Language of document : ECLI:EU:C:2024:335

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

18. April 2024(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom – Richtlinie 2003/96/EG – Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich – Begriff ‚mineralogische Verfahren‘ – Elektrischer Strom, der für die Versorgung von Maschinen verwendet wird, die für die Verarbeitung von in Steinbrüchen abgebautem Kalkstein genutzt werden“

In der Rechtssache C‑133/23

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 27. Februar 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 6. März 2023, in dem Verfahren

Omya CZ s. r. o.

gegen

Generální ředitelství cel

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie des Richters N. Wahl und der Richterin M. L. Arastey Sahún (Berichterstatterin),

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch L. Halajová, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und J. Hradil als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 2003, L 283, S. 51).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Omya CZ s. r. o. (im Folgenden: Omya) und der Generální ředitelství cel (Generaldirektion Zoll, Tschechische Republik) über die Besteuerung des elektrischen Stroms, den Omya für die Verarbeitung von abgebautem Kalkstein verwendet.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 2003/96

3        Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie 2003/96 sieht vor:

„Diese Richtlinie gilt nicht für:

b)      … folgende Verwendungen von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom:

–        für mineralogische Verfahren[.]

Als mineralogische Verfahren gelten Verfahren, die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 9. Oktober 1990 betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft [(ABl. 1990, L 293, S. 1)] unter die NACE‑Klasse DI 26 ‚Verarbeitung nicht-metallischer Mineralien‘ fallen.

…“

 Verordnung (EG) Nr. 1893/2006

4        Die Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik (ABl. 2006, L 393, S. 1), die gemäß Art. 21 Abs. 2 ab dem 1. Januar 2008 gilt, bestimmt in Art. 1:

„(1)      Mit dieser Verordnung wird eine gemeinsame statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft, im Folgenden als ‚NACE Rev. 2‘ bezeichnet, aufgestellt. Diese Klassifikation gewährleistet die Relevanz der gemeinschaftlichen Klassifikationen für die wirtschaftliche Wirklichkeit und verbessert die Vergleichbarkeit zwischen nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Klassifikationen und somit auch von nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Statistiken.

(2)      Diese Verordnung gilt nur für die Verwendung der Klassifikation zu statistischen Zwecken.“

5        Art. 5 der Verordnung Nr. 1893/2006 sieht vor:

„Die Kommission [der Europäischen Gemeinschaften] gewährleistet in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Verbreitung, Pflege und Förderung der NACE Rev. 2, indem sie insbesondere

a)      Erläuterungen zur NACE Rev. 2 abfasst, aktualisiert und veröffentlicht,

b)      Anleitungen zur Einordnung statistischer Einheiten gemäß der NACE Rev. 2 erstellt und veröffentlicht,

c)      Korrespondenztabellen für die Entsprechungen zwischen der NACE Rev. 1.1 und der NACE Rev. 2 und zwischen der NACE Rev. 2 und der NACE Rev. 1.1 veröffentlicht und

d)      auf eine Verbesserung der Kohärenz mit anderen Sozial- und Wirtschaftsklassifikationen hinarbeitet.“

6        Abschnitt B („Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden“) Abteilung 08 („Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau“) der NACE Rev. 2 enthält die Gruppe 08.1 („Gewinnung von Natursteinen, Kies, Sand, Ton und Kaolin“), zu der die Klasse 8.11 („Gewinnung von Naturwerksteinen und Natursteinen, Kalk- und Gipsstein, Kreide und Schiefer“) gehört.

7        Abschnitt C („Verarbeitendes Gewerbe/[H]erstellung von Waren“) Abteilung 23 („Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden“) der NACE Rev. 2 entspricht der in der Verordnung Nr. 3037/90 genannten Kennzahl DI 26 und enthält u. a. die Gruppe 23.7 („Be- und Verarbeitung von Naturwerksteinen und Natursteinen a. n. g.“), zu der die identisch bezeichnete Klasse 23.70 gehört.

 Verordnung (EG) Nr. 451/2008

8        In Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 451/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Schaffung einer neuen statistischen Güterklassifikation in Verbindung mit den Wirtschaftszweigen (CPA) und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3696/93 des Rates (ABl. 2008, L 145, S. 65) heißt es:

„Mit dieser Verordnung wird eine neue gemeinsame [statistische Güterklassifikation in Verbindung mit den Wirtschaftszweigen (CPA)] in der Gemeinschaft aufgestellt, um die Relevanz in Bezug auf die wirtschaftliche Wirklichkeit und auf die Vergleichbarkeit zwischen nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Klassifikationen und somit auch von nationalen, gemeinschaftlichen und internationalen Statistiken zu gewährleisten.“

9        Die CPA ist im Anhang der Verordnung Nr. 451/2008 enthalten.

 Verordnung (EU) Nr. 1209/2014

10      Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1209/2014 der Kommission vom 29. Oktober 2014 zur Änderung der Verordnung Nr. 451/2008 (ABl. 2014, L. 336, S. 1) sieht vor:

