Language of document : ECLI:EU:T:2014:507

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

11. Juni 2014(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Internationale Registrierung, in der die Europäische Gemeinschaft benannt ist – Wortmarke JUNGBORN – Ältere nationale Wortmarke BORN – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑401/12

Robert Klingel OHG mit Sitz in Pforzheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin T. Zeiher,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Develey Holding GmbH & Co. Beteiligungs KG mit Sitz in Unterhaching (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Kunz‑Hallstein und H. Kunz‑Hallstein,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 9. Juli 2012 (Sache R 936/2011‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Develey Holding GmbH & Co. Beteiligungs KG und der Robert Klingel OHG

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter F. Dehousse (Berichterstatter) und A. Collins,

Kanzler: J. Weychert, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 10. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 20. Dezember 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 19. Dezember 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der Entscheidung vom 26. Februar 2013, mit der das Gericht die Einreichung einer Erwiderung nicht zugelassen hat,

aufgrund der Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts,

auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2014

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 2. Dezember 2008 erwirkte die Klägerin, die Robert Klingel OHG, bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) für die Wortmarke JUNGBORN die internationale Registrierung Nr. 1002323, in der die Europäische Gemeinschaft benannt ist (im Folgenden: internationale Registrierung oder angemeldete Marke).

2        Die Waren, für die die internationale Registrierung erwirkt wurde, gehören zu den Klassen 29, 30, 32 und 33 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung und entsprechen für die Klassen 29, 30 und 32 folgender Beschreibung:

–        Klasse 29: „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und ‑fette; Fleischgerichte, Fischgerichte, Geflügelgerichte, Wildgerichte, Gemüsegerichte, Obstgerichte; Würste; Schinken; Käse; Suppen; Fleisch-, Fisch-, Geflügel- oder Wildpastete (soweit in dieser Klasse enthalten); alle vorgenannten Waren auch für Diabetiker“;

–        Klasse 30 : „Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Gebäck aus Blätterteig, Konfiserie-Gebäck, insbesondere mit Frucht- und/oder Cremefüllung, Buttermürbgebäck, Mürbeteiggebäck, Kaffeegebäck, Spritzgebäck, Knabbergebäck, Kuchen, Rührkuchen, insbesondere mit Schokoladenüberzug und/oder Fruchtfüllung, Torten, Vanillekipferl, Oblaten, Dragees, Gebäckrollen, Galettes, Waffeln, Spritzgebäck, Bonbons, Kekse, Fruchtkugeln (Gebäck), Kokosflocken (Süßwaren), Geleefrüchte, Geleescheiben (Süßwaren), Fondants-Früchte (Süßwaren), Streuselkugeln (Süßwaren), Rumkugeln (Süßwaren), Speiseeis; Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Zuckermandeln (Süßwaren); alle vorgenannten Waren auch für Diabetiker“;

–        Klasse 32: „Kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alle vorgenannten Waren auch für Diabetiker“.

3        Am 11. Juni 2009 wurde dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) die internationale Registrierung mitgeteilt.

4        Die internationale Registrierung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 22/2009 vom 15. Juni 2009 veröffentlicht.

5        Am 21. Januar 2010 erhob die Streithelferin, die Develey Holding GmbH & Co. Beteiligungs KG, Widerspruch nach Art. 156 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 2 genannten Waren der Klassen 29, 30 und 32.

6        Der Widerspruch wurde u. a. auf die ältere deutsche Wortmarke BORN gestützt, die am 18. Juni 2007 angemeldet und am 21. Januar 2008 unter der Nr. 30739547 für folgende Waren der Klassen 29, 30 und 32 eingetragen worden war:

–        Klasse 29: „Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Wurstwaren, Käse, Weich- und Schalentiere (nicht lebend) und aus den genannten Waren hergestellte Erzeugnisse, insbesondere Feinkostsalate, auch gekühlt, Mischungen der genannten Waren untereinander und/oder mit frischem, konserviertem, getrocknetem oder gekochtem Obst, Gemüse, Pilzen, Nüssen; Pickles; Gemüse- und Obstzubereitungen; Obst- und Gemüsekonserven, insbesondere Sauerkonserven und Sauergurken; tischfertige Zubereitungen und Fertiggerichte aus Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Wurstwaren, Käse, Obst, Gemüse, Pilzen und Nüssen; frische und gekühlte Feinkostsalate, nämlich Gemüse-, Frucht- und Kartoffelsalate; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Letscho; Tomatenpaprika; Tomatenmark; Konfitüren; Milch und Milchprodukte, nämlich Butter, Butterzubereitungen, Kräuterbutter, Käse, Joghurt, Sahne; Speiseöle und -fette; Fleisch‑, Fisch‑, Obst‑, Gemüsekonserven; in Essig und/oder Öl eingelegtes Obst und Gemüse; Meerrettich (konserviert) und Zubereitungen hieraus, soweit in Klasse 29 enthalten“;

–        Klasse 30: „Gewürze; Würzmittel; Senf; Senferzeugnisse; Mayonnaisen, damit hergestellte Zubereitungen; Mehl- und Getreidepräparate, Teigwaren; Essig; Essigzubereitungen; Essiggetränke, im Wesentlichen bestehend aus Essig; Remouladen; Aromen und Essenzen für Nahrungszwecke, ausgenommen ätherische Öle und Essenzen; Zitronensäure, Apfelsäure, Weinsäure als Geschmackstoffe für die Lebensmittelherstellung; Meerrettichgewürz; Worcestersoßen; Melassesirup; frische und gekühlte Getreide- und Nudelsalate; Ketchup und daraus hergestellte Zubereitungen; Fruchtsoßen; Salatdressings; Salatsoßen; Salatcreme; Soßen“;

–        Klasse 32: „Alkoholfreie Getränke unter Beigabe von Essig; Sirupe für Getränke“.

7        Für den Widerspruch wurden die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und in Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 genannten Gründe angeführt.

8        Mit Entscheidung vom 28. März 2011 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 außer hinsichtlich der Waren „Reis, Kaffeeersatzmittel, Kühleis“ (Klasse 30) statt. Zu Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 stellte die Widerspruchsabteilung insbesondere fest, dass die Bekanntheit der älteren Marke zum Zeitpunkt der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke nicht nachgewiesen worden sei.

9        Am 2. Mai 2011 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

10      Mit Entscheidung vom 9. Juli 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie wies zunächst darauf hin, dass die Waren „Reis, Kaffeeersatzmittel, Kühleis“ (Klasse 30) nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens seien. Sodann führte sie im Wesentlichen aus, dass angesichts der Identität oder Ähnlichkeit der Waren sowie der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zwischen den beiden einander gegenüberstehenden Marken bestehe.

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        den Widerspruch zurückzuweisen;

–        hilfsweise, die Sache zur weiteren Entscheidung an die Beschwerdekammer zurückzuverweisen;

–        der unterliegenden Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

12      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Vorab ist festzustellen, dass über den zweiten und den dritten Antrag der Klägerin nur entschieden zu werden braucht, wenn dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung stattgegeben wird (vgl. in diesem Sinne in Bezug auf den Antrag auf Zurückweisung des Widerspruchs Urteil des Gerichts vom 16. September 2013, Rovi Pharmaceuticals/HABM – Laboratorios Farmaceuticos Rovi [ROVI Pharmaceuticals], T‑97/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 19).

14      Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen Verstöße gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b, Art. 41 Abs. 1 Buchst. a und Art. 63 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung hierzu befragt, hat sie klargestellt, dass sie sich in Wirklichkeit auf einen einzigen Klagegrund stütze, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht werde. Dies wurde zu Protokoll genommen.

15      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen eine Verwechslungsgefahr bestehe. Insbesondere habe die Beschwerdekammer dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass sie für den Ausschluss jeder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen gefordert habe, dass der Bestandteil „jung“ derart prägend sein müsse, dass der Bestandteil „born“ zu vernachlässigen sei. Im Übrigen sei, wenn man davon ausgehe, dass den Bestandteilen „jung“ und „born“ gleiches Gewicht zukomme, aufgrund des Bestandteils „jung“ am Anfang der angemeldeten Marke jede bildliche oder klangliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen ausgeschlossen. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass dem Zeichenanfang eine größere Bedeutung als dem Zeichenende zukomme. Schließlich habe die Beschwerdekammer zutreffend eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen verneint. Da die einander gegenüberstehenden Zeichen in keiner Weise ähnlich seien, sei die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass Verwechslungsgefahr bestehe, unzutreffend. Die Bezugnahme der Beschwerdekammer auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, Slg. 2005, I‑8551), gehe fehl. Es bestehe kein Grund zur Annahme, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke durch Trennung der Wortbestandteile „jung“ und „born“ zerlegten.

