Language of document : ECLI:EU:C:2023:481

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ATHANASIOS RANTOS

vom 15. Juni 2023(1)

Rechtssache C755/21 P

Marián Kočner

gegen

Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung

„Rechtsmittel – Verordnung (EU) 2016/794 – Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) – Schutz personenbezogener Daten – Art. 49 und 50 – Haftung von Europol für die fehlerhafte Verarbeitung personenbezogener Daten – 57. Erwägungsgrund – Art der Haftung – In der Slowakei gegen den Rechtsmittelführer eingeleitetes Strafverfahren – Von Europol für Ermittlungszwecke erstellte Expertisen – Extraktion von Daten aus Mobiltelefonen und einem USB-Gerät des Rechtsmittelführers – Angebliche unbefugte Weitergabe dieser Daten durch Europol – Immaterieller Schaden – Schadensersatzklage – Kausalzusammenhang“






I.      Einleitung

1.        Mit seinem Rechtsmittel begehrt Herr Marián Kočner (im Folgenden: Rechtsmittelführer) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 29. September 2021, Kočner/Europol (T‑528/20, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:631), mit dem seine Klage auf Ersatz des immateriellen Schadens abgewiesen wurde, den er aufgrund einer Verletzung seines Rechts auf Achtung seines Privat- und Familienlebens erlitten haben soll, der im Wesentlichen aus Datenverarbeitungsmaßnahmen der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung, die durch die slowakischen Behörden nach der Ermordung eines Journalisten und dessen Verlobter gegen ihn eingeleitet wurde, resultieren soll.

2.        Das vorliegende Rechtsmittel bietet dem Gerichtshof erstmals die Gelegenheit, u. a. zur Art der außervertraglichen Haftung von Europol nach den Art. 49 und 50 der Verordnung (EU) 2016/794(2), ausgelegt im Licht des 57. Erwägungsgrundes dieser Verordnung, und insbesondere zum Vorliegen einer Sonderregelung über die gesamtschuldnerische Haftung von Europol und dem Mitgliedstaat, in dem infolge einer fehlerhaften Verarbeitung von Daten durch Europol oder diesen Mitgliedstaat ein Schaden entstanden ist, zu entscheiden.

II.    Rechtlicher Rahmen

3.        In den Erwägungsgründen 56, 57 und 65 der Europol-Verordnung heißt es.

„(56)      Europol sollte abgesehen von der Haftung im Falle unrechtmäßiger Datenverarbeitung den für die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union geltenden allgemeinen Bestimmungen über die vertragliche und außervertragliche Haftung unterliegen.

(57)      Für eine betroffene Einzelperson kann es unklar sein, ob der infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schaden aus einer Maßnahme Europols oder aber eines Mitgliedstaats resultiert. Daher sollten Europol und der Mitgliedstaat, in dem die Maßnahme, die den Schaden ausgelöst hat, erfolgt ist, gesamtschuldnerisch für den Schaden haften.

(65)      Europol verarbeitet Daten, die besonders geschützt werden müssen, da sie nicht als Verschlusssache eingestufte sensible Informationen und EU-Verschlusssachen umfassen. Europol sollte daher Bestimmungen über die Vertraulichkeit und die Verarbeitung derartiger Informationen festlegen. Die Bestimmungen über den Schutz von EU-Verschlusssachen sollten mit dem Beschluss 2013/488/EU des Rates[(3)] im Einklang stehen.“

4.        Nach Art. 17 Abs. 1 dieser Verordnung verarbeitet Europol nur Informationen, die ihr u. a. von Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres nationalen Rechts und gemäß Art. 7 dieser Verordnung übermittelt werden. Gemäß Abs. 2 dieses Art. 17 kann Europol Informationen einschließlich personenbezogener Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen wie dem Internet sowie öffentliche Daten direkt einholen und verarbeiten.

5.        Art. 32 („Sicherheit der Verarbeitung“) dieser Verordnung sieht in seinem Art. 1 vor:

„Europol ergreift geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, um der zufälligen oder widerrechtlichen Vernichtung, dem zufälligen Verlust, der unbefugten Weitergabe oder Veränderung der Daten und dem unbefugten Zugang zu ihnen sowie jeder anderen Form ihrer unrechtmäßigen Verarbeitung vorzubeugen.“

6.        Art. 49 („Allgemeine Bestimmungen zur Haftung und zum Recht auf Schadensersatz“) der Europol-Verordnung bestimmt in seinem Abs. 3:

„Unbeschadet des Artikels 49[(4)] ersetzt Europol im Bereich der außervertraglichen Haftung die von ihren Dienststellen oder ihren Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schäden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.“

7.        Art. 50 („Haftung für die fehlerhafte Verarbeitung personenbezogener Daten und Recht auf Schadensersatz“) dieser Verordnung bestimmt:

„(1)      Jede Person, der wegen einer widerrechtlichen Datenverarbeitung ein Schaden entsteht, hat das Recht, entweder von Europol nach Artikel 340 AEUV oder von dem Mitgliedstaat, in dem der Schadensfall eingetreten ist, nach den nationalen Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats Schadensersatz zu fordern. Die Person erhebt Klage gegen Europol beim Gerichtshof der Europäischen Union oder gegen den Mitgliedstaat bei dem zuständigen nationalen Gericht des betreffenden Mitgliedstaats.

(2)      Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Europol und Mitgliedstaaten über die Frage, wer letztlich für den einer Person nach Absatz 1 gewährten Schadensersatz zuständig ist, wird der Verwaltungsrat befasst, der mit Zweidrittelmehrheit seiner Mitglieder entscheidet, unbeschadet des Rechts, diese Entscheidung nach Artikel 263 AEUV anzufechten.“

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits

8.        Im Rahmen von Ermittlungen der slowakischen Strafverfolgungsbehörden nach der Ermordung eines Journalisten und seiner Verlobten in der Slowakei am 21. Februar 2018 nahm Europol auf Ersuchen der Národná kriminálna agentúra (Nationale Agentur zur Bekämpfung der Kriminalität, Slowakei, im Folgenden: NAKA) am 10. Oktober 2018 zwei Mobiltelefone, die dem Rechtsmittelführer gehört haben sollen, und am 17. Oktober 2018 ein USB-Speichermedium an sich.

9.        In Bezug auf diese Mobiltelefone übermittelte Europol der NAKA am 21. Juni 2019 die endgültigen wissenschaftlichen Berichte über die darauf durchgeführten Vorgänge. Vor dieser Mitteilung erfolgte nach den Angaben von Europol zunächst die Übergabe einer Festplatte mit den aus diesen Telefonen extrahierten verschlüsselten Daten an die NAKA, die durch ein Protokoll vom 23. Oktober 2018 (im Folgenden: Protokoll vom 23. Oktober 2018) belegt sei, und sodann die Übergabe der fraglichen Telefone an die NAKA, die durch ein Formular über den Empfang/die Übergabe von Beweisen vom 13. Februar 2019 bestätigt worden sei(5).

10.      Durch Presseartikel und eine Veröffentlichung auf einer Website im Mai 2019 seien aus diesen Mobiltelefonen stammende Informationen über den Rechtsmittelführer, einschließlich Transkriptionen seiner intimen Mitteilungen, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.

11.      Zum USB-Speichermedium führte Europol in ihrem Bericht vom 13. Januar 2019, der der NAKA am 14. Februar 2019 übermittelt wurde, aus, dass sich der Rechtsmittelführer seit dem 20. Juni 2018 wegen des Verdachts einer Finanzstraftat in Haft befinde und dass sein Name u. a. unmittelbar mit den „sogenannten Mafia-Listen“ und den „Panama Papers“ in Verbindung gebracht werde(6).

12.      Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 forderte der Rechtsmittelführer von Europol auf der Grundlage von Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung eine Entschädigung in Höhe von 100 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens, den er zum einen aufgrund der Veröffentlichung personenbezogener Daten in der Presse und im Internet und insbesondere der Veröffentlichung der Transkriptionen seiner Mitteilungen mit intimem und sexuellem Charakter und zum anderen der Aufnahme seines Namens in „Mafia-Listen“ erlitten habe, über die die Presse aufgrund von undichten Stellen im Zusammenhang mit der Akte des nationalen Strafverfahrens betreffend den in Nr. 8 der vorliegenden Schlussanträge genannten Mord berichtet habe.

13.      Nach Abschluss der in Nr. 8 der vorliegenden Schlussanträge genannten Ermittlungen der slowakischen Behörden wurde der Rechtsmittelführer, der wegen Beihilfe zum Mord als Auftraggeber strafrechtlich verfolgt wurde, in erster Instanz durch ein Urteil freigesprochen, das vom Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik), der die Sache an die erste Instanz zurückverwies, aufgehoben wurde.

