Language of document : ECLI:EU:C:2024:202

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

5. März 2024(*)

„Rechtsmittel – Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung – Verordnung (EU) 2016/794 – Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 – Schutz personenbezogener Daten – Widerrechtliche Datenverarbeitung – In der Slowakei gegen den Rechtsmittelführer eingeleitetes Strafverfahren – Von der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) für Ermittlungszwecke erstellte Expertise – Extraktion von Daten aus Mobiltelefonen und einem USB-Speichermedium des Rechtsmittelführers – Weitergabe dieser Daten – Immaterieller Schaden – Schadensersatzklage – Natur der außervertraglichen Haftung“

In der Rechtssache C‑755/21 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 8. Dezember 2021,

Marián Kočner, wohnhaft in Bratislava (Slowakei), vertreten durch M. Mandzák und M. Para, Advokáti,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol), vertreten durch A. Nunzi als Bevollmächtigten im Beistand der Rechtsanwälte M. Kottmann und G. Ziegenhorn,

Beklagte im ersten Rechtszug,


unterstützt durch

Slowakische Republik, zunächst vertreten durch S. Ondrášiková, dann durch E. V. Drugda und S. Ondrášiková als Bevollmächtigte,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

Königreich Spanien,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten E. Regan, F. Biltgen und N. Piçarra, der Kammerpräsidentin O. Spineanu‑Matei (Berichterstatterin), der Richter S. Rodin und P. G. Xuereb, der Richterin L. S. Rossi, des Richters N. Wahl, der Richterin I. Ziemele sowie der Richter J. Passer und D. Gratsias,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Juni 2023

folgendes

Urteil

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Marián Kočner die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 29. September 2021, Kočner/Europol (T‑528/20, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:631), mit dem das Gericht seine auf Art. 268 AEUV gestützte Klage auf Ersatz der Schäden abgewiesen hat, die ihm dadurch entstanden sein sollen, dass die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) personenbezogene Daten weitergegeben und seinen Namen in die „Mafia-Listen“ aufgenommen habe.

 Rechtlicher Rahmen

2        In den Erwägungsgründen 23, 45, 56, 57 und 65 der Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (ABl. 2016, L 135, S. 53) heißt es:

„(23)      Um die unter die Ziele von Europol fallenden Straftaten verhüten und bekämpfen zu können, benötigt Europol möglichst umfassende und aktuelle Informationen. Daher sollte Europol in der Lage sein, ihr von Mitgliedstaaten … übermittelte … Daten zu verarbeiten …

(45)      Europol und die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit personenbezogener Daten zu garantieren.

(56)      Europol sollte abgesehen von der Haftung im Falle unrechtmäßiger Datenverarbeitung den für die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union geltenden allgemeinen Bestimmungen über die vertragliche und außervertragliche Haftung unterliegen.

(57)      Für eine betroffene Einzelperson kann es unklar sein, ob der infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schaden aus einer Maßnahme Europols oder aber eines Mitgliedstaats resultiert. Daher sollten Europol und der Mitgliedstaat, in dem die Maßnahme, die den Schaden ausgelöst hat, erfolgt ist, gesamtschuldnerisch für den Schaden haften.

(65)      Europol verarbeitet Daten, die besonders geschützt werden müssen, da sie nicht als Verschlusssache eingestufte sensible Informationen und EU-Verschlusssachen umfassen. Europol sollte daher Bestimmungen über die Vertraulichkeit und die Verarbeitung derartiger Informationen festlegen. Die Bestimmungen über den Schutz von EU-Verschlusssachen sollten mit dem Beschluss 2013/488/EU des Rates [vom 23. September 2013 über die Sicherheitsvorschriften für den Schutz von EU-Verschlusssachen (ABl. 2013, L 274, S. 1)] im Einklang stehen.“


3        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Verordnung bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

h)      ‚personenbezogene Daten‘ alle Informationen, die sich auf eine betroffene Person beziehen;

i)      ‚betroffene Person‘ eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person; eine bestimmbare Person ist eine Person, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, einer Kennnummer, Standortdaten, einer Online-Kennung oder einem oder mehreren besonderen Merkmalen bestimmt werden kann, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind;

k)      ‚Verarbeitung‘ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, der Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;

…“

4        Art. 3 („Ziele“) Abs. 1 der Verordnung lautet:

„Europol unterstützt und verstärkt die Tätigkeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffenden schweren Kriminalität, des Terrorismus und der Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand einer Politik der Union ist …“

5        Art. 17 („Informationsquellen“) Abs. 1 der Verordnung bestimmt:

„Europol verarbeitet ausschließlich Informationen, die ihr übermittelt werden

a)      von Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres nationalen Rechts und gemäß Artikel 7,

…“


6        Art. 18 („Zwecke der Informationsverarbeitung“) Abs. 1 der Verordnung 2016/794 bestimmt:

„Sofern es für die Verwirklichung ihrer Ziele nach Artikel 3 erforderlich ist, kann Europol Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten.“

7        Art. 28 („Grundsätze des Datenschutzes“) Abs. 1 der Verordnung bestimmt:

„Personenbezogene Daten müssen

a)      nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden;

b)      für genau festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. …

f)      auf eine Weise verarbeitet werden, die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten sicherstellt.“

8        Art. 32 („Sicherheit der Verarbeitung“) Abs. 1 der Verordnung sieht vor:

„Europol ergreift geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, um der zufälligen oder widerrechtlichen Vernichtung, dem zufälligen Verlust, der unbefugten Weitergabe oder Veränderung der Daten und dem unbefugten Zugang zu ihnen sowie jeder anderen Form ihrer unrechtmäßigen Verarbeitung vorzubeugen.“

9        In Art. 38 („Datenschutzrechtliche Verantwortung“) Abs. 4, 5 und 7 der Verordnung heißt es:

„…

(4)      Europol ist für die Einhaltung der Grundsätze nach Artikel 28 Absatz 1 Buchstaben a, b … und f verantwortlich.

(5)      Die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit einer Datenübermittlung liegt bei:

a)      dem Mitgliedstaat, der personenbezogene Daten an Europol übermittelt hat,

b)      Europol, wenn Europol personenbezogene Daten an Mitgliedstaaten … übermittelt hat.

(7)      Europol trägt die Verantwortung für alle von ihr durchgeführten Datenverarbeitungsvorgänge …“

10      Art. 49 („Allgemeine Bestimmungen zur Haftung und zum Recht auf Schadensersatz“) Abs. 3 der Verordnung 2016/794 bestimmt:

„Unbeschadet des Artikels 49 ersetzt Europol im Bereich der außervertraglichen Haftung die von ihren Dienststellen oder ihren Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schäden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.“

11      Art. 50 („Haftung für die fehlerhafte Verarbeitung personenbezogener Daten und Recht auf Schadensersatz“) der Verordnung sieht vor:

„(1)      Jede Person, der wegen einer widerrechtlichen Datenverarbeitung ein Schaden entsteht, hat das Recht, entweder von Europol nach Artikel 340 AEUV oder von dem Mitgliedstaat, in dem der Schadensfall eingetreten ist, nach den nationalen Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats Schadensersatz zu fordern. Die Person erhebt Klage gegen Europol beim Gerichtshof der Europäischen Union oder gegen den Mitgliedstaat bei dem zuständigen nationalen Gericht des betreffenden Mitgliedstaats.

(2)      Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Europol und Mitgliedstaaten über die Frage, wer letztlich für den einer Person nach Absatz 1 gewährten Schadensersatz zuständig ist, wird der Verwaltungsrat befasst, der mit Zweidrittelmehrheit seiner Mitglieder entscheidet, unbeschadet des Rechts, diese Entscheidung nach Artikel 263 AEUV anzufechten.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

12      Die in den Rn. 1 bis 16 des angefochtenen Urteils geschilderte Vorgeschichte des Rechtsstreits kann für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammengefasst werden.

13      Im Rahmen von Ermittlungen der slowakischen Behörden nach der Ermordung eines Journalisten und seiner Verlobten in der Slowakei im Februar 2018 unterstützte Europol auf Ersuchen der Národná kriminálna agentúra (Nationale Agentur zur Bekämpfung der Kriminalität, Slowakei) (im Folgenden: NAKA) diese Behörden durch die Extraktion von Daten, die zum einen auf zwei Mobiltelefonen, die dem Rechtsmittelführer gehört haben sollen (im Folgenden: in Rede stehende Mobiltelefone) und die Europol am 10. Oktober 2018 von der NAKA übergeben wurden, und zum anderen auf einem USB-Speichermedium gespeichert waren.

14      Am 21. Juni 2019 übermittelte Europol der NAKA die endgültigen wissenschaftlichen Berichte über die auf den in Rede stehenden Mobiltelefonen durchgeführten Vorgänge.


15      Dieser Übermittlung ging nach Angaben von Europol am 23. Oktober 2018 die Übergabe einer Festplatte mit verschlüsselten Daten, die u. a. aus diesen Mobiltelefonen extrahiert worden waren, durch Europol an die NAKA und am 13. Februar 2019 die Übergabe der Mobiltelefone durch Europol an die NAKA voraus.

16      Zum Nachweis dieser Übergaben legte Europol die Kopie eines vom Leiter des Ermittlungsteams, A, unterzeichneten, auf den 23. Oktober 2018 datierten Protokolls mit dem offiziellen Briefkopf der NAKA, in dem das Aktenzeichen PPZ-203/NKA-PZ-ZA-2018 aufgeführt war, sowie eines auf den 13. Februar 2019 datierten Formulars über den Empfang/die Übergabe von Beweisen mit demselben Aktenzeichen vor, in dem u. a. die in Rede stehenden Mobiltelefone aufgeführt waren und das sowohl vom Lieferer als auch vom Empfänger der Beweise unterzeichnet war.

17      In dem Protokoll vom 23. Oktober 2018 heißt es:

„Heute, am 23. Oktober 2018, um 1.30 Uhr wurde mir eine schwarze externe HDD mit den vorläufigen Ergebnissen der Europol-Untersuchung, die mit Entscheidung[en] vom 8. Oktober 2018 und 10. Oktober 2018 in Auftrag gegeben wurde, übergeben. Diese externe Festplatte wurde von Europol-Mitarbeiter B persönlich vom Europol-Sitz in Den Haag [Niederlande] überbracht.

