereinstimmung mit ihren Rechtsvorschriften zu“(9).

10.      Art. 3 des BIT bestimmt:

„1.      Jede Vertragspartei stellt eine faire und gerechte Behandlung der Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei sicher und beeinträchtigt deren Betrieb, Verwaltung, Erhaltung, Nutzung, Genuss oder Veräußerung durch diese Investoren nicht durch unbillige oder diskriminierende Maßnahmen[(10)].

2.      Insbesondere gewährt jede Vertragspartei solchen Investitionen volle Sicherheit und vollen Schutz, die auf keinen Fall geringer sein dürfen als der Schutz und die Sicherheit, die Investitionen der eigenen Investoren oder der Investoren dritter Staaten gewährt werden, je nachdem welcher Schutz und welche Sicherheit für den betroffenen Investor günstiger ist[(11)].

3.      Die Bestimmungen dieses Artikels dürfen nicht dahin ausgelegt werden, als verpflichteten sie eine Vertragspartei, Investoren der anderen Vertragspartei ähnliche Vorrechte und Vorteile zu gewähren wie diejenigen, die Investoren eines dritten Staates

a)      wegen der Mitgliedschaft dieses Investors in einer bestehenden oder künftigen Zoll- oder Wirtschaftsunion oder ähnlichen Einrichtungen … gewährt werden[(12)].

4.      Jede Vertragspartei hält die Verpflichtungen ein, die sie in Bezug auf Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei eingegangen ist[(13)].

5.      Enthalten die Rechtsvorschriften einer Vertragspartei oder völkerrechtliche Verpflichtungen, die gegenwärtig bestehen oder künftig zwischen den Vertragsparteien neben diesem Abkommen begründet werden, eine allgemeine oder besondere Regelung, durch die den Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung als nach diesem Abkommen zu gewähren ist, so geht diese Regelung diesem Abkommen vor, soweit sie günstiger ist[(14)].“

11.      Nach Art. 4 des BIT gewährleistet „[j]ede Vertragspartei … den Transfer von Zahlungen, die mit einer Investition im Zusammenhang stehen. Der Transfer erfolgt in frei konvertierbarer Währung ohne unangemessene Beschränkung oder Verzögerung(15) Der freie Transfer von Zahlungen erfasst u. a. Gewinne, Zinsen und Dividenden.

12.      Nach Art. 5 des BIT darf „[k]eine der Vertragsparteien … Maßnahmen ergreifen, die für Investoren der anderen Vertragspartei direkt oder indirekt einen Verlust ihrer Investitionen bedeuten“(16), es sei denn, folgende drei Voraussetzungen sind erfüllt: die Maßnahmen erfolgen zum Wohl der Allgemeinheit und nach einem in einem Gesetz vorgesehenen Verfahren, sie sind nicht diskriminierend und sie sind mit einer Vorschrift zur Zahlung einer gerechten Entschädigung verbunden. Nach dieser Bestimmung muss die Entschädigung den tatsächlichen Wert (genuine value) der Investition darstellen.

13.      Art. 8 des BIT bestimmt:

„1.      Alle Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei bezüglich einer Investition der letzteren sind, falls möglich, gütlich beizulegen[(17)].

2.      Jede Vertragspartei stimmt hiermit zu, dass eine in Absatz 1 dieses Artikels genannte Streitigkeit einem Schiedsgericht vorgetragen wird, falls die Streitigkeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem Datum, an dem eine Partei der Streitigkeit die gütliche Beilegung gewünscht hat, nicht gütlich beigelegt ist[(18)].

3.      Das in Absatz 2 dieses Artikels genannte Schiedsgericht wird für jeden einzelnen Fall in der folgenden Weise gebildet: Jede Partei der Streitigkeit ernennt ein Mitglied des Schiedsgerichts, und die beiden derartig ernannten Mitglieder wählen einen Angehörigen eines dritten Staates als Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Jede Partei der Streitigkeit ernennt ihr Mitglied des Schiedsgerichts innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten ab dem Datum, an dem der Investor der anderen Vertragspartei seine Entscheidung mitgeteilt hat, die Streitigkeit dem Schiedsgericht vorzulegen, und der Vorsitzende wird innerhalb von drei Monaten ab diesem Datum ernannt[(19)].

4.      Wurden die Ernennungen nicht innerhalb der oben genannten Fristen vorgenommen, so kann jede Partei der Streitigkeit den Präsidenten des Schiedsgerichtsinstituts der Stockholmer Handelskammer bitten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt der Präsident die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien oder ist er aus einem anderen Grund an der Ausübung dieses Mandats verhindert, so wird der Vizepräsident gebeten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt auch der Vizepräsident die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien oder ist auch er an der Ausübung des genannten Mandats verhindert, so wird das älteste Mitglied des Schiedsgerichtsinstituts, das nicht die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien besitzt, gebeten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen[(20)].

5.      Das Schiedsgericht wird sein eigenes Verfahren unter Anwendung der Schiedsordnung der UNCITRAL festlegen[(21)].

6.      Das Schiedsgericht hat auf der Grundlage des Rechts zu entscheiden und dabei insbesondere, aber nicht ausschließlich zu berücksichtigen:

–      das geltende Recht der betroffenen Vertragspartei;

–      die Bestimmungen dieses Abkommens und anderer erheblicher Abkommen zwischen den Vertragsparteien;

–      die Bestimmungen besonderer Vereinbarungen in Bezug auf die Investition;

–      die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts[(22)].

7.      Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit; seine Entscheidung ist endgültig und für die Parteien der Streitigkeit bindend[(23)].“

14.      Art. 13 des BIT bestimmt:

„1.      Dieses Abkommen … bleibt zehn Jahre lang in Kraft[(24)].

2.      Dieses Abkommen verlängert sich stillschweigend für jeweils zehn Jahre, sofern es nicht mindestens sechs Monate vor Ablauf seiner Geltungsdauer von einer der Vertragsparteien gekündigt wurde, wobei jeder Vertragspartei das Recht vorbehalten ist, das Abkommen vor Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer mit einer Frist von mindestens sechs Monaten zu kündigen[(25)].

3.      Für Investitionen, die bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Abkommens vorgenommen wurden, gelten die vorgenannten Artikel dieses Abkommens noch für weitere 15 Jahre von diesem Zeitpunkt an[(26)].

…“

C.      Deutsches Recht

15.      § 1040 („Befugnis des Schiedsgerichts zur Entscheidung über die eigene Zuständigkeit“) der Zivilprozessordnung (ZPO) bestimmt:

„(1)      Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. …

(2)      Die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. …

(3)      Hält das Schiedsgericht sich für zuständig, so entscheidet es über eine Rüge nach Absatz 2 in der Regel durch Zwischenentscheid. …“

16.      § 1059 („Aufhebungsantrag“) ZPO bestimmt:

„(1)      Gegen einen Schiedsspruch kann nur der Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach den Absätzen 2 und 3 gestellt werden.

(2)      Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden,

1.      wenn der Antragsteller begründet geltend macht, dass

a)      … die Schiedsvereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach deutschem Recht ungültig ist oder

2.      wenn das Gericht feststellt, dass

b)      die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht.

…“

III. Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17.      Die Achmea BV, vormals Eureko BV ist ein Unternehmen, das zu einer niederländischen Versicherungsgruppe gehört.

18.      Im Zuge einer Reform ihres Gesundheitswesens öffnete die Slowakische Republik im Jahr 2004 den slowakischen Markt für in- und ausländische Anbieter privater Krankenversicherungen. Nach ihrer Zulassung als Krankenversicherer gründete Achmea in der Slowakischen Republik eine Tochtergesellschaft (Union Healthcare), in die sie Kapital (etwa 72 Mio. Euro) einbrachte und über die sie private Krankenversicherungen anbot.

19.      Nach einem Regierungswechsel im Jahr 2006 machte die Slowakische Republik die Liberalisierung des Krankenversicherungsmarkts teilweise rückgängig. Zunächst verbot sie den Einsatz von Versicherungsmaklern, sodann die Ausschüttung von Gewinnen aus dem Krankenversicherungsgeschäft und schließlich die Veräußerung von Versicherungsportfolios. Mit Urteil vom 26. Januar 2011 erklärte der Ústavný súd Slovenskej republiky (Verfassungsgerichtshof der Slowakischen Republik) das gesetzliche Verbot von Gewinnausschüttungen für verfassungswidrig. Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Krankenversicherung, das am 1. August 2011 in Kraft trat, ließ die Slowakische Republik Gewinnausschüttungen wieder zu.

20.      Da Achmea der Auffassung war, dass die gesetzlichen Maßnahmen der Slowakischen Republik gegen Art. 3 Abs. 1 und 2 und die Art. 4 und 5 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei verstießen, leitete sie ab Oktober 2008 gemäß Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei gegen diesen Staat ein Schiedsverfahren ein und verlangte Schadensersatz in Höhe von 65 Mio. Euro.

21.      Das Schiedsgericht und die Parteien einigten sich auf den PCA als Sekretariat und Englisch als Verfahrenssprache. Mit Verfahrensbeschluss Nr. 1 legte das Schiedsgericht Frankfurt am Main (Deutschland) als Schiedsort fest.

22.      Die Slowakische Republik erhob im Schiedsverfahren eine Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts. Sie machte geltend, dass der AEU-Vertrag und das BIT Niederlande/Tschechoslowakei denselben Gegenstand regelten und das BIT daher nach den Art. 30 und 59 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (im Folgenden: Wiener Übereinkommen)(27) als unanwendbar oder beendet angesehen werden müsse. Folglich sei auch die Schiedsvereinbarung nach Art. 8 Abs. 2 des BIT nicht anwendbar, da sie mit dem AEU-Vertrag unvereinbar sei. Der Gerichtshof besitze eine ausschließliche Zuständigkeit, über die Anträge von Achmea zu entscheiden, und einige Bestimmungen des BIT, z. B. Art. 4 über den freien Transfer von Zahlungen, seien vom Gerichtshof für unvereinbar mit dem AEU-Vertrag befunden worden(28).

23.      Mit seinem Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung des Verfahrens wies das Schiedsgericht die Unzuständigkeitseinrede zurück und erklärte sich für zuständig(29). Der Antrag der Slowakischen Republik vor den deutschen Gerichten auf Aufhebung dieses Entscheids blieb erfolglos.

24.      Mit abschließendem Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012 entschied das Schiedsgericht, dass ein Teil der von der Slowakischen Republik ergriffenen Maßnahmen, nämlich das Verbot von Gewinnausschüttungen(30) und das Transferverbot(31), gegen Art. 3 (Faire und gerechte Behandlung) und Art. 4 (Freier Zahlungstransfer) des BIT verstießen und verurteilte die Slowakische Republik, Schadensersatz in Höhe von 22,1 Mio. Euro nebst Zinsen an Achmea zu zahlen sowie die Kosten des Schiedsverfahrens und die Anwaltskosten und ‑honorare von Achmea zu tragen(32).

25.      Da Frankfurt am Main (Deutschland) Schiedsort ist, beantragte die Slowakische Republik beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Deutschland) die Aufhebung des abschließenden Schiedsspruchs. Gegen die Zurückweisung ihres Antrags richtet sich die Rechtsbeschwerde der Slowakischen Republik beim Bundesgerichtshof (Deutschland).

26.      Die Slowakische Republik macht in diesem Zusammenhang geltend, dass der abschließende Schiedsspruch wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung aufzuheben sei und dass die diesem Schiedsspruch zugrunde liegende Schiedsvereinbarung ebenfalls ungültig sei und gegen die öffentliche Ordnung verstoße(33).

27.      In Bezug auf den Verstoß des abschließenden Schiedsspruchs gegen die öffentliche Ordnung führt die Slowakische Republik aus, das Schiedsgericht, das keine Vorabentscheidung des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV habe einholen können, habe die vorrangigen unionsrechtlichen Bestimmungen zur Kapitalverkehrsfreiheit unberücksichtigt gelassen und bei der Schadensberechnung ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

28.      Zur Ungültigkeit der gemäß Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei geschlossenen Schiedsvereinbarung trägt die Slowakische Republik vor, die Vereinbarung verstoße gegen die Art. 267 und 344 AEUV sowie gegen das Diskriminierungsverbot in Art. 18 AEUV.

29.      Der Bundesgerichtshof teilt zwar nicht die Zweifel der Slowakischen Republik an der Vereinbarkeit von Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei mit den Art. 18, 267 und 344 AEUV. Er hat aber festgestellt, dass der Gerichtshof über diese Fragen bislang nicht entschieden habe und dass seiner Rechtsprechung – vor allem unter Berücksichtigung der Auffassung der Kommission, die dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung der Slowakischen Republik sowohl in dem fraglichen Schiedsverfahren als auch im Aufhebungsverfahren vor den deutschen Gerichten beigetreten war – eine Antwort nicht mit ausreichender Sicherheit entnommen werden könne.

30.      Aus diesen Gründen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Steht Art. 344 AEUV der Anwendung einer Regelung in einem bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten der Union (einem sogenannten unionsinternen BIT) entgegen, nach der ein Investor eines Vertragsstaats bei einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Vertragsstaat gegen Letzteren ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, wenn das Investitionsschutzabkommen vor dem Beitritt eines der Vertragsstaaten zur Union abgeschlossen worden ist, das Schiedsgerichtsverfahren aber erst danach eingeleitet werden soll?

Falls Frage 1 zu verneinen ist:

2.      Steht Art. 267 AEUV der Anwendung einer solchen Regelung entgegen?

Falls die Fragen 1 und 2 zu verneinen sind:

3.      Steht Art. 18 Abs. 1 AEUV unter den in Frage 1 beschriebenen Umständen der Anwendung einer solchen Regelung entgegen?

IV.    Verfahren vor dem Gerichtshof

31.      Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ist am 23. Mai 2016 beim Gerichtshof eingegangen. Die Slowakische Republik, Achmea, die tschechische, die deutsche, die estnische, die griechische, die spanische, die zyprische, die ungarische, die niederländische, die österreichische, die polnische, die rumänische und die finnische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

32.      Am 19. Juni 2016 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der die Slowakische Republik, Achmea, die deutsche, die tschechische, die estnische, die griechische, die spanische, die französische, die italienische, die zyprische, die lettische, die ungarische, die niederländische, die österreichische, die polnische, die rumänische und die finnische Regierung sowie die Kommission mündliche Erklärungen abgegeben haben.

V.      Würdigung

A.      Vorbemerkungen

33.      Bevor ich mich den drei Vorlagefragen des vorlegenden Gerichts widme, möchte ich einige Vorbemerkungen machen.

34.      Die am vorliegenden Verfahren beteiligten Mitgliedstaaten lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die erste Gruppe besteht aus der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich und der Republik Finnland, die im Wesentlichen Herkunftsländer von Investoren sind und daher in Schiedsverfahren, die von Investoren eingeleitet wurden, nie oder selten als Beklagte aufgeführt werden – und zwar das Königreich der Niederlande und die Republik Finnland nie(34), die Bundesrepublik Deutschland in drei Fällen(35) und die Französische Republik(36) sowie die Republik Österreich in nur einem einzigen Fall(37).

35.      Die zweite Gruppe besteht aus der Tschechischen Republik, der Estnischen Republik, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, Ungarn, der Republik Polen, Rumänien und der Slowakischen Republik. Alle diese Staaten wurden in mehreren Schiedsverfahren über unionsinterne Investitionen als Beklagte aufgeführt – und zwar die Tschechische Republik 26-mal, die Estnische Republik dreimal, die Hellenische Republik dreimal, das Königreich Spanien 33-mal, die Italienische Republik neunmal, die Republik Zypern dreimal, die Republik Lettland zweimal, Ungarn elfmal, die Republik Polen elfmal, Rumänien viermal und die Slowakische Republik neunmal(38).

36.      Angesichts dieser wirtschaftlichen Gegebenheiten überrascht es kaum, dass die Mitgliedstaaten der zweiten Gruppe sich zur Unterstützung des Vorbringens der Slowakischen Republik als der Beklagten des in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Investitionsschiedsverfahrens beteiligt haben.

37.      Erstaunlich ist dagegen, dass in der zweiten Gruppe, die sich für die Unvereinbarkeit der unionsinternen BIT mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag ausspricht, nur die Italienische Republik ihre unionsinternen BIT, abgesehen vom BIT Italien/Malta, beendet hat, während die anderen Mitgliedstaaten dieser Gruppe sie allesamt oder die meisten von ihnen aufrechterhalten und damit ihren eigenen Investoren ermöglichen, Vorteile daraus zu ziehen. Die Schiedsverfahren, die von den Investoren dieser Mitgliedstaaten eingeleitet wurden, sind nämlich zahlreich und richten sich sehr häufig gegen einen anderen Mitgliedstaat dieser Gruppe(39).

38.      Die Slowakische Republik hat auf die Frage in der mündlichen Verhandlung, warum sie nicht zumindest die BIT gekündigt habe, die mit den Mitgliedstaaten unterzeichnet worden seien, die sich, wie sie selbst, in der vorliegenden Sache für deren Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht ausgesprochen hätten(40), geltend gemacht, dass ihre eigenen Investoren in den Mitgliedstaaten, mit denen sie kein BIT mehr unterhalte, nicht gegenüber den Investoren der anderen Mitgliedstaaten diskriminiert werden sollten. Diese Sorge hat sie jedoch nicht davon abgehalten, ihr BIT mit der Italienischen Republik zu beenden. Gleichzeitig ziehen, wie z. B. das Schiedsverfahren Poštová banka, a.s. and Istrokapital SE v. Hellenic Republic(ICSID Case No. ARB/13/8) zeigt, ihre eigenen Investoren weiterhin Vorteile aus den BIT, die mit Mitgliedstaaten dieser Gruppe geschlossen wurden.

39.      Auch die Ansicht der Kommission halte ich für bemerkenswert.

40.      Über sehr lange Zeit waren die Unionsorgane, einschließlich der Kommission, nämlich der Auffassung, dass die BIT keineswegs mit dem Unionsrecht unvereinbar seien, sondern dass es sich bei ihnen im Gegenteil um Maßnahmen handele, die erforderlich seien, um den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder zur Union vorzubereiten. Die zwischen der Union und den Bewerberländern unterzeichneten Assoziierungsabkommen enthielten zudem Bestimmungen, die den Abschluss von BIT zwischen den Mitgliedstaaten und den Bewerberländern vorsahen(41).

41.      Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung versucht, ihren Meinungswechsel hinsichtlich der Unvereinbarkeit der BIT mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag damit zu erklären, dass es sich um Abkommen handele, die erforderlich gewesen seien, um den Beitritt der Bewerberländer vorzubereiten. Wenn jedoch diese BIT nur während des Assoziationszeitraums gerechtfertigt waren und jede Partei wusste, dass sie mit den EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag unvereinbar würden, sobald der betreffende Drittstaat Mitglied der Union würde, weshalb haben die Beitrittsverträge dann keine Beendigung dieser Verträge vorgesehen und die Mitgliedstaaten damit in einer rechtlichen Ungewissheit gelassen, die für einige von ihnen seit mehr als 30 Jahren und für viele andere seit 13 Jahren andauert?

42.      Zudem gibt es in der Union nicht nur Investitionsabkommen zwischen marktwirtschaftlichen Ländern und Ländern, die zuvor eine Planwirtschaft hatten(42), oder zwischen Mitgliedstaaten und Bewerberländern(43), wie die Kommission glauben machen wollte.

43.      Ferner haben alle Mitgliedstaaten und die Union den am 19. Dezember 1994 in Lissabon unterzeichneten Vertrag über die Energiecharta ratifiziert(44). Dieser multilaterale Vertrag über Investitionen im Energiebereich gilt auch zwischen den Mitgliedstaaten, da er nicht als Abkommen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits(45) und Drittstaaten andererseits, sondern als gewöhnliches multilaterales Abkommen geschlossen wurde, an dem alle Vertragsparteien gleichberechtigt teilnehmen. In diesem Sinne gelten die in diesem Vertrag vorgesehenen materiell-rechtlichen Bestimmungen für den Investitionsschutz sowie der ISDS-Mechanismus auch zwischen den Mitgliedstaaten. Ich stelle fest, dass, wenn kein Unionsorgan und auch kein Mitgliedstaat den Gerichtshof um ein Gutachten über die Vereinbarkeit dieses Vertrags mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag ersucht hat, dies darin begründet ist, dass keiner von ihnen den leisesten Verdacht hatte, dass eine Unvereinbarkeit bestehen könnte.

44.      Ich füge hinzu, dass das systemische Risiko, das die unionsinternen BIT nach Auffassung der Kommission für die Einheitlichkeit und Wirksamkeit des Unionsrechts darstellen, stark übertrieben ist. Die statistischen Angaben der UNCTAD(46) zeigen, dass in 62 unionsinternen Schiedsverfahren, die in einem Zeitraum von mehreren Jahrzehnten abgeschlossen wurden, nur in zehn Fällen die Investoren obsiegten(47), was 16,1 % dieser 62 Fälle ausmacht, d. h. eine Rate, die erheblich niedriger ist als die 26,9 % der Fälle, in denen Investoren weltweit obsiegten(48).

45.      Die Schiedsgerichte haben der Kommission sehr weitgehend die Möglichkeit gegeben, in die Schiedsverfahren einzugreifen, und meines Wissens wurde die Schiedsgerichte in keinem dieser zehn Fälle dazu veranlasst, die Gültigkeit der Rechtshandlungen der Union oder der Vereinbarkeit von Rechtshandlungen der Mitgliedstaaten mit dem Unionsrecht zu prüfen. In ihren schriftlichen Erklärungen haben mehrere Mitgliedstaaten sowie die Kommission nur ein einziges Beispiel, nämlich das Schiedsverfahren Ioan Micula and others/Romania (ICSID Case No. ARB/05/20), angeführt, das zu einem Schiedsspruch geführt habe, der mit dem Unionsrecht unvereinbar sei. Auch wenn dieses Beispiel meines Erachtens im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist(49), spricht der Umstand, dass es nur ein einziges Beispiel geben soll, für meine Auffassung, dass die Furcht einiger Mitgliedstaaten und der Kommission vor einem durch die unionsinternen BIT hervorgerufenen systemischen Risiko weit übertrieben ist.

46.      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das BIT Niederlande/Tschechoslowakei seit dem Beitritt der Slowakischen Republik zur Union nicht mehr unter Art. 351 AEUV fällt(50).

47.      Dies bedeutet jedoch nicht, dass das BIT ohne Weiteres hinfällig oder mit dem EU-Vertrag und dem AEUV-Vertrag unvereinbar geworden wäre. Wie der Gerichtshof entschieden hat, „[können] die Bestimmungen eines Abkommens zwischen zwei Mitgliedstaaten keine Anwendung finden …, wenn sie dem [AEU-]Vertrag … widersprechen“(51). Mit anderen Worten sind die Bestimmungen eines solchen Abkommens zwischen Mitgliedstaaten anwendbar, soweit sie mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag vereinbar sind.

48.      Es ist daher zu prüfen, ob Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei mit dem AEU-Vertrag, insbesondere den Art. 18, 267 und 344 AEUV, unvereinbar ist.

B.      Zur dritten Vorlagefrage

49.      Ich schlage vor, die drei Fragen in umgekehrter Reihenfolge als die des vorlegenden Gerichts zu behandeln, denn die Beantwortung der ersten und der zweiten Frage wird entbehrlich sein, wenn Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei eine nach Art. 18 AEUV verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellt.

50.      Mit seiner dritten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 18 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einem ISDS-Mechanismus wie dem mit Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei eingeführten entgegensteht, wonach die niederländischen Investoren das Recht haben, ein internationales Schiedsverfahren gegen die Slowakische Republik einzuleiten, ein Recht, über das die Investoren anderer Mitgliedstaaten nicht verfügen.

1.      Zur Zulässigkeit

51.      Achmea sowie die niederländische, die österreichische und die finnische Regierung halten diese Frage für unzulässig, da sie im Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens nicht entscheidungserheblich sei, weil Achmea in keiner Weise rüge, diskriminiert worden zu sein. Im Gegenteil wäre, wenn Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei eine Diskriminierung darstellte, dies Achmea zugutegekommen.

52.      Meines Erachtens ist diese Unzulässigkeitseinrede zurückzuweisen, da die Beantwortung der dritten Frage erforderlich ist, um zu beurteilen, ob Art. 8 des BIT mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag vereinbar ist.

53.      Das vorlegende Gericht ist mit einer Rechtsbeschwerde befasst, mit der ein Antrag auf Aufhebung des abschließenden Schiedsspruchs vom 7. Dezember 2012 in dem Schiedsverfahren Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13) wegen – neben anderen Gründen – Ungültigkeit der Schiedsklausel, aus der das Schiedsgericht seine Zuständigkeit ableitete, weiterverfolgt wird. Daher ist unerheblich, ob Achmea Opfer einer Diskriminierung ist oder nicht.