„Der Anhang der Verordnung [Nr. 451/2008] erhält die Fassung des Anhangs der vorliegenden Verordnung.“

11      Der Anhang der Verordnung Nr. 1209/2014 umfasst u. a. Teil C („Hergestellte Waren“), in dem Abschnitt 23 („Glas- und Glaswaren, Keramik, verarbeitete Steine und Erden“) aufgeführt ist, zu dem die Gruppe 23.7 („Bearbeitete und verarbeitete Naturwerksteine und Natursteine, a.n.g.“) gehört. Darin findet sich die Klasse 23.70 („Bearbeitete und verarbeitete Naturwerksteine und Natursteine, a.n.g.“), die die Position 23.70.1 („Bearbeitete und verarbeitete Naturwerksteine und Natursteine, a.n.g.“) enthält, in der sich die Unterposition 23.70.11 („Bearbeiteter Marmor, Travertin und Alabaster und Erzeugnisse daraus [außer Pflastersteinen, Bordsteinen, Pflasterplatten, Fliesen, Würfeln und dergleichen]; Körnungen, Splitter und Mehl von Marmor, Travertin und Alabaster, künstlich gefärbt“) befindet.

 Erläuterungen

12      Teil I der von Eurostat in seiner Sammlung „Methodologies and Working papers“ veröffentlichten NACE Rev. 2 Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (im Folgenden: Erläuterungen) enthält u. a. folgende einleitende Leitlinien:

„…

48.      Eine Einheit kann eine oder mehrere Wirtschaftstätigkeiten ausüben, die in eine oder mehrere Kategorien der NACE fallen.

49.      Die Haupttätigkeit einer statistischen Einheit ist die Tätigkeit, die den größten Beitrag zur gesamten Wertschöpfung dieser Einheit leistet. Die Haupttätigkeit wird anhand der Top-down-Methode … bestimmt; es ist nicht zwingend erforderlich, dass die Haupttätigkeit 50 % oder mehr der gesamten Wertschöpfung der Einheit ausmacht.

58.      Jeder der in den statistischen Unternehmensregistern … verzeichneten Einheiten ist ein NACE‑Kode zugeordnet, und zwar gemäß ihrer Hauptwirtschaftstätigkeit. Die Haupttätigkeit ist die Tätigkeit, die den größten Beitrag zur Wertschöpfung dieser Einheit leistet. …“

13      In Teil IV der Erläuterungen wird zu den darin enthaltenen Abschnitten B und C u. a. ausgeführt:

„Abschnitt B -      Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden

Dieser Abschnitt umfasst die Gewinnung natürlich vorkommender fester (Kohle und Erze), flüssiger (Erdöl) und gasförmiger (Erdgas) mineralischer Rohstoffe. …

Er umfasst auch zusätzliche Tätigkeiten zur Aufbereitung von Rohstoffen für den Absatz, z. B. Zerkleinern, Mahlen, Waschen, Sortieren, Konzentration von Erzen, Verflüssigung von Erdgas und Brikettierung von festen Brennstoffen. Diese Tätigkeiten werden häufig von den Förderbetrieben selbst und/oder nahe der Förderstelle gelegenen Betrieben ausgeführt.

Dieser Abschnitt umfasst nicht:

–        Verarbeitung der gewonnenen Rohstoffe, s. Abschnitt C (Herstellung von Waren)

–        nicht im Zusammenhang mit dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden durchgeführtes Zerkleinern, Schleifen oder anderweitiges Behandeln bestimmter Gesteine, Minerale und Erden (s. 23.9)

08      Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau

Diese Abteilung umfasst neben dem Betrieb von Bergwerken und Steinbrüchen auch Baggern von Schwemmland, Zerkleinern von Steinen und Ausbeutung von Salzgärten. Die Erzeugnisse werden insbesondere verwendet beim Bau (z. B. Sand, Steine usw.), zur Herstellung von Baumaterial (z. B. Ton, Gips, Kalk usw.), Chemikalien usw.

Ausgeschlossen ist die Verarbeitung (außer Brechen, Mahlen, Schneiden, Waschen, Trocknen, Sortieren und Mischen) der gewonnenen Minerale.

Abschnitt C      Verarbeitendes Gewerbe/[H]erstellung von Waren

Dieser Abschnitt umfasst die mechanische, physikalische oder chemische Umwandlung von Stoffen oder Teilen in Waren. Freilich ist dieses Kriterium allein nicht ausreichend, um die Herstellung von Waren zu definieren (siehe weiter unten den Hinweis zur Verarbeitung von Abfällen[)]. Es handelt sich dabei um Roh[‑] oder Grundstoffe aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei und Fischzucht, Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden sowie um Erzeugnisse dieses Abschnitts selbst. Die wesentliche Änderung oder Neugestaltung von Waren wird generell unter Herstellung von Waren eingeordnet.

