Language of document : ECLI:EU:T:2020:403

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

9. September 2020 (*)

„Unionsmarke – Anmeldung einer Unionsbildmarke, die ein Rechteck mit drei farbigen Segmenten darstellt – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑81/20

Anne-Marie Klose, wohnhaft in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin I. Seher,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Söder als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 12. Dezember 2019 (Sache R 1955/2019-2) über die Anmeldung eines Bildzeichens, das ein Rechteck mit drei farbigen Segmenten darstellt, als Unionsmarke,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann (Berichterstatter) sowie der Richterin O. Spineanu-Matei und des Richters R. Mastroianni,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 11. Februar 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 15. April 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 6. Februar 2019 meldete die Klägerin, Frau Anne-Marie Klose, nach der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Es wurden folgende Waren der Klassen 9, 18, 20, 25 und 31 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Reithüte; Reithelme“;

–        Klasse 18: „Pferdeumhang; Pferdesattel; Pferdedecken; Pferdekomete; Pferdehalfter; Pferdekleidung; Pferdegeschirre; Pferdegamaschen; Pferdebandagen; Zaumgebisse; Führungsleinen; Longierleinen für Pferde; Pferdeharnische; Pferdegesichtsmasken; Pferdezaumzeug; Pferdestirnbänder; Schweifschoner; Bekleidung für Pferde; Beschläge aus Eisen für Pferdegeschirre; Accessoires für Pferde, nämlich Fliegenhauben und Fliegenmasken; Reitpeitschen; Reitgerten; Taschen“;

–        Klasse 20: „Möbel und Einrichtungsgegenstände; Bilderrahmen“;

–        Klasse 25: „Reithosen; Reitmäntel; Reitschuhe; Reitstiefel; Bekleidungsstücke für den Reitsport [ausgenommen Reithelme], insbesondere Reitjacken; Accessoires für Reiter, nämlich Gürtel, Handschuhe, Plastrons, Strümpfe; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“;

–        Klasse 31: „Pferdefutter; Leckerbissen für Pferde“.

4        Mit Entscheidung vom 9. Juli 2019 wies der Prüfer die Anmeldung der in Rede stehenden Marke auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zurück.

5        Am 3. September 2019 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers beim EUIPO Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein.

6        Mit Entscheidung vom 12. Dezember 2019 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Zunächst führte die Beschwerdekammer aus, dass im Hinblick auf die Mehrzahl der in Rede stehenden Waren die für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke maßgeblichen Verkehrskreise aus Pferdehaltern und reitsportinteressierten Personen bestünden, die eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit an den Tag legten. Die anderen Waren, die in die Klasse 20 fielen, seien keine Alltagswaren; die Verkehrskreise würden bezüglich dieser Waren ebenfalls eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit zugrunde legen. Sodann prüfte die Beschwerdekammer die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren und teilte diese dabei in zwei Gruppen ein. Nach Ansicht der Beschwerdekammer weist das angemeldete Zeichen nicht auf den betrieblichen Ursprung der Waren hin. Schließlich wies die Beschwerdekammer das Vorbringen der Klägerin zum Bestehen von Voreintragungen zurück. Aus diesen Gründen kam sie zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft aufweise.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben,

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 rügt.

10      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

11      Unterscheidungskraft einer Marke bedeutet, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

12      Die unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 fallenden Marken werden als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, nämlich die betriebliche Herkunft der betreffenden Ware zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, EU:T:2002:41, Rn. 37, und vom 29. September 2009, The Smiley Company/HABM [Darstellung eines halben Smileys], T‑139/08, EU:T:2009:364, Rn. 14).

13      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Im vorliegenden Fall beanstandet die Klägerin nicht die von der Beschwerdekammer für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke herangezogene Definition der maßgeblichen Verkehrskreise, nämlich zum einen Pferdehalter und reitsportinteressierte Personen sowie zum anderen die breite Öffentlichkeit, wobei diese beiden Kategorien nach Ansicht der Beschwerdekammer eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit an den Tag legen.