2.      Zur Begründetheit

54.      Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass mehrere Streithelfer sowie die Kommission geltend machen, dass das vorlegende Gericht mit seiner dritten Frage nicht Art. 18 AEUV, sondern die Art. 49 und 63 AEUV hätte ansprechen sollen, die im Verhältnis zu Art. 18 AEUV Spezialvorschriften seien.

55.      Es steht nämlich fest, dass „Art. 18 AEUV als eigenständige Grundlage nur auf unionsrechtlich geregelte Fallgestaltungen angewendet werden kann, für die der Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht“(52).

56.      Der mit Art. 8 des BIT eingeführte ISDS-Mechanismus fällt jedoch weder in den sachlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit noch des freien Kapitalverkehrs oder einer anderen Bestimmung des AEU-Vertrags, da das Unionsrecht keine Rechtsbehelfe schafft, die es dem Einzelnen erlauben, die Mitgliedstaaten vor dem Gerichtshof zu verklagen(53).

57.      Zudem überschreitet, wie ich in den Nrn. 183 bis 198 und 210 bis 228 der vorliegenden Schlussanträge erläutern werde, der sachliche Anwendungsbereich des BIT bei Weitem die Grenzen der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV und des freien Kapitalverkehrs nach Art. 63 AEUV.

58.      Dies wird im vorliegenden Fall deutlich, in dem das Schiedsgericht in seinem abschließenden Schiedsspruch befunden hat, dass die Slowakische Republik mit dem Erlass des Transferverbots und des Verbots von Gewinnausschüttungen(54) gegen Art. 3 (Faire und gerechte Behandlung) und Art. 4 (Freier Zahlungsverkehr) des BIT verstoßen habe. Während Art. 4 des BIT im Wesentlichen Art. 63 AEUV entspricht, gibt es zu Art. 3 des BIT trotz teilweiser Überschneidung mit verschiedenen unionsrechtlichen Bestimmungen keine entsprechende unionsrechtliche Bestimmung(55).

59.      Daher ist die Vereinbarkeit von Art. 8 des BIT mit dem in Art. 18 AEUV zum Ausdruck kommenden allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz des Verbots jeder Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu prüfen.

60.      Insoweit machen die Slowakische Republik, die estnische, die griechische, die spanische, die italienische, die zyprische, die ungarische, die polnische und die rumänische Regierung sowie die Kommission geltend, dass die materiell-rechtlichen Bestimmungen des BIT, einschließlich seines Art. 8, diskriminierend seien, da sie vorliegend den Investoren des Königreichs der Niederlande, die in der Slowakischen Republik investiert hätten, eine Vorzugsbehandlung einräumten, während Investoren der Mitgliedstaaten, die kein BIT mit der Slowakischen Republik geschlossen hätten(56), keine Vorzugsbehandlung erhielten(57).

61.      Zum Ausmaß der vermeintlichen Diskriminierung ist eine Vorbemerkung angebracht. Die Slowakische Republik hat mit den meisten Mitgliedstaaten ein BIT geschlossen, nämlich mit dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Republik Kroatien, der Republik Lettland, dem Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden sowie dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland. Diese BIT sind derzeit in Kraft.

62.      Zwar fallen die Investoren dieser Mitgliedstaaten nicht unter Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei. Jedoch sehen die BIT, die ihre Herkunftsmitgliedstaaten mit der Slowakischen Republik geschlossen haben, alle die internationale Schiedsgerichtsbarkeit als ISDS-Verfahrensweise vor. Daher liegt ihnen gegenüber keine Ungleichbehandlung vor.

63.      Die Slowakische Republik hat auch ein BIT mit der Tschechischen Republik und ein weiteres mit der Italienischen Republik geschlossen, doch wurden diese BIT von den Vertragspartnern beendet(58). Wenn daher eine Ungleichbehandlung gegenüber den tschechischen und italienischen Investoren besteht, dann aus dem Grund, dass ihre Mitgliedstaaten beschlossen haben, ihnen genau den ihnen durch das BIT eingeräumten Vorteil zu nehmen.

64.      Dagegen gibt es zugunsten der estnischen, der irischen, der zyprischen und der litauischen Investoren – außer bei Investitionen im Energiebereich, bei denen der Vertrag über die Energiecharta ihnen gleiche Möglichkeiten gewährt – keine Art. 8 des BIT mit der Slowakischen Republik entsprechende Bestimmung.

65.      Meines Erachtens besteht auch gegenüber diesen Investoren keine unionsrechtlich verbotene Diskriminierung.

66.      Der Gerichtshof hat nämlich bereits die Frage behandelt, ob eine Diskriminierung gegenüber dem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats vorliegen kann, der eine grenzüberschreitende Investition tätigt, wenn der Gastmitgliedstaat ihm nicht den (Steuer‑)Vorteil gewährt, den er den Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats aufgrund eines mit diesem geschlossenen bilateralen Abkommens gewährt.

67.      Die Rechtssache, in der das Urteil vom 5. Juli 2005, D. (C‑376/03, EU:C:2005:424)(59), ergangen ist, betraf die Weigerung der niederländischen Behörden, einem deutschen Staatsangehörigen, der in unbewegliches Vermögen in den Niederlanden investiert hatte, einen Freibetrag auf die Vermögenssteuer zu gewähren. Herr D. berief sich auf das Vorliegen einer Diskriminierung, da belgischen Staatsangehörigen, die entsprechende Investitionen in den Niederlanden getätigt hatten, diese Begünstigung gewährt worden sei, und zwar aufgrund der Art. 24 und 25 des am 19. Oktober 1970 zwischen der Regierung des Königreichs Belgien und der Regierung des Königreichs der Niederlande geschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiet der Steuern (im Folgenden: DBA Niederlande/Belgien).

68.      Der Gerichtshof hat zunächst darauf hingewiesen, dass „die … Frage des vorlegenden Gerichts auf der Prämisse beruht, dass die Lage eines Gebietsfremden wie des Herrn D. nicht mit der einer in den Niederlanden ansässigen Person vergleichbar ist. Die Frage geht dahin, ob die Lage von Herrn D. mit der Lage eines anderen Gebietsfremden vergleichbar ist, der aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine besondere Behandlung genießt“(60).

69.      Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass „[d]ie Tatsache, dass [die durch das DBA Niederlande/Belgien geschaffenen] gegenseitigen Rechte und Pflichten nur für Personen gelten, die in einem der beiden vertragschließenden Mitgliedstaaten wohnen, … eine Konsequenz [ist], die sich aus dem Wesen bilateraler Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ergibt. Daher befindet sich ein in Belgien ansässiger Steuerpflichtiger hinsichtlich der auf unbewegliches Vermögen in den Niederlanden erhobenen Vermögensteuer nicht in der gleichen Lage wie ein außerhalb Belgiens ansässiger Steuerpflichtiger“(61).

70.      Sodann hat der Gerichtshof weiter ausgeführt, dass „[e]ine Bestimmung wie Artikel 25 Absatz 3 des belgisch-niederländischen Abkommens … sich nicht als eine Vergünstigung ansehen [lässt], die von dem übrigen Abkommen losgelöst werden könnte, sondern … einen integralen Bestandteil des Abkommens [bildet] und … zu seiner allgemeinen Ausgewogenheit [beiträgt]“(62).

71.      Aus diesem Urteil geht eindeutig hervor, dass nicht nur der AEU-Vertrag keine Meistbegünstigungsklausel (Most Favoured Nation, MFN) wie die in Art. 3 Abs. 2 des BIT enthält(63), sondern dass auch keine Diskriminierung vorliegt, wenn ein Mitgliedstaat den Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats nicht die Behandlung gewährt, die er aufgrund eines Abkommens den Staatsangehörigen eines dritten Mitgliedstaats gewährt.

72.      Der Umstand, dass der AEU-Vertrag keine Meistbegünstigungsklausel enthält, wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 18 AEUV bestätigt, nach der aus „[Art. 18 AEUV] folgt, dass Personen, die sich in einer [unions]rechtlich geregelten Situation befinden, genauso behandelt werden müssen wie Angehörige des betreffenden Mitgliedstaats“(64), d. h. wie die eigenen Staatsangehörigen.

73.      Meines Erachtens besteht eine vollkommene Analogie zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache, in der das Urteil vom 5. Juli 2005, D. (C‑376/03, EU:C:2005:424), ergangen ist, da der Vergleich, den die Slowakische Republik und die Kommission gezogen haben, auch zwei nicht slowakische Investoren betrifft, von denen dem einen (im vorliegenden Fall dem niederländischen) der materiell-rechtliche Schutz durch das BIT zugutekommt und dem anderen nicht.

74.      Wie das DBA Niederlande/Belgien ist das BIT nämlich ein völkerrechtlicher Vertrag dessen „Anwendungsbereich … auf die darin genannten natürlichen oder juristischen Personen beschränkt ist“(65), nämlich die natürlichen Personen, die die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien haben und die juristischen Personen, die nach deren Recht gegründet wurden(66).

75.      In diesem Sinne ist der Umstand, dass die durch das BIT geschaffenen gegenseitigen Rechte und Pflichten nur auf Investoren eines der beiden vertragsschließenden Mitgliedstaaten anwendbar sind, eine Folge, die sich aus dem bilateralen Charakter der BIT ergibt. Ein Investor, der nicht Niederländer ist, befindet sich folglich, was eine in der Slowakischen Republik getätigte Investition betrifft, nicht in der gleichen Lage wie ein niederländischer Investor.

76.      Darüber hinaus stellt Art. 8 des BIT, genau wie Art. 25 Abs. 3 des DBA Niederlande/Belgien, auf den sich der Gerichtshof in Rn. 62 seines Urteils vom 5. Juli 2005, D. (C‑376/03, EU:C:2005:424), bezieht, keine Vergünstigung dar, die sich vom Rest des BIT trennen ließe, sondern ist so sehr integraler Bestandteil, dass ein BIT ohne ISDS-Mechanismus sinnlos wäre, da er sein Ziel, zu ausländischen Investitionen zu ermutigen und solche Investitionen anzuziehen, nicht erreichen würde.

77.      Wie der Gerichtshof in Rn. 292 des Gutachtens 2/15 (Freihandelsabkommen mit Singapur) vom 16. Mai 2017 (EU:C:2017:376) festgestellt hat, kann nämlich die Regelung des Freihandelsabkommens mit der Republik Singapur, die als ISDS-Mechanismus ein internationales Schiedsverfahren einführt, „keinen bloßen Hilfscharakter … haben“. Nach ständiger schiedsrichterlicher Rechtsprechung ist das Recht der Investoren, ein internationales Schiedsverfahren in Anspruch zu nehmen, die wichtigste Bestimmung des BIT, da sie, ungeachtet ihres verfahrensrechtlichen Inhalts, als solche eine unverzichtbare Garantie darstellt, die Investitionen anregt und schützt(67). Es überrascht daher wenig, dass die „früheren“ BIT(68), die keinen ISDS-Mechanismus enthielten, der Art. 8 des BIT entspricht, für die Investoren nicht besonders nützlich waren.

78.      Nach Ansicht der Kommission kann die vorliegende Rechtssache jedoch von der Rechtssache, in der das Urteil vom 5. Juli 2005, D. (C‑376/03, EU:C:2005:424), ergangen ist, durch deren steuerlichen Streitgegenstand abgegrenzt werden(69).

79.      Ich halte diese Abgrenzung für wenig überzeugend. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die BIT den Doppelbesteuerungsabkommen darin ähneln, dass sie dieselben wirtschaftlichen Tätigkeiten, die Einfuhr und zugleich die Ausfuhr von Kapital, betreffen. Ein Staat kann nämlich die Einfuhr von ausländischem Kapital in sein Hoheitsgebiet fördern, indem er im Rahmen eines BIT Investitionen ein hohes Maß an Investitionsrechtsschutz oder Steuervorteile gewährt(70). Wie in den Doppelbesteuerungsabkommen, die nie als grundsätzlich mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag unvereinbar angesehen wurden, ist die Gegenseitigkeit der Verpflichtungen der Staaten ein wesentlicher Bestandteil der BIT(71).

80.      Zudem ist – entgegen dem Vorbringen der Kommission – Art. 293 zweiter Gedankenstrich EG nicht Rechtsgrundlage der Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Mitgliedstaaten. Wäre dies der Fall, auf welchen Artikel müssten die Mitgliedstaaten dann die heute verhandelten Abkommen stützen, da Art. 293 EG sich doch im Vertrag von Lissabon nicht wiederfindet?

81.      Unter diesen Umständen schließt nichts die Möglichkeit aus, die unionsinternen BIT durch ein einziges multilaterales BIT oder, wie von der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich und der Republik Finnland in ihrem Non-Paper vom 7. April 2016 vorgeschlagen(72), einen auf die Investoren aller Mitgliedstaaten anwendbaren Rechtsakt der Union nach Maßgabe der Zuständigkeitsverteilung zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten zu ersetzen.

82.      Aus diesen Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die dritte Frage zu antworten, dass ein ISDS-Mechanismus, wie der mit Art. 8 des BIT eingeführte, der den niederländischen Investoren das Recht verleiht, gegen die Slowakische Republik ein internationales Schiedsverfahren einzuleiten, keine nach Art. 18 AEUV verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellt.

83.      Nur wenn der Gerichtshof sich diesem Antwortvorschlag anschließt, wird er die erste und die zweite Vorlagefrage prüfen müssen.

C.      Zur zweiten Vorlagefrage

84.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 267 AEUV als Grundlage für das Gerichtssystem der Union, das die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und die Autonomie des Rechtssystems der Union sichert, der Anwendung einer Bestimmung wie Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei entgegensteht.

85.      Ich prüfe diese Frage vor der ersten, da nach meiner Auffassung ein gemäß Art. 8 des BIT gebildetes Schiedsgericht ein Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV darstellt, das zwei Mitgliedstaaten, nämlich dem Königreich der Niederlande und der Slowakischen Republik, gemeinsam und daher befugt ist, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen. Dies würde automatisch bedeuten, dass keine Unvereinbarkeit mit Art. 344 AEUV besteht, was Gegenstand der ersten Vorlagefrage ist.

86.      Nach ständiger Rechtsprechung ist, damit es sich bei einer Rechtsprechungseinrichtung um ein „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV handelt, auf eine Reihe von Merkmalen abzustellen, nämlich „die gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ihr ständiger Charakter, die obligatorische Gerichtsbarkeit, das streitige Verfahren, die Anwendung von Rechtsnormen durch die Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit“(73). Zudem muss „ein Rechtsstreit [bei ihr] anhängig [sein] und [sie] im Rahmen eines Verfahrens zu entscheiden haben, das auf eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter abzielt“(74).

87.      Unter Zugrundelegung dieser Kriterien sind die Schiedsgerichte nicht automatisch vom Begriff des „Gerichts eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV ausgenommen. Der Gerichtshof hat sich nämlich zwar mehrfach geweigert, auf eine von Schiedsrichtern zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage zu antworten(75), aber auch auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung die Vorlagefragen von Schiedsgerichten in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 17. Oktober 1989, Handels- og Kontorfunktionærernes Forbund i Danmark (109/88, EU:C:1989:383), und vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), sowie der Beschluss vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92), ergangen sind, für zulässig erklärt.

88.      Die beiden letzteren Fälle lassen Anzeichen einer Öffnung der Zulässigkeitskriterien zugunsten der Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Einzelnem und Staat (Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta, C‑377/13, EU:C:2014:1754)(76) sowie der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit (Beschluss vom 13. Februar 2014, Merck Canada, C‑555/13, EU:C:2014:92)(77) erkennen.

89.      Ich werde daher die Merkmale der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte anhand der in Nr. 86 der vorliegenden Schlussanträge genannten Kriterien prüfen. Nach meiner Ansicht sind alle diese Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt(78).

1.      Gesetzliche Grundlage der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte

90.      Die meisten der dem Gerichtshof vorgelegten Rechtssachen, die aus einem Schiedsverfahren hervorgingen, betreffen lediglich einen Sonderfall der Schiedsgerichtsbarkeit, nämlich die Handelsschiedsgerichtsbarkeit – die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs sogenannte „vertragliche“ Schiedsgerichtsbarkeit, da ihre Rechtsgrundlage eine in einem privatrechtlichen Vertrag enthaltene Schiedsklausel ist(79).

91.      Es gibt andere Arten von Schiedsgerichtsbarkeit. Außer der in Art. 272 AEUV vorgesehenen Schiedsgerichtsbarkeit gibt es die Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Staaten auf der Grundlage einer völkerrechtlichen Vereinbarung(80) oder die Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Einzelnen und Staaten, wobei diese letzten beiden Arten sich hinsichtlich der gesetzlichen Grundlage von der Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Einzelnen stark unterscheiden.

92.      In dem zuletzt genannten Fall geht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht auf ein Gesetz, sondern auf eine in einem Vertrag enthaltene Schiedsklausel zurück.

93.      Dies traf u. a. auf den Schiedsgerichtsfall zu, der zum Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107), geführt hat und einen zwischen mehreren Privatunternehmen geschlossenen „Poolvertrag“ betraf, der im Rahmen eines gemeinsamen Programms für den Bau von 13 Fischereifabrikschiffen zum Ziel hatte, alle Zuschüsse, die die Vertragspartner vom EAGFL erhalten würden, zwischen ihnen zu verteilen. Das nach diesem Vertrag befasste Schiedsgericht äußerte Zweifel an der Vereinbarkeit des Vertrags mit dem Unionsrecht und befragte dazu den Gerichtshof.

94.      Der Gerichtshof hielt sich für „nicht zuständig“(81), da dieses Schiedsgericht aus zwei Gründen kein Gericht eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 267 AEUV sei. Erstens „[habe] für die Vertragsparteien weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Verpflichtung [bestanden], ihre Streitigkeiten vor ein Schiedsgericht zu bringen“(82), da sie sich dazu durch einen Vertrag entschieden hätten. Zweitens „[sei] die deutsche öffentliche Gewalt in die Entscheidung, den Weg der Schiedsgerichtsbarkeit zu wählen, nicht einbezogen [gewesen] und [könne] nicht von Amts wegen in den Ablauf des Verfahrens vor dem Schiedsrichter eingreifen“(83).

95.      Der Umstand, dass die Zuständigkeit des Schiedsgremiums auf eine Schiedsklausel zurückging, die in einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Reisebüro vereinbart wurde, genügte in der Rechtssache, in der das Urteil vom 27. Januar 2005, Denuit und Cordenier (C‑125/04, EU:C:2005:69), ergangen ist, um dieses Gremium vom Begriff des Gerichts im Sinne von Art. 267 AEUV auszunehmen, auch wenn die Schiedsklausel Teil der vom Reisebüro vorgegebenen allgemeinen Bedingungen und dieser Punkt für den Verbraucher nicht verhandelbar war.

96.      Die gesetzliche Grundlage eines nach Art. 8 des BIT gebildeten und befassten Schiedsgerichts kann dagegen nicht angefochten werden. Sie findet sich nicht nur in einem völkerrechtlichen Vertrag, sondern auch in den niederländischen und den tschechoslowakischen Zustimmungsgesetzen zum BIT, mit denen es in die Rechtsordnungen der Vertragsstaaten umgesetzt worden ist. Im Unterschied zu der Rechtssache, in der das Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107), ergangen ist, liegt die Einbeziehung der öffentlichen Gewalt in die Entscheidung für den Schiedsweg sowie in das Schiedsverfahren selbst (da im vorliegenden Fall die Slowakische Republik Schiedsbeklagte war) auf der Hand.

97.      Diese Einschätzung wird durch das Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), und den Beschluss vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92), bekräftigt.

98.      Das Schiedsgericht, das den Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), ergangen ist, um Vorabentscheidung ersucht hatte, erfüllte das Kriterium der gesetzlichen Grundlage, da ein portugiesisches Gesetz die Schiedsgerichtsbarkeit als Form der gerichtlichen Streitentscheidung in Steuerangelegenheiten vorsah und den Schiedsgerichten für Steuerangelegenheiten eine allgemeine Zuständigkeit zur Prüfung der Rechtmäßigkeit jeglicher Steuerfestsetzung zuwies(84).

99.      Ebenso hat der Gerichtshof entschieden, dass das Schiedsgericht in der Rechtssache, in der der Beschluss vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92), ergangen ist, das Kriterium der gesetzlichen Grundlage erfüllte, da „[seine] Zuständigkeit … nicht auf dem Willen der Parteien, sondern auf dem [portugiesischen] Gesetz Nr. 62/2011 … beruht“(85), das die Schiedsgerichtsbarkeit als Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten über gewerbliche Schutzrechte in Bezug auf Referenzarzneimittel und Generika eingeführt hat.

2.      Ständiger Charakter der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte

100. Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit kann eine institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit sein, bei der das Verfahren von einer Schiedseinrichtung(86) übernommen und nach deren Verfahrensordnung gegen Gebühr durchgeführt wird, oder eine Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit, bei der die Parteien das Verfahren selbst, ohne die Hilfe einer Schiedseinrichtung in Anspruch zu nehmen, durchführen.

101. Aus den Rn. 25 und 26 des Urteils vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), und Rn. 24 des Beschlusses vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92), ergibt sich, dass das Kriterium des ständigen Charakters nicht die Zusammensetzung des Schiedsgerichts als solche betrifft, sondern die Institutionalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit als Möglichkeit zur Streitbeilegung. Das Kriterium des ständigen Charakters ist, mit anderen Worten, in Bezug auf die Schiedseinrichtung, die das Schiedsverfahren verwaltet, und nicht in Bezug auf das Schiedsgericht, dessen Zusammensetzung von kurzer Dauer ist, zu beurteilen.

102. In diesem Sinne hat der Gerichtshof in Rn. 26 des Urteils vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), entschieden, dass „das Tribunal Arbitral Tributário [(Finanzschiedsgericht, Portugal)] …, obwohl die Zusammensetzung seiner Spruchkörper von kurzer Dauer ist und deren Tätigkeit jeweils mit ihrer Entscheidung endet, insgesamt als Teil des genannten Systems ständigen Charakter auf[weist]“. Das System, auf das sich der Gerichtshof bezieht, ist das „Centro de Arbitragem Administrativa“ (CAAD) (Zentrum der Verwaltungsschiedsgerichtsbarkeit).

103. Ebenso hat der Gerichtshof in Rn. 24 des Beschlusses vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92), das Kriterium des ständigen Charakters als erfüllt angesehen, da das Schiedsgericht „auf einer gesetzlichen Grundlage errichtet wurde, über eine dauerhafte zwingende Zuständigkeit verfügt und darüber hinaus die von ihm anzuwendenden Verfahrensvorschriften durch die nationale Gesetzgebung festgelegt und in einen Rahmen gefasst werden“, und zwar, obwohl seine Form, Zusammensetzung und Verfahrensordnung je nach dem Willen der Parteien unterschiedlich sein konnten und obwohl es, sobald es seine Entscheidung getroffen hatte, aufgelöst wurde.

104. In dieser Rechtssache war klar, dass das Schiedsgericht ein Ad-hoc-Gericht war und es keine Schiedseinrichtung gab, die seinen ständigen Charakter sicherstellte; doch der Gerichtshof leitete den ständigen Charakter aus Art. 2 des portugiesischen Gesetzes Nr. 62/2011 ab, das die Schiedsgerichtsbarkeit als alleiniges Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten über gewerbliche Schutzrechte in Bezug auf Referenzarzneimittel und Generika eingeführt habe.

105. Dieselbe Schlussfolgerung kann für die Schiedsgerichte gezogen werden, die nach Art. 8 des BIT gebildet und angerufen werden, da, wie in den Rechtssachen, in denen das Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), und der Beschluss vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92), ergangen sind, das Königreich der Niederlande und die Slowakische Republik das Schiedsverfahren als Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem von ihnen und einem Investor des anderen Staates eingeführt haben.

106. Auch andere Elemente der Institutionalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit sind in dem BIT enthalten.

107. Art. 8 Abs. 4 des BIT verleiht nämlich der Stockholmer Handelskammer (SCC), einer ständigen Schiedseinrichtung, die Befugnis, die Schiedsrichter zu benennen, und Abs. 5 dieses Artikels erklärt die Verfahrensordnung der UNCITRAL für auf das Schiedsverfahren anwendbar.

108. Zudem war das Verfahren vor dem in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Schiedsgericht einer ständigen Schiedseinrichtung unterstellt. Der PCA mit Sitz in Den Haag, der durch die 1899 und 1907 in Den Haag geschlossenen Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle errichtet wurde(87), wurde durch das von ihm selbst und den Parteien des Ausgangsverfahrens unterzeichnete Mandatsschreiben mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Sekretariats betraut.

109. Daher ist nach meiner Ansicht auch das Kriterium des ständigen Charakters erfüllt.

3.      Obligatorische Gerichtsbarkeit der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte

110. Nach ständiger Rechtsprechung „[fehlt die obligatorische Gerichtsbarkeit] im Rahmen eines vertraglichen Schiedsverfahrens …, da für die Vertragsparteien weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Verpflichtung besteht, ihre Streitigkeiten vor ein Schiedsgericht zu bringen, und die Träger der öffentlichen Gewalt des betreffenden Mitgliedstaats weder in die Entscheidung, den Weg der Schiedsgerichtsbarkeit zu wählen, einbezogen sind, noch von Amts wegen in den Ablauf des Verfahrens vor dem Schiedsrichter eingreifen können“(88).

