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Klage, eingereicht am 5. August 2013 – T & L Sugars und Sidul Açúcares/Kommission

(Rechtssache T-411/13)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Klägerinnen: T & L Sugars Ltd (London, Vereinigtes Königreich) und Sidul Açúcares, Unipessoal Lda (Santa Iria de Azóia, Portugal) (Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt D. Waelbroeck und D. Slater, Solicitor)

Beklagte: Europäische Kommission und Europäische Union, in der vorliegenden Rechtssache vertreten durch die Europäische Kommission

Anträge

Die Klägerinnen beantragen,

eine Reihe von Verordnungen der Kommission für nichtig zu erklären, die für Rohrzuckerraffinerien einen Wettbewerbsnachteil begründen, insbesondere i) die Verordnungen Nr. 505/20131 und Nr. 629/20132 mit Sondermaßnahmen für das Inverkehrbringen von Nichtquotenzucker und Nichtquotenisoglucose auf dem Markt der Europäischen Union mit verringerter Überschussabgabe im Wirtschaftsjahr 2012/13, ii) die Verordnungen Nr. 574/20133 und Nr. 677/20134 zur Festsetzung eines Zuteilungskoeffizienten für die verfügbaren Mengen Nichtquotenzucker, die verringerter Überschussabgabe auf dem EU-Markt verkauft werden sollen sowie iii) die Verordnungen Nr. 460/20135 über den Mindestzollsatz, der für die dritte Teilausschreibung festzusetzen ist, und Nr. 542/20136 über den Mindestzollsatz, der für die vierte Teilausschreibung festzusetzen ist, und die Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art. 277 AEUV gegen die Verordnung Nr. 36/20137 zur Eröffnung einer Dauerausschreibung für das Wirtschaftsjahr 2012/13 für Einfuhren von Zucker der KN-Codes 1701 14 10 und 1701 99 10 zu einem ermäßigten Zollsatz für zulässig und begründet zu erklären.

hilfsweise, die Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art. 277 AEUV gegen die Verordnungen Nr. 505/2013 und Nr. 629/2013 für zulässig und begründet zu erklären,

nach Art. 277 AEUV die Rechtswidrigkeit von Art. 186 Buchst. a der Verordnung Nr. 1234/20078 (neugefasste Verordnung) festzustellen, soweit die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 318/20069 nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden,

die Europäische Union, vertreten durch die Kommission, zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihnen dadurch entstanden ist, dass die Kommission ihren rechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, und den Betrag des Ersatzes für den Schaden, der ihnen in der Zeit vom 1. April 2013 bis 30. Juni 2013 entstanden ist, auf 42 261 036 Euro zuzüglich weiterer Verluste, die ihnen nach diesem Zeitpunkt entstanden sind, oder einen anderen Betrag festzusetzen, der dem ihnen entstandenen oder noch entstehenden Schaden entspricht, den sie im Laufe dieses Verfahrens nachweisen werden, insbesondere um künftige Schäden angemessen zu berücksichtigen, wobei zu allen diesen Beträgen Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt der Verkündung des –der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung der Klage machen die Klägerinnen acht Klagegründe geltend.

Erster Klagegrund: Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, da zum einen die Verordnungen Nr. 505/2013 und Nr. 629/2013 feste, allgemein anwendbare Überschussabgaben von 177 Euro bzw. 148 Euro pro Tonne d. h. weniger als die Hälfte der üblichen 500 Euro pro Tonne – für bestimmte Zuckermengen (insgesamt 300 000 Tonnen) vorsähen, die gleichmäßig nur zwischen den antragstellenden Zuckerrübenerzeugern aufgeteilt würden. Zum anderen enthalte die Verordnung Nr. 36/2013 einen unbekannten, unvorhersehbaren Zollsatz, der nur auf erfolgreiche Auktionsteilnehmer (wobei es sich um Rohrzuckerraffinerien, Zuckerrübenerzeuger oder jeden Dritten handeln könne) anwendbar sei, und einen unbestimmten Gesamtbetrag.

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen die neugefasste Verordnung und Fehlen einer geeigneten Rechtsgrundlage, da die Kommission im Hinblick auf die Verordnungen Nr. 505/2013 und Nr. 629/2013 in keiner Weise befugt sei, die Quoten zu erhöhen. Vielmehr sei sie verpflichtet, hohe, abschreckende Abgaben auf den Absatz von Nichtquotenzucker auf dem EU-Markt zu erheben. In Bezug auf die Auktionen habe die Kommission eindeutig weder den Auftrag noch die Befugnis, eine derartige, in den zugrunde liegenden Rechtsvorschriften nie in Betracht gezogene Maßnahme zu erlassen.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, da die Kommission ein System geschaffen habe, in dem Zollsätze nicht vorhersehbar seien und nicht durch die Anwendung dauerhafter, objektiver Kriterien festgesetzt würden, sondern von der individuellen Zahlungsbereitschaft (darüber hinaus von Beteiligten, die in dieser Hinsicht ganz unterschiedlichen Belastungen und Anreizen unterworfen seien) bestimmt würden, ohne dass ein tatsächlicher Zusammenhang zu den tatsächlich importierten Erzeugnissen bestehe.

