Language of document : ECLI:EU:C:2002:650

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PHILIPPE LÉGER

vom 12. November 2002(1)

Rechtssache C-104/01

Libertel Groep BV

gegen

Benelux-Merkenbureau

„Farbmarke - Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 - Artikel 2 - Zeichen, die sich grafisch darstellen lassen - Zeichen, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden - Form- und konturlose Farbe - Ausschluss“

1.
    Kann eine form- und konturlose Farbe als solche für bestimmte Waren und Dienstleistungen eine Marke im Sinne der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates(2) sein und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Dies sind im Wesentlichen die vom Hoge Raad der Nederlanden in der vorliegenden Rechtssache gestellten Fragen.

I - Rechtlicher Rahmen

2.
    Der rechtliche Rahmen umfasst die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums(3), die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts und das einheitliche Benelux-Markengesetz.

A - Die Pariser Übereinkunft

3.
    Die Übereinkunft, der alle Mitgliedstaaten beigetreten sind, ist die Grundlage der völkerrechtlichen Regelung für das gewerbliche Eigentum.

4.
    Sie enthält keine Definition der markenfähigen Zeichen.

5.
    Nach Artikel 6 quinquies Buchstabe A der Übereinkunft soll jede im Ursprungsland vorschriftsgemäß eingetragene Fabrik- oder Handelsmarke so, wie sie ist, in den anderen Verbandsländern zur Hinterlegung zugelassen und geschützt werden. In Buchstabe B Nummer 2 dieses Artikels ist vorgesehen, dass die Eintragung von Marken verweigert werden darf, wenn die Marken jeder Unterscheidungskraft entbehren oder ausschließlich aus Zeichen oder Angaben zusammengesetzt sind, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, des Ursprungsortes der Erzeugnisse oder der Zeit der Erzeugung dienen können, oder die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird, üblich sind.

6.
    Nach Artikel 6quinquies Buchstabe C sind bei der Würdigung der Schutzfähigkeit der Marke alle Tatumstände zu berücksichtigen, insbesondere die Dauer des Gebrauchs der Marke.

B - Gemeinschaftsrecht

7.
    Das einschlägige Gemeinschaftsrecht umfasst außer der Richtlinie die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates(4).

1.    Die Richtlinie

8.
    Die Richtlinie wurde vom Rat mit dem Ziel erlassen, die Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken zu beseitigen, durch die die Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt verfälscht werden können. Mit ihr wird eine Angleichung derjenigen unter diesen Rechtsvorschriften angestrebt, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken(5). Sie erfasst nur die Vorschriften über durch Eintragung erworbene Marken(6).

9.
    Die Richtlinie legt somit fest, unter welchen Voraussetzungen ein Zeichen als Marke eintragungsfähig ist(7). Ihr Artikel 2 mit der Überschrift „Markenformen“ bestimmt:

„Marken können alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“

10.
    Artikel 3 der Richtlinie, der die Eintragungshindernisse und Ungültigkeitsgründe betrifft, lautet wie folgt:

„(1)    Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

a)    Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind,

b)    Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,

c)    Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,

d)    Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich sind,

e)    Zeichen, die ausschließlich bestehen

    -    aus der Form, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, oder

    -    aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, oder

    -    aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht,

...

(3)    Eine Marke wird nicht gemäß Absatz 1 Buchstabe b), c) oder d) von der Eintragung ausgeschlossen oder für ungültig erklärt, wenn sie vor der Anmeldung infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, dass die vorliegende Bestimmung auch dann gilt, wenn die Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde.

...“

11.
    Außerdem ist nach Artikel 4 der Richtlinie eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder mit dieser verwechselt werden kann und die durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind.

12.
    Um die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten, wird in der Richtlinie sodann der Schutz definiert, den die eingetragenen Marken in den Mitgliedstaaten genießen(8). Ihr Artikel 5 sieht Folgendes vor:

„(1)    Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

a)    ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b)    ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2)    Die Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, dass es dem Inhaber gestattet ist, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

...“

13.
    Die Richtlinie schließt jedoch nicht aus, dass auf die Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz, Anwendung finden(9). So sieht die Richtlinie in Artikel 5 Absatz 5 Folgendes vor:

„Die Absätze 1 bis 4 berühren nicht die in einem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über den Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen, wenn die Benutzung dieses Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.“

14.
    Die eingetragenen Marken müssen jedoch benutzt werden, um nicht zu verfallen(10). Nach Artikel 10 der Richtlinie tritt dieser Verfall ein, wenn der Inhaber der Marke diese innerhalb von fünf Jahren nicht ernsthaft benutzt hat. Nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a gilt als ernsthafte Benutzung die „Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird“.

2.    Die Verordnung

15.
    Ebenso wie die Richtlinie dient die Verordnung dem Ziel, die Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu beseitigen und ein System des unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des gemeinschaftlichen Marktes zu errichten(11). Sie sieht die Schaffung einer Marke vor, die im gesamten Gebiet der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Schutz genießt und wirksam ist, ohne das Markenrecht dieser Staaten in Frage zu stellen.

16.
    Die Vorschriften der Verordnung über den Erwerb von Rechten an der Marke und über deren Wirkungen enthalten die gleichen Formulierungen wie die der Richtlinie. So übernimmt Artikel 4 die Bestimmungen von Artikel 2 der Richtlinie über die Zeichen, die eine Gemeinschaftsmarke sein können, Artikel 7 die Bestimmungen von Artikel 3 der Richtlinie über die Eintragungshindernisse und Artikel 9 die Bestimmungen von Artikel 5 der Richtlinie über die Rechte aus der Marke. Ebenso genießt die Gemeinschaftsmarke nur Schutz, soweit sie benutzt wird. Artikel 15 der Verordnung übernimmt die Bestimmungen von Artikel 10 der Richtlinie über die Benutzung der Marke.

C - Das Einheitliche Benelux-Markengesetz

17.
    Die drei Mitgliedstaaten der Benelux-Wirtschaftsunion haben ihr Markenrecht in einem gemeinsamen Gesetz, dem Einheitlichen Benelux-Markengesetz(12), niedergelegt. Dieses wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1996 durch ein am 2. Dezember 1992 in Brüssel unterzeichnetes Protokoll geändert, das die Umsetzung der Richtlinie für die drei Benelux-Staaten gewährleisten sollte(13).

18.
    Artikel 1 des Benelux-Markengesetzes bestimmt:

„Als Individualmarken gelten Bezeichnungen, Abbildungen, Abdrucke, Stempel, Buchstaben, Ziffern und Formen von Waren oder Aufmachungen und alle anderen Zeichen, die zur Unterscheidung der Waren eines Unternehmens dienen.

Nicht als Marken betrachtet werden können hingegen Formen, die durch die Art der Ware bedingt sind, den wesentlichen Wert der Ware beeinflussen oder gewerbliche Ergebnisse hervorbringen.“

19.
    Artikel 6 bis des Benelux-Markengesetzes bestimmt:

„1.    Das Benelux-Markenamt lehnt die Eintragung der Hinterlegung ab, wenn seiner Auffassung nach

a)    das hinterlegte Zeichen keine Marke im Sinne von Artikel 1 ist, insbesondere wenn ihm jede Unterscheidungskraft gemäß Artikel 6quinquies Buchstabe B Nummer 2 der Pariser Verbandsübereinkunft fehlt;

...

3.    Das Benelux-Markenamt informiert den Hinterleger unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe über seine Absicht, die Eintragung ganz oder teilweise abzulehnen, und gibt ihm Gelegenheit, innerhalb einer in der Durchführungsverordnung festgelegten Frist zu antworten.

4.    Werden die Einwände des Benelux-Markenamts gegen die Eintragung nicht innerhalb der festgelegten Frist ausgeräumt, wird die Eintragung ganz oder teilweise abgelehnt. Das Benelux-Markenamt teilt die Ablehnung dem Hinterleger unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe und unter Belehrung über den gegen den Beschluss gegebenen Rechtsbehelf nach Artikel 6 ter mit.