111. Es ist offenkundig nicht überraschend, dass der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Schiedsgerichte in den Rechtssachen, in denen das Urteil vom 17. Oktober 1989, Handels- og Kontorfunktionærernes Forbund i Danmark (109/88, EU:C:1989:383), und der Beschluss vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92), ergangen sind, die Bedingung der obligatorischen Gerichtsbarkeit erfüllten, da das dänische und das portugiesische Recht das Schiedsverfahren vorschrieben.

112. In der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), ergangen ist, wurde das Schiedsgericht jedoch nicht dadurch, dass die Inanspruchnahme des Schiedsverfahrens freiwillig war und der Steuerpflichtige sich dafür entschieden hatte, ein solches gegen die Portugiesische Republik einzuleiten, obwohl er unmittelbar die ordentlichen Gerichte hätte anrufen können, vom Begriff des Gerichts eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 267 AEUV ausgeschlossen.

113. Nach Auffassung des Gerichtshofs „[waren nämlich die] Entscheidungen [des Schiedsgerichts] für die Parteien gemäß Art. 24 Abs. 1 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 10/2011 zwingend [und ergab sich s]eine Zuständigkeit … unmittelbar aus den Bestimmungen der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 10/2011 und [war] mithin nicht von der vorhergehenden Erklärung der Parteien abhängig, den Streitfall dem Schiedsgericht unterwerfen zu wollen … [Will] die steuerpflichtige Streitpartei die Streitigkeit vor das Schiedsgericht für Steuerangelegenheiten bringen, ist die Zuständigkeit des [Schiedsgerichts] für die Steuer- und Zollverwaltung zwingend“(89).

114. Dasselbe gilt für die nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte.

115. Art. 8 Abs. 7 des BIT bestimmt, dass die Entscheidung eines nach diesem Artikel gebildeten Schiedsgerichts „endgültig und für die Parteien der Streitigkeit bindendist(90). Es besteht daher kein Zweifel, dass der von einem solchen Schiedsgericht erlassene Schiedsspruch für die Parteien zwingend im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist.

116. Zudem sieht Art. 8 Abs. 2 des BIT vor, dass „[j]ede Vertragspartei … hiermit zu[stimmt], dass eine [Investor-Staat‑]Streitigkeit … einem Schiedsgericht vorgetragen wird, falls die Streitigkeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem Datum, an dem eine Partei der Streitigkeit die gütliche Beilegung gewünscht hat, nicht gütlich beigelegt ist“(91).

117. Der Umstand, dass der Investor die Wahl hat, ein Verfahren entweder vor den Gerichten des betroffenen Mitgliedstaats oder vor dem Schiedsgericht anzustrengen(92), beeinträchtigt nicht den obligatorischen Charakter der Gerichtsbarkeit des Schiedsgerichts, da auch der Steuerpflichtige in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), ergangen ist, diese Wahl hatte.

118. Da die Slowakische Republik – wie die Portugiesische Republik in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754), ergangen ist – der Schiedsgerichtsbarkeit im Voraus zugestimmt hat, hat die Gerichtsbarkeit des gebildeten Schiedsgerichts gemäß Art. 8 Abs. 2 des BIT für diesen Mitgliedstaat und für den Investor obligatorischen Charakter.

119. Daher erfüllen die nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte auch das Kriterium der obligatorischen Gerichtsbarkeit.

4.      Streitiger Charakter des Verfahrens vor den nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichten, Anwendung von Rechtsnormen durch diese bei der Beilegung der ihnen unterbreiteten Rechtsstreitigkeiten sowie Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter

120. Was den streitigen Charakter des Verfahrens vor den nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichten betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach Abs. 5 dieses Artikels „[d]as Schiedsgericht … sein eigenes Verfahren unter Anwendung der Schiedsordnung der [UNCITRAL] festlegen [wird]“(93).

121. Art. 15 Abs. 1 dieser Schiedsordnung in ihrer zum Zeitpunkt des Abschlusses des BIT geltenden Fassung von 1976 sah vor, dass „[v]orbehaltlich der Bestimmungen dieser Schiedsordnung … das Schiedsgericht das Verfahren nach freiem Ermessen durchführen [kann], vorausgesetzt, dass die Parteien gleichbehandelt werden und dass jede Partei in jedem Stadium des Verfahrens alle Möglichkeiten hat, ihren Standpunkt vorzubringen und ihre Anträge zu stellen“(94). Diese Garantie wird in Art. 17 Abs. 1 der Schiedsordnung in den Fassungen von 2010 und 2013 übernommen.

122. Die Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens wird auch durch mehrere Bestimmungen der Schiedsordnung, die den Schriftsatzwechsel, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Teilnahme der Parteien an dieser sowie den Abschluss des mündlichen Verfahrens betreffen, sichergestellt, und zwar durch die Art. 18 bis 20, 22, 24, 25 und 29 der Schiedsordnung von 1976 und die Art. 20 bis 22, 24, 28 und 31 der 2010 und 2013 geänderten Schiedsordnung.

123. Was das Kriterium der Anwendung von Rechtsnormen durch die Schiedsgerichte betrifft, bestimmt Art. 8 Abs. 6 des BIT, dass „[d]as Schiedsgericht … auf der Grundlage des Rechts zu entscheiden [hat]“, und sieht eine Reihe von Rechtsnormen vor, die das Gericht zu berücksichtigen hat. Die Möglichkeit, ex aequo et bono zu entscheiden, ist daher ausgeschlossen.

124. Was schließlich das Kriterium der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit anbelangt, setzen nach ständiger Rechtsprechung „[d]iese Garantien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit … voraus, dass es Regeln insbesondere für die Zusammensetzung der Einrichtung, die Ernennung, die Amtsdauer und die Gründe für Enthaltung, Ablehnung und Abberufung ihrer Mitglieder gibt, die es ermöglichen, bei den Rechtsunterworfenen jeden berechtigten Zweifel an der Unempfänglichkeit der genannten Stelle für Einflussnahmen von außen und an ihrer Neutralität in Bezug auf die einander gegenüberstehenden Interessen auszuräumen … Nach der Rechtsprechung ist die Voraussetzung der Unabhängigkeit der vorlegenden Einrichtung insbesondere nur dann erfüllt, wenn die Fälle, in denen die Mitglieder der Einrichtung abberufen werden können, durch ausdrückliche Gesetzesbestimmungen festgelegt sind“(95).

125. Ich bemerke zunächst, dass der Gerichtshof in keiner der von ihm behandelten Rechtssachen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter in Frage gestellt hat, und sodann, dass die UNCITRAL-Schiedsordnung die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter gewährleistet, indem sie ihnen eine eindeutige Verpflichtung auferlegt, alle Umstände bekannt zu geben, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen(96), sowie ein Verfahren zur Ablehnung eines Schiedsrichters einführt, wenn solche Umstände vorhanden sind(97).

126. Nach alledem stellen die nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte Gerichte im Sinne von Art. 267 AEUV dar, doch sind sie auch Gerichte „eines Mitgliedstaats“ im Sinne dieser Bestimmung?

127. Meines Erachtens ist diese Frage zu bejahen.

128. Die Frage nach der Eigenschaft eines internationalen Gerichts, das im Rahmen einer durch völkerrechtlichen Vertrag zwischen Mitgliedstaaten geschaffenen internationalen Organisation errichtet wurde, wurde in der Rechtssache, in der das Urteil vom 4. November 1997, Parfums Christian Dior (C‑337/95, EU:C:1997:517), ergangen ist, hinsichtlich des Benelux-Gerichtshofs geprüft.

129. In diesem Urteil hat der Gerichtshof befunden, dass „[n]ichts … dagegen [spricht], dass ein mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht dem Gerichtshof ebenso wie die Gerichte der einzelnen Mitgliedstaaten Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen kann“(98).

130. Dies trifft auch für die nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte zu, da sie als Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten vom Königreich der Niederlande und der Slowakischen Republik eingerichtet sind.

131. Aus diesen Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer Vorschrift wie Art. 8 des BIT nicht entgegensteht, die die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht, das als „Gericht eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV anzusehen ist, zulässt.

D.      Zur ersten Vorlagefrage

132. Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 344 AEUV dahin auszulegen ist, dass er der Anwendung von Bestimmungen unionsinterner BIT wie Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei entgegensteht, die die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht zulassen.

133. Einleitend ist festzustellen, dass die nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte, sollte der Gerichtshof sie, wie von mir vorgeschlagen, als Gerichte der Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 267 AEUV qualifizieren, an dem in Rn. 176 des Gutachtens 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454) genannten Dialog zwischen den Gerichten teilnehmen und verpflichtet sind, das Unionsrecht anzuwenden. Folglich kann die Inanspruchnahme der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit unter den Voraussetzungen von Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei weder Art. 344 AEUV noch die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union beeinträchtigen.

134. In diesem Fall sind die Schiedsgerichte nämlich verpflichtet, die vom Gerichtshof in den Rn. 65 bis 70 des Gutachtens 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123) und den Rn. 157 bis 176 des Gutachtens 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454) aufgestellten Grundsätze zu beachten, zu denen insbesondere der Vorrang des Unionsrechts(99) vor dem Recht der Mitgliedstaaten und allen zwischen Mitgliedstaaten eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen, die unmittelbare Wirkung zahlreicher für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst geltender Bestimmungen, das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten in die Anerkennung gemeinsamer Werte, auf die sich die Union gründet, sowie die umfassende Anwendung und Beachtung des Unionsrechts zählen; andernfalls ist ihr Entscheid wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung ungültig.

135. Zudem würde die Nichtanwendung oder die fehlerhafte Anwendung des Unionsrechts durch die von den Mitgliedstaaten geschaffenen Schiedsgerichte nicht nur die Haftung der betroffenen Mitgliedstaaten auslösen, und zwar – insoweit im Einklang mit dem Urteil vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, EU:C:2003:513) –, weil sie es sind, die sie geschaffen haben, sondern könnte gegebenenfalls zur Feststellung einer Vertragsverletzung der betroffenen Mitgliedstaaten nach den Art. 258 und 259 AEUV führen(100).

136. Sollte der Gerichtshof jedoch der Auffassung sein, dass die nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte keine Gerichte im Sinne von Art. 267 AEUV darstellten, wäre noch zu prüfen, ob Art. 344 AEUV der Anwendung von Art. 8 des BIT entgegensteht und ob gegebenenfalls diese Bestimmung mit der im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegten Zuständigkeitsordnung und der Autonomie des Rechtssystems der Union unvereinbar ist.

137. In diesem Zusammenhang sind drei Fragen zu prüfen, wobei die zweite Prüfung nur vorzunehmen ist, wenn die erste Frage bejaht wird, und die dritte nur, wenn die erste oder die zweite Frage verneint wird:

–        Fällt eine Streitigkeit zwischen einem Investor und einem Mitgliedstaat wie die im Sinne von Art. 8 des BIT unter Art. 344 AEUV?

–        Kann eine solche Streitigkeit aufgrund ihres Gegenstands als eine Streitigkeit „über die Auslegung oder Anwendung der Verträge“ im Sinne von Art. 344 AEUV bezeichnet werden?

–        Hat das BIT aufgrund seiner Zielsetzung zur Folge, dass die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union beeinträchtigt werden?

1.      Fällt eine Streitigkeit zwischen einem Investor und einem Mitgliedstaat wie die im Sinne von Art. 8 des BIT unter Art. 344 AEUV?

138. Meines Erachtens ist die Frage aus folgenden Gründen zu verneinen.

139. Nach Art. 344 AEUV „verpflichten sich [die Mitgliedstaaten], Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln“.

140. Der Gerichtshof hatte häufig Gelegenheit, Art. 344 AEUV auszulegen und zur Vereinbarkeit völkerrechtlicher Verträge mit diesem Artikel Stellung zu nehmen, auch wenn es sich um völkerrechtliche Verträge handelte, die die Union und ihre Mitgliedstaaten mit Drittstaaten geschlossen hatten(101).

141. Nach ständiger Rechtsprechung „darf eine internationale Übereinkunft die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union, deren Wahrung der Gerichtshof sichert, nicht beeinträchtigen. Dieser Grundsatz ist insbesondere in Art. 344 AEUV verankert; danach verpflichten sich die Mitgliedstaaten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln“(102).

142. Nach Ansicht des Gerichtshofs erlegt Art. 344 AEUV den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, „sich an das gerichtliche System der [Union] zu halten und die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofes zu achten, die ein grundlegender Zug dieses Systems ist, [und diese Verpflichtung] muss als eine spezifische Ausprägung der allgemeineren Loyalitätspflicht verstanden werden, die sich aus [Art. 4 Abs. 3 EUV] ergibt“(103).

143. Es ist sogleich zu bemerken, dass das Schiedsgericht, das den in der Rechtssache des Ausgangsverfahrens in Rede stehenden Schiedsspruch erlassen hat, das Vorbringen der Slowakischen Republik und der Kommission zu Art. 344 AEUV eingehend prüfte. Hierbei stellte es auf der Grundlage des Urteils vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345), fest, dass die Streitigkeiten zwischen Investoren und Vertragsstaaten des BIT nicht unter Art. 344 AEUV fielen(104).

144. Die Slowakische Republik, unterstützt von mehreren Mitgliedstaaten und der Kommission, widerspricht dieser Auffassung des Schiedsgerichts. Für sie muss Art. 344 AEUV – insbesondere im Hinblick auf seinen Wortlaut, der im Unterschied zu Art. 273 AEUV seinen Anwendungsbereich nicht ausdrücklich auf Streitigkeiten „zwischen Mitgliedstaaten“ beschränke – eine weite Auslegung erhalten, die seine Anwendung auf Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Einzelnen und einem Mitgliedstaat eröffnet.

145. Ich teile diese Auffassung nicht.

146. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht eindeutig hervor, dass die Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten(105) sowie zwischen Mitgliedstaaten und Union(106) von Art. 344 AEUV erfasst werden. Dies gilt jedoch nicht für die Streitigkeiten zwischen Einzelnen, auch wenn das zu ihrer Beilegung angerufene Gericht gehalten ist, das Unionsrecht zu beachten oder anzuwenden.

147. Wie der Gerichtshof nämlich in Bezug auf den Entwurf eines Übereinkommens über ein Gericht für europäische Patente und Gemeinschaftspatente festgestellt hat, „kann [die Schaffung des Gerichts für europäische Patente und für Gemeinschaftspatente] auch nicht gegen Art. 344 AEUV verstoßen, da dieser Artikel sich darauf beschränkt, den Mitgliedstaaten zu verbieten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge anders als in den Verträgen vorgesehen zu regeln. Die Zuständigkeiten, die nach dem Übereinkommensentwurf dem [Gericht für europäische Patente und Gemeinschaftspatente] übertragen werden sollen, betreffen jedoch ausschließlich Streitigkeiten zwischen Einzelnen im Zusammenhang mit Patenten“(107).

148. Was die Streitigkeiten zwischen Einzelnen und Mitgliedstaaten betrifft, weist die Kommission darauf hin, dass das Gerichtssystem, auf das sich das Gutachten 1/91 (EWR-Abkommen I) vom 14. Dezember 1991 (EU:C:1991:490) beziehe, auch Klagen von Privatpersonen gegen die Aufsichtsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) auf dem Gebiet des Wettbewerbs umfasse(108).

149. Diese Klagen hätten sich jedoch nicht gegen einen Mitgliedstaat gerichtet, und jedenfalls lässt keine Stelle des Gutachtens des Gerichtshofs den Schluss zu, der Gerichtshof habe diesen besonderen Aspekt des Entwurfs eines Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) für problematisch gehalten.

150. Zudem ist hervorzuheben, dass die Union Partei des Abkommens, das Gegenstand dieses Gutachtens ist, werden sollte und dass das Abkommen damit Teil des Unionsrechts werden sollte, was bei dem BIT offensichtlich nicht der Fall ist. Darüber hinaus war der Gerichtshof, wie aus den Rn. 13 bis 29 dieses Gutachtens klar hervorgeht, besorgt, dass durch Art. 6 des Entwurfs des Abkommens ein systemisches Risiko für die Einheitlichkeit der Auslegung und der Anwendung des Rechts im Europäischen Wirtschaftsraum geschaffen würde(109), nicht aber, dass Klagen, die im Bereich des Wettbewerbs von Einzelnen gegen die Aufsichtsbehörde der EFTA erhoben würden, in die Zuständigkeit eines Gerichts fielen, das sich außerhalb des Gerichtssystems der Union befindet.

151. Insoweit ist das Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454) von besonderer Bedeutung, da, auch wenn Art. 6 Abs. 2 EUV den Beitritt der Union zu der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) vorsieht, dieser mit Art. 344 AEUV unvereinbar wäre, wenn die Streitigkeiten zwischen Einzelnen und den Mitgliedstaaten als die typischsten Streitigkeiten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unter diese Vorschrift fielen.

152. Aus diesem Grund hat der Gerichtshof in den Rn. 201 bis 214 dieses Gutachtens unter dem Gesichtspunkt von Art. 344 AEUV nur die Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und zwischen Mitgliedstaaten und Union geprüft(110), obwohl er sich bewusst war, dass die Union durch ihren Beitritt zur EMRK durch Art. 34 Satz 1 EMRK gebunden würde, wonach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte „von jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personengruppe, die behauptet, durch eine der [Vertragsparteien] in einem der in dieser Konvention oder den Protokollen dazu anerkannten Rechte verletzt zu sein, mit einer Beschwerde befasst werden [kann]“(111).

153. Nach meiner Auffassung fällt daher eine Streitigkeit zwischen einem Investor und einem Mitgliedstaat wie die im Sinne von Art. 8 des BIT nicht unter Art. 344 AEUV.

154. An diesem Ergebnis kann auch das Argument der Kommission nichts ändern, dass die Streitigkeiten zwischen Investoren und Mitgliedstaaten in Wirklichkeit Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten seien, da der Investor durch Einleitung eines Schiedsverfahrens gegen einen Mitgliedstaat aufgrund einer Bestimmung wie Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei kein ihm eigenes Recht ausübe, sondern ein Recht, das das BIT seinem Herkunftsstaat verleihe.

155. Die Kommission stützt sich insoweit auf zwei Schiedssprüche, die sie in Rn. 81 ihrer schriftlichen Erklärungen anführt(112). Ihrer Ansicht steht jedoch eben diese schiedsrichterliche Rechtsprechung entgegen(113), jedenfalls stößt sie keineswegs auf allgemeine Zustimmung(114).

156. Es ist nämlich völkerrechtlich anerkannt, dass die Bestimmungen eines völkerrechtlichen Vertrags unter bestimmten Voraussetzungen den Einzelnen Rechte verleihen können(115). In diesem Sinne haben mehrere Schieds-(116) sowie staatliche Gerichte(117) entschieden, dass die BIT den Investoren unmittelbar Rechte verliehen(118).

157. Dies trifft mit Sicherheit auf Art. 3 des BIT zu, dessen Verletzung von dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Schiedsgericht festgestellt wurde, da darin ausdrücklich die Investoren der Vertragsparteien als diejenigen genannt werden, die Anspruch auf eine faire und gerechte Behandlung sowie auf Meistbegünstigung haben.

158. Zudem unterscheidet sich das Recht, das auf die Streitigkeiten anwendbar ist, auf die sich Art. 8 Abs. 6 des BIT bezieht(119), von dem Recht, das gemäß Art. 10 Abs. 7 des BIT auf die Streitigkeiten zwischen den beiden Vertragsstaaten des BIT anwendbar ist(120).

159. Aus dem Vorstehenden schließe ich, dass eine Streitigkeit zwischen einem Investor und einem Mitgliedstaat wie die im Sinne von Art. 8 des BIT nicht unter Art. 344 AEUV fällt, so dass sich die Frage nicht stellt, ob sich eine solche Rechtsstreitigkeit auf „die Auslegung oder Anwendung der [EU- und AEU‑]Verträge“ bezieht. Für den Fall, dass der Gerichtshof meine Schlussfolgerung zum ersten Punkt nicht teilen sollte, untersuche ich auch diese Frage.

2.      Bezieht sich die in Rede stehende Streitigkeit auf „die Auslegung oder Anwendung der Verträge“?

160. Das vorlegende Gericht äußert unter Berufung auf die Rn. 140, 149 und 151 bis 153 des Urteils vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345), die Ansicht, dass ein Verstoß gegen Art. 344 AEUV erst vorliege, wenn Gegenstand des in Rede stehenden Schiedsspruchs die Auslegung und Anwendung unionsrechtlicher Vorschriften selbst sei, was bei dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Schiedsspruch nicht der Fall sei.

161. Die Slowakische Republik, unterstützt durch mehrere Mitgliedstaaten und die Kommission, widerspricht dieser Ansicht. Ihres Erachtens ist Art. 344 AEUV auf eine Streitigkeit wie die zwischen Achmea und der Slowakischen Republik anwendbar, da sie sehr wohl die Auslegung und Anwendung des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags, auch im Sinne des Urteils vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345), betreffe.

162. Dem stimme ich nicht zu.

163. Der Gerichtshof hat zwar im Urteil vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345), und im Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454) festgestellt, dass Streitigkeiten auch dann die Auslegung und Anwendung des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags betreffen, wenn sie unter völkerrechtliche Übereinkommen (nämlich unter das am 10. Dezember 1982 in Montego Bay geschlossene Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen bzw. die EMRK) fallen.

164. Dies war jedoch nur der Fall, weil entweder die Union Partei des in Rede stehenden Übereinkommens (des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen) war, das deshalb Teil des Unionsrechts war, oder weil ihr Beitritt zu dem in Rede stehenden Abkommen (EMRK) geplant war, das daher Teil des Unionsrechts werden sollte.

165. Der Gerichtshof hat nämlich in den Rn. 126 und 127 des Urteils vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345), ausgeführt:

„Wie oben dargelegt, fallen die Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens [der Vereinten Nationen], die in der Streitigkeit über die MOX‑Anlage eine Rolle spielen, unter eine Zuständigkeit der [Union], die diese durch ihren Beitritt zum Seerechtsübereinkommen ausgeübt hat, so dass die genannten Bestimmungen integraler Bestandteil der [Unions]rechtsordnung sind.

Folglich handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Streitigkeit über die Auslegung oder die Anwendung des [AEU]‑Vertrags im Sinne von Artikel [344 AEUV].“

166. In gleicher Weise hat der Gerichtshof im Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454) festgestellt, dass „die EMRK … aufgrund des Beitritts zum Bestandteil des Unionsrechts [würde]. Folglich ist der Gerichtshof, wenn das Unionsrecht in Rede steht, für jeden Rechtsstreit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen ihnen und der Union wegen der Beachtung der EMRK ausschließlich zuständig“. Auf dieser Grundlage hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Beitritt der Union zur EMRK geeignet ist, Art. 344 AEUV zu beeinträchtigen(121).

167. Anders als bei den Übereinkünften, um die es in der Rechtssache, die zum Urteil vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345), geführt hat, und im Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454) ging, ist die Union jedoch nicht Partei des BIT, der daher nicht Bestandteil des Unionsrechts ist, was das vom Gerichtshof in den beiden genannten Sachen festgelegte Kriterium ist.

168. Infolgedessen wird die durch Art. 344 AEUV gewährleistete ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofs nicht in Frage gestellt.

169. Dieser Feststellung steht nicht das Vorbringen der Kommission entgegen, dass das Unionsrecht Teil des auf die Streitigkeiten zwischen Investoren und den Vertragsstaaten des BIT anwendbaren Rechts sei und dass vorliegend Achmea im Schiedsverfahren einen Verstoß gegen das Unionsrecht geltend gemacht habe.

170. Insoweit hat das Schiedsgericht, um das es in der vorliegenden Rechtssache geht, festgestellt, dass es „[s]tatt daran gehindert zu sein, das Unionsrecht zu beachten und anzuwenden, … dieses anzuwenden [habe], soweit es entweder nach Art. 8 des BIT, nach deutschem Recht oder in sonstiger Weise zum anwendbaren Rechts [gehöre]“(122). Der Gerichtshof habe das „Monopol für die endgültige und verbindliche Auslegung des Unionsrechts“(123).

171. Dem füge ich hinzu, dass auch ein nach Art. 8 des BIT gebildetes Schiedsgericht das Unionsrecht anzuwenden haben kann, und zwar nach Art. 3 Abs. 5 des BIT, wonach u. a. dann, wenn ein Vertrag, der künftig zwischen den Parteien begründet werden sollte(124), eine allgemeine oder besondere Regelung enthalten sollte, durch die den Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung als nach diesem BIT gewährt wird, diese Regelung dem BIT vorgeht, soweit sie günstiger sein sollte(125).

