Language of document : ECLI:EU:T:2022:599

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

5. Oktober 2022(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionsbildmarke JUST ORGANIC – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑802/21,

just-organic.com GmbH mit Sitz in Essen (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt C. Menebröcker,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović (Berichterstatterin) sowie der Richter F. Schalin und I. Nõmm,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehrt die Klägerin, die just-organic.com GmbH, die Aufhebung der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 20. Oktober 2021 (Sache R 1010/2021‑2) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 6. Oktober 2020 meldete die Klägerin nach der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim EUIPO eine Unionsmarke an.

3        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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4        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 29, 30, 32, 33 35 und 41 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Nicht medizinische Kosmetika und Mittel für Körper- und Schönheitspflege; nicht medizinische Zahnputzmittel; Parfümeriewaren, ätherische Öle; Wasch- und Bleichmittel; Putz‑, Polier‑, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Körperpflegemittel; Präparate für die Mundhygiene; Parfümeriewaren und Duftstoffe; Körperreinigungs- und Körperpflegepräparate: Make-up, Seifen und Gele, Bade- und Duschzusätze, Deodorants und Antitranspirantien, Haut‑, Augen- und Nagelpflegemittel, Haarpräparate und Haarkuren, Enthaarungs- und Rasiermittel; Raumdüfte“;

–        Klasse 29: „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten, Konfitüren, Kompotte; Eier; Milch, Käse, Butter, Jogurt und andere Milchprodukte; Speiseöle und Fette“;

–        Klasse 30: „Kaffee, Tee, Kakao und Kaffee-Ersatzmittel; Reis, Teigwaren und Nudeln; Tapioka und Sago; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Schokolade; Eiscreme, Sorbets und andere Arten von Speiseeis; Zucker, Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Würzmittel, Gewürze, konservierte Kräuter; Essig, Soßen und andere Würzmittel; Eis“;

–        Klasse 32: „Biere; alkoholfreie Getränke, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere alkoholfreie Präparate für die Zubereitung von Getränken“;

–        Klasse 33: „Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere; alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken“;

–        Klasse 35: „Bereitstellen eines Online-Marktplatzes für Käufer und Verkäufer von Waren und Dienstleistungen; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich von Kosmetika, Lebensmitteln, alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken“;

–        Klasse 41: „Bereitstellung von Informationen im Bereich der Unterhaltung; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften“.

5        Mit Entscheidung vom 13. Mai 2021 wies der Prüfer die Anmeldung der Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 für alle oben in Rn. 4 genannten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der als „Bereitstellung von Informationen im Bereich der Unterhaltung“ bezeichneten Dienstleistungen der Klasse 41 zurück.

6        Am 4. Juni 2021 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers beim EUIPO Beschwerde ein.

7        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke zum einen in Bezug auf die oben in Rn. 4 genannten Waren und Dienstleistungen beschreibend sei und zum anderen in Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft besitze.

8        Konkret stellte die Beschwerdekammer erstens im Wesentlichen fest, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in Anbetracht der Wortbestandteile, bei denen es sich um englische Begriffe handele, aus den englischsprachigen Verkehrskreisen in der Europäischen Union bestünden, d. h. dem Publikum in Irland und Malta. Da die von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen insbesondere Körperpflegeartikel, Lebensmittel, hierauf bezogene Einzelhandelsdienstleistungen sowie die Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften beträfen, sei zu folgern, dass sich diese Waren und Dienstleistungen vorrangig an ein allgemeines Publikum richteten, das regelmäßig eine durchschnittliche Aufmerksamkeit gegenüber Kennzeichen solcher Waren und Dienstleistungen an den Tag lege.

9        Zweitens stellte die Beschwerdekammer nach einer Analyse des semantischen Gehalts des englischen Ausdrucks „just organic“ im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen fest, dass die angemeldete Marke, was Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 anbelange, eine Angabe sei, die geeignet sei, die Beschaffenheit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben. Denn auch wenn das englische Wort „just“ bei abstrakter Betrachtung mehrere Bedeutungen haben könne, ergebe eine Prüfung der Wortfolge „just organic“ in ihrer Gesamtheit, dass der Ausdruck „just“ nur als eine bloße Betonung der Eigenschaft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als „organic“ (organisch/biologisch) verstanden werde. Wenn die maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreise den zur Kennzeichnung der von der angemeldeten Marke erfassten Waren verwendeten Ausdruck „just organic“ sähen, nähmen sie folglich sofort und zwanglos an, dass diese Waren „rein organischer Natur“ seien. Die Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe und die Anwendung natürlicher Herstellungsmethoden, an die man bei einer Bezugnahme auf den Ausdruck „rein organischer Natur“ stets denke, seien eine relevante Eigenschaft der Waren der Klassen 3, 29, 30, 32 und 33. Dies sei der Fall, weil Waren, die natürliche Inhaltsstoffe enthielten oder nach natürlichen Methoden hergestellt worden seien, in Abgrenzung zu konventionell hergestellten Waren als eigenständige Warenkategorie mit in der Herstellung umweltverträglichen und in der Anwendung gesundheitszuträglichen Eigenschaften wahrgenommen würden. Gleiches gelte für die im vorliegenden Fall relevanten, von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen der Klassen 35 und 41. Die Wortfolge „just organic“ sei nämlich geeignet, den Gegenstand der Dienstleistungen der Klasse 35 und den Inhalt der Dienstleistungen der Klasse 41, für die der Prüfer die Eintragung abgelehnt habe, zu bezeichnen.