Die Festplatte enthält vorläufige Ergebnisse in Form der Erlangung und der Extraktion [von Daten] aus dem Speicher für die Beweise 1Z (nur SIM-Karte), 2Z, 3Z, 4Z (nur SIM-Karte), 5Z, 6Z, 7Z, 8Z, 1K, 2K.

Der Inhalt der HDD ist durch ein Passwort geschützt, das mir mitgeteilt wurde.“

18      In Bezug auf das USB-Speichermedium ersuchte die NAKA am 17. Oktober 2018 Europol um Unterstützung, um u. a. die darauf enthaltenen Daten zu untersuchen.

19      Im Bericht von Europol vom 13. Januar 2019 (im Folgenden: Europol-Bericht), der der NAKA am 14. Februar 2019 übermittelt wurde, ist unter der Überschrift „Kontext (historisch)“ erwähnt, dass „[der Rechtsmittelführer] seit dem 20. Juni 2018 wegen des Verdachts auf ein Finanzdelikt in Haft ist. Sein Name steht u. a. unmittelbar mit den sogenannten ‚Mafia-Listen‘ und den ‚Panama Papers‘ in Zusammenhang.“

20      Am 1. April 2019 sollen die slowakischen Strafverfolgungsbehörden von den in den in Rede stehenden Mobiltelefonen gespeicherten Informationen im Rahmen eines Strafverfahrens gegen den Rechtsmittelführer Gebrauch gemacht haben. Ebenso soll aus einem Protokoll der slowakischen Polizeibehörden vom 18. Juni 2019 hervorgehen, dass diese Behörden eine vollständige Analyse der auf diesen Telefonen gespeicherten Daten vorgenommen haben.

21      Außerdem soll in verschiedenen Presseartikeln und auf Websites, darunter die eines internationalen Netzwerks investigativer Journalisten, über eine sehr große Menge von u. a. aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen stammenden Informationen über den Rechtsmittelführer berichtet worden sein und diese Informationen sollen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt worden sein. Insbesondere soll am 20. und 29. Mai 2019 in mehreren Presseartikeln über aus diesen Telefonen stammende Daten berichtet worden sein. Zudem soll am 19. Mai 2020 auf einer Website eine Auswahl von den Rechtsmittelführer betreffenden Dokumenten veröffentlicht worden sein, insbesondere Transkriptionen der Kommunikation intimen Charakters, die zwischen dem Rechtsmittelführer und einer Freundin über einen verschlüsselten Messenger-Dienst erfolgt und in den Telefonen gespeichert gewesen sein soll. Diese Auswahl soll am 21. Mai 2020 in der slowakischen Presse verwendet worden sein.

22      Mit Schreiben vom 4. Mai 2020 forderte der Rechtsmittelführer Europol auf der Grundlage von Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 auf, ihm eine Entschädigung in Höhe von 100 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens zu zahlen, der ihm in zweifacher Hinsicht durch die Verletzung des Rechts auf Achtung seines Privat- und Familienlebens entstanden sei. Dieser Schaden ergebe sich zum einen aus der Veröffentlichung personenbezogener Daten in der Presse und im Internet, insbesondere aus der Veröffentlichung der Transkriptionen seiner Kommunikation intimen und sexuellen Charakters. Zum anderen ergebe sich der Schaden aus der mutmaßlich aufgrund des Europol-Berichts erfolgten Aufnahme seines Namens in die „Mafia-Listen“, da die Presse infolge undichter Stellen betreffend die – diesen Bericht enthaltende – Akte des nationalen Strafverfahrens bezüglich der Ermordung des in Rn. 13 des vorliegenden Urteils genannten Journalisten und seiner Verlobten darüber berichtet habe.

23      Im Anschluss an die in Rn. 13 des vorliegenden Urteils erwähnten Ermittlungen der slowakischen Behörden wurde der Rechtsmittelführer als Auftraggeber wegen Beihilfe an diesem Mord strafrechtlich verfolgt.

24      Am 3. September 2020 sprach das zuständige slowakische Gericht den Rechtsmittelführer in erster Instanz frei. Am 15. Juni 2021 hob der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache zurück.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

25      Mit Klageschrift, die am 18. August 2020 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer eine auf die Art. 268 und 340 AEUV sowie auf Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 gestützte Klage auf Ersatz des immateriellen Schadens, der ihm aufgrund des Vorgehens von Europol entstanden sei. Mit dem ersten Klageantrag begehrte er eine Entschädigung in Höhe von 50 000 Euro als Ersatz des Schadens, der ihm aufgrund der Weitergabe personenbezogener, aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen stammender Daten entstanden sei, die anschließend im Internet veröffentlicht und von der slowakischen Presse aufgegriffen worden seien. Diese Weitergabe personenbezogener Daten habe seine Ehre und sein berufliches Ansehen, das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens sowie das Recht auf Achtung seiner Kommunikation beeinträchtigt, die durch Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) garantiert seien. Mit dem zweiten Antrag begehrte der Rechtsmittelführer eine Entschädigung in gleicher Höhe als Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, dass Europol seinen Namen in die „Mafia-Listen“ aufgenommen habe.

26      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht zunächst, nachdem es die von Europol in Bezug auf den ersten Klageantrag des Rechtsmittelführers erhobenen Einreden der Unzulässigkeit geprüft hatte, festgestellt, dass dieser Antrag nur insoweit zulässig sei, als der Rechtsmittelführer damit einen immateriellen Schaden geltend mache, der dadurch entstanden sei, dass Europol angeblich die Transkriptionen der aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen hervorgegangenen Gespräche intimen und sexuellen Charakters zwischen ihm und seiner Freundin weitergegeben habe. Insoweit hat das Gericht in Bezug auf den Umfang des geltend gemachten Schadens festgestellt, dass der Rechtsmittelführer Europol zwar vorgeworfen habe, eine erhebliche Menge personenbezogener Daten aus diesen Telefonen weitergegeben zu haben, dass aber nur die Weitergabe dieser Transkriptionen durch schriftliche Beweise gestützt worden sei, nicht hingegen die behauptete Weitergabe von Fotografien „höchstvertraulichen Charakters“, von denen einige die Freundin unbekleidet zeigten.

27      Sodann hat das Gericht diesen so eingegrenzten ersten Klageantrag in der Sache zurückgewiesen. Es hat als Erstes in den Rn. 58 bis 91 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Rechtsmittelführer nicht „den Beweis eines hinreichend nachgewiesenen Kausalzusammenhangs“ zwischen dem behaupteten Schaden und einem etwaigen Verhalten von Europol erbracht habe. Insbesondere habe der Rechtsmittelführer nicht dargetan, dass die Weitergabe der in den in Rede stehenden Mobiltelefonen gespeicherten Daten oder der Transkriptionen der zwischen dem Rechtsmittelführer und seiner Freundin geführten Gespräche Europol zuzurechnen sei.

28      Als Zweites hat das Gericht in den Rn. 92 bis 95 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass diese Schlussfolgerung, die sich daraus ergebe, dass die Offenlegung der in Rede stehenden Daten Europol nicht zugerechnet werden könne, weder durch den 57. Erwägungsgrund noch durch Art. 49 Abs. 3 noch durch Art. 50 der Verordnung 2016/794, auf die sich der Rechtsmittelführer berufen habe, entkräftet werde.

29      Insoweit hat das Gericht zum einen in den Rn. 93 bis 95 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 auf die Klarstellung beschränkten, dass Europol im Bereich der außervertraglichen Haftung und insbesondere der Haftung für widerrechtliche Datenverarbeitungsvorgänge unter den in Art. 340 AEUV festgelegten Voraussetzungen die von ihren Dienststellen oder ihren Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schäden ersetzen müsse. Nach Ansicht des Gerichts sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Zum anderen hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es im 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 zwar im Wesentlichen heiße, dass Europol und der Mitgliedstaat, in dem der durch eine unrechtmäßige Datenverarbeitung seitens Europols oder dieses Mitgliedstaats verursachte Schaden eingetreten sei, gesamtschuldnerisch für diesen Schaden hafteten, jedoch festzustellen sei, dass dieser Mechanismus einer gesamtschuldnerischen Haftung in den Bestimmungen dieser Verordnung weder zum Ausdruck komme noch eine Grundlage finde. Des Weiteren hat das Gericht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Erwägungsgründe eines Unionsrechtsakts rechtlich nicht verbindlich seien und nicht herangezogen werden könnten, um von den Bestimmungen des betreffenden Rechtsakts abzuweichen. Daher hat das Gericht festgestellt, dass „der 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 im vorliegenden Fall keine gesamtschuldnerische Haftung Europols begründen [kann]“.

30      Folglich hat das Gericht den ersten Klageantrag als unbegründet zurückgewiesen, da es der Ansicht war, dass nicht geprüft zu werden brauche, ob die übrigen Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union erfüllt seien.

31      Zum zweiten Klageantrag betreffend den Ersatz des Schadens, der durch die Aufnahme des Namens des Rechtsmittelführers durch Europol in die „Mafia-Listen“ entstanden sein soll, hat das Gericht in den Rn. 102 und 105 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass nicht erwiesen sei, dass diese Listen von einem Organ der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV, insbesondere von Europol, erstellt und geführt worden seien und dass diese Schlussfolgerung weder durch den 57. Erwägungsgrund noch durch Art. 49 Abs. 3 noch durch Art. 50 der Verordnung 2016/794 in Frage gestellt werde, und zwar aus denselben Gründen, wie sie in den Rn. 92 bis 95 des angefochtenen Urteils dargelegt und in Rn. 29 des vorliegenden Urteils zusammengefasst sind.