172. Darüber hinaus gehören der EU-Vertrag und der AEU-Vertrag jedenfalls zu den Rechtsnormen, die die Schiedsgerichte auch ohne eine Bestimmung wie Art. 8 Abs. 6 des BIT beachten müssen, da sich diese Verpflichtung ohne sie aus Art. 31 Abs. 3 Buchst. a und c des Wiener Übereinkommens(126) ergibt.

173. Dass das Unionsrecht nach Art. 8 Abs. 6 des BIT Bestandteil des auf Investor-Staat-Streitigkeiten anwendbaren Rechts ist, bedeutet nicht, dass diese Streitigkeiten sich auf die Auslegung und Anwendung des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags beziehen, und dies aus zwei Gründen: Erstens beschränkt sich die Zuständigkeit des Schiedsgerichts darauf, über Verstöße gegen das BIT zu entscheiden, und zweitens sind der Anwendungsbereich des BIT und die mit diesem eingeführten Rechtsnormen nicht mit dem Anwendungsbereich und den Rechtsnormen des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags identisch.

a)      Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts beschränkt sich darauf, über Verstöße gegen das BIT zu entscheiden

174. Wie von dem in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Schiedsgericht festgestellt, ist „seine Zuständigkeit … auf die Entscheidung über vermeintliche Verstöße gegen das BIT beschränkt … Das Gericht ist nicht für die Entscheidung über vermeintliche Verstöße gegen das Unionsrecht als solches zuständig“(127).

175. Die Aufgabe des Gerichts besteht nämlich nicht darin, festzustellen, ob der Mitgliedstaat durch sein vom Investor beanstandetes Verhalten gegen seine Verpflichtungen aus dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag oder allgemeiner dem Unionsrecht verstoßen hat. Vielmehr ist es seine Aufgabe, festzustellen, ob der Gaststaat der Investition gegen das BIT verstoßen hat, wobei das Unionsrecht eines der relevanten Kriterien ist, die bei der Beurteilung des Verhaltens des Staates anhand des BIT zu beachten sind(128).

176. In diesem Sinne kann sich das Unionsrecht „in der vorliegenden Rechtssache aufgrund seiner Rolle als Bestandteil des nach Art. 8 Abs. 6 des BIT anwendbaren Rechts und des deutschen Rechts als lex loci arbitri auf den Umfang der Rechte und Pflichten aus dem BIT auswirken“(129).

177. Vor diesem Hintergrund hatte das Unionsrecht materiell keine Auswirkungen auf den Rechtsstreit zwischen Achmea und der Slowakischen Republik. Aus den beiden Schiedssprüchen, die in der Sache, um die es im Ausgangsverfahren geht, ergangen sind, ergibt sich nämlich nicht, dass sich Achmea vor dem Schiedsgericht auf Unionsrechtsakte berufen hätte im Hinblick auf ihre Auslegung und Anwendung im Rahmen eines Verfahrens, mit dem eine Verletzung der Bestimmungen dieser Rechtsakte durch die Slowakische Republik festgestellt werden sollte(130). Vielmehr machte Achmea geltend, dass die von der Slowakischen Republik im Krankenversicherungsbereich ergriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen(131), die in keiner Weise ihren Ursprung oder ihre Grundlage im Unionsrecht hatten, gegen die Art. 3 bis 5 des BIT verstießen.

178. Zudem haben sich, wie vom Schiedsgericht festgestellt, weder Achmea noch die Slowakische Republik auf unionsrechtliche Bestimmungen gestützt, die sich auf die Begründung oder die Entscheidung des Gerichts über die Streitigkeit in der Sache hätten auswirken können. Dessen Schiedsspruch konnte daher keine Auswirkungen auf unionsrechtliche Fragestellungen haben(132).

b)      Der Anwendungsbereich des BIT und die mit diesem eingeführten Rechtsnormen sind nicht mit dem Anwendungsbereich und den Rechtsnormen des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags identisch

179. Die Auffassung der Kommission, wie sie in ihren schriftlichen Erklärungen(133) und in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, beruht auf der Prämisse, dass das Unionsrecht den Investoren u. a. durch die Grundfreiheiten und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) bei Investitionen vollständigen Schutz bietet.

180. Ich weiß nicht, was die Kommission unter dem Begriff „vollständiger Schutz“ versteht, doch zeigt der Vergleich des BIT mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag, dass der Schutz, der Investitionen durch diese Verträge gewährt wird, bei Weitem noch nicht vollständig ist. Meines Erachtens begründen die unionsinternen BIT und insbesondere das im Ausgangsverfahren in Rede stehende BIT Rechte und Pflichten, die weder die unionsrechtlichen Garantien zum Schutz grenzüberschreitender Investitionen reproduzieren noch ihnen zuwiderlaufen(134).

181. Das im Ausgangsverfahren in Rede stehende BIT kann unter drei Gesichtspunkten untersucht werden. Erstens ist sein Anwendungsbereich weiter als der des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags (1). Zweitens haben einige der mit dem BIT eingeführten Rechtsnormen keine Entsprechung im Unionsrecht (2). Drittens weisen einige seiner Normen eine partielle Überschneidung mit dem Unionsrecht auf, ohne jedoch zu Ergebnissen zu führen, die mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag unvereinbar wären (3).

182. Bevor ich diese Untersuchung vornehme, möchte ich die wesentlichen Rechtsnormen des BIT herausstellen:

–        Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Investition(135) (Art. 2),

–        faire und gerechte Behandlung (Art. 3 Abs. 1),

–        voller Schutz und volle Sicherheit (Art. 3 Abs. 2),

–        Meistbegünstigungsklausel (MFN) (Art. 3 Abs. 2 und 3),

–        Klausel bezüglich der Achtung vertraglicher Verpflichtungen – sogenannte „Schirmklausel“ („umbrella clause“)(136) (Art. 3 Abs. 4),

–        freier Zahlungstransfer (Art. 4),

–        Verbot rechtswidriger Enteignungen (Art. 5),

–        Entschädigung im Fall eines Krieges, eines bewaffneten Konflikts, im Notfall oder unter anderen außergewöhnlichen Umständen (Art. 6),

–        Eintritt des Versicherers in die Rechte des Investors bei einer Versicherung gegen nicht kommerzielle Risiken (Art. 7),

–        ISDS-Mechanismus (Art. 8),

–        Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Staaten (Art. 10),

–        Hinausschiebungsklausel, sogenannte „Sunset“-Klausel(137) (Art. 13 Abs. 3).

1)      Der Anwendungsbereich des genannten BIT ist weiter als der des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags

183. Soweit nicht ausdrücklich beschränkt, erfassen die BIT jede staatliche Handlung oder Unterlassung, die Auswirkungen auf einen ausländischen Investor und seine Investitionen hat. In diesem Sinne sind sie auf Sachverhalte anwendbar, die nicht unter den EU-Vertrag und den AEU-Vertrag fallen.

184. Die besten Beispiele bieten der Stabilitätsmechanismus der Eurozone, das Strafrecht und die direkten Steuern.

185. Ich beziehe mich damit auf die – von der Hellenischen Republik und der Republik Zypern in der mündlichen Verhandlung herangezogenen – Schiedsverfahren, die aufgrund unionsinterner BIT gegenüber Maßnahmen eingeleitet wurden, die diese Staaten im Einklang mit den im Memoranda of Understanding und anderen ausgehandelten Instrumenten entweder im Rahmen des Vertrags über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) oder nach der vor dem ESM geltenden Regelung (der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität [EFSF]) festgelegten Bedingungen der Konditionalität ihrer Finanzhilfefazilität ergriffen hatten. Diese Maßnahmen unterliegen entweder dem ESM oder der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, nicht jedoch dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag(138), in deren Rahmen sie von den Einzelnen nicht als mit dem Unionsrecht unvereinbar angefochten werden können.

186. In diesem Sinne haben die Maßnahmen der griechischen Regierung – die unter der englischen Bezeichnung „Private Sector Involvement“ (im Folgenden: PSI) bekannt sind und im Wesentlichen in der einseitigen und rückwirkenden Rücknahme griechischer Staatsanleihen gegen den Willen einiger ihrer Gläubiger bestanden – zu dem Schiedsverfahren zwischen einem slowakischen und einem zyprischen Investor einerseits und der Hellenischen Republik andererseits geführt(139). Nach Auffassung dieser Investoren ist ihre nach dem PSI vorgesehene „erzwungene“ Beteiligung an der Rücknahme der Anleihen eine indirekte Enteignung sowie eine unfaire und ungerechte Behandlung, die gegen die BIT Griechenland/Tschechoslowakei und Griechenland/Zypern verstoße.

187. Die PSI-Maßnahme wurde zwischen der griechischen Regierung und der Troika (Kommission, EZB und Internationaler Währungsfonds [IWF]) ausgehandelt und sodann von der Eurogruppe gebilligt(140). Wie vom Gerichtshof festgestellt, erfolgte die Beteiligung der Kommission und der EZB an der Troika außerhalb des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags, und die Eurogruppe ist keine Einrichtung der Union(141). Die BIT kennen keine derartige Beschränkung. Sie gelten für jede Handlung des Staates.

188. Ebenso verhält es sich mit den von der Republik Zypern während der Bankenkrise eingeführten Kapitalkontrollen, die Gegenstand des Schiedsverfahrens Theodoros Adamakopoulos, Ilektra Adamantidou, Vasileios Adamopoulos and others v. Republic of Cyprus (ICSID Case No. ARB/15/49) waren. Die zyprische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sie selbst diese Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 65 Abs. 1 AEUV erlassen habe, der es den Mitgliedstaaten erlaube, damit aber nicht von ihnen verlange, Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs einzuführen.

189. Wie der Präsident der EZB festgestellt hat, handelt es sich bei diesen Maßnahmen jedoch, selbst wenn sie als Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach Art. 65 Abs. 1 AEUV toleriert werden könnten, um „[einseitige] und [eigenstaatliche] nationale Maßnahmen, … die vom zyprischen Parlament, der zyprischen Regierung und/oder der Central Bank of Cyprus ergriffen [worden seien]“(142). Auch wenn die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten in einer Weise ausüben müssen, die das Unionsrecht nicht verletzt, kann das BIT den Investoren dort einen wirksamen Schutz bieten, wo die in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallenden Maßnahmen für sie nachteilig sind, ohne dabei jedoch das Unionsrecht zu verletzen.

190. Ebenso gehörten zu den im Rahmen des ESM vereinbarten und von der Eurogruppe gebilligten Maßnahmen zur Sanierung des zyprischen Bankensektors die Zerschlagung der Laïki Bank, ihre Aufteilung in eine Abwicklungsbank und eine gesunde Bank sowie die Eingliederung der Letztgenannten in die Trapeza Kyprou Bank(143). Laïki unterlag ebenfalls Maßnahmen der zyprischen Regierung, die nach Angaben ihrer Aktionärin Marfin Investment Group eine Erhöhung der Beteiligung der Republik Zypern am Kapital von Laïki zu Ungunsten dieser Aktionärin mit sich brachten. Gegen von Marfin Investment Group ernannte Führungskräfte von Laïki wurden Strafverfahren eröffnet und die vorläufige Beschlagnahme von Vermögensgegenständen von Marfin Investment Group und ihrer Führungskräfte angeordnet. Da Marfin Investment Group in diesen Maßnahmen eine indirekte Enteignung ihrer Investitionen in der Laïki Bank sowie eine willkürliche und diskriminierende Behandlung im Widerspruch zum BIT Griechenland/Zypern sah, leitete sie ein Schiedsverfahren gegen die Republik Zypern ein(144).

191. Es ist offensichtlich, dass auch die in diesem Schiedsverfahren in Rede stehende Streitigkeit weder hinsichtlich ihres strafrechtlichen Teils noch hinsichtlich des die Sanierung betreffenden Teils unter den EU-Vertrag und den AEU-Vertrag fällt. In der mündlichen Verhandlung beanstandete die zyprische Regierung die an sie gerichtete Anordnung des Schiedsgerichts, gegenüber bestimmten griechischen Staatsbürgern „bestimmte Europäische Haftbefehle nicht zu erlassen und nicht zu vollstrecken“, auch wenn diese Anordnung in der Absicht erfolgt sei, deren Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen vor dem Schiedsgericht als Zeugen zu ermöglichen.

192. Die Entscheidung über den Erlass solcher Haftbefehle fällt jedoch, wie sich aus der Pressemitteilung des Juristischen Dienstes der Republik Zypern ergibt, in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Ich sehe daher nicht, inwiefern die Entscheidung des Schiedsgerichts die Republik Zypern gehindert haben soll, ihre Verpflichtungen aus dem Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten(145) zu erfüllen, der im Wesentlichen die Vollstreckung von Haftbefehlen eines Mitgliedstaats (in diesem Fall der Republik Zypern) in den anderen Mitgliedstaaten sowie die Auslieferungsverfahren der betroffenen Personen regelt. Was die Aussetzung der Vollstreckung eines Haftbefehls angeht, enthält der Rahmenbeschluss keine Bestimmung über die Aussetzung eines Haftbefehls im Ausstellungsstaat. Daher fällt auch diese Frage in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Jedenfalls hat das betreffende Schiedsgericht auf Ersuchen des Generalstaatsanwalts von Zypern offensichtlich seine Entscheidung zurückgezogen und so die betroffenen griechischen Staatsbürger verpflichtet, vor den zyprischen Gerichten zu erscheinen, was der Gegenstand der fraglichen Europäischen Haftbefehle war(146).

193. Im Bereich der direkten Steuern ist das BIT uneingeschränkt anwendbar. Dies ist beim EU-Vertrag und beim AEU-Vertrag nicht der Fall, da die direkten Steuern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, auch wenn diese ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben müssen(147). Der von den Grundfreiheiten gewährte Schutz im Bereich der direkten Steuern(148) schließt nur das Verbot einer Ungleichbehandlung von in objektiv vergleichbaren Situationen befindlichen Steuerpflichtigen oder einer identischen Behandlung von in verschiedenen Situationen befindlichen Steuerpflichtigen ein(149).

194. In der mündlichen Verhandlung hat sich die Kommission auf das Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2014:47), bezogen, obwohl dieses Urteil, entgegen der Ansicht der Kommission, ein Beleg dafür ist, dass das Unionsrecht im Investitionsbereich keinen „vollen“ Schutz gewährt(150). Aus den Rn. 23 und 30 dieses Urteils ergibt sich nämlich eindeutig, dass das Unionsrecht in dem betreffenden Bereich – dem Bereich der direkten Steuern – einen Schutz nur gegen Diskriminierungen gewährt.

195. Zudem gelten die Bestimmungen der Charta nach deren Art. 51 Abs. 1 für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Unionsrechts. Soweit die betreffenden Maßnahmen der direkten Steuern nicht unter die Bestimmungen des AEU-Vertrags oder die Steuerrichtlinien fallen, sind, wie der Gerichtshof festgestellt hat, die Bestimmungen der Charta auf sie nicht anwendbar(151).

196. Der Schutz, den die BIT den Investoren im Bereich der direkten Steuern gewähren, ist dagegen weiter als im Unionsrecht, da er nicht nur eine diskriminierende steuerliche Behandlung erfasst, sondern auch jede Besteuerung, die gegen die Garantien einer fairen und gerechten Behandlung, der Meistbegünstigung, des vollen Schutzes und der vollen Sicherheit verstößt, sowie jede in Form der Besteuerung vorgenommene indirekte Enteignung(152).

197. Beispielsweise wird ein Minderheitsaktionär einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft, die dort im Wege einer direkten Steuer enteignet wird(153), nicht von den durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten geschützt, da seine Beteiligung ihm nicht die Kontrolle über die von den Enteignungsmaßnahmen betroffene Gesellschaft verleiht und daher nicht unter die Niederlassungsfreiheit fällt. Da die steuerlichen Maßnahmen nur an der Gesellschaft anknüpfen, würden sie zudem auf einen rein internen Sachverhalt Anwendung finden, was die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Kapitalverkehr unanwendbar machte. Da die Bestimmungen des Unionsrechts nicht anwendbar wären, wären auch die Charta und deren Art. 17 nicht anwendbar.

198. Dagegen könnte einem Minderheitsaktionär, da eine Minderheitsbeteiligung eine direkte Investition im Sinne des BIT ist, Art. 5 des BIT, der ein Verbot rechtswidriger Enteignungen enthält, in vollem Umfang zugutekommen(154).

2)      Rechtsnormen des BIT, die keine Entsprechung im Unionsrecht haben und mit diesem nicht unvereinbar sind

199. Mehrere Rechtsnormen des BIT haben keine Entsprechung im Unionsrecht. Es handelt sich dabei um die Meistbegünstigungsklausel, die Klausel der Achtung vertraglicher Verpflichtungen, die „Sunset“-Klausel sowie den ISDS-Mechanismus.

i)      Meistbegünstigungsklausel

200. Art. 3 Abs. 2 des BIT stellt den Grundsatz auf, dass jede Vertragspartei den Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei volle Sicherheit und vollen Schutz gewährt, die auf keinen Fall schwächer sein dürfen als der Schutz und die Sicherheit, die Investitionen ihrer eigenen Investoren oder Investitionen aus einem anderen Staat gewährt werden, je nachdem, welcher Schutz und welche Sicherheit für den betroffenen Investor günstiger ist.

201. Das Unionsrecht erkennt zwar den Grundsatz der Inländerbehandlung an(155), enthält aber keine Meistbegünstigungsklausel, die den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat die Behandlung zukommen lassen könnte, die dieser aufgrund eines bilateralen Übereinkommens den Staatsangehörigen eines dritten Mitgliedstaats gewährt(156).

ii)    Klausel der Achtung vertraglicher Verpflichtungen, sogenannte Schirmklausel („umbrella clause“)

202. Die Klausel der Achtung vertraglicher Verpflichtungen, die sogenannte Schirmklausel („umbrella clause“) des Art. 3 Abs. 5 des BIT hat zur Folge, dass die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, die der Staat gegenüber einem Investor eingegangen ist, in einen Verstoß gegen das BIT umgewandelt wird. Es gibt im Unionsrecht nichts Entsprechendes, wodurch die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung in einen Verstoß gegen den EU-Vertrag und den AEU-Vertrag umgewandelt würde.

iii) „Sunset“-Klausel

203. Im Unterschied zu Art. 13 Abs. 3 des BIT enthalten der EU-Vertrag und der AEU-Vertrag keine „Sunset“-Klausel. Art. 50 Abs. 3 EUV sieht im Gegenteil vor, dass „[d]ie Verträge … auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr [finden]“, es sei denn, diese Frist wird verlängert. Daher verlieren die Unionsbürger den Schutz, den ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten aufgrund des Unionsrechts in dem Mitgliedstaat genießen, der beschließt, aus der Union auszutreten, unmittelbar, auch wenn ihre Investitionen in einer Zeit getätigt wurden, in der die Verträge in diesem Mitgliedstaat in Kraft waren, und umgekehrt.

iv)    Internationales Schiedsverfahren als ISDS-Mechanismus

204. Art. 8 des BIT enthält das gleichbleibende Angebot („standing offer“) des Königreichs der Niederlande und der Slowakischen Republik gegenüber den Investoren der anderen Vertragspartei, alle Streitigkeiten, die ihre Investitionen betreffen, gemäß der Schiedsordnung der UNCITRAL dem Schiedsgerichtsinstitut der Stockholmer Handelskammer vorzulegen, das zur Ernennung der Schiedsrichter ermächtigt ist.

205. Nach Ansicht des Schiedsgerichts, das in der Rechtssache des Ausgangsverfahrens befasst wurde, kann das Recht, ein internationales Schiedsverfahren einzuleiten – in dem Wissen, dass der EU-Vertrag und der AEU-Vertrag (wie die Rechte der Mitgliedstaaten) keinen dem ISDS-Mechanismus gleichwertigen Rechtsbehelf einführen –, nicht einfach den Klagen vor den ordentlichen Gerichten des Staates gleichgestellt werden(157). Auch wenn Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegt, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist, schaffen der EU-Vertrag und der EUV-Vertrag keine Rechtsbehelfe, die es den Einzelnen ermöglichen, die Mitgliedstaaten unmittelbar vor dem Gerichtshof zu verklagen(158). Darüber hinaus ist der Anwendungsbereich des BIT weiter als der des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags und gilt daher auch dort, wo die Verpflichtungen aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV keine Anwendung finden.

206. Zudem sind die Schiedsgerichte die Gerichte, die am besten geeignet sind, Investor-Staat-Streitigkeiten auf der Grundlage von BIT zu schlichten, da die staatlichen Gerichte den Investoren für eine Berufung auf das Völkerrecht häufig Voraussetzungen auferlegen, die in der Realität nicht erfüllt werden können(159), und ihnen Fristen auferlegen, die mit dem Geschäftsverkehr und den auf dem Spiel stehenden Beträgen schwer vereinbar sind.

207. Wäre im BIT die internationale Schiedsgerichtsbarkeit nicht als ISDS-Verfahrensweise vorgesehen, wäre daher dem gesamten BIT jede praktische Wirksamkeit genommen. Dementsprechend haben die Mitgliedstaaten, die im vorliegenden Verfahren Erklärungen abgegeben haben, und die Kommission kein einziges Beispiel für einen Investor genannt, der vor einem staatlichen Gericht auf der Grundlage älterer BIT, die wie die BIT Deutschland/Griechenland und Deutschland/Portugal keinen ISDS-Mechanismus enthalten, Klage erhoben hätte.

208. Es überrascht daher kaum, dass im internationalen Investitionsrecht das Recht der Investoren auf das internationale Schiedsverfahren als wichtigste Bestimmung der BIT gilt, da diese Bestimmung über ihren verfahrensrechtlichen Gehalt hinaus auch selbst eine Garantie ist, die dazu ermutigt, Investitionen zu tätigen, und diese schützt(160).

209. Diese Auffassung wurde vom Gerichtshof bestätigt, indem er in Rn. 292 des Gutachtens 2/15 (Freihandelsabkommen mit Singapur) vom 16. Mai 2017 (EU:C:2017:376) festgestellt hat, dass der ISDS-Mechanismus „keinen bloßen Hilfscharakter … haben [kann]“.

3)      Nur partielle Überschneidung der übrigen Bestimmungen des BIT mit einigen Bestimmungen des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags

210. Was die übrigen Normen zum materiell-rechtlichen Schutz von Investitionen betrifft, nämlich der volle Schutz und die volle Sicherheit, die faire und gerechte Behandlung der Investitionen sowie das Verbot rechtswidriger Enteignungen, ist darauf hinzuweisen, dass ihre Überschneidung mit dem Unionsrecht nur partiell ist, ohne jedoch zu einer Unvereinbarkeit mit diesem zu führen. Vielmehr befördern diese Normen ebenso wie die Grundfreiheiten auch die Kapitalbewegungen zwischen Mitgliedstaaten. Sie sind ohne Weiteres mit dem Binnenmarkt vereinbar.

i)      Voller Schutz und volle Sicherheit der Investitionen

211. Diese Norm begründet die positive Verpflichtung des Staates, Investitionsschutzmaßnahmen zu ergreifen, zu denen Maßnahmen zum physischen Schutz des Investors und seiner Investitionen gegen Gewalttaten Einzelner(161) oder staatlicher Einrichtungen(162) sowie Maßnahmen zum rechtlichen Schutz(163) des Investors und seiner Investitionen(164) zählen.

212. Es gibt keine unmittelbar gleichwertige Norm im Unionsrecht(165). Zwar können die Grundfreiheiten in denselben Sachverhalten anzuwenden sein wie die Garantie des vollen Schutzes und der vollen Sicherheit, da sie eine unmittelbare vertikale und horizontale Wirkung haben(166). Jedoch sind die Inhalte unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um den physischen Schutz des Investors oder um den rechtlichen Schutz handelt, der die Verpflichtung des Staates umfasst, sicherzustellen, dass der Umfang des Schutzes der Investitionen und der Sicherheit der Investitionen, der mit den ausländischen Investoren vereinbart wurde, weder durch eine Änderung seiner Gesetze noch durch Handlungen seiner Verwaltung beseitigt oder geschmälert wird(167). Im Unionsrecht findet sich nichts ebenso Spezifisches.

ii)    Faire und gerechte Behandlung von Investitionen

213. Die faire und gerechte Behandlung von Investitionen ist ein weiter Begriff, der das Recht auf ein faires Verfahren und die grundlegenden Garantien von Treu und Glauben, der Nichtdiskriminierung(168) und der Verhältnismäßigkeit(169) sowie den Transparenzbegriff, den Begriff der Unmissverständlichkeit, des Fehlens einer willkürlichen Behandlung, des rechtmäßigen Vertrauens und des Schutzes vor Zwang und Belästigung umfasst(170). Schließlich schützt der Begriff der fairen und gerechten Behandlung den Investor vor einer Rechtsverweigerung(171) durch die staatlichen Gerichte(172).