Das Ergebnis des Herstellungsverfahrens sind entweder Fertigwaren für den Gebrauch oder Verbrauch und Halbwaren zur weiteren Be- oder Verarbeitung. …

Hinweis: … Grundsätzlich beinhalten die Wirtschaftszweige des Abschnitts ‚Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren‘ die Umwandlung von Stoffen in neue Waren. Das Ergebnis ist ein neues Erzeugnis. …

… [Es] gibt … Tätigkeiten, die zwar gelegentlich Umwandlungsverfahren beinhalten, aber dennoch anderen NACE‑Abschnitten zugeordnet werden (oder, anders ausgedrückt, nicht zum Verarbeitenden Gewerbe/zur Herstellung von Waren zählen). …

23      Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden

Diese Abteilung umfasst die Herstellungstätigkeiten unter Verwendung eines einzigen Stoffs mineralischen Ursprungs. … Die Herstellung von be- und verarbeiteten Naturwerksteinen und Natursteinen und sonstigen Mineralerzeugnissen ist in diese Abteilung ebenfalls eingeordnet.

…“

 Tschechisches Recht

14      Nach Teil 47 § 8 Abs. 2 Buchst. f des Zákon č. 261/2007 Sb., o stabilizaci veřejných rozpočtů (Gesetz Nr. 261/2007 über die Stabilisierung der öffentlichen Haushalte, im Folgenden: Gesetz Nr. 261/2007) ist elektrischer Strom, der für mineralogische Verfahren bestimmt ist oder verwendet wird, von der Steuer befreit.

15      Gemäß Teil 47 § 2 Abs. 1 Buchst. g des Gesetzes Nr. 261/2007 sind „mineralogische Verfahren“ die in der NACE‑Klassifikation unter der Kennzahl C 23 („Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden“) aufgeführten Verfahren.

16      Nach Teil 47 § 2 Abs. 1 Buchst. e des Gesetzes Nr. 261/2007 ist unter „NACE‑Klassifikation“ die Systematik der Wirtschaftszweige gemäß der Verordnung Nr. 1893/2006 zu verstehen.

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

17      Omya ist eine Handelsgesellschaft tschechischen Rechts, die im Bereich des Abbaus und der Verarbeitung von Kalkstein, insbesondere von Marmor, tätig ist. Sie betreibt insoweit die Erschließung, die Aufbereitung und den Abbau eines exklusiven Kalksteinvorkommens in einem Steinbruch, in dem die primäre Zerkleinerung und die Sortierung des abgebauten Kalksteins stattfinden. Dieses Material wird dann mit Lastwagen zu ihren in der Nähe gelegenen Verarbeitungsbetrieben transportiert, in denen der abgebaute Kalkstein Verarbeitungsschritte durchläuft, um eine bestimmte Körnung zu erhalten. Das Material wird einer ersten Waschung, einer Trennung in feine und grobe Bestandteile und einer anschließenden Trocknung unterzogen. Danach wird der Kalkstein zerkleinert oder durch Trockenmahlung aufbereitet, um Kalksteingranulat zu erhalten, genauer feine und grobe Kalksteinfüller oder feine Kalksteinfüller mit einer veränderten Oberfläche. Um die zuletzt genannten Füller zu erhalten, greift Omya auf eine elektrische Heizeinrichtung zurück, die „Heißluft erwärmt“, in der feiner Kalksteinfüller mit Stearin vermischt wird.

18      Am 11. Juli 2019 stellte Omya auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 Buchst. f von Teil 47 des Gesetzes Nr. 261/2007 einen Antrag auf die in der tschechischen Regelung vorgesehene Erteilung einer Genehmigung für den Erwerb steuerbefreiten Stroms zur Verwendung für mineralogische Verfahren. Hierzu führte sie aus, dass sowohl die primären Tätigkeiten der Zerkleinerung und Sortierung im Steinbruch als auch die in den Verarbeitungsbetrieben durchgeführten Verfahrensschritte mineralogische Verfahren darstellten.

19      Das Celní úřad pro Olomoucký kraj (Zollamt der Region Olomouc, Tschechische Republik) lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Tätigkeiten, für die Omya eine Befreiung von der Stromsteuer beantragt habe, nicht unter Abschnitt C („Verarbeitendes Gewerbe/[H]erstellung von Waren“) Abteilung 23 („Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden“) der NACE Rev. 2 fielen, sondern unter Abschnitt B („Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden“), genauer unter Abteilung 08 („Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau“) Gruppe 08.1 („Gewinnung von Natursteinen, Kies, Sand, Ton und Kaolin“) Klasse 08.11 („Gewinnung von Naturwerksteinen und Natursteinen, Kalk- und Gipsstein, Kreide und Schiefer“) der NACE Rev. 2.