IV.    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

14.      Mit Klageschrift, die am 18. August 2020 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer eine auf die Art. 268 und 340 AEUV sowie auf Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung gestützte Klage auf Ersatz des immateriellen Schadens, den er aufgrund des Verhaltens von Europol erlitten haben soll. Er beantragte jeweils eine Entschädigung in Höhe von 50 000 Euro für den immateriellen Schaden, den er aufgrund der Weitergabe personenbezogener Daten erlitten habe (erster Klageantrag), und eine Entschädigung in Höhe desselben Betrags für den immateriellen Schaden, den er aufgrund der Aufnahme in die „Mafia-Listen“ erlitten habe (zweiter Klageantrag).

15.      Das Gericht wies diese Klage ab. Hinsichtlich des ersten Klageantrags kam es zu dem Ergebnis, dass der Rechtsmittelführer keinen Beweis für einen Kausalzusammenhang zwischen dem behaupteten Schaden und dem Verhalten von Europol erbracht habe(7), und hinsichtlich des zweiten Klageantrags, dass der Rechtsmittelführer keinen Beweis dafür vorgelegt habe, dass die „Mafia-Listen“ von einem Organ der Union und insbesondere von Europol erstellt und geführt worden seien(8). Zum zweiten Klageantrag führt es auch aus, dass dieses Ergebnis weder durch den 57. Erwägungsgrund der Europol-Verordnung noch durch Art. 49 oder Art. 50 dieser Verordnung in Frage gestellt werde(9).

V.      Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

16.      Der Rechtsmittelführer hat am 8. Dezember 2021 ein Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil eingelegt. Er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen sowie eine Kostenentscheidung zu erlassen.

17.      Europol, unterstützt von der Slowakischen Republik als Streithelferin, beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und dem Rechtsmittelführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

VI.    Würdigung

A.      Zum Rechtsmittel

18.      Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf sechs Rechtsmittelgründe, wobei die Rechtsmittelgründe eins bis vier den immateriellen Schaden betreffen, den er aufgrund der Weitergabe personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit erlitten haben soll (erster Klageantrag im ersten Rechtszug), und der fünfte und der sechste Rechtsmittelgrund den immateriellen Schaden, den er aufgrund der Aufnahme seines Namens in die „Mafia-Listen“ erlitten haben soll (zweiter Klageantrag im ersten Rechtszug)(10).

19.      Europol macht zunächst die Unzulässigkeit des ersten und des fünften Rechtsmittelgrundes geltend, eine Frage, die vorab zu prüfen ist.

1.      Zur Zulässigkeit des ersten und des fünften Rechtsmittelgrundes: Fehler in Bezug auf die Art der Haftung von Europol

20.      Europol trägt im Wesentlichen vor, der erste und der fünfte Rechtsmittelgrund, mit denen geltend gemacht werde, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es die gesamtschuldnerische Haftung von Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat für infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schäden ausgeschlossen habe, die aus einer Maßnahme Europols oder dieses Mitgliedstaats resultierten, seien dem Inhalt nach erstmals im Stadium der Erwiderung im ersten Rechtszug vorgetragen worden. Es handle sich daher um im Lauf des Verfahrens vorgebrachte neue und folglich unzulässige Angriffsmittel(11).

21.      Der Rechtsmittelführer entgegnet, er habe diese Argumente in seiner Klageschrift im ersten Rechtszug vorgebracht, als er den 57. Erwägungsgrund der Europol-Verordnung sowie Art. 50 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung angeführt habe.

22.      Insoweit weise ich darauf hin, dass der Rechtsmittelführer in seiner Klageschrift die Haftung Europols nach Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 der Europol-Verordnung sowie durch Verweis auf den 57. Erwägungsgrund dieser Verordnung geltend gemacht hat, den er zur Gänze zitiert hat. In seiner Erwiderung untermauerte der Rechtsmittelführer dieses Argument später und führte aus, dass Europol, auch wenn nicht nachgewiesen werde, dass sie für das beanstandete Verhalten verantwortlich sei, für den verursachten Schaden gesamtschuldnerisch mit dem betreffenden Mitgliedstaat hafte.

23.      Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass der Rechtsmittelführer in seiner Klageschrift im ersten Rechtszug einen Klagegrund geltend gemacht hat, der im Wesentlichen die gesamtschuldnerische Haftung von Europol betrifft und dass der erste und der fünfte Rechtsmittelgrund daher zulässig sind.

2.      Zu den Rechtsmittelgründen, die den durch die Weitergabe personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit erlittenen Schaden betreffen (erster Klageantrag im ersten Rechtszug)

a)      Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Einstufung der Haftung von Europol wegen fehlerhafter Verarbeitung personenbezogener Daten

24.      Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht im Wesentlichen vor, ausgeschlossen zu haben, dass Europol und der betreffende Mitgliedstaat für den aufgrund der unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittenen Schaden gesamtschuldnerisch hafteten, da es den verbindlichen Charakter des 57. Erwägungsgrundes der Europol-Verordnung verkannt habe.

25.      Der Rechtsmittelführer räumt zwar ein, dass der Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 und 2 keine ausdrückliche Bestimmung enthalte, die eine gesamtschuldnerische Haftung von Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat vorsehe, ist jedoch der Ansicht, dass sich eine solche Haftung gleichwohl aus dieser Vorschrift ergebe, wenn man sie im Licht des 57. Erwägungsgrundes dieser Verordnung auslege.

26.      Erstens kann seiner Ansicht nach Art. 50 Abs. 2 dieser Verordnung, wenn er eine Beilegung von Streitigkeiten zwischen Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat über den Verwaltungsrat von Europol vorsehe, nicht anders ausgelegt werden, ohne dieser Vorschrift jegliche Bedeutung zu nehmen.

27.      Zweitens stütze sich das Vorliegen einer gesamtschuldnerischen Haftung von Europol im vorliegenden Fall auch auf das Ziel der fraglichen Regelung, das sich insbesondere aus dem 57. Erwägungsgrund der Europol-Verordnung ergebe und darin bestehe, den Geschädigten stärker zu schützen(12).

28.      Drittens lasse sich unter Berücksichtigung von Art. 340 AEUV aus den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts jedenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung ableiten, auch wenn es keine ausdrückliche Regelung gebe.

29.      Europol, unterstützt von der Slowakischen Republik, hebt zunächst hervor, dass eine gesamtschuldnerische Haftung der Union und des betreffenden Mitgliedstaats, wenn diese beiden gemeinsam handelten, grundsätzlich nicht im Rahmen von Art. 340 Abs. 2 AEUV anerkannt werde, sondern eine entsprechende ausdrückliche Erwähnung durch den Unionsgesetzgeber erfordere.

30.      Erstens sei Art. 50 der Europol-Verordnung auf die im vorliegenden Fall in Rede stehende Datenverarbeitung nicht anwendbar, da er ausschließlich für die Datenverarbeitung im Rahmen von Einsätzen und Aufgaben von Europol gelte.

31.      Zweitens gelte diese Vorschrift nur für Schäden, die von der Union und einem Mitgliedstaat gemeinsam verursacht worden seien, und könne nicht angewandt werden, wenn kein rechtswidriges Verhalten von Europol vorliege und kein Kausalzusammenhang nachgewiesen sei.

32.      Drittens sei zunächst der 57. Erwägungsgrund dieser Verordnung, obwohl er auf eine gesamtschuldnerische Haftung Bezug nehme, nicht verbindlich und im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Sodann setze der Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung voraus, dass mehr als eine Einrichtung für denselben Schaden hafte, und nicht, dass eine Einrichtung, deren Haftung nicht erwiesen sei, Schadensersatz leisten müsse. Schließlich habe der Rechtsmittelführer nicht einmal eine Haftungsklage gegen den betreffenden Mitgliedstaat erhoben(13).

33.      Ich weise darauf hin, dass das Gericht im angefochtenen Urteil entschieden hat, dass Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung lediglich bestimmten, dass Europol die von ihren Dienststellen oder ihren Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schäden nach den in Art. 340 AEUV festgelegten Voraussetzungen ersetze, und dass die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs nicht erfüllt sei(14). Wenngleich der 57. Erwägungsgrund dieser Verordnung insoweit einen gesamtschuldnerischen Mechanismus vorsehe, finde dieser in den Vorschriften dieser Verordnung weder einen Ausdruck noch eine Grundlage(15).

34.      Was die außervertragliche Haftung anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 340 Abs. 2 AEUV „[i]m Bereich der außervertraglichen Haftung … die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen [ersetzt], die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“(16). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt die außervertragliche Haftung der Union gemäß dieser Vorschrift das Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen voraus, nämlich die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen des Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden(17). Da es sich um kumulative Voraussetzungen handelt, besteht keine außervertragliche Haftung der Union, wenn eine von ihnen nicht erfüllt ist(18).

35.      Was insbesondere die mögliche gesamtschuldnerische Haftung von Europol auf der Grundlage von Art. 50 der Europol-Verordnung anbelangt, stelle ich fest, dass die außervertragliche gesamtschuldnerische Haftung grundsätzlich bedeutet, dass mehrere Personen als Gesamtschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet sind, wenn die schadensbegründende Handlung mehreren Personen zugerechnet werden kann(19).

