Language of document : ECLI:EU:T:2020:458

URTEIL DES GERICHTS (Neunte erweiterte Kammer)

5. Oktober 2020(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Verwaltungsverfahren – Beschluss, mit dem eine Nachprüfung angeordnet wird – Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Waffengleichheit – Begründungspflicht – Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung – Hinreichend ernsthafte Indizien – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑249/17,

Casino, Guichard-Perrachon mit Sitz in Saint-Étienne (Frankreich),

Achats Marchandises Casino SAS (AMC), früherEMC Distribution, mit Sitz in Vitry-sur-Seine (Frankreich),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Théophile, I. Simic, O. de Juvigny, T. Reymond, A. Sunderland und G. Aubron,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch B. Mongin, A. Dawes und I. Rogalski als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwältin F. Ninane,

Beklagte,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch S. Boelaert, S. Petrova und O. Segnana als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 1054 final der Kommission vom 9. Februar 2017, mit dem gegenüber Casino, Guichard-Perrachon und allen von ihnen unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften angeordnet wurde, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zu dulden (Sache AT.40466 – Tute 1),

erlässt

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter) sowie der Richter L. Madise, R. da Silva Passos, der Richterin K. Kowalik‑Bańczyk und des Richters C. Mac Eochaidh,

Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2020

folgendes

Urteil

I.      Rechtlicher Rahmen

1        Art. 20 („Nachprüfungsbefugnisse der Kommission“) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt:

„(1)      Die Kommission kann zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.

(2)      Die mit den Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen sind befugt,

a)      alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu betreten;

b)      die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, zu prüfen;

c)      Kopien oder Auszüge gleich welcher Art aus diesen Büchern und Unterlagen anzufertigen oder zu erlangen;

d)      betriebliche Räumlichkeiten und Bücher oder Unterlagen jeder Art für die Dauer und in dem Ausmaß zu versiegeln, wie es für die Nachprüfung erforderlich ist;

e)      von allen Vertretern oder Mitgliedern der Belegschaft des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung Erläuterungen zu Tatsachen oder Unterlagen zu verlangen, die mit Gegenstand und Zweck der Nachprüfung in Zusammenhang stehen, und ihre Antworten zu Protokoll zu nehmen.

(3)      Die mit Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen üben ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Auftrags aus, in dem der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung bezeichnet sind und auf die in Artikel 23 vorgesehenen Sanktionen für den Fall hingewiesen wird, dass die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorgelegt werden oder die Antworten auf die nach Maßgabe von Absatz 2 des vorliegenden Artikels gestellten Fragen unrichtig oder irreführend sind. Die Kommission unterrichtet die Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, über die Nachprüfung rechtzeitig vor deren Beginn.

(4)      Die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 23 und Artikel 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben. Die Kommission erlässt diese Entscheidungen nach Anhörung der Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll.

(5)      Die Bediensteten der Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, oder von dieser Behörde entsprechend ermächtigte oder benannte Personen unterstützen auf Ersuchen dieser Behörde oder der Kommission die Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen aktiv. Sie verfügen hierzu über die in Absatz 2 genannten Befugnisse.

(6)      Stellen die beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen fest, dass sich ein Unternehmen einer nach Maßgabe dieses Artikels angeordneten Nachprüfung widersetzt, so gewährt der betreffende Mitgliedstaat die erforderliche Unterstützung, gegebenenfalls unter Einsatz von Polizeikräften oder einer entsprechenden vollziehenden Behörde, damit die Bediensteten der Kommission ihren Nachprüfungsauftrag erfüllen können.

(7)      Setzt die Unterstützung nach Absatz 6 nach einzelstaatlichem Recht eine Genehmigung eines Gerichts voraus, so ist diese zu beantragen. Die Genehmigung kann auch vorsorglich beantragt werden.

(8)      Wird die in Absatz 7 genannte Genehmigung beantragt, so prüft das einzelstaatliche Gericht die Echtheit der Entscheidung der Kommission sowie, ob die beantragten Zwangsmaßnahmen nicht willkürlich und, gemessen am Gegenstand der Nachprüfung, nicht unverhältnismäßig sind. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zwangsmaßnahmen kann das einzelstaatliche Gericht von der Kommission unmittelbar oder über die Wettbewerbsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats ausführliche Erläuterungen anfordern, und zwar insbesondere zu den Gründen, die die Kommission veranlasst haben, das Unternehmen einer Zuwiderhandlung gegen Artikel [101] oder [102 AEUV] zu verdächtigen, sowie zur Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung und zur Art der Beteiligung des betreffenden Unternehmens. Das einzelstaatliche Gericht darf jedoch weder die Notwendigkeit der Nachprüfung in Frage stellen noch die Übermittlung der in den Akten der Kommission enthaltenen Informationen verlangen. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung ist dem Gerichtshof vorbehalten.“

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Casino, Guichard-Perrachon, die erste Klägerin (im Folgenden: Casino), ist die Muttergesellschaft des Casino-Konzerns, der u. a. in Frankreich hauptsächlich im Lebensmittel- und Nicht-Lebensmittel-Vertriebssektor tätig ist. Ihre Tochtergesellschaft Achats Marchandises Casino SAS (AMC), früherEMC Distribution, die zweite Klägerin, ist eine Einkaufszentrale, die für die Handelsketten des Casino-Konzerns in Frankreich die Bezugsbedingungen bei den Lieferanten aushandelt.

3        Nachdem die Europäische Kommission Auskünfte über den Informationsaustausch zwischen der ersten Klägerin und anderen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, u. a. Intermarché, einer Gesellschaft, die auch im Lebensmittel- und Nicht-Lebensmittel-Vertriebssektor tätig ist, erhalten hatte, erließ sie am 9. Februar 2017 den Beschluss C(2017) 1054 final, mit dem gegenüber Casino, Guichard-Perrachon und allen von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften angeordnet wurde, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 1/2003 zu dulden (Sache AT.40466 – Tute 1) (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

4        Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses bestimmt:

„Artikel 1

Casino … sowie alle von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften sind verpflichtet, eine Nachprüfung betreffend ihre etwaige Beteiligung an gegen Artikel 101 [AEUV] verstoßenden abgestimmten Verhaltensweisen auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs, auf dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten und auf den Märkten für den Verkauf von Produkten des täglichen Bedarfs an Verbraucher zu dulden. Diese aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehen in

a)      dem Informationsaustausch seit 2015 zwischen Unternehmen und/oder Unternehmensvereinigungen, insbesondere ICDC …, und/oder ihren Mitgliedern, insbesondere Casino und AgeCore und/oder ihren Mitgliedern, insbesondere Intermarché, über von ihnen erhaltene Rabatte auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs in den Bereichen Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel, und die Preise auf dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten in den Bereichen Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union, insbesondere in Frankreich, und

b)      dem Informationsaustausch mindestens seit 2016 zwischen Casino und Intermarché über ihre künftigen Geschäftsstrategien, insbesondere über das Sortiment, die Entwicklung von Geschäften, den E‑Commerce und die Werbepolitik auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs und auf den Märkten für den Verkauf von Produkten des täglichen Bedarfs an Verbraucher in Frankreich.

Diese Nachprüfung kann in jedem beliebigen Geschäftslokal des Unternehmens stattfinden …

Casino ermächtigt die Beamten und sonstigen Personen, die von der Kommission mit der Durchführung einer Nachprüfung beauftragt wurden, und die Beamten und sonstigen Personen, die von der Wettbewerbsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats zu ihrer Unterstützung beauftragt wurden oder vom Mitgliedstaat für diesen Zweck ernannt wurden, sich während der normalen Bürozeiten Zugang zu allen ihren Geschäftsräumen und Transportmitteln zu verschaffen. Das Unternehmen duldet die Nachprüfung der Bücher und jeglicher sonstiger Geschäftsunterlagen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, wenn die Beamten und sonstigen beauftragten Personen dies verlangen, und es gestattet ihnen, diese Bücher und Unterlagen vor Ort zu prüfen und von ihnen Kopien oder Auszüge gleich welcher Art anzufertigen oder zu erhalten. Es gestattet das Anbringen von Amtssiegeln in allen Geschäftsräumen und auf allen Büchern oder Dokumenten während der Dauer der Nachprüfung und soweit dies für die Zwecke der Nachprüfung erforderlich ist. Das Unternehmen gibt unverzüglich vor Ort mündliche Erläuterungen zum Gegenstand und zum Zweck der Nachprüfung, wenn die Beamten oder Personen dies verlangen, und es ermächtigt alle Vertreter und Mitglieder der Belegschaft, solche Erläuterungen zu geben. Es gestattet die Aufzeichnung dieser Erläuterungen in beliebiger Form.

Artikel 2

Die Nachprüfung kann am 20. Februar 2017 oder kurz danach beginnen.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an Casino sowie alle von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften gerichtet.

Dieser Beschluss wird dem Unternehmen, an das er gerichtet ist, gemäß Artikel 297 Absatz 2 [AEUV] unmittelbar vor der Nachprüfung bekannt gegeben.“

5        Nachdem die französische Wettbewerbsbehörde von dieser Nachprüfung durch die Kommission unterrichtet worden war, beantragte sie bei den Juges des libertés et de la détention (für die Anordnung der Untersuchungshaft zuständige Richter) des Tribunal de grande instance Créteil (Frankreich) und des Tribunal de grande instance Paris (Frankreich) die Genehmigung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Geschäftsräumen der Klägerinnen. Mit Beschlüssen vom 17. Februar 2017 genehmigten diese Juges des libertés et de la détention die vorsorglich beantragten Durchsuchungen und Beschlagnahmen. Da keine der bei der Nachprüfung getroffenen Maßnahmen die Ausübung der „Vollzugsbefugnisse“ im Sinne von Art. 20 Abs. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1/2003 erforderte, wurden diese Beschlüsse den Klägerinnen nicht zugestellt.

6        Die Nachprüfung begann am 20. Februar 2017, als die Inspektoren der Kommission in Begleitung von Vertretern der französischen Wettbewerbsbehörde den Pariser Sitz des Casino-Konzerns sowie die Geschäftsräume der zweiten Klägerin aufsuchten und den Klägerinnen den angefochtenen Beschluss zustellten.

7        Im Rahmen der Nachprüfungen besuchte die Kommission u. a. die Büros, sammelte Material, insbesondere EDV-Material (Laptops, Mobiltelefone, Tablets, Speichergeräte), nahm eine Anhörung mehrerer Personen vor und kopierte den Inhalt des gesammelten Materials.

8        Die Klägerinnen übermittelten der Kommission jeweils ein Schreiben vom 24. Februar 2017, in dem sie Vorbehalte gegen den angefochtenen Beschluss und den Ablauf der auf seiner Grundlage durchgeführten Nachprüfung äußerten.

III. Verfahren und Anträge der Parteien

9        Mit Klageschrift, die am 28. April 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

10      Mit Schriftsatz, der am 28. Juli 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat der Europäischen Union beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 22. September 2017 hat der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben. Der Rat hat seinen Streithilfeschriftsatz fristgerecht eingereicht, und die Hauptparteien haben sich fristgerecht zu diesem Schriftsatz geäußert.

11      Die Klägerinnen beantragen,

–        eine prozessleitende Maßnahme zu erlassen, mit der der Kommission aufgegeben wird, alle Dokumente, Unterlagen und sonstige Informationen vorzulegen, auf deren Grundlage sie zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses feststellte, dass sie über hinreichend ernsthafte Anhaltspunkte verfügte, um eine Nachprüfung in den Räumen der Klägerinnen vorzunehmen;

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

12      Die Kommission, unterstützt durch den Rat, beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

13      Auf Vorschlag der Neunten Kammer des Gerichts hat das Gericht gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an die Neunte erweiterte Kammer zu verweisen.

14      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Neunte erweiterte Kammer) im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung die Kommission aufgefordert, eine nicht vertrauliche Fassung der Indizien für mutmaßliche Zuwiderhandlungen vorzulegen, über die sie zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses verfügte, und die Klägerinnen aufgefordert, zu den vorgelegten Indizien Stellung zu nehmen. Die Kommission und die Klägerinnen sind diesen Aufforderungen fristgerecht nachgekommen.

15      Auf die Stellungnahmen der Klägerinnen hat die Kommission beim Gericht beantragt, einen Beweisbeschluss im Sinne von Art. 91 der Verfahrensordnung zu erlassen, mit dem ihr aufgegeben werde, die vertrauliche Fassung der genannten Indizien vorzulegen, wobei jedoch nur die Vertreter der Klägerinnen unter eingeschränkten Voraussetzungen und unter Eingehung einer Vertraulichkeitsverpflichtung, wonach sie ihren Mandanten den Inhalt der vertraulichen Fassung der Indizien nicht offenlegen könnten, Zugang dazu hätten.

16      Die Vertreter der Klägerinnen haben sich gegen die von der Kommission vorgeschlagenen Voraussetzungen für den Zugang zu den Indizien gewandt und die Auffassung vertreten, dass solche Vertraulichkeitsverpflichtungen es ihnen nicht gestatteten, die Verteidigung ihrer Mandanten in vollem Umfang zu gewährleisten. Sie haben beim Gericht beantragt, im Rahmen des in Rede stehenden Beweisbeschlusses den Zugang zumindest eines Mitarbeiters jeder Klägerin zu den betreffenden Dokumenten oder die Vorlage einer nicht vertraulichen Fassung anzuordnen, deren unkenntlich gemachte Angaben auf diejenigen beschränkt seien, deren Offenlegung es ermögliche, die Unternehmen, mit denen sich die Kommission unterhalten habe, zu identifizieren, und auf diejenigen, für die die Kommission die Vertraulichkeit eingehend rechtfertige und eine hinreichend genaue Zusammenfassung vorlege. Außerdem haben sie den Erlass einer prozessleitenden Maßnahme beantragt, mit der die Kommission aufgefordert werde, die Angaben vorzulegen, die es ermöglichten, den Zeitpunkt der Schaffung und einer etwaigen Änderung bestimmter mitgeteilter Indizien zu überprüfen. Schließlich haben sie beantragt, das Gericht möge vor Erlass des beantragten Beweisbeschlusses eine informelle Sitzung anberaumen, um dessen Umfang und Inhalt zu bestimmen.

17      Mit neuen prozessleitenden Maßnahmen hat das Gericht der Kommission im Anschluss an die Einwände der Klägerinnen gegen die vorgelegten Indizien mehrere Fragen gestellt und die Klägerinnen aufgefordert, zu einigen der Antworten der Kommission Stellung zu nehmen. Die Kommission und die Klägerinnen sind diesen Aufforderungen fristgerecht nachgekommen.

18      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Neunte erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

19      Mit Schriftsatz, der am 19. Dezember 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission eine „ergänzende Antwort“ auf eine ihrer früheren Antworten auf die Fragen des Gerichts vorgelegt. Das Gericht hat diesen Schriftsatz, vorbehaltlich seiner Zulässigkeit, zu den Akten genommen und die Klägerinnen aufgefordert, zu diesem Schriftsatz Stellung zu nehmen, was sie innerhalb der gesetzten Frist getan haben, indem sie insbesondere die Zulässigkeit der ergänzenden Antwort der Kommission bestritten haben.

20      Die Parteien haben in der Sitzung vom 29. Januar 2020 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

IV.    Rechtliche Würdigung

21      Zur Stützung ihrer Klagen machen die Klägerinnen im Wesentlichen drei Klagegründe geltend. Der erste stützt sich auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003, der zweite auf eine Verletzung der Begründungspflicht und der dritte auf die Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung.

A.      Zum ersten Klagegrund: Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003

22      Die Klägerinnen machen geltend, Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 sei rechtswidrig, weil er gegen die Art. 47 und 48 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie gegen Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verstoße. Sie stützen diese Einrede auf eine erste Rüge, mit der sie die Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf geltend machen, und eine zweite Rüge, mit der sie eine Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit und der Verteidigungsrechte geltend machen.

1.      Zur Zulässigkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit

23      Die Kommission macht geltend, dass die von den Klägerinnen erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit aus drei Gründen unzulässig sei.

24      Erstens bringt die Kommission, unterstützt durch den Rat, vor, der geltend gemachte Klagegrund sei nicht hinreichend genau, da die Klägerinnen zum einen nicht klar angegeben hätten, welche Bestimmung von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 rechtswidrig sei, und weil sie zum anderen nicht genau dargelegt hätten, welche Rügen gegen diesen Artikel gerichtet seien, der die rechtliche Regelung festlege, die auf Nachprüfungsbeschlüsse anwendbar sei, und nicht diejenige, die für den Ablauf der Nachprüfungen gelte.

25      Zweitens fehlt nach Ansicht der Kommission, ebenfalls unterstützt durch den Rat, der Zusammenhang zwischen dem angefochtenen Beschluss und dem fraglichen Rechtsakt mit allgemeiner Geltung. Die Klägerinnen hätten nämlich nicht dargetan, inwiefern der Umstand, dass Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 ganz oder teilweise keine Klage gegen den Ablauf einer Nachprüfung vorsehe, zur Rechtswidrigkeit eines Nachprüfungsbeschlusses führe, der eine andere Handlung als die im Verlauf der Nachprüfung vorgenommenen Handlungen darstelle. Die Kommission fügt in ihrer Gegenerwiderung und im Anschluss an den Rat hinzu, dass das Vorbringen der Klägerinnen in der Erwiderung, wonach sich die Einrede der Rechtswidrigkeit auf Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 insgesamt beziehe, nur die Unzulässigkeit dieser Einrede bestätige, da der angefochtene Beschluss allein auf Art. 20 Abs. 1 und 4 gestützt sei. Sie weist auch darauf hin, dass kein Rechtsakt des abgeleiteten Rechts spezifische gerichtliche Rechtsbehelfe vorsehe, da die Rechtsbehelfe ausschließlich im Vertrag vorgesehen seien.

26      Drittens beanstandeten die Klägerinnen unter dem Deckmantel der Anfechtung von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003, ganz oder teilweise, in Wirklichkeit die gefestigte Rechtsprechung des Gerichts und des Gerichtshofs zu den im Vertrag vorgesehenen Rechtsbehelfen, die es nicht erlaube, den Ablauf einer Nachprüfung außerhalb bestimmter begrenzter Fälle anzufechten.

27      Zur ersten Einrede der Unzulässigkeit ist zu beachten, dass nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und nach Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung die Klageschrift den Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Nach ständiger Rechtsprechung, die auch für Klagegründe gilt, die auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit gestützt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2016, Alesa/Kommission, T‑99/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:413, Rn. 87 bis 91 und die dort angeführte Rechtsprechung), muss diese Darstellung hinreichend klar und deutlich sein, damit der Beklagte sein Verteidigungsvorbringen vorbereiten und das Gericht über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, entscheiden kann. Im Interesse der Rechtssicherheit und einer ordnungsgemäßen Rechtspflege ist eine Klage nur zulässig, wenn sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sie gestützt wird, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. Urteil vom 25. Januar 2018, BSCA/Kommission, T‑818/14, EU:T:2018:33, Rn. 94 und 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen klar und genau dargelegt, worin die beiden Rügen bestehen, die sie gegen die beanstandete Bestimmung der Verordnung Nr. 1/2003 erhoben haben, indem sie ihre rechtliche Grundlage durch Bezugnahme auf Rechtsvorschriften und Rechtsprechung sowie detaillierte Argumente zu ihrer Stützung angegeben haben, ohne dass weitere Informationen zu fordern wären. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission in Anbetracht ihres Vorbringens in der Klagebeantwortung und in der Gegenerwiderung offensichtlich in der Lage war, die von den Klägerinnen vorgebrachten Einwände zu verstehen.

29      Ferner stellt der von der Kommission geltend gemachte Umstand, dass die Bestimmung, deren Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird (die die rechtliche Regelung für Nachprüfungsbeschlüsse festlegt), nicht die mit der Einrede beanstandeten Vorschriften (über den Ablauf der Nachprüfungen) festlege, im vorliegenden Fall die Einhaltung der Anforderungen an die Klarheit und Deutlichkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit nicht in Frage (vgl. hierzu unten, Rn. 35 bis 43).

30      Im Übrigen haben die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen klar angegeben, dass sie in erster Linie die Rechtswidrigkeit von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 in seiner Gesamtheit geltend machten, und es kann ihnen nicht vorgeworfen werden, den betreffenden Absatz oder die betreffenden Absätze dieses Artikels nicht präzisiert zu haben. Da sich nämlich schon aus dem Wortlaut von Art. 277 AEUV ergibt, dass die Rechtmäßigkeit eines jeden „Rechtsakts mit allgemeiner Geltung“ durch eine Einrede der Rechtswidrigkeit angefochten werden kann (vgl. für eine Einrede gegen zwei Verordnungen Urteil vom 13. Juli 1966, Italien/Rat und Kommission, 32/65, EU:C:1966:42, und zu einer Einrede gegen einen Artikel der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften Urteil vom 30. April 2009, Aayhan u. a./Parlament, F‑65/07, EU:F:2009:43), kann von den Verfassern einer solchen Einrede nicht im Hinblick auf die Formerfordernisse für die Darlegung ihrer Einrede verlangt werden, dass sie den Absatz des Artikels des allgemeinen Rechtsakts, dessen Rechtswidrigkeit sie geltend machen, genau bezeichnen, wobei eine solche genaue Bezeichnung im Hinblick auf die anderen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Einrede der Rechtswidrigkeit gleichwohl verlangt werden kann (vgl. unten, Rn. 33 und 34).

31      Die erste Einrede der Unzulässigkeit gegen die Einrede der Rechtswidrigkeit (vgl. oben, Rn. 24) ist daher zurückzuweisen.

32      Zu den beiden anderen Einreden der Unzulässigkeit gegen die Einrede der Rechtswidrigkeit (vgl. oben, Rn. 25 und 26) ist vorab darauf hinzuweisen, dass sie sich ausschließlich gegen die erste zur Stützung der Einrede der Rechtswidrigkeit vorgebrachte Rüge richten, mit der die Nichtbeachtung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf geltend gemacht wird.

33      Zur ersten Rüge zur Stützung der Einrede der Rechtswidrigkeit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine bei der Anfechtung eines dritten Rechtsakts nach Art. 277 AEUV inzident erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit nur zulässig ist, wenn zwischen diesem Akt und der Rechtsnorm, deren mutmaßliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, ein Zusammenhang besteht. Da Art. 277 AEUV nicht den Zweck hat, einer Partei zu gestatten, die Anwendbarkeit jedes beliebigen Rechtsakts allgemeinen Charakters im Rahmen einer beliebigen Klage in Abrede zu stellen, ist die Tragweite einer Rechtswidrigkeitseinrede auf das zu beschränken, was zur Entscheidung über den Rechtsstreit unerlässlich ist. Daraus folgt, dass der allgemeine Rechtsakt, dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, unmittelbar oder mittelbar auf den streitgegenständlichen Fall anwendbar sein muss (vgl. Urteil vom 12. Juni 2015, Health Food Manufacturers’ Association u. a./Kommission, T‑296/12, EU:T:2015:375, Rn. 170 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt auch, dass ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang zwischen der angefochtenen individuellen Entscheidung und dem fraglichen allgemeinen Rechtsakt bestehen muss. Das Bestehen eines solchen Zusammenhangs lässt sich allerdings aus der Feststellung ableiten, dass die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen auf einer Bestimmung des Rechtsakts beruht, dessen Rechtmäßigkeit in Abrede gestellt wird, auch wenn diese Bestimmung formell nicht die Rechtsgrundlage der Entscheidung war (vgl. Urteil vom 20. November 2007, Ianniello/Kommission, T‑308/04, EU:T:2007:347, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Daraus folgt, dass die im vorliegenden Fall erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit nur insoweit zulässig ist, als sie die Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 betrifft, die ausdrücklich als Grundlage für den angefochtenen Beschluss dienen, nämlich Abs. 4 dieses Artikels (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 57 und 58), aber auch Abs. 1, der die allgemeine Befugnis der Kommission zur Vornahme von Nachprüfungen festlegt (im Folgenden: einschlägige Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003). Die vorliegende Nachprüfung wurde nämlich durch eine auf der Grundlage dieser Bestimmungen getroffene Entscheidung angeordnet und ist daher weder eine Nachprüfung durch schlichten Auftrag ohne vorherigen Beschluss (geregelt in Art. 20 Abs. 3) noch eine Nachprüfung, die durchgeführt wurde, obwohl sich das betroffene Unternehmen dem widersetzt (geregelt in Art. 20 Abs. 6 bis 8).

35      Wenn also im vorliegenden Fall die einschlägigen Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 für rechtswidrig erklärt werden sollten, verlöre der auf der Grundlage dieser Bestimmungen erlassene angefochtene Beschluss jede Rechtsgrundlage und müsste für nichtig erklärt werden, und zwar unabhängig vom festgestellten Grund für die Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen.

36      Daraus folgt, dass aus dem Vorbringen sowohl zur zweiten als auch zur dritten Unzulässigkeitseinrede nicht geschlossen werden kann, dass die erste zur Stützung der Einrede der Rechtswidrigkeit geltend gemachte Rüge unzulässig ist.

37      Mit diesem Vorbringen beanstandet die Kommission, unterstützt durch den Rat, im Wesentlichen, dass zwischen dem geltend gemachten Rechtswidrigkeitsgrund, nämlich dem Fehlen einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle des Ablaufs der Nachprüfungen, und dem angefochtenen Beschluss, mit dem eine Nachprüfung angeordnet werde, kein Zusammenhang bestehe, indem sie zum einen geltend macht, dass die Regeln über die gerichtliche Kontrolle des Ablaufs der Nachprüfungen den angefochtenen Beschluss nicht stützten (zweite Unzulässigkeitseinrede), und zum anderen, dass sich solche Regeln aus der Auslegung von Art. 263 AEUV durch die Rechtsprechung ergäben und nicht in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 enthalten sein müssten, auf den sich der angefochtene Beschluss stütze (dritte Unzulässigkeitseinrede).

38      Selbst wenn man unterstellt, dass die Zulässigkeit einer Einrede der Rechtswidrigkeit von der Feststellung eines Zusammenhangs zwischen dem geltend gemachten Rechtswidrigkeitsgrund und dem angefochtenen Beschluss abhängt, kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass es im vorliegenden Fall an einem solchen Zusammenhang fehlt.