20      Die mit dem von Omya gegen die Entscheidung des Zollamts der Region Olomouc eingelegten Rechtsbehelf befasste Generaldirektion Zoll bestätigte diese Entscheidung, wobei sie allerdings einräumte, dass es sich bei dem in Rede stehenden Sachverhalt um einen Grenzfall handele. Das Mahlen und Zerkleinern von Gestein falle unter Abschnitt B der NACE Rev. 2, wenn sie Hilfstätigkeiten bei dessen Abbau darstellten, um beispielsweise das Gestein zu sortieren, seine Qualität zu verbessern oder seinen Transport zu erleichtern. Wenn es sich aber nicht um derartige Hilfstätigkeiten handele und sie Teil des Produktionsprozesses eines anderen Endprodukts wie etwa Zement oder Gips seien, fielen sie hingegen unter Abschnitt C der NACE Rev. 2. Nach Ansicht der Generaldirektion Zoll stehen das Trocknen, Mahlen und Zerkleinern durch Omya unmittelbar mit dem Kalksteinabbau im Zusammenhang. Es erfolge keine wesentliche Umwandlung des Rohstoffs, die zur Herstellung einer neuen Ware führen könne.

21      Omya erhob gegen die Entscheidung der Generaldirektion Zoll beim Krajský soud v Ostravě – pobočka v Olomouci (Regionalgericht Ostrava – Zweigstelle Olomouc, Tschechische Republik) Klage. Dieser hob die Entscheidung mit der Begründung auf, dass die in Rede stehende Tätigkeit ein mineralogisches Verfahren darstelle. Das Gericht ging unter Zugrundelegung der tschechischen Fassung der Erläuterungen davon aus, dass die Tätigkeit, die in der Herstellung von Marmorfüllern und ‑splittern bestehe, unter Abschnitt C („Verarbeitendes Gewerbe/[H]erstellung von Waren“) Abteilung 23 („Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden“) Klasse 23.70 („Bearbeitete und verarbeitete Naturwerksteine und Natursteine, a.n.g.“) der NACE Rev. 2 falle, da eine derartige Tätigkeit keine bloße Hilfstätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kalksteinabbau selbst sei.

22      Diese Beurteilung wird nach Ansicht des Krajský soud v Ostravě – pobočka v Olomouci (Regionalgericht Ostrava – Zweigstelle Olomouc) durch die tschechische statistische Klassifikation namens CZ-CPA bestätigt, die auf der Verordnung Nr. 1209/2014 beruhe und an die tschechische Fassung der NACE Rev. 2 angelehnt sei. Die Erzeugnisse aus den Tätigkeiten von Omya, also Marmorstaub (Füllstoffe) und Marmorsplitt (Granulate), seien in der tschechischen statistischen Klassifikation CZ-CPA nämlich in Abschnitt C („Hergestellte Waren“) Abteilung 23 („Sonstige Erzeugnisse aus nichtmetallischen Mineralien, einschließlich zugehöriger Dienstleistungen und Arbeiten“) Klasse 23.70 („Bearbeitete und verarbeitete Naturwerksteine und Natursteine, einschließlich Fremdbearbeitungsvorgängen“) als Produkt von Tätigkeiten nach Nr. 23.70.11 („Bearbeiteter Marmor, Travertin und Alabaster und Erzeugnisse daraus [außer Pflastersteinen, Bordsteinen, Fliesen, Würfeln und dergleichen]; Körnungen, Splitter und Mehl von Marmor, Travertin und Alabaster, künstlich gefärbt“) eingestuft.

23      Die Generaldirektion Zoll legte beim Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik), dem vorlegenden Gericht, Kassationsbeschwerde gegen das Urteil des Krajský soud v Ostravě – pobočka v Olomouci (Regionalgericht Ostrava – Zweigstelle Olomouc) ein, in deren Rahmen sie ihren Standpunkt und ihre ursprünglichen Anträge aufrechterhielt. Diese Anträge entsprächen der Methodik der NACE Rev. 2, d. h. der Top-down-Methode. Das Zerkleinern, Mahlen, Waschen und Trocknen von Gestein seien immer im Wesentlichen eine Hilfstätigkeit zu dessen Abbau und erschienen in der NACE Rev. 2 nie als eine gegenüber einem solchen Abbau völlig eigenständige Tätigkeit. Die CPA-Klassifikation ändere nichts an dieser Auslegung. Der elektrische Strom sei im vorliegenden Fall nicht unmittelbar Teil eines mineralogischen Verfahrens, sondern werde schlicht verwendet, um die für die mechanische Bearbeitung des abgebauten Kalksteins erforderlichen Anlagen zu versorgen, ohne dass eine Umwandlung des Gesteins stattfinde. Die Tätigkeit von Omya dürfe daher nicht zu einer Befreiung von der Stromsteuer für den elektrischen Strom führen, den das Unternehmen verwende.