32      Das Gericht hat außerdem in den Rn. 106 bis 109 des angefochtenen Urteils klargestellt, dass, selbst wenn der zweite Klageantrag „dahin zu verstehen sein sollte, dass damit Europol vorgeworfen wird, die Ursache für die Entwicklung der von der slowakischen Presse gegenüber dem Kläger verwendeten Bezeichnungen gelegt zu haben, soweit er nicht mehr als ‚umstrittener Unternehmer‘, sondern nunmehr als ‚Mafioso‘ oder als ‚Person, die in den Mafia-Listen aufgeführt ist‘, dargestellt worden sei“, sich dieser Antrag ebenfalls als unbegründet erweise. Insoweit hat das Gericht u. a. festgestellt, dass der Rechtsmittelführer weder einen Beweis dafür vorgelegt habe, dass der Europol-Bericht für die in der slowakischen Presse veröffentlichten Informationen ursächlich gewesen sei, noch rechtlich hinreichend einen Kausalzusammenhang zwischen dem Durchsickern dieses Berichts und dem Umstand nachgewiesen, dass die slowakische Presse ab Anfang 2019 die Art und Weise, in der sie den Rechtsmittelführer bezeichnet habe, geändert habe. Die behauptete zeitliche Übereinstimmung werde durch sowohl vom Rechtsmittelführer als auch von Europol beigebrachte Beweise widerlegt, aus denen hervorgehe, dass die slowakische Presse den Rechtsmittelführer lange vor Beginn des Jahres 2019 gelegentlich als „Mafioso“ dargestellt habe, was ausschließe, dass diese Darstellung ihre Ursache in einer undichten Stelle bezüglich der den Rechtsmittelführer betreffenden nationalen Strafakte habe, in der dieser Bericht enthalten sei.

33      Folglich hat das Gericht den zweiten Klageantrag als unbegründet zurückgewiesen und die Klage insgesamt abgewiesen.

 Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

34      Mit Schriftsatz, der am 8. Dezember 2021 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat der Rechtsmittelführer gegen das angefochtene Urteil ein Rechtsmittel eingelegt.

35      Der Rechtsmittelführer beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        die Kostenentscheidung im Rahmen des Hauptverfahrens zu erlassen.

36      Europol beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

37      Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 1. April 2022 ist die Slowakische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge Europols zugelassen worden.

 Zum Rechtsmittel

38      Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf sechs Gründe. Die Rechtsmittelgründe 1 bis 4 betreffen die Zurückweisung des ersten Klageantrags, der auf Ersatz des immateriellen Schadens gerichtet ist, der dem Rechtsmittelführer durch die Weitergabe personenbezogener Daten aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen an die Öffentlichkeit entstanden sein soll. Der fünfte und der sechste Rechtsmittelgrund betreffen die Zurückweisung des zweiten Klageantrags, der auf Ersatz des immateriellen Schadens gerichtet ist, der dem Rechtsmittelführer durch die Aufnahme seines Namens in die „Mafia-Listen“ entstanden sein soll.

 Zur Zulässigkeit des ersten und des fünften Rechtsmittelgrundes

 Vorbringen der Parteien

39      Europol macht geltend, der erste und der fünfte Rechtsmittelgrund, mit denen geltend gemacht wird, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die gesamtschuldnerische Haftung Europols und des betreffenden Mitgliedstaats für die durch eine widerrechtliche Datenverarbeitung entstandenen Schäden ausgeschlossen habe, seien unzulässig, da sie sich auf einen Klagegrund bezögen, den der Rechtsmittelführer vor dem Gericht verspätet, nämlich in der Erwiderung, geltend gemacht habe. Das Gericht hätte diesen Klagegrund von Amts wegen für unzulässig erklären müssen.

40      Der Rechtsmittelführer beantragt, die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

41      Aus Art. 84 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt sich, dass Klagegründe, die erstmals im Stadium der Erwiderung vorgebracht werden und die nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, für unzulässig zu erklären sind. Jedoch hat der Gerichtshof hierzu bereits entschieden, dass ein Angriffsmittel oder ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits zuvor in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt, als zulässig anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 38 bis 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein solches Angriffsmittel kann daher nicht wegen Verspätung für unzulässig erklärt werden.

42      Im vorliegenden Fall machte der Rechtsmittelführer in Rn. 58 seiner Klageschrift geltend, dass Europol im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung nach Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 der Verordnung 2016/794 und in Anbetracht des 57. Erwägungsgrundes dieser Verordnung für den ihm entstandenen Schaden auch dann hafte, wenn die schädigenden Handlungen gemeinsam mit den slowakischen Behörden begangen worden seien. In Rn. 24 der Erwiderung führte der Rechtsmittelführer dieses Vorbringen näher aus, indem er geltend machte, dass Europol nach den genannten Bestimmungen und insbesondere in Anbetracht des genannten Erwägungsgrundes jedenfalls gesamtschuldnerisch mit dem betreffenden Mitgliedstaat für den durch eine widerrechtliche Datenverarbeitung verursachten Schaden hafte.

43      Damit hat sich der Rechtsmittelführer in seiner Klageschrift ausdrücklich auf das Bestehen eines Mechanismus der gesamtschuldnerischen Haftung Europols nach den Art. 49 und 50 der Verordnung 2016/794, ausgelegt im Licht von deren 57. Erwägungsgrund, berufen, so dass sich das Gericht zu Recht als durch diese Klage mit der Frage dieser gesamtschuldnerischen Haftung im Kontext der vorliegenden Rechtssache befasst angesehen hat. Rn. 24 der Erwiderung ist somit als eine Erweiterung des diesbezüglichen Vorbringens in der Klageschrift anzusehen.

44      Unter diesen Umständen hat das Gericht zu Recht die Bestimmungen und den Erwägungsgrund geprüft, auf die bzw. den sich der Rechtsmittelführer im Rahmen dieses Vorbringens berufen hat.

45      Folglich ist die von Europol geltend gemachte Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

46      Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es in den Rn. 94 und 95 des angefochtenen Urteils entschieden habe, den 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 bei der Bestimmung der auf Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung gestützten Haftung Europols mit der Begründung nicht zu berücksichtigen, dass die Erwägungsgründe einer Verordnung rechtlich nicht verbindlich seien. Das Gericht habe folglich den ersten Klageantrag zu Unrecht mit der Feststellung zurückgewiesen, dass dieser Erwägungsgrund keine gesamtschuldnerische Haftung Europols für eine widerrechtliche Datenverarbeitung durch Europol oder den betreffenden Mitgliedstaat begründen könne.

47      Hierzu trägt der Rechtsmittelführer im Wesentlichen vor, das Gericht habe angenommen, dass der Schaden von demjenigen zu tragen sei, dem er zuzurechnen sei, nämlich entweder Europol oder dem betreffenden Mitgliedstaat, obwohl sich aus Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 der Verordnung 2016/794, ausgelegt im Licht des 57. Erwägungsgrundes dieser Verordnung und der mit dieser verfolgten Ziele, ergebe, dass diese Verordnung eine gesamtschuldnerische Haftung Europols und des Mitgliedstaats, in dem der Schaden eingetreten sei, der durch eine widerrechtliche Datenverarbeitung durch Europol oder diesen Mitgliedstaat entstanden sei, begründe.

48      Europol, unterstützt von der Slowakischen Republik, macht geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund unbegründet sei.

49      Sie bringt vor, dass die Haftung der Union nach Art. 340 AEUV vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen abhänge, darunter die Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ der Union vorgeworfenen Verhaltens. Ferner macht sie geltend, dass die Union ohne ein rechtswidriges Verhalten eines ihrer Organe nicht haftbar gemacht werden könne und dass die von den Mitgliedstaaten verursachten Schäden diese Haftung nicht entstehen lassen könnten. Darüber hinaus habe der Gerichtshof in Bezug auf Situationen, in denen die Behörden der Union und die der Mitgliedstaaten interagierten, u. a. klargestellt, dass im Fall eines von der Union und einem Mitgliedstaat gemeinsam verursachten Schadens der Unionsrichter über den Schaden erst entscheiden könne, nachdem das nationale Gericht eine entsprechende Entscheidung getroffen habe. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Union und des betreffenden Mitgliedstaats werde, wenn beide gemeinsam handelten, grundsätzlich nicht im Rahmen von Art. 340 Abs. 2 AEUV anerkannt, sondern erfordere eine entsprechende ausdrückliche Erwähnung durch den Unionsgesetzgeber.

50      Zudem sei Art. 50 der Verordnung 2016/794 auf die im vorliegenden Fall in Rede stehende Datenverarbeitung nicht anwendbar, da sie ausschließlich für die Datenverarbeitung im Rahmen von Einsätzen und Aufgaben von Europol gelte. Da die behaupteten schädigenden Ereignisse bei der Aufbewahrung der nationalen Ermittlungsakte eingetreten seien, stellten sie keine in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallende „widerrechtliche Datenverarbeitung“ im Sinne dieser Vorschrift dar.

51      Im Übrigen sehe Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 nicht ausdrücklich eine gesamtschuldnerische Haftung Europols und des betreffenden Mitgliedstaats vor. Nach dieser Bestimmung hafte Europol nämlich nur „nach Artikel 340 AEUV“, was bedeute, dass diese Haftung nur entstehen könne, wenn die drei sich aus dieser Bestimmung ergebenden Voraussetzungen erfüllt seien. Selbst wenn dieser Art. 50 Abs. 1 im vorliegenden Fall anwendbar sein sollte, könnte Europol folglich nicht haftbar gemacht werden, da es an einem rechtswidrigen Verhalten ihrerseits und einem Kausalzusammenhang zwischen einem solchen Verhalten und dem entstandenen Schaden fehle. Außerdem könne die Union nach dem genannten Art. 50 Abs. 1, der, wie durch den Wortlaut von Art. 50 Abs. 2 der Verordnung bestätigt werde, nur für Schäden gelte, die von der Union und einem Mitgliedstaat gemeinsam verursacht würden, nicht zum Ersatz von Schäden verpflichtet sein, die sich aus dem Handeln eines Mitgliedstaats ergäben.

52      Nach Ansicht von Europol lässt sich aus dem 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 nichts anderes herleiten. Der in diesem Erwägungsgrund verwendete Begriff der „gesamtschuldnerischen Haftung“ setze voraus, dass mehr als eine Stelle für denselben Schaden verantwortlich sei, und nicht, dass Europol ohne jedes rechtswidrige Verhalten ihrerseits für das Handeln eines Mitgliedstaats haftbar gemacht werden könne. Die Auslegung des genannten Erwägungsgrundes durch den Rechtsmittelführer stehe im Widerspruch zur Tragweite dieser Verordnung und zum Wortlaut ihres Art. 50. Da die Erwägungsgründe eines Unionsrechtsakts rechtlich nicht verbindlich seien, könnten sie nicht herangezogen werden, um vom klaren Wortlaut einer Bestimmung abzuweichen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

53      In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung Europols und des betreffenden Mitgliedstaats für den Fall einer widerrechtlichen Datenverarbeitung einführt. Ist dies der Fall, sind in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen für diese Haftung zu bestimmen.

