Language of document : ECLI:EU:C:2022:176

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

10. März 2022(*)

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Beihilfe für den deutschen Milchsektor – Finanzierung der Milchgüteprüfungen – Art. 108 Abs. 2 AEUV – Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens – Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Art. 6 Abs. 1 – Verpflichtung der Europäischen Kommission, in diesem Beschluss die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen zusammenzufassen – Tragweite – Rechte der Beteiligten auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren – Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift – Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des endgültigen Beschlusses“

In den verbundenen Rechtssachen C‑167/19 P und C‑171/19 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. Februar 2019,

Europäische Kommission, vertreten durch K. Herrmann, P. Němečková und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin in den Rechtssachen C‑167/19 P und C‑171/19 P,

andere Parteien des Verfahrens:

Freistaat Bayern (Deutschland), vertreten durch U. Soltész und H. Weiß, Rechtsanwälte,

Kläger im ersten Rechtszug in der Rechtssache C‑167/19 P,


Interessengemeinschaft privater Milchverarbeiter Bayerns e. V. mit Sitz in Mertingen (Deutschland),

Genossenschaftsverband Bayern e. V. mit Sitz in München,

Verband der Bayerischen Privaten Milchwirtschaft e. V. mit Sitz in München,

vertreten durch Rechtsanwälte C. Bittner und N. Langhans,

Kläger im ersten Rechtszug in der Rechtssache C‑171/19 P,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer K. Jürimäe in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter S. Rodin und N. Piçarra (Berichterstatter),

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Juli 2021

folgendes

Urteil

1        Mit ihren Rechtsmitteln beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung der Urteile des Gerichts der Europäischen Union vom 12. Dezember 2018, Freistaat Bayern/Kommission (T‑683/15, im Folgenden: erstes angefochtenes Urteil, EU:T:2018:916), und vom 12. Dezember 2018, Interessengemeinschaft privater Milchverarbeiter Bayerns u. a./Kommission (T‑722/15 bis T‑724/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: zweites angefochtenes Urteil, EU:T:2018:920), mit denen das Gericht den Klagen des Freistaats Bayern (Deutschland) (Rechtssache C‑167/19 P) bzw. der Interessengemeinschaft privater Milchverarbeiter Bayerns e. V., des Genossenschaftsverbands Bayern e. V. und des Verbands der Bayerischen Privaten Milchwirtschaft e. V. (Rechtssache C‑171/19 P) (im Folgenden: Interessengemeinschaft) auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2015/2432 der Kommission vom 18. September 2015 über die für Milchgüteprüfungen im Rahmen des Milch- und Fettgesetzes von Deutschland gewährten staatlichen Beihilfen SA.35484 (2013/C) (ex SA.35484 [2012/NN]) (ABl. 2015, L 334, S. 23, im Folgenden: streitiger Beschluss) stattgegeben hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

2        In den Erwägungsgründen 8 und 16 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG‑Vertrags (ABl. 1999, L 83, S. 1), die in zeitlicher Hinsicht auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist, hieß es:

(8)      In allen Fällen, in denen die Kommission nach der vorläufigen Prüfung nicht auf die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt schließen kann, sollte das förmliche Prüfverfahren eröffnet werden, damit die Kommission alle zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe zweckdienlichen Auskünfte einholen kann und die Beteiligten ihre Stellungnahmen abgeben können. Die Rechte der Beteiligten können im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrags am besten gewährleistet werden.

(16)      Es sind alle Möglichkeiten festzulegen, über die Dritte verfügen, um ihre Interessen bei Verfahren für staatliche Beihilfen zu vertreten.“

3        In Art. 1 der Verordnung hieß es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

h)      ‚Beteiligte‘ Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände.“

4        Art. 6 („Förmliches Prüfverfahren“) Abs. 1 der Verordnung lautete:

„Die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten werden in dieser Entscheidung zu einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.“

5        In Art. 13 („Entscheidungen der Kommission“) Abs. 1 der Verordnung hieß es:

„… Bei Entscheidungen zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens wird das Verfahren durch eine Entscheidung nach Artikel 7 abgeschlossen. …“

 Deutsches Recht

6        Nach § 22 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten (Milch- und Fettgesetz) von 1952 (BGBl. 1952 I S. 811), geändert durch Art. 397 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. 2015 I S. 1474) (im Folgenden: MFG), sind die Landesregierungen ermächtigt, im Benehmen mit der betreffenden Vereinigung, die aus an der Milchwirtschaft beteiligten Unternehmen und Verbrauchern besteht, die gemeinsam ihre wirtschaftlichen Interessen vertreten, oder den betreffenden berufsständischen Organisationen gemeinsam von den Molkereien, Milchsammelstellen und Rahmstationen Umlagen zu erheben, um die Milchwirtschaft zu fördern.

7        § 22 Abs. 2 und 2a MFG bestimmt, dass die nach Abs. 1 aufkommenden Mittel nur für die Finanzierung von Zielen, die im MFG vorgesehen sind, verwendet werden können, zu denen die Förderung und der Erhalt der Milchgüte gehören.

8        Gemäß § 1 Abs. 1 der Milch-Güteverordnung vom 9. Juli 1980 (BGBl. 1980 I S. 878) in der Fassung der Verordnung vom 17. Dezember 2010 (BGBl. 2010 I S. 2132) haben Abnehmer von Milch jede Anlieferungsmilch untersuchen zu lassen oder zu untersuchen.

9        Nach § 1 der Bayerischen Milchumlageverordnung vom 17. Oktober 2007 (BayGVBl. 2007 S. 727), die auf der Grundlage von § 22 Abs. 1 MFG ergangen ist, wird von den Betriebsinhabern von Molkereien für die an sie angelieferten Mengen an Milch und Rahm eine Umlage erhoben.

10      Gemäß Art. 23 der Haushaltsordnung des Freistaates Bayern vom 8. Dezember 1971 (BayRS 630‑1‑F) dürfen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der Staatsverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke nur im Haushaltsplan des Freistaats veranschlagt werden, wenn dieser an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann.

11      Teil III („Ausführung des Haushaltsplans“) Art. 44 der Haushaltsordnung des Freistaates Bayern bestimmt, dass diese Zuwendungen nur unter den Voraussetzungen ihres Art. 23 gewährt werden dürfen.


 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

12      Mit Schreiben vom 17. Juli 2013 teilte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland ihre Entscheidung mit, das Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten (im Folgenden: Einleitungsbeschluss). Dieser Beschluss betraf verschiedene Maßnahmen, die in mehreren deutschen Bundesländern gemäß der Milch-Güteverordnung zur Förderung der Milchwirtschaft vorgenommen worden waren. Im 264. Erwägungsgrund dieses Beschlusses führte die Kommission unter Berufung auf das Urteil vom 21. Oktober 2003, van Calster u. a. (C‑261/01 und C‑262/01, EU:C:2003:571), aus, dass sie dann, wenn staatliche Beihilfen mittels parafiskalischer Umlagemittel finanziert werden, sowohl diese Beihilfen als auch die Art ihrer Finanzierung prüfen müsse.

13      Die Kommission stellte fest, dass die fragliche Beihilfe für den Zeitraum vom 28. November 2001 bis zum 31. Dezember 2006 mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, äußerte für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2007 jedoch Bedenken an ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt.