15      In einem ersten Schritt hat die Beschwerdekammer die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Hinblick auf folgende Waren geprüft:

–        Klasse 9: „Reithüte; Reithelme“;

–        Klasse 18: „Pferdeumhang; Pferdesattel; Pferdedecken; Pferdekomete; Pferdehalfter; Pferdekleidung; Pferdegeschirre; Pferdegamaschen; Pferdebandagen; Führungsleinen; Longierleinen für Pferde; Pferdegesichtsmasken; Pferdezaumzeug; Pferdestirnbänder; Schweifschoner; Bekleidung für Pferde; Accessoires für Pferde, nämlich Fliegenhauben und Fliegenmasken; Reitpeitschen; Reitgerten; Taschen“;

–        Klasse 20: „Möbel und Einrichtungsgegenstände; Bilderrahmen“;

–        Klasse 25: „Reithosen; Reitmäntel; Reitschuhe; Reitstiefel; Bekleidungsstücke für den Reitsport [ausgenommen Reithelme], insbesondere Reitjacken; Accessoires für Reiter, nämlich Gürtel, Handschuhe, Plastrons, Strümpfe; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“.

16      Nach Ansicht der Beschwerdekammer können diese Waren in unterschiedlicher gestalterischer Aufmachung, insbesondere unterschiedlichen Mustern und Farben, angeboten werden.

17      Die Beschwerdekammer hat im Wesentlichen ausgeführt, die Ausstattung mit vielfältigen grafischen Elementen sei besonders geläufig bei Möbeln, Taschen und Bekleidungsstücken, auch solchen für Reiter oder Pferde. Insbesondere könnten Kindermöbel oder Bilderrahmen bunte Farb- oder Zierelemente aufweisen. Darüber hinaus seien im Reitsport Farben und Muster als Gestaltungsmittel, die etwa eine Team- oder Stallzugehörigkeit zum Ausdruck bringen sollten, weit verbreitet; auch Gerten oder Zaumzeug würden in unterschiedlichsten Farb- und Gestaltungsvarianten angeboten.

18      Die angemeldete Marke könne überdies als Stoff- oder Materialmuster eingesetzt werden oder unter Berücksichtigung ihrer Konturen im Bereich der Bekleidung ein „gestalterisches Merkmal einer derartigen Aufmachung“ bilden, etwa eines auf der Vorderseite oder den Ärmeln einer Jacke oder an den Seiten einer Hose aufgetragenen Musters.

19      Zudem weiche die konkrete Gestaltung der angemeldeten Marke nicht erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit ab, da Streifenmuster einfache Formen seien, die ganz gebräuchlich als Mittel zur Gestaltung von Bekleidung und auch von Möbeln oder Bilderrahmen eingesetzt würden. Dabei erschöpfe sich die Aufteilung in drei vertikale Streifen mit identischer Höhe und Breite in einem einfachen herkömmlichen Element der Warengestaltung. Die Wahl der Farben Orange und Grün sowie ihre Kombination entsprechend der Darstellung der angemeldeten Marke verfüge über keinerlei Auffälligkeit oder merkfähiges Merkmal, die von einer bloßen Aufmachung der Waren, auf denen sie angebracht werde, wegführen würde. Die Farben Orange und Grün seien auch in ihrer Kombination verbreitete oder jedenfalls ohne Weiteres für die äußere Gestaltung dieser Produkte naheliegende Farben. Im Reitsport könne die Farbe Grün sinnvoll Assoziationen zur Natur hervorrufen, während Orange Aufmerksamkeit hervorrufen könne, was hier sogar eine sicherheitsrelevante Bewandtnis haben könne. Schließlich könne die angemeldete Marke in Anbetracht ihrer Formstrenge und der Beschränkung auf zwei Farben auf dem Gebiet des Reitsports auch naheliegend den Eindruck eines heraldischen Zierelements hervorrufen.

20      In einem zweiten Schritt hat die Beschwerdekammer die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Hinblick auf die anderen Waren geprüft, für die sie angemeldet worden war, nämlich:

–        Klasse 18: „Zaumgebisse; Pferdeharnische; Beschläge aus Eisen für Pferdegeschirre“;

–        Klasse 31: „Pferdefutter; Leckerbissen für Pferde“.

21      Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass das angemeldete Zeichen nach Form, Muster und Farbwahl eine sehr einfache grafische Gestaltung repräsentiere, die ohne Weiteres auf einer Verpackung dieser Waren appliziert sein könne und dort lediglich als gefälliges Zierelement wahrgenommen werde. Dies gelte umso mehr, als im Bereich des Reitwesens Stil und Tradition gepflegt würden. Unter diesen Umständen halte sich die angemeldete Marke im Bereich üblichen Dekors.

22      Die Klägerin macht als Erstes geltend, die angemeldete Marke sei hinreichend unterscheidungskräftig, um als Unionsmarke eingetragen werden zu können. Sie stützt diese Behauptung erstens darauf, dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine Bildmarke handele, die mit ihren Konturen beurteilt werden müsse, so dass sie nach ihrer Anbringung auf den in Rede stehenden Waren einem einzigen orange-grün-orange gestreiften Muster entspreche. Dagegen dürfe nicht angenommen werden, dass die in Rede stehenden Waren komplett mit der Marke bedeckt seien.

