Language of document : ECLI:EU:T:2016:680

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

29. November 2016(1)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Internationale Registrierung – Antrag auf territoriale Ausdehnung des Schutzes – Wortmarke PRESSO – Ältere nationale Wortmarke PRESSO – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑545/15

Pi-Design AG mit Sitz in Triengen (Schweiz), vertreten durch Rechtsanwalt M. Apelt,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Fischer als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Société des produits Nestlé SA mit Sitz in Vevey (Schweiz),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 2. Juli 2015 (Sache R 428/2014‑1) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Société des produits Nestlé und Pi-Design

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richter J. Schwarcz und E. Bieliūnas (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 22. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 28. Januar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Hauptparteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Pi-Design AG, ist Inhaberin der internationalen Registrierung Nr. 1093132 der Wortmarke PRESSO, die am 21. April 2011 beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization – WIPO) erwirkt wurde.

2        Die Marke ist für folgende für das vorliegende Verfahren relevante Waren der Klassen 7, 11 und 21 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung eingetragen:

–        Klasse 7: „elektrische Maschinen für Haushaltszwecke, einschließlich Kaffeemühlen (keine handbetriebenen); Zerkleinerungsmaschinen (nämlich Kaffeemühlen); Mühlen (keine handbetriebenen) (nämlich Kaffeemühlen); elektromechanische Apparate für die Zubereitung von Getränken (nämlich Kaffeemaschinen)“;

–        Klasse 11: „elektrische Kaffeefiltergeräte; elektrische Kaffeemaschinen, einschließlich Espressomaschinen; elektrische Kaffeekocher; Kaffeeperkolatoren (elektrisch); Kaffeeröster; Teile und Zubehör, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, für alle vorstehend genannten Waren“;

–        Klasse 21: „Kaffeefilter (nicht elektrisch); Kaffeemühlen, handbetrieben; Kaffeekannen (nicht elektrisch); Kaffeeperkolatoren (nicht elektrisch); Kaffeeservice, nicht aus Edelmetall; Kaffeekannen, nicht elektrisch und nicht aus Edelmetall; Siebe; Zerkleinerungsmaschinen für den Haushalt, nicht elektrisch; handbetriebene Mühlen für Haushaltszwecke (nämlich Kaffeemaschinen)“.

3        Am 27. Oktober 2011 stellte die Klägerin hinsichtlich der international registrierten Marke PRESSO beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) einen Antrag auf territoriale Ausdehnung des Schutzes auf die Europäische Union.

4        Der Antrag auf territoriale Ausdehnung des Schutzes wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 205/2011 vom 28. Oktober 2011 veröffentlicht.

5        Am 30. Juli 2012 erhob die Société des produits Nestlé SA nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen den Antrag auf territoriale Ausdehnung des Schutzes für die oben in Rn. 2 genannten Waren.

6        Der Widerspruch war auf die am 14. Juni 2002 in Schweden unter der Nr. 356399 eingetragene ältere nationale Wortmarke PRESSO gestützt, die folgende Waren der Klasse 30 umfasst: „Kaffee und Kaffeeprodukte“.

7        Mit ihm wurde das relative Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

8        Am 10. Mai 2013 verlangte die Klägerin von der Société des produits Nestlé den Nachweis der ernsthaften Benutzung ihrer älteren Marke. Am 1. August 2013 kam die Société des produits Nestlé diesem Verlangen nach und legte Unterlagen vor, durch die die ernsthafte Benutzung ihrer älteren Marke nachgewiesen werden sollte.

9        Am 31. Januar 2014 ging die Widerspruchsabteilung davon aus, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke hinsichtlich der von ihr erfassten Waren erbracht worden sei, und gab dem Widerspruch statt.