16      Das HABM trägt vor, der Umstand, dass eine Marke aus einer älteren Marke bestehe, der ein anderes Wort vorangestellt sei, sei ein Indiz für die Ähnlichkeit der Zeichen. Im Übrigen kennten die maßgeblichen Verkehrskreise den Begriff „jung“. Daher könnten sie die angemeldete Marke, die als Ganzes keinen Bedeutungsinhalt aufweise, in die Bestandteile „jung“ und „born“ aufspalten. Die maßgeblichen Verkehrskreise würden somit den Bestandteil „born“ selbständig betrachten. Wenn eine Marke durch die Aneinanderreihung eines Bestandteils und einer anderen Marke gebildet sei, könne Letztere, selbst wenn sie nicht den dominierenden Bestandteil der angemeldeten Marke darstelle, in dieser eine selbständig kennzeichnende Stellung innehaben. Im vorliegenden Fall seien die einander gegenüberstehenden Zeichen angesichts des gemeinsamen Bestandteils „born“ ähnlich. Der Umstand, dass der Bestandteil „born“ am Ende der angemeldeten Marke stehe, ändere daran nichts. Unter Berücksichtigung aller Merkmale des vorliegenden Falles ist das HABM der Ansicht, dass die Beschwerdekammer fehlerfrei das Bestehen von Verwechslungsgefahr bejaht habe.

17      Die Streithelferin weist darauf hin, dass die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin den Ausschluss der Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht von der Bedingung abhängig gemacht habe, dass der Bestandteil „jung“ prägend sei. Die Beschwerdekammer habe die Verwechslungsgefahr zutreffend beurteilt. Für die maßgeblichen Verkehrskreise bestehe die angemeldete Marke aus dem Bestandteil „jung“, der diesen Verkehrskreisen bekannt sei, und dem Bestandteil „born“, aus dem die ältere Marke bestehe. Angesichts der Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren bestehe daher im vorliegenden Fall Verwechslungsgefahr.

18      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, der gemäß Art. 156 dieser Verordnung für internationale Registrierungen gilt, in denen die Europäische Gemeinschaft benannt ist, ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 sind ältere Marken u. a. in einem Mitgliedstaat eingetragene Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

19      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist nach dieser Rechtsprechung umfassend, gemäß der Wahrnehmung der Zeichen und der betroffenen Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333, Rn. 48, und Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg. 2002, II‑4335, Rn. 25).

20      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen. Zu bedenken ist ferner, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (Urteile des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Oberhauser/HABM – Petit Liberto [Fifties], T‑104/01, Slg. 2002, II‑4359, Rn. 28, und vom 30. Juni 2004, BMI Bertollo/HABM – Diesel [DIESELIT], T‑186/02, Slg. 2004, II‑1887, Rn. 38).

21      Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Gefahr von Verwechslungen zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zu überprüfen.

22      Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der älteren Marke um eine in Deutschland eingetragene Marke. Damit ist, wie die Beschwerdekammer in Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, ohne dass die Parteien dies gerügt hätten, Deutschland das maßgebliche Gebiet.

23      Außerdem sind, wie die Beschwerdekammer in Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, ohne dass die Parteien dies gerügt hätten, die betreffenden Waren solche des täglichen Verbrauchs. Daher setzen sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern zusammen.

24      Zunächst ist zur Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren, ausgenommen die Waren „Reis, Kaffeeersatzmittel, Kühleis“ (Klasse 30), die nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem HABM waren (Rn. 11 der angefochtenen Entscheidung), festzustellen, dass diese identisch oder ähnlich sind, worauf die Beschwerdekammer in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung zu Recht hingewiesen hat, ohne dass die Parteien dem widersprochen hätten.