23      Wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin mit diesem Vorbringen rügen will, die Beschwerdekammer habe nicht die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke, so wie sie angemeldet worden sei, beurteilt, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer ganz im Gegenteil die grafische Darstellung der angemeldeten Marke, wie sie von der Klägerin beschrieben wurde, berücksichtigt hat. In Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer nämlich der „rechteckigen Ausbildung“ dieser Marke und ihrer „konkreten Bildkontur“ Rechnung getragen, als sie die Ansicht vertreten hat, dass diese ohne Weiteres als Stoff- oder Materialmuster eingesetzt und für Bekleidung als „auf [einem Bekleidungsstück] aufgetragenes Muster“ verwendet werden könne. Außerdem hat die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass „Streifenmuster“ ganz gebräuchliche, einfache Formen seien, dass sich „die Aufteilung … in drei vertikale Streifen mit identischer Höhe und Breite“ in einem einfachen herkömmlichen Element der Warengestaltung erschöpfe und dass die „Farbwahl Orange-Grün-Orange“ über keinerlei Auffälligkeit oder merkfähiges Merkmal verfüge.

24      Daher ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

25      Zweitens macht die Klägerin geltend, das Vorhandensein eines Farbstreifens wie dem von der angemeldeten Marke dargestellten auf den in Rede stehenden Waren stelle einen von den maßgeblichen Verkehrskreisen erkennbaren Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren dar. Insbesondere sei es üblich, Möbel und Einrichtungsgegenstände in neutralen Farben, wie etwa Schwarz, Weiß oder Naturfarben, anzubieten. Daher sei es ungewöhnlich, Möbel mit einem Streifen wie dem von der angemeldeten Marke dargestellten zu sehen. Darüber hinaus seien Zaumgebisse und Beschläge für Pferdegeschirre sowie Pferdeleckerbissen in der Regel nicht farblich gestaltet, so dass die Anbringung der angemeldeten Marke auf diesen Waren zur einem Wiedererkennungseffekt bei den Verbrauchern führe.

26      Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin mit diesem Vorbringen geltend machen möchte, dass es ungewöhnlich oder originell sei, auf den in Rede stehenden Waren einen Streifen aus drei Farben in einem Rechteck wie der angemeldeten Marke anzubringen.

27      Nach der Rechtsprechung hängt die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke nicht von der Feststellung eines bestimmten Niveaus der sprachlichen oder künstlerischen Kreativität oder Einbildungskraft des Markeninhabers ab. Es genügt, dass die Marke es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, die Herkunft der durch diese Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu erkennen und diese von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteil vom 16. September 2004, SAT.1/HABM, C‑329/02 P, EU:C:2004:532, Rn. 41).

28      Im vorliegenden Fall sind jedoch, wie die Beschwerdekammer zu Recht ausgeführt hat, zum einen farbige Streifen in einem Rechteck einfache Formen, die ganz gebräuchlich als Elemente zur Gestaltung von Bekleidung und von Möbeln oder Bilderrahmen eingesetzt werden; zum anderen führen die Einfachheit der rechteckigen Form, die Aufteilung in drei vertikale Streifen mit identischer Höhe und Breite sowie die Farben dieser Streifen dazu, dass das angemeldete Zeichen lediglich als einfaches herkömmliches Element der Gestaltung der Waren, die mit ihm versehen werden, wahrgenommen wird.

29      Daher wird die angemeldete Marke, auch wenn sie nicht originell oder fantasievoll zu sein hat, aufgrund ihrer sehr einfachen Form und der Farben innerhalb dieser Form von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrgenommen werden, auf denen sie angebracht werden soll. Somit ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass es ungewöhnlich sei, einen Streifen wie den durch die angemeldete Marke dargestellten auf Möbeln und Einrichtungsgegenständen oder Zaumgebissen und Beschlägen für Pferdegeschirre sowie Pferdeleckerbissen vorzufinden.

30      Darüber hinaus beruhen diese Behauptungen zum einen weder auf einem objektiven Anhaltspunkt noch auf einem Anfangsbeweis und scheinen zum anderen im Widerspruch zum allgemeinen Vorbringen zu stehen, mit dem die Klägerin geltend macht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise daran gewöhnt seien, aus drei Farben bestehende Bildzeichen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren wahrzunehmen.