–       Natur der Haftungsregelung nach Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794

54      Bei der Auslegung von Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794, insbesondere zur Ermittlung der Natur der darin verankerten Haftungsregelung, sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur der Wortlaut dieser Bestimmung, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2021, TEAM POWER EUROPE, C‑784/19, EU:C:2021:427, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Nach dem Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 hat der durch eine widerrechtliche Datenverarbeitung Geschädigte das Recht, „entweder von Europol … oder von dem Mitgliedstaat, in dem der Schadensfall eingetreten ist“, Schadensersatz zu fordern. Wie der Generalanwalt in Nr. 38 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist dieser Wortlaut hinsichtlich der Natur der betreffenden Haftung nicht eindeutig. Er kann nämlich darauf hindeuten, dass sich die geschädigte natürliche Person entweder, im Fall eines Schadens, der ganz oder teilweise Europol zuzurechnen ist, an diese wenden muss oder, im Fall eines Schadens, der ganz oder teilweise dem betreffenden Mitgliedstaat zuzurechnen ist, an diesen wenden muss. Da sich aus diesem Wortlaut jedoch auch ergeben kann, dass sich die geschädigte Person unterschiedslos an jede der Stellen – also entweder an Europol oder an den betreffenden Mitgliedstaat – wenden kann, um den gesamten Schaden ersetzt zu bekommen, der ihr wegen einer widerrechtlichen Datenverarbeitung im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen Europol und diesem Mitgliedstaat entstanden ist, schließt dieser Wortlaut nicht aus, dass diese Bestimmung insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung dieser Stellen begründen kann.

56      Daher ist zu prüfen, ob die Bestimmung des Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel und ihren Zusammenhang eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung Europols und des betreffenden Mitgliedstaats für Schäden schafft, die durch eine im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen Europol und diesem Mitgliedstaat nach dieser Verordnung erfolgte widerrechtliche Datenverarbeitung entstanden sind.

57      Nach dem 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794, in dem dieses Ziel zum Ausdruck kommt, „[kann es] [f]ür eine betroffene Einzelperson … unklar sein, ob der infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung erlittene Schaden aus einer Maßnahme Europols oder aber eines Mitgliedstaats resultiert[, und] [d]aher sollten Europol und der Mitgliedstaat, in dem die Maßnahme, die den Schaden ausgelöst hat, erfolgt ist, gesamtschuldnerisch für den Schaden haften“.

58      Daraus ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber unter Berücksichtigung der Situation, in der eine durch eine widerrechtliche Datenverarbeitung geschädigte natürliche Person nicht feststellen kann, ob ihr Schaden auf das Handeln von Europol oder auf das eines Mitgliedstaats, mit dem Europol zusammengearbeitet hat, zurückzuführen ist, eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung Europols und des Mitgliedstaats, in dem der Schadensfall eingetreten ist, eingeführt hat, um dieser natürlichen Person für den Fall, dass sie sich in einer solchen Situation befindet, einen umfassenden Schutz zu gewährleisten.

59      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Erwägungsgrund eines Unionsrechtsakts, auch wenn er rechtlich nicht verbindlich ist, einen hohen Auslegungswert hat, da er den Inhalt einer Bestimmung des betreffenden Rechtsakts präzisieren und den Willen des Urhebers dieses Rechtsakts erhellen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments, C‑376/20 P, EU:C:2023:561, Rn. 104 und 105 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Zwar kann die Begründungserwägung eines Unionsrechtsakts nicht herangezogen werden, um von den Bestimmungen des betreffenden Rechtsakts abzuweichen oder um diese Bestimmungen in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juni 2014, Karen Millen Fashions, C‑345/13, EU:C:2014:2013, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 191).

61      Im vorliegenden Fall steht der 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 jedoch in keiner Weise im Widerspruch zum Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung. Wie in Rn. 55 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ermöglicht dieser Wortlaut nämlich insbesondere eine Auslegung dahin, dass mit dieser Bestimmung eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung Europols und des betreffenden Mitgliedstaats zugunsten der natürlichen Person eingeführt wird, die durch eine im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen diesen erfolgte widerrechtliche Datenverarbeitung geschädigt wurde.

62      Aus diesen Prüfungsgesichtspunkten ergibt sich, dass Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794, ausgelegt im Licht von deren 57. Erwägungsgrund, entsprechend dem Willen des Unionsgesetzgebers, die geschädigte natürliche Person zu begünstigen, eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung Europols und des betreffenden Mitgliedstaats für dieser Person durch eine solche Verarbeitung entstandene Schäden schafft.

63      Diese Auslegung wird durch den Zusammenhang bestätigt, in den sich diese Bestimmung einfügt, insbesondere durch Art. 49 und Art. 50 Abs. 2 der Verordnung 2016/794.

64      Zum einen legt nämlich Art. 49 der Verordnung (EU) 2016/794 nach seiner Überschrift allgemeine Bestimmungen zur Haftung und zum Recht auf Schadensersatz fest. Dagegen geht aus der Überschrift von Art. 50 dieser Verordnung hervor, dass dieser Artikel speziell die Haftung für die fehlerhafte Datenverarbeitung und das sich daraus ergebende Recht auf Schadensersatz betrifft. Der Ausnahmecharakter dieses Art. 50 gegenüber den allgemeinen Grundsätzen der außervertraglichen Haftung der Union wird insbesondere durch Art. 49 Abs. 3 der Verordnung, ausgelegt im Licht von deren 56. Erwägungsgrund, hervorgehoben.

65      Nach der letztgenannten Bestimmung ersetzt Europol im Bereich der außervertraglichen Haftung die von ihren Dienststellen oder ihren Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schäden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Jedoch gilt dies „unbeschadet des Artikels 49“ der Verordnung 2016/794.

66      Hierzu ist festzustellen, dass der Verweis auf „Artikel 49“ in Art. 49 Abs. 3 der Verordnung ein offensichtliches Redaktionsversehen darstellt. Der Verweis wäre nämlich sinnlos, wenn er sich auf den Artikel bezöge, zu dem er gehört. Da Art. 50 der Verordnung eine von den allgemeinen Vorschriften über die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 49 Abs. 3 abweichende Regelung vorsieht, ist die letztgenannte Bestimmung daher, was ihren Anfangsteil betrifft, der das Wort „unbeschadet“ enthält, so zu verstehen, dass sie sich auf Art. 50 bezieht.

67      Der 56. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 bestätigt die in der vorstehenden Randnummer vorgenommene Auslegung, indem er vorsieht, dass „Europol … abgesehen von der Haftung im Falle unrechtmäßiger Datenverarbeitung den für die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union geltenden allgemeinen Bestimmungen über die vertragliche und außervertragliche Haftung unterliegen [sollte]“.

68      Daraus folgt, dass mit Art. 50 der Verordnung 2016/794 eine besondere Regelung der außervertraglichen Haftung für widerrechtliche Datenverarbeitungsvorgänge eingeführt werden soll, die von der in dieser Verordnung vorgesehenen allgemeinen Haftungsregelung abweicht.

69      Zum anderen ergibt sich aus Art. 50 Abs. 2 der Verordnung 2016/794, dass die Geltendmachung der Haftung Europols oder des betreffenden Mitgliedstaats für eine widerrechtliche Datenverarbeitung, die im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen ihnen erfolgt ist, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union oder dem zuständigen nationalen Gericht nur die erste von zwei Stufen des in Art. 50 dieser Verordnung vorgesehenen Haftungsmechanismus darstellt. Nach Art. 50 Abs. 2 der Verordnung besteht die zweite Stufe dieses Mechanismus nämlich in der Klärung der Frage, ob „letztlich“ Europol und/oder der betreffende Mitgliedstaat für den einer natürlichen Person nach Art. 50 Abs. 1 der Verordnung gewährten Schadensersatz „zuständig“ sind/ist, wobei der Verwaltungsrat von Europol mit diesbezüglichen Streitigkeiten zwischen Europol und den Mitgliedstaaten befasst werden kann, unbeschadet des Rechts, dessen Entscheidung beim Gerichtshof der Europäischen Union nach Artikel 263 AEUV anzufechten.

70      Die in Art. 50 Abs. 2 der Verordnung 2016/794 vorgesehene Möglichkeit, vom Verwaltungsrat von Europol im Rahmen dieser zweiten Stufe bestimmen zu lassen, wer „letztlich … zuständig ist“, d. h. welcher Stelle das dem Schaden zugrunde liegende rechtswidrige Verhalten zuzurechnen ist, oder sogar den Teil der Verantwortlichkeit bestimmen zu lassen, den jede der Stellen im Fall des Zusammentreffens rechtswidriger Verhaltensweisen trägt, wäre überflüssig, wenn diese Stellen nicht gesamtschuldnerisch hafteten.

71      Nach alledem ist festzustellen, dass Art. 50 der Verordnung 2016/794, ausgelegt im Licht von Art. 49 Abs. 3 und der Erwägungsgründe 56 und 57 dieser Verordnung, eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung Europols und des Mitgliedstaats einführt, in dem der Schaden eingetreten ist, der auf einer widerrechtlichen Datenverarbeitung beruht, die im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen Europol und diesem Mitgliedstaat gemäß dieser Verordnung erfolgt ist.

72      Wie der Generalanwalt in Nr. 51 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist diese Regelung einer gesamtschuldnerischen Haftung dem Unionsrecht im Bereich der Datenverarbeitung nicht fremd. So sieht Art. 82 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1) eine solche Haftung im Fall mehrerer Verantwortlicher vor.

–       Voraussetzungen für die Haftung nach Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794

73      Gemäß den Voraussetzungen, die sich aus Art. 340 AEUV ergeben, auf den Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 für den Fall verweist, dass der Geschädigte eine Klage gegen Europol erhebt, hängt die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 AEUV vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, nämlich der Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ, der betreffenden Einrichtung oder der betreffenden sonstigen Stelle der Union vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Bestehen des Schadens und der Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2020, Rat/K. Chrysostomides & Co. u. a., C‑597/18 P, C‑598/18 P, C‑603/18 P und C‑604/18 P, EU:C:2020:1028, Rn. 79 und 80 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Im spezifischen Kontext der Verordnung 2016/794 geht aus dem Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung hervor, dass die natürliche Person, die ihr Recht auf Schadensersatz auf der Grundlage dieser Bestimmung entweder gegenüber Europol oder gegenüber dem Mitgliedstaat, gegen den sie sich wendet, geltend machen möchte, das Vorliegen einer „widerrechtlichen Datenverarbeitung“, eines „Schadens“ und eines Kausalzusammenhangs zwischen dieser Datenverarbeitung und diesem Schaden nachweisen muss. Somit muss diese Person im Hinblick auf die erste der in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzungen nur nachweisen, dass im Rahmen einer Zusammenarbeit, an der Europol und ein Mitgliedstaat nach dieser Verordnung beteiligt waren, eine widerrechtliche Datenverarbeitung erfolgt ist.