36.      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts nicht nur deren Wortlaut, sondern auch der Zusammenhang, in den sie sich einfügt, und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden. Die Entstehungsgeschichte einer Bestimmung des Unionsrechts kann ebenfalls relevante Anhaltspunkte für ihre Auslegung liefern(20).

37.      Was erstens den Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung anbelangt, so sieht diese Vorschrift im Wesentlichen vor, dass jede Person, der wegen einer widerrechtlichen Datenverarbeitung ein Schaden entsteht, das Recht hat, entweder von Europol nach Art. 340 AEUV (vor dem Unionsrichter) oder von dem Mitgliedstaat, in dem der Schadensfall eingetreten ist, nach den nationalen Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats (vor dem zuständigen nationalen Gericht) Schadensersatz zu fordern.

38.      Mir scheint, dass diese Vorschrift allein aufgrund ihres Wortlauts nicht zu einer eindeutigen Auslegung hinsichtlich der Art der in Rede stehenden Haftung führt.

39.      Zum einen ist die Verwendung des Ausdrucks „entweder … oder“ insoweit nicht aufschlussreich(21). Dieser Ausdruck könnte genauso gut darauf hinweisen, dass die Haftung von Europol alternativ zu der des betreffenden Mitgliedstaats besteht oder dass sich der Geschädigte unterschiedslos für den gesamten Schaden an das betreffende Organ oder an den betreffenden Mitgliedstaat wenden kann.

40.      Zum anderen ist auch der in dieser Vorschrift enthaltene Verweis auf Art. 340 AEUV nicht aufschlussreich und macht angesichts des in der letztgenannten Vorschrift enthaltenen Verweises auf die „allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“, eine vergleichende Auslegung notwendig, die ich im Folgenden im Zusammenhang mit der teleologischen Auslegung der fraglichen Vorschrift vornehmen werde(22).

41.      Was zweitens den Zusammenhang anbelangt, in den sich Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung einfügt, so weise ich erstens darauf hin, dass es im 56. Erwägungsgrund der Europol-Verordnung heißt, dass Europol „abgesehen von der Haftung im Falle unrechtmäßiger Datenverarbeitung“ den für die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union geltenden allgemeinen Bestimmungen über die vertragliche und außervertragliche Haftung unterliegt. Was diese unrechtmäßige Datenverarbeitung betrifft, so könnte der 57. Erwägungsgrund dieser Verordnung nicht klarer sein, wenn es dort heißt, dass „Europol und der Mitgliedstaat, in dem die Maßnahme, die den Schaden ausgelöst hat, erfolgt ist, gesamtschuldnerisch für den Schaden haften [sollten]“, weil es „[f]ür eine betroffene Einzelperson … unklar sein [kann], ob der infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schaden aus einer Maßnahme Europols oder aber eines Mitgliedstaats resultiert“.

42.      Zwar trifft es zu, dass die Begründungserwägungen eines Unionsrechtsakts, wie Europol anmerkt, rechtlich nicht verbindlich sind und weder herangezogen werden können, um von den Bestimmungen des betreffenden Rechtsakts abzuweichen, noch, um diese Bestimmungen in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht(23). Dennoch sind die Erwägungsgründe über diese Grenze hinaus wichtige Auslegungselemente, die den Willen des Gesetzgebers erhellen können(24).

43.      Da die im 57. Erwägungsgrund der Europol-Verordnung unmissverständlich zum Ausdruck gebrachte Absicht des Unionsgesetzgebers, den Geschädigten durch die Einführung der gesamtschuldnerischen Haftung von Europol und des betreffenden Mitgliedstaats zu begünstigen, nicht im Widerspruch zum Wortlaut von Art. 50 dieser Verordnung steht, ziehe ich den Schluss, dass diese Vorschrift im Licht dieses Erwägungsgrundes ausgelegt werden kann (und muss).

44.      Diese Schlussfolgerung wird durch Art. 50 Abs. 2 der Europol-Verordnung bestätigt, wonach bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Europol und Mitgliedstaaten über die Frage, wer letztlich für den einer Person nach Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung gewährten Schadensersatz zuständig ist, der Verwaltungsrat befasst wird.

45.      Was zweitens das Argument von Europol betrifft, dass im Wesentlichen die von ihr an den Mobiltelefonen des Rechtsmittelführers ausgeübten Tätigkeiten der Übernahme und der Entschlüsselung nicht unter den Begriff „Verarbeitung personenbezogener Daten“ im Sinne von Art. 50 der Europol-Verordnung fielen, so kann ich nicht erkennen und erklärt Europol auch nicht, aus welchen Gründen die von Europol im vorliegenden Fall vorgenommenen Tätigkeiten der Entschlüsselung nicht in den Rahmen der Definition von Art. 88 Abs. 2 Buchst. a AEUV fallen sollten, wonach die Aufgaben von Europol das „Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen von Informationen, die insbesondere von den Behörden der Mitgliedstaaten oder Drittländern beziehungsweise Stellen außerhalb der Union übermittelt werden“, umfassen können(25).

46.      Drittens liegt es meines Erachtens auf der Hand, dass eines der Ziele der Europol-Verordnung, wie sich aus ihrem 57. Erwägungsgrund ergibt, darin liegt, durch die gesamtschuldnerische Haftung Europols und des betreffenden Mitgliedstaats für einen durch die fehlerhafte Verarbeitung personenbezogener Daten Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage zu erleichtern. Dieser Standpunkt wird durch die Entstehungsgeschichte der fraglichen Vorschrift sowie durch eine vergleichende Auslegung dieser Vorschrift im Licht der allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, bestätigt.

47.      Was erstens die Entstehungsgeschichte von Art. 50 der Europol-Verordnung anbelangt, möchte ich insoweit anmerken, dass der Wortlaut dieser Vorschrift und des 57. Erwägungsgrundes so aus dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission hervorgehen(26), was die Auslegung stützt, dass diese Vorschrift die in diesem Erwägungsgrund zum Ausdruck kommende Absicht des Unionsgesetzgebers umsetzt, eine Art von gesamtschuldnerischer Haftung von Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat einzuführen(27).

48.      Zudem kann die Anwendung dieser Vorschrift entgegen dem Vorbringen von Europol nicht auf die Situation eines von der Union und einem Mitgliedstaat gemeinsam verursachten Schadens begrenzt werden, da es in einer solchen Situation meines Erachtens dem zuständigen Richter obliegt, über die jeweilige Haftung der Einrichtungen oder Personen, die den Schaden verursacht haben, zu entscheiden(28).

49.      Was zweitens die vergleichende Auslegung von Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung anbelangt, weise ich darauf hin, dass der Geschädigte nach dieser Vorschrift die Haftung von Europol „nach Artikel 340 AEUV“ geltend machen kann, der in seinem Abs. 2 auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze verweist, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind(29).

50.      Insoweit scheint mir eine Art Konvergenz der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten zu bestehen, was das Vorliegen einer gesamtschuldnerischen Haftung in Situationen betrifft, in denen ein Schaden mehreren Personen zuzuschreiben ist(30). Im Übrigen gehen die Grundsätze eines Europäischen Deliktsrechts in die gleiche Richtung(31).

51.      Zudem weise ich darauf hin, dass der Mechanismus der gesamtschuldnerischen Haftung dem Unionsrecht im Bereich der Datenverarbeitung nicht fremd ist, da u. a. Art. 82 Abs. 4 der Verordnung 2016/679 eine solche Haftung einführt, wenn mehr als ein Verantwortlicher an derselben Verarbeitung beteiligt ist(32).

52.      Dieses Ergebnis wird durch den Grundsatz der Rechtsprechung nicht in Frage gestellt, wonach im Fall einer konkurrierenden Haftung der Union und eines Mitgliedstaats angeblich geschädigte Einzelpersonen erst Klage vor den zuständigen nationalen Gerichten erheben müssen(33). Wenngleich dieser Grundsatz auf Situationen der gemeinsamen Haftung Anwendung findet, würde seine Anwendung auf Situationen der gesamtschuldnerischen Haftung dieser nämlich jegliche praktische Wirksamkeit nehmen.

53.      Im Ergebnis bin ich der Ansicht, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es ausgeschlossen hat, dass Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung, ausgelegt im Licht des 57. Erwägungsgrundes dieser Verordnung, ein System der gesamtschuldnerischen Haftung von Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat für infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schäden einführt, die aus einer Maßnahme Europols oder dieses Mitgliedstaats resultieren.

54.      Ich schlage daher vor, dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben.

55.      Folglich wäre das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit darin jeder Kausalzusammenhang zwischen dem vom Rechtsmittelführer behaupteten Schaden und einem möglichen Verhalten von Europol allein aus dem Grund ausgeschlossen worden ist, dass während eines bestimmten Zeitraums sowohl Europol als auch die slowakischen Behörden im Besitz der in den in Rede stehenden Mobiltelefonen enthaltenen Daten gewesen seien.