14      Mit Schreiben vom 20. September 2013 nahm die Bundesrepublik Deutschland zum Einleitungsbeschluss Stellung. Bei der Kommission gingen auch sieben Stellungnahmen der Beteiligten ein. Diese Stellungnahmen wurden der Bundesrepublik Deutschland übermittelt, die mit Schreiben vom 27. Februar, 3. März und 3. Oktober 2014 zu ihnen Stellung nahm. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 nahm sie zu einer weiteren Stellungnahme vom 8. Juli 2014 Stellung.

15      Der streitige Beschluss vom 18. September 2015 betrifft ausschließlich die Finanzierung von Milchgüteprüfungen, die ab dem 1. Januar 2007 in den Ländern Baden-Württemberg und Bayern durchgeführt wurden.

16      Als Erstes prüfte die Kommission, ob es sich bei den Einnahmen aus der Milchumlage um staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handelte. Diese Einnahmen, für die § 22 Abs. 2 Nrn. 1 bis 6 MFG festlege, für welche Zwecke sie verwendet werden durften, seien als unter öffentlicher Kontrolle stehend anzusehen. Die aus diesen Einnahmen finanzierten Maßnahmen seien durch staatliche Mittel gewährt worden und dem Staat zurechenbar.

17      Als Zweites stellte die Kommission fest, dass die Molkereien im Freistaat Bayern, bei denen es sich um „Unternehmen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handele, selektiv begünstigt worden seien, indem ihnen die für Milchgüteprüfungen anfallenden Kosten erstattet worden seien. Im 145. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses wies sie darauf hin, dass die fragliche Maßnahme nicht nur durch Milchumlagemittel, sondern auch aus allgemeinen bayerischen Haushalsmitteln finanziert worden sei. Daraus folgerte sie, dass die Begünstigung der bayerischen Molkereien wegen der Übernahme ihrer Kosten für die verpflichtenden Milchgüteprüfungen nicht notwendig den von ihnen zuvor geleisteten Milchumlagebeträgen entspreche.

18      Als Drittes führte die Kommission zum Vorliegen einer bestehenden Beihilfe aus, dass, vom MFG abgesehen, das die betreffende Beihilfe nicht regele, die deutschen Behörden keine Informationen vorgelegt hätten, die belegten, dass eine vor 1958 erlassene Rechtsgrundlage im Untersuchungszeitraum noch angewendet worden wäre.

19      Als Viertes stellte die Kommission fest, die Beihilfen für routinemäßig durchgeführte Milchprüfungen erfüllten nicht die Bedingungen von Rn. 109 der Rahmenregelung der Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007–2013 (ABl. 2006, C 319, S. 1) in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel [107] und [108 AEUV] auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 (ABl. 2006, L 358, S. 3), auf den in Rn. 109 der Rahmenregelung verwiesen werde.

20      Daher entschied die Kommission in Art. 1 des streitigen Beschlusses, dass die Beihilfen, die die Bundesrepublik Deutschland bezüglich der u. a. in den Ländern Baden-Württemberg und Bayern durchgeführten Milchgüteprüfungen unter Verletzung des Art. 108 Abs. 3 AEUV zugunsten der betroffenen milchwirtschaftlichen Betriebe dieser Länder gewährt habe, seit dem 1. Januar 2007 mit dem Binnenmarkt unvereinbar seien. In den Art. 2 und 4 dieses Beschlusses ordnete die Kommission die Rückforderung der Beihilfe an und legte die Modalitäten dieser Rückforderung fest.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtene Urteile

21      Mit Klageschriften, die am 26. November bzw. 4. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, erhoben der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft zwei Klagen gemäß Art. 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

22      Die Rechtssachen T‑722/15 bis T‑724/15 wurden mit Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 16. Februar 2016 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren verbunden. In der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2018 verfügte der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts, dass diese Rechtssachen zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung verbunden werden.

23      Mit dem ersten Klagegrund rügten der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999.

24      Mit dem zweiten Klagegrund rügte die Interessengemeinschaft einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV, soweit die Einnahmen aus der Abgabe als „staatliche Mittel“ angesehen worden seien.

25      Der erste Teil des zweiten Klagegrundes des Freistaats Bayern und der erste Teil des dritten Klagegrundes der Interessengemeinschaft waren darauf gestützt, dass keine Begünstigung der Milchabnehmer vorliege. Mit dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes machte der Freistaat Bayern geltend, dass den bayerischen Molkereien kein selektiver Vorteil gewährt worden sei. Der zweite Teil des dritten Klagegrundes der Interessengemeinschaft betraf den Ausgleich der Begünstigung, die die bayerischen Molkereiunternehmen erhalten hätten, durch die von ihnen zu entrichtende Milchabgabe.

26      Hilfsweise machten der Freistaat Bayern mit seinem dritten Klagegrund und die Interessengemeinschaft mit ihrem fünften Klagegrund eine Verkennung der Anmeldepflicht durch die Kommission geltend, aus der sie ableiteten, dass die mit dem streitigen Beschluss angeordnete Rückforderung der Beihilfe rechtswidrig sei.

27      Mit ihrem vierten, ebenfalls hilfsweise vorgebrachten Klagegrund beanstandeten der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft, dass die Kommission die fragliche Beihilfe als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehen habe.

28      Des Weiteren machten der Freistaat Bayern mit seinem fünften Klagegrund und die Interessengemeinschaft mit ihrem sechsten Klagegrund hilfsweise einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend.

29      Was den Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 angeht, hat das Gericht erstens in Rn. 46 des ersten angefochtenen Urteils und in den Rn. 41 bis 43 des zweiten angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass die Beteiligten im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999 das Recht hätten, am Verfahren zur Prüfung der fraglichen Beihilfemaßnahme beteiligt zu werden. In Rn. 47 des ersten angefochtenen Urteils und in Rn. 44 des zweiten angefochtenen Urteils hat es klargestellt, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung der Einleitungsbeschluss zu diesem Zweck eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen enthalten müsse, die den Rahmen der Prüfung dieser Maßnahme so genau festlegt, dass das Recht der Beteiligten zur Stellungnahme nicht seinen Sinn verliert.

30      Zweitens hat das Gericht in den Rn. 52 bis 58 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 47 bis 54 des zweiten angefochtenen Urteils den streitigen Beschluss im Licht des Einleitungsbeschlusses geprüft, um festzustellen, ob dieser die teilweise Finanzierung der fraglichen Maßnahme durch zusätzliche Mittel aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern betreffe. Es hat festgestellt, dass die Kommission im Einleitungsbeschluss nicht auf diese Quelle als Finanzierungsart der Beihilfe Bezug genommen habe. Die Beteiligten hätten daher zu Recht davon ausgehen dürfen, dass die Prüfung der Kommission ausschließlich Milchumlagemittel betraf.