75      Wie in den Rn. 57 und 58 des vorliegenden Urteils ausgeführt, besteht das mit Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 verfolgte Ziel nach dem 57. Erwägungsgrund dieser Verordnung darin, den Schwierigkeiten zu begegnen, denen die betroffene natürliche Person bezüglich der Feststellung ausgesetzt sein kann, ob der infolge einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit erlittene Schaden aus einer Maßnahme Europols oder aber des betreffenden Mitgliedstaats resultiert.

76      Soll Art. 50 Abs. 1, ausgelegt im Licht dieses 57. Erwägungsgrundes, nicht seine praktische Wirksamkeit genommen werden, kann von dieser Person aber nicht verlangt werden, dass sie nachweist, wem – Europol oder dem betreffenden Mitgliedstaat – dieser Schaden zuzurechnen ist, oder dass sie diese beiden Stellen auf vollständigen Ersatz für ihren Schaden verklagt.

77      Zum letztgenannten Gesichtspunkt ist festzustellen, dass Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 nicht vorsieht, dass die betroffene natürliche Person die beiden möglicherweise für die widerrechtliche Datenverarbeitung haftenden Stellen vor demselben Gericht verklagen kann, da diese Bestimmung diese Person verpflichtet, Klage gegen Europol beim Gerichtshof der Europäischen Union oder Klage gegen den Mitgliedstaat bei dessen zuständigem nationalen Gericht zu erheben.

78      Daher kann zunächst, obwohl der betreffende Mitgliedstaat und Europol die Möglichkeit haben, vor dem Gericht bzw. einem Gericht dieses Mitgliedstaats aufzutreten, nicht ausgeschlossen werden, dass diese Person gezwungen ist, das Klageverfahren in Abwesenheit einer dieser Stellen zu betreiben. Sodann ergibt sich für den Fall, dass beide Stellen sich an dem Verfahren vor dem angerufenen Gericht beteiligen, aus der vorstehenden Randnummer jedenfalls, dass im Rahmen des laufenden Verfahrens nur bezüglich einer von ihnen die Feststellung der Haftung begehrt werden kann, was die Feststellung des Sachverhalts beeinträchtigen kann. Schließlich könnten Klagen der betroffenen Person gegen Europol vor dem Gericht und gegen den betreffenden Mitgliedstaat vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu derselben Feststellung seitens dieser beiden Gerichte führen, dass keine der beiden beklagten Stellen haftet, weil die Person nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass der geltend gemachte Schaden diesen zuzurechnen ist.

79      Gerade um diesen Beweisschwierigkeiten Rechnung zu tragen, hat der Unionsgesetzgeber aber in Art. 50 der Verordnung 2016/794 für den Ersatz der Schäden, die durch eine widerrechtliche Datenverarbeitung entstanden sind, einen zweistufigen Haftungsmechanismus vorgesehen, der zum einen die betroffene natürliche Person von der Bürde befreit, die Identität der Stelle nachzuweisen, deren Verhalten dem behaupteten Schaden zugrunde liegt, und zum anderen vorsieht, dass nach Entschädigung dieser Person über die Frage, wer „letztlich“ für den Schadensersatz „zuständig ist“, gegebenenfalls im Rahmen eines Verfahrens entschieden werden muss, an dem nur Europol und der betreffende Mitgliedstaat vor dem Verwaltungsrat von Europol beteiligt sind.

80      Daraus folgt, dass Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 im Licht des 57. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass er der betroffenen natürlichen Person, die nachgewiesen hat, dass im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen Europol und einem Mitgliedstaat gemäß dieser Verordnung eine widerrechtliche Datenverarbeitung erfolgt ist, nicht die Bürde auferlegt, zu ermitteln, welche der an dieser Zusammenarbeit beteiligten Stellen die Handlung vorgenommen hat, die diese widerrechtliche Verarbeitung begründet.

81      Für die gesamtschuldnerische Haftung Europols bzw. des betreffenden Mitgliedstaats und um es der betroffenen natürlichen Person zu ermöglichen, gemäß Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 vor dem Unionsrichter oder vor dem nationalen Gericht vollständigen Ersatz für ihren Schaden zu erlangen, genügt es, dass diese Person nachweist, dass anlässlich einer Zusammenarbeit zwischen Europol und dem betreffenden Mitgliedstaat nach dieser Verordnung eine widerrechtliche Datenverarbeitung vorgenommen wurde, durch die ihr ein Schaden entstanden ist, ohne dass sie darüber hinaus nachweisen müsste, welcher dieser beiden Stellen diese widerrechtliche Verarbeitung zuzurechnen ist.

82      Allerdings steht es der beklagten Stelle frei, mit allen rechtlichen Mitteln nachzuweisen, dass es ausgeschlossen ist, dass der geltend gemachte Schaden mit einer angeblichen, im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit erfolgten widerrechtlichen Datenverarbeitung in Zusammenhang steht. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn diese Stelle nachweist, dass der Schaden auf einen Sachverhalt zurückzuführen ist, der vor der nach der Verordnung 2016/794 aufgenommenen Zusammenarbeit liegt.

83      Aus alledem ergibt sich, dass das Gericht, indem es in Rn. 91 des angefochtenen Urteils den ersten Klageantrag des Rechtsmittelführers mit der Begründung zurückgewiesen hat, dieser habe nicht nachgewiesen, dass die Weitergabe ihn betreffender personenbezogener Daten Europol zuzurechnen sei, und habe daher „nicht den Beweis für einen hinreichend nachgewiesenen Kausalzusammenhang zwischen dem im Rahmen [dieses Antrags] geltend gemachten Schaden und einem etwaigen Verhalten von Europol erbracht“, und indem es in den Rn. 92 bis 95 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass diese Zurückweisung nicht durch den 57. Erwägungsgrund, Art. 49 Abs. 3 und Art. 50 der Verordnung 2016/794 in Frage gestellt werde, einen Rechtsfehler begangen hat, indem es zu Unrecht angenommen hat, dass Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung, ausgelegt im Licht von deren 57. Erwägungsgrund, die betroffene natürliche Person nicht davon entbinde, nachzuweisen, welcher der beiden beteiligten Stellen die widerrechtliche Datenverarbeitung zuzurechnen ist.

84      Folglich ist der erste Klagegrund begründet.

85      Dieser Rechtsfehler wirkt sich auf die Zurückweisung des ersten Klageantrags durch das Gericht – wie er in Rn. 49 des angefochtenen Urteils eingegrenzt worden ist, da diese Beschränkung im Rahmen des Rechtsmittels nicht beanstandet worden ist – insgesamt aus.

86      Folglich ist dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben und das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht diesen so eingegrenzten ersten Klageantrag als unbegründet zurückgewiesen hat.

 Rechtsmittelgründe 2 bis 4

87      Die Rechtsmittelgründe 2 bis 4 betreffen, wie der erste Rechtsmittelgrund, die Zurückweisung des ersten Klageantrags, der auf Ersatz des immateriellen Schadens gerichtet ist, der dem Rechtsmittelführer durch die Weitergabe personenbezogener Daten aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen an die Öffentlichkeit entstanden sein soll.

88      Da die Prüfung der Rechtsmittelgründe 2 bis 4 nicht zu einer umfassenderen Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann als sie sich daraus ergibt, dass dem ersten Rechtsmittelgrund stattgegeben wird, sind sie nicht zu prüfen.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

89      Der sechste Rechtsmittelgrund, der vor dem fünften zu prüfen ist, besteht aus zwei Teilen und betrifft die Rn. 102 und 106 bis 111 des angefochtenen Urteils.

90      Mit dem ersten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, in diesen Randnummern des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt zu haben, dass kein Kausalzusammenhang zwischen dem im Rahmen des zweiten Klageantrags behaupteten rechtswidrigen Verhalten, nämlich der Aufnahme seines Namens in die „Mafia-Listen“ durch Europol bzw. der Herstellung eines Zusammenhangs zwischen ihm und diesen Listen durch Europol, und dem Schaden bestehe, der ihm durch diese Aufnahme bzw. die Herstellung dieses Zusammenhangs entstanden sei.

91      Zur Stützung dieses ersten Teils trägt der Rechtsmittelführer vor, dass Europol die Herstellung einer solchen Zusammenhangs zwischen ihm und den „Mafia-Listen“ nicht begründet habe und dass Europol mit der Herstellung dieses Zusammenhangs gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, indem sie ihre Aufgabe, die lediglich darin bestanden habe, das in Rede stehende USB-Speichermedium zu analysieren, überschritten habe.

92      Da der Europol-Bericht Teil der den Rechtsmittelführer betreffenden nationalen Strafakte gewesen sei und in dieser Akte enthaltene Informationen durchgesickert seien, sei außerdem festzustellen, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten von Europol und dem dem Rechtsmittelführer entstandenen Schaden bestehe. Der vom Gericht in Rn. 107 des angefochtenen Urteils angeführte Umstand, dass keiner der fraglichen Presseartikel diesen Bericht erwähne, stelle das Bestehen dieses Kausalzusammenhangs nicht in Frage.