5.    Die Ablehnung der Eintragung für alle oder für einen Teil der Waren hat die gesamte oder teilweise Nichtigkeit der Hinterlegung zur Folge. Die Wirkungen dieser Nichtigkeit treten erst ein, wenn die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs nach Artikel 6 ter ungenutzt verstrichen ist oder wenn der Antrag auf Anordnung der Eintragung rechtskräftig abgewiesen worden ist.“

20.
    Artikel 6 ter des Benelux-Markengesetzes lautet wie folgt:

„Der Hinterleger kann innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung gemäß Artikel 6 bis Absatz 4 beim Hof van Beroep Brüssel, beim Gerechtshof Den Haag oder bei der Cour d'Appel Luxemburg einen Antrag auf Anordnung der Eintragung der Hinterlegung einreichen. ... Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach der bei der Hinterlegung angegebenen Anschrift des Hinterlegers oder seines Vertreters oder nach der bei der Hinterlegung angegebenen Zustellungsanschrift.“

II - Sachverhalt und Verfahren

21.
    Am 27. August 1996 meldete die Libertel Groep BV(14) beim Benelux-Merkenbureau(15) die Farbe Orange zur Eintragung an.

22.
    Formal war diese Anmeldung so gestaltet, dass in dem hinterlegten Anmeldeformular an dem für die Abbildung des Zeichens vorgesehenen Platz eine einfarbige orangene Fläche dargestellt war. An dem für die Angabe der Farbe des Zeichens vorgesehenen Platz war „oranje“ eingetragen(16).

23.
    Die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung der Farbe begehrt wird, gehören zu den Klassen 9 und 35 bis 38 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in seiner revidierten und geänderten Fassung. Nach Angabe von Libertel handelt es sich bei den Waren der Klasse 9 um Telekommunikationsgeräte und bei den Dienstleistungen der Klassen 35 bis 38 um Telekommunikationsdienstleistungen und die sachliche, finanzielle und technische Verwaltung von Telekommunikationseinrichtungen(17).

24.
    Mit Schreiben vom 21. Februar 1997 teilte das Benelux-Markenamt dem Bevollmächtigten von Libertel mit, dass es die Eintragung vorläufig ablehne, weil Libertel nicht nachgewiesen habe, dass die Farbe Orange durch Benutzung Unterscheidungskraft erworben habe(18).

25.
    Libertel reichte Erklärungen ein, mit denen ein solcher Erwerb nachgewiesen werden sollte.

26.
    Mit Schreiben vom 10. September 1997 teilte das Benelux-Markenamt mit, dass es die Eintragung der Farbe mangels Unterscheidungskraft ablehne.

27.
    Die von Libertel gegen diese Entscheidung beim Gerechtshof Den Haag (Niederlande) eingereichte Klage wurde aus dem gleichen Grund abgewiesen.

28.
    Libertel legte gegen die Entscheidung des Gerechtshof Den Haag Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad der Nederlanden ein.

III - Vorlagefragen

29.
    Der Hoge Raad der Nederlanden hat durch Beschluss vom 23. Februar 2001 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.    Kann eine einzige spezifische Farbe, die als solche abgebildet ist oder mit einem international angewandten Code bezeichnet wird, im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie Unterscheidungskraft für bestimmte Waren oder Dienstleistungen haben?

2.    Wenn Frage 1 bejaht wird:

    a)    Unter welchen Umständen kann angenommen werden, dass eine einzige spezifische Farbe Unterscheidungskraft im oben genannten Sinne hat?

    b)    Spielt es dabei eine Rolle, ob die Eintragung für eine Vielzahl von Waren und/oder Dienstleistungen oder für eine spezifische Ware oder Dienstleistung bzw. Gruppe von Waren oder Dienstleistungen beantragt wird?

3.    Ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer bestimmten Farbe als Marke zu prüfen, ob in Bezug auf diese Farbe ein allgemeines Freihalteinteresse besteht, wie es bei Zeichen bestehen kann, die eine geografische Herkunft bezeichnen?

4.    Hat sich das Benelux-Markenamt bei der Beurteilung der Frage, ob ein als Marke angemeldetes Zeichen die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie genannte Unterscheidungskraft hat, auf eine abstrakte Beurteilung der Unterscheidungskraft zu beschränken, oder muss es alle konkreten Umstände des Falles berücksichtigen, zu denen auch die Benutzung des Zeichens und die Art und Weise, in der es benutzt wird, gehören?

IV - Würdigung

A - Gegenstand des Verfahrens

30.
    Es ist daran zu erinnern, dass es nach ständiger Rechtsprechung allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts ist, das die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung übernehmen muss, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen(19). Allerdings ist der Gerichtshof der Ansicht, dass er die Aufgabe hat, alle Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen, die die nationalen Gerichte benötigen, um die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, auch wenn diese Bestimmungen in den dem Gerichtshof von diesen Gerichten vorgelegten Fragen nicht ausdrücklich genannt sind(20).

31.
    So hat der Gerichtshof im Urteil vom 25. Februar 1999, Swaddling(21), eine Maßnahme des abgeleiteten Rechts ausgelegt, obwohl es in der Vorlage nur um die Auslegung bestimmter Artikel des EG-Vertrags ging.

32.
    Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof mehrere Vorabentscheidungsfragen zu Artikel 3 der Richtlinie gestellt, um feststellen zu können, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine form- und konturlose Farbe für bestimmte Waren oder Dienstleistungen unterscheidungskräftig sein kann.

33.
    Wie die Kommission(22) zu Recht geltend gemacht hat, ist vor der Prüfung dieser Fragen zu untersuchen, ob eine Farbe als solche ein Zeichen ist, das eine Marke im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie darstellen kann.

34.
    Als Marke eintragungsfähig sind nämlich nur Zeichen, die den Erfordernissen dieses Artikels entsprechen. Wie Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie bestätigt, sind Zeichen, die diesen Erfordernissen nicht entsprechen, von vornherein ungeeignet, eine Marke darzustellen.

35.
    Daher ist zu prüfen, ob Artikel 2 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine form- und konturlose Farbe als solche ein Zeichen ist, das sich grafisch darstellen lässt und geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

B - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

36.
    Libertel(23), das Benelux-Markenamt(24), die niederländische Regierung(25), die Regierung des Vereinigten Königreichs(26) und die Kommission(27) sind der Ansicht, dass eine Farbe als solche als Marke eintragungsfähig sei.

37.
    Nach Auffassung der Kommission lässt sich eine Farbe als visuelles Kennzeichen naturgemäß grafisch darstellen(28). Zudem könne eine Farbe generell Unterscheidungskraft besitzen. Farben könnten ein wichtiges Element der Kommunikation zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden oder den Verbrauchern sein; sie seien Blickfänger, könnten eine eigene Bedeutung haben und beim Betrachter bestimmte Assoziationen hervorrufen(29).

38.
    Die Kommission, Libertel und das Benelux-Markenamt berufen sich für ihre Auffassung auf die Gemeinsame Erklärung des Rates der Europäischen Union und der Kommission im Protokoll der Ratssitzung, in der die Richtlinie angenommen wurde. Dort heißt es: „Der Rat und die Kommission sind der Auffassung, dass Artikel 2 [der Richtlinie] nicht die Möglichkeit ausschließt, ... als Marke eine Farbzusammenstellung oder eine einzige Farbe einzutragen, ... vorausgesetzt, dass sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“(30)

39.
    Schließlich weisen die Kommission, die Regierung des Vereinigten Königreichs und das Benelux-Markenamt darauf hin, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) ihren Standpunkt teile. Nach Auffassung des HABM sei eine Farbe als solche gemäß Artikel 4 der Verordnung generell markenfähig, da sie unter die mit den Worten „alle Zeichen“ bezeichnete Gruppe falle, die im weitesten Sinne zu verstehen seien. Eine Reduzierung des Farbmarkenschutzes auf eine konkrete Aufmachung sei dem Gemeinschaftsmarkenrecht fremd, und eine Kontur oder Umgrenztheit sei für die grafische Darstellbarkeit nicht erforderlich(31).

C - Analyse

40.
    Anders als die Verfahrensbeteiligten bin ich der Ansicht, dass Artikel 2 der Richtlinie die Eintragung einer form- und konturlosen Farbe als Marke ausschließt.

41.
    Meines Erachtens entspricht nämlich eine Farbe als solche nicht den Erfordernissen dieses Artikels, da sie zum einen kein Zeichen ist, das sich grafisch darstellen lässt, und zum anderen nicht geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

42.
    Bevor ich jedoch die streitigen Erfordernisse einzeln prüfe, halte ich es für nützlich, kurz einige wesentliche Merkmale des Begriffes „Farbe“ in Erinnerung zu rufen.