31      Drittens hat das Gericht in den Rn. 65 und 66 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 62 und 63 des zweiten angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Ausdruck „staatliche Mittel“ in Art. 107 Abs. 1 AEUV eine sehr weite Bedeutung habe, so dass die Kommission verpflichtet sei, die verschiedenen staatlichen Mittel zu identifizieren und zu analysieren, die eines der Tatbestandsmerkmale für die Qualifizierung als „Beihilfe“ seien. Insoweit sei der im Einleitungsbeschluss verwendete Ausdruck „finanzielle Unterstützung“ auch dann als nicht hinreichend genau anzusehen, wenn man annehme, dass er so aufgefasst werden könne, dass er die beiden Finanzierungsquellen der fraglichen Beihilfemaßnahme umfasse. Des Weiteren könne zwar der endgültige Beschluss der Kommission bis zu einem gewissen Grad vom Einleitungsbeschluss abweichen, doch sei der im vorliegenden Fall bestehende Unterschied zwischen den beiden Beschlüssen nicht gerechtfertigt, da die Kommission eingeräumt habe, vor dem Erlass des Einleitungsbeschlusses über die Finanzierung dieser Maßnahme auch aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern informiert worden zu sein.

32      Außerdem hat das Gericht in den Rn. 67 und 68 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 64 und 65 des zweiten angefochtenen Urteils klargestellt, dass sich die Kommission in dem streitigen Beschluss ausdrücklich auf die Finanzierung der Beihilfe aus diesen Haushaltsmitteln bezogen habe. Dies zeige, dass diese Finanzierungsart für die von der Kommission vorgenommene Analyse der fraglichen Beihilfemaßnahme nicht gänzlich irrelevant gewesen sei. Somit sei der streitige Beschluss erlassen worden, ohne den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, zur Finanzierung aus allgemeinen bayerischen Landeshaushaltsmitteln Stellung zu beziehen.

33      Das Gericht hat daraus in den Rn. 69 bis 71 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 66 bis 68 des zweiten angefochtenen Urteils geschlossen, dass der streitige Beschluss unter Verstoß gegen das Recht der Kläger auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren und somit gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 erlassen worden sei. Es hat ferner auf der Grundlage des Urteils vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709), entschieden, dass die Verpflichtung der Kommission, den Beteiligten im Stadium des Einleitungsbeschlusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, den Charakter einer wesentlichen Formvorschrift habe, deren Verletzung die Nichtigerklärung des Rechtsakts unabhängig davon nach sich zieht, ob diese Verletzung demjenigen, der sie rügt, einen Schaden verursacht hat oder ob das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Auf dieser Grundlage gab das Gericht dem ersten Klagegrund statt.

34      Ergänzend hat das Gericht in den Rn. 72 bis 75 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 69 bis 72 des zweiten angefochtenen Urteils entschieden, dass nicht auszuschließen sei, dass das Verfahren ohne den festgestellten Verstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Der streitige Beschluss enthalte keine gesonderten Analysen jeder der beiden Arten der Finanzierung der fraglichen Beihilfemaßnahme, so dass nicht auszuschließen sei, dass die Argumentation zur Finanzierung aus zusätzlichen allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn sie von den Klägern im Gang des förmlichen Prüfverfahrens hätte vorgebracht werden können.

35      Ohne über die anderen Klagegründe zu entscheiden, erklärte das Gericht die Art. 1 bis 4 des streitigen Beschlusses für nichtig, soweit damit die Gewährung der fraglichen staatlichen Beihilfe durch die Bundesrepublik Deutschland für in Bayern durchgeführte Milchgüteprüfungen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt worden und die Rückforderung dieser Beihilfe angeordnet worden war.

 Rechtsmittelanträge der Parteien

36      Mit ihren Rechtsmitteln beantragt die Kommission,

–        die angefochtenen Urteile aufzuheben;

–        den jeweiligen ersten Klagegrund für unbegründet zu erklären;

–        die Sache hinsichtlich der übrigen Klagegründe an das Gericht zurückzuverweisen;

–        den Klägern die in den Verfahren des ersten Rechtszugs und in den Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen und, hilfsweise, im Fall der Zurückverweisung an das Gericht die Entscheidungen über die Kosten des ersten Rechtszugs und der Rechtsmittelverfahren dem Endurteil vorzubehalten.

37      Der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft beantragen,

–        die Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Beklagten im Verfahren vor dem Gericht sowie der anderen Parteien im Verfahren vor dem Gerichtshof aufzuerlegen.

 Zu den Rechtsmitteln

38      Die Kommission stützt jedes ihrer beiden Rechtsmittel auf vier Gründe.

39      Mit Beschluss vom 1. April 2019 hat der Präsident des Gerichtshofs die Verbindung dieser beiden Rechtsmittel zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung angeordnet.


40      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 ist den Parteien eine Erwiderung gestattet worden, und zwar zum einen in Bezug auf die Frage der Zulässigkeit der Rechtsmittelgründe der Kommission und zum anderen in Bezug auf das Vorbringen, das die anderen Parteien des Verfahrens erstmals in ihren Rechtsmittelbeantwortungen vorgetragen haben.

41      Der Gerichtshof hat den Parteien in den vorliegenden Rechtssachen am 1. Oktober 2020 eine schriftliche Frage zur schriftlichen Beantwortung gemäß Art. 61 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung übermittelt, mit der er sie gebeten hat, zu möglichen Auswirkungen des Urteils vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo (C‑56/18 P, EU:C:2020:192), auf diese Verfahren Stellung zu nehmen. Die Parteien haben diese Frage innerhalb der vom Gerichtshof gesetzten Frist beantwortet.

 Erster Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Auslegung und Anwendung von Art. 108 Abs. 2 AEUV und von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999

 Vorbringen der Parteien

42      Die Kommission macht geltend, das Gericht habe ein neues Formerfordernis aufgestellt, das jeder Rechtsgrundlage entbehre, indem es ihr vorgeworfen habe, sie habe in ihrem gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 erlassenen Einleitungsbeschluss den Teil „Einnahmen“ der Haushaltsstelle, also die Finanzierungsquellen der Beihilfe, nicht dargestellt, obwohl sie deren Haushaltsstelle als „Ausgabe“ im Haushalt des Freistaats Bayern dargestellt habe. Diese Auffassung hat sie mit dem Urteil vom 21. Juli 2011, Alcoa Trasformazioni/Kommission (C‑194/09 P, EU:C:2011:497), gestützt.

43      Aus dem Urteil vom 21. Oktober 2003, van Calster u. a. (C‑261/01 und C‑262/01, EU:C:2003:571), ergebe sich, dass nur ausnahmsweise, wenn zwischen der Einnahme und der Ausgabe eine unauflösbare Verbindung bestehe und Anzeichen darauf hindeuteten, dass die Art der Erhebung der Einnahme eine Vorschrift des Unionsrechts verletzt, die Anmeldung der Beihilferegelung durch den Mitgliedstaat auch die Finanzierungsart oder ‑quelle dieser Regelung darlegen müsse.

44      Vorliegend handele es sich um eine Mischfinanzierung, und nur die Finanzierung aus der Milchumlage sei problematisch. Daher sei die Kommission nicht verpflichtet gewesen, in ihrem Einleitungsbeschluss die Art der Finanzierung der fraglichen Beihilfemaßnahme aus zusätzlichen allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern ausdrücklich anzugeben. Es sei offensichtlich, dass diese Finanzierungsart aus staatlichen Mitteln bestehe. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV komme es für das Vorliegen einer Beihilfe allein auf die Finanzierung aus staatlichen Mitteln an. Der genaue Ursprung dieser Mittel sei hierfür irrelevant.