93      Der Rechtsmittelführer macht ferner geltend, dass nur Europol in diesem Bericht den Zusammenhang zwischen ihm und den „Mafia-Listen“ hergestellt habe, obwohl weder das nationale Recht noch das Unionsrecht die Möglichkeit vorsehe, solche Listen zu erstellen und zu führen. Insoweit könnten die slowakischen Medien, denen zufolge die „Mafia-Listen“ von der slowakischen Polizei geführt worden seien, keine Berücksichtigung finden. Außerdem habe Europol dadurch, dass sie sich zum Nachweis dieses Zusammenhangs auf öffentlich zugängliche Quellen gestützt habe, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 29 Abs. 6 der Verordnung 2016/794 verstoßen. Aus dem Umstand, dass der Europol-Bericht keinen Hinweis darauf enthalte, dass Europol die Information über den Zusammenhang zwischen dem Rechtsmittelführer und den „Mafia-Listen“ in den Medien gefunden hätte, sowie aus dem Umstand, dass diese Information in dem Bericht ausdrücklich erwähnt werde, sei abzuleiten, dass Europol diesen Zusammenhang, der nicht aus der „Sensationspresse“ hervorgehe, hergestellt habe.

94      Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wird eine Verfälschung von Beweismitteln gerügt. Der Rechtsmittelführer macht geltend, die Feststellung des Gerichts in den Rn. 108 und 109 des angefochtenen Urteils, wonach sich aus den im Rahmen des Verfahrens vor ihm vorgelegten Presseartikeln ergebe, dass er bereits vor der Erstellung des Europol-Berichts als „Mafioso“ eingestuft worden sei, sei fehlerhaft. Die Überschrift des Presseartikels, der am 28. Februar 2012 erschienen sei und in dem der Rechtsmittelführer als „der nicht existierende Mafioso“ dargestellt werde, sei der Beweis dafür, dass der Rechtsmittelführer in keinem Zusammenhang mit den „Mafia-Listen“ stehe.

95      Europol und die Slowakische Republik beantragen, den sechsten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

96      Was den zweiten Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes anbelangt, der als Erstes zu prüfen ist, ist darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung eine Verfälschung von Beweismitteln u. a. dann vorliegt, wenn das Gericht die Grenzen einer vernünftigen Beurteilung dieser Beweismittel offensichtlich überschritten hat. Die Verfälschung muss sich in offensichtlicher Weise aus den Prozessakten ergeben, ohne dass es einer erneuten Würdigung der Tatsachen und Beweise bedarf. Insoweit genügt es nicht, darzutun, dass ein Dokument anders ausgelegt werden könnte, als das Gericht es getan hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2023, Kommission/Italien und Spanien, C‑635/20 P, EU:C:2023:98, Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung).

97      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 108 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „die vom Kläger behauptete zeitliche Übereinstimmung durch die vom Kläger selbst und von Europol vorgelegten Beweise widerlegt [wird]“. In derselben Randnummer hat es hierzu ausgeführt, dass „der Kläger … in der Klageschrift auf einen am 28. Februar 2012 veröffentlichten Presseartikel [verwiesen hat], der mit ‚Marián Kočner. Der nicht existierende Mafioso‘ überschrieben ist und wonach,[a]uf den sogenannten,Mafia-Listen‘, die im Jahr 2005 bei der Polizei durchgesickert sind, der Unternehmer Marián Kočner in der Rubrik ‚Kraftfahrzeuge von Interesse‘ erscheint“ und dass „Europol sich auf Presseartikel [bezieht], die am 21. Juni 2005 und am 9. Juli 2017 veröffentlicht wurden und ebenfalls auf etwaige mafiöse Verstrickungen des Klägers Bezug nehmen“.

98      Somit hat das Gericht seine Schlussfolgerung, dass der Rechtsmittelführer bereits vor der Erstellung des Europol-Bericht als „Mafioso“ eingestuft worden sei, offensichtlich auf eine Reihe von Presseartikeln gestützt, die sich auf den Rechtsmittelführer bezogen, und nicht allein auf den Artikel aus dem Jahr 2012, der von diesem vorgelegt wurde und der ihn seiner Ansicht nach von den „Mafia-Listen“ abgrenzt. Mit diesem Vorgehen hat das Gericht entgegen der Auffassung des Rechtsmittelführers weder die Grenzen einer vernünftigen Beurteilung dieser Beweise in ihrer Gesamtheit überschritten noch den vom Rechtsmittelführer angeführten Presseartikel verfälscht, indem es ihn in einer Weise verstanden hätte, die mit seinem Wortlaut unvereinbar wäre.

99      Somit ist der zweite Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

100    Was den ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass auf dem Gebiet der außervertraglichen Haftung der Union die Frage, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der auslösenden Tatsache und dem Schaden besteht, der eine Voraussetzung für die Begründung dieser Haftung ist, eine Rechtsfrage ist, die damit der Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegt (Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Schneider Electric, C‑440/07 P, EU:C:2009:459, Rn. 192, und Beschluss vom 3. September 2019, FV/Rat, C‑188/19 P, EU:C:2019:690, Rn. 36). Diese Kontrolle darf jedoch nicht darin bestehen, dass der Gerichtshof die Feststellungen und Beurteilungen von Tatsachen, die das Gericht vorgenommen hat, in Frage stellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Schneider Electric, C‑440/07 P, EU:C:2009:459, Rn. 193).

101    Es ist festzustellen, dass der Rechtsmittelführer mit diesem ersten Teil in Wirklichkeit bezweckt, bestimmte Tatsachenwürdigungen in Frage zu stellen, die das Gericht in Anbetracht der ihm vorgelegten Beweise vorgenommen hat. Es handelt sich erstens um die Würdigung in Rn. 102 des angefochtenen Urteils, wonach der Rechtsmittelführer keinen Beweis dafür vorgelegt habe, dass die „Mafia-Listen“, in die sein Name aufgenommen worden sein soll, von Europol erstellt und geführt worden seien. Zweitens rügt der Rechtsmittelführer auch die Würdigung des Gerichts, wonach kein Kausalzusammenhang zwischen dem angeblich rechtswidrigen Verhalten von Europol und dem geltend gemachten Schaden bestehe, da das Gericht zum einen in Rn. 107 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass der Rechtsmittelführer keinen Beweis dafür vorgelegt habe, dass die insoweit veröffentlichten Informationen auf den Europol-Bericht zurückgingen, und zum anderen in den Rn. 108 und 109 dieses Urteils, dass die slowakische Presse den Rechtsmittelführer bereits einige Zeit vor Beginn des Jahres 2019 als Mafioso dargestellt habe. Da der Rechtsmittelführer mit diesem Teil keine Verfälschung der Beweismittel geltend macht, unterliegen diese Würdigungen nicht der Kontrolle des Gerichtshofs.

102    Daher ist der erste Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes unzulässig.

103    Folglich ist dieser Rechtsmittelgrund als teils unzulässig und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

104    Mit seinem fünften Rechtsmittelgrund, der auf das gleiche Vorbringen gestützt ist wie der erste Rechtsmittelgrund, wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es in Rn. 105 des angefochtenen Urteils entschieden habe, den 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 bei der Bestimmung der Haftung Europols nicht zu berücksichtigen, da die Erwägungsgründe einer Verordnung rechtlich nicht verbindlich seien. Daraus folge, dass das Gericht den zweiten Klageantrag, der auf Ersatz des Schadens gerichtet sei, der dem Rechtsmittelführer dadurch entstanden sei, dass Europol seinen Namen in die „Mafia-Listen“ aufgenommen habe, zu Unrecht zurückgewiesen habe, indem es festgestellt habe, dass in den Bestimmungen dieser Verordnung kein Mechanismus der gesamtschuldnerischen Haftung im Fall einer widerrechtlichen Datenverarbeitung durch Europol oder den betreffenden Mitgliedstaat zum Ausdruck komme oder seine Grundlage finde.

105    Europol, unterstützt durch die Slowakische Republik, beantragt, den fünften Rechtsmittelgrund zurückzuweisen und macht dazu die gleichen Argumente geltend wie die in den Rn. 49 bis 52 des vorliegenden Urteils angeführten, mit denen auf das Vorbringen des Rechtsmittelführers im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes erwidert wird.

106    Insoweit ist festzustellen, dass sich das Gericht – das allein für die Feststellung und Beurteilung der Tatsachen sowie für die Prüfung der Beweise, auf die es seine Feststellungen stützt, zuständig ist – bei der Zurückweisung des zweiten Klageantrags, der auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der dem Rechtsmittelführer dadurch entstanden sein soll, dass Europol seinen Namen in die „Mafia-Listen“ aufgenommen habe, auf mehrere Gesichtspunkte gestützt hat. So hat es zum einen in Rn. 102 des angefochtenen Urteils, auf die sich der sechste Rechtsmittelgrund bezieht, der zurückgewiesen worden ist, festgestellt, dass der Rechtsmittelführer nicht nachgewiesen habe, dass die „Mafia-Listen“, in die sein Name aufgenommen worden sein soll, von Europol erstellt und geführt worden seien. Zum anderen hat das Gericht in den Rn. 108 und 109 dieses Urteils, auf die sich der zurückgewiesene sechste Rechtsmittelgrund ebenfalls bezieht, festgestellt, dass die vom Rechtsmittelführer behauptete zeitliche Übereinstimmung zwischen dem Europol-Bericht und der Entwicklung der Bezeichnungen, die bei der Erwähnung des Rechtsmittelführers in der slowakischen Presse verwendetet worden seien, die ihn nach dem Durchsickern aus der ihn betreffenden nationalen Strafakte als „Mafioso“ oder als „Person, die in den Mafia-Listen aufgeführt ist“, dargestellt haben soll, durch die Beweise widerlegt werde, die sowohl der Rechtsmittelführer als auch Europol unter Bezugnahme auf die in den Jahren 2005, 2012 und 2017 veröffentlichten Presseartikel vorgelegt hätten. Insoweit hat das Gericht in Rn. 109 des angefochtenen Urteils außerdem festgestellt, dass „der Kläger in der slowakischen Presse bereits längere Zeit vor Beginn des Jahres 2019 als ‚Mafioso‘ und nicht nur als ‚umstrittener Unternehmer‘ dargestellt wurde“, und hat auf der Grundlage dieser Beweise ausgeschlossen, dass „diese Darstellung des Klägers auf ein Durchsickern aus der [ihn betreffenden nationalen] Strafakte, die den Europol-Bericht … enthielt, zurückzuführen sein kann“.