31      Hinsichtlich des letztgenannten Vorbringens ist festzustellen, dass sich die Klägerin auf zwei Fotografien stützt, die nach ihren Angaben einen Schal und eine Handtasche mit einem aus drei farbigen Streifen bestehenden Bildzeichen zeigen. Diesen Fotografien kommt jedoch eine sehr geringe Beweiskraft zu. Abgesehen davon, dass ihr Ursprung unbekannt ist und es Schwierigkeiten bereitet, das auf den Waren dargestellte Zeichen zu erkennen, weist nämlich eine dieser Waren ein zusätzliches, ein Insekt darstellendes Bildzeichen auf, während die andere Ware neben einem Wortzeichen fotografiert ist. Daher vermag das nicht hinreichend untermauerte Vorbringen der Klägerin nicht darzutun, dass die angemeldete Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren wahrgenommen werde.

32      Drittens macht die Klägerin die Hochwertigkeit und die gehobenen Preise der in Rede stehenden Waren geltend, um daraus abzuleiten, dass die maßgeblichen Verkehrskreise üblicherweise nach bestimmten Marken suchten, die auf diesen Waren angebracht seien, und daher die angemeldete Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren wiedererkennen würden. Als Beispiel nennt die Klägerin eine andere, auf hochpreisigen Waren oder Luxusgütern angebrachte Marke.

33      Auch wenn nicht ausgeschlossen ist, dass die maßgeblichen Verkehrskreise den Stil, die Qualität, die Verarbeitung und den Preis der in Rede stehenden Waren bei deren Kauf beurteilen können, ergibt sich im vorliegenden Fall aus der Beschreibung der genannten Waren, die in der Anmeldung enthalten ist, nicht, dass es sich zwangsläufig um Luxusgüter oder um Waren von hohem Niveau oder mit einem gehobenen Preis handelt.

34      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass außerhalb des Rechts aus der Unionsmarke liegende Umstände, insbesondere der Preis der Waren, für die die Marke beantragt wird, nicht Teil des Registereintrags werden und folglich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke nicht berücksichtigt werden können (vgl. Urteil vom 12. September 2007, Neumann/HABM [Form eines Mikrofonkorbs], T‑358/04, EU:T:2007:263, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Daher ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

36      Folglich ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der angemeldeten Marke für die in Rede stehenden Waren die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 fehle.

37      Als Zweites macht die Klägerin zum einen geltend, dass ein mit der angemeldeten Marke identisches Zeichen in Deutschland für sie eingetragen worden sei; zum anderen beruft sich die Klägerin auf Voreintragungen von Bildmarken, die ihrer Ansicht nach der angemeldeten Marke ähneln. Insoweit rügt sie einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

38      Zur Geltendmachung eines in Deutschland eingetragenen identischen Zeichens ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsregelung für Marken ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und Zielsetzungen verfolgt, die ihm eigen sind. Seine Anwendung ist von jedem nationalen System unabhängig, und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO ist ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 in ihrer Auslegung durch den Unionsrichter zu beurteilen (vgl. Urteil vom 17. Juli 2008, L & D/HABM, C‑488/06 P, EU:C:2008:420, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher sind das EUIPO und gegebenenfalls der Unionsrichter nicht an eine auf der Ebene eines Mitgliedstaats oder gar eines Drittlands ergangene Entscheidung gebunden, in der die Eintragungsfähigkeit desselben Zeichens als nationale Marke bejaht wird (Urteil vom 27. Februar 2002, Streamserve/HABM [STREAMSERVE], T‑106/00, EU:T:2002:43, Rn. 47).

39      Der Umstand, dass ein identisches Zeichen in Deutschland eingetragen wurde, kann daher auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung keinen Einfluss haben.

40      Zur Berufung auf Voreintragungen anderer Bildmarken als Unionsmarken ist darauf hinzuweisen, dass die vom EUIPO gemäß der Verordnung 2017/1001 über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke zu treffenden Entscheidungen gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist daher allein auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer diesen Entscheidungen vorausgehenden Verwaltungspraxis zu beurteilen (Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65).

41      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den obigen Rn. 22 bis 36, dass die Klägerin kein Argument vorgebracht hat, das geeignet wäre, einen von der Beschwerdekammer bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke begangenen Fehler darzutun.

42      In Anbetracht der oben in Rn. 40 angeführten Rechtsprechung ist die Voreintragungen betreffende Argumentation der Klägerin daher zurückzuweisen.

43      Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

44      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Anne-Marie Klose trägt die Kosten.

Spielmann

Spineanu-Matei

Mastroianni

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. September 2020.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.