214. Die Gemeinsamkeiten mit verschiedenen Grundsätzen des Unionsrechts, wie dem Diskriminierungsverbot, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sowie dem Recht auf eine ordnungsgemäße Verwaltung, einen wirksamen Rechtsschutz und ein unparteiliches Gericht, sind offensichtlich.

215. Jedoch führen diese Normen des Unionsrechts, selbst wenn man sie zusammenfasst, nicht dazu, dass der Grundsatz der fairen und gerechten Behandlung als solcher im Unionsrecht abgebildet wird. Beispielsweise kann, wie von mehreren Schiedsgerichten festgestellt, eine Behandlung unfair und ungerecht sein, auch wenn sie, wie beispielsweise eine pauschale Gesellschaftssteuer, alle Wirtschaftsteilnehmer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder anderen Unterscheidungskriterien betrifft(173). Hervorzuheben ist, dass die Slowakische Republik in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Schiedsverfahren der Auffassung war, dass eine solche Steuer gegen die im BIT vorgeschriebene faire und gerechte Behandlung verstoßen könnte, auch wenn sie mit dem Unionsrecht nicht unvereinbar wäre(174).

216. Ein weiteres Beispiel ist der Schutz vor einer Justizverweigerung, zu der auch der Fall einer klaren und in böswilliger Absicht erfolgenden falschen Anwendung des nationalen Rechts zählt. Das Unionsrecht bietet keinen vergleichbaren Schutz, da die Unionsgerichte für die Auslegung des nationalen Rechts nicht zuständig sind.

iii) Verbot rechtswidriger Enteignungen

217. Nach Art. 5 des BIT setzt die Rechtmäßigkeit einer Enteignung voraus, dass sie zum Wohl der Allgemeinheit und nach einem gesetzlich vorgesehenen Verfahren erfolgt, nicht diskriminierend ist und mit einer Vorschrift zur Zahlung einer gerechten Entschädigung verbunden ist.

218. Die Überschneidung mit dem nach Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Union gewährleisteten Eigentumsrecht ist offensichtlich(175). Nach dieser Bestimmung „[darf n]iemandem … sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums“.

219. Jedoch ist diese Überschneidung nur partiell, da der Schutz vor Enteignung, der durch die BIT gewährt wird, zumindest in zweierlei Hinsicht weiter reicht als der unionsrechtliche Schutz.

220. Erstens gilt nach Art. 51 Abs. 1 der Charta deren Art. 17 für die Mitgliedstaaten nur bei der Durchführung des Unionsrechts. In den übrigen Fällen ist die Anwendung dieser Vorschrift daher ausgeschlossen. Auch wenn sich die Kommission in der mündlichen Verhandlung auf die beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen SEGRO und Horváth (C‑52/16 und C‑113/16) als Beispiele für Rechtssachen berufen hat, in denen das Unionsrecht Schutz vor Enteignung gewähre, ist dieser Schutz daher bei Weitem nicht vollständig, da er nie eigenständig gilt(176). Das Verbot rechtswidriger Enteignungen in Art. 5 des BIT ist dagegen eigenständig und für den Staat uneingeschränkt verbindlich.

221. Zweitens schützen die BIT nicht nur vor direkter Enteignung(177), sondern auch vor indirekter Enteignung, d. h. der Enteignung durch rechtliche Regelung und der sogenannten „versteckten“ Enteignung („creeping expropriations“)(178).

222. Der Begriff „indirekte Enteignung“ ist unschärfer und erfasst ohne Inbesitznahme erfolgende Eingriffe in das Recht auf Eigentum und auf Nutzung der Investition. Die Schiedsgerichte haben mehrere Kriterien aufgestellt, um die indirekte Enteignung vom normalen Gebrauch der staatlichen Regelungsbefugnis abzugrenzen – Ausmaß des Eingriffs in das Eigentumsrecht, Ziel und Zusammenhang der in Rede stehenden staatlichen Maßnahmen sowie Widerspruch dieser Maßnahmen zu den vernünftigen Erwartungen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Investition(179).

223. Gleiches gilt für die sogenannten „versteckten“ Enteignungen, d. h. die indirekten Enteignungen, die allmählich erfolgen und die durch eine Reihe von Maßnahmen vollzogen werden, von denen keine für sich genommen eine Enteignung darstellt, deren kumulative Wirkung aber darin besteht, den Wert der Investition zu zerstören(180).

224. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 17 der Charta ist nicht in dieser Weise entwickelt. Daher ist es keineswegs sicher, dass sie Investoren vor indirekter Enteignung in gleicher Weise wie die BIT schützen würde.

225. Drittens sieht Art. 17 der Charta nur eine angemessene Entschädigung vor, während nach Art. 5 Buchst. c des BIT die Entschädigung dem tatsächlichen Wert der Investition entsprechen muss.

226. Schließlich gibt die Kommission kein einziges Beispiel für eine Rechtssache, die entweder aufgrund einer Nichtigkeitsklage oder im Wege des Vorabentscheidungsersuchens vor dem Gerichtshof verhandelt wurde und in der ein Investor sein Eigentumsrecht gegen eine rechtswidrige Enteignung seiner Investition geltend gemacht hätte(181).

227. Zudem erläutert die Kommission in keiner Weise, worin die Unvereinbarkeit des Verbots der rechtswidrigen Enteignung mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag bestehen sollte.

228. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Anwendungsbereich des BIT weiter ist als der des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags und dass die mit dem BIT eingeführten Garantien zum Investitionsschutz sich von den unionsrechtlich gewährten Garantien unterscheiden, ohne mit dem Unionsrecht unvereinbar zu sein. Aus diesem Grund ist eine unter das BIT fallende Streitigkeit zwischen einem niederländischen Investor und der Slowakischen Republik keine Streitigkeit über die Auslegung oder Anwendung des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags.

3.      Hat das BIT Niederlande/Tschechoslowakei im Hinblick auf seine Zielsetzung zur Folge, dass die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union beeinträchtigt werden?

229. Sollte der Gerichtshof feststellen, dass eine Streitigkeit wie die zwischen Achmea und der Slowakischen Republik in der Rechtssache des Ausgangsverfahrens keine Streitigkeit über die Auslegung oder Anwendung der Verträge im Sinne von Art. 344 AEUV ist, wäre noch zu prüfen, ob Art. 8 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei zur Folge hat, dass die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und die Autonomie des Rechtssystems der Union beeinträchtigt werden(182).

230. Ich weise zunächst auf die bedeutsamen Grundsätze hin, die der Gerichtshof in den Rn. 65 bis 70 des Gutachtens 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123) und in den Rn. 157 bis 176 des Gutachtens 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454) zu dieser Thematik dargelegt hat.

231. Es ist unstreitig, dass die Gründungsverträge der Union eine neue, mit eigenen Organen ausgestattete Rechtsordnung geschaffen haben, zu deren Gunsten die Staaten in immer weiteren Bereichen ihre Souveränitätsrechte eingeschränkt haben und deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch deren Bürger sind, wobei das Unionsrecht durch seinen Vorrang vor den Rechten der Mitgliedstaaten sowie die unmittelbare Wirkung zahlreicher für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst geltenden Bestimmungen gekennzeichnet ist(183).

232. Die Unionsrechtsordnung und das Gerichtssystem der Union beruhen auf der grundlegenden Prämisse, dass jeder Mitgliedstaat mit allen anderen Mitgliedstaaten eine Reihe gemeinsamer Werte teilt – und anerkennt, dass sie sie mit ihm teilen –, auf die sich die Union gründet; dies impliziert und rechtfertigt die Existenz gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten bei der Anerkennung dieser Werte und damit bei der Beachtung des Unionsrechts, mit dem sie umgesetzt werden(184).

233. Nach dem in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit stellen die Mitgliedstaaten in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet die Anwendung und Wahrung des Unionsrechts sicher. Außerdem ergreifen sie nach Unterabs. 2 dieses Absatzes alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Unionsorgane ergeben(185).

234. Um sicherzustellen, dass die spezifischen Merkmale und die Autonomie des Rechtssystems der Union erhalten bleiben, haben die Verträge ein zur Gewährleistung der Kohärenz und der Einheitlichkeit bei der Auslegung des Unionsrechts dienendes Gerichtssystem geschaffen, das den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof die Aufgabe überträgt, die volle Anwendung des Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten und den gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen(186).

235. In diesem Zusammenhang „besteht das Schlüsselelement des so gestalteten Gerichtssystems in dem in Art. 267 AEUV vorgesehenen Vorabentscheidungsverfahren, das durch die Einführung eines Dialogs von Gericht zu Gericht gerade zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der Mitgliedstaaten die einheitliche Auslegung des Unionsrechts gewährleisten soll … und damit die Sicherstellung seiner Kohärenz, seiner vollen Geltung und seiner Autonomie sowie letztlich des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts ermöglicht“(187).

236. Bei der Ausübung ihrer Rolle als Hüter des Unionsrechts sorgen die Gerichte der Mitgliedstaaten schließlich dafür, dass die Normen und die Grundsätze, die zu den Grundlagen der Unionsrechtsordnung selbst gehören, wie der Vorrang des Unionsrechts, die vier Grundfreiheiten, die Unionsbürgerschaft, der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, das Wettbewerbsrecht und die Vorschriften über staatliche Beihilfen sowie die Grundrechte beachtet werden(188).

237. Dass Art. 8 des BIT den niederländischen und den slowakischen Investoren die Möglichkeit eröffnet, ein internationales Schiedsverfahren einzuleiten, verstößt nach meiner Ansicht selbst dann weder gegen die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung noch gegen die Autonomie des Rechtssystems der Union, wenn der Gerichtshof befinden sollte, dass die nach diesem Artikel gebildeten Schiedsgerichte keine Gerichte der Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 267 AEUV sind.

238. Zunächst ist zu bemerken, dass ein Schiedsspruch ungeachtet seiner Verbindlichkeit nicht ohne Unterstützung des Staates vollstreckt werden kann, der – im Fall der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit – dem Investor seine Vollstreckungsmechanismen zur Verfügung stellt.

239. Im Fall von Art. 8 des BIT können die von den Schiedsgerichten erlassenen Schiedssprüche nicht der Überprüfung durch die staatlichen Gerichte entgehen. Diese Überprüfung kann im Rahmen einer bei den Gerichten des Schiedsorts erhobenen Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs oder im Rahmen eines Einspruchs gegen einen Antrag auf dessen Anerkennung und Vollstreckung bei den Gerichten des Landes erfolgen, in dem gemäß dem am 10. Juni 1958 in New York unterzeichneten Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche(189) (im Folgenden: New Yorker Übereinkommen) die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs beantragt wird.

240. Wie der Gerichtshof wiederholt festgestellt hat, „[können] in Fällen, in denen sich in einem vertraglichen Schiedsverfahren Fragen des [Unions]rechts stellen, die ordentlichen Gerichte in die Lage kommen …, diese Fragen zu prüfen, insbesondere im Rahmen der je nach Lage des Falles mehr oder weniger weit gehenden Überprüfung des Schiedsspruchs, die ihnen obliegt, wenn sie im Wege der Aufhebungsklage, durch einen Einspruch, zwecks Vollstreckbarerklärung oder mit irgendeinem anderen durch die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften eröffneten Rechtsbehelf befasst werden“(190).

241. Auf dieser Feststellung beruht die ständige Rechtsprechung, wonach „es Sache dieser nationalen Gerichte [ist], zu prüfen, ob sie den Gerichtshof nach Artikel [267 AEUV] anrufen müssen, um eine Auslegung oder eine Beurteilung der Gültigkeit von Bestimmungen des [Unions]rechts zu erhalten, zu deren Anwendung sie im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung des Schiedsspruchs veranlasst sein könnten“(191), da die Kontrolle der Einheitlichkeit der Anwendung des Rechts der Europäischen Union und der Einhaltung von Normen der europäischen öffentlichen Ordnung letztlich bei diesen Gerichten liegt(192).

242. Der Gerichtshof hat es sogar nicht als sachdienlich erachtet, auf diesen Aspekt in der Begründung seiner Urteile vom 13. Mai 2015, Gazprom (C‑536/13, EU:C:2015:316), und vom 7. Juli 2016, Genentech (C‑567/14, EU:C:2016:526), in denen er unmittelbar auf den Kern der Frage eingegangen ist, mit der in den beiden Rechtssachen geklärt werden sollte, ob der in Rede stehende Schiedsspruch mit dem Wettbewerbsrecht der Union unvereinbar war, ausdrücklich hinzuweisen.

243. In diesen Rechtssachen vertraten weder die Mitgliedstaaten noch die Kommission die Ansicht, dass die vor den Schiedsrichtern aufgeworfenen wettbewerbsrechtlichen Fragen nicht schiedsfähig seien oder es auch nur irgendeine Form der Unvereinbarkeit zwischen dem Unionsrecht und den Schiedsklauseln gebe, die die privaten Parteien in ihre Verträge aufgenommen hatten(193).

244. Zudem gehörten die Rechtssachen, in denen die Urteile vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269), und vom 7. Juli 2016, Genentech (C‑567/14, EU:C:2016:526), ergangen sind, zu den Aufhebungsklagen gegen einen Schiedsspruch, während die Rechtssache, in der das Urteil vom 13. Mai 2015, Gazprom (C‑536/13, EU:C:2015:316), ergangen ist, auf einen Einspruch gegen die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs folgte. Dies zeigt, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten und der Union unabhängig von den Verfahrensarten die Einheitlichkeit der Auslegung des Unionsrechts und die Wahrung der Normen der europäischen öffentlichen Ordnung gewährleisten können, und zwar sowohl im Bereich des Wettbewerbs(194) als auch in den übrigen Bereichen des Unionsrechts.

245. Die charakteristischen Merkmale der nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichte und insbesondere des in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Schiedsgerichts ermöglichen es den ordentlichen Gerichten der Mitgliedstaaten, die Wahrung dieser Grundsätze genauso sicherzustellen, wie es im Rahmen der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit der Fall ist.

246. Art. 8 des BIT verleiht dem Präsidenten des Schiedsgerichtsinstituts der SCC, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hat, die Befugnis, die Schiedsrichter zu ernennen, wenn die Ernennungen nicht innerhalb der in Art. 8 Abs. 3 des genannten BIT festgelegten Fristen erfolgen. Zudem ist auf die Schiedsverfahren, die nach diesem Artikel durchgeführt werden, die Schiedsordnung der UNCITRAL anwendbar. Nach Art. 16 der Schiedsordnung von 1976 ist es Sache des Schiedsgerichts selbst, nach Anhörung der Parteien den Schiedsort festzulegen und die Einrichtung zu wählen, die als Sekretariat dienen soll(195).

247. Mit seinem Verfahrensbeschluss vom 19. März 2009 legte das Schiedsgericht den Schiedsort im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, in Frankfurt am Main (Deutschland), fest. Gegen seinen Schiedsspruch kann daher nach § 1059 ZPO ein Antrag auf Aufhebung bei den deutschen Gerichten gestellt werden, die damit in diesem Rahmen darauf achten können, dass die Einheitlichkeit der Auslegung des Unionsrechts und die Beachtung der Normen der europäischen öffentlichen Ordnung gewährleistet sind. Im Rahmen eines derartigen Rechtsbehelfs wurden das vorlegende Gericht und der Gerichtshof angerufen.

248. Zudem fallen die Anerkennung und die Vollstreckung von Schiedssprüchen, die von den nach Art. 8 des BIT gebildeten Schiedsgerichten erlassen werden, unter das New Yorker Übereinkommen, dem alle Mitgliedstaaten beigetreten sind. Nach diesem Übereinkommen können die staatlichen Gerichte die Anerkennung und Vollstreckung dieser Schiedssprüche aus allen in Art. V dieses Übereinkommens vorgesehenen Gründen ablehnen, u. a. aus dem Grund, dass das schiedsrichterliche Verfahren nicht im Einklang mit der Vereinbarung der Parteien steht(196) oder dass es der öffentlichen Ordnung(197), einschließlich der europäischen öffentlichen Ordnung, widerspricht.

249. Unterstellt, Achmea wollte die Anerkennung und Vollstreckung des in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Schiedsspruchs in einem anderen Mitgliedstaat durchsetzen, dann läge es daher auch bei den Gerichten des ersuchten Staats, zu gewährleisten, dass der Schiedsspruch nicht unvereinbar mit dem Unionsrecht ist.

250. Das Gleiche gilt im Rahmen einer Aufhebungsklage wie in der vorliegenden Rechtssache. Die einheitliche Anwendung des Unionsrechts kann gestützt auf mehrere Gründe sichergestellt werden, unter denen die Unvereinbarkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens mit einer Vereinbarung der Parteien und der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung(198), einschließlich der europäischen öffentlichen Ordnung, die größte Relevanz besitzen.

251. Die Kommission weist außerdem auf die Gefahr hin, dass der Schiedsort in einem Drittland festgelegt werden könnte oder dass die Anerkennung und die Vollstreckung eines mit dem Unionsrecht nicht zu vereinbarenden Schiedsspruchs in einem Drittland beantragt werden könnten. In diesen Fällen würden die Gerichte der Union nicht beteiligt und würde der Gerichtshof daher nie um Vorabentscheidung ersucht.

252. Das Gleiche gilt nach Ansicht der Kommission für die unionsinternen BIT, in denen das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes, ICSID) mit Sitz in Washington, D. C., als Einrichtung bestimmt werde, die als Sekretariat des Schiedsverfahrens diene. In diesem Fall sei der Schiedsspruch für die Parteien bindend und könne nur mit den im ICSID-Übereinkommen vorgesehenen Klagen und sonstigen Rechtsbehelfen angefochten werden(199). Daher gebe es für die Gerichte der Mitgliedstaaten keine rechtliche Möglichkeit, die Vereinbarkeit eines ICSID-Schiedsspruchs mit dem Unionsrecht zu prüfen.

253. Auch wenn ich der Meinung bin, dass die Mitgliedstaaten davon absehen sollten, in ihren BIT das ICSID zu wählen, sind die Gefahren, auf die sich die Kommission bezieht, im vorliegenden Fall rein hypothetisch, da in dem in Rede stehenden BIT nicht das ICSID als Sekretariat des Schiedsgerichts benannt wird, die Parteien sich für den PCA in Den Haag als Stelle entschieden haben, die diese Aufgabe erfüllt, das Schiedsgericht den Schiedsort im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats festgelegt hat und kein Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs in Drittstaaten vorliegt(200), sondern nur eine Aufhebungsklage gegen den Schiedsspruch vor den Gerichten eines Mitgliedstaats, von denen eines dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat.

254. Zudem wird die materiell-rechtliche Vereinbarkeit des Schiedsspruchs mit dem Unionsrecht nicht in Frage gestellt, da das Vorbringen der Slowakischen Republik vor dem vorlegenden Gericht nur auf die Vereinbarkeit des Streitbeilegungsmechanismus nach Art. 8 des BIT mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag abzielt.

255. Andererseits bliebe die Wirksamkeit des Gerichtssystems der Union auch dann intakt, wenn ein Mitgliedstaat nicht bereit wäre, die Unvereinbarkeit eines Schiedsspruchs mit dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag im Wege einer Aufhebungsklage oder eines Einspruchs gegen den Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung in Frage zu stellen. In einem solchen Fall könnte die Kommission nämlich nach den Art. 258 und 260 AEUV gegen diesen Mitgliedstaat vorgehen, der einen mit dem Unionsrecht nicht zu vereinbarenden Schiedsspruch befolgt(201).

256. Aus diesen Gründen halte ich die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union durch Art. 8 des genannten BIT nicht für beeinträchtigt.

257. Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen verschiedener Regierungen und der Kommission in Frage gestellt, es bestehe die Gefahr, dass die Schiedsgerichte Entscheidungen erließen, die mit dem Unionsrecht sowie dem Grundsatz gegenseitigen Vertrauens unvereinbar seien.

258. Das genannte Vorbringen dürfte nicht nur für die internationalen Investitionsschiedsverfahren, sondern auch für die internationalen Handelsschiedsverfahren gelten, da auch diese zu Schiedssprüchen führen können, die mit dem Unionsrecht nicht zu vereinbaren sind und auf einen vermeintlichen Mangel an Vertrauen gegenüber den Gerichten der Mitgliedstaaten beruhen können. Trotz dieser Risiken hat der Gerichtshof ihre Gültigkeit nie in Frage gestellt, obwohl die Behandlung unionsrechtlicher Fragen auf dem Gebiet des Wettbewerbs in Schiedsverfahren zwischen Einzelnen nicht unbekannt ist(202).

259. Wenn somit die internationale Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Einzelnen die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Union auch dann nicht beeinträchtigt, wenn der Staat Partei des Schiedsverfahrens ist(203), muss dies meines Erachtens auch für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Investor und Staaten gelten, zumal die unvermeidliche Präsenz des Staates zu einer größeren Transparenz führt(204) und die Möglichkeit bleibt, den Staat durch ein Vertragsverletzungsverfahren gemäß den Art. 258 und 259 AEUV zur Achtung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen zu verpflichten.

260. Wäre der Logik der Kommission zu folgen, könnte jedes Schiedsverfahren die im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegte Zuständigkeitsordnung und daher die Autonomie des Rechtssystems der Union beeinträchtigen.

261. Darüber hinaus kann ich nicht erkennen, inwiefern das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Schiedsverfahren den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens verletzen sollte, da es nur aufgrund der Billigung durch die betreffenden Mitgliedstaaten und der frei geäußerten Entscheidung von Achmea, von der ihr von diesen Mitgliedstaaten eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, stattgefunden hat.

262. Denn der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens „verlangt, namentlich in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, von jedem Mitgliedstaat, dass er, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten“(205).

263. Ich sehe nicht den Zusammenhang zwischen diesem Grundsatz und Art. 8 des BIT. Wie die niederländische Regierung in der mündlichen Verhandlung festgestellt hat, bedeutet die internationale Schiedsgerichtsbarkeit als ISDS-Verfahrensweise keineswegs, dass das Königreich der Niederlande und die Slowakische Republik Zweifel an der Achtung des Unionsrechts und der unionsrechtlich anerkannten Grundrechte durch die andere Partei gehabt hätten.

264. Wie alle in den BIT vorgesehenen ISDS-Mechanismen schafft Art. 8 des in Rede stehenden BIT ein Forum, vor das der Investor den Staat ziehen kann, um die ihm völkerrechtlich durch das BIT übertragenen Rechte geltend zu machen – eine Möglichkeit, die ihm ohne diesen Artikel nicht offenstünde(206).

265. Außerdem ist nicht sicher, dass ein Einzelner sich vor den staatlichen Gerichten auf die Bestimmungen eines völkerrechtlichen Vertrags berufen könnte, da die staatlichen Gerichte von Amts wegen diese Möglichkeit ausschließen, weil die Verträge nur Rechte und Pflichten zwischen Mitgliedstaaten begründeten, oder mehr oder weniger strenge Voraussetzungen für die Anrufung der Gerichte aufstellen, die für den Einzelnen nicht die Möglichkeit gewährleisten, sich auf die Bestimmungen der Verträge zu berufen(207).

266. Die Einleitung des internationalen Schiedsverfahrens drückt daher keineswegs ein Misstrauen gegenüber der Gerichtsordnung des anderen Mitgliedstaats aus, sondern ist das einzige Mittel, den BIT zu ihrer vollen Wirksamkeit zu verhelfen, indem ein spezialisiertes Gericht geschaffen wird, vor dem die Investoren ihre Rechte aus den BIT geltend machen können.

267. Ich meine daher nicht, dass Art. 8 des BIT den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens verletzt.

268. Schließlich bin ich kaum überzeugt von dem Vorbringen der Kommission, dass das Nichtvorhandensein von BIT zwischen den Mitgliedstaaten, die die Union gegründet haben oder ihr vor 2004 beigetreten sind, der Beweis dafür sei, dass diese Abkommen auf einem Mangel an gegenseitigem Vertrauen beruhten.

269. Erstens trifft es nicht zu, dass die Mitgliedstaaten, die die Union gegründet haben oder ihr vor 2004 beigetreten sind, nicht durch andere – den BIT ähnliche – Übereinkünfte als den EU-Vertrag und den AEU-Vertrag miteinander verbunden sind(208).

270. Zweitens haben die BIT einen viel geringeren Nutzen zwischen Staaten, die Kapital ausführen. So ist, um ein Beispiel zu nehmen, festzustellen, dass Frankreich nach den jüngsten statistischen Angaben weder zu den ersten zehn Ländern gehört, die deutsches Kapital erhalten, noch zu den ersten zehn Ländern, aus denen Kapital nach Deutschland fließt, während Polen den zehnten Platz beim Kapitalfluss aus Deutschland einnimmt(209).

271. Ich frage mich daher, ob sich das Nichtvorhandensein von BIT zwischen den alten Mitgliedstaaten nicht vielmehr durch den Umstand erklärt, dass die Mehrzahl der Mitgliedstaaten dieser Gruppe eher bedeutende Kapitalexporteure sind denn Investitionen empfangende Länder und dass sie daher nicht wirklich das Bedürfnis hatten, untereinander BIT zu schließen.

