Language of document : ECLI:EU:T:2019:215

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

4. April 2019(*)

„REACH – Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 – Bis(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP) – Zurückweisung eines Antrags auf interne Überprüfung eines Zulassungsbeschlusses als unbegründet – Rechtsfehler – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006“

In der Rechtssache T‑108/17,

ClientEarth mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigter: A. Jones, Barrister,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch G. Gattinara, R. Lindenthal und K. Mifsud-Bonnici als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Europäische Chemikalienagentur (ECHA), vertreten durch M. Heikkilä und W. Broere als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

betreffend einen Antrag gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Schreibens der Kommission vom 7. Dezember 2016, mit dem die Kommission einen Antrag der Klägerin vom 2. August 2016 auf interne Überprüfung des Durchführungsbeschlusses C(2016) 3549 final der Kommission vom 16. Juni 2016 zur Erteilung einer Zulassung für Verwendungen von Bis(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zurückgewiesen hat,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richter A. Dittrich (Berichterstatter) und I. Ulloa Rubio,

Kanzler: F. Oller, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2018

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit Erlass der Verordnung (EU) Nr. 143/2011 der Kommission vom 17. Februar 2011 zur Änderung von Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (ABl. 2011, L 44, S. 2) nahm die Europäische Kommission Bis(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP), eine organische Verbindung, die im Wesentlichen zum Weichmachen von Kunststoffen auf der Grundlage von Polyvinylchlorid (PVC) verwendet wird, in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1, berichtigt im ABl. 2007, L 136, S. 3) auf, da der Stoff reproduktionstoxische Eigenschaften im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung besitzt.

2        Am 13. August 2013 stellten drei Recyclingunternehmen (im Folgenden: die Antragsteller) einen gemeinsamen Zulassungsantrag gemäß Art. 62 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 (im Folgenden: Zulassungsantrag) im Hinblick auf das Inverkehrbringen von DEHP für die folgenden „Verwendungen“:

–        „Formulierung von recyceltem Weich-Polyvinylchlorid (PVC), das DEHP in Verbindungen und Trockengemischen enthält,

–        industrielle Verwendung von DEHP-haltigem, recyceltem Weich-PVC bei der Polymerverarbeitung durch Kalandrierung, Extrusion, Kompression und Spritzguss zur Herstellung von PVC‑Erzeugnissen“.

3        In der Analyse der Alternativen, die dem Zulassungsantrag beigefügt war, machten die Antragsteller folgende Angaben:

„DEHP ist ein Weichmacher, der seit mehreren Jahrzehnten zum Weichmachen von PVC verwendet wird, um Weich-PVC herzustellen. …

DEHP wird so PVC hinzugefügt, bevor der Kunststoff zu Kunststoffprodukten verarbeitet wird und bevor die Kunststoffprodukte zu Abfall werden, d. h. es handelt sich um ein Produkt, das von potenziellem Wert für die Antragsteller ist. Streng genommen hat DEHP für die Antragsteller keine besondere funktionelle Bedeutung; es ist lediglich als (größtenteils unerwünschte) Verunreinigung in den gesammelten, sortierten und verarbeiteten Abfällen vorhanden, die später in Form von ‚Rezyklat‘ in den Verkehr gebracht werden. Das begrenzte Vorkommen von DEHP (oder sonstigen Weichmachern) im recycelten Produkt kann für nachgeschaltete Anwender (PVC‑Verarbeiter) allerdings theoretisch in mehrfacher Hinsicht von Vorteil sein:

–        Es kann die Verarbeitung des zu recycelnden Ausgangsstoffs in neue PVC‑Erzeugnisse vereinfachen; und

–        es kann den PVC‑Verarbeitern ermöglichen, die Menge an reinem DEHP (oder ‚Roh-DEHP‘) (oder sonstigen Weichmachern), die ihren Verbindungen beigesetzt wird, um neue Erzeugnisse aus Weich-PVC herzustellen, zu reduzieren“.

4        In ihrem Zulassungsantrag stellten die Antragsteller ebenfalls fest, dass „DEHP für [sie] keine besondere funktionelle Bedeutung ha[be]“. Der Stoff sei lediglich als (größtenteils unerwünschte) Verunreinigung in den gesammelten, sortierten, behandelten und später in Form von Rezyklat in den Verkehr gebrachten Abfällen vorhanden. Im Zulassungsantrag wird auch ausgeführt, dass das begrenzte Vorkommen von DEHP im Rezyklat dessen Verarbeitung zu neuen PVC‑Erzeugnissen vereinfachen könne, indem die Menge an reinem DEHP bzw. Roh-DEHP oder sonstigen Weichmachern, die den Verbindungen vor der Herstellung neuer Weich-PVC‑Erzeugnisse hinzugefügt werden könnten, reduziert werde.

5        Am 10. Oktober 2014 nahmen die Ausschüsse für Risikobeurteilung und für sozioökonomische Analyse der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zum Zulassungsantrag Stellung. Der Ausschuss für Risikobeurteilung war der Auffassung, die Antragsteller hätten nicht nachgewiesen, dass die Risiken für die Gesundheit von Arbeitnehmern, die sich aus den zwei beantragten „Verwendungen“ ergäben, im Sinne von Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 angemessen beherrscht würden. Der Ausschuss für sozioökonomische Analyse stellte fest, trotz einiger Mängel in der von den Antragstellern vorgelegten Analyse zum Nachweis des sozioökonomischen Nutzens der im Zulassungsantrag dargelegten „Verwendungen“ und auf der Grundlage einer „qualitativen Analyse“ einschließlich relevanter Unsicherheiten könne die Zulassung im vorliegenden Fall erteilt werden.

6        Am 22. Oktober 2014 erstellten die Ausschüsse für Risikobeurteilung und für sozioökonomische Analyse der ECHA ein Dokument, das eine gemeinsame und konsolidierte Fassung ihrer Stellungnahmen enthielt. Das Dokument hat das Aktenzeichen „ECHA/RAC/SEAC Opinion No. AFA-0-0000004151‑87‑17/D“ und den Titel „Stellungnahme zu einem Zulassungsantrag im Hinblick auf die Verwendung von Bis(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP): Formulierung von recyceltem Weich-PVC, das DEHP in Verbindungen und Trockengemischen enthält“. Am 24. Oktober 2014 ließ die ECHA der Kommission diese gemeinsame konsolidierte Stellungnahme zukommen.

7        Am 12. Dezember 2014 wurde der bestehende Eintrag für DEHP in der „Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV in Frage kommenden Stoffe“ im Sinne von Art. 59 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 (im Folgenden: Kandidatenliste) durch die ECHA auf den neuesten Stand gebracht sowie ergänzt und der genannte Stoff als Stoff im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuft, der endokrine Eigenschaften und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt hat, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e der Verordnung aufgeführter Stoffe.

8        Der Zulassungsantrag wurde auch in dem in Art. 133 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Ausschuss erörtert.

9        Am 16. Juni 2016 erließ die Kommission den Durchführungsbeschluss C(2016) 3549 final, mit dem die Zulassung für Verwendungen von Bis(2‑ethylhexyl)phthalat (DEHP) gemäß der Verordnung Nr. 1907/2006 erteilt wurde (im Folgenden: Zulassungsbeschluss). In Art. 1 des Beschlusses erteilte die Kommission eine Zulassung für die folgenden „Verwendungen“:

–        „Formulierung von recyceltem Weich-Polyvinylchlorid (PVC), das DEHP in Verbindungen und Trockengemischen enthält,

–        industrielle Verwendung von DEHP-haltigem, recyceltem Weich-PVC bei der Polymerverarbeitung durch Kalandrierung, Extrusion, Kompression und Spritzguss zur Herstellung von PVC‑Erzeugnissen, ausgenommen: Spielzeug und Babyartikel; Radiergummis; Spielzeug für Erwachsene (Sexspielzeug und andere Artikel für Erwachsene, die in engen Kontakt mit den Schleimhäuten gelangen); Haushaltsgegenstände, die kleiner als 10 cm sind und an denen Kinder saugen oder auf denen sie kauen können; Verbrauchertextilien/Bekleidung, die auf der nackten Haut getragen wird; Kosmetika und Lebensmittelkontaktmaterialien, für die es sektorspezifische Rechtsvorschriften der Union gibt.“

10      Gemäß Art. 1 des Zulassungsbeschlusses wurde die Zulassung nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 unter der Voraussetzung erteilt, dass zum einen die Risikomanagementmaßnahmen und die Verwendungsbedingungen, die in dem gemäß Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung vorgelegten Stoffsicherheitsbericht beschrieben sind, für jede einzelne Verwendung vollumfänglich angewandt werden und zum anderen der Anteil von DEHP, den recyceltes Weich-PVC in Verbindungen und Trockengemischen enthält, höchstens 20 % Massenanteil betragen darf.

11      In Art. 2 des Zulassungsbeschlusses legte die Kommission den in Art. 60 Abs. 9 Buchst. e der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Überprüfungszeitraum auf vier Jahre ab dem in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Ablauftermin fest, d. h. bis zum 21. Februar 2019. In Art. 3 des Zulassungsbeschlusses legte die Kommission Überwachungsregelungen im Sinne von Art. 60 Abs. 9 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 fest.

12      In Art. 4 des Zulassungsbeschlusses nannte die Kommission die Antragsteller als Adressaten des Beschlusses.

13      Im achten Erwägungsgrund des Zulassungsbeschlusses stellte die Kommission fest, dass die Verordnung Nr. 1907/2006 „nicht für die in der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates definierten Abfälle gilt“ und folglich „die Zulassung des Inverkehrbringens und Verwendens von Verbindungen und Trockengemischen von DEHP enthaltendem recyceltem Weich-PVC gemäß Art. 64 der [Verordnung Nr. 1907/2006] insoweit gilt, als diese Verbindungen und Trockengemische gemäß Art. 6 dieser Richtlinie nicht mehr als Abfälle anzusehen sind“.

14      Mit Schreiben vom 2. August 2016 (im Folgenden: Antrag auf interne Überprüfung) ersuchte die Klägerin, ClientEarth, eine Einrichtung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die namentlich den Umweltschutz zum Ziel hat, die Kommission um eine interne Überprüfung des Zulassungsbeschlusses gemäß Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. 2006, L 264, S. 13).

15      Mit Beschluss C(2016) 8454 final vom 7. Dezember 2016 (im Folgenden: Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung) wies die Kommission den Antrag auf interne Überprüfung als unbegründet zurück.

 Verfahren und Anträge der Parteien

16      Mit Klageschrift, die am 17. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

17      Die Klagebeantwortung ist am 4. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen.

18      Mit Schriftsatz, der am 29. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die ECHA beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 29. Juni 2017 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts dem Antrag der ECHA auf Zulassung als Streithelferin stattgegeben.

19      Die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 22. Juni bzw. 21. August 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden.

20      Am 21. August 2017 ist der Streithilfeschriftsatz der ECHA bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen.

21      Die Klägerin beantragt,

–        die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

–        den Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung für nichtig zu erklären;

–        den Zulassungsbeschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

–        „jede weitere als geeignet angesehene Maßnahme anzuordnen“.

22      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

23      Die ECHA beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung des Zulassungsbeschlusses

24      Ohne förmlich eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 130 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, macht die Kommission, unterstützt durch die ECHA, eine teilweise Unzulässigkeit der vorliegenden Klage geltend, soweit die Klägerin mit ihrem dritten Klageantrag die Nichtigerklärung des Zulassungsbeschlusses begehrt.

25      Erstens sei der Zulassungsbeschluss nicht Gegenstand der vorliegenden Nichtigkeitsklage. Zweitens sei die Klägerin nicht klagebefugt, um den Zulassungsbeschluss gemäß Art. 263 AEUV anzufechten.

26      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, sie fechte den Zulassungsbeschluss nicht unmittelbar an, da sie der Auffassung sei, dass sie nicht über die erforderliche Klagebefugnis verfüge, um gemäß Art. 263 AEUV eine Klage gegen den Zulassungsbeschluss zu erheben. Somit ist der Zulassungsbeschluss nicht Gegenstand der vorliegenden Klage, soweit sie sich auf Art. 263 AEUV stützt.

27      Die Klägerin vertritt jedoch die Auffassung, dass erstens eine etwaige Nichtigerklärung des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung logischerweise zu einer Nichtigerklärung des Zulassungsbeschlusses führen müsse.

28      Hierzu ist festzustellen, dass das in den Verträgen vorgesehene System der gerichtlichen Kontrolle dem Gericht keine Möglichkeit einräumt, einen Beschluss für nichtig zu erklären, der nicht Gegenstand einer direkten Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV ist.

29      Die Klägerin macht zweitens geltend, jedenfalls sei das Gericht gemäß Art. 266 Abs. 1 AEUV befugt, als für die Wirksamkeit des Urteils im vorliegenden Verfahren notwendige Maßnahme von der Kommission zu verlangen, dass sie den Zulassungsbeschluss „widerrufe“. Aus diesem Grund hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie den dritten Klageantrag aufrechterhalten wolle.

30      Soweit die Klägerin geltend macht, das Gericht sei gemäß Art. 266 Abs. 1 AEUV befugt, von der Kommission den „Widerruf“ des Zulassungsbeschlusses zu verlangen, geht sie von einer fehlerhaften Lesart dieser Bestimmung aus. Zum einen steht nämlich eine Nichtigerklärung des Zulassungsbeschlusses durch das Gericht, wie von der Klägerin in ihrem dritten Klageantrag begehrt, in keinem Zusammenhang mit einem etwaigen Widerruf dieses Beschlusses durch die Kommission. Zum anderen verleiht diese Bestimmung dem Gericht keine Befugnisse, die über die in den Verträgen ausdrücklich vorgesehenen gerichtlichen Zuständigkeiten hinausgehen. Entgegen der offensichtlichen Auffassung der Klägerin bezieht sich Art. 266 Abs. 1 AEUV ausdrücklich auf die Verpflichtung der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, denen das vom Unionsrichter für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Nichtigkeitsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Nach der Rechtsprechung ist der Unionsrichter im Rahmen der von ihm ausgeübten Kontrolle der Rechtmäßigkeit nicht befugt, Anordnungen an die Unionsorgane zu richten oder sich an ihre Stelle zu setzen (vgl. Urteil vom 30. Mai 2013, Omnis Group/Kommission, T‑74/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:283, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit ist das Gericht im vorliegenden Fall nicht befugt, im Fall der Nichtigerklärung des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung Anordnungen an die Kommission zu richten oder den Widerruf des Zulassungsbeschlusses vorzunehmen.

31      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist der dritte Klageantrag offensichtlich unzulässig und folglich zurückzuweisen.

 Zum Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung

32      Soweit die Klage, wie aus dem zweiten Klageantrag hervorgeht, die Nichtigerklärung des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung betrifft, macht die Klägerin vier Klagegründe geltend.

33      Der erste Klagegrund stützt sich auf das Vorbringen, der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung sei mit Rechtsfehlern und offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet, die die Vereinbarkeit des Zulassungsantrags mit Art. 62 und Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 beträfen. Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung sei mit Rechtsfehlern und offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet, die die sozioökonomische Beurteilung gemäß Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 beträfen. Der dritte Klagegrund stützt sich auf das Vorbringen, der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung sei mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet, die die Analyse der Alternativen gemäß Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 beträfen. Mit dem vierten Klagegrund macht die Klägerin geltend, der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung sei mit Rechtsfehlern und offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet, die die Anwendung des Vorsorgegrundsatzes im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren gemäß der Verordnung Nr. 1907/2006 beträfen.

 Zum ersten Klagegrund: Rechtsfehler und Beurteilungsfehler in Bezug auf die Vereinbarkeit des Zulassungsantrags mit Art. 62 und Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006

34      Der erste Klagegrund besteht aus vier Teilen, mit denen nachgewiesen werden soll, dass der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler in Bezug auf die Vereinbarkeit des Zulassungsantrags mit Art. 62 und Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 enthält, und zwar erstens bei der Auslegung des Begriffs „Verwendung“ im Sinne von Art. 62 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006, zweitens im Zusammenhang mit angeblichen Mängeln des Stoffsicherheitsberichts, drittens im Zusammenhang mit angeblichen Mängeln bei der Beurteilung geeigneter Alternativen und viertens bei der Auslegung von Art. 60 Abs. 7 und Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006.

–       Zum ersten Teil: Rechts- und Beurteilungsfehler bei der Auslegung des Begriffs „Verwendung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a und Art. 62 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006

35      Die Klägerin macht als Erstes geltend, die Antragsteller hätten „die Verwendung(en) dieses Stoffes“ nicht definiert, obwohl Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 dies vorschreibe. Auch die Kommission habe den Begriff „Verwendung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a und Art. 62 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 falsch ausgelegt.

36      Erstens beziehe sich der Begriff auf Fälle, in denen eine Zulassung für den aktiven Gebrauch oder die Einführung eines Stoffs „in einem industriellen Verfahren“ beantragt werde. Der aktive Gebrauch und die Einführung eines Stoffs in einem industriellen Verfahren seien mit der absichtlichen Verwendung gleichzusetzen. Das Gegenbeispiel zu diesem Begriff des aktiven Gebrauchs sei der Fall, in dem ein Stoff lediglich zufällig in einem bereits existierenden Verfahren vorhanden sei. Das dauernde und zufällige Vorhandensein eines Stoffs in einem bereits existierenden Verfahren könne jedoch nicht als „Verwendung“ im eigentlichen Sinne angesehen werden.

37      Im vorliegenden Fall sei die Zulassung für „Verwendungen von recyceltem PVC, das DEHP enthält“ beantragt worden. Angesichts der Angaben im Zulassungsantrag sowie der Informationen in der von den Antragstellern verfassten Analyse der Alternativen könne festgestellt werden, dass die Antragsteller nicht beantragt hätten, DEHP in einem von ihnen betriebenen „industriellen Verfahren“ aktiv zu gebrauchen oder einzuführen. Der Zulassungsantrag beziehe sich auf das bloße unbeabsichtigte Vorhandensein eines Stoffs in einem bereits existierenden Verfahren und nicht auf eine „Verwendung“ im Sinne der Verordnung Nr. 1907/2006. Der Antrag richte sich in Wirklichkeit nur auf ein Verfahren zum Sammeln, Behandeln und Inverkehrbringen von Kunststoffabfällen, die einen bestimmten Anteil von DEHP als Nebenbestandteil enthielten. Mit anderen Worten handle es sich vorliegend um Verwendungen von recyceltem PVC, das DEHP enthalte, d. h. um eine „Verarbeitung von Kunststoffabfällen“ und nicht um eine Verarbeitung von DEHP an sich.

38      Da die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung der von den Antragstellern vertretenen Auslegung des Begriffs „Verwendung“ gefolgt sei, habe sie einen „offensichtlichen“ Rechtsfehler begangen. Dadurch habe die Kommission in Wirklichkeit und zu Unrecht ein „Verfahren in seiner Gesamtheit“ zugelassen, nämlich das „Recycling von Materialien, die einen besonders besorgniserregenden Stoff enthalten“, obwohl die Verordnung Nr. 1907/2006 die Zulassung der absichtlichen Verwendung eines besonders besorgniserregenden Stoffs im Sinne von Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 nur in einem industriellen Verfahren erlaube.

39      Dem Argument der Kommission, der Zulassungsbeschluss sei für einen Stoff erlassen worden, wie er „in einem Gemisch“ enthalten sei, hält die Klägerin entgegen, aus der Wortgruppe „in einem Gemisch“, die in Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 genannt werde, ergebe sich, dass sich die angemessene Auslegung auf die Verwendung des „einzelnen Stoffs im Kontext eines Gemisches“ und nicht auf die Verwendung „des Gemisches insgesamt“ beziehen müsse. Auch wenn die Verwendung des Gemisches relevant sei, um den Mehrwert und die Funktion des Stoffs im Gemisch nachvollziehen zu können, hätte der Zulassungsantrag nach Auffassung der Klägerin in Bezug auf die besondere Verwendung des Stoffs selbst in diesem Gemisch formuliert werden müssen. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen.

40      Außerdem liege einer der Gründe, aus denen es wichtig sei, dass der Antragsteller, der eine Zulassung nach der Verordnung Nr. 1907/2006 begehre, der Verwendung des „besonders besorgniserregenden Stoffs in einem Gemisch“ und nicht der „Verwendung des Gemisches“ Rechnung trage, darin, dass die Genauigkeit der Analyse der Alternativen und der sozioökonomischen Beurteilung von der Definition der Verwendung abhänge. Im vorliegenden Fall hätten die Antragsteller im Rahmen ihrer Analyse der Alternativen keine Stoffe oder Technologien geprüft, die die Verwendung von DEHP im Gemisch ersetzen könnten. Erfasst habe der Zulassungsantrag vielmehr nur andere Arten der Herstellung eines Gemisches, das kein DEHP enthalte, nämlich PVC, das entweder durch Abtrennen oder Absondern oder aufgrund anderer Ursachen kein DEHP enthalte.