24      Unter diesen Umständen hat der Nejvyšší správní soud (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 des Rates dahin auszulegen, dass der Strom, der für den Antrieb von Maschinen verwendet wird, die für die Verarbeitung von abgebautem Kalkstein in Form des mehrstufigen Mahlens und Zerkleinerns bis zu einer bestimmten Korngröße sowohl in dem Steinbruch, in dem der Abbau stattfindet, als auch in den nahe gelegenen Verarbeitungsbetrieben eingesetzt werden, Strom ist, der für mineralogische Verfahren verwendet wird?

 Zur Vorlagefrage

25      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass die Verwendung elektrischen Stroms für den Betrieb von Maschinen, die für die Verarbeitung von in einem Steinbruch abgebautem Kalkstein in Form des mehrstufigen Mahlens und Zerkleinerns bis zur Gewinnung feiner und grober Kalksteinfüller oder feiner Kalksteinfüller mit veränderter Oberfläche genutzt werden, eine Verwendung elektrischen Stroms für mineralogische Verfahren darstellt.

26      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 eine Reihe von Energieerzeugnissen und elektrischen Strom im Fall der Verwendung für die dort angeführten Zwecke aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Somit unterliegen Energieerzeugnisse und elektrischer Strom, wenn der Tatbestand dieser Bestimmung erfüllt ist, nicht der Besteuerung nach dieser Richtlinie (Urteil vom 7. September 2017, Hüttenwerke Krupp Mannesmann, C‑465/15, EU:C:2017:640, Rn. 19), was bedeutet, dass die Mitgliedstaaten befugt sind, sie unter Wahrung des Unionsrechts zu besteuern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Oktober 2014, X, C‑426/12, EU:C:2014:2247, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Gemäß Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 ist die Verwendung elektrischen Stroms für mineralogische Verfahren aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen.

28      Somit muss die Verwendung elektrischen Stroms, um nach dieser Bestimmung aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen zu sein, zum einen im Rahmen eines „mineralogischen Verfahrens“ erfolgen und zum anderen einen für die Anwendung dieser Bestimmung hinreichenden Zusammenhang mit diesem Verfahren aufweisen.

29      Daher sind diese beiden Voraussetzungen zu prüfen, um die Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die dem vorlegenden Gericht eine Beurteilung ermöglichen, ob diese Voraussetzungen hinsichtlich des elektrischen Stroms erfüllt sind, der für den Betrieb von Maschinen verwendet wird, die für die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens genutzt werden.

 Zur Voraussetzung des Vorliegens eines „mineralogischen Verfahrens“ im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96

30      Erstens definiert Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 „mineralogische Verfahren“ als Verfahren, die in der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE) unter die in der Verordnung Nr. 3037/90 aufgeführte Klasse DI 26 „Verarbeitung nicht-metallischer Mineralien“ fallen.

31      Nach der Aktualisierung dieser Systematik durch die Verordnung Nr. 1893/2006 und in Anbetracht des für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Zeitpunkts ist auf den Begriff „mineralogische Verfahren“ in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 abzustellen, der dahin zu verstehen ist, dass er Verfahren erfasst, die in Abschnitt C („Verarbeitendes Gewerbe/[H]erstellung von Waren“) Abteilung 23 („Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden“) der mit dieser Verordnung eingeführten NACE Rev. 2 erfasst.

32      Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96, dass die Einstufung eines Verfahrens als „mineralogisches Verfahren“ im Sinne dieser Bestimmung ausschließlich davon abhängt, ob die wirtschaftliche Tätigkeit, in deren Rahmen dieses Verfahren eingesetzt wird, unter Abschnitt C Abteilung 23 der NACE Rev. 2 fällt.

33      Daraus folgt, dass für eine solche Einstufung nur die NACE Rev. 2 maßgeblich ist, so dass sämtliche übrigen Systematiken oder Klassifikationen wie u. a. die CPA-Klassifikation insoweit irrelevant sind.

34      Zweitens sind für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit unter Abschnitt C Abteilung 23 der NACE Rev. 2 fällt, die Erläuterungen zu berücksichtigen.

35      Bei der NACE Rev. 2 handelt es sich nämlich um einen Bestandteil von Rechtsvorschriften der Europäischen Union, die die allgemeine Anwendung der NACE Rev. 2 in allen Mitgliedstaaten zur Pflicht machen. Um eine solche Anwendung zu erleichtern, verpflichtet Art. 5 der Verordnung Nr. 1893/2006 die Kommission, die Verbreitung, Pflege und Förderung der NACE Rev. 2 u. a. durch die Veröffentlichung von Erläuterungen zu gewährleisten.