272. Aus diesen Gründen bin ich der Auffassung, dass der mit Art. 8 des in Rede stehenden BIT eingeführte Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten mit Art. 344 AEUV sowie mit der im EU-Vertrag und AEU-Vertrag festgelegten Zuständigkeitsordnung und der Autonomie des Rechtssystems der Union vereinbar ist.

VI.    Ergebnis

273. Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs (Deutschland) wie folgt zu antworten:

Die Art. 18, 267 und 344 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie der Anwendung eines Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Investor und einem Staat nicht entgegenstehen, der durch ein vor dem Beitritt eines der Vertragsstaaten zur Europäischen Union geschlossenes bilaterales Investitionsschutzabkommen eingeführt wurde und nach dem ein Investor eines Vertragsstaats bei einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Vertragsstaat gegen Letzteren ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Das Akronym BIT steht für „Bilateral Investment Treaty“ (bilaterales Investitionsschutzabkommen).


3      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), abschließender Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012, abrufbar auf der Website des Investment Policy Hub der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (United Nations Conference on Trade and Development, UNCTAD) http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS/Details/323.


4      Bei dieser Art von BIT handelt es sich um ein sogenanntes „unionsinternes BIT“ („intra-EU BIT“).


5      Die Rechtssachen, in denen die Urteile vom 3. März 2009, Kommission/Österreich (C‑205/06, EU:C:2009:118), vom 3. März 2009, Kommission/Schweden (C‑249/06, EU:C:2009:119), und vom 19. November 2009, Kommission/Finnland (C‑118/07, EU:C:2009:715), ergangen sind, betrafen BIT zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten. Das Urteil vom 15. September 2011, Kommission/Slowakei (C‑264/09, EU:C:2011:580), betraf einen Rechtsstreit zwischen einem Investor aus einem Drittland, nämlich der Schweizerischen Eidgenossenschaft, und der Slowakischen Republik über die Grundlage des am 17. Dezember 1994 in Lissabon geschlossenen Vertrags über die Energiecharta. Während der Gerichtshof bei den ersten drei Klagen das Vorliegen einer Vertragsverletzung festgestellt hat, hat er die letzte Klage als unbegründet abgewiesen.


6      Das älteste ist das BIT Deutschland/Griechenland (1961) und das jüngste das BIT Litauen/Kroatien (2008).


7      Genannt werden sollen hier die wichtigsten Schiedsverfahren zwischen Investoren und Mitgliedstaaten, in denen die Schiedsgerichte angerufen wurden, sich zur Vereinbarkeit eines unionsinternen BIT oder eines multilateralen Investitionsvertrags (wie des Vertrags über die Energiecharta), an dem die Union und ihre Mitgliedstaaten als Vertragsparteien beteiligt sind, mit dem AEU-Vertrag zu äußern: Eastern Sugar BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (SCC [Stockholm Chamber of Commerce, Stockholmer Handelskammer] Case No. 088/2004), Teilschiedsspruch vom 27. März 2007, Rupert Joseph Binder/Czech Republic (UNCITRAL), Schiedsspruch vom 6. Juni 2007 über die Zuständigkeit, Jan Oostergetel and Theodora Laurentius/The Slovak Republic (UNCITRAL), Entscheid vom 30. April 2010 über die Zuständigkeit, AES Summit Generation Limited and AES-Tisza Erömü Kft./Republic of Hungary (ICSID [International Centre for Settlement of Investment Disputes, Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten] Case No. ARB/07/22), Schiedsspruch vom 23. September 2010, Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung sowie abschließender Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012, European American Investment Bank AG/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2010‑17), Schiedsspruch vom 22. Oktober 2012 über die Zuständigkeit, Electrabel SA/The Republic of Hungary (ICSID Case No. ARB/07/19), Entscheid vom 30. November 2012 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Haftung sowie Schiedsspruch vom 25. November 2015, Charanne BV and Construction Investments Sàrl/Kingdom of Spain (SCC Case No. 062/2012), abschließender Schiedsspruch vom 21. Januar 2016, RREEF Infrastructure (G.P.) Limited and RREEF Pan-European Infrastructure Two Lux Sàrl/Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/13/30), Entscheid vom 6. Juni 2016 über die Zuständigkeit, Isolux Infrastructure Netherlands BV/Kingdom of Spain (SCC Case V 2013/153) Schiedsspruch vom 12. Juli 2016, WNC Factoring Ltd (WNC)/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2014‑34), Schiedsspruch vom 22. Februar 2017, Anglia Auto Accessories Ltd/The Czech Republic (SCC Case V 2014/181), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, I. P. Busta and J. P. Busta/The Czech Republic (SCC Case V 2015/014), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, und Eiser Infrastructure Limited and Energía Solar Luxembourg Sàrl/Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/13/36), Schiedsspruch vom 4. Mai 2017. Alle diese Schiedssprüche, auf die ich mich in den vorliegenden Schlussanträgen beziehe, sind auf der Website der UNCTAD http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS abrufbar. Ich werde auch auf Schiedssprüche Bezug nehmen, die über BIT zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern oder auch zwischen Drittländern ergangen sind, da die völkerrechtlichen Grundsätze unterschiedslos für alle diese Fälle gelten.


8      Der Wortlaut in englischer Sprache kann auf der Website der UNCTAD http://investmentpolicyhub.unctad.org/IIA/mostRecent/treaty/2650 abgerufen werden.


9      „Each Contracting Party shall in its territory promote investments by investors of the other Contracting Party and shall admit such investments in accordance with its provisions of law.“


10      „Each Contracting Party shall ensure fair and equitable treatment to the investments of investors of the other Contracting Party and shall not impair, by unreasonable or discriminatory measures, the operation, management, maintenance, use, enjoyment or disposal thereof by those investors.“


11      „More particularly, each Contracting Party shall accord to such investments full security and protection which in any case shall not be less than that accorded either to investments of its own investors or to investments of investors of any third State, whichever is more favourable to the investor concerned.“


12      „The provisions of this Article shall not be construed so as to oblige either Contracting Party to accord preferences and advantages to investors of the other Contracting Party similar to those accorded to investors of a third State (a) by virtue of membership of the former of any existing or future customs union or economic union, or similar institutions; …“.


13      „Each Contracting Party shall observe any obligation it may have entered into with regard to investment of investors of the other Contracting Party.“


14      „If the provisions of law of either Contracting Party or obligations under international law existing at present or established hereafter between the Contracting Parties in addition to the present Agreement contain rules, whether general or specific, entitling investments by investors of the other Contracting Party to a treatment more favourable than is provided for by the present Agreement, such rules shall to the extent that they are more favourable prevail over the present Agreement.“


15      „Each Contracting Party shall guarantee that payments related to an investment may be transferred. The transfers shall be made in a freely convertible currency, without undue restriction or delay.“


16      „Neither Contracting Party shall take any measures depriving, directly or indirectly, investors of the other Contracting Party of their investments …“.


17      „All disputes between one Contracting Party and an investor of the other Contracting Party concerning an investment of the latter shall if possible, be settled amicably.“


18      „Each Contracting Party hereby consents to submit a dispute referred to in paragraph (1) of this Article, to an arbitral tribunal, if the dispute has not been settled amicably within a period of six months from the date either party to the dispute requested amicable settlement.“


19      „The arbitral tribunal referred to in paragraph (2) of this Article will be constituted for each individual case in the following way: each party to the dispute appoints one member of the tribunal and the two members thus appointed shall select a national of a third State as Chairman of the tribunal. Each party to the dispute shall appoint its member of the tribunal within two months, and the Chairman shall be appointed within three months from the date on which the investor has notified the other Contracting Party of his decision to submit the dispute to the arbitral tribunal.“


20      „If the appointments have not been made in the above mentioned periods, either party to the dispute may invite the President of the Arbitration Institute of the Chamber of Commerce of Stockholm to make the necessary appointments. If the President is a national of either Contracting Party or if he is otherwise prevented from discharging the said function, the Vice-President shall be invited to make the necessary appointments. If the Vice-President is a national of either Contracting Party or if he too is prevented from discharging the said function, the most senior member of the Arbitration Institute who is not a national of either Contracting Party shall be invited to make the necessary appointments.“


21      „The arbitration tribunal shall determine its own procedure applying the arbitration rules of the United Nations Commission for International Trade Law (UNCITRAL).“


22      „The arbitral tribunal shall decide on the basis of the law, taking into account in particular though not exclusively: the law in force of the Contracting Party concerned; the provisions of this Agreement, and other relevant Agreements between the Contracting Parties; the provisions of special agreements relating to the investment; the general principles of international law.“


23      „The tribunal takes its decision by majority of votes; such decision shall be final and binding upon the parties to the dispute.“


24      „The present Agreement … shall remain in force for a period of ten years.“


25      „Unless notice of termination has been given by either Contracting Party at least six months before the date of the expiry of its validity, the present Agreement shall be extended tacitly for periods of ten years, each Contracting Party reserving the right to terminate the Agreement upon notice of at least six months before the date of expiry of the current period of validity.“


26      „In respect of investments made before the date of the termination of the present Agreement the foregoing Articles thereof shall continue to be effective for a further period of fifteen years from that date.“


27      United Nations Treaty Series, Bd. 1155, S. 331.


28      Vgl. die in Fn. 5 angeführte Rechtsprechung.


29      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung.


30      Gemäß dem Gesetz Nr. 530/2007 vom 25. Oktober 2007 waren die Gewinne aus Krankenversicherungen für das Gesundheitssystem des Landes zu verwenden. Dieses Gesetz wurde durch den Ústavný súd Slovenskej republiky (Verfassungsgerichtshof der Slowakischen Republik) für verfassungswidrig erklärt mit der Folge, dass das Schiedsgericht entgegen dem Vorbringen von Achmea entschied, dass das Verbot von Gewinnausschüttungen keine Enteignung von deren Investition darstelle. Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), abschließender Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012, Rn. 288.


31      Mit dem Gesetz Nr. 192/2009 vom 30. April 2009 konnten Krankenversicherungsgesellschaften ihr Versicherungsportfolio nicht länger an eine andere Versicherungsgesellschaft veräußern. Darüber hinaus mussten nach diesem Gesetz Krankenversicherungsgesellschaften im Fall der Zahlungsunfähigkeit ihr Versicherungsportfolio an eine der beiden staatlichen Versicherungsgesellschaften abtreten, und zwar ohne jede Gegenleistung.


32      Das Schiedsgericht wies das Vorbringen von Achmea zurück, dass die von der Slowakischen Republik ergriffenen Maßnahmen unter Verstoß gegen Art. 5 des BIT eine Enteignung darstellten.


33      Vgl. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO.


34      Vgl. statistische Angaben, abrufbar auf der Website des Investment Policy Hub der UNCTAD http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS.


35      Es handelt sich um das anhängige Schiedsverfahren Vattenfall AB and others/Federal Republic of Germany (II) (ICSID Case No. ARB/12/12), das von einem schwedischen Investor auf der Grundlage des Vertrags über die Energiecharta eingeleitet wurde, und um Schiedsverfahren, in denen ein Vergleich erzielt wurde, nämlich Ashok Sancheti/Germany, das von einem indischen Investor auf der Grundlage des BIT Deutschland/Indien eingeleitet wurde, und Vattenfall AB and others/Federal Republic of Germany (I) (ICSID Case No. ARB/09/6), das von einem schwedischen Investor auf der Grundlage des Vertrags über die Energiecharta eingeleitet wurde.


36      Es handelt sich um das anhängige Schiedsverfahren Erbil Serter/Französische Republik (ICSID Case No. ARB/13/22), das von einem türkischen Investor auf der Grundlage des BIT Frankreich/Türkei eingeleitet wurde.


37      Was die Republik Österreich betrifft, handelt es sich um das anhängige Schiedsverfahren BV Belegging-Maatschappij Far East/Republic of Austria (ICSID Case No. ARB/15/32), das auf der Grundlage des BIT Österreich/Malta eingeleitet wurde.


38      Vgl. statistische Angaben, abrufbar auf der Website des Investment Policy Hub der UNCTAD http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS.


39      Vgl. u. a. Indrek Kuivallik/Latvia (UNCITRAL) auf der Grundlage des BIT Estland/Lettland, UAB E energija (Lithuania)/Republic of Latvia (ICSID Case No. ARB/12/33) auf der Grundlage des BIT Litauen/Lettland, Spółdzielnia Pracy Muszynianka/Slovak Republic (UNCITRAL) auf der Grundlage des BIT Polen/Slowakei, ČEZ, a.s./Republic of Bulgaria (ICSID Case No. ARB/16/24) und ENERGO-PRO a.s./Republic of Bulgaria (ICSID Case No. ARB/15/19) auf der Grundlage des BIT Tschechische Republik/Bulgarien, Poštová banka, a.s. and Istrokapital SE/Hellenic Republic (ICSID Case No. ARB/13/8) auf der Grundlage der BIT Griechenland/Slowakei und Griechenland/Zypern, MOL Hungarian Oil and Gas Company Plc/Republic of Croatia (ICSID Case No. ARB/13/32) auf der Grundlage des BIT Ungarn/Kroatien, Theodoros Adamakopoulos and others/Republic of Cyprus (ICSID Case No. ARB/15/49), Cyprus Popular Bank Public Co. Ltd./Hellenic Republic (ICSID Case No. ARB/14/16) und Marfin Investment Group Holdings SA and others/Republic of Cyprus (ICSID Case No. ARB/13/27) auf der Grundlage des BIT Griechenland/Zypern, WCV Capital Ventures Cyprus Limited and Channel Crossings Limited/The Czech Republic (UNCITRAL), Forminster Enterprises Limited/The Czech Republic (UNCITRAL) und WA Investments-Europa Nova Limited/The Czech Republic (UNCITRAL) auf der Grundlage des BIT Tschechische Republik/Zypern, Juvel Ltd and Bithell Holdings Ltd./Poland (ICC [International Chamber of Commerce, Internationale Handelskammer]) und Seventhsun Holding Ltd and others/Poland (SCC) auf der Grundlage des BIT Zypern/Polen, Natland Investment Group NV and others/The Czech Republic (UNCITRAL) auf der Grundlage u. a. des BIT Zypern/Tschechische Republik, Mercuria Energy Group Limited/Republic of Poland (SCC) auf der Grundlage des Vertrags über die Energiecharta, der die Republik Zypern und die Republik Polen miteinander verbindet, Vigotop Limited/Republic of Hungary (ICSID Case No. ARB/11/22) auf der Grundlage des BIT Zypern/Ungarn, Impresa Grassetto SpA, in liquidation/Republic of Slovenia (ICSID Case No. ARB/13/10) auf der Grundlage des BIT Italien/Slowenien, Marco Gavazzi and Stefano Gavazzi/Romania (ICSID Case No. ARB/12/25) auf der Grundlage des BIT Italien/Rumänien und Luigiterzo Bosca/Republic of Lithuania (PCA Case No. 2011‑05) auf der Grundlage des BIT Italien/Litauen.


40      Es handelt sich um die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Republik Lettland, Ungarn, die Republik Polen und Rumänien.


41      Vgl. z. B. Art. 72 Abs. 2 erster Gedankenstrich des am 16. Dezember 1991 in Brüssel unterzeichneten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Ungarn andererseits (ABl. 1993, L 347, S. 2), Art. 73 Abs. 2 erster Gedankenstrich des am 16. Dezember 1991 in Brüssel unterzeichneten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits (ABl. 1993, L 348, S. 2), Art. 74 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich des am 1. Februar 1993 in Brüssel unterzeichneten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Rumänien andererseits (ABl. 1994, L 357, S. 2), Art. 74 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich des am 4. Oktober 1993 in Luxemburg unterzeichneten Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Slowakischen Republik andererseits (ABl. 1994, L 359, S. 2) sowie Art. 85 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich des am 29. Oktober 2001 in Luxemburg unterzeichneten Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten und der Republik einerseits und Kroatien andererseits (ABl. 2005, L 26, S. 3).


42      Vgl. u. a. die BIT Belgien und Luxemburg/Zypern, Belgien und Luxemburg/Malta sowie Zypern/Malta.


43      Vgl. u. a. die BIT Zypern/Malta, Estland/Lettland, Estland/Litauen, Estland/Polen, Polen/Bulgarien, Polen/Slowakei, Ungarn/Slowenien, Ungarn/Slowakei, Ungarn/Polen, Tschechische Republik/Bulgarien und Tschechische Republik/Lettland.


44      Vgl. Beschluss 98/181/EG, EGKS, Euratom des Rates und der Kommission vom 23. September 1997 über den Abschluss des Vertrags über die Energiecharta und des Energiechartaprotokolls über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte durch die Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1998, L 69, S. 1).


45      Die Italienische Republik hat diesen Vertrag vor Kurzem gekündigt, indem sie auf eine Gesamtprüfung der Kosten der finanziellen Beiträge für ihre Beteiligung an mehreren internationalen Organisationen einschließlich des in Brüssel ansässigen Sekretariats der Energiecharta verwies. Vgl. https://www.senato.it/application/xmanager/projects/leg17/attachments/documento_evento_procedura_commissione/files/000/002/788/2015__06_03_-_audizione_risposte_senatori_-_VICARI.pdf, S. 7.


46      Vgl. auf seiner Website http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS.


47      Vgl. Eastern Sugar BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (SCC Case No. 088/2004), Teilschiedsspruch vom 27. März 2007, Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), abschließender Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012, Les Laboratoires Servier, SAS and others/Republic of Poland (PCA), Schiedsspruch vom 14. Februar 2012, EDF International SA/Republic of Hungary (PCA Case), Schiedsspruch vom 3. Dezember 2014, Dan Cake (Portugal) SA/Hungary (ICSID Case No. ARB/12/9), Entscheid vom 24. August 2015 über die Zuständigkeit und die Haftung, sowie Edenred SA/Hungary (ICSID Case No. ARB/13/21), Schiedsspruch vom 13. Dezember 2016, Eiser Infrastructure Limited and Energía Solar Luxembourg Sàrl/Kingdom of Spain (CIRDI n° ARB/13/36) Schiedsspruch vom 4. Mai 2017, Horthel Systems BV and others/Republic of Poland (PCA Case No. 2014‑31), Schiedsspruch in 2017 erlassen sowie Marco Gavazzi and Stefano Gavazzi/Romania (ICSID Case No. ARB/12/25), Schiedsspruch vom 13. Juli 2017.


48      Vgl. statistische Angaben der UNCTAD, abrufbar auf deren Website http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS.


49      Es handelte sich nicht um eine Streitigkeit über ein unionsinternes BIT, da Rumänien im Jahr 2005, als das Schiedsverfahren begonnen hatte oder sich die Streitigkeit herauskristallisierte, der Union noch nicht beigetreten war. Folglich war das Unionsrecht auf den Sachverhalt dieses Schiedsverfahrens nicht anwendbar.


50      Vgl. Urteil vom 8. September 2009, Budějovický Budvar (C‑478/07, EU:C:2009:521, Rn. 97 bis 99), das bilaterale Verträge betraf, die am 11. Juni 1976 und 7. Juni 1979 zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik geschlossen wurden. Zur Zeit des diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts war die Republik Österreich bereits Mitgliedstaat, nicht aber die Tschechische Republik, die jedoch im Laufe des Verfahrens in der Rechtssache der Union beitrat.


51      Urteil vom 20. Mai 2003, Ravil (C‑469/00, EU:C:2003:295, Rn. 37). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 10. November 1992, Exportur (C‑3/91, EU:C:1992:420, Rn. 8). Diese Auffassung entspricht Art. 30 Abs. 3 des Wiener Übereinkommens, nach dem in dem Fall, dass „alle Vertragsparteien eines früheren Vertrags zugleich Vertragsparteien eines späteren [sind], ohne dass der frühere Vertrag beendet oder nach Artikel 59 suspendiert wird, … der frühere Vertrag nur insoweit Anwendung [findet], als er mit dem späteren Vertrag vereinbar ist“. Vgl. in diesem Sinne Electrabel SA/The Republic of Hungary (ICSID Case No. ARB/07/19), Entscheid vom 30. November 2012 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Haftung, Rn. 4.182 bis 4.191.


52      Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 25). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 11. März 2010, Attanasio Group (C‑384/08, EU:C:2010:133, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


53      Vgl. Nr. 205 der vorliegenden Schlussanträge.


54      Vgl. Nr. 24 der vorliegenden Schlussanträge.


55      Vgl. Nrn. 213 bis 216 der vorliegenden Schlussanträge.


56      Da mit diesem Vorbringen stillschweigend vorausgesetzt wird, dass der Rechtsschutz, den das BIT den niederländischen Investitionen in der Slowakischen Republik gewährt, größer ist als der Schutz, der diesen Investitionen durch den EU-Vertrag und den AEU-Vertrag gewährt wird, und diesen daher ergänzt, wird die Auffassung, zwischen dem EU- und dem AEU-Vertrag und dem genannten BIT bestehe kein Widerspruch – auf die ich in den Nrn. 174 bis 228 der vorliegenden Schlussanträge eingehen werde –, bestätigt. Das Unionsrecht verbietet die Diskriminierung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats durch einen anderen Mitgliedstaat nur in Bezug auf die Behandlung, die dieser Mitgliedstaat seinen eigenen Staatsangehörigen gewährt. Dagegen sind weder umgekehrte Diskriminierungen noch die Vergünstigungen für Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats betroffen oder mit dem Unionsrecht unvereinbar.


57      Keiner der Streithelfer in der vorliegenden Rechtssache behauptet, dass zwischen ausländischen und inländischen Investoren in diskriminierender Wiese unterschieden werde. Meiner Meinung nach stellt dieser Unterschied keine Diskriminierung dar, weil er dem doppelten im Allgemeininteresse liegenden Beweggrund entspricht, einerseits gegenseitig einen Schutzrahmen für niederländische Investitionen in der Slowakei und für slowakische Investitionen in den Niederlanden zu schaffen und andererseits zu Investitionen zwischen diesen beiden Ländern zu ermutigen und diese zu fördern. Vgl. in diesem Sinne Rn. 37 bis 40 des Beschlusses Nr. 2017‑749‑DC des Conseil constitutionnel vom 31. Juli 2017 über das globale Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits (JORF vom 18. August 2017, Text 1).


58      Es stellt sich stets die Frage, ob diese BIT sich aufgrund einer „Sunset“-Klausel weiterhin auf die Investitionen auswirken, die in der Zeit, in der sie in Kraft waren, getätigt wurden.


59      Vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (C‑374/04, EU:C:2006:773, Rn. 84 und 88 bis 93), vom 20. Mai 2008, Orange European Smallcap Fund (C‑194/06, EU:C:2008:289, Rn. 50 und 51), sowie vom 30. Juni 2016, Riskin und Timmermans (C‑176/15, EU:C:2016:488, Rn. 31).


60      Rn. 58 dieses Urteils.


61      Rn. 61 dieses Urteils.


62      Rn. 62 dieses Urteils.


63      Vgl. Nrn. 200 und 201 der vorliegenden Schlussanträge.


64      Urteil vom 2. Februar 1989, Cowan (186/87, EU:C:1989:47, Rn. 10). Hervorhebung nur hier. Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. September 2016, Petruhhin (C‑182/15, EU:C:2016:630, Rn. 29 bis 33), in dem die Lage von Herrn Petruhhin mit der Lage eines Staatsangehörigen seines Gastmitgliedstaats verglichen wurde.


65      Urteil vom 5. Juli 2005, D. (C‑376/03, EU:C:2005:424, Rn. 54).


66      Vgl. Art. 1 Buchst. b des BIT.


67      Vgl. in diesem Sinne Emilio Agustín Maffezini/The Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/97/7), Entscheid des Gerichts vom 25. Januar 2000 über die Einreden der Unzuständigkeit, Rn. 54 und 55, Gas Natural SDG, SA/Argentine Republic (ICSID Case No. ARB/03/10), Entscheid des Gerichts vom 17. Juni 2005 über die Einreden der Unzuständigkeit, Rn. 31, Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona, SA and Interagua Servicios Integrales de Agua, SA/Argentine Republic (ICSID Case No. ARB/03/17), Entscheid vom 16. Mai 2006 über die Zuständigkeit, Rn. 59, Eastern Sugar BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (SCC Case No. 088/2004), Teilschiedsspruch vom 27. März 2007, Rn. 165 und 166, Rupert Joseph Binder/Czech Republic (UNCITRAL), Schiedsspruch vom 6. Juni 2007 über die Zuständigkeit, Rn. 65, Jan Oostergetel and Theodora Laurentius/The Slovak Republic (UNCITRAL), Entscheid vom 30. April 2010 über die Zuständigkeit, Rn. 77 und 78, Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 264, WNC Factoring Ltd/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2014-34), Schiedsspruch vom 22. Februar 2017, Rn. 300, Anglia Auto Accessories Ltd/The Czech Republic (SCC Case V 2014/181), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 116, und I. P. Busta and J. P. Busta/The Czech Republic (SCC Case V 2015/014), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 116.