41      Schließlich vertrete die Kommission zu Unrecht die Auffassung, dass die oben in den Rn. 36 bis 38 dargelegten Argumente der Klägerin nicht im Antrag auf interne Überprüfung vorgetragen worden seien. Im Antrag auf interne Überprüfung habe die Klägerin dargelegt, dass die Definition des Begriffs „Verwendung“ als Bezugnahme auf eine „technische Funktion“ des betreffenden Stoffs auszulegen sei, in Abgrenzung zur Erklärung der Antragsteller, die angegeben hätten, dass sie „nicht den Stoff [DEHP] selbst verwenden [und er] lediglich als (größtenteils unerwünschte) Verunreinigung vorhanden ist“. Die Klägerin trägt vor, selbst wenn sie das Adjektiv „aktiv“ in diesem Zusammenhang nicht verwendet habe, so habe sie in Rn. 49 ihres Antrags auf interne Überprüfung signalisiert, dass der Zulassungsbeschluss nicht erlaube, „DEHP weiterhin allein oder in einem Gemisch zu verwenden“. Mit anderen Worten habe sie signalisiert, dass der Zulassungsbeschluss nicht erlaube, DEHP aktiv zu verwenden oder zu gebrauchen.

42      Zweitens habe die Kommission versucht, eine Verwendung von DEHP im Sinne der Verordnung Nr. 1907/2006 zu ermitteln, und insofern unterstellt, dass im Zulassungsantrag eine Funktion von DEHP genannt werde. Diese Funktion sei jedoch schwerlich mit der Verordnung Nr. 1907/2006 zu vereinbaren.

43      In ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung habe die Kommission nämlich festgestellt, dass zu unterscheiden sei zwischen dem „Vorhandensein von DEHP in Abfällen … und der Funktion, die dem Stoff in verwertetem Material zukommt, das nicht mehr als Abfall anzusehen ist“. Der Kommission zufolge bestehe die maßgebliche Funktion von DEHP im verwerteten Material darin, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus Weich-PVC auf der Grundlage von recyceltem Weich-PVC‑Material herzustellen“.

44      Diese Funktion sei jedoch als solche nicht im Zulassungsantrag angegeben gewesen. Vielmehr hätten die Antragsteller ausdrücklich erklärt, dass „DEHP für [sie] keine besondere funktionelle Bedeutung ha[be]“. Folglich entspreche die Funktion, die die Kommission DEHP zuschreibe, nicht dem Zulassungsantrag.

45      Außerdem, und dies sei noch wichtiger, könne die Reduzierung der Menge eines als Weichmacher verwendeten besonders besorgniserregenden reinen Stoffs mittels eines recycelten besonders besorgniserregenden Stoffs nicht als „Funktion“ eingestuft werden, die nach der Verordnung Nr. 1907/2006 zugelassen werden könne.

46      Würde man nämlich diese Argumentation außerhalb der vorliegenden Rechtssache anwenden, dann hätte jeder besonders besorgniserregende, in recyceltem Material vorhandene Stoff diese Funktion, d. h. die Funktion, die Menge eines besonders besorgniserregenden reinen Stoffs im Material zu reduzieren. Diese Argumentation hätte zur Folge, dass jede Verwendung eines besonders besorgniserregenden, in wiedergewonnenem Material vorhandenen Stoffs allein deshalb zugelassen würde, weil recyceltes Material verwendet worden sei. Unter diesen Umständen müsste nach Auffassung der Klägerin zwangsläufig allen Zulassungsanträgen stattgegeben werden, die eine Verwendung von recyceltem Material beträfen. Die Zulassung von „Recycling von Materialien, die einen besonders besorgniserregenden Stoff enthalten“ laufe jedoch den Zielen der Verordnung Nr. 1907/2006 unmittelbar zuwider. Die Verordnung solle nämlich nicht das Recycling von Materialien fördern, die besonders besorgniserregende Stoffe enthielten, sondern sei im Gegenteil darauf gerichtet, besonders besorgniserregende Stoffe schrittweise zu ersetzen und sogar zu eliminieren, wo immer sie sich befänden und wie lange auch immer sie bereits in bestimmten Anwendungen vorhanden seien.

47      Zudem hätte nach Auffassung der Klägerin, wenn die Reduzierung der Menge von Roh-Weichmachern eine Funktion darstelle, die „mit Art. 62 [der Verordnung Nr. 1907/2006] vereinbar“ sei, die Analyse der Alternativen von dieser Funktion ausgehen müssen. Folglich hätte nach Ansicht der Klägerin festgestellt werden müssen, ob es Alternativen für die Verwendung von recyceltem DEHP gebe, die eine Reduzierung der für die Herstellung von PVC‑Erzeugnissen erforderlichen Menge an Roh-DEHP erlaubten. Anders gesagt: Wäre die von der Kommission vorgenommene Definition der Begriffe „Verwendung“ und „Funktion“ zutreffend, hätte die von den Antragstellern vorgelegte Analyse der Alternativen andere Vorgehensweisen enthalten müssen, mit denen sich die Menge von Weichmachern in Roh-PVC reduzieren lasse, was nicht der Fall gewesen sei.

48      Außerdem begehe die Kommission dadurch einen weiteren Fehler, dass sie die Auffassung vertrete, die Klägerin habe erst im Stadium der Klageschrift ihre Argumente im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Zulassung für ein „Verfahren in seiner Gesamtheit“ vorgetragen, nämlich das Recycling eines Gemisches von DEHP-haltigen PVC‑Abfällen, in Abgrenzung zu einer Zulassung für eine besondere Verwendung von DEHP in diesem Verfahren oder Gemisch. Entgegen dem Vorbringen der Kommission habe die Klägerin bereits im Stadium ihres Antrags auf interne Überprüfung geltend gemacht, dass sie sich in Wirklichkeit „auf den Ersatz [eines] Abfallstroms konzentriert“ habe. Die Kommission habe die Alternativen in Bezug auf den recycelten Abfall „insgesamt“ geprüft, und die Klägerin habe beanstandet, dass die Kommission es unterlassen habe, echte Ersatzstoffe zu prüfen, die die Funktion von DEHP erfüllen könnten.

49      Als Zweites könne die von der Kommission vorgenommene Auslegung des Begriffs „Verwendung“ im vorliegenden Fall zu Unrecht in das System der Abfallregulierung eingreifen.

50      Mangels Kriterien, anhand deren sich der Zeitpunkt bestimmen lasse, zu dem ein Stoff den Status „Ende der Abfalleigenschaft“ erreiche, sei zu befürchten, dass, wenn eine Zulassung nach der Verordnung Nr. 1907/2006 für einen Abfall erteilt worden sei, Unternehmen diese Zulassung als Beweis für die positive Beurteilung der Wirkungen auf die Umwelt oder die menschliche Gesundheit anführen könnten, wenn sie nachweisen wollten, dass Abfällen der Status „Ende der Abfalleigenschaft“ zuerkannt werden müsse. Insoweit könnten Recyclingunternehmen die Erteilung einer Zulassung nach der Verordnung Nr. 1907/2006 für alten Abfall benutzen, um den Status „Ende der Abfalleigenschaft“ im Sinne der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3, im Folgenden: Abfallrahmenrichtlinie) zu erlangen.

51      Schließlich habe die Klägerin entgegen dem Vorbringen der Kommission ihre oben in den Rn. 49 und 50 dargelegten Argumente im Wesentlichen bereits im Antrag auf interne Überprüfung vorgetragen. Sie habe nämlich in den Rn. 117 und 118 des Antrags auf interne Überprüfung unmissverständlich darauf hingewiesen, dass das Verhältnis zwischen der Verordnung Nr. 1907/2006 und der Abfallrahmenrichtlinie nicht durcheinandergebracht werden dürfe.

52      Die Kommission widerspricht diesem Vorbringen.

53      Vorab ist festzustellen, dass, im Gegensatz zum Vorbringen, auf das sich die Klägerin in einigen Punkten ihrer Klageschrift zu berufen scheint, nur die Rechtmäßigkeit des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung und nicht die Frage, ob der Zulassungsantrag ausreicht, Gegenstand der vorliegenden Klage sein kann. Die in der Klageschrift enthaltenen Klagegründe müssten daher darauf gerichtet sein, etwaige Rechts- oder Beurteilungsfehler der Kommission im Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung nachzuweisen, nicht jedoch etwaige Fehler der Antragsteller.

54      Folglich könnte sich das Vorbringen, mit dem geltend gemacht wird, dass erstens die Antragsteller selbst „die Verwendung(en) dieses Stoffs“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht korrekt definiert hätten (vgl. oben, Rn. 35), dass zweitens die Antragsteller den im Zulassungsantrag enthaltenen Angaben zufolge nicht beantragt hätten, DEHP in einem „industriellen Verfahren“ aktiv zu gebrauchen oder einzuführen, sondern sich ihr Zulassungsantrag auf das bloße unbeabsichtigte Vorhandensein eines Stoffs in einem Gemisch beziehe (vgl. oben, Rn. 37), und dass drittens der Antrag nur ein Verfahren zum Sammeln, Verarbeiten und Inverkehrbringen von Kunststoffabfällen betreffe, die DEHP enthielten (vgl. oben, Rn. 37), nur dann auf die vorliegende Klage auswirken, wenn sich die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung Bestandteile des Zulassungsantrags zu eigen gemacht hätte. Gleiches gilt für das Vorbringen, der Zulassungsantrag enthalte keinen Hinweis auf die Funktion von DEHP, die die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung zugrunde gelegt habe (vgl. oben, Rn. 44).

55      Weiterhin ist vorab festzustellen, dass die Klagegründe und Argumente, die im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses über die Zurückweisung eines Antrags auf interne Überprüfung vor dem Gericht geltend gemacht werden, nur insoweit als zulässig angesehen werden können, wenn der Kläger sie bereits im Antrag auf interne Überprüfung vorgetragen hat, und zwar so, dass die Kommission dazu Stellung nehmen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2016, TestBioTech u. a./Kommission, T‑177/13, nicht veröffentlicht, gegen das Urteil ist ein Rechtsmittel anhängig, EU:T:2016:736, Rn. 68).

56      Dies ist angesichts des Wortlauts von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 zwingend. Daraus geht nämlich hervor, dass ein Antrag auf interne Überprüfung eines Verwaltungsakts, der von einem Unionsorgan nach dem Umweltrecht angenommen wurde, ausdrücklich den Verwaltungsakt, auf den sich der Antrag bezieht, und die Gründe für die Überprüfung benennen muss. Aus dieser Verpflichtung ergibt sich, dass ein Antragsteller im Rahmen eines Antrags auf interne Überprüfung nur das Recht hat, dass die Kommission zu den Gründen Stellung nimmt, die er in seinem Antrag geltend gemacht hat. Dagegen hat er nicht das Recht, dass die Kommission zu Fragen Stellung nimmt, die in seinem Antrag bei vernünftiger Betrachtung nicht zumindest erkennbar geltend gemacht wurden.

57      Um die Gründe für die Überprüfung entsprechend den Anforderungen darzulegen, ist der Antragsteller eines Antrags auf interne Überprüfung eines nach dem Umweltrecht angenommenen Verwaltungsakts auch verpflichtet, alle Tatsachen und Beweise und jegliche juristischen Argumente vorzutragen, die erhebliche Zweifel an der im betreffenden Verwaltungsakt von dem Unionsorgan oder der Unionseinrichtung vorgenommenen Beurteilung begründen. Ein Dritter, der die Zulassung anficht, muss somit stichhaltige Beweise vorbringen, die ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erteilung der Zulassung begründen können (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 21. Mai 2015, Schräder/CPVO, C‑546/12 P, EU:C:2015:332, Rn. 57, und vom 15. Dezember 2016, TestBioTech u. a./Kommission, T‑177/13, nicht veröffentlicht, gegen das Urteil ist ein Rechtsmittel anhängig, EU:T:2016:736, Rn. 66 und 67).

58      Die oben in Rn. 55 getroffene Feststellung ist auch angesichts des Wortlauts von Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 geboten. Nach dieser Vorschrift prüft das Organ, bei dem ein Antrag auf interne Überprüfung gestellt wird, jeden derartigen Antrag, sofern dieser nicht offensichtlich unbegründet ist. Folglich ist die Kommission aufgrund dieser Bestimmung verpflichtet, alle in einem Antrag auf interne Überprüfung vorgetragenen Gesichtspunkte sorgfältig und unparteiisch zu prüfen, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet sind. Zum einen ist es nicht Sache der Kommission, andere Gründe als die im Antrag auf interne Überprüfung genannten zu prüfen. Zum anderen muss der Antragsteller eines Antrags auf interne Überprüfung, damit die Kommission zufriedenstellend auf den Antrag eingehen kann, ihr ermöglichen, von den gegen den angefochtenen Verwaltungsakt erhobenen Rügen hinreichend genau Kenntnis zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2016, TestBioTech u. a./Kommission, T‑177/13, nicht veröffentlicht, gegen das Urteil ist ein Rechtsmittel anhängig, EU:T:2016:736, Rn. 262 bis 264).

59      Vorliegend macht die Kommission geltend, das Vorbringen der Klägerin, wonach der Begriff „Verwendung“ die Einführung oder den „aktiven“ Gebrauch eines bestimmten Stoffs in einem industriellen Verfahren impliziere, sei insofern ein neues Argument, als es nicht im Antrag auf interne Überprüfung geltend gemacht worden sei.

60      Aus Rn. 49 des Antrags auf interne Überprüfung geht hervor, dass die Klägerin erstens geltend macht, die vorliegend in Rede stehende Zulassung sei an die Verwendung eines „Materials mit DEHP [gebunden], das als Teil eines Kunststoffabfallstroms eingeführt wird, in dem DEHP keine technische Funktion zukommt“. Die Klägerin macht in der genannten Randnummer zweitens geltend, dass „die [vorliegend in Rede stehende] Zulassung dem Antragsteller somit nicht ermöglichen soll, DEHP eigenständig oder in einem Präparat zu verwenden oder [diesen Stoff] in ein Erzeugnis einzuführen“.

61      Wenn die Klägerin jedoch im Rahmen der vorliegenden Klage geltend macht, der Begriff „Verwendung“ impliziere die Einführung oder den „aktiven“ Gebrauch eines bestimmten Stoffs in einem „industriellen Verfahren“, so trägt sie insofern eine Rüge vor, die im Antrag auf interne Überprüfung weder klar und ausdrücklich noch für die Kommission bei vernünftiger Betrachtung erkennbar erhoben wurde. Darauf zu beharren, wie es die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage tut, dass DEHP „als Teil eines Abfallstroms“ oder „in einem Präparat“ verwendet oder sogar „in ein Erzeugnis“ eingeführt werden müsse, ist von dem Argument zu unterscheiden, wonach nur die aktive Einführung oder der aktive Gebrauch eines Stoffs „in einem industriellen Verfahren“ dem Begriff „Verwendung“ entspreche.

62      Insoweit ist festzustellen, dass das Argument der Klägerin, der Begriff „Verwendung“ impliziere die Einführung oder den „aktiven“ Gebrauch eines bestimmten Stoffs in einem „industriellen Verfahren“, der Kommission nicht im Antrag auf interne Überprüfung vorgetragen wurde und somit unzulässig ist.

63      Nur ergänzend ist zur Begründetheit dieses Arguments, d. h. zur Frage, wie der Begriff „Verwendung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a und Art. 62 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 auszulegen ist, festzustellen, dass der Begriff in Art. 3 Nr. 24 der Verordnung definiert ist. Nach dieser Bestimmung hat der Begriff „Verwendung“ die folgende Bedeutung: „Verarbeiten, Formulieren, Verbrauchen, Lagern, Bereithalten, Behandeln, Abfüllen in Behältnisse, Umfüllen von einem Behältnis in ein anderes, Mischen, Herstellen eines Erzeugnisses oder jeder andere Gebrauch“.

64      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin (vgl. oben, Rn. 36) beschränkt sich der in Art. 3 Nr. 24 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannte Begriff „Verwendung“ nicht auf die aktive Einführung eines Stoffs „in einem industriellen Verfahren“. Außerdem deutet nichts in dieser Bestimmung darauf hin, dass ein Stoff absichtlich in einem solchen Verfahren eingeführt werden muss, um von seiner „Verwendung“ ausgehen zu können.

65      Vielmehr lässt sich dem Wortlaut von Art. 3 Nr. 24 der Verordnung Nr. 1907/2006 entnehmen, dass auch dann von der „Verwendung“ eines Stoffs gesprochen werden kann, wenn er Teil einer Zusammensetzung aus verschiedenen Stoffen ist, welche ihrerseits einem der in Art. 3 Nr. 24 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Vorgänge unterzogen wurde. Anders gesagt: Wenn eine Zusammensetzung von Stoffen z. B. verarbeitet, formuliert, verbraucht oder gelagert wird, werden alle Stoffe, die Teil der Zusammensetzung sind, im Sinne der Verordnung Nr. 1907/2006 „verwendet“.

66      Für diese Auslegung spricht zunächst die Formulierung „jeder andere Gebrauch“ in Art. 3 Nr. 24 der Verordnung Nr. 1907/2006. Die Formulierung drückt zum einen aus, dass auch andere Vorgänge als diejenigen, die in der Vorschrift ausdrücklich genannt sind, unter den Begriff „Verwendung“ fallen. Zum anderen ist die Formulierung auch Ausdruck der vom Gesetzgeber vorgegebenen weiten Auslegung, wonach der aktive Gebrauch einer Zusammensetzung von Stoffen gleichzeitig ein aktiver Gebrauch der Stoffe ist, die Bestandteile der Zusammensetzung sind.

67      Darüber hinaus spricht der Wortlaut von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 für diese Auslegung. Nach dieser Vorschrift wird eine Zulassung nicht nur für die Verwendung eines Stoffs als solchem, sondern auch für die Verwendung des Stoffs in einem „Gemisch“ benötigt. Nach Art. 3 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 versteht man unter Gemisch im Sinne der Verordnung „Gemenge, Gemische oder Lösungen, die aus zwei oder mehr Stoffen bestehen“.

68      Wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, geht schließlich aus Art. 56 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1907/2006, der „die Verwendung von Stoffen in Gemischen“ von der Zulassungspflicht ausnimmt, wenn ihre Konzentration unterhalb bestimmter, in dieser Vorschrift genannter Werte liegt, ebenfalls implizit hervor, dass für die Verwendung der in Anhang XIV der Verordnung genannten und „in Gemischen“ vorhandenen Stoffe eine Zulassung erforderlich ist. Dieser Bestimmung liegt wiederum die Auffassung zugrunde, dass ein Stoff, der Bestandteil einer Zusammensetzung ist, jedes Mal verwendet wird, wenn die Zusammensetzung verwendet wird.

69      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin (vgl. oben, Rn. 39) ist nicht nur dann, wenn nachgewiesen wurde, dass einem Stoff eine besondere Funktion „im Kontext eines Gemisches“ – in Abgrenzung zur Verwendung „des Gemisches insgesamt“ – zukommt, festzustellen, dass der in einem Gemisch enthaltene Stoff verwendet wird.

70      Ein Gemisch kann u. a. aus Stoffen bestehen, denen eine besondere Funktion innerhalb des Gemisches zukommt, und aus Stoffen, deren Funktion sich erst zu dem Zeitpunkt offenbart, zu dem das Gemisch selbst verwendet wird. Außerdem kann es Gemische geben, in denen der Gesamtheit der Bestandteile nur aufgrund der Verwendung des Gemisches als solchem eine Funktion zukommt. Der Formulierung „jeder andere Gebrauch“ in Art. 3 Nr. 24 der Verordnung Nr. 1907/2006 lässt sich jedoch entnehmen, dass in beiden Fällen die Verwendung eines Gemisches die Verwendung aller Stoffe impliziert, die sich in dem Gemisch befinden.

71      Vorliegend wies die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung zur Begründung ihrer Feststellung, der Zulassungsbeschluss richte sich auf eine „Verwendung“ von DEHP, erstens darauf hin, dass die Zulassung für DEHP als Stoff beantragt worden sei, der „als (größtenteils unerwünschte) Verunreinigung in den gesammelten, sortierten, behandelten und später in Form von Rezyklat in den Verkehr gebrachten Abfällen vorhanden“ sei. Zweitens stellte die Kommission in Übereinstimmung mit diesem Ansatz und gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 fest, die in der Verordnung Nr. 1907/2006 festgelegten Anforderungen seien, da Abfall nicht als Stoff gelte, im vorliegenden Fall nur anwendbar, wenn die DEHP enthaltenden Abfälle nicht mehr als Abfälle anzusehen seien. Insoweit handelt es sich um eine ergänzende Klarstellung, die den Unterschied zwischen PVC‑Abfällen und PVC‑Rezyklat – d. h. PVC‑Abfällen, die nicht mehr als Abfälle anzusehen sind und folglich in den Verkehr gebracht werden können – hervorheben soll. Aus dem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung geht hervor, dass die Zulassung nur für das zuletzt genannte Szenario anwendbar ist. Drittens geht aus dem genannten Beschluss ausdrücklich hervor, dass DEHP, wenn es in Rezyklat enthalten ist, eine bestimmte „technische“ Funktion zukomme, nämlich die Funktion, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus Weich-PVC auf der Grundlage von recyceltem Weich-PVC‑Material herzustellen“. Viertens ist die Kommission in allen Beschreibungen der Funktionen von DEHP von der bereits im Zulassungsantrag enthaltenen Prämisse ausgegangen, dass DEHP im Allgemeinen die Funktion eines Weichmachers zukomme (vgl. oben, Rn. 3). Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass dem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung zufolge DEHP die Zulassung in seiner Eigenschaft als Weichmacher erteilt wurde, der in PVC‑Rezyklat enthalten ist, welches in den Verkehr gebracht wird, nachdem das PVC nicht mehr als Abfall anzusehen ist. Mit anderen Worten hat die Kommission bestimmte Funktionen von DEHP ermittelt, die spätestens zu dem Zeitpunkt aktiviert werden, in dem das DEHP enthaltende PVC‑Rezyklat verwendet wird.