45      In ihrer Erwiderung macht die Kommission geltend, sie habe die fragliche Beihilfemaßnahme sowohl im Einleitungsbeschluss als auch im streitigen Beschluss in gleicher Weise definiert. Aus der in diesen Beschlüssen enthaltenen Darstellung des allgemeinen Haushalts ergebe sich eindeutig, dass diese einzige Maßnahme zwei Finanzierungsquellen umfasst habe. Sie verweist insoweit auf das Urteil vom 13. Juni 2019, Copebi (C‑505/18, EU:C:2019:500), mit dem der Gerichtshof bestätigt habe, dass keine Verpflichtung bestehe, die Finanzierungsquellen der Beihilfemaßnahme genau und in allen Einzelheiten im Einleitungsbeschluss anzugeben.

46      Der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft machen geltend, dass dieser erste Rechtsmittelgrund unzulässig sei, da mit ihm zum einen eine Tatsachenwürdigung des Gerichts in Frage gestellt werden solle, ohne insoweit eine Verfälschung geltend zu machen, und er sich zum anderen darauf beschränke, die vor dem Gericht vorgetragenen Klagegründe und Argumente zu wiederholen. Hilfsweise machen sie geltend, dass dieser Rechtsmittelgrund unbegründet sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

–       Zur Zulässigkeit

47      Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelgrundes hat der Gerichtshof zu prüfen, ob das Gericht in den angefochtenen Urteilen Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 zutreffend ausgelegt hat, als es die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses anhand dieser Bestimmungen beurteilt hat, und ob es zu diesem Zweck diesen Beschluss insgesamt einschließlich des ihn vorbereitenden Beschlusses, d. h. des Einleitungsbeschlusses, richtig ausgelegt hat. Bei dieser Auslegung handelt es sich um eine Rechtsfrage, die im Rechtsmittelverfahren zulässig ist (vgl. entsprechend Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 121).

48      Soweit im Übrigen die anderen Parteien des Verfahrens der Ansicht sind, dass der erste Rechtsmittelgrund der Kommission in einer Wiederholung des vor Gericht eingebrachten Vortrags bestehe, genügt der Hinweis, dass im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden können, wenn eine Partei die Auslegung oder die Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte eine Partei ihr Rechtsmittel nicht auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (Urteil vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission, C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 116).

49      Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund zulässig.

–       Zur Begründetheit

50      Der Rechtsfehler, der dem Gericht bei der Auslegung und der Anwendung von Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgeworfen wird, betrifft im Wesentlichen die Anforderungen, die nach diesen Bestimmungen für den Inhalt eines Einleitungsbeschlusses gelten.

51      Insoweit ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 46 und 61 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 41 und 44 des zweiten angefochtenen Urteils darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 108 Abs. 2 AEUV verpflichtet ist, in der Phase der förmlichen Prüfung der fraglichen Beihilfemaßnahmen den Beteiligten eine Frist zur Äußerung zu setzen, um von diesen alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen im Rahmen dieser Prüfung zu verschaffen.

52      Diese Beteiligten können zwar keine Verteidigungsrechte geltend machen, doch haben sie das Recht, am Verwaltungsverfahren der Kommission unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden. Insoweit ist die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union ein angemessenes Mittel, um alle Beteiligten über einen Einleitungsbeschluss zu unterrichten, und sie gibt den anderen Mitgliedstaaten und den betroffenen Wirtschaftskreisen die Gewähr, in dieser Eigenschaft ihre Auffassung vortragen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 71 und 72).

53      Zu diesem Zweck ist die Kommission gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 verpflichtet, im Einleitungsbeschluss die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen „zusammenzufassen“, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters dieser Maßnahme vorzunehmen und ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt auszuführen.

54      Jedoch stellt die Finanzierungsart einer solchen Maßnahme eine „wesentliche Frage“ dar, um zu bestimmen, ob sie als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden kann. Damit diese Maßnahme so eingestuft werden kann, müssen die von ihr gewährten Vergünstigungen nämlich zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden und zum anderen dem Staat zuzurechnen sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2013, Association Vent De Colère! u. a., C‑262/12, EU:C:2013:851, Rn. 15 und 16 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Insoweit können entgegen dem Vorbringen der Kommission für die Feststellung, ob dies der Fall ist, die Zahlung eines Betrags an die Begünstigten der Beihilfemaßnahme und die Art der Finanzierung dieser Maßnahme nicht voneinander getrennt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Oktober 2003, van Calster u. a., C‑261/01 und C‑262/01, EU:C:2003:571, Rn. 49, sowie vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 89).

55      Folglich ist die Finanzierungsart, da sie zu den Voraussetzungen für die Einstufung als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV gehört, eine wesentliche Frage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und ist, wie das Gericht in Rn. 62 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 56 und 57 des zweiten angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, als solche im Einleitungsbeschluss zu bestimmen.

56      Ungeachtet des weiten Ermessensspielraums, über den die Kommission beim Erlass eines solchen Beschlusses verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juli 2011, Alcoa Trasformazioni/Kommission, C‑194/09 P, EU:C:2011:497, Rn. 61, und vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 78), kann die Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 nicht von subjektiven Kriterien wie dem abhängen, dass die Finanzierung aus dem allgemeinen Haushalt des Mitgliedstaats in den Augen der Kommission offenkundig staatliche Mittel darstellen.

57      Eine lückenhafte Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen versetzt die Beteiligten nämlich nicht in die Lage, ihre Stellungnahme zu den Gesichtspunkten abzugeben, die die Kommission zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens veranlasst haben, und ist somit nicht geeignet, die praktische Wirksamkeit von Art. 108 Abs. 2 AEUV zu gewährleisten.

58      Diese Feststellung wird durch die Rechtsprechung, die sich aus dem Urteil vom 13. Juni 2019, Copebi (C‑505/18, EU:C:2019:500), ergibt, nicht in Frage gestellt, aus der die Kommission ableitet, dass keine Verpflichtung bestehe, die Finanzierungsquellen einer Beihilfemaßnahme genau und in allen Einzelheiten im Einleitungsbeschluss anzugeben. Wie der Generalanwalt in Nr. 68 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, waren, wie aus dem Urteil hervorgeht, die beiden Finanzierungsquellen der fraglichen Maßnahmen nämlich angegeben worden. In den vorliegenden Rechtssachen wird der Kommission jedoch vorgeworfen, sie habe im Einleitungsbeschluss eine Finanzierungsquelle aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern nicht angegeben, von der sie in diesem Verfahrensstadium bereits Kenntnis gehabt habe, obwohl dieser Gesichtspunkt im streitigen Beschluss berücksichtigt worden sei und als Grundlage für Beurteilungen gedient habe, darunter insbesondere die im 145. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, der in Rn. 17 des vorliegenden Urteils angeführt worden ist.