10      Drittens befand die Beschwerdekammer insbesondere, dass die Bildbestandteile der angemeldeten Marke keine Eigenart aufwiesen, die es dem Publikum ermöglichen würde, die Waren und Dienstleistungen der Klägerin von denen anderer Anbieter auf dem Markt zu unterscheiden. Zum einen seien nämlich die Wortbestandteile „just organic“ unterscheidungskräftiger als die Darstellung eines Herzens, und der Umstand, dass sich der Ausdruck „just organic“ im oberen Bereich des Zeichens befinde, lege nahe, dass es sich dabei um den zentralen Zeichenbestandteil handele. Zum anderen werde das Herzmotiv lediglich in dienender Funktion als Affirmation der Angabe „just organic“ wahrgenommen. Schließlich wiesen auch die Anordnung und die konkrete Ausgestaltung der Wort- und Bildbestandteile keine besonderen Merkmale auf; sie unterstrichen nur in gebräuchlicher, jedenfalls gestalterisch naheliegender Form den Hinweis auf natürliche, unbehandelte Eigenschaften der Waren bzw. darauf bezogenen Dienstleistungen. Dem entspreche auch die freie Anordnung der Bestandteile übereinander. Im Übrigen habe die Aufnahme eines Punktes neben dem Herzen im Gesamteindruck kein erhebliches Gewicht, da dieser Punkt als ein Satzzeichen oder auch nur als dekorative Abrundung wahrgenommen werde.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung geltend macht.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001

14      Mit ihrem zweiten Klagegrund wendet sich die Klägerin gegen die in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung der Beschwerdekammer, die im Wesentlichen dahin geht, dass die Verwendung der Worte „just organic“ eine Beschreibung der Beschaffenheit der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 darstelle.

15      Erstens sei der Ausdruck „just organic“ keine eindeutige Bezeichnung der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen oder ihrer Eigenschaften.

16      Zweitens weise die Bezeichnung „just organic“ in Kombination mit den Bildelementen keinen hinreichend direkten Bezug zu den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen auf. Beim Anblick der angemeldeten Marke würden die maßgeblichen Verkehrskreise nicht unmittelbar und ohne weitere Überlegungen eine Beschreibung dieser Waren und Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale erkennen.

17      Das EUIPO tritt diesem Vorbringen der Klägerin entgegen.

18      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach Abs. 2 dieses Artikels finden die Vorschriften des Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

19      Nach der Rechtsprechung werden Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Ware oder Dienstleistung dienen können, für die die Eintragung beantragt wird, gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30, und vom 7. Juli 2011, Cree/HABM [TRUEWHITE], T‑208/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:340, Rn. 13).

20      Demnach fällt ein Zeichen nur dann unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 aufgestellte Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteil vom 7. Juli 2011, TRUEWHITE, T‑208/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:340, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem genügt es für die Zurückweisung einer Anmeldung durch das EUIPO nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001, dass das fragliche Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der erfassten Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 32).

21      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich der beschreibende Charakter eines Zeichens nur im Hinblick auf seine Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise und in Bezug auf die erfassten Waren oder Dienstleistungen beurteilen lässt (Urteile vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, EU:T:2002:41, Rn. 38, und vom 7. Juli 2011, TRUEWHITE, T‑208/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:340, Rn. 17).

22      Das Vorbringen der Klägerin ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

23      Zunächst sind die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer in Bezug auf die Zusammensetzung der maßgeblichen Verkehrskreise, bei denen es sich im vorliegenden Fall um das allgemeine englischsprachige Publikum in der Union handele, das z. B. in Irland und Malta lebe (siehe oben, Rn. 8), aus den in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründen zu bestätigen. Gleiches gilt für die Feststellung der Beschwerdekammer, dass es sich bei den maßgeblichen Verkehrskreisen um ein allgemeines Publikum handele, das eine durchschnittliche Aufmerksamkeit an den Tag lege. Diese Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise wird im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet.