56.      Allerdings weise ich darauf hin, dass Europol nur dann für den behaupteten Schaden gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden kann, wenn auch insbesondere das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und diesem Schaden nachgewiesen wird(34). Das Vorliegen einer gesamtschuldnerischen Haftung setzt nämlich voraus, dass die verschiedenen schadensbegründenden Ereignisse geeignet sind, den behaupteten Schaden zu verursachen, gleich welcher Verstoß die unmittelbare und entscheidende Ursache des Ereignisses war(35).

57.      Zwar trifft es zu, dass das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs im vorliegenden Fall der rote Faden ist, der sich durch die im Rahmen der Rechtsmittelgründe zwei bis vier und sechs vorgetragenen Argumente zieht.

58.      Da sich das Gericht jedoch im angefochtenen Urteil im Wesentlichen darauf beschränkt hat, sich zum Fehlen eines „ausschließlichen“ Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten von Europol und dem behaupteten Schaden zu äußern, und da diese Analyse keine Beurteilung des Vorliegens eines Kausalzusammenhangs zulässt, wie sie in einer Situation der gesamtschuldnerischen Haftung erforderlich ist, bin ich der Ansicht, dass dann, wenn der Gerichtshof meinem Vorschlag, dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben, folgen sollte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen ist, was den ersten Klageantrag im ersten Rechtszug betrifft, damit das Gericht über die Frage des Kausalzusammenhangs im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung sowie gegebenenfalls über die weiteren Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union und ihrer Organe oder Einrichtungen entscheidet(36).

59.      Für den Fall, dass der Gerichtshof mit der von mir vorgeschlagenen Lösung nicht einverstanden sein sollte, werde ich im Folgenden auch die anderen Rechtsmittelgründe prüfen(37).

b)      Zum zweiten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Auslegung des nationalen Rechts, das den Inhalt einer Ermittlungsakte regelt

60.      Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Protokoll vom 23. Oktober 2018 sei entgegen den nationalen Vorschriften zum Inhalt einer Ermittlungsakte(38) nicht Teil der ihn betreffenden Ermittlungsakte gewesen, was die Zuverlässigkeit dieses Protokolls beeinträchtige.

61.      Im angefochtenen Urteil hat sich das Gericht auf das Protokoll vom 23. Oktober 2018 gestützt, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Europol ab diesem Zeitpunkt nicht die einzige Einrichtung gewesen sei, in deren Besitz sich die in den in Rede stehenden Mobiltelefonen enthaltenen Daten befunden hätten, da die slowakischen Behörden ebenfalls über diese Daten verfügt hätten(39).

62.      Hinsichtlich des Einwands des Rechtsmittelführers gegen die Echtheit dieses Protokolls hat das Gericht entschieden, dass die möglicherweise fehlende Aufnahme dieses Dokuments in die Akte eines Strafverfahrens als solches keine Auswirkungen auf seine Echtheit haben könne und dass der Rechtsmittelführer in keiner Weise geltend gemacht habe, dass dieses Protokoll verfälscht worden sei(40).

63.      Insoweit scheint mir das Vorbringen des Rechtsmittelführers in Bezug auf einen möglichen Verstoß gegen nationale Vorschriften zum Akteninhalt – die im Übrigen nicht die Echtheit der darin enthaltenen Dokumente betreffen – ins Leere zu gehen, da es für den Nachweis, dass das Gericht bei der Beurteilung der Gültigkeit des Protokolls vom 23. Oktober 2018 einen Fehler begangen hat, nicht ausreicht und noch weniger für den Nachweis, dass es dieses Beweismittel verfälscht hat, indem es die vom Rechtsmittelführer im ersten Rechtszug geltend gemachte nationale Regelung nicht berücksichtigt hat. Es ist nämlich zu unterscheiden zwischen der etwaigen Unvereinbarkeit dieses Protokolls mit den nationalen Vorschriften zum Akteninhalt, die gegebenenfalls die Gültigkeit dieses Protokolls als Bestandteil der Akte beeinträchtigen würde(41), und dem Vorliegen (und damit der Echtheit) dieses Protokolls und seinem eventuellen Beweiswert im Rahmen der vorliegenden Rechtssache.

64.      Ebenso kann angesichts der offensichtlichen Irrelevanz der nationalen Regelung, auf die sich der Rechtsmittelführer beruft, um den Beweiswert des fraglichen Protokolls in Frage zu stellen, das Argument des Rechtsmittelführers, das angefochtene Urteil sei insoweit unzureichend begründet, keinen Erfolg haben.

65.      Ich schlage daher vor, den zweiten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

c)      Zum dritten Rechtsmittelgrund: Tatsachenfehler bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs in Bezug auf den ersten Klageantrag im ersten Rechtszug

66.      Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer erstens geltend, das Protokoll vom 23. Oktober 2018 (dessen Echtheit im Übrigen bestritten wird) belege nur die Übermittlung „vorläufiger Ergebnisse“ in Form der Erlangung und der Extraktion von Daten, was nicht beweise, dass die „Mitteilungen“, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien, auch übergeben worden seien (42).

67.      Insoweit weise ich darauf hin, dass das Gericht in Rn. 68 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Europol zum Zeitpunkt des oben genannten Protokolls nicht mehr die einzige Stelle gewesen sei, die im Besitz der streitigen Daten gewesen sei, die ab diesem Zeitpunkt den slowakischen Behörden zugänglich gewesen seien(43).

68.      Mir scheint jedoch, dass die vom Rechtsmittelführer hinsichtlich des genauen Inhalts der von Europol den slowakischen Behörden übermittelten Daten vorgebrachten Zweifel und seine Ablehnung der Auslegung des im Protokoll vom 23. Oktober 2018 enthaltenen Ausdrucks „vorläufige Ergebnisse“ durch das Gericht nicht ausreichen, um das Vorliegen von Tatsachen- oder Beurteilungsfehlern nachzuweisen, die zu einer Verfälschung von Beweisen durch das Gericht führen würden.

69.      Zweitens trägt der Rechtsmittelführer vor, das Gericht habe nicht nachgewiesen, dass Europol die streitigen Mitteilungen niemals in entschlüsselter Form zur Verfügung gehabt habe(44), dass selbst ein Durchsickern in verschlüsselter Form – nach einer Entschlüsselung durch einen nicht befugten Dritten(45) – zu dem behaupteten Schaden hätte führen können und dass im vorliegenden Fall eine Entschlüsselung besonders einfach gewesen sei, da die Dateien bereits von Europol mit den dazugehörigen Passwörtern extrahiert worden seien.

70.      Auch wenn, wie der Rechtsmittelführer geltend macht, nicht ausgeschlossen werden kann, dass die streitigen Daten auch in verschlüsselter Form durchsickern konnten, hat der Rechtsmittelführer keine Anhaltspunkte oder Indizien dafür vorgelegt, dass Daten auf diese Weise zu dem Zeitpunkt durchgesickert sind, als Europol die in Rede stehenden Mobiltelefone zur Verfügung standen(46), und erst recht nicht dafür, dass im Rahmen der Beurteilung des Gerichts, wonach die verschlüsselten Daten nicht dem Durchsickern der streitigen Mitteilungen zugrunde gelegen hätten, die Beweise verfälscht wurden(47).

71.      Drittens wiederholt der Rechtsmittelführer die vom Gericht aufgrund eines fehlenden Anfangsbeweises zurückgewiesene Behauptung, dass das Protokoll vom 23. Oktober 2018 vordatiert worden sei(48), ohne weitere Beweise zu liefern, aus denen sich ableiten ließe, dass das Gericht den Sachverhalt verfälscht hat(49).

72.      Viertens fügt der Rechtsmittelführer hinzu, die in Rede stehenden Mobiltelefone seien für die Zwecke der Erlangung und Extraktion von Daten ohne vorherige Zustimmung eines Gerichts oder einer unabhängigen Verwaltungsbehörde übergeben worden, was das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs belege.

73.      Insoweit kann ich mir schwer vorstellen, wie eine etwaige Verletzung der Vorschriften über die Erlangung und die Extraktion der streitigen Daten für sich genommen das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen dieser Erlangung oder dieser Extraktion und dem Durchsickern dieser Daten in den öffentlichen Bereich beweisen kann(50).

74.      Der Umstand, dass die streitigen Daten von Europol an die slowakischen Behörden übermittelt wurden, reicht meiner Ansicht nach aus, um den „ausschließlichen“ Kausalzusammenhang zwischen dem Durchsickern dieser Daten und dem Verhalten von Europol zu widerlegen, unabhängig davon, ob Letztere über diese Daten in verschlüsselter oder unverschlüsselter Form verfügte und auf welcher Ebene die eventuelle Entschlüsselung erfolgte(51).

75.      Ich schlage daher vor, den dritten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

d)      Zum vierten Rechtsmittelgrund: Begründungsmangel und Rechtsfehler in Bezug auf die Beweisaufnahme, Verfälschung von Beweisen und Verletzung der Verteidigungsrechte

76.      Mit dem ersten Teil seines vierten Rechtsmittelgrundes wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, es habe seine Feststellung, dass nicht davon auszugehen sei, dass Art. 50 Abs. 1 und 2 der Europol-Verordnung eine gesamtschuldnerische Haftung begründe, nicht begründet und gegen die Beweislastregeln verstoßen.