10      Am 6. Februar 2014 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim EUIPO Beschwerde ein.

11      Mit Entscheidung vom 2. Juli 2015 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie ging insbesondere davon aus, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen identisch seien und zwischen den fraglichen Waren ein gewisser Grad an Ähnlichkeit bestehe, weshalb anzuerkennen sei, dass für das relevante Publikum zwischen den fraglichen Marken Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe.

 Anträge der Parteien

12      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

13      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Antrag der Klägerin auf Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens

14      In der Klageschrift beantragt die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens, um den Beweis dafür anzutreten, dass in Schweden die im vorliegenden Verfahren fraglichen Waren üblicherweise von unterschiedlichen Unternehmern vertrieben würden.

15      Diesem Antrag ist jedoch nicht stattzugeben, da sich das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts für ausreichend unterrichtet hält. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht nach Art. 92 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung die Beweismittel durch Beschluss bestimmt, der die zu beweisenden Tatsachen bezeichnet. Das Gericht verfügt daher über ein weites Ermessen (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Oktober 2013, Singer/HABM – Cordia Magyarország Ingatlanforgalmazó Zártkörüen Müködö [CORDIO], T‑388/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:536, Rn. 19).

 Begründetheit

16      Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 rügt.

17      Ihrer Ansicht nach besteht zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, da erstens keine Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Waren gegeben sei und zweitens der älteren Marke nur eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme.

18      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

19      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Unter älteren Marken versteht man übrigens nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 in einem Mitgliedstaat eingetragene Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

20      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Dabei ist die Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Hierbei handelt es sich um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22      Zum relevanten Publikum hat die Beschwerdekammer in den Rn. 22 und 23 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass es sich hierbei sowohl um ein besonders aufmerksames Fachpublikum, insbesondere Restaurant- und Kaffeehausbetreiber, als auch um den angemessen aufmerksamen Endverbraucher, jeweils in Schweden, handle.

23      Zu den einander gegenüberstehenden Zeichen hat die Beschwerdekammer in Rn. 24 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sie identisch seien.

24      Da diese Erwägungen keine Fehler aufweisen, sind sie zu bestätigen. Im Übrigen hat sie die Klägerin nicht in Frage gestellt.

 Zum Warenvergleich

25      Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen sind nach ständiger Rechtsprechung alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis dieser Waren oder Dienstleistungen zueinander kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, EU:T:2007:219, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Die Beschwerdekammer hat darauf hingewiesen, dass sich die fraglichen Waren zwar ihrer Art nach unterschieden (Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung), jedoch hinsichtlich ihres Verwendungszwecks deutliche Überschneidungen bestünden, da die fraglichen Waren allesamt der Zubereitung von Kaffeegetränken dienten oder zum Servieren von Kaffee benutzt würden (Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung). Zwischen den fraglichen Waren bestehe ein enger Zusammenhang dergestalt, dass sie jeweils zur Verwendung der anderen unverzichtbar seien und folglich einander ergänzten (Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich hat die Beschwerdekammer das Vorbringen der Klägerin zurückgewiesen, dass in Schweden eine gemeinsame Vermarktung der fraglichen Waren nicht üblich sei. Es sei eine offenkundige Tatsache, dass Hersteller von Kaffee auch Kaffeemaschinen, Kaffeemühlen, Kaffeefilter und Kaffeekannen sowie unter ihrer Kontrolle hergestellte Kaffeeservice vertrieben (Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung). Die Beschwerdekammer schloss daraus, dass zwischen den fraglichen Waren zumindest ein gewisser Grad an Ähnlichkeit bestehe (Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung).

27      Nach Ansicht der Klägerin weisen die fraglichen Waren keine Ähnlichkeit auf, da sie nicht nur ihrer Art nach, sondern auch hinsichtlich ihres Verwendungszwecks unterschiedlich seien, nicht in einem engen ergänzenden Verhältnis zueinander stünden und auch nicht über dieselben Vertriebswege zum Kauf angeboten würden.