1.    Der Begriff „Farbe“

43.
    „Farbe ist ein Begriff, den jeder intuitiv versteht, für den es jedoch sehr schwer ist, eine allgemein gültige Definition zu finden.“(32) Doch ist anerkannt, dass Farbe eine Sinnesempfindung ist. Es handelt sich um die Wahrnehmung der Wirkungen eines Lichtstrahls auf die Materie durch den Sehapparat und ihre Weiterleitung an das Gehirn. Farbe ist also keine präexistierende objektive Realität, von der wir nur Kenntnis zu nehmen hätten, wie ein Film auf einem Gegenstand. Sie hängt zum einen von der Art und der Intensität des Lichtes und zum anderen vom Sehapparat des Betrachters ab. So ändert sich die Farbe eines Gegenstands je nach der Beleuchtung und der Entfernung, aus der er betrachtet wird. Ihre Wahrnehmung ist außerdem von Person zu Person verschieden(33).

44.
    Für die Einteilung der Farben gibt es mehrere Modelle. Newton, dem die erste Interpretation der Zerlegung eines komplexen Lichtstrahls durch ein Prisma zugeschrieben wird, hat die Zahl der Hauptspektralfarben auf Sieben festgelegt(34). Die Maler unterscheiden die Grundfarben Gelb, Rot und Blau, aus denen die anderen so genannten „zusammengesetzten“ Farben hergestellt werden können. Für die gewerbliche Verwendung der Farben wurden verschiedene Kollektionen von Farbmustern entwickelt, die durch strenge Code-Bezeichnungen die Unterscheidung sehr vieler Farbtöne ermöglichen(35). Das menschliche Auge kann jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Farbtönen eindeutig unterscheiden(36). Noch geringer ist die Zahl spezifischer Ausdrücke zur Benennung der Farben(37). Die Zahl der Farben, die ein Betrachter genau erkennen und beschreiben kann, bleibt also sehr beschränkt.

45.
    Schließlich ist Farbe eine Sprache. Da es sich um eine Sinnesempfindung handelt, die durch das Erscheinungsbild der Dinge hervorgerufen wird, kann sie beim Betrachter Gefühle auslösen. Sie kann auch Informationen übermitteln. Diese Gefühle wie auch diese Informationen sind rein kulturelle Phänomene. Sie beruhen auf psychologischen, symbolischen, religiösen oder sonstigen Konventionen, die in Zeit und Raum variieren(38). In der Wirklichkeit hat die Farbe jedoch keine selbständige Existenz. Da sie aus der Interaktion zwischen einem Lichtstrahl und der Materie hervorgeht, ist sie stets das Attribut irgendeiner Sache. Zieht durch ihre Intensität und ihre Leuchtkraft die Farbe eines Gegenstands unseren Blick auf sich, so ist das, was das Gehirn wahrnimmt und registriert, nicht die Farbe als solche, sondern der Gegenstand, der mit ihr versehen ist. So besteht das visuelle Gedächtnis, dessen Stärke und Dauerhaftigkeit die Erfahrung gezeigt hat(39), aus den geistigen Vorstellungen von den Dingen, die uns umgeben.

46.
    Im Licht dieser Bemerkungen sind die beiden Erfordernisse des Artikels 2 der Richtlinie zu prüfen.

2.    Ein Zeichen, das sich grafisch darstellen lässt

47.
    Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden(40).

48.
    Meines Erachtens sind die Argumente, die die Verfahrensbeteiligten für die Zulassung einer bloßen Farbe als Marke aus dem Wortlaut von Artikel 2 der Richtlinie und aus der Absicht des Gesetzgebers ableiten, nicht überzeugend.

49.
    Was zunächst den Wortlaut von Artikel 2 der Richtlinie angeht, der insoweit in den meisten Sprachfassungen identisch ist, so lassen sich nach meiner Ansicht aus der Formulierung „alle Zeichen“ und aus dem Hinweischarakter der in diesem Artikel enthaltenen Aufzählung der grafisch darstellbaren Zeichen keine Folgerungen ziehen.

50.
    Im Gegenteil zeigt sich die Existenz einer Unklarheit dieses Artikels in der Frage, ob eine Farbe als solche als markenfähiges Zeichen anzusehen ist, darin, dass bei seiner Umsetzung in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten unterschiedliche Lösungen gewählt wurden. So ist eine Farbe als solche nach portugiesischem Recht ausdrücklich nicht markenfähig(41). Nach französischem und italienischem Recht ist nur die Eintragung von Farbnuancen(42) oder Farbtönen(43) vorgesehen. Nach deutschem Recht sind Farben markenfähig(44). Schließlich ist die Markenfähigkeit im Benelux-Recht, im dänischen, finnischen, griechischen, irischen, österreichischen und schwedischen Recht sowie im Recht des Vereinigten Königreichs nicht ausdrücklich geregelt. Dies gilt auch für das spanische Recht, seitdem am 31. Juli 2002 das neue Markengesetz in Kraft getreten ist(45).

51.
    Was sodann die erwähnte Gemeinsame Erklärung des Rates und der Kommission angeht, so scheint sie mir aus zwei Gründen rechtlich unerheblich zu sein.

52.
    Zum einen hat der Gerichtshof im Urteil vom 26. Februar 1991, Antonissen(46) entschieden, dass eine in das Protokoll der Ratssitzung aufgenommene Erklärung, in der eine Bestimmung des abgeleiteten Rechts angenommen wurde, nicht zu deren Auslegung herangezogen werden kann, wenn der Inhalt dieser Erklärung im Text der fraglichen Bestimmung keinen Ausdruck gefunden und die Erklärung somit keine rechtliche Bedeutung hat. Der Gerichtshof hat diesen Standpunkt im Urteil vom 29. Mai 1997, VAG Sverige(47), bestätigt.

53.
    Zum anderen haben der Rat und die Kommission in der Vorbemerkung zu dieser Erklärung darauf hingewiesen, dass sie die Auslegung der Richtlinie durch den Gerichtshof nicht präjudiziert(48). Der Rat und die Kommission haben also selbst für eine ausdrückliche Beschränkung der rechtlichen Wirkungen ihrer Erklärung gesorgt. Es ginge daher zu weit, aus der Absicht des Gesetzgebers Folgerungen für die Auslegung von Artikel 2 der Richtlinie zu ziehen.

54.
    Insoweit ist der Hinweis angebracht, dass das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums(49), dem sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Gemeinschaft, soweit sie zuständig ist, beigetreten sind, in Artikel 15 nur Farbverbindungen nennt(50). Diese Beschränkung berechtigt zu der Annahme, dass im Rahmen der Verhandlungen der WTO-Übereinkünfte eine Farbe per se als ungeeignet für eine Eintragung als Marke angesehen wurde. Diese Beurteilung wird dadurch bestätigt, dass die Farben im ursprünglichen Wortlaut dieses Artikels von 1990 erwähnt waren(51).

55.
    Zu dem Ergebnis, dass eine Farbe als solche von den markenfähigen Zeichen ausgeschlossen ist, führt auch die Prüfung der Systematik der Richtlinie und des Zweckes, dem das untersuchte Erfordernis dient.

56.
    Wie sich nämlich aus der Systematik der Richtlinie ergibt, sieht diese den Schutz der Marke, noch bevor sie benutzt wird, schon mit der Eintragung vor. Die Eintragung unterliegt daher einer Reihe von Voraussetzungen, die die zuständige Stelle zu prüfen hat.

57.
    So muss das fragliche Zeichen nach den Artikeln 2 und 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie generell markenfähig sein. Sodann darf es weder unter eines der sonstigen Eintragungshindernisse nach Artikel 3 fallen noch gegen ein älteres Recht im Sinne von Artikel 5 der Richtlinie verstoßen.

58.
    Da die Prüfung dieser Voraussetzungen a priori unabhängig von der Berücksichtigung einer etwaigen Benutzung zu erfolgen hat, kann sie nur aufgrund des Zeichens, wie es in der Anmeldung beschrieben ist, stattfinden.

59.
    Erfüllt das Zeichen die vorgesehenen Voraussetzungen, wird es als Marke eingetragen. Danach kann die zuständige Stelle aufgrund der eingetragenen Marke gemäß Artikel 5 der Richtlinie prüfen, ob das Zeichen mit dem eines Wettbewerbers identisch ist oder verwechselt werden kann. Ebenfalls für die eingetragene Marke wird schließlich gemäß Artikel 10 der Richtlinie geprüft, ob ihr Inhaber sie ausreichend benutzt hat, so dass seine Rechte nicht verfallen.