77.      Aus der in den Nrn. 24 bis 53 der vorliegenden Schlussanträge vorgenommenen Analyse geht hervor, dass der Rechtsmittelführer aufgrund der Begründung des Gerichts die Gründe erkennen konnte, weshalb dieses der Ansicht war, dass Art. 50 der Europol-Verordnung keine gesamtschuldnerische Haftung begründe, und seine Gegenargumente vortragen konnte. Sie ermöglicht es meines Erachtens auch dem Gerichtshof, seine gerichtliche Kontrolle auszuüben.

78.      Mit dem zweiten Teil seines vierten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer im Wesentlichen geltend, das Gericht habe die Beweislast umgekehrt, indem es ihm im ersten Rechtszug die Beweislast dafür auferlegt habe, dass Informationen aus den Dienststellen von Europol durchgesickert seien.

79.      Im angefochtenen Urteil ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Rechtsmittelführer keinen Beweis für einen Kausalzusammenhang zwischen dem behaupteten Schaden und einem etwaigen Verhalten von Europol erbracht habe und dass dies genüge, um jede Haftung von Europol im Sinne von Art. 340 AEUV auszuschließen.

80.      Meiner Ansicht nach erfolgte die Beurteilung des Gerichts grundsätzlich zu Recht im Licht einer ständigen Rechtsprechung, wonach es Sache der Partei, die sich auf die außervertragliche Haftung der Union beruft, ist, schlüssige Beweise für das Bestehen eines hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem betreffenden Verhalten des Organs und dem geltend gemachten Schaden zu erbringen(52).

81.      Mit dem dritten Teil seines vierten Rechtsmittelgrundes wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, die ihn betreffende nationale strafrechtliche Ermittlungsakte und den Erlass des slowakischen Justizministeriums(53), mit dem der Inhalt dieser Akte festgelegt werde, nicht als Beweismittel berücksichtigt zu haben. Im Wesentlichen wiederholt der Rechtsmittelführer das im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes vorgetragene Argument, dass das Protokoll vom 23. Oktober 2018 in der ihn betreffenden strafrechtlichen Ermittlungsakte gemäß den Vorschriften dieses Dekrets enthalten sein müsse.

82.      Insoweit genügt der Hinweis, dass das Vorbringen des Rechtsmittelführers, mit dem er einen etwaigen Verstoß gegen die nationalen Vorschriften zum Akteninhalt rügt, wie ich im Rahmen der Prüfung des zweiten Rechtsmittelgrundes ausgeführt habe, unerheblich ist, weil eine etwaige Unvereinbarkeit dieses Protokolls mit den nationalen Vorschriften zum Akteninhalt den Beweiswert dieses Protokolls im Rahmen der vorliegenden Rechtssache nicht beeinträchtigen würde(54).

83.      Zu dem Vorbringen, der Umstand, dass Europol nur ein Foto des Protokolls vom 23. Oktober 2018 vorgelegt habe, zeige, dass Letztere nicht über dieses Protokoll verfügt und es von den slowakischen Behörden im Rahmen des Gerichtsverfahrens erhalten habe, ist festzustellen, dass es sich, wie der Rechtsmittelführer ausdrücklich erklärt, um eine „Überzeugung“ seines Anwalts handelt, die durch kein Indiz oder Beweismittel gestützt wird(55).

84.      Mit dem vierten Teil seines vierten Rechtsmittelgrundes wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, seine Verteidigungsrechte verletzt zu haben, da er sich in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2021 nicht zur Rückdatierung des Protokolls vom 23. Oktober 2018 habe äußern können. Ohne dies ausdrücklich vorzubringen, scheint er eine Nichtbeachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens geltend zu machen.

85.      Der Rechtsmittelführer erklärt jedoch weder, welche Argumente er hätte geltend machen können, wenn seine Verteidigungsrechte gewahrt worden wären, noch, dass seine Argumente ohne die angebliche Nichtbeachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens die Entscheidung des Rechtsstreits hätten ändern können(56).

86.      Im Übrigen hat das Gericht in den Rn. 74 bis 78 des angefochtenen Urteils zum Vorbringen des Rechtsmittelführers zu dieser angeblichen Rückdatierung Stellung genommen und insbesondere ausgeführt, dass dieses Vorbringen durch keinen Anfangsbeweis gestützt worden sei und dass der Rechtsmittelführer im Stadium der Erwiderung nicht geltend gemacht habe, dass das Protokoll vom 23. Oktober 2018 oder seine Kopie verfälscht worden seien.

87.      Der Rechtsmittelführer beschränkt sich auf die Feststellung, dass bislang nicht bekannt sei, wo sich das Original des Protokolls vom 23. Oktober 2018 befinde, dass es nicht in der Gerichtsakte der Rechtssache sei, aus der es stammen solle, und dass aus den Unterlagen einer anderen Strafsache hervorgehe, dass es zumindest zwei verschiedene Exemplare dieses Protokolls gebe.

88.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung, der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs verankert ist, die Bestimmung des Beweiswerts von Beweisen im Ermessen des Gerichts liegt(57), vorbehaltlich der Verfälschung dieser Beweise, die sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben muss, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf(58), was mir hier nicht der Fall zu sein scheint.

89.      Ich schlage daher vor, den vierten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

3.      Zu den Rechtsmittelgründen, die den immateriellen Schaden betreffen, der infolge der Aufnahme des Namens des Rechtsmittelführers in die „Mafia-Listen“ entstanden sein soll (zweiter Klageantrag im ersten Rechtszug)

a)      Zum fünften Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Einstufung der Haftung von Europol wegen fehlerhafter Datenverarbeitung

90.      Mit seinem fünften Rechtsmittelgrund, der zur Gänze auf den ersten Rechtsmittelgrund verweist, wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht im Wesentlichen vor, ausgeschlossen zu haben, dass Europol und der betreffende Mitgliedstaat für die aufgrund einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung entstandenen Schäden gesamtschuldnerisch hafteten, da es den verbindlichen Charakter des 57. Erwägungsgrundes der Europol-Verordnung verkannt habe.

91.      Wie sich aus der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes ergibt(59), hat das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es ausgeschlossen hat, dass Art. 50 Abs. 1 der Europol-Verordnung, ausgelegt im Licht des 57. Erwägungsgrundes dieser Verordnung, ein System der gesamtschuldnerischen Haftung von Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat für infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schäden einführt, die aus einer Maßnahme Europols oder dieses Mitgliedstaats resultieren.

92.      Allerdings stelle ich fest, dass das Gericht hinsichtlich des zweiten Klageantrags in Rn. 102 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Rechtsmittelführer keinen Beweis dafür vorgelegt habe, dass die „Mafia-Listen“, in die sein Name aufgenommen worden sein soll, von einem Unionsorgan und insbesondere von Europol erstellt und geführt worden seien.

93.      Meiner Ansicht nach ist der vom Gericht begangene Rechtsfehler nicht geeignet, diese Feststellung in Frage zu stellen, soweit er nicht durch das Vorbringen im Rahmen des sechsten Rechtsmittelgrundes in Frage gestellt wird, wie ich im Folgenden erörtern werde.

94.      Unter diesen Umständen schlage ich vor, den fünften Rechtsmittelgrund als ins Leere gehend zurückzuweisen.

b)      Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Tatsachenfehler bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs in Bezug auf den zweiten Klageantrag im ersten Rechtszug

95.      Mit seinem sechsten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer im Wesentlichen geltend, nichts habe es Europol erlaubt, einen Zusammenhang zwischen ihm und den sogenannten „Mafia-Listen“ herzustellen.

96.      Wie das Gericht ausgeführt hat, beschränkte sich Europol in ihrem Bericht vom 13. Januar 2019(60) jedoch auf den Hinweis, dass der Name des Rechtsmittelführers u. a. „unmittelbar mit den sogenannten Mafia-Listen und den Panama Papers in Verbindung gebracht wird“, ohne ihn in irgendeine Liste aufzunehmen, und hatte festgestellt, dass bereits in Presseartikeln, die vor diesem Bericht erschienen seien, von möglichen mafiösen Verstrickungen des Rechtsmittelführers berichtet worden sei(61).

97.      Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen des Rechtsmittelführers nicht in Frage gestellt, das sich im Wesentlichen auf die Aussage beschränkt, dass Europol nicht erläutert habe, aus welchem Grund sie einen Zusammenhang zwischen dem Rechtsmittelführer und den „Mafia-Listen“ hergestellt habe, und dass sie durch dieses Verhalten gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, da das „Recht, Mafia-Listen zu führen,“ keine Grundlage im nationalen oder im Unionsrecht habe.

98.      Mit diesem Vorbringen geht der Rechtsmittelführer von der nicht erwiesenen Prämisse aus, dass Europol ihn tatsächlich in diese „Mafia-Listen“ aufgenommen hat, ohne die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 102 des angefochtenen Urteils in Frage zu stellen, wonach er keinen Beweis dafür vorgelegt habe, dass die „Mafia-Listen“, in die sein Name aufgenommen worden sein soll, von einem Unionsorgan und insbesondere von Europol erstellt und geführt worden seien.