68      Vgl. z. B. die BIT Deutschland/Griechenland (1961), Italien/Malta (1967), Deutschland/Malta (1974), Frankreich/Malta (1976) und Deutschland/Portugal (1980).


69      Die Kommission versucht darzulegen, dass der Steuerbereich im Unterschied zum Investitionsschutz weiterhin eine rein nationale Zuständigkeit sei, und nennt in diesem Zusammenhang u. a. das Urteil vom 16. Juli 2009, Damseaux (C‑128/08, EU:C:2009:471), das, wie andere Urteile auch, nicht die rechtliche Doppelbesteuerung verbiete. Ich bemerke, dass es gerade das Ziel der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist, diesen vom EU-Vertrag und AEU-Vertrag nicht gebotenen Schutz zu verleihen. Dasselbe gilt für die BIT, denn für den Schutz von Investitionen wie für die direkten Steuern greift das Unionsrecht im Wesentlichen nur über Bestimmungen zu den großen Verkehrsfreiheiten ein.


70      Das am 4. März 1974 in Prag unterzeichnete Abkommen zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhütung der Steuerflucht im Bereich der Einkommen- und Vermögenssteuer sieht eine Quellensteuer von 10 % auf Dividende, 0 % auf Zinsen und 5 % auf Gebühren vor.


71      Die Mitgliedstaaten verhandeln dort mehrere Bestandteile, wie z. B. den Begriff der Investition, die Frage, ob die Meistbegünstigungsklausel auf den ISDS-Mechanismus anwendbar sein soll, die Frage, ob für Steuermaßnahmen eine „Carve-out“-Klausel (Nichtanwendungsklausel) bestehen soll, und die Dauer der „Sunset“-Klausel.


72      Abrufbar auf der Website des Transnational Institute https://www.tni.org/files/article-downloads/intra-eu-bits2-18-05_0.pdf. Dies geschah im Steuerbereich mittels einer Reihe von Richtlinien wie den Richtlinien 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 2003, L 157, S. 49), 2009/133/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat (ABl. 2009, L 310, S. 34) und 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 2011, L 345, S. 8), die in Wirklichkeit eher multilaterale Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als Harmonisierungsmaßnahmen darstellen.


73      Urteil vom 31. Januar 2013, Belov (C‑394/11, EU:C:2013:48, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754, Rn. 23), und vom 6. Oktober 2015, Consorci Sanitari del Maresme (C‑203/14, EU:C:2015:664, Rn. 17).


74      Urteil vom 31. Januar 2013, Belov (C‑394/11, EU:C:2013:48, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754, Rn. 23).


75      Vgl. u. a. Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107), und vom 27. Januar 2005, Denuit und Cordenier (C‑125/04, EU:C:2005:69).


76      Es handelte sich um ein Schiedsverfahren zwischen einem Steuerpflichtigen und der Portugiesischen Republik in Steuerangelegenheiten.


77      Es handelte sich um ein Schiedsverfahren im Bereich der Arzneimittelpatente, das in dem Sinne international war, dass es eine kanadische Gesellschaft zwei portugiesischen Gesellschaften, einer englischen Gesellschaft, einer griechischen Gesellschaft und einer niederländischen Gesellschaft gegenüberstellte.


78      Vgl. in diesem Sinne Basedow, J., „EU Law in International Arbitration: Referrals to the European Court of Justice“, 2015, Bd. 32(4), Journal of International Arbitration, S. 367; Paschalidis, P., „Arbitral tribunals and preliminary references to the EU Court of Justice“, 2016, Arbitration International, S. 1; Szpunar, M., „Referrals of Preliminary Questions by Arbitral Tribunals to the CJEU“, in Ferrari, F. (Hrsg.), The Impact of EU Lax on International Commercial Arbitration, JurisNet, 2017, S. 85 bis 123.


79      Vgl. u. a. die Rechtssachen, in denen die Urteile vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107), vom 25. Juli 1991, Rich (C‑190/89, EU:C:1991:319), vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269), vom 27. Januar 2005, Denuit und Cordenier (C‑125/04, EU:C:2005:69), vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, EU:C:2006:675), vom 10. Februar 2009, Allianz und Generali Assicurazioni Generali (C‑185/07, EU:C:2009:69), vom 13. Mai 2015, Gazprom (C‑536/13, EU:C:2015:316), und vom 7. Juli 2016, Genentech (C‑567/14, EU:C:2016:526), ergangen sind.


80      Es ist zu bemerken, dass nach einigen völkerrechtlichen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten die Ernennung der Schiedsrichter für die Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen einer öffentlichen Einrichtung und diesen Mitgliedstaaten dem Präsidenten des Gerichtshofs obliegt. Vgl. in diesem Sinne Art. 27 des am 30. Januar 2012 in Rom unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung der Italienischen Republik für den Aufbau und den Betrieb einer neuen Eisenbahnlinie zwischen Lyon und Turin. Nach meiner Ansicht sind diese Schiedsgerichte auch Gerichte eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 267 AEUV.


81      Meines Erachtens handelt es sich nicht um eine Frage der Zuständigkeit, sondern der Zulässigkeit.


82      Vgl. Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107, Rn. 11). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. Januar 2005, Denuit und Cordenier (C‑125/04, EU:C:2005:69, Rn. 13).


83      Vgl. Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107, Rn. 12). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. Januar 2005, Denuit und Cordenier (C‑125/04, EU:C:2005:69, Rn. 13).


84      Vgl. Rn. 24 dieses Urteils.


85      Vgl. Rn. 19 dieses Beschlusses.


86      Vgl. z. B. den PCA in Den Haag (Niederlande), das ICSID in Washington, D. C. (Vereinigte Staaten), die SCC in Schweden, die ICC in Paris (Frankreich) und den Londoner Internationalen Schiedsgerichtshof (London Court of International Arbitration, LCIA) (Vereinigtes Königreich).


87      Alle Mitgliedstaaten der Union sind Parteien dieser Abkommen. Was die vorliegende Rechtssache betrifft, ist das Königreich der Niederlande seit Gründung des PCA Mitgliedstaat, während die Slowakische Republik 1993 Mitgliedstaat des PCA wurde.


88      Urteil vom 12. Juni 2014, Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta (C‑377/13, EU:C:2014:1754, Rn. 27). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107), und vom 27. Januar 2005, Denuit und Cordenier (C‑125/04, EU:C:2005:69, Rn. 13), sowie Beschluss vom 13. Februar 2014, Merck Canada (C‑555/13, EU:C:2014:92, Rn. 17).


89      Rn. 29 dieses Urteils. Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. Oktober 2015, Consorci Sanitari del Maresme (C‑203/14, EU:C:2015:664, Rn. 23).


90      Hervorhebung nur hier.


91      Hervorhebung nur hier.


92      Das genannte BIT enthält keine Klausel für eine unwiderrufliche Option („fork-in-the-road“), nach der mit der Entscheidung eines Investors (zwischen den nationalen Gerichten des betroffenen Staates und einem internationalen Schiedsgericht) die Option, für die er sich entschieden hat, unwiderruflich wird.


93      Die Schiedsgerichtsordnung kann auf der Website der UNCITRAL http://www.uncitral.org/uncitral/fr/uncitral_texts/arbitration/2010Arbitration_rules.html abgerufen werden.


94      Hervorhebung nur hier.


95      Urteil vom 9. Oktober 2014, TDC (C‑222/13, EU:C:2014:2265, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist klarzustellen, dass Schiedsrichter – im Gegensatz zu Richtern – keine unbefristeten Stellen innehaben. Daher fehlen im Recht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Vorschriften über die Entlassung von Schiedsrichtern.


96      Vgl. Art. 9 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 und Art. 11 der in den Jahren 2010 und 2013 geänderten UNCITRAL-Schiedsordnung.


97      Vgl. Art. 10 bis 12 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 sowie Art. 12 und 13 der in den Jahren 2010 und 2013 geänderten UNCITRAL-Schiedsordnung. Vgl. auch die Leitlinien der International Bar Association (IBA) über Interessenskonflikte in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit (abrufbar auf der Website der IBA http://www.ibanet.org/Publications/publications_IBA_guides_and_free_materials.aspx), in denen die Gründe für Interessenskonflikte dargelegt werden, die zur Ablehnung von Schiedsrichtern führen können.


98      Rn. 21. Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 14. Juni 2011, Miles u. a. (C‑196/09, EU:C:2011:388, Rn. 40).


99      Mehrere Schiedsgerichte, u. a. das in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende Schiedsgericht, haben bei der Entscheidung über Streitigkeiten zwischen EU-Investoren und Mitgliedstaaten den Vorrang des Unionsrechts bereits anerkannt. Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 289, Electrabel SA/The Republic of Hungary (ICSID Case No. ARB/07/19), Entscheid vom 30. November 2012 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Haftung, Rn. 4.189 bis 4.191, Charanne BV and Construction Investments Sàrl/Spain (SCC Case No. 062/2012), abschließender Schiedsspruch vom 21. Januar 2016, Rn. 439 und 443, und RREEF Infrastructure (G.P.) Limited and RREEF Pan-European Infrastructure Two Lux Sàrl/Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/13/30), Entscheid vom 6. Juni 2016 über die Zuständigkeit, Rn. 72 (anders sei es bei Investoren aus einem Drittstaat, vgl. Rn. 74 bis 76).


100      Vgl. in diesem Sinne Electrabel SA/The Republic of Hungary (ICSID Case No. ARB/07/19), Entscheid vom 30. November 2012 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Haftung, Rn. 4.160 bis 4.162.


101      Vgl. Gutachten 1/91 (EWR-Abkommen I) vom 14. Dezember 1991 (EU:C:1991:490), 1/92 (EWR-Abkommen II) vom 10. April 1992 (EU:C:1992:189), 2/94 (Beitritt der Gemeinschaft zur EMRK) vom 28. März 1996 (EU:C:1996:140), 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123) und 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454). Vgl. auch Urteil vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345).


102      Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 201). Vgl. in diesem Sinne auch Gutachten 1/91 (EWR-Abkommen I) vom 14. Dezember 1991 (EU:C:1991:490, Rn. 35) sowie Urteile vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345, Rn. 123), und vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 282).


103      Urteil vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345, Rn. 169).


104      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008 13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 276. Vgl. in diesem Sinne auch European American Investment Bank AG/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2010‑17), Schiedsspruch vom 22. Oktober 2012 über die Zuständigkeit, Rn. 248 bis 267, Electrabel SA/The Republic of Hungary (ICSID Case No. ARB/07/19), Entscheid vom 30. November 2012 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Haftung, Rn. 4.150 bis 4.152, Charanne BV and Construction Investments Sàrl/Spain (SCC Case No. 062/2012), abschließender Schiedsspruch vom 21. Januar 2016, Rn. 441 bis 445, RREEF Infrastructure (G.P.) Limited and RREEF Pan-European Infrastructure Two Lux Sàrl/Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/13/30), Entscheid vom 6. Juni 2016 über die Zuständigkeit, Rn. 80, und Eiser Infrastructure Limited and Energía Solar Luxembourg Sàrl/Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/13/36), Schiedsspruch vom 4. Mai 2017, Rn. 204.


105      Vgl. Urteil vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345, Rn. 128).


106      Vgl. Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 202 und 205).


107      Gutachten 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123). Hervorhebung nur hier.


108      Vgl. Rn. 6 dieses Gutachtens.


109      Art. 6 des Entwurfs eines Abkommens sah vor, dass die Bestimmungen des Abkommens zu ihrer Durchführung und Anwendung im Einklang mit den bis zum Tag der Unterzeichnung des Abkommens ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs zu den entsprechenden Bestimmungen des EWG-Vertrags, des EGKS-Vertrags und des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts auszulegen, was gewiss eine Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen des Gerichtshofs und des EWR-Gerichtshofs schuf. Vgl. Gutachten 1/91 (EWR-Abkommen I) vom 14. Dezember 1991 (EU:C:1991:490, Rn. 6 und 25 bis 29).


110      Vgl. insbesondere Rn. 204, 205, 207 und 212.


111      Vgl. Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 17 und 18).


112      Vgl. Loewen Group, Inc. and Raymond L. Loewen/United States of America (ICSID Case No. ARB[AF]/98/3), Schiedsspruch vom 26. Juni 2003, Rn. 233, und Archer Daniels Midland and Tate & Lyle Ingredients Americas, Inc./United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]/04/05), Schiedsspruch vom 21. November 2007, Rn. 178.


113      Vgl. Loewen Group, Inc. and Raymond L. Loewen/United States of America (ICSID Case No. ARB[AF]/98/3), Schiedsspruch vom 26. Juni 2003, Rn. 223, in dem das Schiedsgericht davon ausgegangen ist, dass Kapitel 11 des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (North American Free Trade Agreement, NAFTA) eine schrittweise Weiterentwicklung des Völkerrechts darstelle, indem es dem Investor ermögliche, einen eigenen Anspruch geltend zu machen und eine eigene Klage vor einem internationalen Schiedsgericht einzureichen („Chapter Eleven of NAFTA represents a progressive development in international law whereby the individual investor may make a claim on its own behalf and submit the claim to international arbitration“).


114      Vgl. Douglas, Z., The International Law of Investment Claims, Cambridge University Press, 2009, S. 17 bis 38.


115      Außer dem Beispiel des AEU-Vertrags und der EMRK möchte ich das Wiener Übereinkommen vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen nennen. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2001, Fall LaGrand (Deutschland/Vereinigte Staaten von Amerika), IGH, Slg. 2001, S. 466, Rn. 78.


116      Vgl. in diesem Sinne American Manufacturing & Trading, Inc./Republic of Zaire (ICSID Case No. ARB/93/1), Schiedsspruch vom 21. Februar 1997, Rn. 6.06, CMS Gas Transmission Company/The Argentine Republic (ICSID Case No. ARB/01/8), Entscheid des Gerichts vom 17. Juli 2003 über die Einrede seiner Zuständigkeit, Rn. 45, Corn Products International, Inc./United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]04/01), Schiedsspruch vom 15. Januar 2008, Rn. 174 bis 176, Cargill, Incorporated/United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]05/2), Schiedsspruch vom 18. September 2009, Rn. 424 bis 426, und European American Investment Bank AG/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2010‑17), Schiedsspruch vom 22. Oktober 2012 über die Zuständigkeit, Rn. 445. Vgl. in diesem Sinne auch Burdeau, G., „Nouvelles perspectives pour l’arbitrage dans le contentieux économique intéressant l’État“, 1995, Revue de l’arbitrage, S. 3 bis 12; Paulsson, J., „Arbitration Without Privity“, 1995, Bd. 10, ICSID Review – Foreign Investment Law Journal, S. 232 bis 256; Wälde, T., „Investment Arbitration under the Energy Charter Treaty“, 1996, Arbitration International, S. 429 und 435 bis 437, sowie Douglas, Z., The International Law of Investment Claims, Cambridge University Press, 2009, S. 32 bis 38.


117      Vgl. Occidental Exploration & Production Company/Republik Ecuador [2005] EWCA Civ 1116, [2006] QB 432, Rn. 22, in dem das Court of Appeal (England & Wales) (Berufungsgericht für England und Wales, Vereinigtes Königreich) Rn. 233 des Schiedsspruchs vom 26. Juni 2003 in dem Schiedsverfahren Loewen Group, Inc. and Raymond L. Loewen/United States of America (ICSID Case No. ARB[AF]/98/3) als „streitig“ einstuft und hinzufügt, dass er eine Auslegung dieses Schiedsspruchs, nach dem die BIT Rechte nicht den Investoren, sondern ihren Herkunftsstaaten verliehen, nicht teile.


118      Die BIT enthalten zwar systematisch Schiedsvereinbarungen für Rechtsstreitigkeiten zwischen den vertragschließenden Staaten (vgl. im vorliegenden Fall Art. 10 des BIT Niederlande/Tschechoslowakei). Jedoch hat meines Wissens ein derartiges Schiedsverfahren zwischen Staaten seit der Unterzeichnung des ersten BIT im Jahr 1959 noch nie stattgefunden. Dies gilt mit Sicherheit für die BIT zwischen Mitgliedstaaten.


119      Nach dieser Bestimmung „[hat d]as Schiedsgericht … auf der Grundlage des Rechts zu entscheiden und dabei insbesondere, aber nicht ausschließlich zu berücksichtigen: – das geltende Recht der betroffenen Vertragspartei; – die Bestimmungen dieses Abkommens und anderer erheblicher Abkommen zwischen den Vertragsparteien; – die Bestimmungen besonderer Vereinbarungen in Bezug auf die Investition; – die allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts“.


120      „Das Gericht entscheidet auf der Grundlage des vorliegenden Abkommens sowie auf der Grundlage anderer erheblicher Abkommen zwischen den beiden Vertragsparteien, der allgemeinen Grundsätze des internationalen Rechts und der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die das Gericht für anwendbar erachtet. Die vorangehenden Bestimmungen lassen die Befugnis des Gerichts unberührt, ex aequo et bono zu entscheiden, sofern die Parteien dies vereinbaren“ (The tribunal shall decide on the basis of the present Agreement and other relevant Agreements between the two Contracting Parties, the general principles of international law, as well as such general rules of law as the tribunal deems applicable. The foregoing provisions shall not prejudice the power of the tribunal to decide the dispute ex aequo et bono if the Parties so agree).


121      Vgl. Rn. 205 bis 214 des Gutachtens.


122      Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 281 („Far from being precluded from considering and applying EU law the Tribunal is bound to apply it to the extent that it is part of the applicable law(s), whether under BIT Article 8, German law or otherwise“). Vgl. auch in diesem Sinne Isolux Infrastructure Netherlands BV/Kingdom of Spain (case CCS V 2013/153) Schiedsspruch vom 12. Juli 2016, Rn. 654.


123      Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (CNUDCI) (PCA case No 2008‑13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 282 („What the ECJ has is a monopoly on the final and authoritative interpretation of EU law“).


124      Wie z. B. der EU-Vertrag und der AEU-Vertrag.


125      Vgl. in diesem Sinne zu einer ähnlichen Bestimmung (Art. 16 Abs. 2 des Vertrags über die Energiecharta) Eiser Infrastructure Limited and Energía Solar Luxembourg Sàrl/Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/13/36), Schiedsspruch vom 4. Mai 2017, Rn. 202.


126      Nach dieser Bestimmung ist für die Auslegung eines Vertrags jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen (im vorliegenden Fall der EU- und der AEU-Vertrag) sowie jeder in den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien anwendbare einschlägige Völkerrechtssatz (im vorliegenden Fall das Unionsrecht) zu berücksichtigen.


127      Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (CNUDCI) (case CPA no 2008‑13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 290 („the Tribunal notes that its jurisdiction is confined to ruling upon alleged breaches of the BIT. The Tribunal does not have jurisdiction to rule on alleged breaches of EU law as such“).Vgl. auch in diesem Sinne Isolux Infrastructure Netherlands BV/Kingdom of Spain (case CCS V 2013/153) Schiedsspruch vom 12. Juli 2016, Rn. 651.


128      Vgl. u. a. Emilio Agustín Maffezini/The Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/97/7), Schiedsspruch vom 13. November 2000, Rn. 65 bis 71, in dem ein Investor geltend machte, das Königreich Spanien habe gegen die Verpflichtung verstoßen, seiner Investition eine faire und gerechte Behandlung zukommen zu lassen. Für seine Investition seien zusätzliche Kosten für eine Umweltverträglichkeitsprüfung entstanden. Das Schiedsgericht wies darauf hin, dass sich die Verpflichtung, eine solche Prüfung vorzunehmen, aus dem Unionsrecht ergebe und das Königreich Spanien nichts anderes getan habe, als dafür zu sorgen, dass diese Verpflichtung erfüllt werde. Daher hat es seinen Antrag insoweit zurückgewiesen.


129      Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 279 („EU law may have a bearing upon the scope of rights and obligations under the BIT in the present case, by virtue of its role as part of the applicable law under BIT Article 8(6) and German law as the lex loci arbitri“). Jedenfalls vermag ich nicht zu erkennen, weshalb den Schiedsgerichten die Berücksichtigung des Unionsrechts untersagt werden sollte, da ihnen durch ein solches Verbot die Möglichkeit genommen würde, das BIT gegebenenfalls unionsrechtskonform auszulegen, um Konflikte mit dem Unionsrecht zu vermeiden.


130      Dagegen hatte, wie sich aus Rn. 151 des Urteils vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (C‑459/03, EU:C:2006:345), ergibt, „Irland dem Schiedsgericht Gemeinschaftsrechtsakte zu deren Auslegung und Anwendung im Rahmen eines Verfahrens unterbreitet …, das darauf abzielt, eine Verletzung der genannten Bestimmungen durch das Vereinigte Königreich feststellen zu lassen“.


131      Vgl. Nr. 24 der vorliegenden Schlussanträge.


132      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), abschließender Schiedsspruch vom 7. Dezember 2012, Rn. 275 und 276.


133      Vgl. Rn. 13, 18, 57, 101 und 130 ihrer schriftlichen Erklärungen.


134      Vgl. in diesem Sinne auch Eastern Sugar BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (SCC Case No. 088/2004), Teilschiedsspruch vom 27. März 2007, Rn. 159 bis 172; Rupert Joseph Binder/Czech Republic (UNCITRAL), Schiedsspruch vom 6. Juni 2007 über die Zuständigkeit, Rn. 63; Jan Oostergetel and Theodora Laurentius/The Slovak Republic (UNCITRAL), Entscheid vom 30. April 2010 über die Zuständigkeit, Rn. 74 bis 79; Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 245 bis 267; European American Investment Bank AG/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2010‑17), Schiedsspruch vom 22. Oktober 2012 über die Zuständigkeit, Rn. 178 bis 185; WNC Factoring Ltd (WNC)/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2014‑34), Schiedsspruch vom 22. Februar 2017, Rn. 298 bis 308; Anglia Auto Accessories Ltd/The Czech Republic (SCC Case V 2014/181), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 115 und 116; I. P. Busta and J. P. Busta/The Czech Republic (SCC Case V 2015/014); abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 115 und 116.


135      Nach diesem Grundsatz kann ein Investor den Schutz des BIT nur für eine Investition erhalten, bei der das Recht des Gaststaats zu dem Zeitpunkt, als sie getätigt wurde, beachtet wurde. Vgl. u. a. Salini Costruttori S.p.A. and Italstrade S.p.A./Kingdom of Morocco (ICSID Case No. ARB/00/4), Schiedsspruch vom 31. Juli 2001 über die Zuständigkeit, Rn. 46, und Tokios Tokelés/Ukraine (ICSID Case No. ARB/02/18), Schiedsspruch vom 29. Juni 2004 über die Zuständigkeit, Rn. 84.


136      Die Verletzung eines Vertrags zwischen einem Staat und einem ausländischen Investor ist als solche nicht völkerrechtswidrig. Eine Klausel, dass vertragliche Verpflichtungen zu achten sind, die der Gaststaat der Investitionen gegenüber den Investoren des anderen Vertragsstaats des BIT eingegangen ist, führt daher zur Einbeziehung der Pflicht zur Achtung dieser Verpflichtungen in den BIT. Sehen die Investoren eine Verletzung dieser Verpflichtungen, können ihnen daher die Schutzmaßnahmen des BIT zugutekommen, u. a. das Recht, ein internationales Schiedsverfahren einzuleiten, was ohne die Klausel der Achtung der Verpflichtungen nicht möglich wäre, da sie völkerrechtlich nicht vorgeschrieben ist.


137      Nach dieser Klausel werden die Investitionen, die während der Laufzeit des BIT getätigt wurden, in der Sache auch dann noch geschützt von dem BIT, wenn dieses nicht mehr in Kraft ist, und zwar für einen zusätzlichen, darin festgelegten Zeitraum. Dieser Zeitraum beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem das BIT endet.


138      Auch wenn die spezifischen Auflagen der Mitgliedstaaten, von denen die von ihnen im Rahmen des EMS-Vertrags beantragte Finanzhilfe abhängig gemacht wird, das Unionsrecht einzuhalten haben, fallen sie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht unter dieses Recht. Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 151, 164, 179 und 180), und vom 20. September 2016, Mallis u. a./Kommission und EZB (C‑105/15 P bis C‑109/15 P, EU:C:2016:702, insbesondere Rn. 59 und 61). Das im Namen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) von der Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) unterzeichnete Memorandum of Understanding ist nämlich eine Handlung des ESM und kann als solche nicht einer Rechtmäßigkeitskontrolle der Unionsgerichte unterliegen. Die Feststellung, dass diese Maßnahmen nicht unter das Unionsrecht fallen, wird jedoch nicht dadurch in Frage gestellt, dass gegen die Union eine Schadensersatzklage erhoben werden kann, da die Kommission und die EZB dieses Memorandum of Understanding unterzeichnet haben, was von ihrer Seite einen qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellen könnte, aus dem ein Schaden entstanden ist. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB (C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 52 bis 55).