60.
    Aus der Systematik der Richtlinie ergibt sich also, dass bei der Prüfung sämtlicher Voraussetzungen für den Erwerb der Rechte an der Marke wie auch bei der Bestimmung der Rechte und Pflichten, die durch ihre Eintragung entstehen, von der grafischen Darstellung des Zeichens in der Anmeldung ausgegangen wird.

61.
    Nach der Systematik der Richtlinie ist also das erste Erfordernis ihres Artikels 2 dahin auszulegen, dass es eine genaue Kenntnis des Zeichens ermöglichen soll, das der Hinterleger zur Unterscheidung seiner Waren und Dienstleistungen benutzen wird.

62.
    Für diese Auslegung spricht auch der Zweck, der dem streitigen Erfordernis zugrunde liegt. Wie Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in seinen Schlussanträgen in der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache C-273/00 (Sieckmann)(52) dargelegt hat, ist das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit durch den Grundsatz der Rechtssicherheit geboten.

63.
    Nach Auffassung des Generalanwalts gewährt „[e]ine eingetragene Marke ... ihrem Inhaber ein Ausschließlichkeitsrecht, d. h. ein ausschließliches Nutzungsrecht an den Zeichen, die sie bilden. Die Einsicht in das Markenregister muss es möglich machen, Art und Reichweite der als Marken eingetragenen Zeichen, Hinweise und Symbole zu erkennen, und dafür wird ihre grafische Darstellung verlangt. Wenn sich ein Unternehmer bestimmte Zeichen und Hinweise vorbehält, um seine Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, so muss man die von ihm beanspruchten Symbole aufs Genaueste kennen, damit die anderen wissen, wonach sie sich richten müssen.“(53) Dem durch die Eintragung der Marke gewährten Ausschließlichkeitsrecht steht also eine echte Verpflichtung, Dritte über das geschützte Zeichen zu informieren, gegenüber.

64.
    Daher genügt nicht irgendeine grafische Darstellung. Sie muss zwei Voraussetzungen erfüllen. Zunächst muss sie klar und präzise sein, damit man ohne jeden Zweifel weiß, was Gegenstand der Ausschließlichkeit ist. Sodann muss sie verständlich für diejenigen sein, die vielleicht Einsicht in das Register nehmen möchten, also für andere Hersteller und Verbraucher, d. h., sie darf keine übertriebenen Anstrengungen erfordern, um festzustellen, welches Zeichen vom Hinterleger tatsächlich benutzt wird(54).

65.
    Meines Erachtens erfüllt eine Farbe als solche diese Voraussetzungen nicht. Vorauszuschicken ist, dass ich nicht zwischen einer in der Anmeldung wiedergegeben Farbe und einer lediglich durch einen internationalen Code bezeichneten Farbe unterscheide. Im letztgenannten Fall scheint es mir keine übertriebene Anstrengung zu bedeuten, wenn ein Verbraucher oder ein Wettbewerber, um die vom Hinterleger beanspruchte Farbe zu sehen, die entsprechende Musterkollektion einsehen muss. Außer wenn diese Musterkollektion schwer zugänglich wäre, gibt eine solche Bezeichnung klar und eindeutig zu verstehen, welche Farbe der Hinterleger gewählt hat.

66.
    Ich meine aber, dass die Wiedergabe oder Bezeichnung einer Farbe als solcher es nicht ermöglicht, festzustellen, welches Zeichen der Hinterleger zur Unterscheidung seiner Waren und Dienstleistungen verwenden wird.

67.
    Wie ich oben in Nummer 45 ausgeführt habe, ist die Farbe stets das Attribut irgendeiner Sache. Anders als die in Artikel 2 der Richtlinie aufgezählten Zeichen wie Wörter, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und Form oder Aufmachung der Ware hat eine Farbe an sich keine selbständige Existenz.

68.
    Mit anderen Worten, es lässt sich nicht sicher bestimmen, wie die beanspruchte Farbe auf den Waren, für die ihre Eintragung beantragt wird, erscheint. So kann sie durchaus auch die Färbung der gesamten äußeren Oberfläche oder der Verpackung der Waren sein, oder sie kann nur auf einem Teil davon oder auf ganz bestimmten Abbildungen, umgeben von der gewöhnlichen Farbe der Ware, erscheinen.

69.
    Das Gleiche gilt für Dienstleistungen. Sie haben naturgemäß selbst keine materielle Form und damit auch keine Farbe. Die Marke wird daher nur auf Dokumente, Fahrzeuge oder andere zur Erbringung der Dienstleistung dienende Gegenstände aufgebracht werden können. Auch hier wird die beanspruchte Farbe die gesamte Färbung dieser Gegenstände darstellen oder nur auf einem Teil davon im Rahmen ganz bestimmter Abbildungen erscheinen können.

70.
    Überdies lässt die Tatsache, dass der Hinterleger die Eintragung der Farbe an sich beantragt und damit wünscht, dass ihm ihre ausschließliche Benutzung zugeschrieben wird, annehmen, dass er sich alle diese Möglichkeiten vorbehalten will.

71.
    Diese Beurteilung erscheint noch zutreffender, wenn der Hinterleger, wie in der Rechtssache Heidelberger Bauchemie, die Eintragung mehrerer Farben per se beantragt(55). Wenn diese Farben in der Anmeldung in keiner bestimmten Weise zusammengestellt oder angeordnet sind, sind in der Praxis eine Vielzahl möglicher Kombinationen denkbar.

72.
    Wird eine form- und konturlose Farbe beansprucht, so wird es für die zuständige Stelle also schwierig sein, wirklich festzustellen, dass die sonstigen Voraussetzungen für die Eintragung einer Marke erfüllt sind. Je nachdem, ob die Farbe die gesamte Ware erfasst oder nur auf einer ganz bestimmten Abbildung auftaucht, kann sie nämlich dem Verbraucher nur als Ornament oder als Bestandteil eines Kennzeichens erscheinen. Ebenso ist fraglich, unter welchen Bedingungen die zuständige Stelle die Gefahr einer Verwechslung des beanspruchten Zeichens mit einer älteren Marke, in deren Zusammensetzung die beanspruchte Farbe oder eine ihrer Nuancen vorkommt, wirklich beurteilen kann.

73.
    Ferner meine ich, dass die Eintragung einer bloßen Farbe als Marke es anderen Unternehmern, die das Register einsehen, nicht erlauben würde, festzustellen, welche Rechte sie haben.

74.
    Nach Artikel 5 der Richtlinie kann nämlich der Inhaber die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, nicht nur dann verbieten, wenn das Zeichen mit der Marke identisch ist, sondern auch dann, wenn für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen mit dieser Marke besteht.

75.
    Ist die eingetragene Marke die Farbe als solche, so werden die anderen Unternehmer nur schwer feststellen können, auf welche Weise sie diese Farbe noch für Waren und Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, für die die Eintragung der Farbe gestattet wurde, verwenden können.

76.
    Außerdem wird diese Unsicherheit nicht nur die Farbe, wie sie im Register wiedergegeben oder durch einen internationalen Code bezeichnet wird, betreffen, sondern auch eine große Zahl von verwandten Farbtönen. Wie wir nämlich oben in den Nummern 43 und 44 gesehen haben, ist die Möglichkeit für das Publikum, Farbtöne ohne Verwechslungsgefahr zu unterscheiden, sowohl wegen der Eigenschaften des menschlichen Auges als auch wegen der Variabilität der Farbe der Gegenstände je nach dem Licht und der Entfernung, aus der wir sie sehen, begrenzt.

77.
    Eine solche Unsicherheit widerspricht nach meiner Ansicht dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der dem Erfordernis einer grafischen Darstellbarkeit zugrunde liegt. Es ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof im Urteil vom 29. September 1998, Canon(56), ausdrücklich die Bedeutung anerkannt hat, die diesem Grundsatz auf dem Gebiet der Marken beizumessen ist(57).

78.
    Angesichts all dieser Erwägungen kann meines Erachtens eine form- und konturlose Farbe nicht als grafisch darstellbares Zeichen im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie angesehen werden.