107    So geht insbesondere aus den Feststellungen in den Rn. 108 und 109 des angefochtenen Urteils hervor, dass aufgrund dessen, dass der Europol-Bericht zeitlich nach dem vom Rechtsmittelführer im Rahmen des zweiten Klageantrags geltend gemachten schädigenden Ereignis erstellt wurde und bereits aus diesem Grund nichts damit zu tun hat, ausgeschlossen ist, dass der Schaden, den der Rechtsmittelführer geltend macht, mit einer etwaigen widerrechtlichen Datenverarbeitung im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Europol und den slowakischen Behörden in Zusammenhang stehen kann. Wie in den Rn. 96 bis 102 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat der Rechtsmittelführer aber im Rahmen des sechsten Rechtsmittelgrundes nicht dargetan, dass das Gericht, was diese Feststellungen anbelangt, Beweismittel verfälscht oder einen Rechtsfehler begangen hätte.

108    Somit liegt die in Rn. 81 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung für die gesamtschuldnerische Haftung Europols auf der Grundlage von Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 im vorliegenden Fall nicht vor, so dass diese Haftung jedenfalls nicht dem zweiten Klageantrag entsprechend eintreten kann.

109    Daraus folgt, dass der fünfte Rechtsmittelgrund ungeachtet des Rechtsfehlers, den das Gericht begangen hat, indem es eine gesamtschuldnerische Haftung Europols im Kontext dieser Verordnung in Rn. 105 des angefochtenen Urteils aus den in den Rn. 92 bis 95 dieses Urteils dargelegten Gründen bereits im Grundsatz ausgeschlossen hat, als ins Leere gehend zurückzuweisen ist.

110    Da der fünfte und der sechste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen sind, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen, soweit es den zweiten Klageantrag betrifft.

 Zur Klage vor dem Gericht

111    Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall einer Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

112    Im vorliegenden Fall ist insbesondere angesichts des Umstands, dass die Klage des Rechtsmittelführers vor dem Gericht auf Klagegründe gestützt ist, die vor diesem streitig erörtert wurden und deren Prüfung keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme erfordert, davon auszugehen, dass die Klage entscheidungsreif ist und endgültig über sie zu entscheiden ist, soweit der Rechtsstreit noch beim Gerichtshof anhängig ist (vgl. entsprechend Urteil vom 4. März 2021, Kommission/Fútbol Club Barcelona, C‑362/19 P, EU:C:2021:169, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113    In Anbetracht der teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils ist nur über den ersten vor dem Gericht gestellten Antrag zu entscheiden, wie er in Rn. 49 dieses Urteils eingegrenzt ist.

114    Der Rechtsmittelführer verlangt auf der Grundlage der Art. 268 und 340 AEUV sowie von Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 die Zahlung eines Betrags von 50 000 Euro als Ersatz des Schadens, der ihm durch die Weitergabe an die Öffentlichkeit von aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen stammenden personenbezogenen Daten entstanden sei, die im Internet der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und von der slowakischen Presse aufgegriffen worden seien. Diese Weitergabe personenbezogener Daten habe aufgrund der Veröffentlichung dieser Daten seine Ehre und sein berufliches Ansehen sowie das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens und das Recht auf Achtung seiner Kommunikation, die durch Art. 7 der Charta garantiert seien, beeinträchtigt.

115    Insoweit macht der Rechtsmittelführer unter Berufung auf den 57. Erwägungsgrund der Verordnung 2016/794 geltend, dass Europol auf der Grundlage von Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden könne, wenn der Schaden, der ihm infolge einer widerrechtlichen Datenverarbeitung entstanden sei, aus einer Maßnahme Europols oder eines Mitgliedstaats resultiere.

116    Europol trägt vor, es sei nicht erwiesen, dass sie eine widerrechtliche Datenverarbeitung vorgenommen habe, da nicht nachgewiesen sei, dass das Durchsickern von den Rechtsmittelführer betreffenden Daten von ihr ausgegangen sei. Jedenfalls löse nicht jedes Durchsickern von Informationen, selbst wenn es erwiesen wäre, automatisch ihre außervertragliche Haftung aus. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs könne die außervertragliche Haftung der Organe der Union nämlich nur dann ausgelöst werden, wenn u. a. ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliege, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Art. 32 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 sehe aber keine absolute Pflicht vor, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, sondern verpflichte Europol nur dazu, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um jeder Form einer unrechtmäßigen Verarbeitung personenbezogener Daten vorzubeugen, was Europol auch getan habe. Außerdem habe Europol die aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen extrahierten Daten nie in entschlüsselter und verständlicher Form verarbeitet.

117    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, das tatsächliche Bestehen des Schadens sowie einen Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die dem betreffenden Organ obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden voraus (Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

118    Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die erste Voraussetzung für diese Haftung, die sich auf die Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ, der betreffenden Einrichtung oder der betreffenden sonstigen Stelle der Union vorgeworfenen Verhaltens im Sinne der in Rn. 73 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung bezieht, aus zwei Teilen besteht, nämlich zum einen, dass ein Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm vorliegt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und zum anderen, dass dieser Verstoß hinreichend qualifiziert ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 36).

119    Was den ersten Teil dieser Voraussetzung anbelangt, so entstehen nach gefestigter Rechtsprechung die Rechte des Einzelnen nicht nur, wenn unionsrechtliche Vorschriften dies ausdrücklich bestimmen, sondern auch aufgrund von eindeutigen positiven oder negativen Verpflichtungen, die diese Vorschriften dem Einzelnen wie auch den Mitgliedstaaten und den Organen, den Einrichtungen und den sonstigen Stellen der Union auferlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2022, Ministre de la Transition écologique und Premier ministre [Haftung des Staates für die Luftverschmutzung], C‑61/21, EU:C:2022:1015, Rn. 46). Dies gilt auch für unionsrechtliche Verpflichtungen im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen einer Agentur der Union wie Europol und den Mitgliedstaaten.

120    Ein Verstoß gegen solche Verpflichtungen kann die Rechte beeinträchtigen, die dem Einzelnen somit implizit durch die betreffenden Bestimmungen des Unionsrechts verliehen werden. Die volle Wirksamkeit dieser unionsrechtlichen Vorschriften und der Schutz der Rechte, die mit ihnen verliehen werden sollen, verlangen, dass der Einzelne die Möglichkeit hat, eine Entschädigung zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2022, Ministre de la Transition écologique und Premier ministre [Haftung des Staates für die Luftverschmutzung], C‑61/21, EU:C:2022:1015, Rn. 47).

121    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Verordnung 2016/794 Europol und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die mit dieser Agentur der Union zur Strafverfolgung zusammenarbeiten sollen, eine Verpflichtung zum Schutz des Einzelnen vor einer rechtswidrigen Verarbeitung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten auferlegt, die sich insbesondere aus Art. 2 Buchst. h, i und k, Art. 28 Abs. 1 Buchst. a und f, Art. 38 Abs. 4 und Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung ergibt.

122    Art. 2 Buchst. k der Verordnung 2016/794 definiert „Verarbeitung“ nämlich als jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung. Art. 2 Buchst. h und i dieser Verordnung definiert „personenbezogene Daten“ als alle Informationen, die sich auf eine „betroffene Person“ beziehen, wobei der Begriff „betroffene Person“ eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person bezeichnet. Außerdem verlangt Art. 28 Abs. 1 Buchst. a und f dieser Verordnung, dass personenbezogene Daten „nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise“ und auf eine Weise verarbeitet werden, die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten sicherstellt. Nach Art. 38 Abs. 4 der Verordnung ist Europol für die Einhaltung dieser in Art. 28 Abs. 1 Buchst. a und f angeführten Grundsätze verantwortlich. Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 schließlich enthält, soweit er die an der in dieser Verordnung vorgesehenen Zusammenarbeit beteiligten Stellen verpflichtet, den einer natürlichen Person durch eine widerrechtliche Datenverarbeitung entstandenen Schaden zu ersetzen, die implizite Verpflichtung dieser Stellen, jede natürliche Person vor jeder rechtswidrigen Form der Bereitstellung sie betreffender personenbezogener Daten zu schützen.

123    Aus einer Zusammenschau der in den beiden vorstehenden Randnummern angeführten Bestimmungen ergibt sich, dass jede Weitergabe personenbezogener Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen Europol und den nach der Verordnung 2016/794 zuständigen nationalen Behörden sind, an Personen, die nicht befugt sind, davon Kenntnis zu nehmen, einen Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm darstellt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.

124    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den vom Gericht in den Rn. 1, 2, 44, 84, 85 und 90 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen, die sich der Gerichtshof zu eigen macht, dass personenbezogene Daten des Rechtsmittelführers, die aus Gesprächen intimen Charakters zwischen ihm und seiner Freundin bestanden, die in den in Rede stehenden Mobiltelefonen gespeichert waren, die von den slowakischen Behörden im Rahmen einer Zusammenarbeit nach der Verordnung 2016/794 an Europol übergeben worden waren, aus diesen Telefonen extrahiert wurden und dass diese Daten, die sich zunächst im Besitz von Europol und ab dem 23. Oktober 2018 im Besitz von Europol und diesen Behörden befanden, an Personen, die nicht befugt waren, davon Kenntnis zu nehmen, weitergegeben wurden, was in ihrer Veröffentlichung in der slowakischen Presse am 20. Mai 2019 mündete. Solche Umstände weisen auf einen Verstoß im Sinne der vorstehenden Randnummer hin.

125    Insoweit ist das Vorbringen von Europol zurückzuweisen, wonach sie ihren Verpflichtungen aus der Verordnung 2016/794 nachgekommen sei, indem sie geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergriffen habe, um jeder Form einer unrechtmäßigen Verarbeitung personenbezogener Daten vorzubeugen. Wie in Rn. 80 des vorliegenden Urteils ausgeführt, schafft Art. 50 Abs. 1 dieser Verordnung nämlich eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung, in deren Rahmen die Person, die sich als Geschädigte einer widerrechtlichen Datenverarbeitung sieht, nicht nachweisen muss, welcher der an einer Zusammenarbeit nach dieser Verordnung beteiligten Stellen eine solche Verarbeitung zuzurechnen ist, unbeschadet der Europol eingeräumten Möglichkeit, gegebenenfalls später auf der Grundlage von Art. 50 Abs. 2 der Verordnung ihren Verwaltungsrat anzurufen, um bestimmen zu lassen, wer letztlich für den dieser Person gewährten Schadensersatz zuständig ist.