Vierter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Kommission ohne Schwierigkeiten weniger einschneidende Maßnahmen zur Bekämpfung des Versorgungsmangels hätte erlassen können, die nicht ausschließlich importierende Raffinerien benachteiligt hätten.

Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, da bei den Klägerinnen die berechtigte Erwartung geweckt worden sei, dass die Kommission von den Mitteln der Verordnung Nr. 1234/2007 Gebrauch machen werde, um die Versorgung mit zur Raffinierung bestimmtem rohem Rohrzucker wiederherzustellen. Bei ihnen sei auch die berechtigte Erwartung geweckt worden, dass die Kommission das Gleichgewicht zwischen einführenden Raffinerien und inländischen Zuckererzeugern bewahren werde.

Sechster Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Sorgfalt, der Gewissenhaftigkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung, da die Kommission bei der Verwaltung des Zuckermarkts wiederholt grundlegende Fehler begangen und sich selbst widersprochen habe, was bestens zeige, dass ihr das Verständnis für maßgebliche Marktmechanismen fehle. So sei beispielsweise ihre Bilanz – die eine der wichtigsten Mittel für Inhalt und Zeitplan der Marktintervention darstelle – grob falsch gewesen und habe auf fehlerhafter Methode beruht. Außerdem seien die von der Kommission ergriffenen Maßnahmen im Lichte des Versorgungsmangels offenkundig ungeeignet.

Siebter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 39 AEUV, da die Kommission zwei der in dieser Bestimmung des Vertrags vorgesehenen Ziele nicht erreicht habe.

Achter Klagegrund: Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1006/2011 des Rates10 . Die auf Weißzucker angewandten Zölle seien nur geringfügig höher als jene für Rohzucker, wobei der Unterschied bei nur 20 Euro pro Tonne liege. Dies stehe in scharfem Kontrast zu dem Unterschied von 80 Euro, der zwischen den in der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission festgesetzten Standardzollsätzen für die Einfuhr von raffiniertem Zucker (419 Euro) und für zur Raffination bestimmten Rohzucker (339 Euro) bestehe.

Daneben machen die Klägerinnen zur Stützung ihrer Schadensersatzforderung geltend, die Kommission habe durch ihr passives Verhalten und ihr unangemessenes Handeln in grober und offenkundiger Weise den ihr durch die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 eingeräumten Wertungsspielraum überschritten. Ferner stelle das Versäumnis der Kommission, geeignete Maßnahmen zu erlassen, eine offenkundige Verletzung eines Rechtssatzes dar, der „dem Einzelnen Rechte verleihen soll“. Insbesondere habe die Kommission gegen die allgemein in der EU geltenden Grundsätze der Rechtssicherheit, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, des Vertrauensschutzes und der Sorgfalt, der Gewissenhaftigkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.

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1 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 505/2013 der Kommission vom 31. Mai 2013 mit weiteren Sondermaßnahmen für das Inverkehrbringen von Nichtquotenzucker und Nichtquotenisoglucose auf dem Markt der Europäischen Union mit verringerter Überschussabgabe im Wirtschaftsjahr 2012/13 (ABl. L 147, S. 3).

2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 629/2013 der Kommission vom 28. Juni 2013 mit weiteren Sondermaßnahmen für das Inverkehrbringen von Nichtquotenzucker und Nichtquotenisoglucose auf dem Markt der Europäischen Union mit verringerter Überschussabgabe im Wirtschaftsjahr 2012/13 (ABl. L 179, S. 55).

3 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 574/2013 der Kommission vom 19. Juni 2013 zur Festsetzung eines Zuteilungskoeffizienten für die verfügbaren Mengen Nichtquotenzucker, die im Wirtschaftsjahr 2012/13 mit verringerter Überschussabgabe auf dem Markt der Europäischen Union verkauft werden sollen (ABl. L 168, S. 29).

4 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 677/2013 der Kommission vom 16. Juli 2013 zur Festsetzung eines Zuteilungskoeffizienten für die verfügbaren Mengen Nichtquotenzucker, die im Wirtschaftsjahr 2012/13 mit verringerter Überschussabgabe auf dem Markt der Europäischen Union verkauft werden sollen (ABl. L 194, S. 5).

5 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 460/2013 der Kommission vom 16. Mai 2013 über den Mindestzollsatz für Zucker, der für die dritte Teilausschreibung im Rahmen des mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 36/2013 eröffneten Ausschreibungsverfahrens festzusetzen ist (ABl. L 133, S. 20).

6 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 542/2013 der Kommission vom 13. Juni 2013 über den Mindestzollsatz für Zucker, der für die vierte Teilausschreibung im Rahmen des mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 36/2013 eröffneten Ausschreibungsverfahrens festzusetzen ist (ABl. L 162, S. 7).

7 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 36/2013 der Kommission vom 18. Januar 2013 zur Eröffnung einer Dauerausschreibung für das Wirtschaftsjahr 2012/13 für Einfuhren von Zucker der KN-Codes 17011410 und 17019910 zu einem ermäßigten Zollsatz (ABl. L 16, S. 7).

8 Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. L 299, S. 1).

9 Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 58, S. 1).

10 Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27. September 2011 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 282, S. 1).