36      Auch wenn Erläuterungen wie die zur NACE Rev. 2 als solche nicht verbindlich sind, enthalten sie doch nützliche Hinweise zu deren Auslegung, besonders, wenn sie Aufschluss über die Auslegung ihrer Bestimmungen geben oder wenn sie verbindliche Vorschriften des Unionsrechts näher ausführen sollen (vgl. entsprechend Urteil vom 7. Juli 2022, PH [Regionales Anbauverbot für GVO], C‑24/21, EU:C:2022:526, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Drittens lässt sich der Vorlageentscheidung zur Einstufung der Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens in die NACE Rev. 2 entnehmen, dass diese beiden Tätigkeiten bei der Bearbeitung des Gesteins zur Herstellung von Granulaten mit feinerer Körnung von wesentlicher Bedeutung sind. Sie dienen dazu, die abgebauten Gesteinsbrocken zu zerteilen, um deren Größe zu verringern und kleinere Bestandteile oder Stücke und eine bestimmte Körnung zu erhalten, die in dieser Form oder in Anbetracht ihrer Körnung zu einer etwaigen späteren Verarbeitung vermarktet werden können.

38      Aus den Ausführungen zu Abschnitt C („Verarbeitendes Gewerbe/[H]erstellung von Waren“) in den Erläuterungen ergibt sich, dass eine verarbeitende Tätigkeit sich dadurch von anderen, in die übrigen Kategorien der NACE Rev. 2 fallenden Tätigkeiten unterscheidet, dass sie eine mechanische, physikalische oder chemische Umwandlung von Stoffen in Waren umfasst, die sowohl Fertigwaren, also Waren für den Gebrauch oder Verbrauch, sein können als auch Halbwaren, also Waren zur weiteren Be- oder Verarbeitung. Außerdem schließt die Abteilung 23 („Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden“) dieses Abschnitts nach den Erläuterungen die Herstellung von be- und verarbeiteten Naturwerksteinen und Natursteinen und sonstigen Mineralerzeugnissen ein.

39      Da das Zerkleinern und das Mahlen zu einer mechanischen Umwandlung der gewonnenen Stoffe führen, so dass diese Stoffe letztlich in kleine Stücke zerlegt werden, könnte davon auszugehen sein, dass alle Tätigkeiten, mit denen Gestein oder andere mineralische Erzeugnisse zerkleinert oder gemahlen werden, unter Abteilung 23 der NACE Rev. 2 fallen.

40      Gemäß den Hinweisen zu Abschnitt B („Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden“) in den Erläuterungen fallen zwar zusätzliche Tätigkeiten zur Aufarbeitung von Rohstoffen für den Absatz wie u. a. Zerkleinern, Mahlen, Waschen und Sortieren unter diesen Abschnitt. Nicht von diesem Abschnitt umfasst sind allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden durchgeführtes Zerkleinern, Schleifen oder anderweitiges Behandeln bestimmter Gesteine, Minerale und Erden. Außerdem wird in den Erläuterungen klargestellt, dass Abschnitt B Abteilung 08 die Verarbeitung (außer Brechen, Mahlen, Schneiden, Waschen, Trocknen, Sortieren und Mischen) der gewonnenen Minerale nicht umfasst.

41      Folglich fallen die Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens, obgleich sie, wie sich im Übrigen aus dem Wortlaut der Erläuterungen ergibt, die Verarbeitung der gewonnenen Stoffe umfassen, nicht unter Abschnitt C der NACE Rev. 2, sondern unter Abschnitt B, wenn es sich um Tätigkeiten zur Aufbereitung dieser Stoffe für den Absatz handelt, so dass sie mit dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden im Zusammenhang stehende Tätigkeiten darstellen.

42      Anhand der Hinweise zu den Abschnitten B und C in den Erläuterungen ist daher davon auszugehen, dass Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens, die keine wesentliche Umwandlung der gewonnenen Stoffe, also keine mechanische, physikalische oder chemische Änderung, umfassen, die über die Zerlegung dieser Stoffe zur Verringerung ihrer Größe hinausgeht, im Zusammenhang mit dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden stehende Tätigkeiten zur Aufarbeitung des Rohstoffs für den Absatz sind und folglich unter Abschnitt B der NACE Rev. 2 fallen. Die Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens, die eine wesentliche mechanische, physikalische oder chemische Änderung der gewonnenen Stoffe im bezeichneten Sinn umfassen, sind hingegen Umwandlungen dieser Stoffe in neue Waren und fallen folglich unter Abschnitt C der NACE Rev. 2.

43      Ob die Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens der gewonnenen Stoffe im Steinbruch oder an einem anderen Ort stattfinden, ist für ihre Einstufung in Abschnitt B oder Abschnitt C der NACE Rev. 2 für sich genommen nicht entscheidend, da hierfür, wie sich aus den Hinweisen zu diesen Abschnitten in den Erläuterungen ergibt, allein die Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen ist.