28      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

29      Als Erstes ist hinsichtlich der Art der fraglichen Waren mit der Beschwerdekammer und den Parteien festzustellen, dass die Waren unterschiedlich sind.

30      Als Zweites ist hinsichtlich des Verwendungszwecks der fraglichen Waren die Beurteilung der Beschwerdekammer zu bestätigen, wonach die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 7, 11 und 21 – mit Ausnahme von „Kaffeeservice, nicht aus Edelmetall“ der Klasse 21 – und die von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 30 der Zubereitung von Kaffeegetränken dienen. Die von der angemeldeten Marke erfassten „Kaffeeservice, nicht aus Edelmetall“ der Klasse 21 dienen – wie die Beschwerdekammer festgestellt hat – dazu, das zubereitete Kaffeegetränk zu servieren, dem Geschmack des Konsumenten anzupassen und letztlich zu trinken. Zwar ist die Benutzung der fraglichen Waren streng genommen nicht gleich, da es sich bei den von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 30 um Lebensmittel handelt, die nach einer gewissen Verarbeitung genießbar sind, während es sich bei den von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 7, 11 und 21 um solche handelt, die für die Zubereitung, die Verarbeitung und das Anbieten von Lebensmitteln benutzt werden. Dies ändert nichts daran, dass diese Waren es als Zielsetzung haben, Kaffeegetränke herzustellen oder sie anzubieten. Daher ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass der Verwendungszweck der fraglichen Waren deutliche Überschneidungen aufweise.

31      Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer beanstandet, ohne etwas vorzubringen, wodurch diese Beurteilung in Frage gestellt werden könnte. So beruft sie sich auf das Urteil vom 7. Mai 2009, Waterford Wedgwood/Assembled Investments (Proprietary) (C‑398/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:288), ohne jedoch zu erläutern, inwiefern die Gründe dieses Urteils für den vorliegenden Fall relevant sein sollen. Wie unten in Rn. 34 ausgeführt wird, unterscheidet sich die vorliegende Rechtssache jedenfalls von der, in der jenes Urteil ergangen ist, so dass die dort getroffenen Feststellungen nicht geeignet sind, die Beurteilung der Beschwerdekammer hinsichtlich des Verwendungszwecks der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Waren in Frage zu stellen.

32      Als Drittes ist hinsichtlich der Komplementarität der fraglichen Waren darauf hinzuweisen, dass Waren oder Dienstleistungen einander ergänzen, wenn zwischen ihnen ein enger Zusammenhang in dem Sinn besteht, dass die eine Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist, so dass die Verbraucher denken könnten, die Verantwortung für die Herstellung dieser Waren oder die Erbringung dieser Dienstleistungen liege bei demselben Unternehmen. Waren, die sich an unterschiedliche Verkehrskreise richten, können definitionsgemäß nicht in einem Ergänzungsverhältnis zueinander stehen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, easyHotel, T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 57 und 58 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Hierzu ist festzustellen, dass die fraglichen Waren zusammen benutzt werden müssen, um Kaffeegetränke zu erhalten. Es kann daher festgestellt werden, dass die Waren der Klassen 7, 11 und 21 – mit Ausnahme von „Kaffeeservice, nicht aus Edelmetall“ der Klasse 21 – Lebensmittel wie die der Klasse 30 erfordern, um Kaffeegetränke zu erhalten. Die von der angemeldeten Marke erfassten „Kaffeeservice, nicht aus Edelmetall“ der Klasse 21 stehen in einem gewissen Ergänzungsverhältnis zu den von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 30, da sie dazu bestimmt sind, zum Trinken von Kaffeegetränken benutzt zu werden.