99.      Ich schlage daher vor, den sechsten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen und folglich das Rechtsmittel zurückzuweisen, was die Rechtsmittelgründe anbelangt, die den zweiten Klageantrag im ersten Rechtszug betreffen.

B.      Zur Klage im ersten Rechtszug

100. Wie aus der vorstehenden Würdigung hervorgeht, schlage ich vor, das angefochtene Urteil aufzuheben, was den ersten Klageantrag im ersten Rechtszug betrifft, und das Rechtsmittel zurückzuweisen, was den zweiten Klageantrag im ersten Rechtszug betrifft.

101. Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

102. Meines Erachtens ist dies in der vorliegenden Rechtssache nicht der Fall.

103. Ich bin nämlich der Ansicht, dass der Rechtsfehler, den das Gericht dadurch begangen hat, dass es das Vorliegen einer gesamtschuldnerischen Haftung von Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat für infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schäden, die aus einer Maßnahme Europols oder dieses Mitgliedstaats resultieren, verneint hat, eine neue Tatsachenwürdigung des Gerichts in Bezug auf das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten von Europol und dem vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Schaden(62) und gegebenenfalls auf die anderen Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union und ihrer Organe und Einrichtungen erfordert(63).

C.      Kosten

104. Da ich vorschlage, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, sollte die Entscheidung über die Kosten der Parteien im Rechtsmittelverfahren gemäß Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, vorbehalten werden.

VII. Ergebnis

105. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 29. September 2021, Kočner/Europol (T‑528/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:631), aufzuheben, was den ersten Klageantrag betrifft;

–        die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit des ersten Klageantrags an das Gericht zurückzuverweisen,

–        das Rechtsmittel im Übrigen zurückzuweisen,

–        die Kostenentscheidung vorzubehalten.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (ABl. 2016, L 135, S. 53, im Folgenden: Europol-Verordnung).


3      Beschluss des Rates vom 23. September 2013 über die Sicherheitsvorschriften für den Schutz von EU-Verschlusssachen (ABl. 2013, L 274, S. 1).


4      Ich weise darauf hin, dass der Verweis auf diese Vorschrift wahrscheinlich falsch ist und als Verweis auf Art. 50 der Europol-Verordnung anzusehen ist, wie aus dem ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission (COM[2013] 173 final vom 27. März 2013) hervorgeht, in dem Art. 51 (der Art. 49 der Europol-Verordnung entspricht) auf Art. 52 (der Art. 50 dieser Verordnung entspricht) verwies.


5      Überdies hätten die slowakischen Behörden am 1. April 2019 die in den in Rede stehenden Mobiltelefonen enthaltenen Informationen im Rahmen eines Strafverfahrens gegen den Rechtsmittelführer verwendet und, wie aus einem Protokoll der slowakischen Polizei vom 18. Juni 2019 hervorgehe, eine Analyse der in diesen Mobiltelefonen enthaltenen Daten vorgenommen.


6      Angefochtenes Urteil (Rn. 10).


7      Angefochtenes Urteil (Rn. 91). Das Gericht stellte erstens fest, dass Europol nicht die einzige Einrichtung sei, die im Besitz der in Rede stehenden Mobiltelefondaten gewesen sei, da auch die slowakischen Behörden über diese Daten verfügt hätten (angefochtenes Urteil, Rn. 68 und 84), zweitens, dass Europol die streitigen Mitteilungen niemals in entschlüsselter und verständlicher Form zur Verfügung gehabt habe (angefochtenes Urteil, Rn. 86), und drittens, dass aus einem Presseartikel hervorgehe, dass Informationen aus der nationalen Ermittlungsakte durchgesickert seien (angefochtenes Urteil, Rn. 90).


8      Angefochtenes Urteil (Rn. 102).


9      Angefochtenes Urteil (Rn. 92 bis 95 und 105).


10      Genauer gesagt geht es beim ersten und beim fünften Rechtsmittelgrund um das mögliche Vorliegen einer gesamtschuldnerischen Haftung von Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat für den aufgrund einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittenen Schaden gemäß dem 57. Erwägungsgrund der Europol-Verordnung, während es beim zweiten bis vierten und sechsten Rechtsmittelgrund im Wesentlichen um die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen dem angeblich vom Rechtsmittelführer erlittenen Schaden und dem Verhalten von Europol geht.


11      Die Unzulässigkeit dieser Angriffsmittel wurde weder von Europol in ihrer Gegenerwiderung im ersten Rechtszug geltend gemacht noch von Amts wegen vom Gericht im angefochtenen Urteil geprüft. Abgesehen davon würde die Tatsache, dass diese Frage im ersten Rechtszug nicht erörtert wurde, den Gerichtshof nicht daran hindern, gegebenenfalls festzustellen, dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen hat, dass es diese mögliche Unzulässigkeit nicht als unverzichtbare Prozessvoraussetzung geprüft hat.


12      Nach Ansicht des Rechtsmittelführers steht im Übrigen der Grundsatz, dass jeder Gesetzgeber rational handle, dem entgegen, dieser Vorschrift eine andere Bedeutung als die sich aus dem 57. Erwägungsgrund ergebende zu verleihen. Diese Schlussfolgerung werde auch dadurch bestätigt, dass gemäß der vor der Europol-Verordnung geltenden Regelung der betreffende Mitgliedstaat selbst in Situationen gehaftet habe, in denen auch Europol die Verantwortung getragen habe (nach Art. 52 Abs. 1 des Beschlusses 2009/371/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts [Europol] [ABl. 2009, L 121, S. 37]). Es wäre inkohärent, anzunehmen, dass der Unionsgesetzgeber diese vereinfachte Haftungsregelung für eine Regelung aufgegeben habe, die für den Geschädigten ungünstiger sei, so dass der Geschädigte nunmehr zunächst die für den Schaden verantwortliche Stelle ermitteln müsste, bevor er Klage erheben könnte, was dem mit dieser Regelung verfolgten Ziel entgegenstünde.


13      Im Übrigen würde der vom Rechtsmittelführer ins Treffen geführte Umstand, dass der Unionsgesetzgeber die frühere Haftungsregelung ersetzt habe, nach der der betreffende Staat selbst in Situationen allein gehaftet habe, in denen auch Europol die Verantwortung getragen habe, die These des Rechtsmittelführers nicht stützen, dass die derzeitige Regelung für den Geschädigten nicht ungünstiger sein könne (vgl. Fn. 11 der vorliegenden Schlussanträge). Diese Gesetzesänderung sei schlicht dadurch gerechtfertigt, dass Europol nach den Änderungen durch den Vertrag von Lissabon letztlich der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliege.


14      Angefochtenes Urteil (Rn. 93).


15      Angefochtenes Urteil (Rn. 94).


16      Nahezu identisch bestimmt Art. 41 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, dass „[j]ede Person … Anspruch darauf [hat], dass die Union den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“.


17      Vgl. Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung.


18      Urteil vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 63, sowie Beschluss vom 12. März 2020, EMB Consulting u. a./EZB, C‑571/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:208, Rn. 29.


19      Vgl. insbesondere Art. 9:101 der Grundsätze eines Europäischen Deliktsrechts der European Group on Tort Law (EGTL) (Europäische Gruppe für Schadensersatzrecht) (ein Versuch der Kodifizierung der Grundsätze eines Europäischen Deliktsrechts ausgehend von der vergleichenden Prüfung der nationalen Systeme), abrufbar unter folgender Adresse: http://www.egtl.org/PETLGerman.html. Zu der vom Gerichtshof gewählten Definition der gesamtschuldnerischen (vertraglichen) Haftung vgl. Urteil vom 18. Mai 2017, Latvijas Dzelzceļš, C‑154/16, EU:C:2017:392, Rn. 85, in dem der Gerichtshof hervorhebt, dass sich bereits aus dem Wesen der Gesamtschuld ergibt, dass jeder Schuldner für die gesamte Verbindlichkeit haftet und es dem Gläubiger grundsätzlich freisteht, die Erfüllung dieser Verbindlichkeit von einem oder mehreren Schuldnern seiner Wahl zu verlangen.


20      Urteil vom 16. März 2023, Towercast, C‑449/21, EU:C:2023:207, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung.


21      Gleiches gilt für die anderen Sprachfassungen dieser Vorschrift. Neben der französischen Sprachfassung, d. h. der Originalsprache der vorliegenden Schlussanträge („soit d’Europol …, soit de l’État membre“), vgl. insbesondere die griechische („είτε εκ μέρους της Ευρωπόλ …, είτε εκ μέρους του κράτους μέλους“), englische („either from Europol … or from the Member State“) und italienische Sprachfassung („da Europol … o dallo Stato membro“).


22      Wobei die beiden Methoden eng miteinander verwandt sind (vgl. im Schrifttum Lenaerts, K., und Gutiérrez-Fons, J. A., Les méthodes d’interprétation de la Cour de justice de l’Union européenne, Bruylant, Brüssel, 2020, S. 104).