44      Im vorliegenden Fall hat Omya die Erteilung einer Genehmigung für den Erwerb steuerbefreiten Stroms für alle ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verarbeitung des abgebauten Kalksteins beantragt, d. h. zum einen für die primären Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens des abgebauten Kalksteins im Steinbruch selbst und zum anderen für die Tätigkeiten des Zerkleinerns und Trockenmahlens in ihren Verarbeitungsbetrieben, um eine bestimmte Körnung zu erhalten, nämlich feine und grobe Kalksteinfüller oder feine Kalksteinfüller mit veränderter Oberfläche.

45      Da zum einen sämtliche primären Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens im Steinbruch wie auch alle Tätigkeiten des Zerkleinerns und Trockenmahlens in den Verarbeitungsbetrieben, um feine und grobe Kalksteinfüller zu erhalten, nur eine Zerlegung des abgebauten Kalksteins bewirken, beinhalten diese Tätigkeiten unter dem Vorbehalt einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht keine wesentliche Umwandlung des Kalksteins in dem in Rn. 42 des vorliegenden Urteils genannten Sinn, so dass davon auszugehen ist, dass sie im Zusammenhang mit dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden stehen und damit unter Abschnitt B der NACE Rev. 2 fallen.

46      Zum anderen lässt sich der Vorlageentscheidung zu den Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens für die Gewinnung feiner Kalksteinfüller mit veränderter Oberfläche entnehmen, dass man solche Füller insbesondere durch die Vermischung feiner Kalksteinfüller mit Stearin erhält. Somit beschränken sich diese Tätigkeiten wohl nicht auf eine bloße Zerlegung des abgebauten Kalksteins in kleine Stücke, sondern bewirken eine wesentliche Änderung des Kalksteins, die zur Herstellung neuer Waren auf der Basis feinen Kalksteinfüllers führen. Folglich ist unter dem Vorbehalt einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht davon auszugehen, dass diese Tätigkeiten unter Abschnitt C der NACE Rev. 2 fallen und in Abteilung 23 dieses Abschnitts eingestuft werden können.

47      Viertens und letztens ist, soweit die Generaldirektion Zoll im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits – wie sich dem Vorabentscheidungsersuchen entnehmen lässt – im Wesentlichen vorgetragen hat, dass die Einstufung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens in Abschnitt C der NACE Rev. 2 nicht deren Methodik, d. h. der Top-down-Methode, entspreche, darauf hinzuweisen, dass die Anwendung dieser Methode – wie die Kommission ausgeführt hat – für die Einstufung eines Verfahrens als „mineralogisches Verfahren“ im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 nicht einschlägig ist.

48      Wie sich aus den einführenden Leitlinien in Teil I der Erläuterungen ergibt, ist nämlich jeder der in den statistischen Unternehmensregistern verzeichneten Einheiten ein Code der NACE Rev. 2 zugeordnet, der ihrer Hauptwirtschaftstätigkeit entspricht, d. h. der Tätigkeit, die den größten Beitrag zu ihrer Wertschöpfung leistet. In diesem Zusammenhang kann mit der Top-down-Methode für die Zwecke der Verordnung Nr. 1893/2006, d. h. gemäß deren Art. 1 Abs. 2 zu statistischen Zwecken, die Einstufung einer Einheit festgelegt werden, die mehrere Tätigkeiten ausübt, die unter mehr als zwei unterschiedliche Positionen der NACE Rev. 2 fallen, wenn keine dieser zwei Positionen mehr als 50 % der Wertschöpfung ausmacht.

49      Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie 2003/96 soll hingegen deren Anwendungsbereich eingrenzen, indem er die in Buchst. b dieser Bestimmung genannten Verwendungen von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt.

50      Insoweit findet sich in dieser Richtlinie nichts, was die Annahme stützen würde, dass der Unionsgesetzgeber, als er den elektrischen Strom, der für mineralogische Verfahren, d. h. in Abschnitt C Abteilung 23 der NACE Rev. 2 eingestufte Verfahren, verwendet wird, aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen hat, diesen Ausschluss lediglich auf die Fälle hätte beschränken wollen, in denen die Verfahren, mit denen die Verwendung des Stroms im Zusammenhang steht, die einzige Tätigkeit einer Gesellschaft oder, bei einer Gesellschaft, die mehrere Tätigkeiten ausübt, die für die Zwecke der Verordnung Nr. 1893/2006 festgestellte Haupttätigkeit darstellt.