139      Vgl. Poštová banka, a.s. and Istrokapital SE/Hellenic Republic (ICSID Case No. ARB/13/8), Schiedsspruch vom 9. April 2015, Rn. 60 bis 76.


140      Vgl. Presseerklärung der Eurogruppe vom 21. Februar 2012.


141      Vgl. Urteile vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB (C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701, Rn. 52), und vom 20. September 2016, Mallis u. a./Kommission und EZB (C‑105/15 P bis C‑109/15 P, EU:C:2016:702, Rn. 52 bis 61).


142      Vgl. Schreiben des Präsidenten der EZB Herrn Mario Draghi vom 13. Juli 2015 an Herrn Sven Giegold, Mitglied des Europäischen Parlaments, das auf der Website der EZB https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/150714letter_giegold.en.pdf?1a6b3fcf462edc2c155fec04e0f9d475 abgerufen werden kann. Hervorhebung nur hier.


143      Diese Maßnahmen fallen nicht unter das Unionsrecht. Vgl. Urteil vom 20. September 2016, Mallis u. a./Kommission und EZB (C‑105/15 P bis C‑109/15 P, EU:C:2016:702).


144      Vgl. das anhängige Schiedsverfahren Marfin Investment Group Holdings SA, Alexandros Bakatselos and others/Republic of Cyprus (ICSID Case No. ARB/13/27). Vgl. auch die Pressemitteilung des Juristischen Dienstes der Republik Zypern, abrufbar auf der Website seines Presse- und Informationsbüros (http://www.pio.gov.cy/moi/pio/pio2013.nsf/All/4D30C42F4FB53EB7C225802E00436251?OpenDocument&L=G).


145      ABl. 2002, L 190, S. 1. Der Rahmenbeschluss legt fest, für welche Verbrechen ein Europäischer Haftbefehl ausgestellt werden darf, bezieht sich aber nicht auf die anderen in solchen Verfahren zu beachtenden strafrechtlichen Voraussetzungen, die in die ausschließliche Zuständigkeit des Ausstellungsmitgliedstaats fallen.


146      Vgl. den Presseartikel „Bouloutas und Foros sind vor den Gerichten erschienen“ auf der Website der Zeitschrift Politis, https://politis.com.cy/article/parousiastikan-sto-dikastirio-mpouloutas-ke-foros.


147      Vgl. Urteile vom 14. Februar 1995, Schumacker (C‑279/93, EU:C:1995:31, Rn. 21), vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (C‑374/04, EU:C:2006:773, Rn. 36), und vom 10. Mai 2012, Santander Asset Management SGIIC u. a. (C‑338/11 bis C‑347/11, EU:C:2012:286, Rn. 14).


148      Mit Ausnahme der wenigen Fälle, in denen der AEU-Vertrag dies vorsieht (Art. 110 bis 112 AEUV) und in denen die Union Rechtsvorschriften erlassen hat. Als Beispiel nenne ich die Richtlinien 2003/49, 2009/133/EG, 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. 2011, L 64, S. 1), 2011/96 und (EU) 2015/2060 des Rates vom 10. November 2015 zur Aufhebung der Richtlinie 2003/48/EG im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl. 2015, L 301, S. 1). Vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C (C‑122/15, EU:C:2016:65, Nrn. 42 bis 50). Die Organe der Union und/oder die Mitgliedstaaten würden durch nichts daran gehindert, im gesamten Unionsgebiet gemäß ihrer Zuständigkeitsverteilung in den betreffenden Bereichen einen einheitlichen Rahmen zum Schutz der Investitionen einzuführen, der die BIT ersetzen würde.


149      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 1995, Svensson und Gustavsson (C‑484/93, EU:C:1995:379, Rn. 12 bis 19), vom 1. April 2014, Felixstowe Dock and Railway Company u. a. (C‑80/12, EU:C:2014:200, Rn. 20, 21 und 25), vom 17. Juli 2014, Nordea Bank Danmark (C‑48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 19 und 24), vom 3. Februar 2015, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑172/13, EU:C:2015:50, Rn. 21 und 24), und vom 24. November 2016, SECIL (C‑464/14, EU:C:2016:896, Rn. 54).


150      Mit der Bezugnahme auf dieses zu direkten Steuern ergangene Urteil zum Beleg dafür, dass im Unionsrecht für den Investitionsbereich ein voller Schutz besteht, widerspricht sich die Kommission, da sie gleichzeitig die Ansicht vertritt, dass das Urteil vom 5. Juli 2005, D. (C‑376/03, EU:C:2005:424), das ebenfalls eine nach dem AEU-Vertrag verbotene Diskriminierung betrifft, für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Art. 8 des BIT mit Art. 18 AEUV nicht relevant sei, weil die direkten Steuern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen. Vgl. Nr. 78 der vorliegenden Schlussanträge.


151      Vgl. Urteil vom 2. Juni 2016, C (C‑122/15, EU:C:2016:391, Rn. 28 und 29), und Beschluss vom 15. April 2015, Burzio (C‑497/14, EU:C:2015:251, Rn. 26 bis 33).


152      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Entscheid vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 251. Für den Fall der Enteignung vgl. insbesondere Marvin Roy Feldman Karpa/United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]/99/1), Schiedsspruch vom 16. Dezember 2002, Rn. 101 bis 107, EnCana Corporation/Republic of Ecuador (UNCITRAL), Schiedsspruch vom 3. Februar 2006, Rn. 173 und 177, und Occidental Petroleum Corporation and Occidental Exploration and Production Company/Republic of Ecuador (ICSID Case No. ARB/06/11), Schiedsspruch vom 5. Oktober 2012, Rn. 455.


153      Für nähere Einzelheiten zu dem Vergleich des Schutzes gegen rechtswidrige Enteignungen zwischen dem genannten BIT einerseits und dem EU- und dem AEU-Vertrag andererseits vgl. Nrn. 217 bis 226 der vorliegenden Schlussanträge.


154      Vgl. in diesem Sinne Quasar de Valores SICAV SA and others/The Russian Federation (SCC Case No. 24/2007), Schiedsspruch vom 20. Juli 2012, und RosInvestCo UK Ltd./The Russian Federation (SCC Case No. V 079/2005), abschließender Schiedsspruch vom 12. September 2010, von den schwedischen Gerichten aus anderen Gründen aufgehoben.


155      Vgl. u. a. Urteil vom 21. September 1999, Saint-Gobain ZN (C‑307/97, EU:C:1999:438, Rn. 59).


156      Vgl. Nrn. 66 bis 72 der vorliegenden Schlussanträge.


157      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 264. Vgl. in diesem Sinne auch WNC Factoring Ltd (WNC)/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2014-34), Schiedsspruch vom 22. Februar 2017, Rn. 300.


158      Vgl. Eastern Sugar BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (SCC Case No. 088/2004), Teilschiedsspruch vom 27. März 2007, Rn. 180; Rupert Joseph Binder/Czech Republic (UNCITRAL), Schiedsspruch vom 6. Juni 2007 über die Zuständigkeit, Rn. 40; Jan Oostergetel and Theodora Laurentius/The Slovak Republic (UNCITRAL), Entscheid vom 30. April 2010 über die Zuständigkeit, Rn. 77; WNC Factoring Ltd (WNC)/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2014‑34), Schiedsspruch vom 22. Februar 2017, Rn. 299; Anglia Auto Accessories Ltd/The Czech Republic (SCC Case V 2014/181), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 116; I. P. Busta and J. P. Busta/The Czech Republic (SCC Case V 2015/014), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 116.


159      Vgl. u. a. Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich), Urteil vom 21. Dezember 2007, Nr. 280264, der entschieden hat, dass die Forderungen von Art. 3 des am 13. Februar 1993 in Algier unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Französischen Republik und der Regierung der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen Verpflichtungen nur zwischen den beiden Vertragsstaaten geschaffen habe und die Einzelnen sich daher nicht darauf berufen könnten. Eine Parallele kann zur Kontrolle der Gültigkeit von Unionsrechtsakten nach dem Völkerrecht gezogen werden. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, EU:C:2011:864).


160      Vgl. Emilio Agustín Maffezini/The Kingdom of Spain (ICSID Case No. ARB/97/7), Entscheid des Gerichts vom 25. Januar 2000 über die Einreden der Unzuständigkeit, Rn. 54 und 55; Gas Natural SDG, SA/Argentine Republic (ICSID Case No. ARB/03/10), Entscheid des Gerichts vom 17. Juni 2005 über die Einreden der Unzuständigkeit, Rn. 31; Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona, SA and Interagua Servicios Integrales de Agua, SA/Argentine Republic (ICSID Case No. ARB/03/17), Entscheid vom 16. Mai 2006 über die Zuständigkeit, Rn. 60; Eastern Sugar BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (SCC Case No. 088/2004), Teilschiedsspruch vom 27. März 2007, Rn. 165 und 166; Rupert Joseph Binder/Czech Republic (UNCITRAL), Schiedsspruch vom 6. Juni 2007 über die Zuständigkeit, Rn. 65; Jan Oostergetel and Theodora Laurentius/The Slovak Republic (UNCITRAL), Entscheid vom 30. April 2010 über die Zuständigkeit, Rn. 77 und 78; Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 264; WNC Factoring Ltd (WNC)/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2014-34), Schiedsspruch vom 22. Februar 2017, Rn. 300; Anglia Auto Accessories Ltd/The Czech Republic (SCC Case V 2014/181), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 116; I. P. Busta and J. P. Busta/The Czech Republic (SCC Case V 2015/014), abschließender Schiedsspruch vom 10. März 2017, Rn. 116.


161      Vgl. u. a. Wena Hotels Ltd./Arab Republic of Egypt (ICSID Case No. ARB/98/4), Schiedsspruch vom 8. Dezember 2000, Rn. 84, und Técnicas Medioambientales Tecmed/United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]/00/2), Schiedsspruch vom 29. Mai 2003, Rn. 175 bis 177.


162      Vgl. u. a. Biwater Gauff (Tanzania) Limited/United Republic of Tanzania (ICSID Case No. ARB/05/22), Schiedsspruch vom 24. Juli 2008, Rn. 730, und Eureko BV/Republic of Poland (Ad-hoc-Schiedsverfahren), Teilschiedsspruch vom 19. August 2005, Rn. 236 und 237.


163      Vgl. CME Czech Republic BV/The Czech Republic (UNCITRAL), Teilschiedsspruch vom 13. September 2001, Rn. 613, und Compañía de Aguas del Aconquija SA and Vivendi Universal SA (formerly Compañía de Aguas del Aconquija, SA and Compagnie Générale des Eaux)/Argentine Republic (ICSID Case No. ARB/97/3), Schiedsspruch vom 20. August 2007, Rn. 7.4.15 und 7.4.16.


164      Für eine vollständigere Untersuchung siehe Schreuer, C., „Full Protection and Security“, 2010, Journal of International Dispute Settlement, S. 1.


165      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 260.


166      Vgl. u. a. Urteil vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union (C‑438/05, EU:C:2007:772, Rn. 56 bis 59, 62 und 66). Das Gleiche gilt für die Verordnungen, nicht jedoch für die Richtlinien.


167      Vgl. Saluka Investments BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2001-04), Teilschiedsspruch vom 17. März 2006, Rn. 484.


168      Der Diskriminierungsbegriff ist im internationalen Investitionsrecht ähnlich wie im Unionsrecht, da er eine Benachteiligung des Investors betrifft, die nicht angemessen gerechtfertigt werden kann. Vgl. in diesem Sinne Elettronica Sicula SpA (ELSI), Urteil, IGH, Slg. 1989, S. 15, Rn. 122; Saluka Investments BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2001-04), Teilschiedsspruch vom 17. März 2006, Rn. 460, und Biwater Gauff (Tanzania) Ltd./United Republic of Tansania (ICSID Case No. ARB/05/22), Schiedsspruch vom 24. Juli 2008, Rn. 695.


169      Vgl. MTD Equity Sdn. Bhd. and MTD Chile SA/Chile (ICSID Case No. ARB/01/7), Schiedsspruch vom 25. Mai 2004, Rn. 109, Saluka Investments BV/The Czech Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2001-04), Teilschiedsspruch vom 17. März 2006, Rn. 303 und 460, Plama Consortium Limited/Republic of Bulgaria (ICSID Case No. ARB/03/24), Schiedsspruch vom 27. August 2008, Rn. 184, und EDF (Services) Limited/Republic of Romania (ICSID Case No. ARB/05/13), Schiedsspruch vom 8. Oktober 2009, Rn. 303.


170      Vgl. Técnicas Medioambientales Tecmed/United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]/00/2), Schiedsspruch vom 29. Mai 2003, Rn. 154, Waguih Elie George Siag and Clorinda Vecchi/Arab Republic of Egypt (ICSID Case No. ARB/05/15), Schiedsspruch vom 1. Juni 2009, Rn. 450, und Rumeli Telekom A.S. and Telsim Mobil Telekomunikasyon Hizmetleri A.S./Republic of Kazakhstan (ICSID Case No. ARB/05/16), Schiedsspruch vom 29. Juli 2008, Rn. 609. Vgl. in diesem Sinne auch Dolzer, M., und Schreuer, C., Principles of International Investment Law, Oxford University Press, 2008, S. 133 bis 149; Yannaca-Small, K., „Fair and equitable Treatment Standard“, in Yannaca-Small, K. (Hrsg.), Arbitration under International Investment Agreements – A Guide to the Key Issues, Oxford University Press, 2010, S. 385 und 393 bis 410. Vgl. auch Gutachten 2/15 (Freihandelsabkommen mit Singapur) vom 16. Mai 2017 (EU:C:2017:376, Rn. 89).


171      Der Begriff „Rechtsverweigerung“ umfasst im Völkerrecht die Verpflichtung des Staates, nicht in offenkundig ungerechter Weise den Rechtsweg zu verweigern. Vgl. in diesem Sinne Paulsson, J., Denial of Justice in International Law, Cambridge University Press, 2005, S. 67. Diese Verpflichtung wird z. B. verletzt, wenn die staatlichen Gerichte die Behandlung einer Rechtssache ablehnen, wenn sie sie mit einer unangemessenen Verspätung behandeln, wenn das Recht eindeutig in ungeeigneter Weise gesprochen wird oder wenn es sogar eindeutig und vorsätzlich fehlerhaft angewandt wird. Vgl. Robert Azinian and others/The United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]/97/2), Schiedsspruch vom 1. November 1999, Rn. 102 und 103.


172      Vgl. Rumeli Telekom A.S. and Telsim Mobil Telekomunikasyon Hizmetleri A.S./Republic of Kazakhstan (ICSID Case No. ARB/05/16), Schiedsspruch vom 29. Juli 2008, Rn. 651, und Víctor Pey Casado and President Allende Foundation/Republic of Chile (ICSID Case No. ARB/98/2), Schiedsspruch vom 8. Mai 2008, Rn. 653 bis 657. Vgl. in diesem Sinne auch McLachlan, C., Shore, L., und Weiniger, M., International Investment Arbitration – Substantive Principles, Oxford University Press, 2007, S. 227.


173      Vgl. S. D. Myers, Inc./Government of Canada (UNCITRAL) Teilschiedsspruch vom 13. November 2000, Rn. 259, LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp. und LG&E International, Inc/Argentine Republic (ICSID Case No. ARB/02/1) Entscheid vom 3. Oktober 2006 über die Haftung, Rn. 162, und Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 250 und 251.


174      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 119 und 251.


175      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 261.


176      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe in den verbundenen Rechtssachen SEGRO und Horváth (C‑52/16 und C‑113/16, EU:C:2017:410, Nr. 121), in denen er vorschlägt, die Vorlagefragen zu Art. 17 der Charta nicht zu beantworten, weil „der behauptete Verstoß gegen [diesen Artikel] nicht unabhängig von der Frage eines Verstoßes gegen die Verkehrsfreiheiten geprüft werden kann“. Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 21. Dezember 2016, AGET Iraklis (C‑201/15, EU:C:2016:972, Rn. 65).


177      Unter einer direkten Enteignung versteht man Maßnahmen der Verstaatlichung oder des Besitzentzugs durch formelle Übertragung des Eigentums oder physische Beschlagnahme.


178      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008‑13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 261. Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. September 2011, Kommission/Slowakei (C‑264/09, EU:C:2011:580, Rn. 47 bis 50), in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Auflösung eines Vertrags der Slowakischen Republik mit einem Schweizer Investor durch die Slowakische Republik – erforderlich, um ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. 2003, L 176, S. 37) nachzukommen – eine Enteignung im Sinne von Art. 6 des BIT Schweiz/Slowakei darstellen könnte.


179      Vgl. in diesem Sinne Zusammenfassung der einschlägigen internationalen Rechtsprechung, verfügbar in Yannaca-Small, K., „‚Indirect expropriation‘ and the ‚Right to Regulate‘ in International Investment Law“, OECD Working Papers on International Investment2004/04, S. 10 bis 20.


180      Vgl. z. B. Técnicas Medioambientales Tecmed/United Mexican States (ICSID Case No. ARB[AF]/00/2), Schiedsspruch vom 29. Mai 2003, Rn. 114, und Generation Ukraine/Ukraine (ICSID Case No. ARB/00/9), Schiedsspruch vom 16. September 2003, Rn. 20.22.


181      Die zyprische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung auf die Rn. 62 bis 76 des Urteils vom 20. September 2016, Ledra Advertising u. a./Kommission und EZB (C‑8/15 P bis C‑10/15 P, EU:C:2016:701), Bezug genommen, in dem der Gerichtshof nur über die Frage befunden hat, ob die Kommission dadurch, dass sie im Namen des ESM das Memorandum of understanding unterzeichnet hatte, das in Art. 17 Abs. 1 der Charta verbürgte Eigentumsrecht der Kläger verletzt hatte. Über die Frage, ob eine Verletzung dieses Rechts durch die Republik Zypern vorlag, ist nicht entschieden worden, da die Charta jedenfalls für die Mitgliedstaaten nicht außerhalb der Durchführung des Unionsrechts gilt (vgl. Rn. 67 des Urteils).


182      Vgl. Gutachten 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123, Rn. 63 bis 89), 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 183) und 2/15 (Freihandelsabkommen mit Singapur) vom 16. Mai 2017 (EU:C:2017:376, Rn. 301).


183      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Februar 1963, van Gend & Loos (26/62, EU:C:1963:1, S. 12), vom 15. Juli 1964, Costa (6/64, EU:C:1964:66, S. 593), vom 17. Dezember 1970, Internationale Handelsgesellschaft (11/70, EU:C:1970:114, Rn. 3), Gutachten 1/91 (EWR-Abkommen I) vom 14. Dezember 1991 (EU:C:1991:490, Rn. 21) und 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems), vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123, Rn. 65), Urteil vom 26. Februar 2013, Melloni (C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 59), und Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 166).


184      Vgl. Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 168).


185      Vgl. Urteil vom 16. Juli 1998, Oelmühle und Schmidt Söhne (C‑298/96, EU:C:1998:372, Rn. 23), sowie Gutachten 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123, Rn. 68) und 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 173).


186      Vgl. Art. 19 Abs. 1 EUV. Vgl. auch Gutachten 1/91 (EWR-Abkommen I) vom 14. Dezember 1991 (EU:C:1991:490, Rn. 35), Urteil vom 13. März 2007, Unibet (C‑432/05, EU:C:2007:163, Rn. 38), sowie Gutachten 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123, Rn. 66 und 68) und 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 173).


187      Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 176). Siehe in diesem Sinne auch Urteile vom 16. Januar 1974, Rheinmühlen-Düsseldorf (166/73, EU:C:1974:3, Rn. 2 und 3), und vom 12. Juni 2008, Gourmet Classic (C‑458/06, EU:C:2008:338, Rn. 20), sowie Gutachten 1/09 (Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems) vom 8. März 2011 (EU:C:2011:123, Rn. 83).


188      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269, Rn. 36 bis 39), vom 28. März 2000, Krombach (C‑7/98, EU:C:2000:164, Rn. 21), vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 304), und Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 172). Für eine genauere Untersuchung des Begriffs der europäischen öffentlichen Ordnung verweise ich auf meine Schlussanträge in den Rechtssachen Gazprom (C‑536/13, EU:C:2014:2414, Nrn. 166 bis 177) und Genentech (C‑567/14, EU:C:2016:177, Nrn. 55 bis 72), die ebenfalls Schiedssprüche betreffen.


189      United Nations Treaty Series, Bd. 330, S. 3.


190      Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107, Rn. 14). Siehe in diesem Sinne auch Urteile vom 27. April 1994, Almelo (C‑393/92, EU:C:1994:171, Rn. 22 und 23), und vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269, Rn. 32).


191      Urteil vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269, Rn. 33). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 23. März 1982, Nordsee (102/81, EU:C:1982:107, Rn. 15).


192      Vgl. in diesem Sinne Nrn. 59 bis 62 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Genentech (C‑567/14, EU:C:2016:177).


193      Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 21. Mai 2015, CDC Hydrogen Peroxide (C‑352/13, EU:C:2015:335, Rn. 57 bis 72), in dem der Gerichtshof der Auffassung von Generalanwalt Jääskinen in Nr. 124 seiner Schlussanträge in der Rechtssache CDC Hydrogen Peroxide (C‑352/13, EU:C:2014:2443) nicht gefolgt ist, nach der die Verweisung auf die Schiedsgerichtsbarkeit als solche Art. 101 AEUV beeinträchtigen könne.


194      Vgl. Urteil vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269, Rn. 37 und 40).


195      Vgl. Achmea BV (formerly Eureko BV)/The Slovak Republic (UNCITRAL) (PCA Case No. 2008-13), Schiedsspruch vom 26. Oktober 2010 über die Zuständigkeit, die Schiedsfähigkeit und die Aussetzung, Rn. 16.


196      Vgl. Art. V Abs. 1 Buchst. d des New Yorker Übereinkommens, was der Fall sein könnte, wenn ein Schiedsgericht, entgegen Art. 8 Abs. 6 des genannten BIT, das Unionsrecht nicht beachtet.


197      Vgl. Art. V Abs. 2 Buchst. b des New Yorker Übereinkommens und Urteil vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269, Rn. 38).


198      Vgl. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d und Nr. 2 Buchst. b ZPO.


199      Vgl. Art. 53 Abs. 1 dieser Konvention. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass diese Bedenken die Unionsorgane nicht daran gehindert haben, sich nach Art. 9.16 des Freihandelsabkommens EU–Singapur für das ICSID als Schiedseinrichtung zu entscheiden.


200      Auch in diesem Fall könnte eine Gefahr tatsächlich nur bestehen, wenn der in dem Schiedsverfahren beklagte Mitgliedstaat Aktiva im Hoheitsgebiet eines Drittstaats hätte, dem keine völkerrechtlichen Immunitäten für ausländische Staaten gewährt würden. Auch wenn der Schiedsort in einem Drittstaat festgelegt würde und/oder die Anerkennung und Vollstreckung in einem Drittstaat beantragt würden, könnte der Investor tatsächlich nicht umhin, die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs vor den Gerichten des beklagten Mitgliedstaats zu beantragen.


201      Vgl Electrabel SA/The Republic of Hungary (ICSID Case No. ARB/07/19), Entscheid vom 30. November 2012 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die Haftung, Rn. 4.160 bis 4.162.


202      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juni 1999, Eco Swiss (C‑126/97, EU:C:1999:269), und vom 7. Juli 2016, Genentech (C‑567/14, EU:C:2016:526) sowie Urteil des Schweizer Bundesgerichts vom 8. März 2006, 4P.278/2005, betreffend den Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs, der in der Schweiz zwischen zwei italienischen Gesellschaften wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts der Union ergangen ist.


203      Vgl. Schiedsverfahren zwischen Gazprom und dem litauischen Energieministerium, um das es in der Rechtssache ging, in der das Urteil vom 13. Mai 2015, Gazprom (C‑536/13, EU:C:2015:316), ergangen ist.


204      Die meisten Schiedssprüche sind veröffentlicht, während dies bei der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit nicht der Fall ist. Es ist daher noch schwerer, zu prüfen, ob eine Verletzung des Unionsrechts vorliegt.


205      Gutachten 2/13 (Beitritt der Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 191 und die dort angeführte Rechtsprechung).


206      Vgl. in diesem Sinne Bundesverfassungsgericht (Deutschland), Beschluss des Zweiten Senats vom 8. Mai 2007, 2 BvM 1/03, ECLI:DE:BVerfG:2007:ms20070508.2bvm000103, Rn. 54.


207      Vgl. Nr. 206 der vorliegenden Schlussanträge.


208      Vgl. meine Beispiele in den Nrn. 42 und 43 der vorliegenden Schlussanträge.


209      Vgl. Vermerk der Französischen Botschaft in Deutschland vom 1. März 2017 über ausländische Direktinvestitionen in Deutschland in den Jahren 2014/2015, der auf der Grundlage der statistischen Angaben der UNCTAD und der Deutschen Bundesbank erstellt wurde, abrufbar auf der Website http://www.tresor.economie.gouv.fr/File/434035. Vgl. insbesondere Tabelle 5.