39      Wie die Klägerinnen zutreffend darlegen, werden von der geltend gemachten Rechtswidrigkeit nicht die Handlungen nach dem unter Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 fallenden Nachprüfungsbeschluss als solche erfasst, die zur Durchführung dieses Beschlusses und zum Ablauf der Nachprüfung gehören. Beanstandet werden die bereits ab dem Erlass des Nachprüfungsbeschlusses bestehenden Lücken in den die Kontrolle dieser Handlungen ermöglichenden Rechtsschutzmöglichkeiten, die nach Ansicht der Klägerinnen den einschlägigen Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 zuzurechnen sind.

40      Wie das Gericht im Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission (T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 50 und 108), zum Erfordernis einer vorherigen richterlichen Ermächtigung vor dem Erlass eines Nachprüfungsbeschlusses entschieden hat, begehren die Klägerinnen im vorliegenden Fall die Feststellung eines neuen Formerfordernisses, das die Rechtmäßigkeit von Nachprüfungsbeschlüssen berühren und in der Gewährleistung spezifischer Rechtsbehelfe ab ihrem Erlass bestehen würde, das die gerichtliche Kontrolle der nach diesem Beschluss getroffenen Maßnahmen gestatten würde und das damit in den einschlägigen Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 enthalten sein müsste, durch das Gericht.

41      In diesem Stadium geht es nicht um die andere Frage der Bestimmung der Rechtsschutzmöglichkeiten, mit denen eine wirksame gerichtliche Kontrolle des Ablaufs der Nachprüfungen und ihrer Formalisierung in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 gewährleistet werden kann, was zur Prüfung der Begründetheit der Einrede der Rechtswidrigkeit gehört. Die Prüfung der Zulässigkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit bedeutet nämlich nicht, dass festgestellt werden muss, nach welchen Modalitäten und mit welchen Bestimmungen die gerichtliche Kontrolle des Ablaufs der Nachprüfungen zu erfolgen hat. Über diese Frage ist im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und damit der Prüfung der Begründetheit der Einrede der Rechtswidrigkeit zu entscheiden. Insoweit ist bemerkenswert, dass sich die Kommission zur Stützung ihrer dritten Unzulässigkeitseinrede auf ihr Vorbringen zur Begründetheit der Einrede der Rechtswidrigkeit sowie auf das Urteil vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission (T‑446/05, EU:T:2010:165, Rn. 123 bis 152), bezieht, in der die in dieser Rechtssache erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit als unbegründet zurückgewiesen wurde.

42      Daraus folgt im Übrigen, dass auch der von der Kommission behauptete – im Übrigen teilweise unzutreffende – Umstand unerheblich ist, dass kein Rechtsakt des abgeleiteten Rechts einen spezifischen Rechtsbehelf vorsieht. Zur Veranschaulichung sieht nämlich die Verordnung Nr. 1/2003 selbst in ihrem Art. 31 vor, dass bei Klagen gegen Entscheidungen, mit denen die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat, der Unionsrichter die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung hat und die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann. Ebenso sieht die Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) genauso wie andere Rechtsakte, mit denen Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union geschaffen wurden, die Klagen vor, die vor den Unionsgerichten gegen die Entscheidungen der Beschwerdekammern des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) erhoben werden können. Diese Rechtsschutzmöglichkeiten knüpfen zwar an die im Vertrag vorgesehenen an und sind in diesem Sinne keine eigenständigen Rechtsbehelfe, die im Vertrag nicht vorgesehen sind, was sie auch nicht sein könnten. Im vorliegenden Fall fordern die Klägerinnen jedoch nicht die Schaffung derartiger eigenständiger Rechtsbehelfe. Es ist nämlich davon auszugehen, dass sie beanstanden, dass Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 keine Bestimmungen enthält, die den zum Ablauf einer Nachprüfung gehörenden Maßnahmen die Natur von Handlungen verleihen, die nach dem Vertrag anfechtbar sind, wie es Art. 90a des Statuts der Beamten der Europäischen Union für die Untersuchungshandlungen des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) vorsieht, und die den Hinweis auf diese mögliche Klage im Nachprüfungsbeschluss vorschreiben, wie nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 auf das Recht hinzuweisen ist, vor dem Unionsrichter Klage gegen den Nachprüfungsbeschluss selbst zu erheben.

43      Daraus folgt, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit zulässig ist, soweit sie die erste Rüge betrifft, auf die sie gestützt wird. Das Gleiche gilt für die zweite zur Stützung der Einrede der Rechtswidrigkeit erhobene Rüge, mit der eine Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit und der Verteidigungsrechte geltend gemacht wird und deren Zulässigkeit im Übrigen nicht bestritten wird (vgl. oben, Rn. 32). Wie hinsichtlich der Lücken, die im Rahmen der ersten Rüge den einschlägigen Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 im Hinblick auf den effektiven gerichtlichen Rechtsschutz vorgeworfen werden, beanstanden die Klägerinnen nämlich mit ihrer zweiten Rüge, dass in diesen Bestimmungen die Mitteilung der Indizien, die die Nachprüfung gerechtfertigt hätten, an das überprüfte Unternehmen, die allein geeignet sei, die Beachtung des Grundsatzes der Waffengleichheit und der Verteidigungsrechte dieses Unternehmens zu gewährleisten, nicht vorgesehen sei.

44      Nach alledem ist die von den Klägerinnen erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit für zulässig zu erklären, soweit sie die beiden Rügen betrifft, auf die sie gestützt wird, jedoch nur insoweit, als sie sich auf die einschlägigen Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 bezieht.

2.      Zur Begründetheit der Einrede der Rechtswidrigkeit

a)      Zur ersten Rüge: Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf

45      Die Klägerinnen machen geltend, Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoße gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) und der Rechtsprechung der Unionsgerichte tragen sie vor, da die gerichtliche Kontrolle des Ablaufs der Nachprüfungen nur im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gegen die von der Kommission gemäß Art. 101 AEUV erlassene abschließende Sanktionsentscheidung erfolgen könne, sei die Möglichkeit, diesen Ablauf zu beanstanden, nicht sicher und nicht innerhalb einer angemessenen Frist eröffnet. Die Klägerinnen leiten daraus ab, dass das System der Rechtsbehelfe gegen die Bedingungen des Ablaufs der nach Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 angeordneten Nachprüfungen den betroffenen Unternehmen keine „angemessene Wiedergutmachung“ biete. Sie hätten nämlich nicht die Möglichkeit gehabt, rechtzeitig den Schutz eines unparteiischen und unabhängigen Richters zu erlangen, und seien somit gezwungen gewesen, allen Ersuchen der Inspektoren nachzugeben.

46      Art. 47 („Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht“) der Charta bestimmt:

„Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. …“

47      Im Übrigen geht aus den Erläuterungen zur Charta (ABl. 2007, C 303, S. 17), die nach Art. 52 Abs. 7 der Charta von den Unionsgerichten gebührend zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson, C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung), hervor, dass Art. 47 der Charta Art. 6 Abs. 1 und Art. 13 EMRK entspricht.

48      Wie der Rat zutreffend hervorhebt, bedeutet diese Entsprechung zwischen den Bestimmungen der Charta und denen der EMRK nicht, dass die im vorliegenden Fall vorzunehmende Rechtmäßigkeitskontrolle anhand der Bestimmungen der EMRK erfolgen muss. Aus der Rechtsprechung, insbesondere dem vom Rat angeführten Urteil vom 14. September 2017, K. (C‑18/16, EU:C:2017:680, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung), geht nämlich hervor, dass die durch die EMRK anerkannten Grundrechte, wie Art. 6 Abs. 3 EUV bestätigt, zwar als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind und dass nach Art. 52 Abs. 3 der Charta die in ihr enthaltenen Rechte, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite haben, wie sie ihnen in der EMRK verliehen werden, doch stellt die EMRK, solange die Union ihr nicht beigetreten ist, kein Rechtsinstrument dar, das formell in die Unionsrechtsordnung übernommen wurde, so dass die Rechtmäßigkeitskontrolle allein anhand der durch die Charta garantierten Grundrechte vorzunehmen ist.

49      Sowohl aus Art. 52 der Charta als auch aus den Erläuterungen zu diesem Artikel ergibt sich jedoch, dass die Bestimmungen der EMRK und die Rechtsprechung des EGMR zu diesen Bestimmungen bei der Auslegung und Anwendung der Bestimmungen der Charta in einem bestimmten Fall zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2010, DEB, C‑279/09, EU:C:2010:811, Rn. 35 und 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 26. Februar 2013, Melloni, C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 50). In Art. 52 Abs. 3 der Charta heißt es nämlich, dass, soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, diese die gleiche Bedeutung und Tragweite haben, wie sie ihnen in der EMRK verliehen werden, und nach den Erläuterungen zu diesem Artikel werden die Bedeutung und Tragweite der von der EMRK garantierten Rechte nicht nur durch den Wortlaut der EMRK und ihre Protokolle, sondern auch durch die Rechtsprechung des EGMR bestimmt.

50      Aus der Rechtsprechung des EGMR zur Beachtung der EMRK, insbesondere ihrer Art. 6 und 13, in Bezug auf Hausdurchsuchungen, insbesondere aus den Urteilen des EGMR vom 21. Februar 2008, Ravon u. a./Frankreich (CE:ECHR:2008:0221JUD001849703, im Folgenden: Urteil Ravon), vom 21. Dezember 2010, Société Canal Plus u. a./Frankreich (CE:ECHR:2010:1221JUD002940808, im Folgenden: Urteil Canal Plus), vom 21. Dezember 2010, Compagnie des gaz de pétrole Primagaz/Frankreich (CE:ECHR:2010:1221JUD002961308, im Folgenden: Urteil Primagaz), und vom 2. Oktober 2014, Delta Pekárny a.s./Tschechische Republik (CE:ECHR:2014:1002JUD000009711, im Folgenden: Urteil Delta Pekárny), die von den Parteien geltend gemacht und analysiert worden sind, gehen die folgenden Grundsätze hervor:

–        Es muss eine effektive gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der betreffenden Entscheidung oder der Maßnahmen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegeben sein (Urteile Ravon, Rn. 28, und Delta Pekárny, Rn. 87) (im Folgenden: Effektivitätsvoraussetzung).

–        Die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe müssen es im Falle der Feststellung einer Rechtswidrigkeit ermöglichen, entweder vollendete Tatsachen zu verhindern oder, wenn diese bereits eingetreten sind, den Betroffenen eine angemessene Wiedergutmachung zu gewähren (Urteile Ravon, Rn. 28, und Delta Pekárny, Rn. 87) (im Folgenden: Voraussetzung der Wirksamkeit).

–        Die Zugänglichkeit des betreffenden Rechtsbehelfs muss sicher sein (Urteile Canal Plus, Rn. 40, und Primagaz, Rn. 28) (im Folgenden: Voraussetzung der Gewissheit).

–        Die gerichtliche Kontrolle muss innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen (Urteile Canal Plus, Rn. 40, und Primagaz, Rn. 28) (im Folgenden: Voraussetzung einer angemessenen Frist).

51      Ferner geht daraus hervor, dass der Ablauf einer Nachprüfungsmaßnahme Gegenstand einer solchen effektiven gerichtlichen Kontrolle sein muss und dass die Kontrolle unter den besonderen Umständen der in Rede stehenden Rechtssache effektiv sein muss (Urteil Delta Pekárny, Rn. 87), was die Berücksichtigung sämtlicher zur Verfügung stehender Rechtsschutzmöglichkeiten und somit eine umfassende Analyse dieser Rechtsschutzmöglichkeiten impliziert (vgl. in diesem Sinne Urteile Ravon, Rn. 29 bis 34, Canal Plus, Rn. 40 bis 44, und Delta Pekárny, Rn. 89 bis 93). Die Prüfung der Begründetheit der Einrede der Rechtswidrigkeit kann daher nicht auf die Prüfung der von den Klägerinnen gerügten Mängel von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 beschränkt werden, sondern muss auf der Berücksichtigung sämtlicher Rechtsbehelfe beruhen, die einem Unternehmen, das von einer Nachprüfung betroffen ist, zur Verfügung stehen.

52      Vorab ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission und des Rates die oben in den Rn. 50 und 51 angeführte Rechtsprechung des EGMR im vorliegenden Fall nicht als irrelevant angesehen werden kann.

53      Zwar hat die Kommission im vorliegenden Fall nicht auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1/2003 von „Polizeikräften“ oder von Vollzugsbefugnissen der nationalen Behörden Gebrauch gemacht. Dies wird insbesondere dadurch belegt, dass die Beschlüsse der französischen Gerichte, mit denen diese von der Kommission vorsorglich beantragten Durchsuchungen und Beschlagnahmen genehmigt wurden, den Klägerinnen nicht zugestellt wurden (vgl. oben, Rn. 5 und 34). Gleichwohl waren die Klägerinnen, wie sie zu Recht geltend machen, gezwungen, den Nachprüfungsbeschluss zu befolgen, der für seine Adressaten verbindlich ist und im Fall der Nichtbeachtung zur Verhängung einer Geldbuße führen kann (Art. 23 Abs. 1 Buchst. c bis e der Verordnung Nr. 1/2003) und der u. a. den Zugang zu allen ihren Räumlichkeiten sowie die Prüfung und das Kopieren ihrer Geschäftsunterlagen bedingt (Art. 20 Abs. 2 Buchst. a bis d der Verordnung Nr. 1/2003), was den Tatbestand des Eindringens in die Räumlichkeiten der überprüften Unternehmen erfüllt, so dass es gerechtfertigt ist, den von den Hausdurchsuchungen betroffenen Unternehmen die von der Rechtsprechung des EGMR anerkannten Rechte, die in den vorstehenden Rn. 50 und 51 angeführt werden, zu garantieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 65; EGMR, 14. März 2013, Bernh Larsen Holding AS u. a./Norwegen, CE:ECHR:2013:0314JUD002411708, Rn. 106). Es ist daher nicht entscheidend, dass die Nachprüfung im vorliegenden Fall ohne vorherige richterliche Genehmigung des Einsatzes von Polizeikräften durchgeführt wurde, und es kann sogar davon ausgegangen werden, dass dieses Fehlen eines vorherigen gerichtlichen Tätigwerdens die zwingende Beachtung der Garantien, die der EGMR aufgestellt hat, im Stadium der nachträglichen gerichtlichen Kontrolle des Nachprüfungsbeschlusses erst recht rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung des EGMR). Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich der Unionsrichter, wenn er sich zur Beachtung der Grundrechte der überprüften Unternehmen zu äußern hatte, stets auf die Rechtsprechung des EGMR gestützt hat (Urteile vom 18. Juni 2015, Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:404, Rn. 41 bis 48), vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 109 bis 114, und vom 10. April 2018, Alcogroup und Alcodis/Kommission, T‑274/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:179, Rn. 91).

54      Daher ist die Wahrung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf durch das System der Rechtsschutzmöglichkeiten, mit denen der Ablauf einer Nachprüfung im Bereich des Wettbewerbsrechts beanstandet werden kann, im Licht der oben angeführten Rechtsprechung des EGMR zu prüfen.

55      Wie sich aus der Rechtsprechung des EGMR ergibt und oben in Rn. 51 ausgeführt worden ist, muss diese Prüfung auf einer umfassenden Analyse der Rechtsschutzmöglichkeiten beruhen, die zur Kontrolle der im Rahmen einer Nachprüfung getroffenen Maßnahmen führen können. Es ist daher unerheblich, dass jede dieser Rechtsschutzmöglichkeiten für sich genommen nicht die vier Voraussetzungen für das Vorliegen eines Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf erfüllt.

56      Die Parteien haben sechs Rechtsschutzmöglichkeiten angeführt. Es handelt sich dabei um

–        die Klage gegen den Nachprüfungsbeschluss;

–        die Klage gegen jede Handlung, die die Voraussetzungen der Rechtsprechung für die mit Klage anfechtbare Handlung erfüllt, die die Kommission nach dem Nachprüfungsbeschluss und im Rahmen des Ablaufs der Nachprüfungsmaßnahmen annehmen würde, wie eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf Schutz von Dokumenten wegen Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant abgelehnt wird (vgl. Urteil vom 17. September 2007, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑125/03 und T‑253/03, EU:T:2007:287, Rn. 46, 48 und 49 und die dort angeführte Rechtsprechung);

–        die Klage gegen die endgültige Entscheidung, mit der das nach Art. 101 AEUV eingeleitete Verfahren abgeschlossen wird;

–        den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz;

–        die Klage aus außervertraglicher Haftung;

–        Anträge, die an den Anhörungsbeauftragten gerichtet werden können.

57      Es ist darauf hinzuweisen, dass, mit Ausnahme der Anträge an den Anhörungsbeauftragten, der, wie die Klägerinnen vortragen, nicht als „Gericht“ im Sinne der EMRK eingestuft werden kann, insbesondere weil er nur über eine Empfehlungsbefugnis verfügt (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a des Beschlusses 2011/695/EU des Präsidenten der Kommission vom 13. Oktober 2011 über Funktion und Mandat des Anhörungsbeauftragten in bestimmten Wettbewerbsverfahren [ABl. 2011, L 275, S. 29]), jede dieser Rechtsschutzmöglichkeiten gestattet, Rügen betreffend eine Nachprüfungsmaßnahme vor ein Gericht zu bringen.

58      Erstens ergibt sich nämlich aus der Rechtsprechung und wird von den Klägerinnen auch nicht bestritten, dass die Umstände, unter denen eine Nachprüfung durchgeführt worden ist, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gegen die Endentscheidung, mit der das nach Art. 101 AEUV eingeleitete Verfahren abgeschlossen wird, beanstandet werden können (Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 132; vgl. auch Urteil vom 10. April 2018, Alcogroup und Alcodis/Kommission, T‑274/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:179, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Endentscheidungen unterliegt, mit Ausnahme der Unzulässigkeit der Klagegründe, die gegen den Nachprüfungsbeschluss hätten vorgebracht werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, EU:T:1999:80, Rn. 408 bis 415), keiner Einschränkung hinsichtlich der Klagegründe, die geltend gemacht werden können, und somit hinsichtlich des Gegenstands der Kontrolle. Sie ermöglicht insbesondere die Überprüfung, ob die Kommission alle Grenzen beachtet hat, die ihr beim Ablauf einer Nachprüfung gesetzt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 79 bis 82), und es wurde entschieden, dass sie das Vorliegen einer effektiven gerichtlichen Kontrolle der Nachprüfungsmaßnahmen, wie vom EGMR verlangt, gewährleistet (Urteil vom 10. April 2018, Alcogroup und Alcodis/Kommission, T‑274/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:179, Rn. 91).

59      Zweitens ergibt sich aus der Rechtsprechung auch, und die vorliegende Klage bestätigt dies, dass ein Nachprüfungsbeschluss Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann (Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 97 und 111). Diese Kontrolle ist im Übrigen in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 selbst (Abs. 4 und 8) vorgesehen, der den Hinweis darauf im Nachprüfungsbeschluss vorschreibt. Zum einen kann die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Nachprüfungsbeschlusses, die u. a. den Besitz hinreichend ernsthafter Indizien für den Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln durch die Kommission betrifft, im Fall der Feststellung der Rechtswidrigkeit dazu führen, dass sämtliche in Anwendung des Beschlusses getroffenen Maßnahmen selbst als rechtswidrig angesehen werden, insbesondere als nicht erforderlich (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑621/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:367, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zum anderen kann sich für den Fall, dass ein Nachprüfungsbeschluss im Anschluss an andere Nachprüfungen erlassen wird und die im Rahmen früherer Nachprüfungen erlangten Informationen diesen Nachprüfungsbeschluss gestützt haben, die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses u. a. auf die Vereinbarkeit der in Anwendung früherer Nachprüfungsbeschlüsse getroffenen Maßnahmen mit dem in diesen Beschlüssen festgelegten Bereich der Nachprüfung beziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 138 bis 160) und bei Feststellung eines Verstoßes zu seiner Nichtigerklärung führen (Urteil vom 18. Juni 2015, Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:404, Rn. 56 bis 67 und 71; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 10. April 2018, Alcogroup und Alcodis/Kommission, T‑274/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:179, Rn. 63).

60      Drittens ist außerdem darauf hinzuweisen, auch wenn die Parteien dies nicht vorgebracht haben, dass eine Entscheidung der Kommission, mit der eine Behinderung der Nachprüfung auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 Buchst. c bis e der Verordnung Nr. 1/2003 geahndet wird, ebenso wie jede nach der Verordnung Nr. 1/2003 verhängte Sanktionsentscheidung Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann. Zur Stützung dieser Klage kann insbesondere die Rechtswidrigkeit der Sanktion mit der Begründung geltend gemacht werden, dass die während der Nachprüfung, der sich das mit einer Sanktion belegte Unternehmen nicht unterzogen habe, getroffene Maßnahme, wie z. B. ein Ersuchen um Vorlage eines vertraulichen Dokuments oder eine an einen Mitarbeiter gerichtete Anforderung von Erläuterungen, selbst rechtswidrig sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 126).

61      Viertens geht aus dem Urteil vom 17. September 2007, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (T‑125/03 und T‑253/03, EU:T:2007:287, Rn. 46, 48 und 49 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), klar hervor, dass eine Entscheidung, mit der ein während einer Nachprüfung gestellter Antrag auf Schutz von Dokumenten wegen Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt wird, eine anfechtbare Handlung darstellt. Dieser Rechtsbehelf wurde gerade deshalb eröffnet, weil der Unionsrichter der Auffassung war, dass die für das Unternehmen bestehende Möglichkeit, gegen eine etwaige Entscheidung Klage zu erheben, mit der ein Wettbewerbsverstoß festgestellt wird, für einen angemessenen Schutz seiner Rechte nicht ausreichend war, weil es zum einen möglich war, dass das Verwaltungsverfahren nicht zu einer Entscheidung führt, mit der ein Verstoß festgestellt wird, und zum anderen eine Klage gegen diese Entscheidung, falls sie ergeht, dem Unternehmen nicht die Möglichkeit gab, die unumkehrbaren Wirkungen zu verhindern, die eine rechtswidrige Kenntnisnahme von Schriftstücken mit sich brächte, die durch die Vertraulichkeit geschützt sind (vgl. Urteil vom 17. September 2007, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑125/03 und T‑253/03, EU:T:2007:287, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Ebenso kann entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen – auch wenn der Unionsrichter eine solche Klage bislang nicht für zulässig erklärt hat – davon ausgegangen werden, dass das Gericht die Möglichkeit anerkannt hat, dass das überprüfte Unternehmen gegen eine Entscheidung, mit der der Antrag auf Schutz des Privatlebens seiner Mitarbeiter abgelehnt wurde, unter den gleichen Bedingungen Klage erheben kann. Nach dem Hinweis auf das Urteil vom 17. September 2007, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (T‑125/03 und T‑253/03, EU:T:2007:287) und die dort angeführte Rechtsprechung hat das Gericht nämlich unter Hinweis auf die Möglichkeit einer „Entscheidung …, mit de[r] sie … einen … Schutz [des Privatlebens] verweigerte“, festgestellt, dass eine solche Entscheidung im vorliegenden Fall nicht erlassen worden sei. Es hat sich dabei auf den Umstand gestützt, dass die Klägerinnen beim Erlass der Entscheidung über die Kopie der Daten weder geltend gemacht hatten, dass für ihnen gehörende Dokumente ein vergleichbarer Schutz vorgesehen sei wie für Informationen, die unter das Anwaltsgeheimnis fielen, noch die in Rede stehenden genauen Dokumente oder Teile der Dokumente bezeichnet hatten (Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 129 und 130). Im Übrigen stellen die Klägerinnen nicht in Frage, dass der in Rede stehende Rechtsbehelf als solcher gegeben ist, sondern eher seinen restriktiven und verbindlichen Charakter für die betroffenen Unternehmen, da diese sofort reagieren müssten, während die Nachprüfung im Gang sei und bevor die Kommission Kopien anfertige (vgl. unten, Rn. 72).

63      Weder die Verträge noch der Wortlaut von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 schließen es nämlich aus, dass ein Unternehmen eine Nichtigkeitsklage gegen solche im Rahmen des Ablaufs einer Nachprüfung vorgenommenen Handlungen erheben kann, sofern die Anforderungen von Art. 263 Abs. 4 AEUV erfüllt sind.

64      Fünftens ist es, auch wenn nach Art. 278 AEUV alle oben genannten Klagen grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung haben, nach dieser Bestimmung möglich, die Aussetzung der Durchführung der im Rahmen dieser Klagen angefochtenen Handlungen zu erreichen. Insbesondere kann ein solcher Aussetzungsantrag zur Aussetzung der Nachprüfungsmaßnahmen führen, wobei jedoch, da der Nachprüfungsbeschluss grundsätzlich am Tag des Beginns der Nachprüfung zugestellt und dem überprüften Unternehmen zur Kenntnis gebracht wird, ein solches Ergebnis nur durch die Anwendung des Verfahrens nach Art. 157 Abs. 2 der Verfahrensordnung erreicht werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung einer vorläufigen Aussetzung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 98). Der Präsident des Gerichts kann nämlich auf der Grundlage dieser Bestimmung dem Aussetzungsantrag stattgeben, bevor er die Kommission angehört hat, und somit die Aussetzung nur einige Tage nach der Antragstellung und vor dem Ende der Nachprüfung anordnen.