34      Außerdem unterscheidet sich – worauf das EUIPO in der Klagebeantwortung richtigerweise hingewiesen hat – die vorliegende Rechtssache von derjenigen, in der das Urteil vom 7. Mai 2009, Waterford Wedgwood/Assembled Investments (Proprietary) (C‑398/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:288), ergangen ist, auf die sich die Klägerin berufen hat, um die Komplementarität der fraglichen Waren zu bestreiten. In jener Rechtssache ging es nämlich anders als im vorliegenden Fall nicht um Waren, die bei gemeinsamer Nutzung die Herstellung eines bestimmten Produkts ermöglichten. Entgegen der Behauptung der Klägerin hat der Gerichtshof jedenfalls nicht das Fehlen jeglicher Komplementarität zwischen den in jener Rechtssache fraglichen Waren, nämlich „Glaswaren“ der Klasse 21 auf der einen Seite und „alkoholische Getränke, nämlich in der Region Stellenbosch, Südafrika, erzeugte Weine“ der Klasse 33 auf der anderen Seite, festgestellt, sondern in Rn. 45 seines Urteils im Rahmen der Prüfung, ob das Gericht die Tatsachen verfälscht und ob es das Urteil hinreichend begründet hatte, lediglich festgestellt, dass das Gericht zu dem Ergebnis gelangt sei, dass zwischen den genannten Waren ein gewisses Ergänzungsverhältnis bestehe, und befunden habe, dass dieses Ergänzungsverhältnis jedoch nicht ausreiche, um auf die Ähnlichkeit der in jener Rechtssache fraglichen Waren schließen zu können.

35      Als Viertes ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass Hersteller von Kaffee auch Kaffeemaschinen, Kaffeemühlen, Kaffeefilter und Kaffeekannen sowie Kaffeeservice vertreiben, u. a. deswegen offenkundig ist, weil sie allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden kann. So hat insbesondere das EUIPO als Anlage zur Klagebeantwortung Auszüge aus verschiedenen Websites vorgelegt, denen entnommen werden kann, dass bestimmte Unternehmen Waren der Klasse 30 und Waren der Klassen 7, 11 und 21 gemeinsam vermarkten.

36      Insoweit vermag die Klägerin nicht die Feststellung der Beschwerdekammer in Frage zu stellen, wonach die Tatsache, dass Hersteller von Kaffee auch Kaffeemaschinen, Kaffeemühlen, Kaffeefilter und Kaffeekannen vertreiben, offenkundig sei. Die von der Klägerin geltend gemachte Tatsache, dass die betreffenden Waren eine unterschiedliche betriebliche Herkunft haben können – mit anderen Worten durch unterschiedliche Unternehmen vermarktet werden können –, bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass der schwedische Verbraucher nicht daran gewöhnt ist, dass sie aus demselben Betrieb stammen können. Die von der Klägerin vorgelegten Beweise dafür, dass das relevante Publikum daran gewöhnt sei, dass die Vermarktung der fraglichen Waren stets unterschiedlichen Unternehmen zukomme, sind nicht ausreichend und werden darüber hinaus durch die oben in Rn. 35 erwähnten vom EUIPO vorgelegten Beweise widerlegt.

37      Selbst wenn die Waren der Klassen 7, 11 und 21 üblicherweise in Geschäften angeboten werden, die Haushaltsartikel verkaufen, während die Waren der Klasse 30 in Lebensmittelgeschäften angeboten werden, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Vertriebswege der fraglichen Waren nicht immer dieselben sind, ändert dies nichts daran, dass das relevante Publikum auch daran gewöhnt ist, dass die auf den Verkauf von Waren der Klasse 30 spezialisierten Geschäfte auch Waren der Klassen 7, 11 und 21 anbieten, um eine bessere Qualität der zubereiteten Kaffeegetränke zu gewährleisten.

38      Aus alledem geht hervor, dass die fraglichen Waren denselben Verwendungszweck haben, von denselben Unternehmen vermarktet werden können und einander ergänzen. Daher ist die Beschwerdekammer trotz der unterschiedlichen Art der im vorliegenden Verfahren fraglichen Waren und ihrer mitunter unterschiedlichen Vertriebswege zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen ihnen ein gewisser Grad an Ähnlichkeit bestehe.