72      Insoweit beging die Kommission keinen Rechtsfehler, als sie in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung die Auffassung vertrat, der Zulassungsbeschluss sei für eine „Verwendung“ von DEHP im Sinne von Art. 3 Nr. 24 in Verbindung mit Art. 56 Abs. 1 Buchst. a, Art. 60 und Art. 62 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 1907/2006 erteilt worden.

73      Das übrige Vorbringen der Klägerin kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

74      Als Erstes ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Kommission in Wirklichkeit ein „Verfahren in seiner Gesamtheit“ zugelassen habe, nämlich das „Recycling von Materialien, die einen besonders besorgniserregenden Stoff enthalten“ (vgl. oben, Rn. 38 und 48).

75      Zum einen handelt es sich, wie die Kommission zu Recht geltend macht, um ein Argument, das im Antrag auf interne Überprüfung nicht vorgetragen wurde und somit unzulässig ist.

76      Zum anderen hat die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung, wie bereits oben in Rn. 71 dargelegt, in der Sache jedenfalls erläutert, dass die Zulassung für die Verwendung des Stoffs DEHP erteilt wurde, wie er in einem Gemisch enthalten ist, d. h. für DEHP, wie es in recyceltem PVC enthalten ist, und nicht für das „Recycling von Materialien, die einen besonders besorgniserregenden Stoff enthalten“ oder für ein „Verfahren in seiner Gesamtheit“. Außerdem wurde die Verwendung eines DEHP enthaltenden Gemisches im Zulassungsantrag ausdrücklich beschrieben. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, bedeutet dies jedoch nicht, dass sich die Zulassung auf ein Gemisch bezieht. Vielmehr bezieht sie sich auf einen Stoff, der in einem Gemisch enthalten ist.

77      Als Zweites ist zum Vorbringen der Klägerin, zum einen sei erstmals im Beschluss der Kommission über den Antrag auf interne Überprüfung darauf hingewiesen worden, dass die Funktion von DEHP, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus Weich-PVC auf der Grundlage von recyceltem Weich-PVC‑Material herzustellen“, wie sie die Kommission in ihrem Beschluss bestimmt habe, im Zulassungsantrag enthalten gewesen sei, und zum anderen verstoße diese Funktion gegen das Ziel der Verordnung Nr. 1907/2006, besonders besorgniserregende Stoffe schrittweise zu ersetzen (vgl. oben, Rn. 44 und 46), Folgendes festzustellen.

78      Erstens ist diese Funktion DEHP nicht durch die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung zugeschrieben worden. Insoweit beruht der erste Teil des ersten Klagegrundes darauf, dass die Klägerin die der Kommission vorgelegten Dokumente der Antragsteller falsch verstanden hat. Die Antragsteller hatten nämlich bereits im Stadium des Zulassungsantrags darauf hingewiesen, dass die Weichmacherfunktion von DEHP insoweit für recyceltes Weich-PVC maßgeblich sei, als das Vorhandensein dieses Stoffs in dem Material zu dessen Weichheit beitrage, wodurch sich die Menge an Weichmachern reduziere, die bei seiner Verarbeitung zu Erzeugnissen aus Weich-PVC hinzugefügt werden müsse (vgl. oben, Rn. 3 und 4). Zudem war der Klägerin, wie Rn. 51 des Antrags auf interne Überprüfung zu entnehmen ist, sehr wohl bewusst, dass die Antragsteller im Zulassungsantrag auf die Funktion von DEHP hingewiesen hatten.

79      Zweitens verstößt die Funktion von DEHP, die von der Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung genannt wird, nicht gegen das insbesondere im 70. Erwägungsgrund und in Art. 55 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannte Ziel, besonders besorgniserregende Stoffe schrittweise zu ersetzen. Den genannten Bestimmungen liegt das Ziel zugrunde, besonders besorgniserregende Stoffe „schrittweise“ durch geeignete Stoffe zu ersetzen. In diesem Zusammenhang kommt dem Wort „schrittweise“ eine besondere Bedeutung zu. Durch die Verwendung von bereits vorhandenem DEHP in recyceltem PVC kann die Produktion neuer Mengen von DEHP vermieden werden. Eine Maßnahme, die u. a. darauf abzielt, die Produktion von Roh-DEHP kontinuierlich herabzusetzen, kann somit nicht gegen das Ziel verstoßen, besonders besorgniserregende Stoffe „schrittweise“ zu ersetzen.

80      Zudem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, welche „geeigneten“ Stoffe oder Technologien im Sinne von Art. 60 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit dem 73. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006 bei den oben in Rn. 9 genannten Verwendungen DEHP in PVC ersetzen könnten.

81      Als Drittes kann das Vorbringen der Klägerin nicht überzeugen, wonach die Argumentation der Kommission im Zusammenhang mit einer Funktion wie derjenigen, die die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung untersucht habe, dazu führe, dass jede Verwendung eines besonders besorgniserregenden, in wiedergewonnenem Material vorhandenen Stoffs allein deshalb zugelassen würde, weil recyceltes Material verwendet worden sei, und unter diesen Umständen allen Zulassungsanträgen, die eine Verwendung von recyceltem Material beträfen, zwangsläufig stattgegeben werden müsse (vgl. oben, Rn. 46).

82      Wie die Kommission zu Recht geltend macht, führt diese Auslegung des Begriffs „Verwendung“ im Sinne der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht dazu, dass allen Anträgen auf Zulassung der Verwendung von recyceltem Material zwangsläufig stattzugeben ist. Für die Erteilung einer Zulassung müssen nämlich immer noch alle in Art. 60 Abs. 2 oder 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Voraussetzungen erfüllt sein.

83      Als Viertes sind in Bezug auf das gesamte Vorbringen der Klägerin zur Erteilung der vorliegend in Rede stehenden Zulassung für eine behauptete „Verarbeitung von Abfällen“ und zur behaupteten Unvereinbarkeit der Zulassung mit der Abfallgesetzgebung der Union (vgl. oben, Rn. 37 und 50) die folgenden Gesichtspunkte hervorzuheben.

84      Erstens ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Zulassung für eine „Verarbeitung von Kunststoffabfällen“ erteilt worden sei, was gegen die Gesetzgebung verstoße (vgl. oben, Rn. 37).

85      Zwar wies die Klägerin in den Rn. 117 und 118 des Antrags auf interne Überprüfung relativ unbestimmt darauf hin, dass der Zulassungsbeschluss mit der Abfallgesetzgebung unvereinbar sei, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieses Vorbringen erstmals im Rahmen der vorliegenden Klage geltend gemacht worden und deshalb unzulässig ist.

86      Das Vorbringen ist jedoch nicht stichhaltig. Zum einen ist nämlich, wie die Kommission in Abschnitt 1.1 des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung im Wesentlichen feststellte, Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu entnehmen, dass Abfall im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie nicht als Stoff, Gemisch oder Erzeugnis im Sinne der Verordnung gilt. Zum anderen geht aus dem gleichen Abschnitt des genannten Beschlusses hervor, dass die vorliegend in Rede stehende Zulassung nicht für ein DEHP-haltiges PVC‑Gemisch gilt, wenn das Gemisch verwendet wird, ohne dass es seine Abfalleigenschaft verloren hat. Folglich steht der Zulassungsbeschluss nicht im Widerspruch zur Abfallgesetzgebung.

87      Zweitens ist, soweit sich die Klägerin auf den Status „Ende der Abfalleigenschaft“ (vgl. oben, Rn. 50) bezieht, festzustellen, dass dieses Vorbringen im Antrag auf interne Überprüfung weder ausdrücklich noch bei vernünftiger Betrachtung erkennbar erhoben wurde. Das Vorbringen ist somit erst im Stadium der Klageschrift geltend gemacht worden. Folglich ist es angesichts der Erwägungen oben in den Rn. 55 bis 58 als unzulässig zurückzuweisen.

88      Jedenfalls ist in der Sache festzustellen, dass, wie die Kommission zu Recht geltend macht, die Sorge der Klägerin unbegründet ist, wonach in Ermangelung von aus dem Unionsrecht oder der Unionspraxis abgeleiteten Kriterien zur Bestimmung des Status „Ende der Abfalleigenschaft“ die Erteilung einer Zulassung „für einen Abfall“ verhindere, dass recyceltes, DEHP enthaltendes Weich-PVC nicht mehr „Abfall ist“.

89      Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen spekulativ ist, da es auf Szenarien beruht, von denen nicht mit Sicherheit angenommen werden kann, dass sie bereits in den Mitgliedstaaten eingetreten sind oder noch eintreten können, ist festzustellen, dass, wie aus Art. 6 Abs. 4 der Abfallrahmenrichtlinie hervorgeht, es den Mitgliedstaaten obliegt, zu entscheiden, ob Abfälle keine Abfälle mehr sind. Diese Entscheidungen werden unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und im Licht der einschlägigen Unionsrechtsprechung getroffen. Selbst wenn ein Mitgliedstaat dafür optiert hätte, bei der Annahme einer Entscheidung im Rahmen der Anwendung des Begriffs „Ende der Abfalleigenschaft“ einen nach der Verordnung Nr. 1907/2006 erteilten Zulassungsbeschluss wie den vorliegend in Rede stehenden zugrunde zu legen, hätte dies kein Ablehnungsgrund für den Zulassungsbeschluss sein können. Eine Entscheidung über den Status „Ende der Abfalleigenschaft“ fällt nämlich weder in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1907/2006 noch in denjenigen des Zulassungsbeschlusses.

90      Fünftens kann die Klägerin nicht überzeugen, wenn sie geltend macht, die von der Kommission vorgenommene Analyse der Alternativen hätte, wenn die Reduzierung der Menge von Roh-Weichmachern eine Funktion darstelle, die „mit Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 vereinbar“ sei, von dieser Funktion ausgehen müssen (vgl. oben, Rn. 47).

91      Zwar kann sich die Frage, wie der Begriff „Verwendung“ auszulegen ist, auf die Tragweite der Analyse der verschiedenen Voraussetzungen auswirken, die in Art. 60 Abs. 2 und 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannt sind. Wie jedoch aus den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, kann man auch von einer „Verwendung“ sprechen, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Stoff Bestandteil eines Gemisches ist und den Eigenschaften des Stoffs in diesem Gemisch eine bestimmte Funktion – vorliegend die Weichmacherfunktion – sowie eine Funktion zukommt, die sich erst zum Zeitpunkt der Verwendung des Gemisches offenbart, wie z. B. im vorliegenden Fall die Funktion, die mit der schrittweisen Reduzierung der Herstellung von Roh-DEHP verbunden ist. In einem solchen Kontext ist es nicht falsch, wenn man andere Gemische, die den Stoff überhaupt nicht enthalten, oder andere Verfahren, in denen die Funktion des Stoffs durch andere Mittel gewährleistet werden kann, als mögliche Alternativen ansieht. Insbesondere war die Kommission jedenfalls nicht verpflichtet, zu prüfen, in welchem genauen Ausmaß die zugelassene Verwendung das Vorhandensein des besonders besorgniserregenden Stoffs auf dem Markt reduzieren können würde.

92      Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes als unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil: Rechts- und Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit Mängeln des Stoffsicherheitsberichts

93      Die Klägerin macht geltend, die Beurteilungen der Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung in Bezug auf den Stoffsicherheitsbericht seien mit Rechtsfehlern und offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet.

94      Als Erstes sei der Zulassungsantrag nicht mit Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 vereinbar. Die Unvereinbarkeit mit dieser Vorschrift stelle einen Fehler dar, der nicht nur der Anwendung von Art. 60 Abs. 7 der Verordnung im Rahmen des Zulassungsbeschlusses, sondern den im Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung enthaltenen Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Anwendung dieser Vorschrift anhafte.

95      Im Stoffsicherheitsbericht, der dem Zulassungsantrag beigelegen habe, seien nämlich die Gesundheitsrisiken für eine ganze Kategorie betroffener Personen – DEHP-exponierte Arbeitnehmer – nicht angemessen geprüft worden. Die im Zulassungsantrag enthaltenen Daten zur Exposition von Arbeitnehmern beschränkten sich auf ein minimales Biomonitoring und Luftmessungen. Die Daten seien jedoch nicht ausreichend, um die Risiken für die Gesundheit von Arbeitnehmern zutreffend zu beurteilen. Die Ausschüsse für Risikobeurteilung und für sozioökonomische Analyse hätten beide darauf hingewiesen, dass der Stoffsicherheitsbericht insoweit unzureichend sei. Insbesondere sei der Ausschuss für Risikobeurteilung der Auffassung gewesen, dass die Informationen im Stoffsicherheitsbericht von „begrenztem Informationswert“ seien und die vorgelegte Beurteilung der Exposition der Bevölkerungsgruppe der Arbeitnehmer für den Zulassungsantrag nicht repräsentativ sei. Im Zulassungsbeschluss habe die Kommission ebenfalls darauf hingewiesen, dass der Ausschuss für sozioökonomische Analyse „die vom Ausschuss für Risikobeurteilung festgestellten Mängel bei der Evaluierung der Exposition am Arbeitsplatz und die fehlende Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen in der sozioökonomischen Analyse anerkannt hat“.

96      In Erwiderung auf die Rügen, die die Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf interne Überprüfung erhoben habe und die darauf gestützt seien, dass zum einen der Zulassungsantrag keinen Stoffsicherheitsbericht enthalte, in dem die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt angemessen untersucht würden, und zum anderen der Zulassungsbeschluss folglich fehlerhaft sei, habe sich die Kommission darauf beschränkt, in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung festzustellen, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung Mängel bei der Beurteilung der durch DEHP verursachten Risiken identifiziert habe, doch habe sie versäumt, nach einer eingehenden erneuten Prüfung von widersprüchlichem Beweismaterial eine mit Gründen versehene eigene Stellungnahme zur Konformität des Stoffsicherheitsberichts abzugeben.

97      Die Kommission habe noch nicht einmal darauf hingewiesen, dass die Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung insofern widersprüchlich sei, als der Ausschuss zum einen erklärt habe, der Zulassungsantrag genüge den Anforderungen der Verordnung Nr. 1907/2006, und zum anderen die Mängel in den vorgelegten Informationen eindeutig anerkannt habe.

98      Statt dem offensichtlichen Mangel des Stoffsicherheitsberichts abzuhelfen, habe die Kommission in Abschnitt 1.2 des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung schließlich festgestellt: „[O]bwohl der [Ausschuss für Risikobeurteilung] in seiner Stellungnahme tatsächlich festgestellt hat, dass die Beurteilung der Exposition einige Mängel aufweise, war er der Auffassung, dass der Antrag alle notwendigen Informationen enthalte …, und die Kommission war der Auffassung, dass der Antrag Art. 62 [der Verordnung Nr. 1907/2006] entspricht“.

99      Nach Auffassung der Klägerin ist diese Argumentation offensichtlich fehlerhaft. Der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung stütze sich nämlich auf die Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung, wie wenn es sich um einen stichhaltigen Beweis handle. Der bloße Umstand, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung den Zulassungsantrag in seiner Stellungnahme für vorschriftsgemäß erklärt habe, sei für die Kommission nicht bindend. Die Argumentation der Kommission, die als stichhaltigen Beweis nur das Ergebnis des Ausschusses für Risikobeurteilung in Bezug auf die Konformität und sogar die Rechtmäßigkeit des Zulassungsantrags anführe, sei ganz offensichtlich unzureichend. Überdies habe die Kommission dadurch, dass sie in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung die gleiche Argumentation angeführt habe, bewiesen, dass sie sich auf die im Zulassungsbeschluss enthaltene Feststellung der Konformität des Zulassungsantrags mit der Verordnung Nr. 1907/2006 gestützt habe. Mit anderen Worten habe sich die Kommission auf den Zulassungsbeschluss als Beweis für die tatsächliche Konformität gestützt. Somit setze der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung genau den Umstand als bewiesen voraus, den die Kommission im Stadium der internen Überprüfung hätte überprüfen sollen, nämlich die Zweckentsprechung des Entscheidungsprozesses im Stadium der Zulassung.

100    Als Zweites sei die Auslegung von Art. 61 der Verordnung Nr. 1907/2006, der die Überprüfung von Zulassungen betreffe, in Verbindung mit Art. 60 Abs. 7 der Verordnung mit „offensichtlichen“ Rechtsfehlern behaftet. In ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung habe die Kommission nämlich darauf hingewiesen, dass sie das Ergebnis des Ausschusses für Risikobeurteilung in Bezug auf die Mängel des Zulassungsantrags berücksichtigt habe, indem sie erstens einen sehr kurzen Zeitraum für die Überprüfung der Zulassung mit Ablauftermin am 21. Februar 2019 festgelegt und zweitens den Zulassungsinhabern Überwachungsregelungen auferlegt habe. Mit dieser Begründung werde angedeutet, dass Mängel in einem Zulassungsantrag, selbst wenn sie so schwerwiegend seien wie die vom Ausschuss für Risikobeurteilung festgestellten, durch die Festlegung eines „sehr kurzen Überprüfungszeitraums“ korrigiert werden könnten. Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 verleihe der Kommission jedoch keine „Korrekturbefugnis“, die sie in die Lage versetze, einem nicht konformen Antrag unter restriktiven Voraussetzungen stattzugeben, sei es durch Festsetzung eines kurzen Überprüfungszeitraums oder auf andere Weise. Das Ziel einer Überprüfung bestehe nicht darin, einem Unternehmen die Möglichkeit zu geben, die in einem früheren Zulassungsantrag enthaltenen Mängel zu beheben, sondern darin, ihm zu ermöglichen, seinen ursprünglichen Zulassungsantrag und insbesondere die Informationen zu verfügbaren Alternativen unter Berücksichtigung veränderter Umstände zu „aktualisieren“.

101    Auf derselben Linie führt die Klägerin schließlich aus, die Kommission habe die rechtlichen Implikationen der Festsetzung eines kurzen Überprüfungszeitraums falsch ausgelegt, als sie festgesetzt habe, dass der Zulassungsbeschluss am 21. Februar 2019 ablaufe. Nach Art. 61 der Verordnung Nr. 1907/2006 würden nämlich „Zulassungen … so lange als gültig angesehen, bis die Kommission beschließt, die Zulassung im Rahmen einer Überprüfung zu ändern oder zu widerrufen“. Indem die Kommission die Auffassung vertreten habe, die Mängel des Zulassungsantrags seien durch Festsetzung eines sehr kurzen Überprüfungszeitraums gebührend berücksichtigt worden, habe sie einen „offensichtlichen“ Rechtsfehler begangen, der ihrem Ergebnis jede Plausibilität nehme.

102    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

103    Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler beanstandet, die ihrer Meinung nach der Anwendung von Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 anhaften, wenn man diesen Artikel in Verbindung mit zwei verschiedenen Vorschriften lese. Genauer gesagt ist die erste Rüge dieses Teils darauf gerichtet, eine fehlerhafte Anwendung von Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Verbindung mit Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 nachzuweisen, während die zweite Rüge dieses Teils eine Auslegung von Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Verbindung mit Art. 61 der Verordnung betrifft.

104    Was die vorstehend in Rn. 103 genannte erste Rüge betrifft, soll Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 der Kommission ermöglichen, zu prüfen, ob ein Zulassungsantrag den Anforderungen des Art. 62 in formeller Hinsicht genügt. Insoweit hat die Kommission zu prüfen, ob der Zulassungsantrag die in Art. 62 Abs. 4 Buchst. a bis f der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Informationen tatsächlich enthält. Zwar müssen die Dokumente, die im Rahmen eines Zulassungsantrags eingereicht werden, um Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu entsprechen, verifizierbar sein. Insbesondere muss der Stoffsicherheitsbericht gemäß den Modalitäten in Anhang I der Verordnung verfasst werden. Gleichwohl enthält Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 eine formelle und prozedurale Verpflichtung der Kommission und keine Verpflichtung, die Stichhaltigkeit der in Art. 62 Abs. 4 der Verordnung genannten Informationen zu prüfen.

105    Ebenso benennt Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 die Informationen, die der Antragsteller zum Zeitpunkt der Einreichung des Zulassungsantrags vorlegen muss. Gemäß dieser Vorschrift sind den Zulassungsanträgen, die – wie Art. 62 Abs. 1 der Verordnung zu entnehmen ist – bei der ECHA zu stellen sind, u. a. ein Stoffsicherheitsbericht und eine Analyse der Alternativen beizufügen. Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 ist ebenfalls formeller und prozeduraler Natur.