59      Das Gericht hat somit bei der Auslegung und der Anwendung von Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 keinen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 68 und 69 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 65 und 66 des zweiten angefochtenen Urteils entschieden hat, dass aufgrund dessen, dass in der im Einleitungsbeschluss enthaltenen Zusammenfassung die Finanzierung der fraglichen Maßnahme aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern als wesentliche Sach- und Rechtsfrage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung gefehlt habe, der streitige Beschluss erlassen worden sei, ohne dass die Kommission ihre Verpflichtung eingehalten habe, den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, zu dieser Frage Stellung zu beziehen, und der betreffende Beschluss folglich unter Verstoß gegen das in diesen Bestimmungen gewährleistete Recht dieser Beteiligten auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren ergangen sei.

60      Daher ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zweiter Rechtsmittelgrund: Begründungsmangel aufgrund fehlerhafter Auslegung des Einleitungsbeschlusses

 Vorbringen der Parteien

61      Mit diesem hilfsweise geltend gemachten Rechtsmittelgrund, der aus zwei Teilen besteht, wirft die Kommission dem Gericht vor, den Einleitungsbeschluss falsch ausgelegt und die angefochtenen Urteile unzureichend begründet zu haben.

62      Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes weist die Kommission zunächst darauf hin, dass in Abschnitt 2.3 und im fünften Erwägungsgrund des Einleitungsbeschlusses von „Haushaltsbeträgen“ und „Unterstützungsbeträgen“ die Rede sei. Der letztgenannte Ausdruck beziehe sich zwar auf die Finanzierung der Maßnahmen, die Gegenstand des förmlichen Prüfverfahrens seien, aus Milchumlagemitteln, doch sei offensichtlich, dass er sich auch auf die Finanzierung aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern beziehe. Auch aus dem 18. Erwägungsgrund des Einleitungsbeschlusses gehe hervor, dass die fragliche Finanzierung aus Haushalts- und aus Milchumlagemitteln finanziert werde, wobei die letztere Finanzierung im Hinblick auf die Einwände der Bundesrepublik Deutschland in der Vorprüfungsphase Gegenstand einer besonderen Beurteilung sei.

63      Das Gericht habe sich jedoch in Rn. 53 des ersten angefochtenen Urteils und in Rn. 48 des zweiten angefochtenen Urteils darauf beschränkt, selektiv einen einzigen Unterabschnitt des Einleitungsbeschlusses zu prüfen, anstatt sämtliche Erwägungsgründe des Beschlusses zu berücksichtigen, um auf das Vorbringen der Kommission einzugehen. Folglich habe das Gericht dadurch, dass es nicht alle vorgebrachten Verteidigungsmittel geprüft habe, gegen seine Begründungspflicht verstoßen und seinen ersten Rechtsfehler begangen.

64      Der zweite von der Kommission geltend gemachte Rechtsfehler betrifft die Rn. 54 bis 57 des ersten angefochtenen Urteils und die Rn. 49 bis 53 des zweiten angefochtenen Urteils, in denen das Gericht entschieden habe, dass es einen Rechtsfehler darstelle, dass die Art. 23 und 44 der Haushaltsordnung des Freistaats Bayern und damit die Finanzierung der fraglichen Maßnahme aus dessen allgemeinen Landeshaushaltsmitteln im Einleitungsbeschluss nicht genannt worden seien. Die Kommission ist zum einen der Auffassung, dass die beispielhafte Nennung der Bestimmungen der Haushaltsordnung des Landes Baden-Württemberg im 17. Erwägungsgrund des Einleitungsbeschlusses es dem Freistaat Bayern ermöglicht habe, daraus abzuleiten, dass die identischen Bestimmungen der Haushaltsordnung des Freistaats Bayern ebenso vom Einleitungsbeschluss erfasst gewesen seien. Jedenfalls stehe fest, dass ein Mitgliedstaat seine eigenen Haushaltsgesetze kenne, so dass es vorliegend nicht erforderlich sei, sie ausdrücklich zu benennen.

65      Der dritte und der vierte Rechtsfehler, die die Kommission dem Gericht vorwirft, betreffen die Rn. 55 und 56 des ersten angefochtenen Urteils sowie die Rn. 50 und 51 des zweiten angefochtenen Urteils. Das Gericht habe den Abschnitt 3.1, insbesondere den Unterabschnitt 3.3.1, und den 264. Erwägungsgrund ihres Einleitungsbeschlusses dahin ausgelegt, dass die Vorprüfungsphase nur auf die Art der Finanzierung der fraglichen Maßnahmen mittels der Milchumlage beschränkt gewesen sei, obwohl der Beschluss nur eine vorläufige Beurteilung des Beihilfecharakters dieser Maßnahmen enthalte. Die Kommission habe vor dem Gericht erläutert, dass sich die Prüfung des Einleitungsbeschlusses nur auf die Finanzierung dieser Maßnahmen mittels der Milchumlage bezogen habe, da nur diese Finanzierungsart Zweifel an der Verwendung staatlicher Mittel wecken könne. Indem das Gericht auf dieses Vorbringen nicht eingegangen sei, habe es versäumt, ein von der Kommission vorgebrachtes Verteidigungsmittel zu prüfen, und somit gegen seine Begründungspflicht verstoßen.

66      Mit dem zweiten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes wirft die Kommission dem Gericht vor, in Rn. 62 des ersten angefochtenen Urteils und in Rn. 56 des zweiten angefochtenen Urteils festgestellt zu haben, dass der Inhalt der Akte des vor dem Einleitungsbeschluss durchgeführten Verwaltungsverfahrens für die Auslegung des Einleitungsbeschlusses unerheblich sei. In Anbetracht des Schriftwechsels im Vorprüfverfahren hätten weder der Freistaat Bayern noch das Gericht daran zweifeln können, dass das förmliche Prüfverfahren auch die Finanzierung der fraglichen Beihilfemaßnahmen durch allgemeine Steuereinnahmen umfasst habe.

67      Ferner macht die Kommission geltend, das Gericht habe in den Rn. 53 bis 58 und 62 des ersten angefochtenen Urteils und in den Rn. 47 bis 53 des zweiten angefochtenen Urteils gegen die Rechtsprechung verstoßen, die sich aus den Urteilen vom 21. Juli 2011, Alcoa Trasformazioni/Kommission (C‑194/09 P, EU:C:2011:497), sowie vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, (C‑367/95 P, EU:C:1998:154), ergebe, wonach zum einen die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen müsse, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann, und zum anderen das Organ nicht zu Gesichtspunkten Stellung nehmen müsse, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben.

68      Der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft machen als Erstes geltend, der erste und der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes der Kommission seien unzulässig, da sie zum einen auf eine erneute Würdigung des Sachverhalts durch den Gerichtshof gerichtet seien und sich zum anderen darauf beschränkten, vor dem Gericht vorgetragene Klagegründe und Argumente zu wiederholen.

69      Als Zweites machen sie hilfsweise geltend, dass beide Teile dieses Rechtsmittelgrundes unbegründet seien.

 Würdigung durch den Gerichtshof

70      Da das Vorbringen des Freistaats Bayern und der Interessengemeinschaft zur Begründung der Unzulässigkeit aus den gleichen wie den in den Rn. 47 und 48 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen zurückzuweisen ist, ist in der Sache als Erstes festzustellen, dass das Vorbringen der Kommission im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes in seinen beiden Teilen – wonach im Einleitungsbeschluss die zweite Art der Finanzierung der fraglichen Maßnahme, d. h. die Haushaltsmittel des Freistaats Bayern – implizit genannt sei, auf der Prämisse beruht, dass die Pflicht der Kommission gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999, im Einleitungsbeschluss die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen zusammenzufassen, erfüllt sei, wenn diese Fragen implizit erwähnt werden oder u. a. von dem betroffenen Mitgliedstaat aus dem Beschluss abgeleitet werden können.