23      Vgl. insbesondere Urteil vom 19. Juni 2014, Karen Millen Fashions, C‑345/13, EU:C:2014:2013, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung.


24      Vgl. Urteil vom 19. Mai 2022, Spetsializirana prokuratura (Verhandlung gegen einen flüchtigen Angeklagten), C‑569/20, EU:C:2022:401, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung. Zur Information vgl. auch Gemeinsamer Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die an der Abfassung von Rechtstexten der Europäischen Union mitwirken, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg 2015. Gemäß der Überschrift von Nr. 10 dieses Dokuments ist es insbesondere „Zweck der Erwägungsgründe …, die wichtigsten Bestimmungen des verfügenden Teils in knapper Form zu begründen“.


25      Im Übrigen könnte die im vorliegenden Fall durch Europol vorgenommene Verarbeitung personenbezogener Daten auch unter die Definitionen von „personenbezogenen Daten“, „operativen personenbezogenen Daten“ und „Verarbeitung“ in Art. 3 Nrn. 1, 2 und 3 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. 2018, L 295, S. 39) fallen. Zwar trifft es zu, dass nach Art. 2 Abs. 3 der Verordnung 2018/1725 diese Verordnung insbesondere solange nicht für die Verarbeitung operativer personenbezogener Daten durch Europol gilt, bis die Europol-Verordnung im Einklang mit Art. 98 der erstgenannten Verordnung angepasst ist, doch scheint mir, dass die fraglichen Definitionen im vorliegenden Fall mangels Ad-hoc-Definitionen in der zweitgenannten Verordnung als Auslegungsparameter herangezogen werden können. Zudem entsprechen die Definitionen von „personenbezogenen Daten“ und „Verarbeitung“ jenen in Art. 4 Nrn. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1, berichtigt in ABl. 2018, L 127, S. 2), die jedoch nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. d u. a. keine Anwendung findet auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten.


26      Der 57. Erwägungsgrund und Art. 50 der Europol-Verordnung entsprechen im Wesentlichen dem 47. Erwägungsgrund bzw. Art. 52 des ursprünglichen Vorschlags der Kommission. (COM[2013] 173 final vom 27. März 2013).


27      Hingegen teile ich nicht das Argument des Rechtsmittelführers, das sich ebenfalls an der legislativen Entstehungsgeschichte der Europol-Verordnung orientiert, wonach sich diese Verordnung nicht damit begnügen könne, dem Geschädigten einen geringeren Schutz zu gewähren als den, der durch die frühere Regelung garantiert worden sei (vgl. Fn. 11 der vorliegenden Schlussanträge). Ich halte den Standpunkt von Europol für überzeugender, wonach der Grund für die in der früheren Regelung vorgesehene ausschließliche Haftung des betreffenden Mitgliedstaats für alle Schäden aufgrund der Speicherung und Verarbeitung von Daten, einschließlich der Tätigkeit von Europol, darin liege, dass zum Zeitpunkt dieser Regelung (d. h. vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon) die Tätigkeit von Europol nicht der Gerichtsbarkeit der Unionsgerichte unterlegen sei.


28      Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung, wie Europol ausführt, der Unionsrichter vor seiner Entscheidung die zuvor ergehende Entscheidung des innerstaatlichen Gerichts abwarten muss (vgl. Urteil vom 14. Juli 1967, Kampffmeyer u. a./Kommission, 5/66, 7/66, 13/66 bis 16/66 und 18/66 bis 24/66, nicht veröffentlicht, EU:C:1967:31, S. 358). Ich werde diesen Punkt in Fn. 33 der vorliegenden Schlussanträge näher erläutern.


29      In sehr ähnlicher Weise bestimmt Art. 49 der Europol-Verordnung, dass Europol die von ihren Dienststellen oder ihren Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schäden „nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“, ersetzt.


30      Ich nenne als Beispiel § 840 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch, Deutschland), Art. 926 Αστικού Κώδικα (griechisches Zivilgesetzbuch) und Art. 2055 des Codice Civile (italienisches Zivilgesetzbuch). Diese Möglichkeit scheint auch in den Systemen des Common Law berücksichtigt zu werden (vgl. Van Dam, C., „Causation“, European Tort Law, Oxford, 2013, S. 331). Vgl. auch in diesem Sinne Art. 1265 des Entwurfs zur Reform des Deliktsrechts in der französischen Rechtsordnung, in dem jedenfalls bereits eine Verpflichtung zur gesamtschuldnerischen Haftung zu bestehen scheint, die als In‑solidum- Verpflichtung bezeichnet wird und durch das Richterrecht eingeführt wurde (vgl. im Schrifttum, Ligüerre, C. G., „Responsabilité solidaire et canalisation de la responsabilité“, Revue des contrats, Nr. 4, 2019, S. 252).


31      Ein solcher Grundsatz ist u. a. in Art. 9:101 der Grundsätze eines Europäischen Deliktsrechts vorgesehen (vgl. European Group on Tort Law, Principles of European Tort Law. Text and Commentary, SpringerWienNewYork, 2005, S. 206).


32      Diese Vorschrift sieht vor, dass jeder Verantwortliche oder jeder Auftragsverarbeiter für den gesamten Schaden haftet, damit ein wirksamer Schadensersatz für die betroffene Person sichergestellt ist, wenn mehr als ein Verantwortlicher oder mehr als ein Auftragsverarbeiter bzw. sowohl ein Verantwortlicher als auch ein Auftragsverarbeiter an derselben Verarbeitung beteiligt ist und sie für einen durch die Verarbeitung verursachten Schaden verantwortlich sind, wobei eine Person, die vollständigen Schadensersatz für den erlittenen Schaden gezahlt hat, nach Art. 82 Abs. 5 dieser Verordnung von den übrigen Verantwortlichen den Teil des Schadensersatzes zurückfordern kann, der ihrem Anteil an der Verantwortung für den Schaden entspricht. Die Anwendung dieser Vorschrift ist im vorliegenden Fall gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. d dieser Verordnung ausgeschlossen.


33      Genauer gesagt hat der Unionsrichter in seiner bis in die 1960er-Jahre zurückreichenden Rechtsprechung entschieden, dass es sich, wenn von zwei Schadensersatzklagen wegen des gleichen Schadens die eine gegen einen Mitgliedstaat vor einem nationalen Gericht und die andere gegen die Union vor dem Unionsgericht erhoben worden ist, als notwendig erweisen kann, vor der Festlegung des Schadensbetrags, für den die Union einzustehen hat, abzuwarten, bis sich das nationale Gericht zur etwaigen Haftung des Mitgliedstaats geäußert hat, um zu vermeiden, dass der Kläger aufgrund unterschiedlicher Beurteilung durch zwei verschiedene Gerichte unzureichenden oder zu hohen Schadensersatz erhält (vgl. Urteile vom 14. Juli 1967, Kampffmeyer u. a./Kommission, 5/66, 7/66, 13/66 bis 16/66 und 18/66 bis 24/66, nicht veröffentlicht, EU:C:1967:31; vom 30. November 1967, Becher/Kommission, 30/66, EU:C:1967:44, sowie vom 13. Dezember 2006, É.R. U. a./Rat und Kommission, T‑138/03, EU:T:2006:390, Rn. 42). Im Schrifttum vgl. Lenaerts, K., u. a., EU Procedural Law, Oxford University Press, 2014, S. 506 und 507.


34      Auch wenn es keinen dem Unionsrecht eigenen Begriff des Kausalzusammenhangs gibt (vgl. Van Dam, C., European tort law, Oxford, 2013, S. 321; Gutman, K., „The non-contractual liability of the European Union: principle, practice and promise“, Research handbook on EU tort law, 2017, S. 26 bis 60, insbesondere S. 57), scheint mir, dass die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten im Fall einer gesamtschuldnerischen Haftung verlangen, dass diese Voraussetzung erfüllt ist (vgl. insbesondere Infantino, M., und Zervogianni, Ε., „Causation in European Tort Law“, The American Journal of Compartive Law, Cambridge, 2017, S. 652 und 653).


35      Insoweit ist festzustellen, dass weder Art. 340 Abs. 2 AEUV noch die Grundsätze der gesamtschuldnerischen Haftung, die sich aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, es erlauben, die Haftung eines Organs oder einer Einrichtung der Union festzustellen, wenn es zwischen deren Verhalten und dem mutmaßlichen Schaden keinen Kausalzusammenhang gibt.


36      Vgl. Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge.


37      Dabei weise ich darauf hin, dass der zweite, der dritte und der vierte Rechtsmittelgrund ins Leere gehen, wenn der Gerichtshof meinem Vorschlag folgen sollte, dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben, wobei das Gericht jedenfalls seine Beurteilung des Vorliegens eines Kausalzusammenhangs überprüfen müsste.