106    Dagegen betrifft weder Art. 60 Abs. 7 noch Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung oder die Verpflichtungen der Kommission bei der Beurteilung des Sachverhalts und der Beweise, aufgrund deren eine Zulassung erteilt werden kann. Insbesondere ist die Kommission nicht auf der Grundlage dieser Vorschriften verpflichtet, u. a. zu prüfen, ob der Stoffsicherheitsbericht zu einem Stoff die richtigen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Eigenschaften eines chemischen Stoffs zieht oder ob der Ausschuss für Risikobeurteilung bei der Prüfung des Stoffsicherheitsberichts im Rahmen der Ausarbeitung der Stellungnahme gemäß Art. 60 Abs. 4 und Art. 64 Abs. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 Fehler begangen hat.

107    In Wirklichkeit obliegen diese Verpflichtungen der Kommission aufgrund von Art. 60 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006.

108    In der mündlichen Verhandlung sind die Parteien zu den vorstehend in den Rn. 104 bis 107 geschilderten Beurteilungen des Gerichts gehört worden. Auf Fragen des Gerichts hat die Klägerin erklärt, ihrer Meinung nach gebe es in „der Struktur der Verordnung [Nr. 1907/2006]“ zwar zum einen eine Phase, die die von der Kommission vorzunehmende Prüfung der Konformität des Zulassungsantrags in Bezug auf die Anforderungen der Verordnung betreffe, und zum anderen eine Phase, die die materielle Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung betreffe. Die erste Phase könne sich jedoch nicht auf ein bloßes Abhaken von Kontrollkästchen beschränken, da an den Inhalt der vorgelegten Dokumente echte Anforderungen, wie z. B. die in Anhang I der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten, gestellt würden. In Anhang I sei z. B. geregelt, was in einem Stoffsicherheitsbericht enthalten sein müsse.

109    Dieses Argument ist jedoch als unbegründet zurückzuweisen. Anhang I der Verordnung Nr. 1907/2006 beschreibt nämlich die Informationen, die bestimmte, einem Zulassungsantrag beigefügte Dokumente unbedingt enthalten müssen, wie z. B. der Stoffsicherheitsbericht. Doch auch wenn Anhang I den Antragsteller verpflichtet, in seinem Zulassungsantrag und den dazugehörigen Dokumenten auf einige bestimmte Informationen Bezug zu nehmen, verpflichtet er die Kommission seinem Wortlaut nach nicht dazu, diese Informationen im Rahmen der ihr nach Art. 60 Abs. 7 in Verbindung mit Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 obliegenden Prüfung in der Sache zu würdigen.

110    Schließlich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, der Zulassungsantrag enthalte jedenfalls Mängel, die nicht nur den Beurteilungsmaßstäben, die die Kommission gemäß Art. 60 Abs. 2 bis 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 anlegen müsse, nicht standhielten, sondern auch nicht mit den Vorgaben für die Prüfung der Konformität des Antrags nach Art. 62 der Verordnung vereinbar seien. Damit scheint die Klägerin anzuerkennen, dass Art. 62 Abs. 4 der Verordnung die formellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung enthält.

111    Dieses Argument ist jedoch ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Zum einen scheint die Klägerin nämlich von der Prämisse auszugehen, dass vorab zu beurteilen ist, ob ein Zulassungsantrag, der alle in Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 und Anhang I der Verordnung genannten Informationen enthält, derart schwerwiegende materielle Schwächen aufweist, dass er bereits in formeller Hinsicht nicht mit der Verordnung Nr. 1907/2006 vereinbar ist. Eine solche Vorprüfung ist in der Verordnung Nr. 1907/2006 jedoch nicht vorgesehen. Zum anderen ist, falls die Klägerin nicht von dieser Prämisse ausgehen, sondern annehmen sollte, dass es sich um die Prüfung gemäß Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 handelt, festzustellen, dass sie nicht darlegt, nach welchem objektiven Kriterium die Schwelle, ab der Mängel eines Zulassungsantrags zu einem Verstoß gegen die formellen Voraussetzungen von Art. 62 Abs. 4 führen können, genau oder zumindest sachbezogen und überzeugend bestimmt werden könnte.

112    Vorliegend steht fest, dass dem Zulassungsantrag alle in Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Informationen beigefügt waren und die in Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannte formelle Voraussetzung in Bezug auf die Vorlage eines Stoffsicherheitsberichts erfüllt war. Ebenso war vorliegend die Voraussetzung erfüllt, wonach die in Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Dokumente verifizierbar sein müssen. Weder die Ausschüsse der ECHA noch die Kommission haben nämlich geltend gemacht, dass die im Zulassungsantrag enthaltenen Dokumente nicht verifizierbar seien. Auch die Klägerin hat nicht ausdrücklich und beweisgestützt dargetan, dass die dem Zulassungsantrag beigefügten Dokumente nicht verifizierbar seien. Ferner ist zwischen den Parteien nicht streitig gestellt, dass der Zulassungsantrag in Bezug auf den Stoffsicherheitsbericht den Anforderungen von Anhang I der Verordnung Nr. 1907/2006 genügte. Keiner der beteiligten Akteure hat geltend gemacht, dass der Stoffsicherheitsbericht den Anforderungen von Anhang I der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht genüge. Die Klägerin hat in ihrem Antrag auf interne Überprüfung auch keine Beweise vorgelegt, die insoweit ein anderes Ergebnis zuließen.

113    Insoweit hat das Vorbringen der Klägerin zu den von ihr geltend gemachten Mängeln der Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung und zu deren Auswirkung auf die Erteilung der vorliegend in Rede stehenden Zulassung und zum Umstand, dass die Kommission diesen Mängeln nicht abgeholfen habe, sondern sich darauf beschränkt habe, die Stellungnahme des genannten Ausschusses und den Zulassungsbeschluss als stichhaltige Beweise anzuführen, keinerlei Auswirkung auf die Beantwortung der Frage, ob die Kommission gegen die Verpflichtung verstoßen hat, die ihr nach Art. 60 Abs. 7 in Verbindung mit Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 oblag. Dieses Vorbringen bezieht sich nämlich auf Fragen, die die Beurteilung komplexer Tatsachen betreffen, welche der Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung zugrunde liegen, sowie auf die Befugnis der Kommission, diese komplexen Tatsachen zu würdigen und somit auf die materielle Rechtmäßigkeit des Zulassungsbeschlusses.

114    Soweit die Klägerin also die formelle Rechtmäßigkeit des Zulassungsbeschlusses mit Argumenten in Abrede stellt, die die materiellen Voraussetzungen für den Erlass des Zulassungsbeschlusses betreffen, ist als erstes Zwischenergebnis festzustellen, dass diese Argumente ins Leere gehen.

115    Was die zweite Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes betrifft (vgl. oben, Rn. 103), so verweist Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht auf Art. 61 der Verordnung und hängt nicht mit diesem zusammen.

116    Somit ist als zweites Zwischenergebnis festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, das sich auf die Zusammenschau dieser zwei Vorschriften stützt, um einen Verstoß gegen Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 darzutun, ebenfalls ins Leere geht.

117    Überdies scheint das Vorbringen zur Festsetzung eines „kurzen Überprüfungszeitraums“ und zum Ziel einer „Überprüfung“ im Sinne von Art. 61 der Verordnung Nr. 1907/2006 (vgl. oben, Rn. 100) eher dafür geeignet, das Vorliegen eines Mangels in Bezug auf die materielle Rechtmäßigkeit des Zulassungsbeschlusses nachzuweisen. Dies gilt auch für das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe keine „Korrekturbefugnis“, mit der sie den Inhalt eines Zulassungsantrags durch Festsetzung eines kurzen Überprüfungszeitraums korrigieren könne. Wie bereits oben in den Rn. 104 und 106 dargelegt, betrifft Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht die materielle Rechtmäßigkeit eines Zulassungsbeschlusses.

118    Als drittes Zwischenergebnis ist somit festzustellen, dass das Vorbringen zur Festsetzung eines „kurzen Überprüfungszeitraums“, der nicht dem Ziel einer „Überprüfung“ im Sinne von Art. 61 der Verordnung Nr. 1907/2006 entspreche, für die Entscheidung der Frage, ob die Kommission gegen die formellen Anforderungen von Art. 60 Abs. 7 der Verordnung verstoßen hat, nicht maßgeblich ist. Daher geht auch dieses Argument ins Leere.

119    Die oben in den Rn. 114, 116 und 118 genannten drei Zwischenergebnisse könnten grundsätzlich ausreichen, um den zweiten Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

120    Es stellt sich jedoch die Frage, ob das oben in den Rn. 94 bis 101, 113 und 117 dargelegte Vorbringen der Klägerin Rügen stützen kann, die auf einem Verstoß gegen andere Vorschriften als Art. 60 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1907/2006 gründen, nämlich gegen Art. 60 Abs. 4 der Verordnung zum einen und zum anderen gegen Art. 60 Abs. 8 und 9 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung.

121    Eine Zulassung im Sinne der Verordnung Nr. 1907/2006 kann im Rahmen des sogenannten Verfahrens des „Nachweises der angemessenen Beherrschung“, wie es in Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 geregelt ist, oder alternativ im Rahmen eines sogenannten „sozioökonomischen“ Verfahrens, wie es in Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehen ist, erteilt werden. Ein Verfahren des „Nachweises der angemessenen Beherrschung“ unterscheidet sich insofern von einem „sozioökonomischen“ Verfahren, als das letztgenannte Verfahren nur zur Anwendung kommen soll, wenn nicht nachgewiesen wurde, dass das Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, das sich aufgrund der in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführten inhärenten Eigenschaften des Stoffs aus dessen Verwendung ergibt, gemäß Art. 60 Abs. 2 der Verordnung angemessen beherrscht wird.

122    Angesichts des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, wie es Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert, ist das Gericht, wenn ein Kläger tatsächliche Umstände und Argumente vorgetragen hat, mit denen er den Verstoß gegen eine Rechtsbestimmung nachweisen will, die sich als nicht einschlägig erweist, während der Verstoß gegen eine andere Bestimmung durch die vorgetragenen Umstände und Argumente belegt werden kann, durch nichts daran gehindert, die betreffenden Umstände und Argumente in den relevanten rechtlichen Kontext zu setzen. Mit anderen Worten steht es dem Gericht frei, diese tatsächlichen Umstände und Argumente so zu behandeln, als bezögen sie sich auf die einschlägige Bestimmung. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass eine Partei ausdrücklich die Vorschriften angibt, die sie zur Klageerhebung berechtigen oder auf die sie, allgemeiner gesprochen, ihre Rügen stützt (vgl. Urteil vom 13. Juni 2012, XXXLutz Marken/HABM – Meyer Manufacturing [CIRCON], T‑542/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:294, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

123    Im Zusammenhang mit einer Klage, die eine Entscheidung wie einen Beschluss über einen Antrag auf interne Überprüfung gemäß Art. 10 der Verordnung Nr. 1367/2006 betrifft, ist jedoch die Auslegung, die auf die Verschiebung bestimmter tatsächlicher Umstände und Argumente des Klägers in den relevanten rechtlichen Kontext gerichtet ist, nur zulässig, soweit nicht gegen die Grenzen verstoßen wird, die dem Gericht in jenem Art. 10 gesetzt werden und oben in den Rn. 55 bis 58 beschrieben sind.

124    Schließlich ist eine solche Auslegung nur möglich, wenn der Kläger – zumindest implizit – mit dieser Vorgehensweise einverstanden ist.

125    In der vorliegenden Rechtssache hat das Gericht die Parteien des Rechtsstreits in der mündlichen Verhandlung dazu angehört, dass die oben in den Rn. 94 bis 101, 113 und 117 dargelegten Argumente der Klägerin ins Leere gehen. Insbesondere hat das Gericht die Klägerin gefragt, mit welchem anderen Klagegrund ihre Argumente in Verbindung gebracht werden könnten.

126    In Beantwortung dieser Frage hat die Klägerin erklärt, sie habe im Rahmen des zweiten und des dritten Klagegrundes auf das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler hingewiesen, was einem Verstoß gegen materielles Recht, nämlich insbesondere gegen Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 gleichzusetzen sei. Zudem hat die Klägerin erklärt, falls die im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes vorgetragenen Argumente im Rahmen dieses Teils keinen Erfolg haben sollten, seien sie im Rahmen des zweiten und des dritten Klagegrundes zu berücksichtigen.

127    Unter diesen Umständen kann das Vorbringen der Klägerin, wonach erstens die Kommission es in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung unterlassen habe, nach einer eingehenden erneuten Prüfung von widersprüchlichem Beweismaterial eine mit Gründen versehene eigene Stellungnahme zur Konformität des Stoffsicherheitsberichts abzugeben, dessen Daten der Ausschuss für Risikobeurteilung als unzureichend in Bezug auf die DEHP-Exposition von Arbeitnehmern angesehen habe (vgl. oben, Rn. 94 bis 97), und zweitens sich die Kommission schlicht darauf beschränkt habe, in dem Beschluss als stichhaltigen Beweis anzuführen, dass der Ausschuss „Mängel“ bei der Beurteilung der von DEHP ausgehenden Risiken festgestellt habe (vgl. oben, Rn. 98 und 99), als Rüge eines Verstoßes gegen Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 ausgelegt werden.

128    Ebenso kann das Vorbringen zur Festsetzung eines „kurzen Überprüfungszeitraums“ (vgl. oben, Rn. 100 und 101) als Rüge eines Verstoßes gegen Art. 60 Abs. 8 und 9 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 ausgelegt werden.

129    Als Erstes ist das oben in den Rn. 94 bis 99 dargelegte Vorbringen der Klägerin trotzdem zurückzuweisen, auch wenn es als Vorbringen in Bezug auf Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 umgedeutet wird.

130    Wenn nämlich die in einem Stoffsicherheitsbericht enthaltene Beurteilung des Risikos, das durch die Verwendung eines Stoffs für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt entsteht, mit Unsicherheiten oder Mängeln behaftet ist, kann festgestellt werden, dass die angemessene Beherrschung des Risikos nicht nachgewiesen wurde. Ist dies der Fall, kann die Zulassung nicht nach dem „Verfahren des Nachweises der angemessenen Beherrschung“ gemäß Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 erteilt werden.

131    Dagegen kann dieser Umstand Anlass zu der Frage geben, ob die Zulassung basierend auf den der Kommission vorliegenden tatsächlichen Umständen und Beweisen gemäß Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 nach dem „sozioökonomischen Verfahren“ erteilt werden kann.

132    Indem die Klägerin vorliegend geltend macht, die Kommission habe es in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung unterlassen, nach einer eingehenden erneuten Prüfung von widersprüchlichem Beweismaterial eine mit Gründen versehene eigene Stellungnahme zur Vereinbarkeit des Stoffsicherheitsberichts mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1907/2006 abzugeben (vgl. oben, Rn. 94 bis 97), stellt sie einen Umstand in Frage, der sich nicht auf die Anwendung von Art. 60 Abs. 4 der Verordnung, sondern von Art. 60 Abs. 2 hätte auswirken können.

133    Gleiches gilt für das Vorbringen, die Kommission habe sich in ihren Beschlüssen auf den als stichhaltigen Beweis angeführten Hinweis beschränkt, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung bei der Beurteilung der von DEHP ausgehenden Risiken Mängel festgestellt habe (vgl. oben, Rn. 98 und 99).

134    Soweit das oben in den Rn. 94 bis 99 dargelegte Vorbringen auf der Prämisse basiert, dass das Vorliegen von Unsicherheiten in Bezug auf die Beherrschung der Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von DEHP als solches der Anwendung von Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 entgegenstehe, geht dieses Argument ins Leere.

135    Wie zudem die Kommission dargelegt hat, ohne dass die Klägerin dem substantiiert widersprochen hätte, enthielt der Stoffsicherheitsbericht Informationen zum Biomonitoring, das in zwei Mitgliedstaaten durchgeführt wurde, und zu Messungen der Luft, die Untersuchungen zur Exposition von Arbeitnehmern im PVC‑Sektor bei Verwendung von Roh-PVC und DEHP statt recyceltem PVC entsprachen. Die Untersuchungen enthielten Informationen zu Arbeitnehmern in zwei Mitgliedstaaten, einschließlich Biomonitoringdaten, sowie Daten aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Finnland zur Kontrolle der Luftverschmutzung. Die Unternehmen, auf die sich die Daten beziehen, sind im Bereich der Formulierung und Verarbeitung von PVC tätig. Zwar beziehen sich die bereitgestellten Informationen nicht speziell auf die Verwendung von DEHP-haltigem recyceltem PVC, doch betreffen sie Tätigkeiten, bei denen Roh-PVC unter Zusatz von Roh-DEHP verwendet wird, und die spätere Verarbeitung dieses Stoffs. Zudem hatten die Antragsteller Expositionen von Arbeitnehmern modelliert, die den Transfer von recyceltem Weich-PVC aus kleinen oder großen Tüten betrafen, was eine Tätigkeit darstellt, die der Verwendung von recyceltem PVC eigen ist und nicht von den Messungen im Rahmen der Untersuchungen zu Roh-PVC erfasst war.

136    Wie die Kommission jedoch zu Recht geltend macht, ist der Umstand, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung festgestellt hatte, es bestünden Unsicherheiten bei der Beurteilung der Exposition von Arbeitnehmern und die bereitgestellten Informationen seien nicht für alle im Zulassungsantrag aufgeführten Verwendungen repräsentativ, nicht so zu verstehen, dass überhaupt keine Informationen zur Exposition von Arbeitnehmern vorgelegt worden waren bzw. daraus keine Schlüsse gezogen werden konnten.

137    Die Klägerin hat diese Feststellung der Kommission nicht substantiiert bestritten. Abgesehen von ihrer allgemeinen Beanstandung des Stoffsicherheitsberichts hat sie nicht nachgewiesen, dass keine sachdienliche Schlussfolgerung aus dem Bericht gezogen werden konnte.

138    Da die Klägerin die Feststellung der Kommission nicht bestritten hat, ist ihre Rüge, die Kommission habe es unterlassen, nach einer eingehenden Prüfung der verschiedenen Beweismittel eine mit Gründen versehene Stellungnahme zum Stoffsicherheitsbericht abzugeben, nicht ausreichend, um einen Verstoß gegen Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 nachzuweisen. Die Rüge kann daher nicht durchgreifen. Gleiches gilt für die übrigen Argumente, die oben in den Rn. 97 bis 99 dargelegt sind.

139    Als Zweites ist das Vorbringen zur Festsetzung eines „kurzen Überprüfungszeitraums“, womit die Kommission versucht haben soll, die Mängel des Stoffsicherheitsberichts zu korrigieren (vgl. oben, Rn. 100 und 101), geeignet, einen Verstoß gegen Art. 60 Abs. 8 und 9 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu substantiieren. Vor der Prüfung der Stichhaltigkeit dieses Vorbringens sind die folgenden Gesichtspunkte hervorzuheben.

140    Art. 60 Abs. 8 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 bestimmt: „Unbeschadet einer Entscheidung über einen künftigen Überprüfungszeitraum unterliegen Zulassungen einer befristeten Überprüfung …“ Nach Art. 60 Abs. 9 Buchst. e der Verordnung Nr. 1907/2006 ist in der Zulassung „der befristete Überprüfungszeitraum“ anzugeben. Art. 61 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 bestimmt: „Zulassungen nach Artikel 60 werden so lange als gültig angesehen, bis die Kommission beschließt, die Zulassung im Rahmen einer Überprüfung zu ändern oder zu widerrufen, sofern der Zulassungsinhaber mindestens 18 Monate vor Ablauf des befristeten Überprüfungszeitraums einen Überprüfungsbericht vorlegt.“

141    Insoweit ist vorab festzustellen, dass, wie sich z. B. aus der englischen und der deutschen Fassung der Verordnung Nr. 1907/2006 sowie aus dem Kontext der betreffenden Bestimmungen ergibt, die Begriffe „réexamen“ und „révision“ in der französischen Fassung der drei vorstehend in Rn. 140 genannten Bestimmungen synonym verwendet werden.

142    Grundsätzlich können sodann die nach Art. 60 Abs. 8 und 9 Buchst. d und e der Verordnung Nr. 1907/2006 verhängten Auflagen ungeachtet ihres Inhalts zwar nicht darauf gerichtet sein, etwaige Mängel eines Zulassungsantrags oder der im Zulassungsantrag enthaltenen Analyse der Alternativen oder etwaige Unzulänglichkeiten der von der Kommission vorgenommenen Prüfung der in Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 enthaltenen Voraussetzungen zu beheben.

143    Mit anderen Worten kann die Möglichkeit, eine Zulassung an bestimmte Auflagen zu knüpfen, wie dies in Art. 60 Abs. 8 und Abs. 9 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehen ist, nicht dahin ausgelegt werden, dass die Kommission die Frage, ob die Voraussetzungen von Art. 60 der Verordnung Nr. 1907/2006 erfüllt sind, unbeantwortet lassen darf und als Reaktion auf diese Situation die Zulassung an Auflagen knüpfen darf, die darauf gerichtet sind, etwaige Mängel oder Lücken der ihr nach dieser Bestimmung obliegenden Beurteilung auszugleichen.

144    Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 60 der Verordnung Nr. 1907/2006 muss die Kommission nämlich feststellen, ob die Gesamtheit der insofern maßgeblichen Tatsachen sowie technischen und wirtschaftlichen Beurteilungen den Schluss zulassen, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift tatsächlich erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, darf die Kommission keine Zulassung – auch nicht unter Auflagen – erteilen.

145    Dennoch kann im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht festgestellt werden, dass der im Zulassungsbeschluss festgesetzte Überprüfungszeitraum instrumentalisiert wurde, um die Mängel des Stoffsicherheitsberichts der Antragsteller kraft einer „Korrekturbefugnis“ der Kommission wettzumachen.

146    Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission einen – im vorliegenden Fall kurzen – Überprüfungszeitraum festsetzte, war es nämlich nicht angebracht, die vom Ausschuss für Risikobeurteilung festgestellten Mängel zu beheben.

147    Zum einen hatten die Mängel des Stoffsicherheitsberichts nur zur Folge, dass nicht Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006, sondern Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Rechtsgrundlage des Zulassungsbeschlusses war. Somit waren die Mängel des Stoffsicherheitsberichts nicht unter dem Blickwinkel von Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu korrigieren.

148    Zum anderen hatte der Ausschuss für sozioökonomische Analyse im Rahmen seiner qualitativen Analyse, in die die vom Risikobeurteilungsausschuss hervorgehobenen Mängel eingeflossen waren, festgestellt, dass seiner Meinung nach die Zulassung im vorliegenden Fall erteilt werden könne, was darauf hindeutet, dass die Unsicherheiten des Stoffsicherheitsberichts letztlich aufgelöst werden konnten.

149    Die Klägerin kann sich jedoch nicht isoliert auf die Mängel des Stoffsicherheitsberichts berufen, ohne sich substantiiert gegen die Beurteilung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu wenden.

150    Mit ihrem Vorbringen im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sich die Mängel des Stoffsicherheitsberichts auf die Anwendung von Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 ausgewirkt haben, so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Kommission versucht hat, die Mängel durch Festsetzung eines Überprüfungszeitraums zu beheben. Somit kann kein Verstoß gegen Art. 60 Abs. 8 und 9 Buchst. e der Verordnung Nr. 1907/2006 festgestellt werden.

151    Aus alledem ergibt sich, dass der zweite Teil als unbegründet zurückzuweisen ist.

–       Zum dritten Teil: Rechts- und offensichtliche Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit Mängeln bei der Beurteilung geeigneter Alternativen

152    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe bei der Auslegung des Begriffs „Alternativen“ im Sinne von Art. 62 Abs. 4 Buchst. e der Verordnung Nr. 1907/2006 einen offensichtlichen Rechtsfehler und folglich einen „offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung der Konformität des Zulassungsantrags im Hinblick auf Art. 60 Abs. 7 der Verordnung“ begangen. Diese Fehler nähmen den Feststellungen der Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung „jede Plausibilität“.

153    Angesichts des Wortlauts des 74. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1907/2006 und der Funktion der Beurteilung von Alternativen sowie der Bedeutung des Begriffs „Alternative“ im gewöhnlichen Sprachgebrauch sei nämlich davon auszugehen, dass ein Zulassungsantrag eine Analyse der Stoffe oder Technologien enthalten müsse, die „in dem Verfahren … oder bei der Verwendung“, für das oder für die die Zulassung beantragt werde, statt des besonders besorgniserregenden Stoffs verwendet werden könnten. In Wirklichkeit solle die Analyse der „Alternativen“ die Prüfung der Frage ermöglichen, ob ein anderer Stoff oder eine andere Technologie den besonders besorgniserregenden Stoff „im geplanten Verfahren“ ersetzen könne. Zudem seien Alternativen im Hinblick darauf zu beurteilen, für welche Funktion die Zulassung beantragt werde. Insbesondere sei eine Alternative in Bezug auf die Funktion des Stoffs „im Verfahren“ und auch im Vergleich zu einer weniger gefährlichen Substanz oder Technologie zu begreifen.

154    Im vorliegenden Fall sei die im Zulassungsantrag enthaltene Analyse der Alternativen unzureichend. Da der Antrag die Funktion von DEHP nicht näher erläutere, enthalte er keine Alternativen, die DEHP in seiner Funktion ersetzen könnten.

155    Zwar habe die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung festgestellt, die Funktion von DEHP bestehe darin, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus … PVC … herzustellen“. Zudem habe die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung die Auffassung vertreten, der Zulassungsantrag enthalte in Wirklichkeit eine Beurteilung von Alternativen „aus Sicht der Antragsteller“, u. a. die Alternative, bei der Roh-PVC verwendet werde.

156    Die Auffassung, dass die Verwendung von Roh-PVC als „Alternative“ angesehen werden könne, obwohl bei der Herstellung von Roh-PVC ebenfalls ein besonders besorgniserregender Stoff verwendet werde, stelle jedoch einen „offensichtlichen“ Rechtsfehler bei der Auslegung des Begriffs „Alternativen“ dar.

157    Nach Auffassung der Klägerin hätte jedenfalls, wenn – wie von der Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung festgestellt – die Funktion von DEHP darin bestehe, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus … PVC … herzustellen“, und diese Funktion tatsächlich mit der Verordnung Nr. 1907/2006 vereinbar wäre, die Kommission prüfen müssen, ob es Alternativen gebe, die eine Reduzierung der Menge des bei der Herstellung von PVC‑Erzeugnissen verwendeten DEHP ermöglichten. Bei dieser Prüfung hätte nach Ansicht der Klägerin eine viel größere Anzahl von Alternativen zur Ersetzung von DEHP im Verfahren zur Herstellung von PVC‑Erzeugnissen berücksichtigt werden müssen, insbesondere z. B. die Verwendung von Weichmachern, die keine besonders besorgniserregenden Stoffe seien.

158    Vorliegend entspreche dagegen die dem Zulassungsantrag beigefügte Analyse der Alternativen nicht einmal der „Funktion“ von DEHP, wie sie von der Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung zugrunde gelegt worden sei. Statt eine Alternative anzugeben, die es ermögliche, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus … PVC … herzustellen“, habe der Zulassungsantrag Informationen zu drei anderen Verfahren enthalten, mit denen sich PVC recyceln lasse, nämlich eine Lösung, bei der „Post-Verbraucher“-Abfälle, deren DEHP-Gehalt eine bestimmte Grenze überschreite (0,3 % Massenanteil), getrennt und aus dem Recyclingverfahren entfernt würden, eine zweite Lösung, bei der DEHP aus PVC‑Abfällen eliminiert werde, und eine dritte Lösung, bei der eine andere Art von PVC‑Abfällen aus der Industrie verwendet werde.

159    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

160    Vorab ist festzustellen, dass, wie oben in den Rn. 104 bis 106 dargelegt, Art. 60 Abs. 7 und Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 die Frage betreffen, ob die Dokumente, auf die Bezug genommen wird, zur Stützung des Zulassungsantrags eingereicht wurden. Diese Bestimmungen betreffen formelle Gesichtspunkte des Zulassungsverfahrens.

161    Vorliegend steht fest, dass dem Zulassungsantrag eine Darstellung von Alternativen beigefügt war. Soweit die Dokumente, die einem Zulassungsantrag beizufügen sind, um Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 zu genügen, auch verifizierbar sein müssen, hat die Klägerin nicht ausdrücklich und beweisgestützt dargetan, dass die dem Zulassungsantrag beigefügten Dokumente dieses Kriterium nicht erfüllten (vgl. oben, Rn. 111).

162    Bei genauerer Betrachtung beziehen sich die Argumente der Klägerin, mit denen sie Mängel bei den vorgestellten Alternativen beanstandet, auf die Begründetheit des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung. Folglich gehen die Argumente ins Leere, soweit sie vorgetragen wurden, um Rechts- oder Beurteilungsfehler in Bezug auf die Anwendung von Art. 60 Abs. 7 und Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 nachzuweisen.

163    Zwar können diese Argumente aus den oben in den Rn. 122 bis 124 dargelegten Gründen so ausgelegt werden, als seien sie zur Stützung des Klagegrundes vorgetragen worden, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe durch eine fehlerhafte Beurteilung der Alternativen gegen Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoßen.

164    Im Rahmen des dritten Klagegrundes beanstandet die Klägerin nämlich einen Verstoß gegen Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006, indem sie Argumente vorträgt, mit denen eine fehlerhafte Beurteilung der Alternativen geltend gemacht wird. Sowohl mit dem vorliegenden Teil des ersten Klagegrundes als auch mit dem dritten Klagegrund wird im Wesentlichen ein Rechtsfehler in Bezug auf die Auslegung des Begriffs „Alternativen“ beanstandet. Zudem überschneiden sich die Argumente, die die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Teils des ersten Klagegrundes geltend macht, teilweise mit den Argumenten, die im Rahmen der ersten Rüge des dritten Klagegrundes vorgebracht werden.

165    Insoweit macht die Klägerin mit der ersten Rüge des dritten Klagegrundes einen Verstoß gegen Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 im Zusammenhang mit der Analyse der Alternativen im Hinblick auf die zwei folgenden Gesichtspunkte geltend. Zum einen habe die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung ebenso wie die Antragsteller im Zulassungsantrag auf einen falschen „Bezugsrahmen“ abgestellt, nämlich auf „den Ersatz eines Abfallstroms und nicht auf den Ersatz des [besonders besorgniserregenden Stoffs] im Verfahren (der Herstellung von PVC‑Erzeugnissen)“. Zum anderen habe die Kommission wiederholt, die Funktion von DEHP bestehe darin, die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden müsse, um PVC‑Erzeugnisse herzustellen (vgl. unten, Rn. 226). Die Frage des fehlerhaften „Bezugsrahmens“ und die Frage, ob sich die Analyse der Alternativen auf einen besonders besorgniserregenden Stoff „in einem Verfahren“ konzentrieren muss, wie die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Teils des ersten Klagegrundes geltend macht, überschneiden sich jedoch. Ebenso überschneidet sich die Rüge, mit der Fehler bei der Beurteilung der Alternativen aufgrund einer falschen Auslegung der Funktion von DEHP beanstandet werden (vgl. unten, Rn. 233), mit dem oben in den Rn. 155 bis 158 dargelegten Vorbringen der Klägerin.

166    Darüber hinaus sind die Voraussetzungen erfüllt, die es dem Gericht ermöglichen, das Vorbringen auszulegen, um ihm praktische Wirksamkeit zu verleihen (vgl. oben, Rn. 122 bis 124). Insbesondere enthielten die Erläuterungen, die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Zweckmäßigkeit ihres Vorbringens in Bezug auf Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 – in Abgrenzung zu seiner Zweckmäßigkeit in Bezug auf Art. 60 Abs. 7 und Art. 62 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 – abgegeben hat, auch Argumente, die für den vorliegenden Teil des ersten Klagegrundes vorgebracht worden sind. Schließlich ist auch die Kommission hierzu angehört worden.

167    Unter diesen Umständen sind die oben in den Rn. 152 bis 158 dargestellten Argumente als Ergänzung zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes vorgetragenen Argumenten zu sehen.

–       Zum vierten Teil: Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 60 Abs. 7 und Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006

168    Zur Stützung des vierten Teils des ersten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, der ECHA-Ausschuss für Risikobeurteilung habe zu einem Zeitpunkt, zu dem der Zulassungsantrag seiner Auffassung nach bereits den Anforderungen von Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 genügt habe, zusätzliche Informationen bei den Antragstellern angefordert. Durch dieses Vorgehen habe der Ausschuss einen „offensichtlichen“ Rechtsfehler begangen, nämlich einen Verstoß gegen das in Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehene Verfahren. Da die Kommission dieses Vorgehen in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung bestätigt habe, sei auch ihr Beschluss mit einem „offensichtlichen“ Rechtsfehler behaftet. Schließlich habe auch die Kommission selbst nicht nur gegen Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006, sondern auch gegen Art. 60 Abs. 7 der Verordnung verstoßen.

169    Nach Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 könne, wenn die Konformität eines Antrags mit den Anforderungen von Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 festgestellt worden sei, nur der Ausschuss für sozioökonomische Analyse zusätzliche Informationen anfordern, und zwar nur in Bezug auf Alternativen. Dagegen sei der Ausschuss für Risikobeurteilung nach dieser Vorschrift nicht befugt, zusätzliche Informationen zu einem Antrag anzufordern, dessen Konformität mit den Anforderungen von Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 bereits festgestellt worden sei.

170    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

171    Vorab ist festzustellen, dass, wie aus Art. 64 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 hervorgeht, die Aufforderungen, die der Ausschuss für Risikobeurteilung und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse an den Antragsteller auf der Grundlage dieser Bestimmung richten können, die Frage betreffen, ob der Zulassungsantrag alle in Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführten Informationen enthält, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der in Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Stellungnahmen benötigen. Gemäß Art. 64 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 fordern diese Ausschüsse, falls erforderlich, in gegenseitigem Benehmen gemeinsam zusätzliche Informationen vom Antragsteller an, damit der Antrag den Anforderungen des Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 entspricht. Insofern geht aus den zwei ersten Sätzen von Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 hervor, dass sich die gemeinsame Anforderung von Informationen durch die Ausschüsse auf die Frage beziehen muss, ob der Zulassungsantrag in formeller Hinsicht den Anforderungen des Art. 62 der Verordnung Nr. 1907/2006 entspricht, d. h., ob ihm alle in dieser Vorschrift genannten Dokumente und Informationen beigefügt sind. Zudem kann sich die gemeinsame Anforderung von Informationen darauf richten, vom Antragsteller verifizierbare Dokumente zu erhalten.

172    Zusätzlich zu der Befugnis nach Art. 64 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 kann der Ausschuss für sozioökonomische Analyse nach Art. 64 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung, wenn er dies für erforderlich hält, den Antragsteller oder Dritte auffordern, in einer bestimmten Frist zusätzliche Informationen über mögliche Alternativstoffe oder ‑technologien zu übermitteln.

173    Im Unterschied zur Aufforderung nach Art. 64 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 bezieht sich die Aufforderung nach Art. 64 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung nicht auf die Frage, ob die in Art. 62 der Verordnung genannten Informationen, so wie sie der Antragsteller eingereicht hat, vollständig und verifizierbar sind. Die in Art. 64 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannte Aufforderung bezieht sich somit nicht auf einen formellen Aspekt des jeweiligen Zulassungsantrags. Vielmehr dient sie dazu, zusätzliche Informationen zu beschaffen, die für die inhaltlichen Beurteilungen des Ausschusses für sozioökonomische Analyse in Bezug auf den fraglichen Stoff und die Beurteilung der Alternativen erforderlich sind. Die Anforderung von Informationen kann auf Seiten des Ausschusses für sozioökonomische Analyse für die Ausarbeitung der Stellungnahme zu den in Art. 64 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Punkten zweckdienlich sein. Insbesondere wenn z. B. die vom Antragsteller eingereichte Analyse der Alternativen Schwächen oder Unzulänglichkeiten aufweist, die von ihm behoben werden können, kann in Fällen, in denen sich der Antragsteller gemäß Art. 64 Abs. 5 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 äußern möchte, durch eine Aufforderung nach Art. 64 Abs. 3 Satz 3 der Verordnung vermieden werden, dass der Ausschuss für sozioökonomische Analyse den Eingang der Äußerung des Antragstellers nach Art. 64 Abs. 5 Unterabs. 3 Satz 2 der Verordnung abwarten muss.

174    In der Verordnung Nr. 1907/2006 gibt es keine entsprechende Bestimmung, die es dem Ausschuss für Risikobeurteilung ermöglicht, zusätzliche Fragen an den Antragsteller zu richten, um die Informationen zu erhalten, die erforderlich sind, um die Daten, die in seiner gemäß Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 abzugebenden Stellungnahme enthalten sein müssen, in der Sache zu beurteilen.

175    Bei der Ausarbeitung der Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung kann sich jedoch ebenfalls herausstellen, dass beim Antragsteller zusätzliche Informationen anzufordern sind, um etwaige Schwächen oder Unzulänglichkeiten eines Stoffsicherheitsberichts zu einem bestimmten Stoff zu beheben. Der Ausschuss für Risikobeurteilung muss die Möglichkeit haben, Fragen an den Antragsteller zu richten, nicht zuletzt, um das Verfahren der Ausarbeitung seiner Stellungnahme zu beschleunigen und zu vermeiden, dass er den Eingang von Äußerungen des Antragstellers nach Art. 64 Abs. 5 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 abwarten muss.

176    Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht und der ordnungsgemäßen Verwaltung des von ihm zu bearbeitenden Vorgangs kann der Ausschuss für Risikobeurteilung den Antragsteller zu jedem Zeitpunkt darauf hinweisen, dass der Stoffsicherheitsbericht zu einem Stoff Mängel aufweist. Zudem kann der Ausschuss beschließen, dem Antragsteller auch die Möglichkeit einzuräumen, alle nötigen Informationen einzureichen, die dem Ausschuss die Vervollständigung oder Präzisierung der Beurteilungen erlauben, die er im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung der Risiken des betreffenden Stoffs vorzunehmen hat, auch wenn diese Möglichkeit in der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

177    Nach alledem hat der Ausschuss für Risikobeurteilung entgegen dem, was die Klägerin mit ihren oben in den Rn. 168 und 169 dargelegten Argumenten geltend macht, nicht gegen Art. 64 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoßen, als er zusätzliche Sachfragen zum Zulassungsantrag stellte, obwohl er die Konformität des Zulassungsantrags mit den Anforderungen von Art. 62 der Verordnung festgestellt hatte.

178    Somit kann der Kommission kein Rechtsfehler beim Erlass des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung vorgeworfen werden, so dass der vierte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen ist. Folglich ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler bei der sozioökonomischen Beurteilung nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006

179    Mit dem zweiten Klagegrund beanstandet die Klägerin offensichtliche Beurteilungsfehler bei der sozioökonomischen Beurteilung nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006, auf die sich die Kommission bei der Erteilung der Zulassung und bei der Zurückweisung des Antrags auf interne Überprüfung gestützt habe. Dieser Klagegrund besteht aus drei Teilen.

–       Zum ersten Teil: Rechts- und offensichtliche Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit dem Bezugsrahmen für die sozioökonomische Beurteilung

180    Die Klägerin macht geltend, „Bezugsrahmen“ des Zulassungsbeschlusses sei die Verwendung von DEHP, wie sie von den Antragstellern im Zulassungsantrag aufgeführt sei.

181    Im vorliegenden Fall wirke sich der Rechtsfehler, der diesem „Bezugsrahmen“ anhafte, d. h. der im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes dargelegte Fehler, der auf der Auslegung des Begriffs „Verwendung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 durch die Antragsteller beruhe, auch auf die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des behaupteten Nutzens der antragsgegenständlichen „Verwendung“ aus. Wie bereits im Antrag auf interne Überprüfung dargelegt, könne mit der „Verwendung“ eines besonders besorgniserregenden Stoffs, der keine Funktion habe, kein sozioökonomischer Nutzen verbunden sein. Als Reaktion auf dieses Argument habe die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung erneut festgestellt, die maßgebliche Funktion von DEHP bestehe darin, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus Weich-PVC … herzustellen“. Die Eigenschaft, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus Weich-PVC … herzustellen“, sei jedoch keine „Funktion“, die den Anforderungen der Verordnung Nr. 1907/2006 genüge.

182    Außerdem habe die Kommission, als sie die „gleichen Elemente“ angeführt habe, um zum einen die „Verwendung“ im Sinne von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 und zum anderen den sozioökonomischen „Nutzen“ im Sinne von Art. 60 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 1907/2006 zu beschreiben, auch einen Rechtsfehler bei der Auslegung des Begriffs „Nutzen“ begangen.

183    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

184    Vorab ist festzustellen, dass alle Argumente der Klägerin im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes auf der Prämisse beruhen, die sie im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes darlegt, wonach die Kommission durch die Art, wie sie den u. a. in Art. 3 Nr. 24, Art. 56 Abs. 1 Buchst. a und Art. 60 der Verordnung Nr. 1907/2006 angeführten Begriff „Verwendung“ ausgelegt habe, einen Rechtsfehler begangen haben soll.

185    Wie jedoch oben in den Rn. 63 bis 91 dargelegt, hat die Kommission insoweit keinen Rechtsfehler begangen.

186    Was überdies das Vorbringen zu den „gleichen Elementen“ betrifft, auf die sich die Kommission berufen haben soll, um die vorliegend in Rede stehende Verwendung und den sozioökonomischen Nutzen zu beschreiben (vgl. oben, Rn. 182), ist wie folgt zu differenzieren.

187    Soweit damit erneut die Argumentation vorgebracht werden soll, die sich auf die Annahme stützt, die Kommission habe durch die Art, wie sie den Begriff „Verwendung“ ausgelegt habe, auch einen Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff „Nutzen“ begangen, ist dieses Vorbringen zurückzuweisen, ohne dass eine Definition des Begriffs „Nutzen“ überhaupt erforderlich wäre. Wie nämlich oben in Rn. 185 dargelegt, hat die Kommission insoweit keinen Rechtsfehler begangen.

188    Ist dagegen das Vorbringen zu den „gleichen Elementen“, auf die sich die Kommission berufen haben soll, um die vorliegend in Rede stehende Verwendung und den sozioökonomischen Nutzen zu beschreiben (vgl. oben, Rn. 182), als zusätzliches Argument zu verstehen, so ist festzustellen, dass die Klägerin nicht substantiiert darlegt, worin diese „gleichen Elemente“ bestehen.

189    Unter diesen Umständen ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zum zweiten Teil: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Bewertung der Ausgewogenheit von Risiken und Nutzen

190    Die Klägerin ist der Auffassung, das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers in Bezug auf Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006, der zur Fehlerhaftigkeit des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung führe, sei aufgrund der folgenden Umstände bewiesen.

191    Zunächst hätten, da die Gefahr für die Gesundheit der Arbeitnehmer nach Auffassung des Ausschusses für Risikobeurteilung nicht quantifizierbar sei, weder der Ausschuss für sozioökonomische Analyse noch folglich die Kommission über die notwendigen Informationen verfügen können, um eine sozioökonomische Beurteilung vorzunehmen. Da das Risiko für die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht quantifiziert worden sei, habe die Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 zugrunde liegende Abwägung von Risiken und Nutzen nicht korrekt durchgeführt werden können. Aus diesem Grund sei es abwegig, wenn die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung feststelle, dass es angebracht sei, dem Ansatz des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu folgen, der „auf der Grundlage einer qualitativen Analyse der verfügbaren Informationen festgestellt hat, dass der Nutzen der fortgesetzten Verwendung die Risiken überwiegt“, und dass die sozioökonomische Beurteilung folglich zufriedenstellend sei. Zwar sei in Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht geregelt, ob das Risiko quantifiziert werden müsse. Nach den Abschnitten 6.1 bis 6.5 des Anhangs I der Verordnung Nr. 1907/2006 müsse der Stoffsicherheitsbericht jedoch eine Quantifizierung des Risikos für die menschliche Gesundheit enthalten, sofern es nicht unmöglich sei, einen abgeleiteten Grenzwert, unterhalb dessen der Stoff keine Wirkung ausübe (Derived No-Effect Level, im Folgenden: DNEL), und eine vorhergesagte Konzentration, bei der keine Wirkung auftrete (Predicted No-Effect Concentration, im Folgenden: PNEC), zu bestimmen. Im vorliegenden Fall werde DEHP aber im Zulassungsantrag als „Stoff mit Schwellenkonzentration“ eingestuft, d. h. DNEL und PNEC könnten bestimmt werden.

192    Ebenso macht die Klägerin geltend, dem Ausschuss für Risikobeurteilung sei eine Quantifizierung des Risikos nicht deshalb unmöglich gewesen, weil er dies auf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstands für unmöglich gehalten habe (z. B. weil es nicht möglich gewesen sei, einen DNEL zu bestimmen), sondern weil die Informationen zu Arbeitnehmerexpositionsszenarien unzureichend gewesen seien. Nach Auffassung der Klägerin „ist eine solche Situation mit dem elementaren Grundsatz der Zulassung unvereinbar“, dem zufolge der Antragsteller gemäß Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 beweisen müsse, dass das mit der Verwendung des Stoffs verbundene Risiko angemessen beherrscht werde oder, wenn er die angemessene Beherrschung nicht beweisen könne, dass die fortgesetzte Verwendung des Stoffs mehr Nutzen als Risiken mit sich bringe, wie dies in Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehen sei. Im vorliegenden Fall hätten die Antragsteller jedenfalls nicht alle Daten geliefert, die für die Durchführung der Beurteilung notwendig seien.

193    Die Klägerin hält der Kommission entgegen, sie habe diese Argumente erstmals im Antrag auf interne Überprüfung und nicht erst im Rahmen der vorliegenden Klage vorgetragen. Die Feststellungen des Ausschusses für Risikobeurteilung und des Ausschusses für sozioökonomische Analyse, die auf die Mängel in Form der fehlenden umfassenden sozioökonomischen Analyse und der fehlenden Beurteilung der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hingewiesen hätten, seien nämlich im Antrag auf interne Überprüfung ausdrücklich angeführt worden.

194    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

195    Vorab ist festzustellen, dass – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – das Argument, mit dem dargetan werden soll, dass die Kommission bei der Anwendung von Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, dass sie in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung dem Ansatz des Ausschusses für sozioökonomische Analyse gefolgt sei, der „auf der Grundlage einer qualitativen Analyse der verfügbaren Informationen festgestellt hat, dass der Nutzen der fortgesetzten Verwendung die Risiken überwiegt“, als solches nicht im Antrag auf interne Überprüfung aufgeworfen wurde.

196    Die von der Klägerin vorgetragenen Argumente zum Nutzen und zu dessen Abwägung mit den Risiken von DEHP für die menschliche Gesundheit, wie sie in den Rn. 93 bis 100 des Antrags auf interne Überprüfung enthalten sind, bezogen sich gewiss auf einige Gesichtspunkte, die diese Problematik betreffen. Diese Punkte fasste die Klägerin in Rn. 99 des Antrags auf interne Überprüfung zusammen. Darin heißt es: „Insgesamt hatten die Antragsteller nicht bewiesen, dass der sozioökonomische Nutzen der fortgesetzten Verwendung von DEHP die Risiken im Sinne von Art. 60 [Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006] überwog, da erstens der Stoff keine Funktion hat, zweitens die Antragsteller fälschlicherweise erklärt hatten, dass die Verwendung von DEHP mit keinen Risiken verbunden sei, und drittens die sozioökonomische Analyse sich im Wesentlichen auf die Auswirkungen konzentrierte, die eine Verweigerung der Zulassung haben könnte.“

197    Dagegen erwähnt der Antrag auf interne Überprüfung an keiner Stelle das Argument, das die Frage betrifft, wie sich die fehlende Quantifizierung des Risikos für die Gesundheit von Arbeitnehmern, die der Ausschuss für Risikobeurteilung in seiner Stellungnahme nach Art. 60 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 festgestellt hatte, auf die Abwägung der Risiken und sozioökonomischen Vorteile der Verwendung von DEHP ausgewirkt hat oder ausgewirkt haben kann.

198    Insoweit ist der Vollständigkeit halber festzustellen, dass der von der Klägerin zitierte Abschnitt des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung, mit dem sie nachweisen möchte, dass sich die Kommission in der Tat mit ihrem Vorbringen zur Auswirkung der fehlenden Quantifizierung des Risikos für die Gesundheit von Arbeitnehmern auf die Abwägung der Risiken und sozioökonomischen Vorteile beschäftigt habe, d. h. der Abschnitt, in dem es heißt, dass der Ausschuss für sozioökonomische Analyse „auf der Grundlage einer qualitativen Analyse der verfügbaren Informationen festgestellt hat, dass der Nutzen der fortgesetzten Verwendung die Risiken überwiegt“, verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen ist.

199    In diesem Abschnitt des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung hat sich die Kommission nämlich nicht mit dem Vorbringen in Bezug auf die Mängel des Stoffsicherheitsberichts zu DEHP infolge der fehlenden Quantifizierung der Gesundheitsrisiken für DEHP-exponierte Arbeitnehmer beschäftigt. In Wirklichkeit ist die Kommission in dem oben in Rn. 193 angesprochenen Satzteil auf das Vorbringen der Klägerin in den Rn. 95 und 99 des Antrags auf interne Überprüfung eingegangen, wonach die von den Antragstellern eingereichte sozioökonomische Analyse nicht bewiesen habe, dass der sozioökonomische Nutzen von DEHP die mit diesem Stoff verbundenen Risiken überwiege, da die Analyse von der irrigen Prämisse ausgehe, dass der Stoff völlig risikofrei sei.

200    Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das oben in den Rn. 190 bis 192 dargelegte Vorbringen der Klägerin nicht im Antrag auf interne Überprüfung enthalten war. Folglich ist es aus denselben Gründen, wie sie oben in den Rn. 55 bis 58 dargelegt worden sind, als unzulässig zurückzuweisen.

201    Außerdem ist dieses Vorbringen jedenfalls unbegründet.

202    Die Klägerin macht nämlich im Wesentlichen geltend, die Abwägung des sozioökonomischen Nutzens und der Risiken der Verwendung von DEHP für die menschliche Gesundheit, wie sie die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung vorgenommen habe, weise Schwächen auf, da einer der Faktoren, nämlich das Risiko der Verwendung von DEHP für Arbeitnehmer, nicht habe „quantifiziert“ werden können, während die Kommission, die diesen Umstand im Übrigen auch nicht verkannt habe, betone, dass sie der Auffassung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse gefolgt sei, der hierzu eine „qualitative“ Analyse durchgeführt habe.

203    Diesem Argument ist entgegenzuhalten, dass sich die Abwägung des sozioökonomischen Nutzens und der Risiken der Verwendung von DEHP für die menschliche Gesundheit nicht auf die Berücksichtigung quantitativer Faktoren beschränken durfte. Zudem kann ein Risiko, wenn nicht genügend Anhaltspunkte vorliegen, die seine „Quantifizierung“ zulassen, auch anhand qualitativer Anhaltspunkte beurteilt werden.

204    Aus alledem ergibt sich, dass der zweite Teil des zweiten Klagegrundes als unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen ist.

–       Zum dritten Teil: offensichtlicher Beurteilungsfehler wegen nicht berücksichtigter Informationen bei der sozioökonomischen Beurteilung

205    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen „offensichtlichen Rechts- und Beurteilungsfehler“ begangen, als sie bei der Anwendung von Art. 60 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 die Informationen zu den Eigenschaften von DEHP als endokriner Disruptor nicht berücksichtigt habe.

206    Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff „verfügbare Informationen“ sei nämlich dahin zu verstehen, dass er sich auf die Gesamtheit der Informationen beziehe, die der Kommission zum Zeitpunkt der Beurteilung des Zulassungsantrags tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten. Da die ECHA im Dezember 2014 DEHP aufgrund seiner Eigenschaften als besonders besorgniserregender endokriner Disruptor in die Kategorie „besonders besorgniserregender Stoff“ im Sinne von Art. 57 Buchst. f der Verordnung Nr. 1907/2006 eingestuft habe (vgl. oben, Rn. 7), sei die Kommission im vorliegenden Fall verpflichtet gewesen, die Informationen zu den Eigenschaften von DEHP als endokriner Disruptor im Hinblick auf Art. 60 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 zu berücksichtigen. Jedenfalls sei dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu entnehmen, dass nur Informationen, die „den Antragstellern verfügbar“ sind, geprüft werden könnten.

207    Zwar habe die Kommission versucht, den zuletzt genannten Ansatz zu begründen, indem sie in Abschnitt 3.2 des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung festgestellt habe, dass „[m]an … von den Antragstellern nicht erwarten konnte, die Feststellung einer zusätzlichen gefährlichen Eigenschaft von DEHP bei der Ausarbeitung des Zulassungsantrags in den Jahren 2012-2013 vorherzusehen, wenn doch diese Eigenschaft erst [im Dezember 2014, also] 15 Monate später festgestellt wurde“. Der Wortlaut von Art. 60 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 enthalte jedoch keine Bestimmung, wonach nur die Informationen geprüft werden könnten, die den Antragstellern zur Verfügung ständen. In Wirklichkeit unterliege die Prüfungspflicht der Kommission gemäß Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 keiner Begrenzung in Bezug auf die Art der zu prüfenden Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt und sei nicht dahin beschränkt, dass nur die Beweise berücksichtigt werden dürften, die von den Antragstellern eingereicht worden seien.

208    Vorliegend sei zu beachten, dass es sich bei den für die sozioökonomische Beurteilung relevanten Bestimmungen um Art. 62 Abs. 5 Buchst. a und Anhang XVI der Verordnung Nr. 1907/2006 handle. Dieser Anhang sei jedoch nicht auf den „Nutzen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt“ beschränkt, der einer Verweigerung der Zulassung aufgrund der in Anhang XIV der Verordnung genannten Gefahren zukomme. Somit seien die Informationen zu gefährlichen Eigenschaften, die nicht in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgeführt seien, bereits im Stadium der Ausarbeitung der nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung einzureichenden sozioökonomischen Analyse zu berücksichtigen.

209    Nicht überzeugen könne das Vorbringen der Kommission in der Klagebeantwortung, wonach es eine völlige Missachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit darstelle, wenn von den Antragstellern verlangt werde, dass sie Informationen zu einem Risiko lieferten, das mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften zusammenhänge, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Zulassungsantrags noch nicht identifiziert worden seien. Dieses Argument werde nämlich durch die ständige Rechtsprechung zum Vertrauensschutz widerlegt, wonach die Wirtschaftsteilnehmer nicht berechtigt seien, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Unionsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern könnten. Folglich dürften Antragsteller nicht die berechtigte Erwartung haben, dass die von ihnen verwendeten oder hergestellten Stoffe neben der Besorgnis, die bereits ihre Aufnahme in die Liste gemäß Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 gerechtfertigt habe, keinen zusätzlichen Anlass zu „sehr großer Besorgnis“ gäben.

210    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

211    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission die Entscheidung über die Zulassung gemäß Art. 60 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 nach Berücksichtigung der „verfügbare[n] Informationen über die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt von Alternativstoffen oder ‑technologien“ trifft.

212    Dagegen bezieht sich Art. 60 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 entgegen dem, was die Klägerin zu unterstellen scheint (vgl. oben, Rn. 205 und 206), weder ausdrücklich noch implizit auf die inhärenten Eigenschaften des jeweiligen besonders besorgniserregenden Stoffs.

213    Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus ihrem Kontext. Im Rahmen von Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 sind die inhärenten Eigenschaften besonders besorgniserregender Stoffe nämlich implizit von Satz 1 sowie Satz 2 Buchst. a dieser Vorschrift erfasst.

214    Folglich könnte die Kommission höchstens gegen Art. 60 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1907/2006 verstoßen haben, als sie die inhärenten Eigenschaften von DEHP als endokriner Disruptor nicht berücksichtigte.

215    Dagegen kann kein Verstoß gegen Art. 60 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 festgestellt werden.

216    Nur ergänzend ist außerdem darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Beantwortung der Frage, ob nachgewiesen wurde, dass der sozioökonomische Nutzen die mit einer Verwendung des besonders besorgniserregenden Stoffs einhergehenden Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt überwiegt, wie z. B. die in Art. 60 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 ausdrücklich genannten und die von Art. 60 Abs. 4 Satz 2 Buchst. a der Verordnung implizit erfassten Risiken, die Kommission gewiss verpflichtet ist, alle maßgeblichen Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses des Zulassungsbeschlusses zur Verfügung stehen, von Amts wegen zu prüfen, ohne dass sich die Beurteilung der Risiken auf die Prüfung der Informationen beschränkt, die im Zulassungsantrag enthalten sind. Der Kommission kommt bei der Beurteilung der Risiken nämlich nicht die Rolle eines Schiedsrichters zu, dessen Zuständigkeit allein auf die Informationen und Beweise beschränkt wäre, die der Zulassungsantragsteller vorlegt.

217    Aus dem Wortlaut von Art. 60 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 geht nicht unmittelbar hervor, dass sich die von der Kommission vorzunehmende Beurteilung der Risiken nur auf Informationen stützen darf, die inhärente Eigenschaften des zu prüfenden Stoffs betreffen, wie sie in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 genannt sind, oder ob die Kommission insoweit verpflichtet ist, auch die Eigenschaften eines Stoffs zu berücksichtigen, die nicht in diesem Anhang, sondern in der Kandidatenliste enthalten sind.

218    Nach Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 wird eine Zulassung erteilt, wenn das Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, das sich aus der Verwendung des Stoffs „aufgrund der in Anhang XIV [der Verordnung] aufgeführten inhärenten Eigenschaften“ ergibt, nach Anhang I Abschnitt 6.4 der Verordnung und wie im Stoffsicherheitsbericht des Antragstellers dokumentiert, angemessen beherrscht wird.

219    Im Einklang mit Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 bestimmt Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006, dass ein Zulassungsantrag u. a. einen Stoffsicherheitsbericht enthält, falls dieser noch nicht als Teil des Registrierungsdossiers vorgelegt wurde, welcher nach Anhang I der Verordnung zu erstellen ist und die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt behandelt, die sich „aufgrund der in Anhang XIV [der Verordnung] aufgeführten inhärenten Eigenschaften“ aus der Verwendung des Stoffs/der Stoffe ergeben.

220    Insoweit sind im Licht von Art. 60 Abs. 2 und Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 nur Daten, die sich auf die in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 enthaltenen inhärenten Eigenschaften eines Stoffs beziehen, für die Beurteilung der Risiken nach Art. 60 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 maßgeblich.

221    Dagegen dürfen etwaige Informationen zu inhärenten Eigenschaften eines Stoffs, die nicht in Anhang XIV aufgenommen wurden, bei der Beurteilung nicht berücksichtigt werden, auch wenn diese inhärenten Eigenschaften bereits in die Kandidatenliste gemäß Art. 59 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 aufgenommen wurden.

222    Bei der Aufnahme eines Stoffs in die Kandidatenliste einerseits und der Aufnahme in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 andererseits handelt es sich nämlich um zwei verschiedene Phasen des Zulassungsverfahrens nach der Verordnung Nr. 1907/2006, die jeweils eigenen Regeln unterliegen, deren Ziele sich nur teilweise überschneiden und die zum Teil auf unterschiedlichen Beurteilungskriterien basieren.

223    Wie zudem aus dem Verb „können“ in Art. 57 der Verordnung Nr. 1907/2006 hervorgeht, führt die bloße Aufnahme bestimmter inhärenter Eigenschaften eines Stoffs in die Kandidatenliste nicht zwangsläufig oder automatisch zu einer Aufnahme dieser Eigenschaften in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006. Vielmehr ergibt sich aus Art. 58 der Verordnung Nr. 1907/2006, dass auch insoweit eine Entscheidung unter Beachtung aller in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen zu treffen ist. Die Entscheidung über die Aufnahme eines Stoffs in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 wird von der Kommission auf der Grundlage einer von der ECHA ausgearbeiteten Empfehlung getroffen, die wiederum die vorherige Stellungnahme ihres Ausschusses der Mitgliedstaaten und die von den interessierten Kreisen im Rahmen einer in Art. 58 Abs. 4 Unterabs. 2 der Verordnung vorgesehenen öffentlichen Anhörung abgegebenen Stellungnahmen, insbesondere zu den Verwendungen, die nach Art. 58 Abs. 2 der Verordnung von der Zulassungspflicht ausgenommen werden sollten, berücksichtigt (Urteil vom 25. September 2015, VECCO u. a./Kommission, T‑360/13, EU:T:2015:695, Rn. 30).

224    Nach alledem ist das oben in den Rn. 205 bis 209 dargelegte Vorbringen der Klägerin zur Stützung des dritten Teils des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Da alle drei Teile des zweiten Klagegrundes zurückgewiesen worden sind, ist demzufolge der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler im Hinblick auf Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 betreffend die Analyse der Alternativen

225    Der dritte Klagegrund besteht aus zwei Rügen, mit denen das Vorliegen von Rechtsfehlern und offensichtlichen Beurteilungsfehlern dargetan werden soll, die dazu geführt hätten, dass die Kommission Art. 60 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 auf den vorliegenden Fall falsch angewandt habe, und zwar insbesondere im Hinblick auf ihre Beurteilung der wirtschaftlichen Durchführbarkeit der Alternativen zu DEHP für die Antragsteller.

226    Als Erstes habe die von den Antragstellern vorgelegte Analyse auf einem falschen „Bezugsrahmen“ basiert, nämlich dem Ersatz eines Abfallstroms und nicht dem Ersatz von DEHP in einem industriellen Verfahren, und zu einer falschen Auslegung der Begriffe „Verwendung“ und „Alternative“ durch die Antragsteller geführt. Diese Auslegung sei im Zulassungsbeschluss übernommen worden. Als Reaktion auf dieses von der Klägerin in ihrem Antrag auf interne Überprüfung vorgetragene Argument habe die Kommission in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung ihre Beurteilung wiederholt, wonach die Funktion von DEHP darin bestehe, es zu ermöglichen, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus … PVC … herzustellen“. Diese Rechtsfehler hätten sich im Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung in Bezug auf die Analyse der Alternativen niedergeschlagen und dazu geführt, dass der Beschluss mit einem Rechtsfehler behaftet sei.

227    Als Zweites sei der Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung einer Auslegung des Begriffs der „Beurteilung“ von Alternativen gefolgt, die nicht mit Art. 60 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 vereinbar sei.