71      Wie sich jedoch schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung und insbesondere aus der üblichen Bedeutung des darin verwendeten Begriffs „Zusammenfassung“ ergibt, müssen die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen im Sinne dieser Bestimmung ausdrücklich und klar im Einleitungsbeschluss genannt werden.

72      Diese Feststellung wird durch Art. 108 Abs. 2 AEUV bestätigt, wonach, wie der Generalanwalt in Nr. 42 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Kommission verpflichtet ist, den Beteiligten im förmlichen Verfahren der Prüfung einer staatlichen Beihilfemaßnahme eine Frist zur Äußerung zu setzen.

73      Diese Fristsetzung erfolgt nämlich in Form eines Einleitungsbeschlusses, mit dem, wie in den Erwägungsgründen 8 und 16 der Verordnung Nr. 659/1999 ausgeführt ist, der Kommission ermöglicht werden soll, alle Auskünfte einzuholen, die sie benötigt, um über die Einordnung dieser Maßnahme als Beihilfe und ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt zu entscheiden, und dabei die Rechte der Beteiligten auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren der Kommission am besten zu gewährleisten, indem ihnen jede Möglichkeit zur Wahrnehmung ihrer Interessen eingeräumt wird.

74      Angesichts der Art und des Gegenstands des Einleitungsbeschlusses muss daher die Zusammenfassung einer wesentlichen Sach- und Rechtsfrage nach der vorläufigen Prüfung durch die Kommission, die durchgeführt wird, um festzustellen, ob eine staatliche Beihilfe vorliegt, und um über deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt zu entscheiden, auch wenn sie kurz gefasst sein kann, notwendigerweise ausdrücklich sein, um den Gegenstand der von der Kommission durchgeführten Prüfung klar und eindeutig erkennen zu lassen und den Beteiligten somit zu ermöglichen, sich hierzu sachgemäß zu äußern.

75      Des Weiteren entspricht nur die ausdrückliche Zusammenfassung der Fragen, die im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 für die Prüfung der betreffenden Beihilfemaßnahme objektiv wesentlich sind, den durch den Grundsatz der Rechtssicherheit vorgegebenen Erfordernissen der Klarheit, Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit der Unionsrechtsakte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Februar 1996, Duff u. a., C‑63/93, EU:C:1996:51, Rn. 20, vom 18. November 2008, Förster, C‑158/07, EU:C:2008:630, Rn. 67, und vom 8. Dezember 2011, France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 100).

76      Folglich ist das gesamte Vorbringen, wonach das Gericht den Einleitungsbeschluss fehlerhaft ausgelegt haben soll, ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen, da die Prämisse, auf die sich die Kommission stützt, dass die Möglichkeit bestehe, in einem Einleitungsbeschluss eine wesentliche Sach- und Rechtsfrage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 implizit zu nennen, rechtsfehlerhaft ist.

77      Als Zweites ist, soweit die Kommission dem Gericht einen Verstoß gegen seine Begründungspflicht vorwirft, zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 62, vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 79, sowie vom 29. April 2021, Achemos Grupė und Achema/Kommission, C‑847/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:343, Rn. 62).

78      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass aus der Begründung eines angefochtenen Urteils die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen müssen, so dass die Betroffenen die Gründe für die getroffene Entscheidung erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann. Die dem Gericht obliegende Begründungspflicht verlangt aber nicht, dass es bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt, sofern die Begründung den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die Entscheidung des Gerichts zu erkennen und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollfunktion ausüben kann (Urteile vom 11. Juli 2013, Ziegler/Kommission, C‑439/11 P, EU:C:2013:513, Rn. 81 und 82, sowie vom 29. April 2021, Achemos Grupė und Achema/Kommission, C‑847/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:343, Rn. 60 und 61).

79      Das Gericht hat jedoch, nachdem es in den Rn. 53 und 55 bis 57 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 48 und 50 bis 52 des zweiten angefochtenen Urteils dargelegt hatte, dass im Einleitungsbeschluss nur die Finanzierung durch die Milchumlage ausdrücklich genannt worden sei, in Rn. 57 des ersten angefochtenen Urteils und in Rn. 53 des zweiten angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Finanzierung aus allgemeinen Landeshaushaltsmitteln des Freistaats Bayern im Einleitungsbeschluss nicht ausdrücklich genannt worden sei.

80      Es hat daraus anschließend in Rn. 58 des ersten angefochtenen Urteils und in Rn. 54 des zweiten angefochtenen Urteils gefolgert, dass die Beteiligten zu Recht davon hätten ausgehen dürfen, dass die Prüfung der Kommission ausschließlich Milchumlagemittel betraf. Ferner hat das Gericht in den Rn. 60 und 61 des ersten angefochtenen Urteils sowie in den Rn. 58 und 59 des zweiten angefochtenen Urteils im Hinblick auf die Anforderungen gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 ausgeführt, dass die Kommission zwar nicht verpflichtet sei, eine fertige Analyse zur fraglichen Beihilfe vorzulegen, sie jedoch nicht geltend machen könne, dass im Einleitungsbeschluss die Finanzierung aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern nicht habe genannt werden müssen, da es ihr obliege, den Rahmen ihrer Prüfung so genau festzulegen, dass das Recht der Beteiligten zur Stellungnahme nicht seinen Sinn verliere. Aus den beiden angefochtenen Urteilen geht somit hervor, dass die Finanzierung aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern im Einleitungsbeschluss ausdrücklich hätte erwähnt werden müssen.

81      Selbst wenn daher davon auszugehen wäre, dass das Gericht nicht erschöpfend auf das gesamte Vorbringen der Kommission eingegangen ist, mit dem dargetan werden sollte, dass diese Finanzierungart im Einleitungsbeschluss implizit enthalten gewesen sei oder aus ihm habe abgeleitet werden können, ist festzustellen, dass die angefochtenen Urteile die Erwägungen des Gerichts klar und eindeutig erkennen lassen und es den Betroffenen ermöglichen, die Gründe für die Entscheidung des Gerichts zu erkennen, und dem Gerichtshof ermöglichen, seine Kontrolle auszuüben, so dass diese Urteile nicht mit einem Begründungsmangel behaftet sind.

82      Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Dritter Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 263 Abs. 2 AEUV

 Vorbringen der Parteien

83      Mit diesem dritten Rechtsmittelgrund macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass nur die Verpflichtung zur Einleitung des förmlichen Verfahrens zur Prüfung der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme im Sinne von Art. 107 AEUV ein wesentliches Formerfordernis darstelle. Das etwaige Versäumnis, eine wesentliche Sach- oder Rechtsfrage im Einleitungsbeschluss zusammenzufassen, verstoße nicht gegen eine solche Formvorschrift. Des Weiteren würden die Rechte Dritter auf Beteiligung am förmlichen Prüfverfahren nur verletzt, wenn dieses Versäumnis sie daran hindere, sich zu dem fraglichen Umstand zu äußern. Ferner führe ein solcher Verstoß nur dann zur Nichtigerklärung des endgültigen Beschlusses, wenn die Betroffenen nachweisen könnten, dass die Informationen, die sie zu dieser Frage hätten mitteilen können, geeignet waren, den Inhalt des endgültigen Beschlusses zu ändern.