38      Vorschriften im Erlass Nr. 618/2005 des slowakischen Justizministeriums.


39      Vgl. angefochtenes Urteil (Rn. 68 und 84). Das Gericht hat den Beweiswert dieses Dokuments auf der Grundlage des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung und unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung erarbeiteten Gesichtspunkte beurteilt (und zwar Urteil vom 13. Dezember 2018, Iran Insurance/Rat, T‑558/15, EU:T:2018:945, Rn. 153 und 154 sowie die dort angeführte Rechtsprechung) (vgl. angefochtenes Urteil, Rn. 80), indem es feststellte, dass in dem fraglichen Protokoll die vom Europol-Bediensteten an den NAKA-Bediensteten übergebenen Schriftstücke und Daten, die Akte, zu der die Schriftstücke und Daten gehörten, die Art und Weise der Übergabe, die Dienststellung der beteiligten Bediensteten sowie das Datum und die Uhrzeit der Übergabe genau angegeben gewesen seien (vgl. angefochtenes Urteil, Rn. 79 bis 81).


40      Vgl. angefochtenes Urteil (insbesondere Rn. 71 und 77). Im Übrigen hat das Gericht festgestellt, dass dieses Protokoll auf Papier mit dem offiziellen Briefkopf der NAKA verfasst worden sei, dass es sich auf eine identifizierte Akte bezogen habe und von einem namentlich genannten Bediensteten der NAKA datiert und unterzeichnet worden sei, der angegeben habe, dass er die betreffende Festplatte von einem ebenfalls namentlich genannten Europol-Bediensteten entgegengenommen habe (Rn. 76 des angefochtenen Urteils). Diese Umstände werden vom Rechtsmittelführer nicht in Abrede gestellt.


41      Im Übrigen weise ich darauf hin, dass die Slowakische Republik in ihrem Streithilfeschriftsatz das Vorbringen des Rechtsmittelführers, wonach das fragliche Protokoll nach der nationalen Regelung Teil der Ermittlungsakte hätte sein müssen, mit dem Hinweis zurückweist, dass nach dieser Regelung bestimmte Verfahrensunterlagen nicht in der ursprünglichen Ermittlungsakte enthalten seien, sondern in einem anderen Exemplar dieser Akte aufbewahrt würden.


42      Der Rechtsmittelführer fügt hinzu, die in Rn. 67 des angefochtenen Urteils genannte Rückgabe der Mobiltelefone sei insoweit ebenfalls nicht relevant, da nicht diese Mobiltelefone, sondern die darin enthaltenen Daten berücksichtigt werden müssten. Im Übrigen bedeute der Umstand, dass die slowakische Staatsanwaltschaft bereits am 1. April 2019 über die streitigen Mitteilungen verfügt habe, nicht, dass die Weitergabe dieser Daten von Letzteren ausgegangen sei.


43      Dies sei auch durch den vom Rechtsmittelführer genannten Umstand bestätigt worden, dass die slowakischen Strafverfolgungsbehörden am 1. April 2019 von den streitigen Daten Gebrauch gemacht hätten.


44      Insoweit beanstandet der Rechtsmittelführer die Schlussfolgerung des Gerichts, die sich aus einer Zeugenaussage eines Europol-Bediensteten vor einem slowakischen Strafgericht ergibt (vgl. angefochtenes Urteil, Rn. 82), wonach sich Europol „auf die Erlangung und die Extraktion“ von Daten von Mobiltelefonen in verschlüsselter Form beschränkt habe, die die slowakischen Behörden entschlüsselt hätten (vgl. angefochtenes Urteil, Rn. 87). Solche Erlangungs- und Extraktionsvorgänge durch Europol umfassen nach Ansicht des Rechtsmittelführers das Herunterladen von Dateien und den dazugehörigen Passwörtern, was es jedermann leicht ermöglicht hätte, die fraglichen Daten zu entschlüsseln.


45      Insoweit macht der Rechtsmittelführer auch einen Begründungsmangel geltend, da das Gericht nicht erklärt habe, warum die möglicherweise in verschlüsselter Form durchgesickerten Daten nicht von einem Dritten hätten entschlüsselt werden können. Mir scheint jedoch, dass das Gericht im vorliegenden Fall rechtlich hinreichend dargelegt hat, dass Europol seiner Ansicht nach nicht haftbar war, solange sie die streitigen Mitteilungen nicht in entschlüsselter Form zur Verfügung hatte, wobei die Frage, ob diese Behauptung begründet ist, eine materiell-rechtliche Frage ist.


46      Das Vorbringen des Rechtsmittelführers bleibt daher auf den Bereich der Spekulation begrenzt. Im Übrigen räumt der Rechtsmittelführer selbst ein, dass es schwierig sei, festzustellen, ob Europol oder der betreffende Mitgliedstaat für den Schaden hafte, weshalb er sich für die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Stellen ausspricht (vgl. erster und fünfter Rechtsmittelgrund).


47      Es ist darauf hinzuweisen, dass es ein starkes Indiz für das Fehlen eines „nicht ausschließlichen“ Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten von Europol und dem behaupteten Schaden wäre, wenn sich herausstellen sollte, dass Europol die streitigen Mitteilungen niemals in entschlüsselter Form zur Verfügung hatte, was dazu führen könnte, dass das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs auch im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung von Europol ausgeschlossen wird. Meines Erachtens handelt es sich jedoch um eine Tatsachenwürdigung, die von vornherein vom Gericht vorzunehmen ist.


48      Angefochtenes Urteil (Rn. 74 und 75).


49      Der Rechtsmittelführer erklärt nicht, auf welche Weise die Extraktion der Daten der beiden in Rede stehenden Mobiltelefone nach Erstellung des Protokolls vom 23. Oktober 2018 erfolgt sein soll. Ebenso wenig trägt er im Übrigen vor, dass er diese angebliche Verfälschung vor einem Strafgericht geltend gemacht hätte. Auch reicht der Umstand, dass die andere Partei des Rechtsmittelverfahrens nur ein Foto des Protokolls vom 23. Oktober 2018 vorgelegt haben soll, nicht aus, um nachzuweisen, dass Letzteres zurückdatiert wurde, und schon gar nicht für den Nachweis, dass das Gericht diesen Beweis dadurch verfälscht hat, dass es dies nicht festgestellt hat.


50      Vgl. auch Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge.


51      Aus dem Austausch der fraglichen Daten zwischen Europol und den slowakischen Behörden kann nicht abgeleitet werden, dass nur Europol über die in Rede stehenden Mobiltelefone und die entsprechenden Transkriptionen verfügte, wie vom Gericht in den Rn. 64 und 65 des angefochtenen Urteils festgestellt.


52      Vgl. insbesondere Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung. Diese Schlussfolgerung, die eine allgemeine Beurteilung der Beweislast für den Kausalzusammenhang betrifft, wie sie in jeder Instanz einer Schadensersatzklage angewandt wird, lässt die Beurteilung der Art der Haftung von Europol unberührt, die im Rahmen des ersten und des fünften Rechtsmittelgrundes vorgenommen wird. Wenn der Gerichtshof, wie ich in den Nrn. 24 bis 54 der vorliegenden Schlussanträge vorschlage, zu dem Schluss kommt, dass Europol im vorliegenden Fall mit dem betreffenden Mitgliedstaat gesamtschuldnerisch haftet, folgt daraus, dass das Gericht zwar einen falschen Beweisstandard angewandt hat (indem es den Nachweis eines „ausschließlichen“ Kausalzusammenhangs zwischen der Datenverarbeitung durch Europol und dem behaupteten Schaden gefordert hat), dass es jedoch im ersten Rechtszug dem Rechtsmittelführer zu Recht die Beweislast bezüglich des Kausalzusammenhangs auferlegt hat.


53      Obwohl der Rechtsmittelführer dies nicht genauer ausführt, bezieht er sich wahrscheinlich auf den Erlass Nr. 618/2005, der im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes angeführt wird.


54      Vgl. Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge.


55      Gleiches gilt für die Behauptung des Rechtsmittelführers, dass der Inhalt des fraglichen Protokolls geändert worden sei, was durch keinen Anhaltspunkt belegt wird (vgl. Fn. 49 der vorliegenden Schlussanträge).


56      Vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 29. Oktober 2004, Ripa di Meana/Parlament, C‑360/02 P, EU:C:2004:690, Rn. 36.


57      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2020, EKETA/Kommission, C‑273/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:852, Rn. 69.


58      Vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 86 sowie die dort angeführte Rechtsprechung.


59      Vgl. Nrn. 33 bis 53 der vorliegenden Schlussanträge.


60      Vgl. Nr. 11 der vorliegenden Schlussanträge.


61      Angefochtenes Urteil (Rn. 107).


62      Wie ich in den Nrn. 56 bis 58 der vorliegenden Schlussanträge erläutert habe, bedeutet das Vorliegen einer gesamtschuldnerischen Haftung nicht, dass ein „ausschließlicher“ Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten einer der verantwortlichen Personen und dem nach den gemeinsamen Regeln vermuteten Schaden besteht (wie es das Gericht im vorliegenden Fall geprüft hat), sondern dass die verschiedenen schadensbegründenden Ereignisse geeignet sind, den behaupteten Schaden zu verursachen.


63      Vgl. Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge.