Language of document : ECLI:EU:T:2004:48

Verbundene Rechtssachen T-297/01 und T-298/01

SIC – Sociedade Independente de Comunicação, SA

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Staatliche Beihilfen – Öffentlich-rechtliche Fernsehveranstalter – Beschwerde – Untätigkeitsklage – Stellungnahme der Kommission – Charakter einer neuen Beihilfe oder einer bestehenden Beihilfe – Antrag, die Hauptsache für erledigt zu erklären – Antrag auf Zurückweisung dieses Antrags – Prüfungspflicht der Kommission – Durchführung eines Nichtigkeitsurteils – Angemessene Frist“

Leitsätze des Urteils

1.      Untätigkeitsklage – Beendigung der Untätigkeit nach Klageerhebung – Wegfall des Gegenstands der Klage – Erledigung der Hauptsache

(Artikel 226 EG, 232 EG und 233 EG)

2.      Untätigkeitsklage – Anwendungsbereich – Streit über den Umfang der Pflicht zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils – Einbeziehung

(Artikel 232 EG und 233 EG)

3.      Untätigkeitsklage – Aufforderung an das Organ, tätig zu werden – Stellungnahme im Sinne von Artikel 232 Absatz 2 EG – Begriff

(Artikel 230 EG und 232 Absatz 2 EG)

1.      Die in Artikel 232 EG vorgesehene Klagemöglichkeit, mit der andere Ziele verfolgt werden als mit der in Artikel 226 EG eröffneten Klagemöglichkeit, beruht auf der Vorstellung, dass die rechtswidrige Untätigkeit des betroffenen Organs es ermöglicht, den Gerichtshof anzurufen, um dessen Feststellung zu erwirken, dass die Unterlassung, wenn das betroffene Organ sie nicht abgestellt hat, gegen den Vertrag verstößt. Diese Feststellung hat nach Artikel 233 EG zur Folge, dass das beklagte Organ die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergebenden Maßnahmen treffen muss; daneben kann sie zu Klagen aus außervertraglicher Haftung Anlass geben. Ist die Handlung, deren Unterlassung Gegenstand des Rechtsstreits ist, nach der Erhebung der Klage, aber vor Verkündung des Urteils vorgenommen worden, so kann eine die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Unterlassung feststellende Entscheidung des Gerichtshofes die in Artikel 233 EG bezeichneten Rechtsfolgen nicht mehr auslösen. In einem solchen Fall ist der Rechtsstreit daher ebenso gegenstandslos geworden, wie wenn das beklagte Organ der Aufforderung, tätig zu werden, innerhalb der Zweimonatsfrist entsprochen hat, so dass die Hauptsache erledigt ist. Der Umstand, dass diese Stellungnahme des Organs die Klägerin nicht zufrieden stellt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, denn Artikel 232 EG bezieht sich auf die Untätigkeit durch Nichtbescheidung oder Unterlassen einer Stellungnahme, nicht dagegen auf den Erlass einer anderen als der von dieser Partei gewünschten oder für notwendig erachteten Handlung.

(vgl. Randnr. 31)

2.      Die Untätigkeitsklage stellt den geeigneten Weg dar, um einen Streit darüber zu entscheiden, ob das Organ über die Ersetzung des für nichtig erklärten Rechtsakts hinaus gemäß Artikel 233 EG verpflichtet war, andere Maßnahmen im Hinblick auf andere Rechtsakte zu ergreifen, die im Rahmen der ursprünglichen Nichtigkeitsklage nicht angefochten worden waren. Daraus folgt, dass die Untätigkeitsklage auch den geeigneten Klageweg darstellt, um die rechtswidrige Unterlassung eines Organs festzustellen, die sich aus einem solchen Urteil ergebenden Maßnahmen zu treffen.

(vgl. Randnr. 32)

3.      Eine Handlung, die nicht mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden kann, kann eine die Untätigkeit eines Organs beendende Stellungnahme darstellen, wenn sie in Verbindung mit einem Verfahren steht, das grundsätzlich zu einer ihrerseits mit der Nichtigkeitsklage anfechtbaren Rechtshandlung führen soll.

(vgl. Randnr. 53)