65      Außerdem kann ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz auch parallel zur Klage gegen eine Entscheidung gestellt werden, mit der ein Antrag auf Schutz von Dokumenten wegen Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant abgelehnt wird. Dies wird durch die Beschlüsse vom 27. September 2004, Kommission/Akzo und Akcros (C‑7/04 P[R], EU:C:2004:566), und vom 30. Oktober 2003, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (T‑125/03 R und T‑253/03 R, EU:T:2003:287), belegt. Es kann nämlich davon ausgegangen werden, dass der Präsident des Gerichtshofs in diesem Beschluss zwar den Beschluss des Präsidenten des Gerichts, mit dem die beantragte Aussetzung angeordnet worden war, aufgehoben hat, aber nicht ausgeschlossen hat, dass in Ermangelung einer von der Kommission eingegangenen Verpflichtung, Dritten keinen Zugang zu den fraglichen Schriftstücken zu gewähren, die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung, mit der der Antrag auf Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen den betroffenen Gesellschaften und ihren Anwälten abgelehnt wurde, sowie die Aufbewahrung der betreffenden vertraulichen Daten in der Kanzlei des Gerichts bis zur Entscheidung des Gerichts über die Klage angeordnet werden könnten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. September 2004, Kommission/Akzo und Akcros, C‑7/04 P[R], EU:C:2004:566, Rn. 42 sowie Nrn. 1 und 2 des Tenors; vgl. in diesem Sinne auch Beschluss vom 17. September 2015, Alcogroup und Alcodis/Kommission, C‑386/15 P[R], EU:C:2015:623, Rn. 24). Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen ist daher nicht davon auszugehen, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine Möglichkeit zur Wiedergutmachung etwaiger Unregelmäßigkeiten bietet, die die Kommission im Verlauf einer Nachprüfung begangen hat, unabhängig von der Entscheidung, mit der sie angeordnet wurde.

66      Sechstens kann das überprüfte Unternehmen, auch bei fehlendem Erlass einer anfechtbaren Handlung bei den Nachprüfungen, wenn es der Auffassung ist, dass die Kommission bei der Nachprüfung Rechtsverstöße begangen hat und dass ihm durch diese Rechtsverstöße ein Schaden entstanden ist, der die Haftung der Union auslösen kann, gegen die Kommission eine Klage aus außervertraglicher Haftung erheben. Diese Möglichkeit besteht bereits vor Erlass einer Entscheidung, mit der das Verfahren wegen Zuwiderhandlung abgeschlossen wird, und selbst dann, wenn die Nachprüfung nicht zu einer Endentscheidung führt, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann. Eine solche Klage aus außervertraglicher Haftung ist nämlich nicht Bestandteil des Systems der Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Unionshandlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen, steht aber zur Verfügung, wenn eine Partei aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens eines Organs einen Schaden erlitten hat, und zwar auch dann, wenn dieses Verhalten nicht in einer anfechtbaren Handlung zum Ausdruck gekommen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 133, vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 99, und vom 10. April 2018, Alcogroup und Alcodis/Kommission, T‑274/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:179, Rn. 92).

67      Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass das System zur Kontrolle des Ablaufs der Nachprüfungen, das aus allen vorstehend beschriebenen Rechtsschutzmöglichkeiten besteht, die vier oben in Rn. 50 genannten Voraussetzungen erfüllt.

68      Was erstens die Effektivitätsvoraussetzung angeht, ist darauf hinzuweisen – was im Übrigen von den Klägerinnen nicht bestritten wird –, dass die oben genannten Rechtsschutzmöglichkeiten zu einer eingehenden Prüfung führen, die sich sowohl auf die Rechts- als auch auf die Tatsachenfragen erstreckt (vgl. insbesondere zu Nachprüfungsbeschlüssen Urteil vom 18. Juni 2015, Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:404, Rn. 33 und 34, und, allgemeiner in Bezug auf Beschlüsse der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV, Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 62).

69      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass zwar nicht jede dieser Rechtsschutzmöglichkeiten für sich genommen eine Kontrolle der Begründetheit sämtlicher bei der Nachprüfung getroffener Maßnahmen ermöglicht, dass aber ihre kombinierte Ausübung, die keine Zulässigkeitsprobleme aufwirft, eine solche Kontrolle erlaubt, wie sich aus der Aufzählung der verschiedenen im Laufe der Nachprüfungen getroffenen Maßnahmen und der verschiedenen Rechte der überprüften Unternehmen, die bei der Prüfung der verschiedenen betreffenden Klagen kontrolliert werden können, oben in den Rn. 57 bis 66 ergibt. Insbesondere können die Klägerinnen nicht mit Erfolg geltend machen, dass es keine Rechtsschutzmöglichkeit für den Fall gebe, dass die Inspektoren Kopien von Dokumenten anfertigten, die außerhalb des Gebiets der Nachprüfung lägen. In dem von den Klägerinnen geltend gemachten Fall, dass die fragliche Nachprüfung nicht zu einer Entscheidung über die Feststellung einer Zuwiderhandlung und einer Sanktion, sondern zur Einleitung einer neuen Untersuchung und zum Erlass eines neuen Nachprüfungsbeschlusses führte, könnten die überprüften Unternehmen nämlich eine Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung erheben, indem sie die Rechtmäßigkeit der Indizien zu ihrer Stützung als bei der vorangegangenen Nachprüfung unrechtmäßig erlangt rügen (vgl. oben, Rn. 59).

70      Folglich ist das Vorbringen der Klägerinnen unerheblich, das auf Urteile des EGMR gestützt ist, mit denen eine Verletzung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf mit der Begründung festgestellt wurde, dass einer der oben genannten Rechtsbehelfe fehle. Insbesondere sind die Feststellungen des EGMR in seinem Urteil Delta Pekárny (Rn. 82 bis 94) nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, da die in Rede stehenden tschechischen Rechtsvorschriften keinen spezifischen Rechtsbehelf geschaffen hatten, mit dem die Nachprüfungsentscheidungen angefochten werden konnten. Die einzige Möglichkeit für die überprüften Unternehmen, die Rechtmäßigkeit der Nachprüfung in Frage zu stellen, bestand nämlich in einem Verfahren, dessen Gegenstand die Feststellungen der Wettbewerbsbehörde in der Sache waren, und in diesem Rahmen waren Faktoren wie Erforderlichkeit, Dauer und Umfang der Nachprüfung sowie ihre Verhältnismäßigkeit nicht überprüfbar (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:92, Nr. 37), obwohl dies im Rahmen einer gegen den Nachprüfungsbeschluss gerichteten Klage möglich gewesen wäre.

71      Ebenso ergibt sich, im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem Urteil des EGMR vom 2. April 2015, Vinci Construction und GTM Génie Civil et Services/Frankreich (CE:ECHR:2015:0402JUD006362910), zugrunde lag, aus der Rechtsprechung der Unionsgerichte die Möglichkeit, bei Nachprüfungen eine effektive Kontrolle der Wahrung der Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant zu beantragen (vgl. oben, Rn. 61). In diesem Rahmen wird insbesondere geprüft, ob die fraglichen Dokumente sachlich unter diese Vertraulichkeit fallen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2007, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑125/03 und T‑253/03, EU:T:2007:287, Rn. 117 bis 135, 138 bis 140 und 165 bis 179).

72      Außerdem ist davon auszugehen, dass es nicht gegen den Grundsatz des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf verstößt, wenn von dem von einem Nachprüfungsbeschluss betroffenen Unternehmen verlangt wird, dass es bestimmte Schritte unternimmt, um seine Rechte und seinen Zugang zu den Rechtsbehelfen zu wahren, mit denen die Beachtung dieser Rechte gewährleistet werden kann; dies gilt insbesondere für die Schritte, die darin bestehen, Anträge auf Schutz bei der Kommission zu stellen (vgl. oben, Rn. 61 und 62). Dies gilt umso mehr, als die Kommission dem Unternehmen eine kurze Frist zur Konsultation seiner Anwälte gewähren muss, bevor sie Kopien anfertigt, um gegebenenfalls solche Anträge zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 89).

73      Was zweitens die Voraussetzung der Wirksamkeit angeht, kann festgestellt werden, dass die oben angeführten Rechtsschutzmöglichkeiten eine sowohl vorbeugende Kontrolle durch den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, der verhindert, dass die Nachprüfungsmaßnahmen abgeschlossen werden (vgl. oben, Rn. 64), als auch eine heilende und nachträgliche Kontrolle der Durchführung der Nachprüfungen durch andere Rechtsbehelfe ermöglichen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des EGMR nicht sowohl eine Vorabkontrolle als auch eine nachträgliche Kontrolle erforderlich sind, da sie sie alternativ in Betracht zieht (vgl. oben, Rn. 50). Selbst wenn der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, wie die Klägerinnen im vorliegenden Fall geltend machen, nicht die erforderliche Wirksamkeit haben sollte, gewähren die Klagen, die nachträglich erhoben werden können, dem Rechtsuchenden somit jedenfalls eine angemessene Wiedergutmachung.

74      So ist die Kommission im Fall der Nichtigerklärung des Nachprüfungsbeschlusses daran gehindert, Unterlagen oder Beweisstücke, die sie sich im Zuge dieser Nachprüfung verschafft hat, im Verfahren wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verwenden (Urteile vom 22. Oktober 2002, Roquette Frères, C‑94/00, EU:C:2002:603, Rn. 49, und vom 12. Dezember 2012, Almamet/Kommission, T‑410/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:676, Rn. 31). Insbesondere führt eine solche Nichtigerklärung zwangsläufig zur Nichtigerklärung eines neuen Nachprüfungsbeschlusses, der ausschließlich auf der Grundlage der bei der ersten rechtswidrigen Nachprüfung beschlagnahmten Unterlagen erlassen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑621/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:367, Rn. 39 und 40).

75      Ebenso führt im Rahmen der gegen die Endentscheidung der Kommission gerichteten Klage die Feststellung einer Regelwidrigkeit bei der Durchführung der Nachprüfung dazu, dass es der Kommission nicht möglich ist, die dabei erlangten Informationen für die Zwecke des Zuwiderhandlungsverfahrens zu verwenden (vgl. Urteil vom 18. Juni 2015, Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:404, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), was zur Nichtigerklärung des Beschlusses führen kann, mit dem die Zuwiderhandlung festgestellt und geahndet wird, wenn die betreffenden Beweise für diese Feststellung und Sanktion entscheidend sind.

76      Außerdem ist selbst für den Fall, dass kein Beschluss über die Feststellung und Ahndung eines Verstoßes ergangen sein sollte, darauf hinzuweisen, dass zum einen die Klage auf Nichtigerklärung bestimmter im Laufe der Nachprüfung erlassener Maßnahmen (vgl. oben, Rn. 61 und 62) und zum anderen die Schadensersatzklage (vgl. oben, Rn. 66) noch offenstehen. Diese beiden Rechtsschutzmöglichkeiten gestatten es, die Entfernung der für nichtig erklärten Nachprüfungsmaßnahmen aus der Rechtsordnung und den Ersatz des durch diese Maßnahmen entstandenen Schadens bereits vor und unabhängig vom Abschluss des etwaigen anschließenden Verfahrens wegen einer Zuwiderhandlung zu erreichen. Insoweit ist klarzustellen, dass, da die Beurteilung der Rechtsbehelfe und der Angemessenheit der durch sie ermöglichten Wiedergutmachung im Wege einer Gesamtbetrachtung erfolgen muss (siehe oben, Rn. 51) und andere Rechtsschutzmöglichkeiten die Kommission daran hindern, die rechtswidrig kopierten Dokumente zu verwenden, es unerheblich ist, dass die Schadensersatzklage sie nicht daran hindert. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann insbesondere aus dem Urteil Ravon nicht abgeleitet werden, dass der EGMR für die Feststellung der Wirksamkeit der gerichtlichen Kontrolle der Nachprüfungen verlange, dass die fraglichen Klagen zu einem Verbot der Verwendung der erlangten Schriftstücke und Zeugenaussagen führten. Der EGMR hat sich in diesem Urteil nämlich darauf beschränkt, die Methode der Gesamtbeurteilung der verfügbaren Rechtsbehelfe anzuwenden, indem er entschieden hat, dass die Schadensersatzklage nicht ausreiche, um die Unzulänglichkeiten der anderen Rechtsbehelfe, insbesondere der in den fraglichen französischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Nichtigkeitsklagen (Urteil Ravon, Rn. 33), die nicht die Wirksamkeit der vor dem Unionsrichter möglichen Nichtigkeitsklagen aufwiesen, auszugleichen.

77      Drittens wird das Vorliegen der Voraussetzung der Gewissheit von den Klägerinnen in erster Linie mit der Begründung bestritten, es sei nicht sicher, dass die Handlungen, die mit den verschiedenen oben angeführten Rechtsschutzmöglichkeiten angefochten werden könnten, erlassen würden. Insbesondere erlasse die Kommission nicht zwangsläufig eine Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt und deren Urheber nach einer Nachprüfung geahndet werde. Die Voraussetzung der Gewissheit ist jedoch nicht dahin auszulegen, dass sie die Eröffnung sämtlicher theoretisch möglicher Rechtsschutzmöglichkeiten in allen Fällen und unabhängig von den im Anschluss an die Nachprüfung getroffenen Maßnahmen erfordert, sondern verlangt die Eröffnung derjenigen, die zur Anfechtung der Maßnahmen geeignet sind, die negative Auswirkungen auf das zum Zeitpunkt des Eintritts dieser Auswirkungen überprüfte Unternehmen haben. Falls solche negativen Auswirkungen nicht in einer Entscheidung bestehen, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt oder geahndet wird, kann daher die fehlende Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen diese Entscheidung das Erfordernis eines sicheren Rechtsbehelfs gegen die bei einer Nachprüfung getroffenen Maßnahmen nicht beeinträchtigen.

78      Aus dem Urteil Canal Plus kann keine andere Auslegung abgeleitet werden (vgl. oben, Rn. 50). Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen hat der EGMR in diesem Urteil nämlich nicht entschieden, dass die Zugänglichkeit des Rechtsbehelfs gegen die Nachprüfungsentscheidung aufgrund der Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Erlass einer Sachentscheidung durch die Wettbewerbsbehörde ungewiss sei. Er hat sich u. a., unter den besonderen Umständen der vom französischen Gesetzgeber eingeführten Übergangsregelung, auf die Feststellung beschränkt, dass die nach dieser Regelung gegen den Beschluss, mit dem die Hausdurchsuchung gestattet wurde, zulässige Klage das Vorliegen eines anhängigen Rechtsbehelfs gegen die Sachentscheidung voraussetzte, wodurch eine Bedingtheit geschaffen wurde, die die Zugänglichkeit dieser Klage tatsächlich ungewiss machte (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:92, Nr. 48). Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass es eine solche Bedingtheit im System der Rechtsbehelfe im Bereich der Nachprüfungen der Kommission nicht gibt. Die Erhebung einer Klage gegen einen Nachprüfungsbeschluss hängt nämlich nicht von der Erhebung einer Klage gegen die das Verfahren nach Art. 101 AEUV abschließende Entscheidung ab und könnte angesichts der in Art. 263 AEUV festgelegten Klagefrist auch nicht davon abhängen.

79      Viertens ist zur Voraussetzung einer angemessenen Frist festzustellen, dass die Klägerinnen ihr Vorbringen, diese Voraussetzung sei nicht beachtet worden, nicht auf die Dauer der Verfahren vor dem Unionsrichter stützen und im Übrigen das Bestehen von Klagefristen einräumen. Sie beanstanden lediglich die erhebliche Dauer, die zwischen der Nachprüfung und der endgültigen Entscheidung liegen kann, mit der das nach Art. 101 AEUV eingeleitete Verfahren abgeschlossen wird.

80      Aus einer solchen Frist, auch wenn sie mehrere Jahre erreichen kann, kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Rechtsbehelfe, mit denen der Ablauf der Nachprüfungen vor dem Unionsrichter beanstandet werden kann, keinen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleisten. Zum einen wird nämlich nur die Frist beanstandet, die zwischen dem Erlass der Nachprüfungsmaßnahmen und dem Zeitpunkt ihrer möglichen Anfechtung im Rahmen der Klage gegen die nach Art. 101 AEUV erlassene endgültige Entscheidung liegt, die nur einen der Rechtsbehelfe für ihre Anfechtung darstellt. Zum anderen muss vor allem die Zeit, während der die fraglichen Nachprüfungsmaßnahmen aufrechterhalten werden, im Zusammenhang damit gesehen werden, dass die Kommission bis zu dieser endgültigen Entscheidung nicht abschließend zum Vorliegen einer Zuwiderhandlung und zur anschließenden Ahndung des überprüften Unternehmens Stellung nimmt. Sollten dagegen für das während dieser Frist überprüfte Unternehmen andere nachteilige Folgen eintreten, wie z. B. ein schädigendes Verhalten der Kommission oder der Erlass eines neuen Nachprüfungsbeschlusses auf der Grundlage der gesammelten Informationen, stünde es diesem Unternehmen frei, sofort und ohne den Ausgang des Zuwiderhandlungsverfahrens abzuwarten, eine Schadensersatzklage oder eine Klage auf Nichtigerklärung des neuen Nachprüfungsbeschlusses zu erheben.

81      Nach alledem ist die erste Rüge, die zur Stützung der Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 geltend gemacht wird, als unbegründet zurückzuweisen.

b)      Zur zweiten Rüge: Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit und der Verteidigungsrechte

82      Die Klägerinnen machen geltend, dass Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 gegen den Grundsatz der Waffengleichheit und die Verteidigungsrechte verstoße. Aus diesen tragenden Grundsätzen ergebe sich, dass eine beschuldigte Person ein Recht auf Zugang zu den Verfahrensakten haben müsse. Der rechtliche Rahmen der Nachprüfung, der in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegt sei, versetze die Klägerinnen dadurch, dass er den Parteien keinen Zugang zu den der Kommission zur Verfügung stehenden Unterlagen gestatte, die ihre Entscheidung rechtfertigten, eine Nachprüfung durchzuführen, in eine Situation eines offensichtlichen Ungleichgewichts gegenüber der Kommission und mache es ihnen unmöglich, ihre Verteidigung vorzubereiten.

83      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gebietet der Grundsatz der Waffengleichheit, der eine logische Folge aus dem Begriff des fairen Verfahrens ist und der Wahrung des Gleichgewichts zwischen den Prozessparteien dient, dass es jeder Partei angemessen ermöglicht wird, ihren Standpunkt sowie ihre Beweise unter Bedingungen vorzutragen, die sie nicht in eine gegenüber ihrem Gegner deutlich nachteilige Position versetzen. Dieser Grundsatz dient der Wahrung des prozeduralen Gleichgewichts zwischen den Parteien eines Gerichtsverfahrens, indem er ihnen gleiche Rechte und Pflichten gewährleistet, insbesondere hinsichtlich der Regeln der Beweisführung und der streitigen Verhandlung vor Gericht (vgl. Urteil vom 28. Juli 2016, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., C‑543/14, EU:C:2016:605, Rn. 40 und 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84      Zwar führen die Klägerinnen diese Rechtsprechung an und stützen sich nur auf die Art. 47 und 48 der Charta sowie auf Art. 6 EMRK, die die Rechte des Einzelnen vor Gericht regeln, um ihr Vorbringen einer Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit und der Verteidigungsrechte zu untermauern, doch die Rechtsprechung, die sie außerdem vortragen (vgl. unten, Rn. 94), bestätigt, dass sie allgemein auf die Rechte des überprüften Unternehmens abzielen, sich vor Gericht wie vor der Kommission zu verteidigen.

85      Nach der ständigen Rechtsprechung zu den Anhaltspunkten, die dem überprüften Unternehmen mitzuteilen sind, um den Schutz seiner Verteidigungsrechte gegenüber der Kommission zu gewährleisten, ist die Kommission nicht verpflichtet, diesem Unternehmen im Nachprüfungsbeschluss oder im Laufe der Nachprüfung die Indizien anzugeben, die diese Nachprüfung gerechtfertigt haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Oktober 1989, Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, 97/87 bis 99/87, EU:C:1989:380, Rn. 45, 50 und 51; vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission, T‑99/04, EU:T:2008:256, Rn. 48; vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 69; vom 14. März 2014, Cementos Portland Valderrivas/Kommission, T‑296/11, EU:T:2014:121, Rn. 37; vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 81, und vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑325/16, EU:T:2018:368, Rn. 45 und 46).

86      Diese von der Rechtsprechung entwickelte Lösung beruht nicht auf dem Grundsatz der Vertraulichkeit der fraglichen Indizien, sondern auf dem Anliegen, das der Gesetzgeber auch bei der Formulierung von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 berücksichtigt hat, die Wirksamkeit der Untersuchungen der Kommission in einem Stadium zu wahren, in dem sie gerade erst beginnen.

87      Das vor der Kommission nach der Verordnung Nr. 1/2003 durchgeführte Verwaltungsverfahren ist nämlich in zwei unterschiedliche, aufeinander folgende Abschnitte unterteilt, die jeweils einer eigenen inneren Logik folgen, nämlich einen Abschnitt der Voruntersuchung und einen kontradiktorischen Abschnitt. Der Abschnitt der Voruntersuchung, in dem die Kommission von ihren in der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Untersuchungsbefugnissen Gebrauch macht und der sich bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte erstreckt, soll es der Kommission ermöglichen, alle relevanten Gesichtspunkte zusammenzutragen, durch die das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln bestätigt oder nicht bestätigt wird, und eine erste Position zur Ausrichtung und zum weiteren Gang des Verfahrens einzunehmen. Dagegen hat es der zweite Abschnitt, der sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der endgültigen Entscheidung erstreckt, der Kommission zu ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern (vgl. Urteil vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      Der Abschnitt der Voruntersuchung zum einen beginnt dann, wenn die Kommission in Ausübung der Befugnisse, die ihr der Unionsgesetzgeber verliehen hat, Maßnahmen trifft, die mit dem Vorwurf verbunden sind, eine Zuwiderhandlung begangen zu haben, und soll es ihr ermöglichen, zum weiteren Verlauf des Verfahrens Stellung zu nehmen (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 114, und vom 15. Juli 2015, SLM und Ori Martin/Kommission, T‑389/10 und T‑419/10, EU:T:2015:513, Rn. 337). Zum anderen wird das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, und dass es zur Sicherstellung der wirksamen Ausübung seiner Verteidigungsrechte über ein Recht auf Zugang zu den Akten verfügt. Folglich kann das betroffene Unternehmen seine Verteidigungsrechte erst nach Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte umfassend geltend machen. Durch die Erstreckung dieser Rechte auf den Zeitraum vor Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte würde nämlich die Effizienz der von der Kommission geführten Untersuchung beeinträchtigt, da das betroffene Unternehmen schon im Abschnitt der Voruntersuchung erfahren würde, welche Informationen der Kommission bekannt sind und welche mithin noch vor ihr verborgen werden können (Urteil vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Die von der Kommission im Abschnitt der Voruntersuchung ergriffenen Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere die Nachprüfungsmaßnahmen und Auskunftsverlangen, implizieren jedoch naturgemäß den Vorwurf einer Zuwiderhandlung und können erhebliche Auswirkungen auf die Situation der unter Verdacht stehenden Unternehmen haben. Folglich muss verhindert werden, dass die Verteidigungsrechte in diesem Abschnitt des Verwaltungsverfahrens in nicht wiedergutzumachender Weise beeinträchtigt werden können, da die getroffenen Ermittlungsmaßnahmen für die Erbringung von Beweisen für rechtswidrige Verhaltensweisen von Unternehmen, die geeignet sind, deren Haftung auszulösen, von entscheidender Bedeutung sein können (vgl. Urteil vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die durch Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 auferlegte Verpflichtung zur Angabe von Gegenstand und Zweck einer Nachprüfung eine grundlegende Garantie für die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen darstellt und folglich der Umfang der Pflicht zur Begründung der Nachprüfungsentscheidungen nicht aufgrund von Erwägungen eingeschränkt werden kann, die die Wirksamkeit der Untersuchung betreffen. Zwar braucht die Kommission nach Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 und der Rechtsprechung weder dem Adressaten einer solchen Entscheidung alle ihr vorliegenden Informationen über mutmaßliche Zuwiderhandlungen zu übermitteln, noch muss sie eine genaue Abgrenzung des relevanten Marktes, noch eine exakte rechtliche Qualifizierung dieser Zuwiderhandlungen vornehmen, noch den Zeitraum bezeichnen, in dem diese Zuwiderhandlungen angeblich begangen worden sind; sie hat aber möglichst genau anzugeben, welchen Vermutungen sie nachzugehen beabsichtigt, d. h., wonach gesucht wird, und die Punkte aufzuführen, auf die sich die Nachprüfung beziehen soll (vgl. Urteil vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Nach alledem kann nach ständiger Rechtsprechung von der Kommission nicht verlangt werden, im Stadium des Abschnitts der Voruntersuchung außer den mutmaßlichen Zuwiderhandlungen, denen sie nachzugehen beabsichtigt, auch die Indizien anzugeben, d. h. die Gesichtspunkte, aufgrund deren sie die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV in Betracht zieht. Eine solche Verpflichtung würde nämlich das durch die Rechtsprechung geschaffene Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Wirksamkeit der Untersuchung und dem Schutz der Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens in Frage stellen (vgl. Urteil vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑325/16, EU:T:2018:368, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung; siehe auch oben, Rn. 85).

92      Folglich kann Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht mit der Begründung für rechtswidrig erklärt werden, dass er dadurch, dass er keine Mitteilung der die Nachprüfung rechtfertigenden Indizien an das überprüfte Unternehmen vorsehe, gegen den Grundsatz der Waffengleichheit und die Verteidigungsrechte dieses Unternehmens verstoße.

93      Keines der von den Klägerinnen vorgebrachten Argumente kann dieses Ergebnis in Frage stellen.

94      Was erstens die Rechtsprechung der Unionsgerichte betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen die angeführte Rechtsprechung nicht erwähnen und sie erst recht nicht ausdrücklich bestreiten und nur ein einziges Urteil des Gerichts zur Stützung ihres Vorbringens anführen, wonach der Grundsatz der Waffengleichheit bedeute, dass die betroffenen Unternehmen ein Recht auf Zugang zu den Akten hätten. Zwar ergibt sich aus diesem Urteil, dass nach dem allgemeinen Grundsatz der Waffengleichheit in einer Wettbewerbssache das betroffene Unternehmen die im Verfahren herangezogenen Unterlagen in gleicher Weise kennen muss wie die Kommission (Urteil vom 29. Juni 1995, ICI/Kommission, T‑36/91, EU:T:1995:118, Rn. 93 und 111). Dieser Hinweis betrifft jedoch, wie die Kommission zutreffend hervorhebt, den kontradiktorischen Abschnitt des Verfahrens und insbesondere die Dokumente, die dem klagenden Unternehmen mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte hätten übermittelt werden müssen (vgl. zur Unterscheidung zwischen dem Abschnitt der Voruntersuchung und dem kontradiktorischen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens oben, Rn. 87 und 88).