25      Was sodann die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen betrifft, so ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie der Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen die Marken wahrnimmt. In der Regel nimmt er eine Marke als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Ferner sind allgemein zwei Marken einander ähnlich, wenn sie aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte mindestens teilweise identisch sind (Urteile des Gerichts MATRATZEN, oben in Rn. 19 angeführt, Rn. 30, und vom 6. Mai 2008, Redcats/HABM – Revert & Cía [REVERIE], T‑246/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 33).

27      Ferner stellt der Umstand, dass eine Marke ausschließlich aus der älteren Marke und einem an diese angehängten weiteren Wortbestandteil besteht, ein Indiz für die Ähnlichkeit dieser beiden Marken dar (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 12. November 2008, ecoblue/HABM – Banco Bilbao Vizcaya Argentaria [Ecoblue], T‑281/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 28, und vom 28. Oktober 2009, X-Technology R & D Swiss/HABM – Ipko-Amcor [First-On-Skin], T‑273/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 31).

28      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht zu einem mittleren Grad ähnlich seien. Außerdem hat sie festgestellt, dass ein begrifflicher Vergleich nicht relevant sei, weil die fraglichen Zeichen keinen besonderen Begriffsinhalt hätten.

29      Vorab ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Beschwerdekammer dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass sie für den Ausschluss jeder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen gefordert habe, dass der Bestandteil „jung“ derart prägend sein müsse, dass der Bestandteil „born“ zu vernachlässigen sei. Aus Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Beschwerdekammer nur festgestellt hat, dass die Bestandteile „jung“ und „born“ im von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck gleichgewichtig seien, so dass beim Vergleich der fraglichen Zeichen nicht ausschließlich auf den Bestandteil „jung“ dieser Marke abgestellt werden könne.

30      Im Übrigen ist die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer in dieser Hinsicht richtig. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in ihren Schriftsätzen spricht nämlich nichts dafür, dass der Bestandteil „jung“ in der angemeldeten Marke eine gewichtigere Stellung einnimmt. Zwar trifft es zu, dass der Verbraucher, wie die Klägerin geltend macht, dem Wortanfang üblicherweise mehr Gewicht beilegt (Urteile des Gerichts vom 17. März 2004, El Corte Inglés/HABM – González Cabello und Iberia Líneas Aéreas de España [MUNDICOR], T‑183/02 und T‑184/02, Slg. 2004, II‑965, Rn. 81, und vom 16. März 2005, L’Oréal/HABM – Revlon [FLEXI AIR], T‑112/03, Slg. 2005, II‑949, Rn. 64 und 65). Diese „üblicherweise“ geltende Regel hat aber Ausnahmen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 6. Juli 2004, Grupo El Prado Cervera/HABM – Héritiers Debuschewitz [CHUFAFIT], T‑117/02, Slg. 2004, II‑2073, Rn. 48, vom 28. November 2012, Bauer/HABM – BenQ Materials [Daxon], T‑29/12, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 28, und vom 15. Januar 2013, Lidl Stiftung/HABM – Lactimilk [BELLRAM], T‑237/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 99). Im vorliegenden Fall ist die angemeldete Marke ein verhältnismäßig kurzes Zeichen. Daher vermag das Ende dieser Marke die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ebenso auf sich zu ziehen wie ihr Anfang (vgl. in diesem Sinne Urteile Daxon, Rn. 28, und BELLRAM, Rn. 95). Außerdem ist, ohne dass es erforderlich wäre, über die Zulässigkeit eines von der Streithelferin vor dem Gericht vorgelegten Auszugs aus einem Wörterbuch zu entscheiden, festzustellen, dass der Begriff „jung“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen leicht verstanden wird, was nicht, wie die Beschwerdekammer ausgeführt hat, für den Begriff „born“ gilt, weil entweder die Bedeutung dieses Begriffs im Deutschen („Quelle“) nicht geläufig ist oder nicht davon auszugehen ist, dass die maßgeblichen Verkehrskreise diesen Begriff als Hinweis auf das englische Verb „to be born“ erkennen. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung dieser Tatsachenwürdigung zugestimmt; dies wurde zu Protokoll genommen. Unter diesen Umständen ist die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass die Begriffe „jung“ und „born“ im von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck gleichgewichtig sind, richtig.

31      Somit hat die Beschwerdekammer, da im vorliegenden Fall die Begriffe „jung“ und „born“ im von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck gleichgewichtig sind und die einander gegenüberstehenden Zeichen den Wortbestandteil „born“, der der einzige Bestandteil der älteren Marke ist, gemeinsam haben, erstens rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher Hinsicht eine durchschnittliche Ähnlichkeit aufweisen.

32      Zweitens hat sie zum Klang festgestellt, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen durch die zusätzliche Silbe „jung“ unterschieden, aber in der Silbe „born“ übereinstimmten. Folglich ist der Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zuzustimmen, dass im vorliegenden Fall die fraglichen Zeichen in klanglicher Hinsicht zu einem mittleren Grad ähnlich sind.

33      Drittens ist, in begrifflicher Hinsicht, unstreitig, dass der Begriff „Jungborn“ im Deutschen keinen bestimmten Begriffsinhalt hat. Außerdem wird, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat und die Parteien in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, der Begriff „born“, der die ältere Marke bildet, von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht leicht verstanden (siehe oben, Rn. 30). Daher hat die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen, indem sie im Wesentlichen festgestellt hat, dass zwischen den fraglichen Zeichen in begrifflicher Hinsicht weder Ähnlichkeit noch Unähnlichkeit vorliegt.

34      Nach alledem ist unter Berücksichtigung des mittleren Grades an bildlicher und klanglicher Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen die Auffassung der Klägerin, dass die fraglichen Zeichen unterschiedlich seien und daher im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr bestehe, zurückzuweisen.

35      Schließlich ist, was die Beurteilung der Verwechslungsgefahr betrifft, zunächst das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dem zufolge die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke nicht in die Wortbestandteile „jung“ und „born“ zerlegen könnten. Zwar triff es zu, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet; dennoch wird er ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (Urteile des Gerichts vom 6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, Slg. 2004, II‑3445, Rn. 51, und vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Rn. 57). Wie aber bereits ausgeführt worden ist, bestreiten die Parteien nicht, dass der Begriff „jung“, im Gegensatz zu dem Begriff „born“, von den maßgeblichen Verkehrskreisen leicht verstanden wird. Daher können diese Verkehrskreise die angemeldete Marke in zwei Begriffe, „jung“ und „born“, zerlegen. Keine der Parteien hat vorgetragen, dass der Begriff „Jungborn“ eine logische Einheit bilde. Sodann ist in diesem Rahmen in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass der Begriff „born“, der die ältere Marke bildet, eine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb der angemeldeten Marke einnimmt. Schließlich hat die Beschwerdekammer mit ihrer im Übrigen von den Parteien nicht gerügten Feststellung, dass die ältere Marke über eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft verfüge, keinen Fehler begangen.

36      In Anbetracht dieser Gesichtspunkte und zudem der durchschnittlichen bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie der Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren ist die Beschwerdekammer fehlerfrei zu dem Schluss gelangt, dass im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr besteht.

37      Das übrige Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. Insbesondere könnte selbst dann, wenn die Bezugnahme der Beschwerdekammer auf das Urteil Medion (vorstehend Rn. 15) als tatsächlich verfehlt unterstellt würde, dies das Bestehen einer Verwechslungsgefahr aus den zuvor dargelegten Gründen nicht widerlegen. Im Übrigen hat die Beschwerdekammer mit dieser Bezugnahme auf das Urteil Medion (vorstehend Rn. 15) nur zum Ausdruck gebracht, dass die Gefahr bestehe, dass die maßgeblichen Verkehrskreise glauben könnten, dass die fraglichen Waren von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten. Aus den vorstehend dargelegten Gründen, insbesondere wegen der selbständig kennzeichnenden Stellung des Begriffs „born“ innerhalb der angemeldeten Marke, hat die Beschwerdekammer in dieser Hinsicht aber keinen Fehler begangen.

38      Aus all diesen Gründen ist der einzige Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zurückzuweisen und die Klage daher insgesamt abzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, über den zweiten und den dritten Antrag der Klägerin zu entscheiden (siehe oben, Rn. 13).

 Kosten

39      Gemäß Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Robert Klingel OHG trägt die Kosten.

Frimodt Nielsen

Dehousse

Collins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juni 2014.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.