 Zur Verwechslungsgefahr

39      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung der berücksichtigten Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

40      Die Beschwerdekammer ist davon ausgegangen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen identisch seien und die fraglichen Waren einen gewissen Grad an Ähnlichkeit aufwiesen, weshalb auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu schließen sei, selbst wenn man von einem eventuell gesteigerten Grad an Aufmerksamkeit des relevanten Publikums ausgehe (Rn. 35 bis 37 der angefochtenen Entscheidung). Zudem sei nicht anzunehmen, dass die ältere Marke für das relevante Publikum nur eine geschwächte Kennzeichnungskraft aufweise (Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung), und die Klägerin habe nicht hinreichend nachgewiesen, inwiefern die Existenz von Drittkennzeichen für identische Waren auf dem schwedischen Markt Auswirkungen auf den Konflikt zwischen den fraglichen Marken haben könnte (Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung).

41      Die Klägerin trägt vor, zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen bestehe insofern keine Verwechslungsgefahr, als der älteren Marke eine nur geringe Kennzeichnungskraft zukomme, so dass ein – wenn auch eher geringfügiger – Unterschied zwischen den fraglichen Waren ausreichen würde, um jede Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen auszuschließen.

42      Zum einen werde nur die Marke ZOEGAS, deren Inhaberin die Société des produits Nestlé ist, gegenüber den maßgeblichen Verkehrskreisen explizit als Marke für die Vermarktung verschiedener von dieser Gesellschaft angebotener Kaffeesorten ausgewiesen, und folglich nähmen die maßgeblichen Verkehrskreise den Bestandteil „presso“ als für die von der älteren Marke erfassten Waren rein beschreibend wahr. Zum anderen sei die Kennzeichnungskraft der älteren Marke zusätzlich noch durch nur ganz geringfügig abweichende Drittkennzeichen im Bereich der gleichen Branche geschwächt.

43      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

44      Soweit das Vorbringen der Klägerin, dass nur die Marke ZOEGAS gegenüber den maßgeblichen Verkehrskreisen explizit als Marke ausgewiesen werde, dahin auszulegen ist, dass es die Schlussfolgerung der Widerspruchsabteilung zur ernsthaften Benutzung der älteren Marke PRESSO in Frage stellt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 die Prüfung in Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt ist. Daher können bei einem relativen Eintragungshindernis Umstände rechtlicher und tatsächlicher Art, die vor dem Gericht geltend gemacht werden, ohne dass sie zuvor bei der Beschwerdekammer vorgetragen worden sind, die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Beschwerdekammer nicht in Frage stellen (Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 54, und vom 17. März 2010, Mäurer + Wirtz/HABM – Exportaciones Aceiteras Fedeoliva [tosca de FEDEOLIVA], T‑63/07, EU:T:2010:94, Rn. 22).

45      Folglich können im Rahmen der Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern, für die das Gericht nach Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 zuständig ist, Umstände rechtlicher und tatsächlicher Art, die vor dem Gericht geltend gemacht werden, ohne dass sie zuvor bei den Instanzen des EUIPO vorgetragen worden sind, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beschwerdekammer nicht geprüft werden, so dass ihre Geltendmachung für unzulässig zu erklären ist (vgl. Urteil vom 17. März 2010, tosca de FEDEOLIVA, T‑63/07, EU:T:2010:94, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zur Stützung ihrer Beschwerde vor der Beschwerdekammer – wie diese in Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat – kein Argument vorgetragen, mit dem die Begründetheit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung in Bezug auf den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke PRESSO angegriffen worden wäre. Dieses Vorbringen ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