95      Was zweitens die Rechtsprechung des EGMR betrifft, deren Geltendmachung nach alledem als Ausdruck des Wunsches einer übereinstimmenden Entwicklung der Rechtsprechung der Unionsgerichte oder der Feststellung der Rechtswidrigkeit der einschlägigen Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 verstanden werden könnte, ist festzustellen, dass sie weder eine solche Entwicklung noch eine solche Feststellung rechtfertigen kann, und zwar unabhängig davon, dass die Urteile des EGMR über die Rechte natürlicher Personen im Bereich des Strafrechts entschieden haben, wie die Kommission und der Rat hervorgehoben haben. Sämtliche in diesen Urteilen des EGMR festgestellten Verletzungen des Grundsatzes der Waffengleichheit beruhten nämlich darauf, dass die angeklagten Personen verurteilt worden seien, ohne jemals Zugang zu allen Gesichtspunkten in Bezug auf die erhobenen Vorwürfe gehabt zu haben (EGMR, 18. März 1997, Foucher/Frankreich, CE:ECHR:1997:0318JUD002220993; 25. März 1999, Pélissier und Sassi/Frankreich, CE:ECHR:1999:0325JUD002544494; 26. Juli 2011, Huseyn u. a./Azerbaidjan, CE:ECHR:2011:0726JUD003548505, und 20. September 2011, OAO Neftyanaya Kompaniya Yukos/Russland, CE:ECHR:2011:0920JUD001490204), woraus sich kein Recht auf Zugang zu solchen Gesichtspunkten im Abschnitt der Untersuchung zusätzlich zu dem im späteren kontradiktorischen Abschnitt bereits anerkannten Recht ableiten lässt. Das von den Klägerinnen erst in der mündlichen Verhandlung angeführte Urteil des EGMR, aus dem hervorgeht, dass der Grundsatz der Waffengleichheit für alle Abschnitte des Verfahrens gilt, insbesondere bei der Untersuchung (EGMR, 30. März 1989, Lamy/Belgien, CE:ECHR:1989:0330JUD001044483), hat sich in diesem Sinne geäußert, weil in diesem Abschnitt der Untersuchung eine Entscheidung über die Inhaftierung des Klägers ergangen ist. Der EGMR hat in dieser Rechtssache im Übrigen einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 4 EMRK über den gerichtlichen Rechtsschutz von inhaftierten Personen festgestellt, ohne zur Beachtung von Art. 6 EMRK Stellung zu nehmen.

96      Drittens können die französischen Rechtsvorschriften, auf die sich die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung berufen haben, als solche der Anwendung der Vorschriften des Unionsrechts nicht vorgehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 1984, VBVB und VBBB/Kommission, 43/82 und 63/82, EU:C:1984:9, Rn. 40). Hinzu kommt jedenfalls, dass der Beschluss des französischen Juge des libertés et de la détention, der die Durchsuchungen und Beschlagnahmen durch die Wettbewerbsbehörde aufgrund von zu ihrer Rechtfertigung geeigneten Informationen und Indizien, die von dieser Behörde vorgelegt wurden, genehmigt, nach Art. L. 450-4 des französischen Code de commerce dem betroffenen Unternehmen erst zum Zeitpunkt der Durchsuchung zugestellt wird. Er kann daher erst im Stadium der gegen ihn erhobenen Klage beim Ersten Vorsitzenden der Cour d’appel zu einer kontradiktorischen Erörterung führen, die sich insbesondere auf die hinreichende Ernsthaftigkeit der vorgelegten Indizien beziehen kann.

97      Viertens ist zu den Befürchtungen der Klägerinnen, es sei schwierig, sich gegen die Gefahr willkürlicher und unverhältnismäßiger Eingriffe der Kommission zu schützen, gerade darauf hinzuweisen, dass es dem Gericht möglich ist, die Kommission im Wege prozessleitender Maßnahmen aufzufordern, die Indizien vorzulegen, die eine Entscheidung über eine Nachprüfung gerechtfertigt haben (für den Erlass einer solchen prozessleitenden Maßnahme im vorliegenden Fall vgl. oben, Rn. 14). Dieser Zugang zu den Indizien, die den Nachprüfungsbeschluss gerechtfertigt haben, ist im gerichtlichen Stadium zulässig, da in diesem Stadium die Nachprüfung naturgemäß abgeschlossen ist, und daher das Erfordernis, die Wirksamkeit der Untersuchungen der Kommission zu wahren, geringer ist. Nach Durchführung aller Nachprüfungen besteht nämlich kein Anlass mehr, der Gefahr einer Verschleierung der für die Untersuchung relevanten Informationen vorzubeugen, die grundsätzlich bereits bei der Nachprüfung gesammelt worden sind (vgl. oben, Rn. 88). Außerdem steht eine Mitteilung der Indizien im gerichtlichen Stadium im Einklang mit dem Grundsatz der Waffengleichheit vor dem Gericht, da das überprüfte Unternehmen in diesem Stadium über Informationen verfügt, die es ihm ermöglichen, zu bestreiten, dass die Kommission über hinreichend ernsthafte Anhaltspunkte verfügt, um die Nachprüfung zu rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Nexans und Nexans France/Kommission, C‑37/13 P, EU:C:2014:223, Nrn. 85 und 86), und rechtfertigt darüber hinaus nicht, dass der Zugang bereits beim Erlass des Nachprüfungsbeschlusses gewährt wird.

98      Nach alledem ist die zweite zur Stützung der Einrede der Rechtswidrigkeit vorgebrachte Rüge folglich zurückzuweisen, so dass die Einrede der Rechtswidrigkeit der einschlägigen Bestimmungen von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 insgesamt zurückzuweisen ist.

B.      Zum zweiten und zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung

99      Die Kommission macht zunächst geltend, dass die Klägerinnen mehrere den Ablauf der streitigen Nachprüfung betreffende Rügen geltend machten, die im Rahmen einer Klage gegen einen Nachprüfungsbeschluss unzulässig seien, und leitet daraus die Unzulässigkeit der Klage ab.

100    Nach ständiger Rechtsprechung kann sich nämlich ein Unternehmen zur Stützung seiner Nichtigkeitsanträge gegen die Entscheidung, auf deren Grundlage die Kommission diese Nachprüfung vorgenommen hat, nicht auf die angebliche Rechtswidrigkeit des Ablaufs des Nachprüfungsverfahrens berufen (Urteile vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, EU:T:1999:80, Rn. 413; vom 17. September 2007, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑125/03 und T‑253/03, EU:T:2007:287, Rn. 55, und vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑325/16, EU:T:2018:368, Rn. 22).

101    Diese Unmöglichkeit, zur Stützung von Anträgen gegen einen Nachprüfungsbeschluss die Rechtswidrigkeit des Ablaufs von Nachprüfungsverfahren geltend zu machen, ist nur Ausfluss des allgemeinen Grundsatzes, dass die Rechtmäßigkeit einer Handlung nach den rechtlichen und tatsächlichen Umständen zu beurteilen ist, die zum Zeitpunkt des Erlasses der betreffenden Entscheidung bestanden, so dass Handlungen, die nach einer Entscheidung liegen, deren Gültigkeit nicht beeinträchtigen können (Beschluss vom 30. Oktober 2003, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑125/03 R und T‑253/03 R, EU:T:2003:287, Rn. 68 und 69; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 17. Oktober 2019, Alcogroup und Alcodis/Kommission, C‑403/18 P, EU:C:2019:870, Rn. 45 und 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

102    Daraus folgt, dass, wenn die betreffenden Rügen, wie die Kommission geltend macht, zurückzuweisen wären, sie als ins Leere gehend und nicht als unzulässig zurückzuweisen wären.

103    Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission, wie im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist, zum einen klargestellt, dass sie die Unzulässigkeit oder mangelnde Stichhaltigkeit der in Rede stehenden Rügen in das Ermessen des Gerichts stelle und dass zum anderen ihr Vorbringen der Unzulässigkeit als solches nicht den zweiten und den dritten Klagegrund betreffe, mit denen eine Verletzung der Begründungspflicht und eine Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung gerügt würden.

104    Daraus folgt, dass die Klage nicht aus dem von der Kommission geltend gemachten Grund und erst recht nicht insgesamt für unzulässig erklärt kann.

105    Daher sind der zweite und der dritte Klagegrund der Klägerinnen zu prüfen, ohne bei der Prüfung ihrer Begründetheit diejenigen geltend gemachten Rügen zu berücksichtigen, die auf den Ablauf der streitigen Nachprüfung gestützt wären und die als ins Leere gehend zurückzuweisen sind.

1.      Zur Verletzung der Begründungspflicht

106    Die Klägerinnen machen geltend, der angefochtene Beschluss sei unzureichend begründet, da er keine näheren Angaben oder auch nur einen Ansatz einer Darstellung der im Besitz der Kommission befindlichen Informationen enthalte, die die Durchführung der Nachprüfung gerechtfertigt hätten. Insbesondere lasse sich dem angefochtenen Beschluss weder die Art noch die Natur, die Herkunft oder gar der Inhalt der Informationen entnehmen, über die die Kommission verfügt habe, und nehme damit den Klägerinnen eine grundlegende Garantie für ihre Verteidigungsrechte. Ein solches völliges Fehlen von Informationen über die der Kommission zur Verfügung stehenden Schriftstücke könne nicht allein durch die Beschreibung der mutmaßlichen Zuwiderhandlungen ausgeglichen werden, die die Kommission aus dem Inhalt dieser Schriftstücke ableiten zu können geglaubt habe.

107    Zunächst ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung von Rechtsakten der Unionsorgane der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Rechtmäßigkeitskontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 25. Juni 2014, Nexans und Nexans France/Kommission, C‑37/13 P, EU:C:2014:2030, Rn. 31 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

108    Außerdem ist der rechtliche Rahmen zu berücksichtigen, in dem die Nachprüfungen der Kommission stattfinden. Die Art. 4 und 20 der Verordnung Nr. 1/2003 verleihen der Kommission nämlich Nachprüfungsbefugnisse, damit sie ihren Auftrag erfüllen kann, den Binnenmarkt vor Wettbewerbsverzerrungen zu schützen und etwaige Verstöße gegen die auf diesem Markt bestehenden Wettbewerbsregeln zu ahnden (Urteil vom 25. Juni 2014, Nexans und Nexans France/Kommission, C‑37/13 P, EU:C:2014:2030, Rn. 33; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 22. Oktober 2002, Roquette Frères, C‑94/00, EU:C:2002:603, Rn. 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Was speziell die Nachprüfungsentscheidungen der Kommission betrifft, geht aus Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 hervor, dass diese den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung bezeichnen müssen, auf die in den Art. 23 und 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hinweisen müssen, vor dem Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben, aber auch den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung bezeichnen müssen.

110    Nach der Rechtsprechung muss die Kommission hierfür möglichst genau angeben, welche Verdachtsmomente sie erhärten will, d. h., wonach gesucht wird und auf welche Punkte sich die Nachprüfung beziehen soll. Insbesondere muss der Nachprüfungsbeschluss eine Beschreibung der Merkmale der vermuteten Zuwiderhandlung geben, indem er den mutmaßlich relevanten Markt und die Natur der vermuteten Wettbewerbsbeschränkungen sowie die Industriezweige bezeichnet, auf die sich die Zuwiderhandlung, die Gegenstand der Nachprüfung ist, erstrecken soll; ferner muss er Erläuterungen dazu enthalten, wie das Unternehmen in die Zuwiderhandlung verwickelt sein soll (Urteile vom 8. März 2007, France Télécom/Kommission, T‑339/04, EU:T:2007:80, Rn. 58 und 59 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 75 und 77 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Diese spezielle Begründungspflicht stellt, wie der Gerichtshof klargestellt hat, insofern ein grundlegendes Erfordernis dar, als dadurch nicht nur die Berechtigung des beabsichtigten Eingriffs in den betroffenen Unternehmen aufgezeigt werden soll, sondern auch diese Unternehmen in die Lage versetzt werden sollen, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich die Verteidigungsrechte zu wahren. Es ist nämlich wichtig, dass die Unternehmen, die von Nachprüfungsentscheidungen betroffen sind, die ihnen Verpflichtungen auferlegen, die in die Sphäre ihrer privaten Betätigung eingreifen und im Fall eines Verstoßes das Risiko erheblicher finanzieller Sanktionen nach sich ziehen, in die Lage versetzt werden, die Gründe eines solchen Rechtsakts ohne übermäßige Auslegungsbemühungen zu erfassen, so dass sie ihre Rechte wirksam und rechtzeitig wahrnehmen können (vgl. zu Beschlüssen, mit denen Auskünfte verlangt wurden, Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache HeidelbergCement/Kommission, C‑247/14 P, EU:C:2015:694, Nr. 42). Daraus folgt außerdem, dass der Umfang der Pflicht zur Begründung von Nachprüfungsentscheidungen, wie in der vorstehenden Randnummer dargelegt, grundsätzlich nicht aus Gründen der Wirksamkeit der Nachprüfung beschränkt werden kann (Urteile vom 17. Oktober 1989, Dow Benelux/Kommission, 85/87, EU:C:1989:379, Rn. 8, und vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 42).

112    Die Nachprüfungen erfolgen jedoch per definitionem in einem Vorstadium, in dem die Kommission nicht über genaue Informationen verfügt, die es ihr erlauben würden, die fraglichen Verhaltensweisen als Zuwiderhandlung einzustufen, und die die Möglichkeit einschließt, nach anderen Informationen zu suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juni 2014, Nexans und Nexans France/Kommission, C‑37/13 P, EU:C:2014:2030, Rn. 37, und vom 26. Oktober 2010, CNOP und CCG/Kommission, T‑23/09, EU:T:2010:452, Rn. 40 und 41 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist, um die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen zu wahren und aus Gründen im Zusammenhang mit ihrer Natur, anerkannt worden, dass die Kommission weder dem Adressaten einer solchen Entscheidung alle ihr vorliegenden Informationen über mutmaßliche Zuwiderhandlungen zu übermitteln brauchte, noch eine genaue Abgrenzung des relevanten Marktes, noch eine exakte rechtliche Qualifizierung dieser Zuwiderhandlungen vornehmen musste, noch den Zeitraum bezeichnen, in dem diese Zuwiderhandlungen angeblich begangen worden sind (vgl. Urteil vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Nexans und Nexans France/Kommission, C‑37/13 P, EU:C:2014:223, Nrn. 48 und 49).

113    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, im Nachprüfungsbeschluss die Indizien anzugeben, die diese Nachprüfung gerechtfertigt haben (vgl. oben, Rn. 85 und 91).

114    Daraus folgt zum einen, dass sich die Begründungspflicht der Kommission nicht auf alle ihr vorliegenden Informationen über die mutmaßlichen Zuwiderhandlungen erstreckt, und zum anderen, dass von den Informationen, die die Durchführung der Nachprüfung gerechtfertigt hätten, im Nachprüfungsbeschluss nur diejenigen Informationen angegeben werden müssen, aus denen sich ergibt, dass die Kommission über hinreichend ernsthafte Indizien verfügt, ohne jedoch die fraglichen Indizien offenzulegen. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Kommission nämlich in dem Beschluss, mit dem eine Nachprüfung angeordnet wird, substantiiert darlegen, dass sie in ihren Akten über ernsthafte Informationen und Hinweise verfügte, aufgrund deren sie das von der Nachprüfung betroffene Unternehmen der vermuteten Zuwiderhandlung verdächtigt (vgl. Urteil vom 8. März 2007, France Télécom/Kommission, T‑339/04, EU:T:2007:80, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 172).

115    Daher ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Kommission dieser Verpflichtung im angefochtenen Beschluss nachgekommen ist.

116    Aus dem achten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und den darin enthaltenen Informationen über die mutmaßlichen Zuwiderhandlungen, die in den Erwägungsgründen 4 und 5 als ein Austausch von Informationen beschrieben werden, der u. a. künftige Rabatte und Geschäftsstrategien betraf, geht klar hervor, dass die Kommission substantiiert dargelegt hat, dass sie der Ansicht war, über ernsthafte Indizien zu verfügen, die sie dazu veranlasst hatten, die fraglichen abgestimmten Verhaltensweisen zu vermuten.

117    Dies belegen nämlich neben den Angaben zum Gegenstand des vermuteten Informationsaustauschs in den Erwägungsgründen 4 und 5 des angefochtenen Beschlusses die Angaben im achten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der mit den Worten „Nach den der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen“ beginnt und der die Modalitäten des Austauschs, die beteiligten Personen (Eigenschaft und ungefähre Zahl) sowie die streitigen Dokumente (ungefähre Zahl, Ort und Form ihrer Aufbewahrung) betrifft.

118    Die vorstehenden Erwägungen beschränken sich auf die Prüfung, ob die Begründung des angefochtenen Beschlusses ausreichend ist, und gehen nur auf die Frage ein, ob die Kommission in ihrem Beschluss die nach der Rechtsprechung erforderlichen Informationen angeführt hat, d. h. diejenigen, die belegen, dass sie der Ansicht war, über ernsthafte Indizien für das Vorliegen der mutmaßlichen abgestimmten Verhaltensweisen zu verfügen. Dagegen wird in diesem Rahmen nicht auf die Frage eingegangen, ob die Kommission zu Recht angenommen hat, dass sie über solche hinreichend ernsthaften Indizien verfügte, die bei der Prüfung des Klagegrundes der Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung behandelt werden wird.

119    Dem ist hinzuzufügen, dass das Vorbringen der Klägerinnen, es bestehe die Gefahr, dass sie durch böswillige Wettbewerber oder Handelspartner geschädigt werden könnten, die oben angeführte Schlussfolgerung, wonach die Kommission ihrer Begründungspflicht nachgekommen sei, nicht in Frage stellen kann. Einer solchen Gefahr kann nämlich dadurch entgegengewirkt werden, dass bei der Prüfung des Klagegrundes der Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung untersucht wird, ob die im Besitz der Kommission befindlichen Indizien hinreichend ernsthaft sind.

120    Folglich ist der Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen.

2.      Zur Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung

121    Die Klägerinnen machen geltend, dass die Kommission im vorliegenden Fall das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, wie es in Art. 7 der Charta und in Art. 8 EMRK verankert sei, verletzt habe. Aus der Rechtsprechung gehe nämlich hervor, dass dieses Recht für Nachprüfungsbeschlüsse der Kommission gelte, zu denen die Klägerinnen wiederholen, dass diese nicht auf der Mitwirkung der betroffenen Unternehmen beruhten. Aus ihr gehe auch hervor, dass das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verlange, dass der Inhalt und der Umfang eines Auftrags, der Hausdurchsuchungen gestatte, bestimmten Grenzen unterliege, damit der Eingriff, den er in dieses Recht gestattete, nicht potenziell unbegrenzt und damit unverhältnismäßig sei. Da der angefochtene Beschluss aber unabhängig von jeder vorherigen gerichtlichen Überprüfung erlassen worden sei, impliziere das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung umso strengere Grenzen für die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission, wobei solche Grenzen im vorliegenden Fall nicht aufgestellt oder beachtet worden seien.

122    Es ist festzustellen, dass das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der nunmehr in Art. 7 der Charta, der Art. 8 EMRK entspricht, Ausdruck gefunden hat (vgl. Urteil vom 18. Juni 2015, Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:404, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

123    Nach Art. 7 der Charta hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation. Dieses Erfordernis eines Schutzes vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer Person betrifft sowohl die natürlichen als auch die juristischen Personen (vgl. Urteil vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

124    Art. 52 Abs. 1 der Charta sieht außerdem vor, dass jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten muss. Zudem dürfen Einschränkungen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

125    Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass sich der in Art. 8 EMRK vorgesehene Schutz nach der Rechtsprechung des EGMR zwar auf bestimmte Geschäftsräume erstrecken kann, aber der EGMR gleichwohl entschieden hat, dass der öffentliche Eingriff im Fall beruflicher oder geschäftlicher Räume oder Tätigkeiten weiter gehen kann als in anderen Fällen (vgl. Urteil vom 18. Juni 2015, Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:404, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung des EGMR). Der EGMR hat jedoch immer wieder darauf hingewiesen, dass ein akzeptables Maß an Schutz vor einschneidenden Eingriffen in Art. 8 EMRK einen rechtlichen Rahmen und strikte Grenzen voraussetzt (vgl. Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung des EGMR).

126    Insbesondere zur Ausübung der der Kommission durch Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 übertragenen Nachprüfungsbefugnisse, um die es hier geht, wurde festgestellt, dass die Ausübung dieser Nachprüfungsbefugnisse einen offensichtlichen Eingriff in das Recht des überprüften Unternehmens auf Achtung seiner Privatsphäre, seiner Räumlichkeiten und seiner Korrespondenz darstellt (Urteile vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 65, und vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑325/16, EU:T:2018:368, Rn. 169).

127    Daher ist zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss die Voraussetzungen von Art. 7 der Charta erfüllt.

128    Die Klägerinnen machen insoweit geltend, der angefochtene Beschluss sei zum einen unverhältnismäßig und zum anderen willkürlich, da die Kommission nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügt habe, um die beschlossene Nachprüfung zu rechtfertigen.

a)      Zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

129    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach dem 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 die Befugnis haben sollte, die Nachprüfungen vorzunehmen, „die notwendig sind“, um gemäß Art. 101 AEUV verbotene Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen aufzudecken. Daraus folgt nach der Rechtsprechung, dass es Sache der Kommission ist, zu beurteilen, ob eine Nachprüfungsmaßnahme erforderlich ist, um einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln ermitteln zu können (Urteil vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission, 155/79, EU:C:1982:157, Rn. 17; vgl. auch zu einem Beschluss, mit dem Auskünfte verlangt werden, Urteil vom 14. März 2014, Cementos Portland Valderrivas/Kommission, T‑296/11, EU:T:2014:121, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

130    Diese Beurteilung unterliegt jedoch der gerichtlichen Kontrolle und insbesondere der Beachtung der Regeln über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung dürfen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Organe der Union nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (Urteile vom 8. März 2007, France Télécom/Kommission, T‑339/04, EU:T:2007:80, Rn. 117, und vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 22).

131    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Sphäre der privaten Betätigung unter Berücksichtigung der überprüften Gesellschaften und Räumlichkeiten, der Dauer der streitigen Nachprüfung und des für die Nachprüfung gewählten Zeitpunkts geltend.

1)      Zu den überprüften Gesellschaften und Räumlichkeiten

132    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, im angefochtenen Beschluss weder die Personen, auf die sie sich beziehe, noch die Räumlichkeiten, die ihre Bediensteten durchsuchen dürften, einzeln bezeichnet zu haben. So habe sich die Kommission im vorliegenden Fall entgegen ihrer eigenen Praxis ermächtigt, bei mehreren Hundert verschiedenen juristischen Personen, aus denen der Casino-Konzern bestehe, eine Nachprüfung durchzuführen und mehrere Tausend Räumlichkeiten zu durchsuchen, von denen die meisten in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des angefochtenen Beschlusses stünden. Nach der Rechtsprechung sei jedoch die genaue Bestimmung der Räumlichkeiten, die durchsucht werden könnten, und der betroffenen Personen durch die Behörden erforderlich, um die Eingriffsbefugnisse zu beschränken und den Einzelnen vor willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung zu schützen. Die Definition des Gegenstands der Nachprüfung und allgemeiner die Begründung des angefochtenen Beschlusses könnten, so genau sie auch sein mögen, das Fehlen einer Beschränkung der Befugnisse der Kommission in Bezug auf die Bestimmung der Personen und Räumlichkeiten, die überprüft werden könnten, nicht ausgleichen. Im Übrigen könne der Unternehmensbegriff der Beachtung der Grundrechte nicht entgegenstehen, die mit dem Begriff der natürlichen oder juristischen Person verbunden seien.

133    Aus dem angefochtenen Beschluss geht in der Tat hervor, dass weder die überprüften Gesellschaften noch die überprüften Räumlichkeiten namentlich bezeichnet werden. So heißt es in Art. 1 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses, dass die „Nachprüfung … in jedem beliebigen Geschäftslokal des Unternehmens stattfinden [kann]“, wobei dieser Angabe die Worte „und insbesondere“ folgen, denen wiederum zwei Adressen folgen. Im Übrigen heißt es in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses, dass der Nachprüfungsbeschluss „an Casino sowie alle von ihr unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften gerichtet“ ist.

134    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen enthalten die Beschlüsse, die in den Rechtssachen angefochten wurden, in denen die Urteile vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission (T‑135/09, EU:T:2012:596), und vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission (T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404), ergangen sind, ähnliche Angaben.

135    Der sehr weite Anwendungsbereich der Nachprüfung, zu dem solche Angaben führen, ist von der Rechtsprechung als solcher nicht als übermäßiger Eingriff in die Sphäre der privaten Betätigung der Unternehmen angesehen worden.

136    Aus der ständigen Rechtsprechung seit dem Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission (46/87 und 227/88, EU:C:1989:337, Rn. 26), ergibt sich nämlich, dass sowohl der Zweck der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [101] und [102 AEUV] (ABl. 1962, 13, S. 204), und der ihr nachfolgenden Verordnung Nr. 1/2003, als auch die Aufzählung der den Bediensteten der Kommission eingeräumten Befugnisse in Art. 14 der Verordnung Nr. 17 und in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 erkennen lassen, dass die Nachprüfungen sehr weit gehen können. Dabei kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, insofern besondere Bedeutung zu, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den Geschäftsräumen der Unternehmen (Urteil vom 12. Juli 2007, CB/Kommission, T‑266/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:223, Rn. 71, und Beschluss vom 16. Juni 2010, Biocaps/Kommission, T‑24/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:238, Rn. 32).

137    Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich auch, dass, wenn somit die Verordnungen Nrn. 17 und 1/2003 der Kommission auch weitreichende Ermittlungsbefugnisse einräumen, die Ausübung dieser Befugnisse doch Bedingungen unterliegt, die die Beachtung der Rechte der betroffenen Unternehmen gewährleisten sollen (Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, EU:C:1989:337, Rn. 28; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 74 bis 99).