24      Außerdem ist daran zu erinnern, dass nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 das Vorliegen eines absoluten Eintragungshindernisses nur in einem Teil der Union genügt, um den Ausschluss einer angemeldeten Marke von der Eintragung zu rechtfertigen. Daher ist im vorliegenden Fall die angemeldete Marke schon dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise – d. h. des allgemeinen englischsprachigen Publikums in der Union, das z. B. in den oben genannten Mitgliedstaaten lebt – in Bezug auf die betreffenden Waren oder bestimmte ihrer Merkmale beschreibend ist.

 Zum beschreibenden Charakter der angemeldeten Marke

25      Wie der Gerichtshof bereits hervorgehoben hat, kann auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 die Eintragung eines Zeichens nur dann verweigert werden, wenn vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass es von den beteiligten Verkehrskreisen tatsächlich als eine Beschreibung eines Merkmals der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen erkannt werden wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 50).

26      Die Wahl des Begriffs „Merkmal“ durch den Gesetzgeber hebt den Umstand hervor, dass die von dieser Bestimmung erfassten Zeichen nur solche sind, die dazu dienen, eine leicht von den beteiligten Verkehrskreisen zu erkennende Eigenschaft der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, zu bezeichnen (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 50).

27      Im Übrigen genügt es, um die Marke rechtmäßig von der Eintragung auszuschließen, dass sie nach der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise dazu verwendet werden kann, ein tatsächliches oder potenzielles Merkmal der betreffenden Waren zu bezeichnen, auch wenn dieses nach dem gegenwärtigen Stand der Technik nicht existiert. Diese Möglichkeit ist anhand der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise und nicht anhand des Erkenntnisstands wissenschaftlicher Sachverständiger zu beurteilen (Urteil vom 16. Oktober 2014, Larrañaga Otaño/HABM [GRAPHENE], T‑458/13, EU:T:2014:891, Rn. 22).

28      Schließlich ist es zwar unerheblich, ob ein solches Merkmal in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich oder nebensächlich ist, doch muss ein Merkmal im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 gleichwohl ein objektives, dem Wesen der betreffenden Ware oder Dienstleistung innewohnendes Merkmal sowie ein intrinsisches und dauerhaftes Merkmal dieser Ware oder Dienstleistung sein (vgl. Urteil vom 7. Mai 2019, Fissler/EUIPO [vita], T‑423/18, EU:T:2019:291, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Was im vorliegenden Fall die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 betrifft, wird der normal informierte und angemessen verständige Durchschnittsverbraucher innerhalb der maßgeblichen Verkehrskreise, d. h. des allgemeinen englischsprachigen Publikums, das Element „organic“ als ein Wort wahrnehmen, das sich auf das bezieht, was im Englischen mit den Worten „food or drink[, which] is produced using no or only a small number of artificial chemicals and methods“ (Lebensmittel oder Getränke[, die] nicht oder nur in geringem Maße unter Einsatz künstlicher Chemikalien und Methoden hergestellt werden) umschrieben werden kann. Diese Bedeutung ist eine der grundlegenden Bedeutungen des lexikalischen Elements „organic“, wie sich z. B. aus dem Online-Wörterbuch Macmillan ergibt. In Bezug auf die Waren der Klasse 3 wird der oben genannte Verbraucher den Begriff „organic“ als Beschreibung der Tatsache wahrnehmen, dass das Verfahren zur Herstellung dieser Waren zum großen Teil unter Anwendung sogenannter „natürlicher“ Methoden, d. h. ohne künstliche Methoden und chemische Zusatzstoffe, stattgefunden hat. Entsprechend wird das Verständnis der maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf den Gegenstand oder den Inhalt der in Rede stehenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 sein.

30      Die Aussage, dass eine Ware nach „natürlichen“ Methoden hergestellt wurde, also z. B. ohne Verwendung chemischer Zusatzstoffe, oder dass eine Dienstleistung auf der Grundlage „natürlicher“ Methoden erbracht wurde, kommt einer Beschreibung eines Merkmals einer solchen Ware bzw. Dienstleistung gleich.

31      Was das Element „just“ anbelangt, so wird es vom allgemeinen englischsprachigen Publikum als Adverb verstanden werden, das unmittelbar auf die Bedeutung des englischen Wortes „only“ (nur) verweist, entsprechend einer der ersten Bedeutungen des Wortes „just“, die im Online-Wörterbuch Macmillan angegeben wird. Hierbei handelt es sich um eine geläufige und offensichtliche Bedeutung, die den maßgeblichen Verkehrskreisen ganz natürlich und ohne weitere Überlegung in den Sinn kommen wird, auch wenn dieses Wort in der Tat noch weitere Bedeutungen hat.