51      Eine solche Beschränkung widerspräche im Übrigen dem von der Richtlinie 2003/96 verfolgten Ziel, nämlich – wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat – das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts im Energiesektor insbesondere durch Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zu fördern (Urteil vom 22. Juni 2023, Endesa Generación, C‑833/21, EU:C:2023:516, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Würde der Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/96 durch die Bezugnahme auf die Haupttätigkeit eines Unternehmens wie die für die Zwecke der Richtlinie 1893/2006 festgestellte beschränkt, würden nämlich Unternehmen, die mehrere Tätigkeiten ausüben, die unterschiedlichen Klassen der NACE Rev. 2 entsprechen und von denen einige in deren Abschnitt C Abteilung 23 fallen, aufgrund des im Rahmen dieser Tätigkeiten verwendeten elektrischen Stroms in einer Weise besteuert, die von der Struktur und Zusammensetzung ihrer Tätigkeiten abhängen würde.

53      Folglich kann die Verwendung elektrischen Stroms zur Ausübung einer oder mehrerer Tätigkeiten, die unter Abschnitt C Abteilung 23 der NACE Rev. 2 fallen, durch ein und dasselbe Unternehmen unabhängig davon aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/96 ausgenommen sein, ob diese Tätigkeiten für die Zwecke der Richtlinie 1893/2006 die Haupttätigkeit oder eine Nebentätigkeit dieses Unternehmens darstellen.

54      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens zur Gewinnung feiner und grober Kalksteinfüller keine „mineralogischen Verfahren“ im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 darstellen, so dass der im Rahmen dieser Tätigkeiten verwendete elektrische Strom nicht aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen ist. Die Tätigkeiten des Zerkleinerns und Mahlens zur Gewinnung feiner Kalksteinfüller mit veränderter Oberfläche stellen hingegen solche Tätigkeiten dar, so dass der im Rahmen dieser Tätigkeiten verwendete Strom aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sein kann.

 Zur Voraussetzung eines hinreichenden Zusammenhangs zwischen dem verwendeten elektrischen Strom und dem mineralogischen Verfahren für die Anwendung von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96

55      Wie in Rn. 28 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, kann eine Verwendung elektrischen Stroms nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 nur aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein, wenn ein hinreichender Zusammenhang zwischen einer solchen Verwendung und den in Rede stehenden mineralogischen Verfahren vorliegt, der eine Anwendung dieser Bestimmung rechtfertigt.

56      Ein entfernter Zusammenhang zwischen der Verwendung elektrischen Stroms und einem „mineralogischen Verfahren“ im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 reicht nicht aus, damit diese Verwendung unter den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt, ebenso wenig wie dafür die Verwendung elektrischen Stroms ausreicht, die nicht erforderlich ist, um das mineralogische Verfahren erfolgreich durchzuführen (vgl. entsprechend Urteil vom 7. September 2017, Hüttenwerke Krupp Mannesmann, C‑465/15, EU:C:2017:640, Rn. 21).

57      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen, dass der Herstellungsprozess feiner Kalksteinfüller mit veränderter Oberfläche – bei dem es sich, wie in Rn. 54 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, um ein „mineralogisches Verfahren“ im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 handelt – darin besteht, feine Kalksteinfüller in Heißluft mit Stearin zu vermischen.

58      Daher besteht ein unmittelbarer und enger Zusammenhang zwischen dem elektrischen Strom, der verwendet wird, um die zum Aufheizen der Luft genutzte elektrische Heizeinrichtung zu versorgen, und dem Herstellungsprozess.

59      Der zur Versorgung dieser Einrichtung verwendete elektrische Strom stellt folglich eine Verwendung elektrischen Stroms für die Zwecke eines mineralogischen Verfahrens im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 dar, so dass die Verwendung dieses Stroms nicht der Besteuerung nach dieser Richtlinie unterliegt.

60      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass die Verwendung elektrischen Stroms für den Betrieb von Maschinen, die für die Verarbeitung von in einem Steinbruch abgebautem Kalkstein in Form des mehrstufigen Mahlens und Zerkleinerns bis zur Gewinnung feiner und grober Kalksteinfüller genutzt werden, keine Verwendung elektrischen Stroms für mineralogische Verfahren darstellt. Die Verwendung elektrischen Stroms für den Betrieb von Maschinen, die zur Gewinnung feiner Kalksteinfüller mit veränderter Oberfläche genutzt werden, stellt dagegen eine Verwendung elektrischen Stroms für solche Verfahren dar.

 Kosten

61      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 2 Abs. 4 Buchst. b fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom

ist dahin auszulegen, dass

die Verwendung elektrischen Stroms für den Betrieb von Maschinen, die für die Verarbeitung von in einem Steinbruch abgebautem Kalkstein in Form des mehrstufigen Mahlens und Zerkleinerns bis zur Gewinnung feiner und grober Kalksteinfüller genutzt werden, keine Verwendung elektrischen Stroms für mineralogische Verfahren darstellt. Die Verwendung elektrischen Stroms für den Betrieb von Maschinen, die zur Gewinnung feiner Kalksteinfüller mit veränderter Oberfläche genutzt werden, stellt dagegen eine Verwendung elektrischen Stroms für solche Verfahren dar.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Tschechisch.