138    Insbesondere ist auf die Verpflichtung der Kommission zur Angabe von Gegenstand und Zweck der Nachprüfung hinzuweisen, die insofern ein grundlegendes Erfordernis darstellt, als dadurch nicht nur die Berechtigung des beabsichtigten Eingriffs in den Räumlichkeiten des betroffenen Unternehmen aufgezeigt werden soll, sondern auch diese Unternehmen in die Lage versetzt werden sollen, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich ihre Verteidigungsrechte zu wahren (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, EU:C:1989:337, Rn. 29).

139    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Bedingungen für die Ausübung der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission je nach dem von ihr gewählten Verfahren, der Haltung der betroffenen Unternehmen und der Beteiligung der nationalen Behörden verschieden sein können (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, EU:C:1989:337, Rn. 30).

140    Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 sieht als Erstes Nachprüfungen unter Mitwirkung der betroffenen Unternehmen vor, die entweder – im Falle eines schriftlichen Prüfungsauftrags – freiwillig oder aufgrund einer aus einer Nachprüfungsentscheidung resultierenden Verpflichtung erfolgt. Im letztgenannten Fall, der hier gegeben ist, haben die Bediensteten der Kommission unter anderem das Recht, sich die von ihnen angeforderten Unterlagen vorlegen zu lassen, die von ihnen bezeichneten Räume zu betreten und sich den Inhalt der von ihnen angegebenen Möbel zeigen zu lassen. Dagegen können sie sich nicht gewaltsam Zugang zu Räumen oder Möbeln verschaffen oder die Beschäftigten des Unternehmens zwingen, ihnen den Zugang hierzu zu gewähren; sie können auch keine Durchsuchungen ohne Einwilligung der Verantwortlichen des Unternehmens vornehmen (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, EU:C:1989:337, Rn. 31).

141    Ganz anders verhält es sich, wenn sich die betroffenen Unternehmen der Kommission widersetzen. In diesem Fall können die Bediensteten der Kommission auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 ohne Mitwirkung der Unternehmen unter Einschaltung der nationalen Behörden, die ihnen die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderliche Unterstützung zu gewähren haben, nach allen für die Nachprüfung notwendigen Informationsquellen suchen. Zwar ist diese Unterstützung nur für den Fall vorgeschrieben, dass sich das Unternehmen ausdrücklich widersetzt, jedoch kann sie nach Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 auch vorsorglich zu dem Zweck angefordert werden, sich über einen etwaigen Widerspruch des Unternehmens hinwegsetzen zu können (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, EU:C:1989:337, Rn. 32).

142    Die Rüge der Klägerinnen erfordert daher die Beantwortung der Frage, ob die Kommission im vorliegenden Fall aufgrund der Garantien zum Schutz vor unverhältnismäßigen Eingriffen die von der Nachprüfung betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten genauer angeben musste.

143    Diese Frage ist aus den nachstehenden Gründen zu verneinen.

144    Zunächst ermöglichen es die Angaben im angefochtenen Beschluss insgesamt, die von der Nachprüfung betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten zu bestimmen. Denn aufgrund der Beschreibung des Gegenstands und des Zwecks der Nachprüfung und insbesondere der Märkte für die betroffenen Waren und Dienstleistungen sowie aufgrund der Klarstellung, dass Casino und ihre Tochtergesellschaften sowie ihre Räumlichkeiten betroffen sind, lässt sich dem angefochtenen Beschluss ohne Weiteres entnehmen, dass die Nachprüfung Casino und ihre Tochtergesellschaften betrifft, die in den von der vermuteten Zuwiderhandlung betroffenen Sektoren tätig sind – d. h. den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs (Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel), dem Markt für den Verkauf von diesen Produkten an Verbraucher und dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten im Sektor der Produkte des täglichen Bedarfs –, und dass die Nachprüfung in allen ihren Räumlichkeiten durchgeführt werden kann. Als sich die Bediensteten der Kommission in die Räumlichkeiten der betroffenen Gesellschaften begaben, nachdem sie ihnen den angefochtenen Beschluss zugestellt hatten, wurden diese in die Lage versetzt, den Gegenstand und den Umfang des in ihren Räumlichkeiten durchgeführten Eingriffs zu überprüfen, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und dazu Stellung zu nehmen. Genauere Spezifikationen zum Bereich der Nachprüfung waren daher für den Schutz der Rechte der Klägerinnen nicht notwendig.

145    Im Übrigen ist auch die Rüge der Klägerinnen zurückzuweisen, dass der von der Nachprüfung erfasste Bereich wegen der fehlenden Spezifizierung der betroffenen Gesellschaften und Räumlichkeiten zu weit gewesen sei. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss auf das Unternehmen als grundlegendes Subjekt des Wettbewerbsrechts abgestellt hat, das meist eine Muttergesellschaft sowie seine Tochtergesellschaft oder Tochtergesellschaften umfasst, dem die Zuwiderhandlungen, insbesondere die im vorliegenden Fall vermuteten Zuwiderhandlungen, zugerechnet werden können, so dass es gerechtfertigt war, im angefochtenen Beschluss sowohl die Muttergesellschaft Casino als auch ihre Tochtergesellschaften anzuführen.

146    Sodann trägt die fehlende Genauigkeit bei der Benennung der betreffenden Gesellschaften und Räumlichkeiten zum ordnungsgemäßen Ablauf der Nachprüfungen der Kommission bei, da sie ihr den erforderlichen Spielraum für die Sammlung eines Maximums an möglichen Beweisen einräumt und einen Überraschungseffekt bewahren kann, der unerlässlich ist, um der Gefahr der Vernichtung oder Verschleierung dieser Beweise vorzubeugen. Für den Fall, dass daher die Kommission nicht in der Lage gewesen wäre, im Stadium des Erlasses des Nachprüfungsbeschlusses, der der Feststellung einer Zuwiderhandlung und ihrer Beteiligten weit vorausgeht, zu bestimmen, welche Gesellschaften des Konzerns daran beteiligt gewesen sein könnten, und dass sie anlässlich ihrer Nachprüfung in den Räumlichkeiten einer der betroffenen Gesellschaften entdecken würde, dass eine der Gesellschaften, mit der sie verbunden ist, auch eine Rolle in dieser Zuwiderhandlung gespielt haben könnte, könnte sie eine Nachprüfung in den Räumlichkeiten dieser anderen Gesellschaft auf der Grundlage desselben Nachprüfungsbeschlusses durchführen, d. h. gleichzeitig rasch und mit einem Überraschungseffekt aufgrund dieser zeitlichen Verschiebung, aus der die in einem zweiten Schritt überprüfte Gesellschaft ableiten könnte, dass sie von der Nachprüfung nicht betroffen sein würde (zum Hinweis auf die Bedeutung eines raschen Vollzugs der Nachprüfungsbeschlüsse, um die Gefahr eines ungewollten Bekanntwerdens auf ein Minimum zu reduzieren, vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:92, Nr. 62).

147    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Beschlüsse der Juges des libertés et de la détention des Tribunal de grande instance Créteil und des Tribunal de grande instance Paris (vgl. oben, Rn. 5), mit denen die in Rede stehenden Durchsuchungen und Beschlagnahmen für den Fall des Widersetzens gegen die Nachprüfung vorsorglich genehmigt wurden, ausdrücklich und abschließend angeben, in welchen Räumlichkeiten diese Durchsuchungen und Beschlagnahmen durchgeführt werden können. Daraus folgt, dass nach der oben in Rn. 141 angeführten Rechtsprechung der Unionsgerichte, aber auch nach der Rechtsprechung des EGMR, der deutschen und französischen Gerichte sowie den von den Klägerinnen angeführten französischen Rechtsvorschriften eine zusätzliche Garantie in Form der Benennung der durchsuchten Räumlichkeiten anerkannt wird, wenn der mit der Nachprüfung in Zusammenhang stehende Eingriff größer ist, im vorliegenden Fall, weil er trotz des Widerspruchs der überprüften Gesellschaften unter Einsatz der Polizeikräfte auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1/2003 erfolgt. Da sich die Klägerinnen im vorliegenden Fall der Nachprüfung nicht in einem Maße widersetzten, dass die Kommission verpflichtet gewesen wäre, von den angeführten Beschlüssen und den ihr durch diese eingeräumten Zwangsmitteln Gebrauch zu machen, ist diese zusätzliche Garantie nicht erforderlich. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen verstößt eine solche Lösung nicht gegen den „Grundsatz“, wonach der Schutz des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung einen umso strengeren Rahmen für die Nachprüfungsbefugnisse implizierten, als diese ohne vorherige richterliche Genehmigung ausgeübt würden. Wie sich nämlich aus der von den Klägerinnen in diesem Sinne angeführten Rechtsprechung des EGMR (EGMR, 10. November 2015, Slavov u. a./Bulgarien, CE:ECHR:2015:1110JUD005850010, Rn. 144 bis 146, und 16. Februar 2016, Govedarski/Bulgarien, CE:ECHR:2016:0216JUD003495712, Rn. 81 bis 83) ergibt, zielt ein solcher Rahmen auf die Effektivität der nachträglichen gerichtlichen Kontrolle ab und impliziert als solcher nicht, dass diese Kontrolle zur Gewährung zusätzlicher Garantien führt (vgl. in diesem Sinne auch oben, Rn. 53).

148    Die vorliegende Rüge in Bezug auf die überprüften Personen und Räumlichkeiten ist daher als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass über ihre von der Kommission bestrittene Zulässigkeit zu entscheiden ist.

2)      Zur Dauer der Nachprüfung

149    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, entgegen der Rechtsprechung und ihrer eigenen Praxis keine zeitliche Beschränkung für ihren Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, den sie genehmigt habe, festgelegt zu haben. Der angefochtene Beschluss sehe nämlich nur den Zeitpunkt vor, an dem die Nachprüfung beginnen könne, und lege weder ein Enddatum noch eine Höchstdauer fest, so dass die Nachprüfung zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage nicht abgeschlossen gewesen sei, worauf die Kommission die Klägerinnen im Übrigen hingewiesen habe. Die Klägerinnen schließen im Übrigen aus, dass die mangelnde zeitliche Begrenzung der Befugnisse der Kommission mit der Effektivität der Nachprüfungen gerechtfertigt werden könne, wobei sie sich insbesondere auf mehrere nationale Rechtsordnungen stützen, die eine zeitliche Begrenzung der Nachprüfungsbefugnisse der Verwaltung vorsähen.

150    Es ist darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Beschluss in Art. 2 vorsieht, dass „[d]ie Nachprüfung … am 20. Februar 2017 oder kurz danach beginnen [kann]“, ohne den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die Nachprüfung abgeschlossen sein muss – ebenso wie der im Urteil vom 6. September 2013, Deutsche Bahn u. a./Kommission (T‑289/11, T‑290/11 und T‑521/11, EU:T:2013:404, Rn. 4, 14 und 21), in Rede stehende Nachprüfungsbeschluss, der entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen einen ähnlichen Hinweis enthält.

151    Ein solcher Hinweis steht mit Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 in Einklang, der lediglich verlangt, dass der Nachprüfungsbeschluss „den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung [bestimmt]“ (vgl. oben, Rn. 109).

152    Außerdem hat das Gericht entschieden, dass der Umstand, dass kein Enddatum für die Nachprüfung festgelegt wurde, nicht bedeutete, dass diese unbegrenzt lange andauern konnte, denn die Kommission musste insoweit nach Art. 41 Abs. 1 der Charta eine angemessene Frist einhalten (Urteil vom 12. Juli 2018, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑449/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:456, Rn. 69).

153    Daraus ergibt sich ein zeitlicher Rahmen, der durch den im Nachprüfungsbeschluss festgelegten Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und durch die Grenze der angemessenen Frist beschränkt ist und der hinreichend gewährleistet, dass kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Sphäre der privaten Betätigung der Unternehmen vorliegt.

154    Eine solche zeitliche Begrenzung gestattet es zudem, die Effektivität der Ermittlungsbefugnisse der Kommission in vollem Umfang zu gewährleisten. Da nämlich die Grenze der angemessenen Frist im Nachhinein und anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt wird, gestattet sie es, den Umstand zu berücksichtigen, dass die Dauer der Nachprüfung nicht im Voraus bekannt sein kann, da sie vom Umfang der am Betriebsstandort gesammelten Informationen und von etwaigen Behinderungspraktiken des betroffenen Unternehmens abhängt.

155    Zwar kann mit den Klägerinnen davon ausgegangen werden, dass die Festlegung einer Dauer der Nachprüfung im Vorhinein als solche die Effektivität der Nachprüfungen nicht in Frage stellt. Um diese Effektivität in Anbetracht des in der vorstehenden Randnummer angeführten Umstands zu gewährleisten, wäre diese im Vorhinein festgelegte Dauer jedoch wahrscheinlich länger als die tatsächliche Dauer der Nachprüfung im Einzelfall – im vorliegenden Fall weniger als fünf Tage –, was den Schutz gegen unverhältnismäßige Eingriffe nicht verbessern würde.

156    Außerdem können die Rechtsprechung des EGMR und mehrerer nationaler Gerichte sowie die nationalen Rechtsvorschriften, die die Klägerinnen anführen, diese Erwägungen nicht in Frage stellen. Sie betreffen nämlich alle Durchsuchungen oder Beschlagnahmen unter Zwang, die einen größeren Eingriff als die Nachprüfung mit sich bringen, die im vorliegenden Fall beschlossen worden ist, ohne dass die Bediensteten der Kommission von Art. 20 Abs. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1/2003 und von nationalen Zwangsmitteln, deren Einsatz danach gestattet ist, Gebrauch gemacht hätten (vgl. oben, Rn. 53). Es ist daher bemerkenswert, dass die oben in Rn. 147 angeführten Beschlüsse der Juges des libertés et de la détention, die im vorliegenden Fall vorsorglich für den Fall eines Widersetzens gegen die Nachprüfung erlassen, mangels eines solchen Widersetzens aber nicht verwendet wurden (Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1/2003), sämtlich eine Frist für die Durchführung der Durchsuchungen und Beschlagnahmen festlegen.

157    Die Rüge betreffend die Dauer der Nachprüfung ist daher zurückzuweisen.

3)      Zum Zeitpunkt der Nachprüfung

158    Die Klägerinnen machen geltend, dass der Zeitpunkt des Beginns der in dem angefochtenen Beschluss vorgesehenen Nachprüfung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, da er unmittelbar dem Zeitpunkt vorangegangen sei, zu dem die erste Klägerin die Verhandlung ihrer Jahresverträge mit den Lieferanten habe abschließen müssen, d. h. dem 1. März, und da sie mehreren ihrer mit diesen Verhandlungen betrauten Verantwortlichen zum Zeitpunkt der abschließenden Verhandlungen ihre Arbeitsmittel genommen habe.

159    Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen die von ihnen behaupteten unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Nachteile nicht belegen. Sie können sich insoweit nicht mit bloßen Behauptungen begnügen, für die kein wirklich stichhaltiger Beweis vorgelegt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. März 2014, Cementos Portland Valderrivas/Kommission, T‑296/11, EU:T:2014:121, Rn. 103).

160    Die Klägerinnen legen nämlich nur dar, dass mehreren Verantwortlichen für den Einkauf ihre beruflichen Telefone und Computer für höchstens eineinhalb Tage entzogen worden seien. Selbst wenn diese Personen bei den fraglichen Verhandlungen eine wichtige Rolle spielten, ist diese Dauer des Entzugs einiger ihrer Arbeitsmittel im Hinblick auf die übliche Dauer dieser Art von Verhandlungen von durchschnittlich fünf Monaten (vom 1. Oktober bis zum 1. März des Folgejahres) sehr kurz. Außerdem wird nicht behauptet und erst recht nicht bewiesen, dass es diesen Personen unmöglich gewesen wäre, diese Verhandlungen in diesem Zeitraum und während der gesamten Dauer der Nachprüfung, insbesondere durch unmittelbare Kontakte vor Ort, zu führen, wobei diese Möglichkeit dadurch belegt wird, dass die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, dass sich ihre Verhandlungspartner zum Zeitpunkt der Nachprüfung in ihren Geschäftsräumen befanden. Daraus ergibt sich allenfalls eine Beeinträchtigung des Ablaufs der betreffenden Verhandlungen. Dies gilt umso mehr, als bei der in Rede stehenden Art von Verhandlungen die letzten Stunden vor Fristablauf die bedeutendsten sind und die streitige Nachprüfung im vorliegenden Fall zwei Werktage vor dem Fristablauf am 1. März beendet wurde, zu denen ein Wochenende hinzukam, an dem allgemein ebenfalls versucht wird, zu einer Vereinbarung zu gelangen.

161    Außerdem kann die einzige von den Klägerinnen vorgeschlagene weniger belastende Alternative, die Nachprüfung nach Ablauf der Frist für den Abschluss der Vereinbarungen mit den Lieferanten beginnen zu lassen, nicht als eine solche angesehen werden.

162    Dieser Aufschub der Nachprüfung stellt nämlich, auch wenn er zweifellos für die Klägerinnen weniger belastend ist, keine echte Alternative zu dem im angefochtenen Beschluss festgelegten Nachprüfungszeitpunkt dar. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen erläutert hat, wurde der im vorliegenden Fall festgelegte Zeitpunkt bewusst gewählt, um Zugang zur größtmöglichen Zahl von Mitarbeitern und Führungskräften, die von den vermuteten Zuwiderhandlungen betroffenen waren, zu erlangen, deren Anwesenheit durch das Ende der Schulferien und vor allem durch die unmittelbar bevorstehende Frist am 1. März für den Abschluss der oben angeführten Handelsvereinbarungen gewährleistet war.

163    Daraus folgt, dass die Rüge betreffend den Zeitpunkt der Nachprüfung und folglich sämtliche Rügen, mit denen die Unverhältnismäßigkeit des angefochtenen Beschlusses beanstandet wird, zurückzuweisen sind.

b)      Zum Besitz hinreichend ernsthafter Indizien durch die Kommission

164    Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, im Stadium des Abschnitts der Voruntersuchung außer den mutmaßlichen Zuwiderhandlungen, denen sie nachzugehen beabsichtigt, auch die Indizien anzugeben, d. h. die Gesichtspunkte, aufgrund deren sie die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV in Betracht zieht, da eine solche Verpflichtung das vom Gesetzgeber und von der Rechtsprechung der Union intendierte Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Wirksamkeit der Untersuchung und dem Schutz der Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens in Frage stellen würde (vgl. oben, Rn. 85 und 86).

165    Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Kommission nicht im Besitz von Informationen sein muss, aufgrund deren sie die Möglichkeit einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV vor Erlass eines Nachprüfungsbeschlusses in Betracht zieht. Zur Wahrung des Rechts der überprüften Unternehmen auf Unverletzlichkeit der Wohnung muss eine Nachprüfungsmaßnahme auf die Erlangung von Unterlagen gerichtet sein, die erforderlich sind, um die Richtigkeit und die Tragweite einer bestimmten Sach- und Rechtslage zu prüfen, in Bezug auf die die Kommission bereits über Erkenntnisse verfügt, die hinreichend ernsthafte Indizien beinhalten, die für den Verdacht eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln ausreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2014, Orange/Kommission, T‑402/13, EU:T:2014:991, Rn. 82 bis 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

166    Es ist daher Sache des Unionsrichters, zu prüfen, ob die Kommission über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte, die für den Verdacht eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln durch das betroffene Unternehmen ausreichen, um sich zu vergewissern, dass der Nachprüfungsbeschluss selbst nicht willkürlich, d. h. nicht ohne Vorliegen von tatsächlichen und rechtlichen Umständen, die eine Nachprüfung rechtfertigen könnten, erlassen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 43, und vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑325/16, EU:T:2018:368, Rn. 48).

167    Im vorliegenden Fall lassen nach Ansicht der Klägerinnen bestimmte Unterschiede zwischen dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses und dem Gegenstand der tatsächlich durchgeführten Nachprüfung den Schluss zu, dass die Kommission zum Zeitpunkt dieses Beschlusses nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte, um das Vorliegen zumindest einiger darin angeführter Zuwiderhandlungen zu vermuten. Das Erfordernis des Schutzes gegen willkürliche Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung verbiete es der Kommission, eine Nachprüfung anzuordnen, wenn sie nicht über ernsthafte Anhaltspunkte für den Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verfüge, und es sei Sache des Gerichts, sich konkret zu vergewissern, dass die Kommission über solche Indizien verfügte.

168    Daher ist zu festzustellen, welche Indizien der Kommission vorlagen und auf deren Grundlage sie die streitige Nachprüfung anordnete, bevor geprüft wird, ob diese hinreichend ernsthaft sind, um die fraglichen Zuwiderhandlungen zu vermuten und den Erlass des angefochtenen Beschlusses zu rechtfertigen.

1)      Zur Feststellung der im Besitz der Kommission befindlichen Indizien

169    Als Antwort auf die prozessleitenden Maßnahmen, die das Gericht am 3. Dezember 2018 sowie am 13. Mai und 25. September 2019 getroffen hat, um zu prüfen, ob die Kommission über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte, die den Erlass des angefochtenen Beschlusses rechtfertigten, hat die Kommission am 10. Januar, 5. Juni und 18. Oktober 2019 folgende Dokumente vorgelegt:

–        Protokolle von Gesprächen, die sie in den Jahren 2016 und 2017 mit 13 Lieferanten der betreffenden Produkte des täglichen Bedarfs durchgeführt hat, die regelmäßig Vereinbarungen mit Casino und Intermarché trafen (Anlagen Q.1 bis Q.13 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019; im Folgenden: Protokolle);

–        E‑Mail-Austausch zur Festlegung des Zeitpunkts der betreffenden Gespräche, einschließlich des Fragebogens der Kommission, der als Grundlage für diese Gespräche diente (Anlage R.1 bis R.14 der Antwort der Kommission vom 5. Juni 2019);

–        eine E‑Mail des Generaldirektors eines Lieferantenverbands vom 22. November 2016, in der die Bewegungen und die Beziehungen zwischen den großen Handelsketten u. a. in den Verbänden der großen Einzelhändler geschildert werden, was „geeignet [sei], die Unsicherheit zu verringern, die zwischen bestimmten Akteuren des Vertriebs … besteht“ (Anlage Q.14 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019, ergänzt durch die Antworten der Kommission vom 5. Juni und vom 18. Oktober 2019; im Folgenden: E‑Mail des Direktors des Verbands N), zusammen mit mehreren Anlagen, nämlich einer schematischen Darstellung der Teilnehmer und des Ablaufs der „Intermarché-Versammlung“ vom 21. September 2016 (im Folgenden: Intermarché-Versammlung oder Versammlung) (Anlage Q.15 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019), eine Tabelle betreffend die Übertragungvon Handelsketten zwischen internationalen Allianzen zusammen mit mehreren Tabellen, die für jede internationale Allianz die potenziellen Informationsquellen angeben, die sich aus Übertragungen von Mitarbeitern, Übertragungen von Handelsketten oder lokalen Vereinbarungen zwischen Handelsketten, die Mitglieder anderer Allianzen seien, ergeben könnten (Anlage Q.16 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019), ein Presseartikel von Oktober 2016 über die Äußerungen eines Direktors einer Handelskette (Anhang Q.17 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019) und eine Tabelle über die Personalbewegungen zwischen den Handelsketten (Anhang Q.18 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019);

–        mehrere Tabellen mit den einschlägigen Passagen der Dokumente, die im Anhang der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019 vorgelegt wurden, um zusammenfassend die Indizien für jede der vermuteten Zuwiderhandlungen darzustellen, nämlich:

–        der Austausch zwischen ICDC (Casino) und AgeCore (Intermarché) über Rabatte auf den Beschaffungsmärkten und die Verkaufspreise von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten auf europäischer Ebene, insbesondere in Frankreich (im Folgenden: erste Zuwiderhandlung) (Art. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses; Tabelle 1 in der Anlage der Antwort der Kommission vom 5. Juni 2019),

–        der Austausch zwischen Casino und Intermarché über künftige Geschäftsstrategien in Frankreich (im Folgenden: zweite Zuwiderhandlung) (Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses; Tabelle 2 in der Anlage der Antwort der Kommission vom 5. Juni 2019).

170    Außerdem hat die Kommission am 19. Dezember 2019 eine „ergänzende Antwort“ auf die Frage des Gerichts vom 13. Mai 2019 vorgelegt (vgl. oben, Rn. 19). Diese Antwort enthielt, zum einen, einen internen Vermerk der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission vom 16. Dezember 2016 über die oben angeführten Gespräche der Lieferanten und dem daraus abgeleiteten Verdacht von Zuwiderhandlungen, was nach Ansicht der Kommission belegt, dass sie zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses über hinreichend ernsthafte Indizien für den Verdacht dieser Zuwiderhandlungen verfügte, und zum anderen verschiedene Dokumente, die den Zeitpunkt der Fertigstellung der Protokolle belegen sollten. Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass diese ergänzende Antwort, die die Kommission nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens ohne Rechtfertigung vorgelegt habe, verspätet und daher unzulässig sei.

171    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 85 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung Beweise im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen sind, wobei die Hauptparteien ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens Beweise vorlegen können, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist.

172    Zwar kann eine solche Rechtfertigung der verspäteten Vorlage von Beweismitteln nach dem ersten Schriftsatzwechsel nicht verlangt werden, wenn diese als Antwort auf eine prozessleitende Maßnahme innerhalb der Frist für diese Antwort vorgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Oktober 2018, OY/Kommission, T‑605/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:687, Rn. 31, 34 und 35, und vom 24. Oktober 2018, Epsilon International/Kommission, T‑477/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:714, Rn. 57).

173    In den Fällen, in denen das vorgelegte Beweismittel nicht der Aufforderung des Gerichts entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. April 2018, Alcogroup und Alcodis/Kommission, T‑274/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:179, Rn. 49, 50, 54 und 55, und vom 7. Februar 2019, RK/Rat, T‑11/17, EU:T:2019:65, Rn. 54) oder nach Ablauf der in der prozessleitenden Maßnahme gesetzten Frist für die Antwort vorgelegt wird (Urteil vom 9. April 2019, Close und Cegelec/Parlament, T‑259/15, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:229, Rn. 34), kommt die Pflicht zur Rechtfertigung der Verspätung jedoch wieder zur Anwendung.