79.
    Eine Farbe als solche entspricht auch nicht dem zweiten Erfordernis des Artikels 2 der Richtlinie, wonach nur solche Zeichen markenfähig sind, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

3.    Die Fähigkeit, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden

80.
    Meines Erachtens schließt Artikel 2 der Richtlinie Kategorien von Zeichen oder Angaben aus, die ihrem Wesen nach ungeeignet sind, Unterscheidungskraft zu haben.

81.
    Diese Analyse steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften(58) und des Gerichtshofes(59), wonach die Unterscheidungskraft einer Marke in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen beurteilt werden muss, für die sie angemeldet worden ist(60). Diese Rechtsprechung ist nämlich im Rahmen der Beurteilung der absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben b bis e der Verordnung und der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie in Rechtssachen entwickelt worden, die Zeichen einer in Artikel 4 der Verordnung oder Artikel 2 der Richtlinie ausdrücklich genannten Kategorie betrafen, oder auch im Rahmen der Anwendung von Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie über den Erwerb einer Unterscheidungskraft durch Benutzung(61).

82.
    Im Übrigen würde eine Ablehnung dieser Auslegung bedeuten, dass dem zweiten Erfordernis des Artikels 2 der Richtlinie und weitgehend auch Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie, wonach Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind, von der Eintragung ausgeschlossen sind, ein großer Teil ihrer praktischen Wirksamkeit genommen würde(62). Wie bereits erwähnt, ist nämlich das Erfordernis, dass Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung auszuschließen sind, ausdrücklich in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie aufgenommen.

83.
    Auch wenn der Gerichtshof bis jetzt noch keinen Anlass hatte, sich zu der Frage zu äußern, ob die Anmeldung eines Zeichens oder einer Angabe, die nicht unter Artikel 2 der Richtlinie(63) oder Artikel 4 der Verordnung fallen, schon allein aufgrund dieser Bestimmungen abgelehnt werden kann, so hat er doch wiederholt den allgemeinen Charakter der Voraussetzungen der Artikel 2 und 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie hervorgehoben(64). Ebenso hat er im Urteil Philips Electronics ausgeführt, dass „[a]us dem Wortlaut von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a und aus der Systematik der Richtlinie ... klar hervorgeht, dass diese Vorschrift im Wesentlichen Zeichen von der Eintragung ausschließen soll, die allgemein nicht markenfähig sind“(65).

84.
    In diesem Stadium der Analyse ist also zu beurteilen, ob eine Farbe als solche allein in Anbetracht ihrer wesentlichen Eigenschaften geeignet ist, Unterscheidungskraft zu haben. Ich meine, dass dies aus zwei Gründen zu verneinen ist.

85.
    Zum einen lässt sich, wie wir gesehen haben, anhand der Anmeldung einer Farbe als solcher nicht feststellen, welches Zeichen tatsächlich auf den Waren oder in Verbindung mit den betreffenden Dienstleistungen erscheinen wird. Die Beurteilung der Eignung eines Zeichens, Unterscheidungskraft zu haben, setzt nach meiner Ansicht eine genaue Kenntnis dieses Zeichens voraus.

86.
    Zum anderen kann eine Farbe als solche nicht die Funktion erfüllen, auf den Ursprung von Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen. Es ist daran zu erinnern, dass diese Funktion nach der Definition des Gerichtshofes darin besteht, „dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität des gekennzeichneten Erzeugnisses zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, dieses Erzeugnis ohne Verwechslungsgefahr von Erzeugnissen anderer Herkunft zu unterscheiden“(66). Die Marke soll also die Herkunft der Ware, die mit ihr versehen ist, garantieren(67). Es handelt sich demnach um einen ganz genau bestimmten Sinn.

87.
    Auch wenn, wie wir oben in Nummer 45 gesehen haben, eine Farbe an sich, d. h. als abstrakte Wesenheit, eine Bedeutung haben oder Gefühle hervorrufen kann, so sind dies doch nur solche, die ihr durch die in einer Gesellschaft in einer bestimmten Epoche geltenden Konventionen zugeschrieben werden(68). Außerdem hängen auch diese Bedeutung oder diese Gefühle, die auf fest verwurzelten kulturellen Phänomenen beruhen können, von den Umständen ab, unter denen uns die Farbe begegnet(69). Folglich kann eine Farbe nur dann eine präzise Bedeutung haben, wenn sie im Rahmen einer Form oder einer bestimmten Abbildung gesehen wird(70).

88.
    Es erscheint mir also falsch, anzunehmen, dass eine form- und konturlose Farbe eine so präzise Bedeutung haben kann, dass ohne Verwechslungsgefahr auf den Ursprung eines Erzeugnisses oder einer Dienstleistung hingewiesen wird.

89.
    Allerdings hat das HABM wiederholt eine Farbe an sich als Marke eingetragen. So wurden insbesondere die Farbe Lila/Purpur für Schokolade(71), die Farbe Magenta für Waren und Dienstleistungen des Telekommunikationsbereichs(72) und die Farbe Gelb für Korrosionsschutzmittel(73) eingetragen. Nach Auffassung des HABM hatte jede dieser Farben für die Bezeichnung der fraglichen Waren oder Dienstleistungen durch die erfolgte Benutzung Unterscheidungskraft erworben(74).

90.
    Ich halte solche Eintragungen für fragwürdig in Anbetracht des Zeichens, das die Verbraucher tatsächlich wahrnehmen und das sie als Hinweis auf die Herkunft der betroffenen Waren und Dienstleistungen kennen gelernt haben. Die Farbe ist nämlich, wie gesagt, stets das Attribut irgendeiner Sache. Folglich ist das, was die Verbraucher kennen gelernt haben, nicht die Farbe als solche, sondern ein mit dieser Farbe versehener Gegenstand(75). Die Farbe wird also im Geist immer mit einem anderen Element in Verbindung gebracht. Meistens wird es sich dabei um ein Logo oder ein Wort handeln(76). Zumindest wird dieses andere Element die Form der verkauften Ware sein.

91.
    Fehlt dieses andere Element, so werden die Verbraucher nicht mehr in der Lage sein, den Ursprung der betreffenden Ware oder Dienstleistung eindeutig festzustellen. Anders ausgedrückt, fehlt das Logo oder das Wort, das sie auf der Ware oder ihrer Verpackung zu sehen gewöhnt waren, oder ist die Form dieser Ware geändert worden, so werden die Verbraucher hinsichtlich des Ursprungs der Ware möglicherweise Zweifel haben, auch wenn die Farbe noch die gleiche ist.

92.
    Würde also das Zeichen auf die abstrakte Farbe reduziert und diese als Marke eingetragen, so bedeutet das meines Erachtens, dass ein Teil der Marke für das Ganze genommen wird. Die Marke wird nicht durch die Farbe als solche gebildet, sondern durch diese Farbe, in Verbindung gebracht mit einem anderen Element oder aufgetragen auf einen Gegenstand.

93.
    Diese Analyse entspricht der bestimmter nationaler Markenämter. So hat die zuständige Stelle des Vereinigten Königreichs nicht die Farbe Grün als solche gemäß dem Antrag der Mineralölgesellschaft BP für die in ihren Tankstellen angebotenen Waren und Dienstleistungen eingetragen, sondern die Farbe Grün, aufgetragen auf die Außenflächen von Räumen oder Gebäuden entsprechend den Darstellungen, die den Anmeldungen beigefügt waren(77). Ebenso hat sie nicht die Farbe Rosa als solche für Isoliermaterial eingetragen, sondern „the colour pink, as defined by pantone n° 196C, applied to the entire surface of the goods“(78). Auf dem Gebiet der Dienstleistungen hat die zuständige irische Stelle zugunsten von United Parcel Service of America die der folgenden Definition entsprechende Marke engetragen: „The mark consists of the colour brown as shown on the form of application, being the predominant colour applied to the visible surface of the uniforms worn by staff in the performance of the services“(79).

94.
    Im Übrigen entspricht diese Analyse, wonach nicht die Farbe als solche durch Benutzung Unterscheidungskraft erwerben kann, den geltenden Vorshriften des United States Patent and Trademark Office(80). Dazu ist zu bemerken, dass die Marke des Unternehmens Qualitex, die dem Supreme Court der Vereinigten Staaten Gelegenheit bot, sich erstmals zum Schutz von Farbmarken zu äußern und ihn als möglich anzusehen, nicht die Nuance „Grün-Gold“ als solche ist, sondern „a particular shade of green-gold applied to the top and the surfaces of the goods“(81).