228    Erstens habe der Ausschuss für sozioökonomische Analyse die „Preisspanne für diese Abfallströme“ nicht überprüfen können, da die Antragsteller eine Schnellberechnung mit vertraulichen Kosteninformationen vorgelegt hätten und es dem Ausschuss nicht gelungen sei, angemessene allgemein zugängliche Informationen zu finden. Die Kommission habe in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung auf diesen Umstand hingewiesen. Sie habe insoweit hinzugefügt: „[D]a im Rahmen der öffentlichen Anhörung keine Informationen bekannt wurden, die den von [den Antragstellern] vorgelegten Zahlen widersprechen, erklärte der [Ausschuss für sozioökonomische Analyse] sie für realistisch.“

229    Insoweit habe die Kommission in Wirklichkeit die Auffassung vertreten, es sei rechtmäßig, wenn der Ausschuss für sozioökonomische Analyse so lange die Verlässlichkeit der von den Antragstellern gelieferten Informationen unterstelle, bis sie durch Stellungnahmen Dritter unmittelbar widerlegt würden. Dieser Ansatz stehe jedoch im Widerspruch zu der in Art. 60 Abs. 4 und Abs. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 1907/2006 festgeschriebenen Verpflichtung der Kommission, alle maßgeblichen Aspekte der Alternativen zu beurteilen, einschließlich ihrer wirtschaftlichen Durchführbarkeit. Insoweit liege ein offensichtlicher Fehler vor, für den es keine plausible Begründung gebe. Die Verpflichtung, „alle maßgeblichen Aspekte“ der Alternativen zu beurteilen, einschließlich ihrer „wirtschaftlichen Durchführbarkeit“, ergebe nämlich nur dann einen Sinn, wenn eine echte unabhängige Überprüfung verifizierbarer Informationen erfolge. Die Anwendung einer „Verfahrensregel“, die deren Verlässlichkeit unterstelle, sei eine Verkürzung, die eine solche Beurteilung vermeiden solle. Folglich handle es sich dabei keineswegs um eine wirtschaftliche Beurteilung.

230    Zweitens werde durch einen Ansatz, bei dem die Verlässlichkeit der vom Antragsteller vorgelegten Informationen vermutet werde, sofern Dritte nicht das Gegenteil bewiesen, die Wirksamkeit des Zulassungsverfahrens untergraben, da Antragsteller verleitet würden, Informationen zu verheimlichen, die ihren Interessen entgegenliefen. Da Wirtschaftsinformationen auch dem Betriebsgeheimnis unterliegen könnten, könne zudem bei vernünftiger Betrachtung nicht damit gerechnet werden, dass diese Informationen im Rahmen des Konsultationsverfahrens von Dritten aufgedeckt und kommuniziert würden.

231    Drittens habe die Kommission in Abschnitt 5.2 ihres Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung versucht, diesen Ansatz damit zu begründen, dass sie festgestellt habe, dass „[e]s … eine unverhältnismäßige Belastung des Verfahrens darstellen [würde], wenn man vom Ausschuss [für sozioökonomische Analyse] verlangen würde, dass er eine unabhängige Recherche zu diesen spezifischen Daten durchführt“. Diese Begründung sei jedoch offensichtlich fehlerhaft. In einem Fall wie dem vorliegenden bestehe die „offensichtliche Lösung“ ganz einfach darin, von den Antragstellern zu verlangen, dass sie eine ausreichende Zusammenstellung verlässlicher und verifizierbarer Beweise lieferten.

232    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

233    Vorab ist festzustellen, dass, wie oben in Rn. 167 dargelegt, die Ausführungen der Klägerin im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes (vgl. oben, Rn. 152 bis 158) als Vorbringen zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes anzusehen sind und im Rahmen seiner Prüfung erörtert werden. Soweit sie nämlich darauf gerichtet sind, einen Rechtsfehler der Kommission bei ihrer Auslegung des Begriffs „Alternative“ nachzuweisen (vgl. oben, Rn. 153 bis 156), ergänzen diese Ausführungen im Wesentlichen die im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes erhobene erste Rüge. Dagegen sollen die anderen Argumente, die die Klägerin zur Stützung des dritten Teils des ersten Klagegrundes geltend macht, das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler belegen (vgl. oben, Rn. 157 und 158).

234    Als Erstes ist von vornherein das Argument der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, die im Zulassungsantrag enthaltene Analyse der Alternativen sei unzureichend, weil die Funktion von DEHP im Zulassungsantrag nicht näher dargelegt sei (vgl. oben, Rn. 154).

235    Die vorliegende Klage kann sich nämlich nur auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über den Antrag auf interne Überprüfung beziehen und nicht auf die Frage, ob der Zulassungsantrag ausreichend war. Folglich müsste der dritte Klagegrund allgemein darauf ausgerichtet sein, das Vorliegen etwaiger Fehler der Kommission nachzuweisen und nicht Fehler der Antragsteller im Zulassungsantrag.

236    Soweit das oben in Rn. 233 erwähnte Vorbringen dagegen darauf gerichtet ist, Fehler im Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung darzulegen, d. h. falls davon auszugehen wäre, dass der Beschluss Punkte des Zulassungsantrags aufgreift und sie sich zu eigen macht, ist das Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Die Kommission hat nämlich unabhängig davon, was die Antragsteller im Zulassungsantrag angegeben oder nicht angegeben haben, ausdrücklich eine Funktion von DEHP für die Zwecke der vorliegend in Rede stehenden Zulassung bestimmt.

237    Was als Zweites das Vorbringen der Klägerin betrifft, mit dem sie nachweisen möchte, dass die Analyse der Alternativen eine Beurteilung der Stoffe oder Technologien sein müsse, die den besonders besorgniserregenden Stoff „in einem Verfahren“ ersetzen könnten, für das die Zulassung beantragt werde (vgl. oben, Rn. 165), ist festzustellen, dass diese Argumentation im Zusammenhang mit dem Vorbringen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes steht, wonach die von den Antragstellern vorgelegte Analyse auf einem falschen „Bezugsrahmen“ basiere, nämlich „dem Ersatz eines Abfallstroms und nicht dem Ersatz von DEHP in einem industriellen Verfahren“, was zu einer falschen Auslegung der Begriffe „Verwendung“ und „Alternative“ durch die Antragsteller im Zulassungsantrag geführt habe (vgl. oben, Rn. 226). Zudem gibt es einen Zusammenhang zwischen dieser Argumentation und dem Vorbringen, wonach die Kommission DEHP eine Funktion zugeschrieben haben soll, die im Hinblick auf die Verordnung Nr. 1907/2006 inakzeptabel sei, so dass sich die falsche Auslegung der Begriffe „Verwendung“ und „Alternative“, die sowohl im Zulassungsantrag als auch im Zulassungsbeschluss verwendet würden, letztlich als Rechtsfehler im Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung niedergeschlagen habe (vgl. oben, Rn. 226).

238    Wie jedoch im Rahmen der Würdigung des ersten Teils des ersten Klagegrundes dargelegt, kann aus den oben in den Rn. 63 bis 91 erläuterten Gründen auch dann von der „Verwendung“ eines Stoffs gesprochen werden, wenn er nicht aktiv „in einem industriellen Verfahren“ eingeführt wird. Folglich beging die Kommission keinen Fehler, als sie im vorliegenden Fall feststellte, es handle sich um eine „Verwendung“ des fraglichen Stoffs, wie er „in einem Gemisch“ enthalten sei. Insoweit beging die Kommission auch keinen Rechtsfehler, als sie feststellte, dass eine der Funktionen von DEHP darin bestehe, „die Menge an Weichmachern zu reduzieren, die beigesetzt werden muss, um Erzeugnisse aus Weich-PVC auf der Grundlage von recyceltem Weich-PVC‑Material herzustellen“. Ebenso wenig beging sie einen Rechtsfehler, als sie von der bereits im Zulassungsantrag enthaltenen Prämisse ausging, dass DEHP im Allgemeinen die Funktion eines Weichmachers zukomme. Diese Funktionen, die spätestens zu dem Zeitpunkt aktiviert werden, zu dem das DEHP enthaltende PVC‑Rezyklat verwendet wird (vgl. oben, Rn. 71), ließen den Schluss zu, dass der Zulassungsbeschluss für eine „Verwendung“ im Sinne von Art. 3 Nr. 24, Art. 56 Abs. 1 Buchst. a und Art. 60 der Verordnung Nr. 1907/2006 erlassen werden konnte.

239    Insoweit konnte sich die Beurteilung der Alternativen im vorliegenden Fall, wie die Kommission zu Recht geltend macht, auf ein Gemisch statt auf den im Gemisch enthaltenen Stoff beziehen. Dagegen durfte die Analyse der Alternativen entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Beurteilung der Stoffe oder Technologien sein, die DEHP „in einem industriellen Verfahren“ ersetzen können.

240    Somit ist das Vorbringen zur Analyse der Alternativen in Bezug auf Stoffe oder Technologien, die den besonders besorgniserregenden Stoff „in einem industriellen Verfahren“ ersetzen können, ebenso wie die Beanstandungen im Zusammenhang mit der von der Kommission ermittelten Funktion von DEHP zurückzuweisen.

241    Als Drittes ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, wonach die Auffassung, dass die Verwendung von Roh-PVC als „Alternative“ angesehen werden könne, falsch sei, da bei der Herstellung von Roh-PVC ebenfalls ein besonders besorgniserregender Stoff verwendet werde (vgl. oben, Rn. 156).

242    Zum einen geht aus dem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung hervor, dass nach Auffassung der Kommission die Reduzierung der Menge eines besonders besorgniserregenden reinen Stoffs, der zum Weichmachen verwendet werde, mittels eines recycelten besonders besorgniserregenden Stoffs eine Funktion darstellen könne, die mit der Verordnung Nr. 1907/2006 vereinbar sei. Die Kommission hat die Alternativen im Hinblick auf diese Funktion geprüft. Dagegen hat die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin in ihrem Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung weder ausdrücklich noch implizit die Auffassung vertreten, dass die Verwendung von Roh-PVC einer Alternative als solcher entspreche.

243    Zum anderen stehen die ausdrücklichen Anforderungen und die Ziele der Verordnung Nr. 1907/2006 einer Verwendung nicht entgegen, die es ermöglicht, die Menge an reinem oder Roh-DEHP zu reduzieren, die Verbindungen beigesetzt werden muss, um neue Erzeugnisse aus Weich-PVC herzustellen.

244    Es besteht nämlich kein Widerspruch zu dem in Art. 55 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Ziel. Der Zweck dieser Vorschrift besteht nicht darin, besonders besorgniserregende Stoffe unbedingt, einseitig und sofort durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien zu ersetzen. Vielmehr geht aus dem Wortlaut dieser Bestimmung hervor, dass ihr Ziel darin besteht, besonders besorgniserregende Stoffe „schrittweise“ durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien zu ersetzen, „sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind“. Zudem ist dieses Ziel auch im 70. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006 in beinahe wortgleicher Formulierung enthalten.

245    Was als Viertes das Vorbringen betrifft, es liege ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vor, da die Kommission, selbst wenn man die von ihr behauptete Funktion akzeptiere, jedenfalls nicht unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Lösungen – u. a. Verwendung von Weichmachern, die keine besonders besorgniserregenden Stoffe seien – Alternativen geprüft habe, mit denen sich die Menge an DEHP bei der Herstellung von PVC‑Erzeugnissen reduzieren lasse (vgl. oben, Rn. 157), sind die folgenden Gesichtspunkte zu beachten.

246    Nach der Rechtsprechung kann ein die Nichtigerklärung eines Rechtsakts rechtfertigender offensichtlicher Fehler eines Organs bei der Würdigung eines komplexen Sachverhalts nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger beigebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in dem Rechtsakt als nicht plausibel erscheinen zu lassen. Von dieser Plausibilitätsprüfung abgesehen darf das Gericht die Beurteilung eines komplexen Sachverhalts durch den Urheber der Entscheidung nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen (vgl. Urteil vom 9. September 2011, Frankreich/Kommission, T‑257/07, EU:T:2011:444, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich ist der Klagegrund, mit dem ein offensichtlicher Fehler gerügt wird, zurückzuweisen, wenn die angegriffene Würdigung trotz der vom Kläger vorgetragenen Umstände als zutreffend oder annehmbar erscheint. Dies gilt insbesondere dann, wenn die streitige Entscheidung mit Fehlern behaftet ist, die, auch insgesamt gesehen, unbedeutend sind und nicht geeignet waren, den Ausschlag für das Handeln der Verwaltung zu geben (vgl. Urteil vom 9. September 2011, Frankreich/Kommission, T‑257/07, EU:T:2011:444, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).

247    Vorliegend hatten zum einen die Antragsteller im Zulassungsantrag erklärt, es seien keine Alternativen verfügbar. Es handelte sich insoweit um Alternativen für nachgelagerte Verarbeiter von recyceltem Weich-PVC, wie die Verwendung von Roh-PVC, das Weichmacher enthält, die keine besonders besorgniserregenden Stoffe sind. Auch wenn diese Möglichkeit von den Antragstellern nicht als Alternative vorgestellt worden war, wurde sie vom Ausschuss für sozioökonomische Analyse als nicht geeignet und insbesondere als wirtschaftlich nicht tragfähig für die nachgeschalteten Verwender der Erzeugnisse der Antragsteller oder zumindest für einen Teil von ihnen angesehen.

248    Entgegen den Anforderungen an die Beweise, die ein Kläger erbringen muss, der sich nach den oben in Rn. 246 dargelegten Regeln der Rechtsprechung auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler beruft, hat die Klägerin keinen Beweis erbracht, der die im Beschluss über den Antrag auf interne Überprüfung enthaltene Sachverhaltswürdigung in Bezug auf die Nichtverfügbarkeit von Alternativen als nicht plausibel erscheinen lässt.

249    Zum einen legt die Klägerin nicht dar, auf welcher anderen Grundlage als auf den Angaben der Antragsteller, der im Rahmen der öffentlichen Anhörung nach Art. 64 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 angehörten Kreise und der Mitgliedstaaten, die sich im Rahmen der Erörterungen des in Art. 133 der Verordnung vorgesehenen Ausschusses zum Zulassungsantrag geäußert hatten, die Kommission bei Erlass des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung zu einem anderen Ergebnis als zu demjenigen hätte kommen können, das in der Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu Alternativen auf der Grundlage von Weichmachern, die keine besonders besorgniserregenden Stoffe sind, enthalten ist. Die Klägerin hat nämlich nicht dargelegt, welcher andere Stoff, der keinen besonders besorgniserregenden Stoff darstellt, von der Kommission hätte berücksichtigt werden können.

250    Zum anderen hat die Klägerin jedenfalls in ihrem Antrag auf interne Überprüfung das Gesamtergebnis der Kommission zur fehlenden Verfügbarkeit von Alternativen nicht spezifisch beanstandet.

251    Die vorstehend in den Rn. 249 und 250 dargelegte Anforderung an die Klägerin, die Umstände darzulegen, die das Ergebnis der Kommission zur fehlenden Verfügbarkeit von Alternativen im Rahmen der vorliegenden Klage oder im Rahmen des Antrags auf interne Überprüfung in Frage stellen könnten, führt zudem nicht dazu, dass die dem Antragsteller einer Zulassung gemäß Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Verbindung mit deren 69. Erwägungsgrund obliegende Beweislast umgekehrt wird. Vielmehr handelt es sich zum einen um Anforderungen, die damit zusammenhängen, dass im Rahmen einer Nichtigkeitsklage die Argumente und Klagegründe so klar dargelegt sein müssen, dass das Gericht sie ordnungsgemäß prüfen kann, ohne über das Anliegen des Klägers spekulieren zu müssen und ohne die eigene Begründung an die Stelle der Begründung des Klägers zu setzen. Zum anderen handelt es sich um Anforderungen an die Genauigkeit, wie sie aus Art. 10 der Verordnung Nr. 1367/2006 hervorgehen (vgl. oben, Rn. 56 und 57).

252    Unter diesen Umständen ist das oben in Rn. 245 angeführte Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen.

253    Als Fünftes ist auch das Vorbringen der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen, wonach die Kommission die Verlässlichkeit der Preisdaten, wie sie die Antragsteller in ihrer Analyse der Alternativen vorgelegt hätten und wie sie vom Ausschuss für sozioökonomische Analyse akzeptiert worden seien, unterstellt habe, ohne selbst eine unabhängige Beurteilung der Verlässlichkeit dieser Daten durchzuführen, was letztlich auf eine Auslegung des Begriffs „Beurteilung“ der Alternativen hinauslaufe, die nicht mit Art. 60 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 vereinbar sei.

254    Erstens hat die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin bei der Prüfung der wirtschaftlichen Durchführbarkeit der von den Antragstellern vorgeschlagenen Alternativen gemäß Art. 60 Abs. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 1907/2006 nicht „unterstellt“, dass die von den Antragstellern eingereichten Preisdaten richtig seien.

255    In Erwiderung auf dieses Vorbringen der Klägerin stellte die Kommission nämlich in Abschnitt 5.2 des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung fest, ohne dass die Klägerin ihr insoweit widersprochen hat, dass die Antragsteller Preise angegeben hätten, die für postindustrielle Abfälle nicht öffentlich zugänglich seien. Der Ausschuss für sozioökonomische Analyse wiederum versuchte bei seiner Beurteilung der im Zulassungsantrag angegebenen Preisdaten, zusätzliche, allgemein zugängliche Informationen zu erhalten, und überprüfte alle maßgeblichen Informationen, die im Rahmen der öffentlichen Anhörung nach Art. 64 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 eingereicht wurden.

256    Dieses Vorgehen des Nachforschens zusätzlicher Informationen ist ein Anzeichen dafür, dass der Ausschuss für sozioökonomische Analyse in der Tat eine Prüfung der von den Antragstellern gelieferten Informationen vorgenommen hatte.

257    Als die Kommission sich die Prüfung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu eigen machte, hat auch sie somit nicht die Richtigkeit der Informationen unterstellt. Vielmehr hat sie gerade deshalb, weil keine Beweise vorlagen, die die Richtigkeit der von den Antragstellern gelieferten Daten in Frage stellten, die Beurteilungen des Ausschusses in Bezug auf die Preise für postindustrielle Abfälle übernommen.

258    Zweitens ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass der Vorwurf der Klägerin, die Kommission habe „unterstellt“, dass die von den Antragstellern vorgelegten wirtschaftlichen Daten richtig seien, keine Rechtsfrage betrifft.

259    Gemäß Art. 60 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 berücksichtigt die Kommission nämlich bei der Beurteilung, ob geeignete alternative Stoffe oder Technologien verfügbar sind, alle maßgeblichen Aspekte einschließlich – gemäß Art. 60 Abs. 5 Buchst. b – der technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit der Alternativen für den Antragsteller. Art. 60 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 definiert jedoch keine besondere Methode, mit der sich die in dieser Vorschrift vorgesehene „Beurteilung“ durchführen ließe und die als eine gesetzlich vorgeschriebene Methode angesehen werden könnte und somit, anders ausgedrückt, integrierender Bestandteil des Rechtsbegriffs „Beurteilung“ wäre.

260    Vielmehr bezieht sich die Beurteilung der Verfügbarkeit geeigneter alternativer Stoffe oder Technologien gemäß Art. 60 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1907/2006 auf einen Prozess der Würdigung technischer, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Fragen sowie komplexer Sachverhalte zur Überprüfung aller maßgeblichen einschlägigen Aspekte, insbesondere der in Art. 60 Abs. 5 Buchst. a und b genannten Aspekte, und zwar anhand der Informationen, die der Kommission zu dem Zeitpunkt zur Verfügung standen, als sie den Zulassungsbeschluss erließ.

261    Insoweit wird mit dem Vorwurf der Klägerin, die Kommission habe „unterstellt“, dass bestimmte, von den Antragstellern vorgelegte Daten richtig seien, in Wirklichkeit ein Verstoß gegen Art. 60 Abs. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 1907/2006 unter dem Blickwinkel eines etwaigen (offensichtlichen) Beurteilungsfehlers gerügt und nicht, wie die Klägerin geltend macht, ein Verstoß gegen den Begriff „Beurteilung“ als rechtlichen Gesichtspunkt.

262    Abgesehen davon, dass die Kommission im vorliegenden Fall nicht bestimmte Tatsachen „unterstellt“ hat, sondern sich die Ergebnisse einer Prüfung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu eigen gemacht hat, nachdem sie darauf hingewiesen hatte, dass keine Beweise vorlägen, die die von den Antragstellern übermittelten Informationen widerlegten (vgl. oben, Rn. 257), hat die Klägerin vorliegend kein Argument vorgetragen, dem zu entnehmen ist, welche Tatsachen oder Beweise der Ausschuss für sozioökonomische Analyse oder die Kommission hätten berücksichtigen können, um die Verlässlichkeit der im Zulassungsantrag enthaltenen Daten zu prüfen oder nach einer solchen Prüfung zu widerlegen. Zudem legt die Klägerin nicht dar, mit welcher konkreten technischen, wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Methode etwaige Zweifel an der Verlässlichkeit der von den Antragstellern vorgelegten Daten zu den Preisen für postindustrielle Abfälle hätten ausgeräumt werden können.

263    Wie außerdem oben in Rn. 251 in Bezug auf die fehlende Verfügbarkeit von Alternativen dargelegt, führt die Anforderung an die Klägerin, die Umstände darzulegen, die die Schlussfolgerungen der Kommission zur Verlässlichkeit der im Zulassungsantrag enthaltenen Daten in Frage stellen könnten, nicht dazu, dass die dem Antragsteller einer Zulassung gemäß Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Verbindung mit deren 69. Erwägungsgrund obliegende Beweislast umgekehrt wird. Vielmehr handelt es sich um Anforderungen, die sich aus der oben in Rn. 246 angeführten Rechtsprechung ergeben.