174    Selbst wenn im vorliegenden Fall, wie die Kommission vorträgt, davon auszugehen wäre, dass ihre ergänzende Antwort vom 19. Dezember 2019 die Antwort vom 5. Juni 2019 und nicht diejenige vom 10. Januar 2019 ergänzen sollte, mit der bereits eine Aufforderung des Gerichts beantwortet wurde, die Indizien vorzulegen, die den Erlass des angefochtenen Beschlusses rechtfertigten, ist festzustellen, dass diese ergänzende Antwort mehr als sechs Monate nach Ablauf der vom Gericht in seiner prozessleitenden Maßnahme vom 13. Mai 2019 gesetzten Frist eingereicht wurde, die am 5. Juni 2019 abgelaufen ist.

175    Daraus folgt, dass es der Kommission oblag, die verspätete Vorlage der Schriftstücke zu rechtfertigen, die ihrer ergänzenden Antwort vom 19. Dezember 2019 beigefügt waren, und dass die Notwendigkeit einer solchen Rechtfertigung im vorliegenden Fall durch die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung angeführte Rechtsprechung nicht in Frage gestellt werden kann.

176    In den angeführten Urteilen ging es nämlich um Schriftstücke, die innerhalb der durch die prozessleitende Maßnahme gesetzten Frist vorgelegt wurden und daher nicht verspätet waren (Urteile vom 24. Oktober 2018, Epsilon International/Kommission, T‑477/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:714, Rn. 35 und 57, vom 5. März 2019, Pethke/EUIPO, T‑169/17, nicht veröffentlicht, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:135, Rn. 26, 36 und 40, und vom 28. März 2019, Pometon/Kommission, T‑433/16, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:201, Rn. 27, 28 und 328), oder um spontan eingereichte Schriftstücke, wobei ihre verspätete Einreichung ordnungsgemäß gerechtfertigt wurde (Urteil vom 24. Oktober 2018, Epsilon International/Kommission, T‑477/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:714, Rn. 32 und 58).

177    Im vorliegenden Fall hat die Kommission die verspätete Einreichung ihrer ergänzenden Antwort vom 19. Dezember 2019 in keiner Weise gerechtfertigt, sondern sich darauf beschränkt, sich in diesem Schriftstück vor dem Gericht wegen der Unannehmlichkeiten zu entschuldigen, die durch diese Einreichung verursacht werden könnten. Selbst wenn man im Übrigen davon ausginge, dass die in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer Frage des Gerichts vorgebrachte Rechtfertigung, wonach die verspätete Einreichung auf interne Ablaufprobleme der Kommission zurückzuführen sei, zu berücksichtigen wäre, könnte eine solche Rechtfertigung die Zulässigkeit der in Rede stehenden ergänzenden Antwort nicht mit Erfolg begründen. Eine solche Behauptung, die auf rein interne Schwierigkeiten Bezug nimmt, entspricht nämlich nicht außergewöhnlichen Umständen, die die Vorlage von Beweismitteln am Ende des zweiten Schriftsatzwechsels gestatten könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2017, Biogena Naturprodukte/EUIPO [ZUM wohl], T‑236/16, EU:T:2017:416, Rn. 19) und wird außerdem in keiner Weise durch von der Kommission vorgelegte Beweismittel nachgewiesen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2019, HX/Rat, C‑540/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:707, Rn. 66 und 67). Außerdem weist das Datum des Hauptdokuments, das am 19. Dezember 2019 vorgelegt wurde, nämlich des internen Vermerks der Kommission vom 16. Dezember 2016 (vgl. oben, Rn. 170), darauf hin, dass die Kommission es bereits vor Klageerhebung besaß und in der Lage war, es vor Abschluss des schriftlichen Verfahrens, innerhalb der Frist für die Einreichung ihrer Schriftsätze und erst recht als Antwort auf die späteren prozessleitenden Maßnahmen, vorzulegen. Außerdem hat das Gericht den Klägerinnen zwar Gelegenheit gegeben, zu der ergänzenden Antwort der Kommission vom 19. Dezember 2019, insbesondere zu ihrer Zulässigkeit, schriftlich und in der mündlichen Verhandlung gemäß dem Grundsatz des kontradiktorischen Charakters des Verfahrens Stellung zu nehmen, doch kann dieser Umstand die Kommission nicht von ihrer Verpflichtung entbinden, die Beweise für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses unter den in der Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen vorzulegen.

178    Hinzu kommt, dass, auch wenn sich die Kommission nicht darauf berufen hat, die Anlagen zur ergänzenden Antwort vom 19. Dezember 2019 nicht als Gegenbeweise qualifiziert werden können, die nicht von der Präklusionsvorschrift von Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung erfasst werden (Beschlüsse vom 21. März 2019, Troszczynski/Parlament, C‑462/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:239, Rn. 39, und vom 21. Mai 2019, Le Pen/Parlament, C‑525/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:435, Rn. 48). Das Gericht hat der Kommission nämlich mit seinen prozessleitenden Maßnahmen vom 13. Mai und 25. September 2019 Gelegenheit gegeben, auf die Einwände der Klägerinnen hinsichtlich des Besitzes von Indizien, die die streitige Nachprüfung rechtfertigten, zu antworten, was die Kommission daher mit ihren Antworten vom 5. Juni und 18. Oktober 2019 hätte tun können, zumal das am 19. Dezember 2019 vorgelegte Hauptdokument vom 16. Dezember 2016 stammte (vgl. oben, Rn. 177).

179    Die ergänzende Antwort der Kommission vom 19. Dezember 2019 ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

180    Daraus folgt, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Indizien, die den Erlass des angefochtenen Beschlusses gerechtfertigt haben, hinreichend ernsthaft sind, nur die oben in Rn. 169 dargelegten zu berücksichtigen sind.

2)      Zur Beurteilung der hinreichenden Ernsthaftigkeit der im Besitz der Kommission befindlichen Indizien

181    Auf die Aufforderung des Gerichts, zu den von der Kommission auf Ersuchen des Gerichts vorgelegten Indizien Stellung zu nehmen, haben die Klägerinnen geltend gemacht, dass die fraglichen Dokumente mit schweren Formfehlern behaftet seien, insbesondere im Zusammenhang mit der fehlenden Aufzeichnung der Gespräche, die zu den vorgelegten Protokollen geführt hätten, und der fehlenden Feststellung des Datums dieser Protokolle. Sie wenden sich insoweit gegen die Rechtsprechung, auf die sich die Kommission zur Stützung ihres Vorbringens beruft, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Besitzes von Indizien für die vermuteten Zuwiderhandlungen der Zeitpunkt der Gespräche mit den verschiedenen Lieferanten sei und nicht der Zeitpunkt, zu dem sie das Protokoll dieser Gespräche erstellt habe. Im Übrigen rechtfertigten die vorgelegten Indizien in Bezug auf die Intermarché-Versammlung, die von Intermarché für ihre Lieferanten organisiert worden sei, keine Nachprüfung eines angeblichen nationalen Informationsaustauschs über künftige Geschäftsstrategien, so dass der angefochtene Beschluss zumindest insoweit für nichtig zu erklären sei, als er die zweite mutmaßliche Zuwiderhandlung betreffe. Dass die Kommission am 13. Mai 2019 einen neuen Nachprüfungsbeschluss für ihre Räumlichkeiten erlassen habe, der sich gerade auf diesen nationalen Informationsaustausch bezogen habe, zeige, dass die Kommission nicht über hinreichend ernsthafte Indizien für den Verdacht verfügt habe, dass dieser Austausch stattgefunden habe.

182    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung der hinreichenden Ernsthaftigkeit der Indizien, die der Kommission zur Verfügung stehen, unter Berücksichtigung des Umstands vorzunehmen ist, dass der Nachprüfungsbeschluss im Rahmen des Abschnitts der Voruntersuchung ergangen ist, der es der Kommission ermöglichen soll, alle relevanten Elemente zusammenzutragen, durch die das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln bestätigt oder nicht bestätigt wird, und eine erste Position zur Ausrichtung und zum weiteren Gang des Verfahrens einzunehmen.

183    Daher kann in dieser Phase von der Kommission vor dem Erlass eines Nachprüfungsbeschlusses nicht verlangt werden, dass sie sich im Besitz von Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung befindet. Ein solches Beweisniveau ist im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte an ein Unternehmen, das einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verdächtig ist, sowie bei Entscheidungen der Kommission erforderlich, in denen sie das Vorliegen einer Zuwiderhandlung feststellt und Geldbußen verhängt. Hingegen reicht es für den Erlass eines Nachprüfungsbeschlusses nach Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 aus, dass die Kommission über ernsthafte Informationen und Hinweise verfügt, die bei ihr den Verdacht begründen, dass eine Zuwiderhandlung vorliegt (Urteile vom 29. Februar 2016, EGL u. a./Kommission, T‑251/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:114, Rn. 149, und vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑325/16, EU:T:2018:368, Rn. 66). Somit sind die Beweise für eine Zuwiderhandlung zum einen, und die Indizien, die geeignet sind, einen begründeten Verdacht des Vorhandenseins mutmaßlicher Zuwiderhandlungen zu wecken, zum anderen, zu unterscheiden (vgl. entsprechend Urteil vom 14. März 2014, Cementos Portland Valderrivas/Kommission, T‑296/11, EU:T:2014:121, Rn. 43) oder, nach einem anderen in der Rechtsprechung ebenfalls verwendeten Wortlaut, einen Anfangsverdacht in Bezug auf ein wettbewerbswidriges Verhalten zu begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Februar 2016, EGL u. a./Kommission, T‑251/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:114, Rn. 153 und 155).

184    Folglich ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses über solche ernsthaften Indizien verfügte, die den Verdacht einer Zuwiderhandlung begründen konnten. In diesem Rahmen ist die Prüfung des Besitzes von Beweisen, mit denen das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlungen nachgewiesen werden kann, nicht erforderlich.

185    Diese Unterscheidung hat Folgen für die Anforderungen an die Form, den Urheber und den Inhalt der die Nachprüfungsbeschlüsse rechtfertigenden Indizien, die alle von den Klägerinnen als im vorliegenden Fall nicht eingehalten angesehen werden.

i)      Zur Form der Indizien, die den angefochtenen Beschluss rechtfertigten

186    Aus der Unterscheidung zwischen Beweisen für eine Zuwiderhandlung und Indizien, die einem Nachprüfungsbeschluss zugrunde liegen, ergibt sich, dass die Letzteren nicht demselben Grad an Formalismus genügen müssen wie derjenige betreffend insbesondere die Einhaltung der Regeln der Verordnung Nr. 1/2003 und der auf ihrer Grundlage ergangenen Rechtsprechung zu den Ermittlungsbefugnissen der Kommission. Wäre für die Sammlung der Indizien, die einer Nachprüfung und der Beschaffung von Beweisen für eine Zuwiderhandlung vorausgeht, derselbe Formalismus erforderlich, würde dies nämlich bedeuten, dass die Kommission die für ihre Ermittlungsbefugnisse geltenden Regeln beachten müsste, obwohl noch keine Untersuchung im Sinne von Kapitel V der Verordnung Nr. 1/2003 formell eingeleitet worden ist und die Kommission noch nicht von den ihr insbesondere durch die Art. 18 bis 20 der Verordnung Nr. 1/2003 verliehenen Ermittlungsbefugnissen Gebrauch gemacht hat, d. h. keine Maßnahme erlassen hat, die mit dem Vorwurf verbunden ist, eine Zuwiderhandlung begangen zu haben, u. a. einen Nachprüfungsbeschluss.

187    Diese Definition des Beginns einer Untersuchung und des Abschnitts der Voruntersuchung ist aus der oben in Rn. 88 angeführten ständigen Rechtsprechung hervorgegangen, die erst jüngst bestätigt wurde (Urteil vom 12. Juli 2018, The Goldman Sachs Group/Kommission, T‑419/14, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2018:445, Rn. 241), sie wurde aber bereits zuvor in Urteilen des Gerichtshofs (Urteile vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, EU:C:2002:582, Rn. 182, und vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 38) und des Gerichts (Urteil vom 16. Juni 2011, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, T‑240/07, EU:T:2011:284, Rn. 288), von denen einige sich auf die Rechtsprechung des EGMR gestützt haben, aufgestellt.

188    Als Indizien, die eine Nachprüfung rechtfertigen, wurden so grundsätzlich anerkannt eine Anzeige im Rahmen einer schriftlichen Beschwerde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juni 2018, České dráhy/Kommission, T‑325/16, EU:T:2018:368, Rn. 95), die zur Einleitung einer Untersuchung durch die Kommission führen kann, auch wenn sie die Anforderungen für Beschwerden nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht erfüllt (Nr. 4 der Bekanntmachung der Kommission über die Behandlung von Beschwerden durch die Kommission gemäß Artikel [101] und [102 AEUV] [ABl. 2004, C 101, S. 65]), sowie eine mündliche Anzeige im Rahmen eines Antrags auf Kronzeugenbehandlung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 74).

189    Ebenso war die Kommission im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht verpflichtet, die Vorgaben von Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 und von Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) in ihrer Auslegung durch das Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), zu beachten, und hatte daher nicht dieVerpflichtung, die Gespräche mit den Lieferanten, die zu den Protokollen geführt hatten, nach den Modalitäten dieser Bestimmungen aufzuzeichnen (vgl. oben, Rn. 169, erster Gedankenstrich).

190    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 19 („Befugnis zur Befragung“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003, der zu Kapitel V dieser Verordnung gehört, „[z]ur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben … die Kommission alle natürlichen und juristischen Personen befragen [kann], die der Befragung zum Zweck der Einholung von Information, die sich auf den Gegenstand einer Untersuchung bezieht, zustimmen“.

191    Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 lautet:

„(1)      Befragt die Kommission eine Person mit deren Zustimmung nach Maßgabe von Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, teilt sie ihr zu Beginn der Befragung die Rechtsgrundlage sowie den Zweck der Befragung mit und verweist auf den freiwilligen Charakter der Befragung. Sie teilt dem Befragten ferner ihre Absicht mit, die Befragung aufzuzeichnen.

(2)      Die Befragung kann auf jedem Wege einschließlich per Telefon oder elektronisch erfolgen.

(3)      Die Kommission kann die Aussagen des Befragten auf einen beliebigen Träger aufzeichnen. Dem Befragten wird eine Kopie der Aufzeichnung zur Genehmigung überlassen. Die Kommission setzt erforderlichenfalls eine Frist, innerhalb deren der Befragte seine Aussage berichtigen kann.“

192    Aus diesen Bestimmungen und dem Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 84 bis 91), ergibt sich zwar, dass für die Kommission eine Pflicht besteht, jede Befragung, die sie nach Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 durchführt, um Informationen einzuholen, die sich auf den Gegenstand ihrer Untersuchung beziehen, in der von ihr gewählten Form aufzuzeichnen, ohne dass zwischen förmlichen Befragungen und informellen Gesprächen, die nicht unter diese Pflicht fielen, zu unterscheiden wäre.

193    Diese Verpflichtung gilt jedoch nicht für Gespräche, die vor Einleitung einer Untersuchung durch die Kommission, die u. a. durch den Erlass eines Nachprüfungsbeschlusses gekennzeichnet sein kann, geführt wurden.

194    Wie sich nämlich schon aus dem Wortlaut von Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt, handelt es sich bei den betreffenden Befragungen um solche zum Zweck der „Einholung von Information, die sich auf den Gegenstand einer Untersuchung bezieht“, die definitionsgemäß eingeleitet und ihr Gegenstand festgelegt worden sein muss, bevor die angeführten Befragungen geführt werden (vgl. in diesem Sinne auch das Verfahrenshandbuch für den Bereich der Wettbewerbspolitik der Generaldirektion „Wettbewerb“ der Kommission, Kapitel 8, Nrn. 4, 5 und 22).

195    Ebenso hatte in der Rechtssache, in der das Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), ergangen ist, das Gespräch, zu dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die Verpflichtung zur Aufzeichnung nach Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 anwendbar war, nach der Einleitung einer Untersuchung, die durch den Erlass von Nachprüfungsentscheidungen gekennzeichnet war, stattgefunden (Urteil vom 12. Juni 2014, Intel/Kommission, T‑286/09, EU:T:2014:547, Rn. 4 bis 6). Daraus kann daher nicht abgeleitet werden, dass diese Verpflichtung zur Aufzeichnung auch für Gespräche gilt, die der Einleitung einer Untersuchung vorausgehen.

196    Diese Beschränkung der Verpflichtung zur Aufzeichnung auf die Gespräche, die im Rahmen einer Untersuchung erfolgen, ergibt sich auch aus den Schlussanträgen des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2016:788, Nrn. 232 und 233). Generalanwalt Wahl war der Ansicht, dass sich aus der Regel nach Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004, wonach Informationen, die bei Befragungen betreffend den Gegenstand einer Untersuchung eingeholt werden, aufzuzeichnen sind, nicht ergebe, dass die Kommission sich niemals informell an Dritte wenden dürfte. Er hat sich insoweit auf den eindeutigen Wortlaut von Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 selbst gestützt, um davon auszugehen, dass unter diese Bestimmung nur der Austausch solcher Informationen falle, die sich auf den Gegenstand einer Untersuchung bezögen, und dass in Fällen, in denen sich der Informationsaustausch zwischen der Kommission und Dritten nicht auf den Gegenstand einer konkreten Untersuchung beziehe, keine Verpflichtung zur Aufzeichnung dieses Austauschs bestehe.

197    Andernfalls würden die Aufdeckung von rechtswidrigen Praktiken durch die Kommission und die Ausübung ihrer entsprechenden Ermittlungsbefugnisse stark beeinträchtigt. So hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung die möglichen abschreckenden Wirkungen hervorgehoben, die eine förmliche Befragung im Sinne von Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 auf die Bereitschaft der Zeugen zur Auskunftserteilung und zur Anzeige von Zuwiderhandlungen haben kann, wobei solche Informationen einen bedeutenden Teil der Indizien darstellen, die dem Erlass von Untersuchungsmaßnahmen, wie Nachprüfungen, zugrunde liegen.

198    Im vorliegenden Fall fanden die Gespräche mit den Lieferanten jedoch vor der Einleitung einer Untersuchung nach der Verordnung Nr. 1/2003 statt. Im Hinblick auf den Fragebogen, auf dessen Grundlage sie durchgeführt wurden und in dem die Lieferanten nach ihren Beziehungen zu den Vertriebsallianzen und, in völlig offener Weise, nach ihrer Kenntnis von möglichen Auswirkungen dieser Allianzen auf den Wettbewerb befragt wurden, kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass diese Gespräche gegenüber den Klägerinnen und erst recht gegenüber den Lieferanten einen Vorwurf enthielten, eine Zuwiderhandlung begangen zu haben. Die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung angeführte Anlage Q.12 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019 bestätigt dies im Übrigen, da sie die etwaige Einleitung einer „förmlichen Untersuchung“ im Anschluss an die Gespräche und die Nutzung der nach den Rechtsvorschriften der Union hierfür vorgesehenen Untersuchungsmittel, d. h. hier den Erlass eines Nachprüfungsbeschlusses, der im vorliegenden Fall die Einleitung dieser Untersuchung kennzeichnet, anführt. Daraus folgt, dass die aus diesen Gesprächen hervorgegangenen Indizien nicht als mit einem Formfehler behaftet zurückgewiesen werden können, weil die Verpflichtung zur Aufzeichnung nach Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 nicht eingehalten worden sei. Daher braucht nicht über das Vorbringen der Kommission entschieden zu werden, dass es sich bei den Protokollen um Aufzeichnungen handele, die mit diesen Bestimmungen im Einklang stünden.

199    Daraus folgt im Übrigen, dass das Vorbringen der Klägerinnen nicht durchgreifen kann, wonach die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht über die Indizien verfügt habe, die aus ihren Gesprächen mit den 13 Lieferanten hervorgegangen seien, da sie den Zeitpunkt der Protokolle dieser Gespräche nicht nachgewiesen habe.

200    Wie sich nämlich aus dem Vorstehenden ergibt und wie die Kommission zutreffend hervorhebt, ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Feststellung, ob zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses Indizien vorlagen, der Zeitpunkt der Gespräche mit den Lieferanten, die Gegenstand der Protokolle waren. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Informationen, die später in den Protokollen niedergeschrieben wurden, der Kommission übermittelt und es konnte davon ausgegangen werden, dass sie sich im Besitz der Kommission befanden. Die anschließend verfassten Protokolle ermöglichen zwar die Bestimmung des Inhalts der Gespräche mit den Lieferanten und sind als solche zu berücksichtigen, sie sind aber nicht die Dokumente, anhand deren der Zeitpunkt festgestellt werden kann, zu dem die Kommission im Besitz der Indizien war, die sich aus den Gesprächen ergaben. Mit anderen Worten sind die Gespräche mit den Lieferanten nicht ab dem Zeitpunkt, zu dem sie Gegenstand von Protokollen der Kommission waren, zu „Indizien“ geworden, die der Kommission zur Verfügung standen, sondern hatten diese Eigenschaft ab dem Zeitpunkt, zu dem sie stattgefunden haben.

201    Insoweit ist mit der Kommission auf eine Rechtsprechung hinzuweisen, die zwar im speziellen Kontext von Kronzeugenverfahren ergangen ist, deren Tragweite aber angesichts des allgemeinen Charakters des ausgelegten Begriffs des „Besitzes“ an Beweismitteln und seiner darin vorgenommenen Auslegung nach der Logik, der Vernunft und der praktischen Wirksamkeit über diesen Kontext hinausgeht. Nach dieser Rechtsprechung kommt nämlich der Besitz der Kommission an einem Beweismittel der Kenntnis seines Inhalts gleich (Urteile vom 9. Juni 2016, Repsol Lubricantes y Especialidades u. a./Kommission, C‑617/13 P, EU:C:2016:416, Rn. 72, und vom 23. Mai 2019, Recylex u. a./Kommission, T‑222/17, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2019:356, Rn. 87 [nicht veröffentlicht]; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. November 2014, Alstom Grid/Kommission, T‑521/09, EU:T:2014:1000, Rn. 77 bis 83). Daher kann im vorliegenden Fall entsprechend davon ausgegangen werden, dass die Gespräche der Kommission mit den 13 Lieferanten die Kenntnis der bei diesen Gesprächen übermittelten Informationen und den Besitz der fraglichen Informationen zum Zeitpunkt dieser Gespräche implizieren.

202    Andernfalls liefe dies auf die Annahme hinaus, dass die Indizien, die Nachprüfungen rechtfertigen können, nicht nur in mündlicher Form vorliegen dürften, obwohl eine Verpflichtung zur förmlichen Niederschrift in diesem Stadium nach den einschlägigen Bestimmungen nicht nur nicht besteht (vgl. oben, Rn. 193 bis 198), sondern darüber hinaus die Wirksamkeit der Untersuchungen der Kommission beeinträchtigen könnte, indem sie verpflichtet würde, auf das Verfahren zur Aufzeichnung nach Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 zurückzugreifen (vorherige Information, Einführung eines Aufzeichnungsverfahrens, Überlassung einer Kopie der Aufzeichnung zur Genehmigung, Festsetzung einer Genehmigungsfrist) und damit den Zeitpunkt der Nachprüfung zu verzögern, während es entscheidend ist, die Nachprüfungsbeschlüsse rasch nach der Übermittlung von Informationen über die möglichen Zuwiderhandlungen zu erlassen, um die Gefahr eines ungewollten Bekanntwerdens und der Verschleierung von Beweisen auf ein Minimum zu reduzieren (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Deutsche Bahn u. a./Kommission, C‑583/13 P, EU:C:2015:92, Nrn. 61 und 62).

203    Daher ist festzustellen, dass sich die Kommission zu Recht auf die Zeitpunkte ihrer Gespräche mit den 13 Lieferanten gestützt hat, um nachzuweisen, dass sie zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses im Besitz der Indizien war, die sich aus diesen Gesprächen ergaben.

204    Außerdem belegen, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen, die von der Kommission als Anlage zu ihrer Antwort vom 5. Juni 2019 vorgelegten Beweismittel (Anlagen R.1 bis R.13) tatsächlich, dass ihre Gespräche mit 13 Lieferanten vor dem 9. Februar 2017, dem Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses, stattfanden.

205    Zunächst belegen diese Anlagen Terminvereinbarungen per E‑Mail für Gespräche zu Zeitpunkten vor dem 9. Februar 2017, die zwischen dem 4. Oktober 2016 und dem 8. Februar 2017 liegen.

206    Unerheblich ist, dass bei zwei der befragten Lieferanten der letzte Austausch mit der Kommission am Tag vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses stattfand. Der maßgebliche Zeitpunkt ist nämlich der Zeitpunkt des Austauschs, der, da er am 8. Februar 2017 stattfand, vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses am 9. Februar 2017 lag.

207    Jedenfalls kann, selbst wenn auf den Zeitpunkt der Erstellung der Protokolle abzustellen wäre, aus dem Zeitpunkt dieses letzten Austauschs nicht geschlossen werden, wie es die Klägerinnen tun, dass die Kommission zwangsläufig sämtliche Protokolle nach dem 9. Februar 2017 verfasst hätte. Zum einen sind nur zwei Lieferanten und somit zwei von 13 Protokollen betroffen. Zum anderen hat die Kommission angegeben, sie habe die Protokolle erstellt, um eine ihrer Ansicht nach bestehende Verpflichtung zur Aufzeichnung der Erklärungen der Lieferanten nach Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 zu erfüllen (vgl. oben, Rn. 198), was ihre Behauptung stützt, dass die Protokolle immer nach dem Austausch erstellt worden seien, d. h. vom Beginn dieses Austauschs an, der überwiegend Ende 2016 stattfand. Die beiden fraglichen Protokolle waren somit zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses zumindest teilweise verfasst und es konnte vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass sie zu diesem Zeitpunkt den wesentlichen Teil der Angaben in ihrer endgültigen Fassung enthielten, da aus diesen Protokollen hervorgeht, dass der letzte Austausch vom 8. Februar 2017 auf andere folgte und auf einige letzte Erläuterungen abzielte. Insoweit ist auf das Gebot der Schnelligkeit hinzuweisen, das für den Erlass von Nachprüfungsentscheidungen maßgebend ist, um die Gefahr eines ungewollten Bekanntwerdens nach Anzeigen auf ein Minimum zu reduzieren (vgl. oben, Rn. 202).