95.
    Nach alledem bin ich der Ansicht, dass die angeführten Beispiele für Eintragungen einer bloßen Farbe als Marke meine Auslegung von Artikel 2 der Richtlinie nicht widerlegen(82).

96.
    Umgekehrt zeigen die oben in Nummer 93 genannten Eintragungen meines Erachtens, dass den Wirtschaftsteilnehmern, die eine Farbe benutzen, um ihre Waren oder Dienstleistungen zu kennzeichnen, der Schutz, den das Markenrecht bietet, zugänglich sein muss, ohne dass es der Eintragung der Farbe als solcher bedarf. Zudem können diese Wirtschaftsteilnehmer auch Bestimmungen des nationalen Rechts ihrer Mitgliedstaaten über den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz in Anspruch nehmen, wie aus der sechsten Begründungserwägung und Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie hervorgeht.

97.
    Unter diesen Umständen gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, anzunehmen, dass der Schutz dieser Wirtschaftsteilnehmer gegen Wettbewerber, die durch Verwendung der gleichen Farbe oder einer Nuance dieser Farbe vom Ruf oder von der Unterscheidungskraft ihrer Marke profitieren wollen, durch den Ausschluß der Farben an sich von den Zeichenkategorien des Artikels 2 der Richtlinie vereitelt oder gemindert würde.

98.
    Dagegen gibt es gute Gründe für die Annahme, dass die Eintragung einer bloßen Farbe als Marke negative Auswirkungen auf den freien Wettbewerb haben könnte, der, wie wir oben in Nummer 8 gesehen haben, das Ziel der Richtlinie ist.

99.
    Die Eintragung einer Farbe als solcher führt nämlich aufgrund von Artikel 5 der Richtlinie, zumindest aber wegen der Unmöglichkeit für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, genau festzustellen, ob und wie sie diese Farbe noch benutzen können, dazu, dass dem Markeninhaber die ausschließliche Nutzung eingeräumt wird. Außerdem wird diese ausschließliche Nutzung, wie wir oben in Nummer 76 gesehen haben, nicht nur die Farbe betreffen, wie sie in der Anmeldung wiedergegeben oder durch einen internationalen Code bezeichnet wird, sondern möglicherweise auch eine große Zahl von Nuancen dieser Farbe erfassen. Anders ausgedrückt, es ist sehr wahrscheinlich, dass die Eintragung einer bestimmten Nuance der Farbe Blau als Marke ihrem Inhaber die ausschließliche Nutzung der Farbe Blau verschafft(83).

100.
    Sodann verringert sich die Zahl von Farben, die für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung tatsächlich verwendbar sind, in Anbetracht der Gefühle, die sie beim Betrachter hervorrufen können, und ihrer mehr oder weniger guten Erkennbarkeit, noch weiter. Um sich davon zu überzeugen, braucht man nur an die „Farben der Mineralölgesellschaften“ zu denken, die von den Befürwortern der Markenfähigkeit von Farben als solchen als Beispiel angeführt werden(84). Die Zahl der Farben, die diese Unternehmen auf den Außenflächen ihrer Gebäude und in ihren Logos verwenden, ist kleiner als die der Farben mit einem spezifischen Namen, und die meisten davon werden von mehreren Unternehmen konkurrierend verwendet(85).

101.
    Es würde also genügen, dass mehrere Farben als solche als Marke eingetragen sind, um einigen Wirtschaftsteilnehmern ein wirkliches Monopol für die Benutzung der Farbe zu verschaffen. Ein solches Monopol könnte aber geeignet sein, die Wettbewerbsbedingungen zu verfälschen.

102.
     Wie nämlich die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen(86) völlig zu Recht hervorhebt, haben Farben heutzutage für die Unternehmen eine große Bedeutung. Immer mehr Unternehmen färben ihre Waren und die mit der Erbringung ihrer Dienstleistungen zusammenhängenden Gegenstände(87). Diese Farben dienen dazu, die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erregen(88). Zudem ermöglichen es die Farben aufgrund der Gefühle, die sie hervorrufen, den Unternehmen, ihre Waren und Dienstleistungen in unserer Vorstellungswelt unterzubringen(89). Die Farben sind somit zu einem wahren Kommunikationsmittel zwischen den Unternehmen und den Verbrauchern geworden. Ihre Verwendung wird wahrscheinlich noch weiter zunehmen, da das Bild heute in der Kommunikation eine vorherrschende Stellung einnimmt.

103.
    Es kann daher angenommen werden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, dem die Möglichkeit genommen wird, die Farben oder auch nur eine bestimmte Zahl von Farben zu benutzen, gegenüber seinen Wettbewerbern benachteiligt wäre und dass ein Monopol für die Benutzung von Farben sogar das Auftreten neuer Wirtschaftsteilnehmer auf einem bestimmten Markt behindern würde.

104.
    Angesichts dieser Erwägungen könnte es das Ziel des Markenrechts auch rechtfertigen, dass die Farben als solche nicht bestimmten Wirtschaftsteilnehmern zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen werden können und allen weiterhin zur Verfügung stehen.

105.
    Aus diesen Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, zu antworten, dass Artikel 2 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine form- und konturlose Farbe als solche kein grafisch darstellbares Zeichen ist, das geeignet wäre, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

106.
    In Anbetracht dieser Antwort sind die übrigen Fragen des vorlegenden Gerichts für den Ausgangsrechtsstreit ohne Belang. Meines Erachtens brauchen sie nicht beantwortet zu werden.

IV - Ergebnis

107.
    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Hoge Raad der Nederlanden wie folgt zu beantworten:

Artikel 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine form- und konturlose Farbe als solche kein grafisch darstellbares Zeichen ist, das geeignet wäre, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.


1: -     Originalsprache: Französisch.


2: -    Richtlinie vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, nachstehend: Richtlinie).


3: -    Unterzeichnet am 20. März 1883 (nachstehend: Übereinkunft).


4: -    Verordnung vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in der geänderten Fassung (nachstehend: Verordnung).


5: -    Erste und dritte Begründungserwägung.


6: -    Vierte Begründungserwägung.


7: -    Siebte Begründungserwägung.


8: -    Neunte und zehnte Begründungserwägung.


9: -    Sechste Begründungserwägung.


10: -    Achte Begründungserwägung.


11: -    Erste Begründungserwägung.


12: -    Am 19. März 1962 in Brüssel unterzeichnet, Moniteur belge vom 14. Oktober 1969 (nachstehend: Benelux-Markengesetz).


13: -    Moniteur belge vom 12. März 1996.


14: -    Nachstehend: Libertel.


15: -    Nachstehend: Benelux-Markenamt.


16: -    Vorlagebeschluss, Nr. 3.6.


17: -    Schlussanträge des Advocaat-Generaal beim Hoge Raad der Nederlanden, Fußnote 1 (Anhang 1 des Vorlagebeschlusses).


18: -    Vorlagebeschluss, Nr. 3.1.


19: -    Vgl. z. B. Urteil vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C-415/93 (Bosman, Slg. 1995, I-4921, Randnr. 59).


20: -    Urteil vom 18. März 1993 in der Rechtssache C-280/91 (Viessmann, Slg. 1993, I-971, Randnr. 17). Vgl. außerdem Urteil vom 8. Februar 2001 in der Rechtssache C-350/99 (Lange, Slg. 2001, I-1061, Randnrn. 20 bis 25).


21: -    Rechtssache C-90/97 (Slg. 1999, I-1075, Randnr. 21).


22: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 69.


23: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 7.2.


24: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 4.1.


25: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 23.


26: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 13.


27: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 74.


28: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 71.


29: -    Schriftliche Erklärungen, Nr. 73.


30: -    ABl. HABM, 5/96, S. 607.


31: -    Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer vom 18. Dezember 1998 in der Beschwerdesache R 122/1998-3, Randnrn. 17 und 18. In dieser Beschwerdesache hatte die Anmelderin die Eintragung der Farbe Hellgrün für Kaugummi für kosmetische, medizinische und nichtmedizinische Zwecke beantragt.


32: -    „La couleur“, Dossier pour la science Nr. 27 (auf der Internet-Seite http://www.pourlascience.com).


33: -    Ebd. Siehe auch Manuel de la couleur, Solar, 2001, S. 6 und 138.