32      Ebenso wird im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren die Kombination der Wörter „just“ und „organic“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen so verstanden werden, dass damit ein intrinsisches und dem Wesen dieser Waren inhärentes Merkmal beschrieben werden soll, nämlich insbesondere der Umstand, dass diese Waren ohne Verwendung chemischer Inhaltsstoffe hergestellt wurden. Dies gilt auch für die fraglichen Dienstleistungen der Klassen 35 und 41, da sie die Lieferung oder die Präsentation der von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 3, 29, 30, 32 und 33 zum Gegenstand haben können.

33      Demzufolge ist das Argument der Klägerin, dass der Ausdruck „just organic“ keine eindeutige Bezeichnung der von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen oder ihrer Eigenschaften sei (siehe oben, Rn. 15), zurückzuweisen.

34      Der Vollständigkeit halber ist, auch wenn die Klägerin dies nicht in Frage gestellt hat, festzustellen, dass die Beurteilung der Beschwerdekammer, der zufolge die Bildbestandteile, nämlich die Darstellung eines Herzens und eines Punktes, es dem Publikum nicht ermöglichen, die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen von denen anderer Anbieter auf dem Markt zu unterscheiden, überzeugend ist.

35      Schließlich ist das Argument der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen, mit dem sie im Wesentlichen geltend macht, dass die Wortfolge „just organic“ in Kombination mit den Bildelementen keinen hinreichend direkten und konkreten Bezug zu den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen aufweise (siehe oben, Rn. 16).

36      Das fragliche Zeichen in seiner Gesamtheit weist nämlich aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit einem Merkmal der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen auf. Beim Anblick der angemeldeten Marke werden die maßgeblichen Verkehrskreise unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung des oben in Rn. 30 genannten Merkmals der fraglichen Waren und Dienstleistungen wahrnehmen. Die Klägerin trägt nichts vor, was in dieser Hinsicht eine andere Schlussfolgerung zuließe.

37      Nach alledem ist der zweite Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

38      Mit ihrem ersten Klagegrund stellt die Klägerin die Beurteilung der Beschwerdekammer in Frage, der zufolge die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 besitzt.

39      Sie macht im Wesentlichen geltend, die maßgeblichen Verkehrskreise würden die Wortbestandteile auch im Sinne von „einfach organisch“ verstehen. Die angemeldete Marke werde in ihrer Gesamtheit als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen wahrgenommen. Im Übrigen habe das Deutsche Patent- und Markenamt ein identisches Zeichen für Waren und Dienstleistungen eingetragen, die mit den im vorliegenden Fall in Rede stehenden identisch seien, weshalb davon auszugehen sei, dass das EUIPO bei seinen Beurteilungen die Anforderungen an die Unterscheidungskraft überzogen habe.

40      Das EUIPO tritt diesem Vorbringen der Klägerin entgegen.

41      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der in dieser Vorschrift genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteile vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, EU:C:2002:506, Rn. 29, und vom 7. Oktober 2015, Zypern/HABM [XAΛΛOYMI und HALLOUMI], T‑292/14 und T‑293/14, EU:T:2015:752, Rn. 74).

42      Da sich aus der Prüfung des zweiten Klagegrundes in Bezug auf die in Rede stehenden Waren ergibt, dass die angemeldete Marke beschreibenden Charakter im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 hat, und dies allein bereits den Ausschluss dieser Marke von der Eintragung rechtfertigt, erübrigt sich somit die Prüfung der Begründetheit des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 dieser Verordnung gerügt wird.

43      Zweitens ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung ein Zeichen, das in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die es als Marke angemeldet wurde, im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 beschreibend ist, vorbehaltlich der Anwendbarkeit von Abs. 3 dieses Artikels keine Unterscheidungskraft im Hinblick auf diese Waren oder Dienstleistungen besitzt (vgl. Urteile vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 23. September 2015, Mechadyne International/HABM [FlexValve], T‑588/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:676, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Aus den oben in den Rn. 25 bis 36 dargelegten Gründen ist die angemeldete Marke jedoch im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001. Außerdem hat die Klägerin weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass die angemeldete Marke in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat, so dass Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 keine Anwendung findet.

45      Folglich hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 fehlt.

46      Daher ist auch der erste Klagegrund zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

 Kosten

47      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die just-organic.com GmbH trägt die Kosten.

Tomljenović

Schalin

Nõmm

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Oktober 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.