208    Hinzu kommt, dass selbst dann, wenn die Behauptung und die Belege zu berücksichtigen wären, die die Kommission in ihrer ergänzenden Antwort vom 19. Dezember 2019 zum Nachweis dafür vorgelegt hat, dass die Protokolle zwischen dem Zeitpunkt des letzten Gesprächs und dem 21. Februar 2017 fertig gestellt – und nicht erstellt – worden seien, diese Fertigstellung nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses die vorstehenden Erwägungen nicht in Frage stellen kann. Aus dem internen Vermerk der Kommission vom 16. Dezember 2016, der dieser ergänzenden Antwort als Anlage beigefügt ist und eine sehr detaillierte Zusammenfassung der bei den Gesprächen gesammelten Informationen enthält, lässt sich nämlich ableiten, dass die Kommission von diesem Zeitpunkt an bereits sehr vollständige, wenngleich nicht fertiggestellte Protokolle erstellt hatte.

209    Sodann reichen die im vorliegenden Fall zur Feststellung des Termins, für den die Gespräche vereinbart wurden, vorgelegten Beweise aus, um nachzuweisen, dass die fraglichen Gespräche mit den 13 Lieferanten zu den vereinbarten Terminen tatsächlich stattfanden. Insoweit kann der – im Übrigen durch nichts untermauerten – Behauptung der Klägerinnen nicht gefolgt werden, dass mit diesen Beweisen nicht einmal nachgewiesen werden könne, dass die Bediensteten der Kommission mit Personen außerhalb der Kommission kommuniziert hätten. Dieser Behauptung widersprechen nämlich eindeutig die Termine, die in den elektronischen Kalendern der betroffenen Kommissionsbediensteten angegeben sind (in den Schlussteilen der Anlagen R.1 bis R.13 der Antwort der Kommission vom 5. Juni 2019 wiedergegeben) und die denjenigen in den E‑Mails entsprechen, mit denen diese Termine zwischen der Kommission und externen Gesprächspartnern vereinbart wurden (in den Anfangsteilen der Anlagen R.1 bis R.13 wiedergegeben), wobei sich die Eigenschaft der Gesprächspartner als Lieferant eindeutig aus dem diesen E‑Mails beigefügten Fragebogen mit dem Titel „Fragen zu den Allianzen im Einkauf zwischen Einzelhändlern an die Lieferanten von Waren, die diese Einzelhändler beliefern“ ergibt.

210    Schließlich kann aus denselben Gründen, insbesondere wegen des offensichtlichen Zusammenhangs zwischen dem oben angeführten Fragebogen und den in den Protokollen enthaltenen Angaben, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem in den E‑Mails vereinbarten Austausch tatsächlich um den Austausch handelt, der zu den Protokollen geführt hat. Alle Protokolle folgen nämlich im Wesentlichen einem Plan, der im Wesentlichen die gleichen Unterteilungen enthält (insbesondere Allianzen, mit denen der Lieferant Vereinbarungen geschlossen und Gegenleistungen vereinbart hat, Austausch von Informationen, Personaltransfers), der bestätigt, dass zumindest ein Teil der Antworten auf den Fragebogen (im Wesentlichen Teil I, der die Fragen 1 bis 10 enthält, und Teil III des Fragebogens, der die Fragen 15 bis 18 umfasst) übernommen wurde.

211    Aus alledem ergibt sich somit, dass die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses über die in den Protokollen zusammengefassten Indizien verfügte und dass die Protokolle bei der Prüfung, ob die Kommission im Besitz von hinreichend ernsthaften Indizien war, berücksichtigt werden konnten, ohne dass der Zeitpunkt der Erstellung und der Fertigstellung der Protokolle genau zu bestimmen wäre.

212    Daraus folgt, dass sämtliche formalen Beanstandungen, mit denen die von der Kommission vorgelegten Indizien beanstandet werden, zurückzuweisen sind.

ii)    Zu den Urhebern der Indizien, die den angefochtenen Beschluss rechtfertigten

213    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung zur Würdigung der Beweise für eine Zuwiderhandlung das allein maßgebliche Kriterium für die Beurteilung dieser Beweise deren Glaubhaftigkeit ist, wobei die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und davon abhängt, ob sein Inhalt vernünftig und glaubhaft ist, und dass große Bedeutung insbesondere dem Umstand zukommt, dass ein Schriftstück in unmittelbarem Zusammenhang mit den Vorgängen oder von einem unmittelbaren Zeugen dieser Vorgänge erstellt wurde (vgl. Urteile vom 27. Juni 2012, Coats Holdings/Kommission, T‑439/07, EU:T:2012:320, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 8. September 2016, Goldfish u. a./Kommission, T‑54/14, EU:T:2016:455, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

214    Die Anwendung dieser Kriterien zur Würdigung der Beweise für eine Zuwiderhandlung auf die Indizien, die eine Nachprüfung rechtfertigen, kann nicht dazu führen, die Eigenschaft als hinreichend ernsthaft für sämtliche Indizien auszuschließen, die nicht unmittelbar von den überprüften Unternehmen stammen. Dies würde verhindern, dass Erklärungen oder Dokumente Dritter als hinreichend ernsthafte Indizien eingestuft würden, und nähme damit der Kommission den wesentlichen Teil ihrer Möglichkeiten, Nachprüfungen durchzuführen.

215    Zwar handelt es sich bei den Beweisen für Zuwiderhandlungen meist um unmittelbare Beweise, die von den Unternehmen stammen, die diese Zuwiderhandlungen begangen haben, doch stammen Indizien, die den Verdacht von Zuwiderhandlungen zulassen, im Allgemeinen von an den Zuwiderhandlungen nicht beteiligten Dritten, unabhängig davon, ob es sich um konkurrierende Unternehmen oder um Opfer der Verstöße oder um öffentliche oder private Einrichtungen handelt, die mit diesen Verstößen nichts zu tun haben, wie z. B. Sachverständige oder Wettbewerbsbehörden.

216    Daher reicht im vorliegenden Fall, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen, der Umstand, dass die Protokolle von der Kommission erstellt wurden, die über ihre etwaige Verfolgung und Sanktion entscheidet, als solcher nicht aus, um ihnen jeden Beweiswert bei der Beurteilung, ob die Kommission im Besitz von hinreichend ernsthaften Indizien war, abzusprechen.

217    Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Protokolle dazu dienen, die der Kommission von den Lieferanten übermittelten Informationen konkret darzustellen und auf diese Weise zu bestimmen (vgl. oben, Rn. 200). Diese Informationen, die allein die Indizien im engeren Sinne darstellen, die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegen, stammen nicht von der Kommission, sondern von den Lieferanten, die unmittelbare Geschäftsbeziehungen zu den Klägerinnen haben. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Lieferanten Geschäftsbeziehungen zu den Klägerinnen haben und somit unmittelbar durch deren vermutetes rechtswidriges Verhalten geschädigt werden können. Sie können daher ein Interesse daran haben, dass die Klägerinnen mit einer Sanktion belegt werden. Gerade wegen ihrer Geschäftsbeziehungen zu den Klägerinnen haben sie jedoch im Unterschied zu bloßen Wettbewerbern der Urheber der Zuwiderhandlung unmittelbare Kenntnis von den Auswirkungen, die diesem etwaigen rechtswidrigen Verhalten gegebenenfalls zuzuschreiben sind. Insoweit kann die nach der Rechtsprechung gebotene Vorsicht bei der Auslegung von Anzeigen von Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen, wenn Erstere ein Interesse daran haben, dass Letztere mit einer Sanktion belegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2011, Mitsubishi Electric/Kommission, T‑133/07, EU:T:2011:345, Rn. 88), nicht in vollem Umfang auf die Erklärungen der Lieferanten Anwendung finden, insbesondere wenn diese, wie im vorliegenden Fall, auf genaue tatsächliche Umstände aus den Geschäftsbeziehungen zwischen ihnen und den mutmaßlichen Urhebern der Zuwiderhandlung Bezug nehmen.

218    Zum Beweiswert der von der Kommission erstellten Protokolle ist außerdem festzustellen, dass er durch das einzige Argument der Klägerinnen zu seiner Beanstandung nicht in Frage gestellt wird, das die standardisierte Darstellung bestimmter Passagen der Protokolle betrifft, die belegen solle, dass die Kommission die Erklärungen der verschiedenen Lieferanten nicht wahrheitsgetreu wiedergegeben habe. Wie die Klägerinnen geltend machen, sind die Passage betreffend den Zeitpunkt und die Teilnehmer der Intermarché-Versammlung sowie die Folge dieser Teilnahme, nämlich die Kenntnis der Teilnehmer von bestimmten Geschäftszielen von Intermarché, in vier Protokollen zwar identisch (Anlagen Q.4, Q.5, Q.7 und Q.8 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019). Aus einer solchen Übereinstimmung, soweit sie nur vier Protokolle von den 13 übermittelten kennzeichnet und sich auf Angaben bezieht, die als Antwort auf den Fragebogen übermittelt und in gleicher Weise beschrieben werden konnten, lässt sich jedoch keine Verfälschung der gesammelten Erklärungen ableiten. Dies gilt umso mehr, als die in Rede stehende identische Passage in jedem der vier Protokolle durch unterschiedliche Angaben zur Intermarché-Versammlung ergänzt wird.

219    Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach den Verträgen das Organ ist, das in völliger Unparteilichkeit dafür verantwortlich ist, die Beachtung des Wettbewerbsrechts der Union zu gewährleisten, und dass die Kumulierung der Aufgaben der Ermittlung und der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln durch die Kommission für sich keinen Verstoß gegen das Gebot der Unparteilichkeit darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2012, Bolloré/Kommission, T‑372/10, EU:T:2012:325, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es kann daher nicht ohne Beweis oder auch nur einen Anfangsbeweis angenommen werden, dass die Kommission den vorliegenden belastenden Vorgang prüft, indem sie die Äußerungen der Lieferanten verfälscht, um Indizien für die Rechtswidrigkeit der Verhaltensweisen der Händler zu erlangen.

220    Nach alledem sind sämtliche Argumente, die aus der Eigenschaft der Urheber der mitgeteilten Indizien ableiten, dass die Kommission nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügt habe, um die streitige Nachprüfung durchzuführen, zurückzuweisen.

iii) Zum Inhalt der Indizien, die den angefochtenen Beschluss rechtfertigten

221    Aus der Unterscheidung zwischen Beweisen für eine Zuwiderhandlung und Indizien, die einem Nachprüfungsbeschluss zugrunde liegen, ergibt sich, dass die Letzteren das Vorliegen und den Inhalt einer Zuwiderhandlung sowie ihre Beteiligten nicht nachweisen müssen, da sonst die der Kommission durch Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 verliehenen Befugnisse nutzlos würden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 14. März 2014, Cementos Portland Valderrivas/Kommission, T‑296/11, EU:T:2014:121, Rn. 59).

222    Deshalb steht der Umstand, dass die herangezogenen Anhaltspunkte unterschiedlich ausgelegt werden können, ihrer Einstufung als hinreichend ernsthafte Indizien nicht entgegen, sofern die von der Kommission vertretene Auslegung plausibel erscheint (vgl. entsprechend, zu einem Beschluss über ein Auskunftsverlangen, Urteil vom 14. März 2014, Cementos Portland Valderrivas/Kommission, T‑296/11, EU:T:2014:121, Rn. 59). Bei der Beurteilung der Plausibilität ist zu beachten, dass die Nachprüfungsbefugnis der Kommission die Befugnis impliziert, nach anderen Informationsquellen zu suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind (vgl. Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission, T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

223    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen Indizien für den Verdacht einer Zuwiderhandlung nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit zu bewerten sind und sich gegenseitig verstärken können (vgl. Urteile vom 27. November 2014, Alstom Grid/Kommission, T‑521/09, EU:T:2014:1000, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. Februar 2016, EGL u. a./Kommission, T‑251/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:114, Rn. 150 und die dort angeführte Rechtsprechung).

224    Insbesondere zu den im vorliegenden Fall vermuteten Zuwiderhandlungen, nämlich abgestimmten Verhaltensweisen (vgl. insbesondere den sechsten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), setzt nach ständiger Rechtsprechung der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise, wie sich unmittelbar aus Art. 101 Abs. 1 AEUV ergibt, über die Abstimmung zwischen den Unternehmen hinaus ein dieser entsprechendes Marktverhalten und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beiden voraus (Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 118, und vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 1865). Es ist somit das Vorliegen von drei Tatbestandsmerkmalen erforderlich.

225    Was den Nachweis dieser drei Tatbestandsmerkmale angeht, ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „abgestimmte Verhaltensweise“ in die Verträge aufgenommen wurde, um die Anwendung des Wettbewerbsrechts auf Kollusionen zu ermöglichen, die nicht in Form einer förmlichen Willenseinigung erfolgen und damit schwerer zu ermitteln und nachzuweisen sind. Wie der Unionsrichter wiederholt festgestellt hat, stellt Art. 101 AEUV den Begriff „aufeinander abgestimmte Verhaltensweise“ neben den Begriff „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“, um durch seine Verbotsvorschrift eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen zu erfassen, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinne gediehen ist, und daher ohne alle Elemente einer Vereinbarung zu vereinen, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (Urteile vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, EU:C:1972:70, Rn. 64, und vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, EU:T:2006:103, Rn. 132).

226    Ebenso ist allgemein darauf hinzuweisen, dass das Verbot, an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Vereinbarungen teilzunehmen, sowie die Sanktionen, die Zuwiderhandelnden auferlegt werden können, bekannt sind. Es ist daher üblich, dass die Tätigkeiten, mit denen diese Verhaltensweisen und Vereinbarungen verbunden sind, geheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 55 bis 57, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, EU:C:2007:52, Rn. 51; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. Juni 2012, Coats Holdings/Kommission, T‑439/07, EU:T:2012:320, Rn. 42).

227    Daraus folgt, dass der Unionsrichter in bestimmten Fällen anerkannt hat, dass die Beweislast der Kommission für die drei Tatbestandsmerkmale einer abgestimmten Verhaltensweise erleichtert ist.

228    Daher kann ein Parallelverhalten auf dem Markt unter bestimmten Voraussetzungen als Beweis für eine Abstimmung angesehen werden, im vorliegenden Fall, wenn es sich nur durch die Abstimmung einleuchtend erklären lässt (Urteile vom 31. März 1993, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, C‑89/85, C‑104/85, C‑114/85, C‑116/85, C‑117/85 und C‑125/85 bis C‑129/85, EU:C:1993:120, Rn. 71, und vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, EU:T:2008:254, Rn. 143).

229    Ebenso besteht vorbehaltlich des den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern obliegenden Gegenbeweises die Vermutung, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen (Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 121, und vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, EU:T:2008:415, Rn. 118). Mit anderen Worten gestattet es der Nachweis, dass die ersten beiden Tatbestandsmerkmale einer abgestimmten Verhaltensweise erfüllt sind, in bestimmten Fällen, ihr drittes Tatbestandsmerkmal zu vermuten.

230    Diese besondere Beweisregelung für abgestimmte Verhaltensweisen wirkt sich auf die Voraussetzungen für die Annahme aus, dass hinreichend ernsthafte Indizien vorliegen, die den Verdacht des Vorliegens solcher Verhaltensweisen erlauben. Insbesondere in Anbetracht der notwendigen Unterscheidung zwischen Beweisen für eine abgestimmte Verhaltensweise und Indizien, die Nachprüfungen zum Zweck der Sammlung solcher Beweise rechtfertigen, muss die Schwelle für die Anerkennung, dass die Kommission im Besitz hinreichend ernsthafter Indizien ist, zwangsläufig niedriger sein als diejenige, die es erlaubt, das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise festzustellen.

231    Im Licht dieser Erwägungen ist daher auf das Vorbringen der Klägerinnen zum Inhalt der der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen einzugehen, aus dem sie ableiten, dass der Kommission keine hinreichend ernsthaften Indizien für den Erlass des angefochtenen Beschlusses vorlagen.

–       Zum Fehlen hinreichend ernsthafter Indizien für den Verdacht der ersten Zuwiderhandlung

232    Vorab ist daran zu erinnern, dass die erste Zuwiderhandlung in Art. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses wie folgt beschrieben wird:

„… dem Informationsaustausch seit 2015 zwischen Unternehmen und/oder Unternehmensvereinigungen, insbesondere ICDC …, und/oder ihren Mitgliedern, insbesondere Casino und AgeCore und/oder ihren Mitgliedern, insbesondere Intermarché, über von ihnen erhaltene Rabatte auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs in den Bereichen Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel, und die Preise auf dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten in den Bereichen Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union, insbesondere in Frankreich, …“

233    Die Klägerinnen haben in der Sache weder in ihren Schriftsätzen noch in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts, mit denen sie aufgefordert worden sind, zu den von der Kommission vorgelegten Indizien Stellung zu nehmen, bestritten, dass in Bezug auf die erste Zuwiderhandlung hinreichend ernsthafte Indizien vorlägen. Sie haben erstmals in der mündlichen Verhandlung zwei Rügen erhoben, die zuvor nicht geltend gemacht worden sind. Erstens zeige die Verschmelzung des Marktes für den Verkauf von Dienstleistungen und des Beschaffungsmarkts in Tabelle 1, die der Antwort der Kommission vom 5. Juni 2019 als Anlage beigefügt sei, obwohl diese beiden Märkte in Art. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses gesondert aufgeführt gewesen seien, nach der auf das Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission (T‑135/09, EU:T:2012:596), zurückgehenden Rechtsprechung, dass die Kommission keine hinreichend ernsthaften Indizien für die erste Zuwiderhandlung gehabt habe. Zweitens zeige die Einleitung des förmlichen Verfahrens nur in Bezug auf bestimmte Aspekte der zweiten Zuwiderhandlung, dass die Kommission über keine hinreichend ernsthaften Indizien für die erste Zuwiderhandlung verfügt habe.

234    Die erste von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Rüge ist als unzulässig zurückzuweisen, da sie verspätet erhoben worden ist. Entgegen Art. 84 Abs. 2 der Verfahrensordnung haben die Klägerinnen nämlich die erste Rüge nicht erhoben, sobald sie von der Tabelle 1 in der Anlage der Antwort der Kommission vom 5. Juni 2019 Kenntnis erlangt haben, da sie trotz der Aufforderung des Gerichts, bis zum 4. Juli 2019 zu dieser Antwort Stellung zu nehmen, die erste Rüge erst in der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2020 erhoben haben.

235    Jedenfalls kann diese erste Rüge in der Sache keinen Erfolg haben. Aus der Tabelle 1 in der Anlage der Antwort der Kommission vom 5. Juni 2019 geht zwar hervor, dass die Kommission nicht zwischen dem Beschaffungsmarkt für Produkte des täglichen Bedarfs und dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller unterschieden hat, obwohl sie im angefochtenen Beschluss gesondert angeführt werden, indem sie in dieser Tabelle erläutert hat, dass die „Rabatte [auf dem Beschaffungsmarkt] auch als Verkaufspreise von Dienstleistungen an Hersteller von Markenprodukten in den Bereichen Lebensmittel, Hygieneartikel und Reinigungsmittel“ angesehen werden könnten. Dieser Hinweis bedeutet jedoch lediglich, dass die Kommission im Einklang mit der Rechtsprechung und insbesondere dem Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission (T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 62), in diesem Stadium noch nicht bestimmt hat, welche Form der den Händlern zum Nachteil der Lieferanten zugutekommende Betrag angenommen hat, zu dem sie den Verdacht hatte, dass die Händler sich über ihn abstimmten, was sie im Übrigen einräumt, indem sie in ihrer Antwort vom 5. Juni 2019 darauf hingewiesen hat, dass sie in den beigefügten Anlagen nur den Begriff „Rabatt“ verwende, „ohne vorwegzunehmen, ob eine eingehende Untersuchung zu dem Ergebnis gelangte, dass es sich um Rabatte auf den Beschaffungsmärkten oder Verkaufspreise von Dienstleistungen an Hersteller handelt“. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass nach diesem Urteil die Nachprüfungsbefugnis der Kommission die Befugnis impliziert, nach anderen Informationsquellen zu suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind (vgl. auch oben, Rn. 222).

236    Dagegen kann entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen aus dem Urteil vom 14. November 2012, Nexans France und Nexans/Kommission (T‑135/09, EU:T:2012:596, Rn. 60 bis 94), nicht abgeleitet werden, dass die Kommission im Fall von Indizien für einen Preisvorteil zugunsten der überprüften Unternehmen verpflichtet wäre, diese Indizien in der Weise zu konkretisieren, dass sie nach den beiden von diesem Vorteil betroffenen Märkten unterscheidet, zumal die Kommission nach ständiger Rechtsprechung zur Begründungspflicht keine genaue Abgrenzung des relevanten Marktes vornehmen muss (vgl. oben, Rn. 112). In diesem Urteil hat das Gericht der Kommission nämlich nicht vorgeworfen, dass zwischen den beiden von den vorhandenen Indizien potenziell betroffenen Märkten nicht hinreichend unterschieden worden sei, sondern ihr ein Gebiet der Nachprüfung vorgeworfen, das den Rahmen des einzigen Marktes, für den sie über Indizien verfügt habe, überschreite. Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen jedoch nichts zu einer solchen Überschreitung vorgetragen, da sich, entgegen ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, die Erklärungen der Lieferanten nicht nur auf ICDC beziehen, die nur auf dem Markt für den Verkauf von Dienstleistungen an Hersteller tätig wird (vgl. unten, Rn. 248).

237    Die zweite von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Rüge kann gemäß Art. 84 Abs. 2 der Verfahrensordnung als zulässig angesehen werden, da sie auf den Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens gestützt ist, den die Kommission am 4. November 2019 erlassen hat, d. h. nach Ablauf der angeführten Antwortfrist vom 4. Juli 2019 und der Eröffnung des mündlichen Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache, und da sie in diesem mündlichen Verfahren vorgetragen worden ist. Diese Rüge ist jedoch als unbegründet zurückzuweisen.

238    Unabhängig davon, dass der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens nach dem angefochtenen Beschluss ergangen ist und damit nicht dessen Rechtmäßigkeit in Frage stellen kann, kann nämlich aus der Tragweite dieses Beschlusses nicht abgeleitet werden, dass die Kommission in Bezug auf die erste Zuwiderhandlung nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte.

239    Zwar ergibt sich aus dem Beschluss C(2019) 7997 vom 4. November 2019 über die Einleitung des Verfahrens in der Sache AT.40466 im Hinblick auf andere Verdachtsmomente für eine Zuwiderhandlung als diejenigen betreffend die erste Zuwiderhandlung, dass die Kommission nicht der Ansicht war, über ausreichende Anhaltspunkte zu verfügen, um das Verfahren in Bezug auf diese Zuwiderhandlung zu eröffnen. Allerdings gestatten die Indizien, die eine Nachprüfung rechtfertigen, ihrer Natur nach nur den Verdacht auf eine Zuwiderhandlung, die letztlich nicht nachgewiesen werden könnte, was im Übrigen erklärt, dass nicht an alle Nachprüfungen ein Beschluss über die Einleitung des Verfahrens und erst recht nicht ein Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, anschließt. Daher impliziert das Vorliegen von Indizien für eine Zuwiderhandlung nicht zwangsläufig das Vorliegen von Beweisen für die mutmaßliche Zuwiderhandlung und auch nicht das Vorliegen ausreichender Beweise für die Einleitung des Verfahrens. Aus dem Umstand, dass die streitige Nachprüfung keine solchen Anhaltspunkte geliefert hat, kann daher nicht geschlossen werden, dass die Kommission vor der Nachprüfung nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte.

240    Hinzu kommt, dass die Kommission dem Gericht eine Reihe von Indizien mitgeteilt hat, über die sie bei Erlass des angefochtenen Beschlusses verfügte und die sich auf ein Parallelverhalten von ICDC (Casino) und AgeCore (Intermarché), das im vorliegenden Fall durch die Gleichzeitigkeit und Übereinstimmung ihrer Rabattanfragen an die Lieferanten gekennzeichnet war, beziehen.

241    Die fraglichen Informationen stellen hinreichend ernsthafte Indizien für das Vorliegen einer solchen Gleichzeitigkeit und Übereinstimmung dar.

242    Von den 13 befragten Lieferanten, von denen zehn angeben, Geschäftsbeziehungen sowohl mit ICDC als auch AgeCore zu unterhalten, legten acht ausführlich dar, von ICDC (Casino) und AgeCore (Intermarché) identische Rabattanfragen erhalten zu haben (nämlich die Unternehmen A, B, C, D, E, G, H und J; Anlagen Q.1 bis Q.5, Q.7, Q.8 und Q.10 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019), einer führt die Angleichung von AgeCore an ihre Wettbewerber an, ohne diese namentlich zu nennen (Unternehmen I; Anlage Q.9), und zwei Lieferanten weisen allgemein darauf hin, dass sie ähnliche Rabattanfragen von verschiedenen Vertriebsallianzen erhalten hätten (Unternehmen L und M; Anlagen Q.12 und Q.13).

243    Darüber hinaus hat sich die Kommission nicht damit begnügt, Indizien zu diesem ersten Tatbestandsmerkmal einer abgestimmten Verhaltensweise, nämlich dem Parallelverhalten auf dem Markt, anzuführen, das im Übrigen unter bestimmten Voraussetzungen die Vermutung des Vorliegens des zweiten Tatbestandsmerkmals einer abgestimmten Verhaltensweise, nämlich der Abstimmung, erlauben kann (vgl. oben, Rn. 228). Sie hat dargelegt, auch Indizien für das Vorliegen einer solchen Abstimmung – im vorliegenden Fall dem Informationsaustausch – zur Verfügung gehabt zu haben, die zusammengenommen ebenfalls als hinreichend ernsthaft angesehen werden könnten.