34: -    Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigoblau, Violett (entsprechend den sieben Noten der Tonleiter).


35: -    Vgl. die Farbverzeichnisse, die Systeme Pantone, RAL, ACC usw. (So können z. B. mit dem System ACC, Acoat Color Codification, bis zu 2,4 Millionen Farben bestimmt werden.)


36: -    Nach Pastoureau, M., Dictionnaire des couleurs de notre temps, Bonneton, Paris, 1999, knapp 100 Farbtöne, bei sehr gut trainierten Personen vielleicht 200.


37: -    In unserer westlichen Gesellschaft im Allgemeinen weniger als ein Dutzend: Weiß, Rot, Schwarz, Grün, Gelb, Blau, Grau, Braun, Rosa, Violett und Orange. Zur Benennung der Farben dienen ferner Namen aus dem Bereich der Pflanzen (z. B. Zitronengelb, Fliederfarben), der Tiere (Rehbraun, Rabenschwarz), der Mineralstoffe (Rubinrot, Türkis), der Naturerscheinungen (Himmelblau) oder verschiedene Substanzen (z. B. Strohgelb, Rostbraun). Die genaue Bestimmung, welche Farbnuance mit diesen Bezeichnungen gemeint ist, ist jedoch sehr subjektiv.


38: -    Zum Beispiel wurde Blau, das heutzutage in Europa als „kalte“ Farbe gilt, im Mittelalter und in der Renaissance als „warm“ empfunden. Ebenso kommt es heute in Japan weniger darauf an, ob die Farbe ein Blau, ein Rot oder ein Gelb ist, als darauf, ob es sich um eine matte oder glänzende Farbe handelt (Pastoureaux, M., a. a. O.).


39: -    Nach der Encyclopédie Hachette Multimédia erkennt man von 2 500 an mehreren Tagen gezeigten Diapositiven 90 % wieder. Dagegen ist das spezifische Farbgedächtnis sehr flüchtig. Um den Leser davon zu überzeugen, schlägt die Encyclopédie Hachette Multimédia ein unterhaltsames Experiment vor: Man lese einen Satz, der aus fünf oder sechs Wörtern besteht, deren Buchstaben vier verschiedene Farben (z. B. Blau, Rot, Gelb und Grün) aufweisen, und versuche, ihn mit entsprechenden Farbstiften Buchstabe für Buchstabe farbgetreu aufzuschreiben. Es fällt sehr schwer, sich auch nur bei einigen Buchstaben an die richtige Farbe zu erinnern, während man sich den Satz leicht merken kann (http://www.ani.ehmel.hachette-multimedia.fr).


40: -    Vgl. z. B. Urteil vom 14. Juni 2001 in der Rechtssache C-191/99 (Kvaerner, Slg. 2001, I-4447, Randnr. 30).


41: -    Nach Artikel 166 Absatz 1 Buchstabe d des Código da Propriedade Industrial (Gesetz über gewerbliches Eigentum), genehmigt durch Gesetzesdekret Nr. 26/95 vom 24. Januar 1995, können insbesondere „Farben, soweit sie nicht miteinander oder mit anderen besonders geformten und unterscheidungskräftigen Merkmalen kombiniert werden“, nicht als Marken eingetragen werden.


42: -    Nach Artikel L 711-1 des französischen Code de la propriété intellectuelle (Gesetz über geistiges Eigentum) in der Fassung des Gesetzes vom 4. Januar 1991 sind Bildzeichen wie „Anordnungen, Kombinationen oder Nuancen von Farben“ markenfähig.


43: -    Nach Artikel 16 des italienischen Markengesetzes in der Fassung des Decreto-legge vom 4. Dezember 1992 sind als Unternehmensmarke eintragungsfähig „alle neuen Zeichen, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere ... Farbkombinationen oder Farbtöne, soweit sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“.


44: -    Nach Artikel 3 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen vom 25. Oktober 1994 können als Marke „alle Zeichen ... einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“. Das deutsche Bundespatentgericht zweifelt jedoch noch immer an der Markenfähigkeit einer abstrakten Farbe und hat dem Gerichtshof in der noch anhängigen Rechtssache C-49/02 (Heidelberger Bauchemie) eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, auf die ich unten im Einzelnen eingehen werde.


45: -    Die Entwicklung des spanischen Rechts ist insofern bezeichnend für die Unklarheit des Richtlinienwortlauts in der betreffenden Frage, als in Artikel 11 des Markengesetzes Nr. 32/88 ausdrücklich vorgesehen war, dass eine Farbe als solche gar nicht und ein Farbzeichen nur, wenn es durch eine Form abgegrenzt wird, eintragungsfähig ist. Das neue Gesetz übernimmt den Wortlaut der Richtlinie und lässt die Frage der Markenfähigkeit einer Farbe als solcher unbeantwortet.


46: -    Rechtssache C-292/89 (Slg. 1991, I-745, Randnr. 18).


47: -    Rechtssache C-329/95 (Slg. 1997, I-2675, Randnr. 23).


48: -    Die Vorbemerkung hat folgenden Wortlaut: „Die Erklärungen des Rates und der Kommission, die im Folgenden wiedergegeben sind, sind nicht Bestandteil des Rechtsakts und präjudizieren daher nicht dessen Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.“


49: -    Im Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation, das im Namen der Gemeinschaft hinsichtlich des in ihre Zuständigkeit fallenden Teils durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABl. L 336, S. 1) genehmigt wurde.


50: -    Artikel 15 Absatz 1 dieses Übereinkommens lautet wie folgt: „Alle Zeichen und alle Zeichenkombinationen, die geeignet sind, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, können eine Marke darstellen. Solche Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Buchstaben, Zahlen, Abbildungen und Farbverbindungen, sowie alle Verbindungen solcher Zeichen sind als Marken eintragungsfähig. Sind Zeichen nicht ihrer Natur nach geeignet, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu unterscheiden, so können die Mitglieder ihre Eintragungsfähigkeit von ihrer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft abhängig machen. Die Mitglieder können die visuelle Wahrnehmbarkeit von Zeichen als Eintragungsvoraussetzung festlegen.“


51: -    Gervais, D., The TRIPS Agreement: drafting history and analysis, Sweet & Maxwell, 1998, S. 105.


52: -    In dieser Rechtssache wird der Gerichtshof gefragt, ob ein Geruch eine Marke sein kann.


53: -    Schlussanträge, Nr. 36.


54: -    Ebd., Nr. 38.


55: -    In dieser Rechtssache waren beim Deutschen Patent- und Markenamt die Farben Blau und Gelb zur Eintragung angemeldet worden. Die beanspruchte Marke wurde wie folgt beschrieben: „Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um die Firmenfarben der Anmelderin, die in jeglichen denkbaren Formen benutzt werden, insbesondere für Verpackungen und Etiketten. Die genaue Bezeichnung der Farben ist wie folgt: RAL5015/HKS47 - blau, RAL1016/HKS3 - gelb.“


56: -    Rechtssache C-39/97 (Slg. 1998, I-5507, Randnr. 27).


57: -    Der Gerichtshof hat in Randnr. 21 dieses Urteils entschieden, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung auf jeden Fall sicherzustellen sei, dass Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht eingetragen werden.


58: -    Das Gericht hat diese Regel bereits in seinem ersten Urteil auf dem Gebiet der Gemeinschaftsmarken (Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-163/98, Procter & Gamble/HABM „BABY-DRY“, Slg. 1999, II-2383, Randnr. 21) aufgestellt und sie in seinen späteren Urteilen regelmäßig bekräftigt (vgl. insbesondere Urteil vom 5. April 2001 in der Rechtssache T-87/00, Bank für Arbeit und Wirtschaft/HABM „Easybank“, Slg. 2001, II-1259, Randnr. 21).


59: -    Urteil vom 18. Juni 2002 in der Rechtssache C-299/99 (Philips Electronics, Slg. 2002, I-5475, Randnr. 59).


60: -    Die Bestimmungen der Verordnung und der Richtlinie, die gleichlautend sind, müssen nach meiner Auffassung in gleicher Weise ausgelegt werden.


61: -    Urteil vom 4. Oktober 2001 in der Rechtssache C-517/99 (Merz & Krell, Slg. 2001, I-6959, Randnr. 30).


62: -    Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung drückt sich noch deutlicher aus, denn dort werden Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die nicht unter Artikel 4 der Verordnung fallen.