47      Des Weiteren ist, selbst wenn man einräumte, dass der älteren Marke eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme, darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Anerkennung einer geringen Kennzeichnungskraft der älteren Marke nicht der Feststellung entgegensteht, dass Verwechslungsgefahr besteht. Denn die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist zwar bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, doch stellt sie nur einen der bei dieser Beurteilung zu berücksichtigenden Faktoren dar. Selbst wenn es also um eine ältere Marke mit geringer Kennzeichnungskraft geht, kann eine Gefahr von Verwechslungen, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, gegeben sein (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, EU:T:2007:387, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Schließlich ist zur angeblichen Existenz von Drittkennzeichen, durch welche die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und folglich die Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen geschwächt werden könnte, darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung zwar nicht ausgeschlossen ist, dass in bestimmten Fällen die Koexistenz älterer Marken auf dem Markt die von den Instanzen des EUIPO festgestellte Gefahr von Verwechslungen zwischen zwei einander gegenüberstehenden Marken verringern könnte. Dies kann aber nur berücksichtigt werden, wenn im Verfahren wegen relativer Eintragungshindernisse vor dem EUIPO der Inhaber der internationalen Registrierung, der einen Antrag auf territoriale Ausdehnung des Schutzes gestellt hat, zumindest hinreichend nachgewiesen hat, dass diese Koexistenz darauf beruht, dass keine Gefahr von Verwechslungen durch die angesprochenen Verkehrskreise zwischen den älteren Marken, auf die er sich beruft, und der älteren Marke des anderen Beteiligten im Verfahren vor der Beschwerdekammer, auf die sich der Widerspruch stützt, bestand, und wenn die älteren Marken, auf die er sich beruft, mit den einander gegenüberstehenden Marken identisch sind (vgl. entsprechend Urteile vom 11. Mai 2005, Grupo Sada/HABM – Sadia [GRUPO SADA], T‑31/03, EU:T:2005:169, Rn. 86, und vom 14. November 2007, Castell del Remei/HABM – Bodegas Roda [CASTELL DEL REMEI ODA], T‑101/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:340, Rn. 76).

49      Aus den vorstehenden Erwägungen geht hervor, dass die Klägerin zum Beleg der Begründetheit ihres Vorbringens den Beweis zu erbringen hat, dass zum einen mit den einander gegenüberstehenden Marken identische Marken bereits auf dem Markt koexistieren und zum anderen zwischen diesen Marken keine Verwechslungsgefahr besteht. Die bloße Vorlage von Auszügen aus Datenbanken für die Eintragung von Marken ist hierfür unzureichend (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Mai 2005, GRUPO SADA, T‑31/03, EU:T:2005:169, Rn. 87, und vom 16. Dezember 2008, Torres/HABM – Navisa Industrial Vinícola Española [MANSO DE VELASCO], T‑259/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:575, Rn. 77).

50      Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin auf lediglich vier Marken, nämlich die Marke Nespresso, deren Inhaberin im Übrigen die Société des produits Nestlé ist, die schwedische Marke Prezzo und die beiden Unionsmarken Icepresso und ETH Presso, ohne gemäß der oben in Rn. 49 angeführten Rechtsprechung nachzuweisen, dass mit den einander gegenüberstehenden Marken identische Marken auf dem Markt koexistierten und zwischen diesen Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe und dass folglich durch diese Koexistenz die Kennzeichnungskraft der älteren Marke PRESSO geschwächt worden sei.

51      Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die fraglichen Waren einen gewissen Grad an Ähnlichkeit aufweisen und die einander gegenüberstehenden Zeichen identisch sind, weshalb die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Schluss gelangt ist, dass für das relevante Publikum – selbst ein Fachpublikum – Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestehe, und zwar selbst wenn man einräumte, dass der älteren Marke eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme.

52      Nach alledem ist der einzige Klagegrund zurückzuweisen und somit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

53      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Pi-Design AG trägt die Kosten.



Papasavvas

Schwarcz

Bieliūnas

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. November 2016.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon


1 Verfahrenssprache: Deutsch.