244    Zwar sind die Lieferanten, die ausdrücklich auf den Austausch zwischen den Händlern betreffend die Rabatte Bezug nehmen, weniger zahlreich, und ihre Erklärungen hierzu sind meist vage und spekulativ. Drei Lieferanten erwähnen ausdrücklich eine Informationsweitergabe oder einen Informationsaustausch (nämlich die Unternehmen C, E und H; Anlagen Q.3, Q.5 und Q.8 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019) und mehrere andere geben an, eine Allianz habe Kenntnis von den Rabatten gehabt, die eine andere erhalten habe (insbesondere die Unternehmen B, D, G und I; Anlagen Q.2, Q.4, Q.7 und Q.9). Im Übrigen wird von einem der Lieferanten eine mögliche Erklärung für die gleichzeitigen Rabattanfragen angeführt, nämlich dass die Händler bei ihren Verhandlungen blufften, um günstigere Geschäftsbedingungen zu erhalten (Unternehmen L; Anlage Q.12).

245    Zunächst ist jedoch festzustellen, dass kein Lieferant angibt, er halte es für wenig wahrscheinlich, dass sich die Gleichzeitigkeit und Übereinstimmung der Rabattanfragen aus einem Informationsaustausch ergäben. Die einzigen Lieferanten, die sich in einem anderen Sinn als dem des Vorliegens eines Informationsaustauschs äußerten, schwiegen dazu entweder oder erklärten, dass sie über keine Informationen über den Informationsaustausch zwischen Händlern verfügten (nämlich die Unternehmen A, F, J, K und M; Anlagen Q.1, Q.6, Q.10, Q.11 und Q.13 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019), ohne das Vorliegen eines solchen Austauschs ausdrücklich auszuschließen.

246    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Lieferant, der die Ansicht äußerte, die Händler blufften, nicht nur die Wahrscheinlichkeit dieser Ansicht nuancierte, indem er darauf hinwies, „zu glauben, dass die angeführte Information [über die Kenntnis der von den anderen Allianzen erzielten Bedingungen] jedoch richtig war“, sondern auch darlegte, dass er sich nicht an Verhandlungen beteilige, die über den nationalen Rahmen hinausgingen, um die es bei der ersten vermuteten Zuwiderhandlung hauptsächlich ging, was die Verlässlichkeit seiner Erklärungen einschränkt. Folglich konnte die Kommission aufgrund der Indizien, über die sie verfügte, nicht davon ausgehen, dass die gleichzeitigen und übereinstimmenden Rabattanfragen durch eine andere Erklärung als eine zugrunde liegende Abstimmung plausibel erklärt wurden (vgl. oben, Rn. 228).

247    Schließlich werden die Erklärungen der Lieferanten zum Austausch zwischen den Händlern über die Rabatte durch Informationen bestätigt, in denen angegeben ist, auf welchen Wegen dieser Austausch stattfinden kann.

248    So führen mehrere Lieferanten und die E‑Mail des Direktors des Verbands N die Bewegungen zwischen Vertriebsallianzen, die Übertragungen von Handelsketten sowie die Personalbewegungen zwischen Händlern und Allianzen an, indem sie sie als potenzielle Quellen für die Kenntnis insbesondere der von den verschiedenen Händlern erhaltenen Rabatte darstellen (u. a. Anlage Q.2, S. 4, Anlage Q.7, S. 4 und Anlage Q.8, S. 5, sowie Anlagen Q.14, Q.16 und Q.18 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019). Sie erwähnen insbesondere die Allianz, die in Frankreich von Casino und Intermarché in Form der gemeinsamen Tochtergesellschaft Intermarché Casino Achats (INCA) geschaffen worden sei, und weisen auf einen Zusammenhang zwischen dieser Zugehörigkeit zu ein und derselben nationalen Allianz und der Kenntnis der Rabatte durch Casino und Intermarché hin, die jede von ihnen von ihren jeweiligen Lieferanten erhalten habe (insbesondere Anlage Q.4, S. 4, und Anlage Q.7, S. 4 und 6).

249    Durch die somit dargelegte Vielfalt der Kommunikationskanäle, die genauen Angaben zu diesen Kanälen und die Übereinstimmung der übermittelten Informationen, obwohl die Urheber nicht von vornherein die gleichen Informationsmittel und Informationsquellen zur Verfügung hatten, kann davon ausgegangen werden, dass die Kommission über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte, die den streitigen Austausch vermuten ließen. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Lieferanten zwar unmittelbare Zeugen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens auf dem Markt sein können (vgl. oben, Rn. 217), doch trifft dies für eine unterschwellige und heimliche Abstimmung nicht zu. Unter diesen Umständen gleicht die Vielfalt, die Genauigkeit und die Übereinstimmung der übermittelten Informationen über den in Rede stehenden Informationsaustausch den oft spekulativen Charakter dieser Informationen bei der auf die Prüfung des Vorliegens hinreichend ernsthafter Indizien gerichteten Gesamtbeurteilung aus.

250    Folglich ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass diese Indizien für den vermuteten Informationsaustausch die Indizien für das Marktverhalten ergänzen, davon auszugehen, dass die Kommission über hinreichend ernsthafte Indizien verfügte, die die erste Zuwiderhandlung vermuten ließen.

–       Zum Fehlen hinreichend ernsthafter Indizien für den Verdacht der zweiten Zuwiderhandlung

251    Diese zweite Zuwiderhandlung wird in Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses wie folgt dargelegt:

„… dem Informationsaustausch mindestens seit 2016 zwischen Casino und Intermarché über ihre künftigen Geschäftsstrategien, insbesondere über das Sortiment, die Entwicklung von Geschäften, den E‑Commerce und die Werbepolitik auf den Beschaffungsmärkten für Produkte des täglichen Bedarfs und auf den Märkten für den Verkauf von Produkten des täglichen Bedarfs an Verbraucher in Frankreich.“

252    Zunächst ist mit den Klägerinnen, und wie die Kommission einräumt, darauf hinzuweisen, dass die Kommission ihren Verdacht hinsichtlich der zweiten Zuwiderhandlung auf ein Hauptindiz gestützt hat, das den Ablauf der Intermarché-Versammlung betrifft.

253    Aus den Akten geht hervor, dass die Intermarché-Versammlung am 21. September 2016 am Sitz von Intermarché stattfand und dass die Geschäftsleitung von Intermarché zusammen mit den Verantwortlichen ihrer Handelsketten dort ihre Hauptlieferanten empfing, um ihre geschäftlichen Ziele und Prioritäten darzustellen.

254    Es steht fest, dass an dieser Versammlung Vertreter einer großen Zahl von Lieferanten von Intermarché, aber auch Vertreter von INCA, der gemeinsamen Tochtergesellschaft von Intermarché und Casino teilnahmen, insbesondere A, Geschäftsführer im Casino-Konzern, sowie B, eine Führungskraft von AgeCore, als Vertreter dieser Unternehmensvereinigung. Es steht auch fest, dass die bei dieser Versammlung behandelten Themen, die vom Management von Intermarché präsentiert wurden, die Ziele und Entwicklungsrichtung des Unternehmens in Bezug auf Marktanteile, Erhöhung ihres Bestands an Geschäften, digitale Transformation und Aufschwung des Online-Handels, Innovationen zur Beschleunigung der Platzierung neuer Produkte in den Geschäften, Erhöhung ihrer „Drive-in“-Verkaufsstätten und Umsetzung neuer Anstrengungen zur Verkaufsförderung betrafen.

255    Die Klägerinnen machen geltend, dass die so präsentierten Informationen keinen Austausch sensibler und vertraulicher Geschäftsdaten erkennen ließen, aufgrund dessen eine nach Art. 101 AEUV verbotene Abstimmung zwischen Wettbewerbern vermutet werden könne, und leiten daraus ab, dass die Kommission nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügt habe, die das Vorliegen der zweiten Zuwiderhandlung vermuten ließen.

256    Was erstens die Möglichkeit betrifft, das Vorliegen eines Austauschs und damit eine Abstimmung ausgehend von Ankündigungen eines einzigen Händlers, im vorliegenden Fall Intermarché, anzunehmen, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die Voraussetzungen für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen sind, im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrags zu verstehen sind, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Binnenmarkt betreiben will. Zwar nimmt dieses Selbständigkeitspostulat den Unternehmen nicht das Recht, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Verhalten ins Bild zu setzen, das man selbst auf dem betreffenden Markt an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht (Urteile vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C‑8/08, EU:C:2009:343, Rn. 32 und 33, und vom 24. Oktober 1991, Rhône-Poulenc/Kommission, T‑1/89, EU:T:1991:56, Rn. 121).

257    Daraus folgt, dass die Tatsache, dass nur einer der Teilnehmer an den Zusammenkünften konkurrierender Unternehmen seine Pläne offenlegte, nicht für den Ausschluss des Vorliegens eines Kartells hinreicht. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung setzt zwar der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise tatsächlich die Existenz gegenseitiger Kontakte zwischen Wettbewerbern voraus, diese Voraussetzung ist jedoch erfüllt, wenn ein Konkurrent seine Absichten oder sein künftiges Verhalten auf dem Markt einem anderen auf dessen Wunsch mitteilt oder dieser Zweite die Mitteilung zumindest erhält. Dieser beseitigt durch den Erhalt einer solchen Information, die er zwangsläufig unmittelbar oder mittelbar berücksichtigen muss, im Voraus die Ungewissheit über das künftige Verhalten seines Wettbewerbers, obwohl jeder Wirtschaftsteilnehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Geschäftspolitik er auf dem Markt zu betreiben gedenkt. Der Erhalt von Informationen eines Wettbewerbers über dessen zukünftiges Verhalten auf dem Markt durch ein Unternehmen stellt daher eine von Art. 101 Abs. 1 AEUV verbotene abgestimmte Verhaltensweise dar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, EU:T:2000:77, Rn. 1849; vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission, T‑202/98, T‑204/98 und T‑207/98, EU:T:2001:185, Rn. 54, und vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, EU:T:2008:254, Rn. 231 bis 234).

258    Die bloße Anwesenheit eines Geschäftsführers des konkurrierenden Casino-Konzerns während der Präsentation der geschäftlichen Prioritäten durch Intermarché im vorliegenden Fall genügt jedoch nicht für den Verdacht des Erhalts der übermittelten Informationen, wie es nach der Rechtsprechung erforderlich ist, um eine Gegenseitigkeit der Kontakte festzustellen und daraus auf das Vorliegen einer abgestimmten Verhaltensweise zwischen Casino und Intermarché zu schließen.

259    Zum einen hat A nämlich, wie die Klägerinnen zutreffend vorgetragen haben, ohne dass die Kommission dies bestritten hätte, an der Intermarché-Versammlung nicht als Vertreter von Casino, sondern als Mitgeschäftsführer von INCA teilgenommen, deren Anwesenheit dadurch gerechtfertigt war, dass diese für Intermarché die Bezugsbedingungen bei ihren Hauptlieferanten aushandelte. Zum anderen unterlag A strengen Geheimhaltungspflichten gegenüber Casino, die ebenfalls für sich genommen nicht bestritten werden, und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Pflichten nicht eingehalten würden.

260    Dieser Grund für die Anwesenheit von A in der Intermarché-Versammlung und die ihm obliegenden Pflichten erlauben es als solche und ohne weitere, im vorliegenden Fall von der Kommission nicht beigebrachte Anhaltspunkte nicht, einen begründeten Verdacht auf Erhalt der von Intermarché mitgeteilten Informationen durch Casino zu wecken, der es rechtfertigte, die Ermittlungen fortzusetzen, um festzustellen, ob Casino die Mitteilung von Intermarché auf ihren Wunsch mitgeteilt wurde oder sie die Mitteilung zumindest erhalten hatte. Die Kommission führt nämlich nur ein einziges Protokoll an, in dem von Gesprächen zwischen A und dem Vertreter von Intermarché bei INCA während der Versammlung die Rede ist (Anlage Q.5, S. 7 und 8, der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019), wobei diese vertraulichen Gespräche nicht einem Erhalt öffentlich gemachter Erklärungen entsprechen und ihr Inhalt angesichts der von diesen beiden Personen innerhalb der INCA ausgeübten Funktionen, die einen Austausch zwischen ihnen über andere Themen rechtfertigen, nicht unbedingt einen Zusammenhang mit dem Inhalt dieser Erklärungen aufweisen. Es ist insoweit darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Kommission in der Einleitung von Tabelle 2, die ihrer Antwort vom 5. Juni 2019 beigefügt ist, wonach sie Informationen erhalten habe, dass INCA als Vehikel zum Austausch von Informationen dienen könnte, die zur zweiten Zuwiderhandlung gehörten, sich die in dieser Tabelle wiedergegebenen Auszüge aus den Protokollen darauf beschränken, die Anwesenheit von A in der Intermarché-Versammlung anzuführen, ohne dass daraus geschlossen werden kann, dass INCA in diesem Rahmen eine besondere Rolle spielen würde.

261    Was zweitens die Angaben betrifft, die in der Intermarché-Versammlung mitgeteilt wurden, hängt die Einstufung eines Informationsaustauschs als Zuwiderhandlung insbesondere von der Natur der ausgetauschten Informationen ab (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Mai 1998, Deere/Kommission, C‑7/95 P, EU:C:1998:256, Rn. 88 bis 90, und vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 54).

262    Im vorliegenden Fall ist, den Klägerinnen folgend, festzustellen, dass in den Protokollen, die auf die Intermarché-Versammlung Bezug nehmen (Anlagen Q.4, Q.5, Q.7, Q.9 und, mit mehr Klarstellungen, Anlage Q.8 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019), allgemein die Elemente der Geschäftspolitik in Bezug auf das Sortiment, den E‑Commerce oder die Werbepraktiken angegeben sind, die in dieser Versammlung angesprochen wurden. Derartige allgemeine Angaben sind auch im Anhang zur E‑Mail des Direktors des Verbands N enthalten (Anlage Q.15). Sie wurden außerdem in einen von den Klägerinnen übermittelten Artikel in der Fachpresse aufgenommen.

263    Aus den Akten geht in der Tat hervor, was von der Kommission auch nicht bestritten wird, dass die Intermarché-Versammlung öffentlich, in Anwesenheit von mehr als 400 Lieferanten, aber auch von Journalisten, stattfand und dass sie Gegenstand eines detaillierten Berichts in der Fachpresse war. Darüber hinaus war die Kommission über diese Öffentlichkeit informiert, wie aus den Protokollen der Gespräche mit den Lieferanten hervorgeht, da einer von ihnen angegeben hatte, dass die Presse bei der Intermarché-Versammlung anwesend gewesen sei (Anlage Q.2, S. 7). Außerdem hat sie auf eine Frage des Gerichts erklärt, dass ihr über etwaige Präsentationen, die im Rahmen der Intermarché-Versammlung ohne die Anwesenheit von Journalisten gemacht worden seien, nichts mitgeteilt worden sei.

264    Nach ständiger Rechtsprechung kann jedoch ein System des Austauschs öffentlicher Informationen als solches nicht gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstoßen (vgl. Urteil vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98 und T‑212/98 bis T‑214/98, EU:T:2003:245, Rn. 1154 und die dort angeführte Rechtsprechung).

265    Ebenso sind nach Ziff. 92 der Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 [AEUV] auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl. 2011, C 11, S. 1, im Folgenden: Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit), mit denen die Kommission die Ausübung ihres Ermessens beschränkt hat und von denen sie nicht abweichen kann, ohne dass dies geahndet würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 211), „[e]chte öffentliche Informationen“ Informationen, zu denen alle Wettbewerber und Kunden gleichermaßen leicht Zugang haben. In derselben Ziffer der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit heißt es, dass „Informationen … nur dann echte öffentliche Informationen [sind], wenn es für Kunden und nicht am Austauschsystem beteiligte Unternehmen nicht teurer ist, sich diese Informationen zu beschaffen, als für die am Informationsaustausch beteiligten Unternehmen“ und dass „[f]olglich … Wettbewerber Daten, die sie ebenso leicht vom Markt beziehen könnten, normalerweise nicht untereinander austauschen [würden], so dass in der Praxis der Austausch echter öffentlicher Daten unwahrscheinlich ist“. Außerdem ergibt sich aus Ziff. 63 der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, die speziell den einseitigen öffentlichen Erklärungen gewidmet ist und die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung angeführt wurde, dass „eine einseitige Bekanntmachung eines Unternehmens, die auch echt öffentlich ist, zum Beispiel in einer Zeitung, … im Allgemeinen keine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne des Artikels 101 Absatz 1 [AEUV] [darstellt]“.

266    Im vorliegenden Fall geht aus den Umständen des Ablaufs der Intermarché-Versammlung klar hervor, dass die Informationen, die Intermarché dort mitgeteilt hat, echte öffentliche Daten im Sinne der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit sind. Aufgrund der Anwesenheit von Journalisten und ihres detaillierten Berichts nur einige Tage nach der Abhaltung der Intermarché-Versammlung in der Fachpresse wurden die von Intermarché im Rahmen dieser Versammlung gegebenen Informationen nicht nur A, Geschäftsführer im konkurrierenden Casino-Konzern, sondern auch allen anderen Wettbewerbern von Intermarché ebenso leicht zugänglich gemacht.

267    Außerdem geht aus dem Artikel der Fachpresse, in dem der Ablauf der Intermarché-Versammlung geschildert wurde und dessen Inhalt die Kommission nicht bestritten hat, hervor, dass die bei diesem Ereignis vorgelegten Informationen sehr allgemein gehalten waren und dazu dienten, gegenüber den Lieferanten des Unternehmens die Entwicklungs- und Innovationspolitik des Managements von Intermarché aufzuwerten. Die Kommission hat nicht genau dargelegt, inwiefern solche Informationen nicht als öffentliche Daten eingestuft werden könnten. Zwar wurde bei diesem Ereignis das Ziel der Eröffnung von 200 Läden angekündigt, doch ist diese Information allein aufgrund ihres allgemeinen Charakters nicht geeignet, den Verdacht einer nach Art. 101 AEUV verbotenen abgestimmten Verhaltensweise zwischen Wettbewerbern zu begründen. Der öffentliche Charakter der bei der Intermarché-Versammlung offengelegten Informationen steht daher der Annahme entgegen, dass diese Informationen Gegenstand eines rechtswidrigen Informationsaustauschs sein könnten, ebenso wie folglich der Annahme, dass die Intermarché-Versammlung als hinreichend ernsthaftes Indiz für die in Rede stehende Zuwiderhandlung eingestuft werden kann.

268    Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Kommission selbst die Indizien für die Zuwiderhandlungen, die im angefochtenen Beschluss vermutet wurden, als Beleg für einen geheimen Austausch zwischen einer begrenzten Zahl von Personen und mittels geheimer Dokumente angeführt hat (vgl. oben, Rn. 117). Wie die Klägerinnen zutreffend ausgeführt haben, heißt es nämlich im achten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass „die vermuteten abgestimmten Verhaltensweisen … unter absoluter Geheimhaltung stattgefunden haben, wobei die Kenntnis ihres Bestehens und ihrer Durchführung auf die Führungskräfte und eine begrenzte Zahl von Mitarbeitern beschränkt ist, die in jedem Unternehmen vertrauenswürdig sind“, und „[d]ie Dokumente, die sich auf die vermuteten abgestimmten Verhaltensweisen beziehen, auf ein Mindestmaß beschränkt und an Stellen und in einer Form aufbewahrt würden, die ihre Verschleierung, Zurückbehaltung oder Vernichtung erleichtert“. Indizien, die aus öffentlichen Erklärungen bestehen, wie sie bei der Intermarché-Versammlung gemacht wurden, können als solche jedoch nicht den Verdacht eines Austauschs derselben Informationen unter strenger Geheimhaltung begründen.

269    Diese Erwägungen werden nicht durch den Hinweis in Ziff. 63 der Leitlinien zu Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit in Frage gestellt, wonach ausgehend von „eine[r] einseitige[n] Bekanntmachung …, die auch echt öffentlich ist“, „im Einzelfall die Möglichkeit des Vorliegens einer abgestimmten Verhaltensweise nicht ausgeschlossen werden [kann]“. Abgesehen davon, dass solche öffentlichen Anzeigen nicht der vorliegenden Vermutung eines geheimen rechtswidrigen Austauschs entsprechen, hat die Kommission im angefochtenen Beschluss und im Übrigen auch im vorliegenden Verfahren nämlich nicht behauptet und erst recht nicht erläutert, dass die zweite Zuwiderhandlung diesem Fall einer abgestimmten Verhaltensweise auf der Grundlage einseitiger öffentlicher Erklärungen entspreche.

270    Daraus folgt, dass die Kommission aus der Beurteilung sämtlicher Merkmale der Intermarché-Versammlung nicht zu Recht auf einen Verdacht des Austauschs geschäftlicher Daten zwischen Wettbewerbern, der nach Art. 101 AEUV verboten ist, schließen konnte. Daraus folgt auch, dass diese Versammlung kein hinreichend ernsthaftes Indiz für den Verdacht der zweiten Zuwiderhandlung sein kann.

271    Jedenfalls könnte die Berücksichtigung des internen Vermerks der Kommission vom 16. Dezember 2016, der ihrer ergänzenden Antwort vom 19. Dezember 2019 als Anlage beigefügt ist, sowie die Vorlage der vertraulichen Fassung der Protokolle, die die Kommission in ihrer nicht vertraulichen Fassung übermittelt hat, im Wege des Beweisbeschlusses nichts an diesem Ergebnis ändern. Zum einen gehen nämlich aus diesem internen Vermerk keine anderen Daten hervor als die in den Protokollen enthaltenen. Zum anderen ergibt sich aus der nicht vertraulichen Fassung dieser Protokolle, dass die geschwärzten Daten lediglich die Identifizierung von Einrichtungen oder Personen, Daten und Zahlenangaben verhindern sollen, so dass die Berücksichtigung dieser Daten es auch nicht gestatten würde, den Zusammenhang zwischen den öffentlichen Erklärungen, die bei der Intermarché-Versammlung abgegeben wurden, und dem vermuteten geheimen Austausch herzustellen. Daraus folgt außerdem, dass der angeführte Beweisbeschluss, den die Kommission beim Gericht beantragt hatte, nicht anzuordnen ist.

272    Ebenso wenig können die gleichzeitigen Anfragen, betreffend ein und denselben „Innovationsbonus“, die Casino und Intermarché an ihre Lieferanten gerichtet hätten, ein hinreichend ernsthaftes Indiz für den Verdacht der zweiten Zuwiderhandlung darstellen. Keines der mitgeteilten Indizien erlaubt es nämlich, diesen Bonus oder diese „Innovationsrabatte“ klar von den Rabatten und den Preisen für den Verkauf von Dienstleistungen an die Lieferanten zu unterscheiden, um die es bei der ersten Zuwiderhandlung geht. In Anbetracht der Erläuterungen in den Protokollen (Anlage Q.6, S. 3, und Anlage Q.7, S. 5 sowie Fn. 7 der Antwort der Kommission vom 10. Januar 2019) bestehen diese Rabatte entweder in einem Rabatt, der von den Lieferanten verlangt wird, oder in einer ebenfalls von der ersten Zuwiderhandlung betroffenen Vergütung für Referenzierungsdienstleistungen, die die Händler den Lieferanten erbracht haben, auch wenn sie speziell mit innovativen und in Frankreich anwendbaren Produkten im Zusammenhang steht. In Tabelle 2, die die Kommission erstellt hat, um die der zweiten Zuwiderhandlung entsprechenden Indizien zusammenzufassen (vgl. oben, Rn. 169, letzter Gedankenstrich), hat sie die Indizien für „Innovationsrabatte“ von denjenigen getrennt, die im angefochtenen Beschluss allein angeführt werden und die sich auf das Sortiment, die Entwicklung von Läden, die E‑Commerce‑Politik und die Werbepolitik bezogen. Außerdem beziehen sich nur zwei der 13 befragten Lieferanten (Anlagen Q.6 und Q.7) auf gleichzeitige Anfragen nach Innovationsrabatten.

273    Folglich ist selbst unter Berücksichtigung der Umstände betreffend die Intermarché-Versammlung und den „Innovationsbonus“ insgesamt festzustellen, dass die Kommission nicht über hinreichend ernsthafte Indizien verfügt, die das Vorliegen der zweiten Zuwiderhandlung vermuten lassen und Art. 1 Buchst. b des angefochtenen Beschlusses rechtfertigen, ohne dass es erforderlich wäre, über das Vorbringen der Klägerinnen zum neuen Nachprüfungsbeschluss zu befinden, der insbesondere Gesichtspunkte der zweiten Zuwiderhandlung betrifft und der im Lauf des vorliegenden Verfahrens an sie gerichtet wurde (Beschluss C[2019] 3761 final der Kommission vom 13. Mai 2019, mit dem gegenüber Casino, Guichard-Perrachon und allen von ihnen unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gesellschaften angeordnet wurde, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 1 und 4 der Verordnung [EG] Nr. 1/2003 des Rates zu dulden [AT.40466 – Tute 1]).

274    Der Klagegrund der Verletzung des Rechts der Klägerinnen auf Unverletzlichkeit der Wohnung greift daher in Bezug auf die zweite Zuwiderhandlung durch.

275    Nach alledem ist der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit gegenüber den Klägerinnen in Art. 1 Buchst. b angeordnet wird, eine Nachprüfung betreffend ihre etwaige Beteiligung an der zweiten Zuwiderhandlung zu dulden; im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

276    Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Da der angefochtene Beschluss teilweise für nichtig erklärt wird, sind den Klägerinnen und der Kommission jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen. Der Rat, der dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Kommission als Streithelfer beigetreten ist, trägt gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 Buchst. b des Beschlusses C(2017) 1054 final der Kommission vom 9. Februar 2017, mit dem Casino, Guichard-Perrachon und allen unmittelbar oder mittelbar von ihr kontrollierten Gesellschaften aufgegeben wird, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zu dulden (Sache AT.40466  Tute 1), wird für nichtig erklärt.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Casino, Guichard-Perrachon, die Achats Marchandises Casino SAS (AMC), die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

Gervasoni

Madise

da Silva Passos

Kowalik-Bańczyk

 

      Mac Eochaidh

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Oktober 2020.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Französisch.