84      Der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft halten als Erstes diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, da er allein nicht zur Aufhebung der angefochtenen Urteile führen könne. Eine solche Aufhebung sei nämlich nur möglich, wenn nicht nur diesem Rechtsmittelgrund, sondern auch dem vierten Rechtsmittelgrund stattgegeben würde, der sich darauf beziehe, dass die Verletzung des Rechts der Beteiligten auf Beteiligung am förmlichen Prüfverfahren sich nicht auf den streitigen Beschluss auswirke.

85      Als Zweites und hilfsweise tragen der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft vor, dass der dritte Rechtsmittelgrund der Kommission unbegründet sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

–       Zur Zulässigkeit

86      Entgegen dem Vorbringen des Freistaats Bayern und der Interessengemeinschaft sind der dritte und der vierte Rechtsmittelgrund, auch wenn zwischen ihnen ein Zusammenhang besteht, voneinander unabhängig. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht nämlich vor, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es in den Rn. 70 und 71 des ersten angefochtenen Urteils und in den Rn. 67 und 68 des zweiten angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Verpflichtung der Kommission, den Beteiligten im Stadium des Einleitungsbeschlusses Gelegenheit zur Äußerung zu geben, eine wesentliche Formvorschrift sei, deren Verletzung zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses führe, wohingegen die Kommission mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund dem Gericht vorwirft, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es ergänzend entschieden habe, dass nicht auszuschließen sei, dass das Verfahren zur Prüfung der staatlichen Beihilfemaßnahme ohne den festgestellten Verstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

87      Wie der Generalanwalt in Nr. 102 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, reicht der Umstand, dass der dritte und der vierte Rechtsmittelgrund miteinander zusammenhängen, für sich genommen nicht aus, um den einen oder den anderen von ihnen für unzulässig zu erklären.

88      Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher zulässig.

–       Zur Begründetheit

89      Was die Frage betrifft, ob das Gericht, wie die Kommission vorträgt, einen Rechtsfehler begangen hat, indem es festgestellt hat, dass die in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 festgelegte Verpflichtung, in einem Einleitungsbeschluss die Sach- und Rechtsfragen, die für das formelle Verfahren zur Prüfung der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme mit dem Binnenmarkt wesentlich sind, zusammenzufassen, ebenso wie die Verpflichtung gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV zur Einleitung eines solchen Verfahrens eine wesentliche Formvorschrift im Sinne von Art. 263 Abs. 2 AEUV sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass sich aus Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie aus Art. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999 ergibt, dass die Kommission, wenn sie die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hinsichtlich einer geplanten Beihilfe beschließt, den Beteiligten, darunter dem oder den betroffenen Unternehmen, Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben muss und dass diese Verpflichtung den Charakter einer „wesentlichen Formvorschrift“ hat (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen, C‑334/07 P, EU:C:2008:709, Rn. 55). Dieser Charakter ergibt sich daraus, dass eine solche Verpflichtung eine wesentliche Verfahrensvoraussetzung darstellt, die untrennbar mit der korrekten Willensbildung oder Willensäußerung des Urhebers des Rechtsakts verbunden ist.

90      Die Verpflichtung, die der Gerichtshof als „wesentliche Formvorschrift“ eingestuft hat, wird jedoch insbesondere in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 konkretisiert, wonach die Kommission u. a. verpflichtet ist, im Einleitungsbeschluss die Sach- und Rechtsfragen, die für die Prüfung der betreffenden (geplanten) Beihilfe wesentlich sind, zusammenzufassen und somit die praktische Wirksamkeit von Art. 108 Abs. 2 AEUV zu gewährleisten.

91      Die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union ist zwar ein angemessenes Mittel, um alle Beteiligten über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens zu unterrichten und von ihnen alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen, und dabei den anderen Mitgliedstaaten und den betroffenen Wirtschaftskreisen die Gewähr zu geben, als solche ihre Auffassung vortragen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 71 und 72). Die Beteiligten sind jedoch nur dann in der Lage, sachgerecht Stellung zu nehmen, wenn, wie in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehen, die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen in dem veröffentlichten Beschluss ausdrücklich und klar genannt werden.


92      Daraus folgt, dass mit der bloßen Veröffentlichung eines Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, ohne dass der Inhalt eines solchen Beschlusses den Vorgaben dieser Bestimmung entspricht, die Verpflichtung der Kommission zum Zeitpunkt des förmlichen Prüfverfahrens, die eine „wesentliche Formvorschrift“ im Sinne von Art. 263 Abs. 2 AEUV darstellt, nicht erfüllt ist.

93      Vorliegend ergibt sich aus den Rn. 54 und 55 des vorliegenden Urteils, dass die Art der Finanzierung einer Beihilfemaßnahme eine wesentliche Frage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 ist. Diese Frage, aus der die Kommission in dem streitigen Beschluss Konsequenzen für die Einstufung der Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 AEUV zieht, hätte daher in dem Beschluss über die Einleitung des fraglichen förmlichen Prüfverfahrens ausdrücklich als solche zusammengefasst werden müssen.

94      Das Fehlen dieser Frage in dem Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ist daher, da sie bei der Begründung des streitigen Beschlusses eine Rolle spielt, als Verstoß gegen eine „wesentliche Formvorschrift“ im Sinne von Rn. 55 des Urteils vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709), anzusehen, der von Rechts wegen zur Nichtigerklärung dieser Entscheidung führt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Oktober 1980, Roquette Frères/Rat, 138/79, EU:C:1980:249, Rn. 33, sowie vom 6. September 2017, Slowakei und Ungarn/Rat, C‑643/15 und C‑647/15, EU:C:2017:631, Rn. 160).

95      Insoweit ist das Vorbringen der Kommission ausdrücklich zurückzuweisen, dass nur die Verpflichtung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ein wesentliches Formerfordernis darstelle. Eine solche Argumentation läuft, abgesehen davon, dass sie offensichtlich im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 steht, der der Kommission klare Verpflichtungen hinsichtlich des Inhalts eines Einleitungsbeschlusses auferlegt, darauf hinaus, diesem Beschluss, dessen Zweck darin besteht, die Beteiligten in die Lage zu versetzen, gegenüber der Kommission sachgerecht Stellung zu nehmen, seine praktische Wirksamkeit zu nehmen. Die Beteiligten müssen nämlich die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen erkennen können, auf denen die förmliche Prüfung der betreffenden Beihilfemaßnahme beruht, insbesondere diejenigen, die die Art der Finanzierung dieser Maßnahme betreffen und eine entscheidende Frage für die Einstufung dieser Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen.

96      Dagegen liegt keine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift im Sinne von Rn. 55 des Urteils vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709), vor, wenn die Frage, deren Fehlen im Einleitungsbeschluss der Kommission vorgeworfen wird, keine für die Prüfung der fraglichen Beihilfemaßnahme wesentliche Sach- und Rechtsfrage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 darstellt.