126    Was den zweiten Teil der ersten Voraussetzung für die außervertragliche Haftung der Union anbelangt, der das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Unionsrechtsnorm betrifft, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, besteht das insoweit entscheidende Kriterium für die Feststellung, dass ein Verstoß gegen das Unionsrecht als hinreichend qualifiziert anzusehen ist, in einer offenkundigen und erheblichen Verletzung der Grenzen des Ermessens, das die Norm, gegen die verstoßen wurde, eröffnet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wenn die betreffende Behörde nur über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Ermessensspielraum verfügt, kann die bloße Verletzung des Unionsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (Urteil vom 10. Juli 2003, Kommission/Fresh Marine, C‑472/00 P, EU:C:2003:399, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein solcher Verstoß liegt insbesondere bei unentschuldbaren Irrtümern, schwerer Vernachlässigung der gebotenen Aufsichtspflicht oder offenkundiger mangelnder Sorgfalt vor (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 1992, Finsider u. a./Kommission, C‑363/88 und C‑364/88, EU:C:1992:44, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

127    Die vorzunehmende Beurteilung erfordert die Berücksichtigung des Bereichs, der Umstände und des Kontexts, in dem die betreffende Verpflichtung der betreffenden Behörde obliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

128    Außerdem sind insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie der Umfang des Ermessensspielraums, den diese Vorschrift der betreffenden Behörde belässt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung), die Komplexität des zu regelnden Sachverhalts und die Schwierigkeiten bei der Anwendung oder Auslegung der Vorschriften (Urteil vom 19. April 2007, Holcim [Deutschland]/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung) zu berücksichtigen.

129    Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass die in den Rn. 122 und 123 des vorliegenden Urteils genannten Vorschriften den an einer Zusammenarbeit nach der Verordnung 2016/794 beteiligten Stellen keinen Ermessensspielraum in Bezug auf ihre Verpflichtung lassen, jede natürliche Person gegen jede rechtswidrige Form der Bereitstellung von sie betreffenden personenbezogenen Daten zu schützen, indem sie geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu diesem Zweck ergreifen. Zum anderen fügt sich diese Verpflichtung in den sensiblen Kontext einer Zusammenarbeit zwischen Europol und den Mitgliedstaaten zur Strafverfolgung ein, in dem solche Daten ohne jegliche Beteiligung der betroffenen Personen verarbeitet werden, meist ohne deren Wissen, und somit ohne dass sie in irgendeiner Weise eingreifen könnten, um einer etwaigen widerrechtlichen Verarbeitung ihrer Daten vorzubeugen.

130    Der intime Charakter der Daten, die in Datenträgern wie den in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden enthalten sein können, verstärkt die Notwendigkeit, den Schutz dieser den Rechtsmittelführer betreffenden Daten streng zu gewährleisten, zumal diese Daten in keinem Zusammenhang mit den Handlungen standen, derentwegen der Rechtsmittelführer strafrechtlich verfolgt wurde.

131    Unter diesen Umständen ist in Anbetracht der in Rn. 124 des vorliegenden Urteils angeführten Feststellungen des Gerichts davon auszugehen, dass die unrechtmäßige Verarbeitung dieser Daten im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Europol und den slowakischen Behörden nach der Verordnung 2016/794 einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm darstellt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.

132    Hinzuzufügen ist, dass das Vorbringen von Europol, dass sie über die aus den in Rede stehenden Mobiltelefonen extrahierten Daten nie in entschlüsselter und verständlicher Form verfügt habe, nicht geeignet ist, das Vorliegen einer solchen Verletzung aufgrund der im Rahmen dieser Zusammenarbeit erfolgten widerrechtlichen Datenverarbeitung in Frage zu stellen. Wie sich aus Rn. 80 des vorliegenden Urteils ergibt, schafft Art. 50 Abs. 1 der Verordnung 2016/794 eine Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung, in deren Rahmen der Geschädigte einer solchen Verarbeitung nicht nachweisen muss, welcher der an einer solchen Zusammenarbeit beteiligten Stellen diese Verarbeitung zuzurechnen ist. Daraus folgt, dass dieses Vorbringen im Kontext der vorliegenden Rechtssache jedenfalls keinen Erfolg haben kann, unbeschadet der Möglichkeit für Europol, sich gegebenenfalls im Rahmen der Befassung ihres Verwaltungsrats nach Art. 50 Abs. 2 dieser Verordnung darauf zu berufen.

133    Zur zweiten und zur dritten Voraussetzung für die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV betreffend den Nachweis des entstandenen Schadens und des Kausalzusammenhangs zwischen diesem Schaden und dem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm, der im vorliegenden Fall in der widerrechtlichen Datenverarbeitung besteht, trägt der Rechtsmittelführer vor, dass die Weitergabe der ihn betreffenden, in den in Rede stehenden Mobiltelefonen gespeicherten personenbezogenen Daten aufgrund der Veröffentlichung dieser Daten nicht nur das Recht auf Achtung seines Privatlebens, sondern auch das Recht auf Achtung seines Familienlebens verletzt habe. Diese Weitergabe habe sich negativ auf die Beziehung zwischen dem Rechtsmittelführer und seinen Töchtern ausgewirkt, die durch die Veröffentlichung der genannten Daten, die insbesondere die öffentlich gemachte intime Beziehung ihres Vaters zu seiner Freundin sowie deren intime Gespräche darstellten, stark beeinträchtigt worden seien. Dies habe zu einem Gefühl der Frustration und Ungerechtigkeit sowie zu einer Beeinträchtigung der Ehre und des beruflichen Ansehens des Rechtsmittelführers geführt. Diese Weitergabe habe außerdem das durch Art. 7 der Charta garantierte Recht auf Achtung seiner Kommunikation beeinträchtigt.

134    Europol hat kein spezifisches Argument zum tatsächlichen Vorliegen des vom Rechtsmittelführer geltend gemachten immateriellen Schadens und zum Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen der widerrechtlichen Datenverarbeitung und diesem Schaden vorgebracht. Sie hat lediglich geltend gemacht, dass der erste Klageantrag mangels Nachweises eines schädigenden Ereignisses bzw. mangels Zurechenbarkeit eines solchen an Europol zurückzuweisen sei.

135    Was die Voraussetzungen betreffend das tatsächliche Vorliegen des Schadens und den Kausalzusammenhang anbelangt, kann die außervertragliche Haftung der Union nur eintreten, wenn dem Kläger ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden ist und der Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit auf den behaupteten Verstoß gegen eine Unionsrechtsnorm zurückgeht. Es ist Sache des Klägers, dem Unionsrichter Beweise zum Nachweis des Vorliegens und des Umfangs des von ihm geltend gemachten Schadens sowie des Bestehens eines hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen diesem Verstoß und dem geltend gemachten Schaden vorzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 61 und 62 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

136    Im vorliegenden Fall hat, wie in Rn. 124 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die widerrechtliche Datenverarbeitung, die in der Weitergabe von Daten betreffend intime Gespräche zwischen dem Rechtsmittelführer und seiner Freundin an Unbefugte bestand, dazu geführt, dass diese Daten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, wie ihre Veröffentlichung in der slowakischen Presse belegt. In Anbetracht des Inhalts dieser Gespräche ist festzustellen, dass diese widerrechtliche Datenverarbeitung das durch Art. 7 der Charta garantierte Recht des Rechtsmittelführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens sowie seiner Kommunikation verletzt hat und seine Ehre und sein Ansehen beeinträchtigt hat, wodurch ihm ein immaterieller Schaden entstanden ist.

137    Als Ersatz des im Rahmen des ersten Klageantrags geltend gemachten Schadens verlangt der Rechtsmittelführer die Zahlung eines Betrags von 50 000 Euro.

138    Das Gericht hat jedoch die Ansicht vertreten, dass die Prüfung des ersten Klageantrags auf den geltend gemachten Schaden zu beschränken sei, der sich aus der Weitergabe der Transkriptionen der Gespräche intimen und sexuellen Charakters zwischen dem Rechtsmittelführer und seiner Freundin ergebe, da der Rechtsmittelführer nichts vorgebracht habe, was unmittelbar oder mittelbar belegen könnte, dass die in Rn. 26 des vorliegenden Urteils angeführten Fotografien tatsächlich weitergegeben worden seien.

139    Da diese teilweise Zurückweisung des ersten Klageantrags im Rahmen des Rechtsmittels nicht beanstandet worden ist, ist dieser Teil des geltend gemachten Schadens von der Entschädigung auszunehmen, die dem Rechtsmittelführer zu gewähren ist.

140    Unter diesen Umständen ist zu entscheiden, dass der immaterielle Schaden, der dem Rechtsmittelführer durch die Weitergabe der Transkriptionen der Gespräche intimen Charakters mit seiner Freundin entstanden ist, durch Zahlung einer nach billigem Ermessen auf 2 000 Euro festgesetzten Entschädigung angemessen ausgeglichen wird.

 Kosten

141    Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

142    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 138 Abs. 3 Satz 1 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

143    Im vorliegenden Fall beantragt der Rechtsmittelführer, über die Kosten „im Rahmen des Hauptverfahrens“ zu entscheiden. Hierzu ist festzustellen, dass er in seinen im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zwar beantragt hat, Europol zur Tragung der Kosten zu verurteilen, in seiner Rechtsmitteschrift aber keinen Antrag bezüglich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gestellt hat.

144    Europol hat beantragt, dem Rechtsmittelführer die Kosten sowohl des Verfahrens im ersten Rechtszug als auch des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

145    Unter diesen Umständen trägt jede Partei – da jede Partei teilweise mit ihren Anträgen im Rechtsmittelverfahren und teilweise mit ihren Anträgen im ersten Rechtszug unterlegen ist – ihre eigenen Kosten sowohl des Verfahrens des ersten Rechtszugs als auch des Rechtsmittelverfahrens.

146    Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Slowakische Republik als Streithelferin vor dem Gerichtshof hat daher ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 29. September 2021, Kočner/Europol (T528/20, EU:T:2021:631), wird aufgehoben, soweit damit der erste Klageantrag, wie er in diesem Urteil eingegrenzt ist, zurückgewiesen wird.

2.      Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

3.      Die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) wird verurteilt, Herrn Marián Kočner eine Entschädigung in Höhe von 2 000 Euro zu zahlen.

4.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5.      Herr Marián Kočner und Europol tragen jeweils ihre eigenen Kosten sowohl des Verfahrens im ersten Rechtszug als auch des Rechtsmittelverfahrens.

6.      Die Slowakische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Slowakisch.