264    Insoweit reicht es, um einen offensichtlichen Beurteilungsfehler darzutun, nicht aus, der Kommission schlicht und einfach vorzuwerfen, die Richtigkeit der Daten „unterstellt“ zu haben, die von den Antragstellern im Zulassungsantrag angegeben worden waren und anschließend vom Ausschuss für sozioökonomische Analyse bei der Ausarbeitung seiner Stellungnahme nach Art. 64 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung Nr. 1907/2006 akzeptiert wurden.

265    Keines der Argumente der Klägerin kann dieses Ergebnis in Frage stellen.

266    Erstens ist das Argument zurückzuweisen, wonach ein Ansatz, dem zufolge die Verlässlichkeit der vom Zulassungsantragsteller vorgelegten Informationen vermutet werde, „sofern Dritte nicht das Gegenteil beweisen“, die Wirksamkeit des Zulassungsverfahrens untergrabe, da Antragsteller verleitet würden, Informationen zu verheimlichen, die ihren Interessen entgegenliefen. Gleiches gilt für das Argument, wonach vernünftigerweise nicht damit gerechnet werden könne, dass Wirtschaftsinformationen im Rahmen des Konsultationsverfahrens von Dritten aufgedeckt und kommuniziert würden, da Wirtschaftsinformationen auch dem Betriebsgeheimnis unterliegen könnten (vgl. oben, Rn. 230).

267    Zwar besteht sicherlich ein Interesse daran, dass Antragsteller einer Zulassung keine Informationen verheimlichen, die für ein Zulassungsverfahren maßgeblich sind, wozu sie verleitet sein könnten, wenn die Informationen ihren Interessen zuwiderlaufen.

268    Es ist jedoch erneut festzustellen, dass die Klägerin keine Methode dargelegt hat, mit der das Risiko, dass ein Antragsteller maßgebliche Informationen, die nur ihm allein bekannt sind, verheimlicht, am besten einzudämmen wäre. Zum einen verfügen weder die Kommission noch die in Art. 64 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten Ausschüsse der ECHA über Befugnisse, die denen einer Wettbewerbsbehörde oder gar der Staatsanwaltschaft eines Mitgliedstaats vergleichbar sind und eine Überprüfung der Richtigkeit von Fakten durch Zwangsmaßnahmen wie Durchsuchung und Beschlagnahme ermöglichen würden. Zum anderen ist die Lösung, die die Klägerin als „offensichtlich“ beschreibt und die darin besteht, ganz einfach „von den Antragstellern zu verlangen, dass sie eine ausreichende Zusammenstellung verlässlicher und verifizierbarer Beweise liefern“ (vgl. oben, Rn. 231), weit davon entfernt, eine solche zu sein. Das Problem des Vorhandenseins vertraulicher Informationen, die nur dem Antragsteller bekannt sind, stellt sich nämlich jedes Mal, wenn es erforderlich ist, ihn zur Ergänzung oder Klarstellung von Informationen aufzufordern, über die er exklusiv verfügt.

269    Zurückzuweisen ist zweitens die Kritik der Klägerin an dem in Abschnitt 5.2 des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung angeführten Argument der Kommission, wonach „[e]s … eine unverhältnismäßige Belastung des Verfahrens darstellen [würde], wenn man vom Ausschuss [für sozioökonomische Analyse] verlangen würde, dass er eine unabhängige Recherche zu diesen spezifischen Daten durchführt“ (vgl. oben, Rn. 231).

270    Abgesehen von der Frage der von der Kommission angeführten „unverhältnismäßigen Belastung des Verfahrens“ legt die Klägerin nämlich nicht konkret dar, was der Ausschuss für sozioökonomische Analyse noch hätte unternehmen können, um die Bedenken der Klägerin zu zerstreuen.

271    Aus alledem ergibt sich, dass der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum vierten Klagegrund: Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler durch Verstoß gegen den Vorsorgegrundsatz im Rahmen des Zulassungsverfahrens

272    Mit dem vierten Klagegrund rügt die Klägerin einen Verstoß gegen den in Art. 191 Abs. 2 AEUV genannten Vorsorgegrundsatz.

273    Die Klägerin macht als Erstes geltend, eine korrekte Anwendung des Vorsorgegrundsatzes verlange, dass der Antragsteller einer Zulassung die Beweislast dafür trage, dass ein Stoff zugelassen werden müsse. Falls Unsicherheiten in Bezug auf Gefahren für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt fortbestünden, obwohl der Antragsteller seine Beweise vorgelegt habe, müsse die Kommission feststellen, dass der Beweis nicht erbracht worden sei und die Verwendung des Stoffs nicht zugelassen werden könne.

274    Im vorliegenden Fall habe der Ausschuss für Risikobeurteilung zum einen festgestellt, dass die Gefahr für die Gesundheit von Arbeitnehmern „nicht quantifizierbar“ sei. Zum anderen seien die Eigenschaften von DEHP als endokrinem Disruptor nicht im Entscheidungsprozess berücksichtigt worden. Somit habe die Kommission gegen den Vorsorgegrundsatz verstoßen, als sie dennoch beschlossen habe, eine Zulassung für die Verwendung von DEHP zu erteilen. Dieser Fehler habe sich auch auf die Begründetheit des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung ausgewirkt.

275    Zweitens sei angesichts der Eigenschaften von DEHP als besonders besorgniserregendem endokrinem Disruptor, aus denen sich ergebe, dass der Stoff ebenso große Bedenken hervorrufe wie diejenigen, die zu seiner Aufnahme in die Liste gemäß Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 geführt hätten, die Kommission verpflichtet gewesen, die Antragsteller im Einklang mit dem Vorsorgegrundsatz aufzufordern, den Zulassungsantrag zu aktualisieren.

276    In Erwiderung auf das Vorbringen der Kommission in der Klagebeantwortung, wonach es gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße, wenn Eigenschaften, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Zulassungsantrags noch nicht identifiziert worden seien, im Rahmen der Risikobeurteilung berücksichtigt würden, erinnert die Klägerin drittens daran, dass nach der Unionsrechtsprechung zum Grundsatz des Vertrauensschutzes, der aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit fließe, die Wirtschaftsteilnehmer nicht berechtigt seien, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Unionsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern könnten.

277    Als Zweites und unabhängig von den vorstehenden Ausführungen habe die Kommission in keiner Weise dargelegt, wie sie den Grundsatz der Vorsorge im vorliegenden Fall angewandt habe.

278    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

279    Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass gemäß Art. 191 Abs. 1 und 2 AEUV die Umweltpolitik der Union zur Verfolgung des Ziels, die menschliche Gesundheit zu schützen, beitragen muss und u. a. auf dem Grundsatz der Vorsorge beruht. Der Vorsorgegrundsatz findet Anwendung, wenn Unionsorgane Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ergreifen. Außerdem ist der Vorsorgegrundsatz anzuwenden, wenn Unionsorgane Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit ergreifen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2010, Gowan Comércio Internacional e Serviços, C‑77/09, EU:C:2010:803, Rn. 72).

280    Insbesondere geht aus Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 hervor, dass den Bestimmungen dieser Verordnung das Vorsorgeprinzip zugrunde liegt.

281    Aus dem Vorsorgeprinzip ergibt sich, dass bei Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens oder des Umfangs von Risiken für die menschliche Gesundheit Schutzmaßnahmen getroffen werden können, ohne dass abgewartet werden müsste, dass das Bestehen und die Schwere dieser Risiken vollständig dargelegt werden (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2010, Gowan Comércio Internacional e Serviços, C‑77/09, EU:C:2010:803, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine korrekte Anwendung des Vorsorgeprinzips erfordert erstens die Bestimmung der möglicherweise negativen Auswirkungen der vorgeschlagenen Anwendung des fraglichen Stoffs auf die Gesundheit und zweitens eine umfassende Bewertung des Gesundheitsrisikos auf der Grundlage der zuverlässigsten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und der neusten Ergebnisse der internationalen Forschung (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2010, Gowan Comércio Internacional e Serviços, C‑77/09, EU:C:2010:803, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

282    Nach der Rechtsprechung rechtfertigt insoweit das Vorsorgeprinzip den Erlass beschränkender Maßnahmen, wenn es sich als unmöglich erweist, das Bestehen oder den Umfang eines Risikos mit Sicherheit festzustellen, weil die Ergebnisse der durchgeführten Studien unzureichend, nicht schlüssig oder ungenau sind, die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die öffentliche Gesundheit jedoch fortbesteht, falls das Risiko eintritt (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2010, Gowan Comércio Internacional e Serviços, C‑77/09, EU:C:2010:803, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). Beim Erlass einer beschränkenden Maßnahme mit dem Ziel des Umweltschutzes oder des Schutzes der menschlichen Gesundheit muss das hierfür zuständige Organ für ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen Vorsorgeprinzip und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sorgen. Dies ergibt sich aus der Lektüre der vorstehend in Rn. 281 angeführten Rechtsprechung im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der in Art. 5 Abs. 4 EUV verankert ist und zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts zählt. Demnach rechtfertigt das Vorsorgeprinzip beschränkende Maßnahmen nur dann, wenn sie nicht nur diskriminierungsfrei und objektiv, sondern auch verhältnismäßig sind (Schlussanträge von Generalanwalt Bobek in der Rechtssache Confédération paysanne u. a., C‑528/16, EU:C:2018:20, Nr. 51).

283    Vorliegend macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die vom Ausschuss für Risikobeurteilung festgestellten Unsicherheiten im Hinblick auf die Risiken für Arbeitnehmer hätten aufgrund des Vorsorgegrundsatzes einer Erteilung der Zulassung durch die Kommission nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 entgegengestanden. Mit anderen Worten hätte die Kommission nach Auffassung der Klägerin die Erteilung der vorliegend in Rede stehenden Zulassung ganz ablehnen sollen.

284    Erstens ist jedoch festzustellen, dass der in Art. 191 Abs. 2 AEUV verankerte Vorsorgegrundsatz Handlungen auf Unionsebene betrifft und nicht dahin gehend ausgelegt werden darf, dass ein Unionsorgan auf der Grundlage dieses Prinzips verpflichtet ist, eine bestimmte Maßnahme zu ergreifen, wie z. B. die von der Klägerin geforderte Verweigerung einer Zulassung. Die Vorschrift beschränkt sich nämlich darauf, die allgemeinen Ziele der Union in Umweltangelegenheiten zu bestimmen, da Art. 192 AEUV dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union die Aufgabe überträgt, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren über das Tätigwerden zur Erreichung dieser Ziele zu beschließen. Zudem ist es zwar zutreffend, dass dieser Grundsatz den Erlass einer beschränkenden Maßnahme durch ein Organ rechtfertigen kann, doch verpflichtet er das Organ nicht dazu.

285    Im Übrigen kann auch Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1907/2006 für sich genommen nicht das Vorbringen der Klägerin stützen, wonach die Kommission die Erteilung der in Rede stehenden Zulassung hätte ablehnen sollen.

286    Zweitens gab es im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der Klägerin (vgl. oben, Rn. 273) keine Unsicherheiten in Bezug auf die Risiken für die menschliche Gesundheit. Vielmehr bestand Gewissheit darüber, dass DEHP mit Risiken für die menschliche Gesundheit verbunden war. Wie oben in Rn. 1 dargelegt, besitzt der Stoff reproduktionstoxische Eigenschaften im Sinne von Art. 57 Buchst. c der Verordnung. Vorliegend hatte der Ausschuss für Risikobeurteilung die Kommission darauf aufmerksam gemacht, dass Unsicherheiten im Hinblick auf die Behauptungen der Antragsteller zur Beherrschung der Risiken für Arbeitnehmer bei einer DEHP-Exposition beständen. Dem Ausschuss zufolge hatten die Antragsteller nicht nachgewiesen, dass die mit den zwei beantragten Verwendungen verbundenen Risiken für die Gesundheit von Arbeitnehmern im Sinne von Art. 60 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1907/2006 angemessen beherrscht würden. Vor allem aus diesem Grund entschied sich die Kommission für das in Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehene „sozioökonomische Verfahren“.

287    Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung der Kommission, das in Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehene „sozioökonomische Verfahren“ anzuwenden, einen Verstoß gegen den Vorsorgegrundsatz darstellt. Die Zulassung nach diesem Verfahren wurde gerade deshalb ersonnen, damit Unternehmen die Möglichkeit haben, Stoffe auf den Markt zu bringen, bei denen zwar insbesondere ein Risiko für die menschliche Gesundheit besteht, jedoch der sozioökonomische Nutzen überwiegt.

288    Wie sich aus dem 69. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1907/2006 und Art. 60 Abs. 4 der Verordnung ergibt, kann in Fällen, in denen nicht nachgewiesen wurde, dass die mit der Verwendung eines Stoffs einhergehenden Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt angemessen beherrscht werden, eine Zulassung erteilt werden, wenn nachgewiesen wird, dass der mit der Verwendung des Stoffs verbundene sozioökonomische Nutzen die durch seine Verwendung entstehenden Risiken überwiegt und es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt, die wirtschaftlich und technisch tragfähig wären.

289    Im vorliegenden Fall ist, wie oben in den Rn. 211 bis 223 dargelegt, das Vorbringen der Klägerin, wonach die Eigenschaften von DEHP als endokriner Disruptor bei der Beurteilung der Risiken nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 hätten berücksichtigt werden müssen, aufgrund der systematischen Auslegung der Abs. 2 und 4 dieses Artikels zurückzuweisen. Der Grundsatz der Vorsorge kann nicht so ausgelegt werden, dass die bestehende Kohärenz zwischen diesen beiden Absätzen von Art. 60 der Verordnung Nr. 1907/2006 in Frage gestellt wird.

290    Drittens muss das zuständige Organ beim Erlass einer beschränkenden Maßnahme mit dem Ziel des Umweltschutzes oder des Schutzes der menschlichen Gesundheit für ein ausgewogenes Zusammenspiel von Vorsorgeprinzip und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sorgen (vgl. oben, Rn. 282).

291    Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (vgl. Urteil vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

292    Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 ist insoweit – auf abstrakter Ebene – Ausdruck des Zusammenspiels zwischen dem Vorsorgeprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für den Fall, dass eine der in Art. 60 Abs. 2 der Verordnung genannten Voraussetzungen nicht erfüllt ist, wie hier der Nachweis, dass das Risiko beherrscht wird, das die Verwendung eines bestimmten Stoffs aufgrund seiner in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 genannten inhärenten Eigenschaften für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt.

293    Indem nämlich der Unionsgesetzgeber die Erteilung einer Zulassung in Fällen erlaubt, in denen nicht alle Risiken, die mit der Verwendung eines besonders besorgniserregenden Stoffs einhergehen, angemessen beherrscht werden, jedoch der sozioökonomische Nutzen, der sich aus der Verwendung des Stoffs ergibt, die mit seiner Verwendung verbundenen Risiken überwiegt und es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt, die wirtschaftlich und technisch tragfähig wären, hat er einen Ausgleich zwischen dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt auf der einen Seite und den Interessen des Antragstellers sowie dem mit der Verwendung des betreffenden Stoffs verbundenen sozioökonomischen Nutzen auf der anderen Seite geschaffen.

294    Zwar kann in einem Fall wie dem vorliegenden die konkrete Abwägung der beteiligten Interessen die Festlegung einer speziellen Überwachung und eines kurzen Überprüfungszeitraums durch die Kommission rechtfertigen. Dennoch geht aus Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 hervor, dass die Kommission die Zulassung nicht verweigern darf, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, da sie andernfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstieße.

295    Insoweit kann der Grundsatz der Vorsorge entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht dahin ausgelegt werden, dass er die Verweigerung einer Zulassung erlaubt, die nach Art. 60 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1907/2006 erteilt werden könnte.

296    Was als Zweites die Rüge der Klägerin betrifft, die Kommission sei angesichts der Eigenschaften von DEHP als besonders besorgniserregender endokriner Disruptor verpflichtet gewesen, die Antragsteller in Anwendung des Vorsorgeprinzips aufzufordern, den Zulassungsantrag zu aktualisieren (vgl. oben, Rn. 275), ist festzustellen, dass die Klägerin mit diesem Argument offenbar die Auffassung vertritt, die Kommission hätte die Antragsteller vor Erlass ihres Beschlusses auffordern können, zusätzliche Informationen einzureichen. Die Klägerin hat dieses Argument als solches jedoch nicht im Antrag auf interne Überprüfung vorgetragen. Die Klägerin hat nämlich an keiner Stelle des Antrags auf interne Überprüfung geltend gemacht, dass die Kommission aufgrund des Vorsorgeprinzips verpflichtet gewesen sei, die Antragsteller aufzufordern, ihr zusätzliche Informationen zu übermitteln und somit den Zulassungsantrag zu aktualisieren. Vielmehr begründete die Klägerin im Antrag auf interne Überprüfung einen Verstoß gegen das Vorsorgeprinzip damit, dass die Kommission die Eigenschaften von DEHP als besonders besorgniserregender endokriner Disruptor nicht berücksichtigt habe.

297    Dieses Argument ist aus den gleichen Gründen, wie sie oben in Rn. 55 dargelegt worden sind, als unzulässig zurückzuweisen.

298    Der Vollständigkeit halber ist zudem in der Sache festzustellen, dass die Rüge der Klägerin, angesichts der Eigenschaften von DEHP als besonders besorgniserregender endokriner Disruptor hätten die Antragsteller den Zulassungsantrag aktualisieren müssen, unbegründet ist. Da die Eigenschaften von DEHP als besonders besorgniserregender endokriner Disruptor nämlich zum Zeitpunkt des Zulassungsbeschlusses nicht in Anhang XIV der Verordnung Nr. 1907/2006 enthalten waren, musste die Kommission sie nicht berücksichtigen. Diese Eigenschaften gehören nicht zu der Gesamtheit der maßgeblichen Umstände, die die Kommission zwingend berücksichtigen muss, wie die oben in Rn. 216 genannten maßgeblichen Informationen.

299    Unter diesen Umständen ist das oben in Rn. 275 dargelegte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

300    Als Drittes geht angesichts der vorstehenden Erwägungen die Rüge der Klägerin ins Leere, wonach die Antragsteller, wenn die Kommission die Eigenschaften von DEHP als besonders besorgniserregender endokriner Disruptor vor dem Erlass des Zulassungsbeschlusses berücksichtigt hätte, nicht berechtigterweise darauf hätten vertrauen können, dass die Kommission sie nicht um eine Aktualisierung der Daten ersuche, um diesen Eigenschaften Rechnung zu tragen.

301    Gleiches gilt als Viertes für das oben in Rn. 270 dargelegte Vorbringen der Klägerin, mit dem diese dartun möchte, dass sich die Kommission nicht auf den Grundsatz der Rechtssicherheit stützen darf, um einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass den Antragstellern zum Zeitpunkt der Antragstellung die Eigenschaften von DEHP als besonders besorgniserregender endokriner Disruptor nicht bekannt waren.

302    Schließlich ist als Fünftes das oben in Rn. 277 dargelegte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Kommission in keiner Weise erläutert habe, wie sie den Grundsatz der Vorsorge im vorliegenden Fall angewandt habe.

303    Soweit dieses Vorbringen als Rüge zu verstehen ist, mit der ein Mangel in der Begründung des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung aufgezeigt werden soll, sind die folgenden Gesichtspunkte zu beachten.

304    Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls, insbesondere anhand des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil vom 1. Februar 2018, Schenker/Kommission, C‑263/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:58, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

305    In der Begründung brauchen jedoch nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 1. Februar 2018, Schenker/Kommission, C‑263/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:58, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

306    Im vorliegenden Fall stellte die Kommission in Abschnitt 7 des Beschlusses über den Antrag auf interne Überprüfung fest: „Wenn auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips alle Verwendungen eines in Anhang XIV [der Verordnung Nr. 1907/2006] aufgeführten Stoffs verboten werden müssten, weil der Stoff als endokriner Disruptor identifiziert wurde, würden das Ziel und die Wirksamkeit der Zulassungspflicht komplett unterlaufen.“ Somit hat die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin sehr wohl dargelegt, wie sie den Vorsorgegrundsatz auf den vorliegenden Fall anwenden wollte.

307    Da alle zur Stützung des vierten Klagegrundes geltend gemachten Argumente zurückgewiesen worden sind, ist der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

308    Da nach alledem die vier Klagegründe, die zur Stützung des zweiten Klageantrags geltend gemacht worden sind, sowie der dritte Klageantrag zurückgewiesen worden sind, ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen, einschließlich des fünften Klageantrags, der im Übrigen mit keinem Argument unterlegt worden ist und auf die Anordnung jeder weiteren als geeignet angesehenen Maßnahme gerichtet ist.

 Kosten

309    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

310    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. f der Verfahrensordnung bezeichnet der Begriff „Organe“ die in Art. 13 Abs. 1 EUV genannten Organe der Union und die Einrichtungen oder sonstigen Stellen, die durch die Verträge oder einen zu deren Durchführung erlassenen Rechtsakt geschaffen worden sind und die in Verfahren vor dem Gericht Partei sein können. Gemäß Art. 100 der Verordnung Nr. 1907/2006 ist die ECHA eine Einrichtung der Union. Folglich trägt die ECHA ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      ClientEarth trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) trägt ihre eigenen Kosten.

Gratsias

Dittrich

Ulloa Rubio

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. April 2019.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis



*      Verfahrenssprache: Englisch.