97      Ebenso wenig kann die Kommission ihr Vorbringen, dass das Fehlen einer wesentlichen Frage im Einleitungsbeschluss keine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift darstelle, auf die Rechtsprechung stützen, die auf den Urteilen vom 8. Mai 2008, Ferriere Nord/Kommission (C‑49/05 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:259), und vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709), beruht. Die Fälle, in denen diese beiden Urteile ergangen sind, betrafen nämlich eine Änderung des rechtlichen Rahmens im Lauf des förmlichen Verfahrens zur Prüfung der Beihilfemaßnahme und nicht, wie im vorliegenden Fall, die Anforderungen an die Festlegung des Prüfungsrahmens, die gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 für die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des Einleitungsbeschlusses gelten.

98      So hat der Gerichtshof im Urteil vom 8. Mai 2008, Ferriere Nord/Kommission (C‑49/05 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:259), die Analyse des Gerichts bestätigt. Er stellte fest, dass die Kommission, da die Grundsätze und Kriterien, die im neuen Rahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen aufgestellt wurden, im Wesentlichen mit denen übereinstimmten, die in dem Rahmen aufgestellt worden waren, der zu dem Zeitpunkt galt, zu dem der Beschluss über die Einleitung des Prüfverfahrens erging, das Recht der Beteiligten auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren nicht dadurch verletzt hatte, dass sie die Beteiligten nicht in die Lage versetzt hatte, zu diesem neuen Rahmen Stellung zu beziehen. Unter diesen besonderen Umständen war eine erneute Anhörung der Beteiligten nach Art. 108 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 nicht erforderlich.

99      Was das Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709), angeht, hat der Gerichtshof zunächst ausgeführt, dass die Verpflichtung der Kommission, den Beteiligten im Rahmen eines förmlichen Prüfverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, eine wesentliche Formvorschrift darstellt. Sodann hat er unter Bezugnahme auf das Urteil vom 8. Mai 2008, Ferriere Nord/Kommission (C‑49/05 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:259), klargestellt, dass es keine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift darstellt, wenn die Kommission die Beteiligten zu einer geänderten rechtlichen Regelung nicht angehört hat, wenn diese neue rechtliche Regelung, die in Kraft getreten ist, nachdem der Mitgliedstaat eine geplante Beihilfe angemeldet hatte, im Verhältnis zu der früheren Regelung nicht wesentlich geändert wurde.

100    Auch das nach der Verkündung der angefochtenen Urteile ergangene Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo (C‑56/18 P, EU:C:2020:192), stellt die Einstufung der Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 in Verbindung mit Art. 108 Abs. 2 AEUV als „wesentliche Formvorschrift“ nicht in Frage.


101    Wie der Gerichtshof in Rn. 88 jenes Urteils nämlich selbst festgestellt hat, betrifft dieses nicht die Pflichten, die der Kommission zum Zeitpunkt der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens obliegen, und somit nicht die Pflichten, die unter Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 fallen, dessen Auslegung Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist.

102    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Gericht unter Berufung auf Rn. 55 des Urteils vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709), in Rn. 70 des ersten angefochtenen Urteils und in Rn. 67 des zweiten angefochtenen Urteils zu Recht entschieden hat, dass die Verpflichtung der Kommission, den Beteiligten im Stadium des Einleitungsbeschlusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, den Charakter einer wesentlichen Formvorschrift hat, deren Verletzung die Nichtigerklärung des fehlerhaften Rechtsakts unabhängig davon nach sich zieht, ob diese Verletzung demjenigen, der sie rügt, einen Schaden verursacht hat oder ob das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.

103    Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Auslegung des Rechts der Beteiligten auf Beteiligung am Verfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV sowie Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und der Begriffe „staatliche Mittel“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV sowie „bestehende Beihilfe“ im Sinne von Art. 108 Abs. 1 AEUV, Verfälschung der Tatsachen und Versäumnis, zum Verteidigungsvorbringen Stellung zu nehmen

 Vorbringen der Parteien

104    Die Kommission wirft dem Gericht vor, in den Rn. 72 bis 75 des ersten angefochtenen Urteils und in den Rn. 70 bis 72 des zweiten angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden zu haben, dass das Verfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn der Freistaat Bayern zu der Frage hätte Stellung nehmen können, ob Haushaltsmittel staatliche Mittel darstellten. Das Gericht habe nicht nur gegen Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV sowie Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, sondern auch gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen, indem es den Begriff „staatliche Mittel“, und gegen Art. 108 Abs. 1 AEUV verstoßen, indem es den Begriff „bestehende Beihilfe“ falsch ausgelegt habe. Des Weiteren habe das Gericht die in dem streitigen Beschluss festgestellten Tatsachen verfälscht und das Verteidigungsvorbringen nicht geprüft.

105    Der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft halten diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, da das Gericht in den Rn. 72 und 75 des ersten angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass sich der Verstoß gegen das Recht der Beteiligten auf Stellungnahme auf den Ausgang des Verfahrens ausgewirkt habe, wobei es sich um eine rein tatsächliche Feststellung handele, die vom Gerichtshof nicht überprüft werden könne. Des Weiteren bestünden die wesentlichen Punkte dieses Rechtsmittelgrundes in einer bloßen Wiederholung der bereits vor dem Gericht vorgebrachten Klagegründe und Argumente.

106    Hilfsweise machen der Freistaat Bayern und die Interessengemeinschaft geltend, dass der vierte Rechtsmittelgrund unbegründet sei, da er auf einem Fehlverständnis der angefochtenen Urteile beruhe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

107    Das Vorbringen des Freistaats Bayern zur Unzulässigkeit dieses Rechtsmittelgrundes ist aus den gleichen wie den in den Rn. 47 und 48 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen zurückzuweisen. In der Sache reicht daher die Feststellung aus, dass das Gericht nur ergänzend festgestellt hat, dass das Verfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn die Beteiligten zu der Finanzierungsart, die sich aus allgemeinen Haushaltsmitteln des Freistaats Bayern ergibt, hätten Stellung nehmen können.

108    Nach ständiger Rechtsprechung können jedoch Rechtsmittelgründe, die gegen nicht tragende Gründe des angefochtenen Urteils gerichtet sind, als solche nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen und gehen daher ins Leere (vgl. u. a. Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 148, sowie vom 26. März 2019, Kommission/Italien, C‑621/16 P, EU:C:2019:251, Rn. 61).

109    Da der Gerichtshof zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das Gericht in Rn. 70 des ersten angefochtenen Urteils und in Rn. 67 des zweiten angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt hat, dass der streitige Beschluss dadurch, dass er den Beteiligten keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe, gegen eine wesentliche Formvorschrift verstoßen habe, was von Rechts wegen die Nichtigerklärung des fehlerhaften Rechtsakts nach sich ziehe, ist der vierte Rechtsmittelgrund somit als ins Leere gehend zurückzuweisen.

110    Da keiner der vier Gründe, mit denen die Kommission ihre Rechtsmittel jeweils begründet hat, durchgreift, sind die Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Kosten

111    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend den Anträgen des Freistaats Bayern sowie der Interessengemeinschaft die Kosten aufzuerlegen.


Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Jürimäe

Rodin

Piçarra

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. März 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

A. Calot Escobar

 

K. Lenaerts


*      Verfahrenssprache: Deutsch.