63: -    Beim Gerichtshof sind zurzeit mehrere Rechtssachen in diesem Sinne anhängig. Außer den erwähnten Rechtssachen Sieckmann und Heidelberger Bauchemie ist er auch mit der Frage befasst, ob Geräusche oder Klänge markenfähig sind (Rechtssache C-283/01, Shield Mark, noch beim Gerichtshof anhängig).


64: -    Urteile Canon, Randnr. 27, und Merz & Krell, Randnrn. 23 und 24.


65: -    Randnr. 37, Hervorhebung nur hier.


66: -    Vgl. insbesondere Urteile vom 17. Oktober 1990 in der Rechtssache C-10/89 (HAG GF, Slg. 1990, I-3711, Randnr. 14), Canon, Randnr. 28, und Merz & Krell, Randnr. 22.


67: -    Urteil vom 23. April 2002 in der Rechtssache C-143/00 (Boehringer Ingelheim u. a., Slg. 2002, I-3759, Randnr. 29).


68: -    So steht Schwarz für Trauer, Weiß für Reinheit (Pastoureau, M., a. a. O., S. 31 und 157).


69: -    Schwarzer Flor deutet auf einen Trauerfall hin; das Tragen eines schwarzen Kleides auf einer Soirée muss aber nicht diese Bedeutung haben.


70: -    Klinkenberg, J.-M., „Quest-ce que le signe?“, in Le langage, éditions sciences humaines, S. 105. Der Autor führt folgendes Beispiel aus dem Bereich der Straßenverkehrsvorschriften an: In Verbindung mit einer runden Form bedeutet Rot ein Verbot, in Verbindung mit einer dreieckigen Form warnt Rot vor einer Gefahr.


71: -    Eintragung vom 27. Oktober 1999, Nr. 31336.


72: -    Eintragung vom 3. August 2000, Nr. 212787.


73: -    Eintragung vom 9. Januar 2001, Nr. 396176.


74: -    Da es in den Statistiken des HABM keine spezielle Rubrik für Farben an sich gibt, lässt sich kaum behaupten, dass keine solche Marke a priori eingetragen worden ist. Aus der Entscheidungspraxis des HABM kann jedoch gefolgert werden, dass solche Eintragungen, wenn überhaupt, nur ganz ausnahmsweise zugelassen wurden (siehe z. B. die erwähnte Beschwerdesache R 122/1998-3, Randnrn. 17, 18 und 21).


75: -    Vgl. in diesem Sinne Nr. 70 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Toshiba Europe (Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-112/99, Slg. 2001, I-7945).


76: -    Wenn ein Autofahrer die Farbe Grün mit BP-Tankstellen in Verbindung bringen kann, so deshalb, weil im Logo dieses Unternehmens die Buchstaben „BP“ auf grünem Grund stehen und bestimmte Teile der Außenflächen von Tankstellen dieses Unternehmens ebenfalls grün sind. Ebenso steht das Wort „Milka“ auf der Verpackung von Schokoladetafeln, für die das HABM die Farbe Lila/Purpur als Marke eingetragen hat.


77: -    High Court of Justice in Northern Ireland, Chancery Division, 16. Juni 2000, BP Amoco PLC v. John Kelly Ltd und Glenshane Tourist Services Ltd.


78: -    Eintragung vom 25. Oktober 1996, Nr. 2004215. In der Darstellung der Marke im Register ist eine Abbildung von Isoliermaterial zu sehen.


79: -    Eintragung vom 27. Oktober 1998, Nr. 221818. In der Darstellung der Marke im Register ist eine Uniform in der beanspruchten Farbe zu sehen.


80: -    Nach dem Trademark Manual of Examining Procedures, Fassung vom Juni 2002, setzt die Eintragung einer Marke ihre vorherige Benutzung voraus. Section 1202.05, „Color as a mark“, sieht vor: „Color marks are marks that consists solely of one or more colors used on particular objects. For marks used in connection with goods, the color may be used on the entire surface of the goods, on a portion of the goods, or on all part of the packaging for the goods ... Similarly, service marks may consist of color used on all or part of materials used in the advertising and rendering of the services ... Color marks are never inherently distinctive, and cannot be registered on the Principal Register without a showing of acquired distinctiveness ...“ (http://www.uspto.gov.).


81: -    Eintragung Nr. 1633711. Die Darstellung der Marke im Register zeigt eine Abbildung der Ware. Im Urteil Qualitex Co. v. Jacobson Products Co. 514 U. S. 159 (1995) hat der Supreme Court entschieden, dass eine Farbe nur dann als Marke eingetragen werden könne, wenn nachgewiesen sei, dass sie im Lauf der Zeit „a secondary meaning“ erworben habe, d. h., dass ihr die Verbraucher eine Herkunftsfunktion zuerkennen. Der Supreme Court hat seinen Standpunkt im Urteil Wal-Mart Stores Inc. v. Samara Brothers, Inc., 165 F.3d 120 (2000) bestätigt.


82: -    Dies gilt auch für die nach der mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren ergangenen Urteile des Gerichts vom 25. September 2002 in der Rechtssache T-316/00 (Viking-Umwelttechnik/HABM, „Zusammenstellung der Farben Grün und Grau“, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) und vom 9. Oktober 2002 in der Rechtssache T-173/00 (KWS Saat/HABM, „Farbton Orange“, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht). In diesen Urteilen stellt das Gericht zunächst fest, dass Farben oder Farbkombinationen als solche Gemeinschaftsmarken sein können, soweit sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden (Urteile Viking-Umwelttechnik/HABM, „Zusammenstellung der Farben Grün und Grau“, Randnr. 23, und KWS Saat/HABM, „Farbton Orange“, Randnr. 25). Außerdem führt das Gericht im Urteil KWS Saat/HABM, „Farbton Orange“, aus, dass ein Farbton Orange als solcher für bestimmte Dienstleistungen unterscheidungskräftig sein könne. Dazu ist erstens zu bemerken, dass die Frage, ob eine form- und konturlose Farbe als solche eine Gemeinschaftsmarke im Sinne von Artikel 4 der Verordnung sein kann, nicht vor dem Gericht erörtert wurde. Zweitens sehe ich in den Gründen, aus denen das Gericht festgestellt hat, dass ein Farbton Orange als solcher für bestimmte Dienstleistungen unterscheidungskräftig sein könne, keinen Anlass, meine Analyse in Frage zu stellen.


83: -    Diese Analyse teilt auch das HABM. Vgl. zur Farbe Blau die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer vom 29. Februar 2000 in der Beschwerdesache R 342/1999-2, mit der die Anmeldung des Unternehmens ARAL zurückgewiesen wurde. Vgl. außerdem die erwähnte Entscheidung in der Beschwerdesache R 122/1998-3, Randnrn. 29.


84: -    Vgl. schriftliche Erklärungen von Libertel, Nr. 7.1.


85: -    Zum Beispiel Gelb von Shell, Agip und BP, Blau von ARAL, Total und ELF, Rot von Total und ELF, Orange von Total und Esso usw.


86: -    Nr. 73.


87: -    Nach Géodys 2000/2001, La marque dans tous ses états, „bilden viele Unternehmen in ihrer Design-Abteilung ein Team von Spezialisten für Farben und Stoffe. Moulinex machte 1997 den Anfang und färbte seine kleinen Haushaltselektrogeräte gelb oder rot ... Heute färbt Apple seine IMac, Nurofen seine Arzneipackungen und Philips seine Fernseher“ (S. 218).


88: -    Nach Kapferer, J.-N. ist die Farbe „im Selbstbedienungsgeschäft für einen Verbraucher das Hauptmerkmal einer Marke“ (in Les marques, Capital de l'entreprise, Les chemins de la reconquête, Les éditions d'organisation 1995, Paris, S. 355).


89: -    Bonbonfarben stehen für Regression, da sie den Verbraucher an die Farben seiner Kindheit erinnern; grelle Farben für Transgression, sie vermitteln dem Verbraucher den Eindruck einer Befreiung von Konventionen; Naturfarben für Authentizität, sie verleihen den Waren ein rustikales besänftigendes Aussehen; High-tech-Farben (Grün-metallic) für Sicherheit, sie beruhigen, weil sie gleichbedeutend sind mit Perfektion (Géodys 2000/2001, a. a. O., S. 218).