Language of document : ECLI:EU:C:2023:666

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

14. September 2023(*)

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Luftverkehrssektor – Dem Flughafen Frankfurt-Hahn von der Bundesrepublik Deutschland gewährte Betriebsbeihilfe – Art. 108 AEUV – Beschluss, kein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen – Nichtigkeitsklage – Eigenschaft als Beteiligter – Wahrung der Verfahrensrechte“

In der Rechtssache C‑466/21 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 29. Juli 2021,

Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch Rechtsanwälte R. van der Hout und C. Wagner,

Rechtsmittelführer,

andere Parteien des Verfahrens:

Deutsche Lufthansa AG mit Sitz in Köln (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt A. Martin-Ehlers,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Europäische Kommission, vertreten durch C. Georgieva und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,


Bundesrepublik Deutschland,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos (Berichterstatter), der Richterin L. S. Rossi, der Richter J.‑C. Bonichot und S. Rodin sowie der Richterin O. Spineanu-Matei,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2022,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. März 2023

folgendes

Urteil

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Land Rheinland-Pfalz (Deutschland, im Folgenden: Land) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Mai 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑218/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2021:282), mit dem das Gericht den Beschluss C(2017) 5289 final der Kommission vom 31. Juli 2017 über die staatliche Beihilfe SA.47969 (2017/N), die Deutschland dem Flughafen Frankfurt-Hahn in Form einer Betriebsbeihilfe gewährt hat (im Folgenden: streitiger Beschluss), für nichtig erklärt hat.

2        Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt die Europäische Kommission ebenfalls die Aufhebung des angefochtenen Urteils.


3        Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt die Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden: DLH) die Aufhebung dieses Urteils, soweit das Gericht die zweite Rüge des ersten Teils ihres einzigen Klagegrundes zurückgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Verordnung (EU) 2015/1589

4        Art. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

h)      ‚Beteiligte‘ Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände.“

5        Art. 4 dieser Verordnung sieht vor:

„…

(3)      Stellt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme, insoweit sie in den Anwendungsbereich des Artikels 107 Absatz 1 AEUV fällt, keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, so beschließt sie, dass die Maßnahme mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (im Folgenden ‚Beschluss, keine Einwände zu erheben‘). In dem Beschluss wird angeführt, welche Ausnahmevorschrift des AEUV zur Anwendung gelangt ist.

(4)      Stellt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, so beschließt sie, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV zu eröffnen (im Folgenden ‚Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens‘).

…“

 Verordnung (EU) Nr. 651/2014

6        Art. 56a der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 [AEUV] (ABl. 2014, L 187, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) 2017/1084 der Kommission vom 14. Juni 2017 (ABl. 2017, L 156, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung 651/2014) bestimmt:

„(1)      Investitionsbeihilfen für Flughäfen sind im Sinne des Artikels 107 Absatz 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt, sofern die in den Absätzen 3 bis 14 dieses Artikels und die in Kapitel I festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2)      Betriebsbeihilfen für Flughäfen sind im Sinne des Artikels 107 Absatz 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt, sofern die in den Absätzen 3, 4, 10 und 15 bis 18 dieses Artikels und die in Kapitel I festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

(6)      Die Investitionsbeihilfen dürfen nicht für Flughäfen gewährt werden, die sich im Umkreis von 100 Kilometern oder 60 Minuten Fahrzeit mit dem Pkw, Bus, Zug oder Hochgeschwindigkeitszug um einen bestehenden Flughafen befinden, vom dem aus ein Linienflugverkehr im Sinne des Artikels 2 Absatz 16 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. 2008, L 293, S. 3)] betrieben wird.

(7)      Die Absätze 5 und 6 sind nicht auf Flughäfen anwendbar, deren durchschnittliches jährliches Passagieraufkommen in den beiden Geschäftsjahren vor der tatsächlichen Beihilfegewährung bis zu 200 000 Passagiere betrug, sofern die Investitionsbeihilfe voraussichtlich nicht dazu führen wird, dass sich das durchschnittliche jährliche Passagieraufkommen des Flughafens in den beiden Geschäftsjahren nach der Beihilfegewährung auf mehr als 200 000 Passagiere erhöht. Die derartigen Flughäfen gewährten Investitionsbeihilfen müssen entweder mit Absatz 11 oder mit den Absätzen 13 und 14 im Einklang stehen.

(8)      Absatz 6 ist nicht auf Fälle anwendbar, in denen die Investitionsbeihilfe für einen Flughafen gewährt wird, der sich im Umkreis von 100 Kilometern um bestehende Flughäfen befindet, von denen aus ein Linienflugverkehr im Sinne des Artikels 2 Absatz 16 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 betrieben wird, sofern die Strecke zwischen jedem dieser anderen bestehenden Flughäfen und dem Flughafen, der die Beihilfe erhält, zwangsläufig per Seeverkehr in einer Gesamtreisezeit von mindestens 90 Minuten oder per Luftverkehr zurückzulegen ist.

…“

 Leitlinien für Luftverkehrsbeihilfen

7        Rn. 25 der Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2014, C 99, S. 3, im Folgenden: Leitlinien für Luftverkehrsbeihilfen) bestimmt:

„25.      Für die Zwecke dieser Leitlinien bezeichnet:

12)      ‚Einzugsgebiet eines Flughafens‘: eine räumliche Marktabgrenzung, die in der Regel bei 100 Kilometern oder rund 60 Minuten Reisezeit mit dem Pkw, Bus, Zug oder Hochgeschwindigkeitszug vorgenommen wird. Das Einzugsgebiet eines bestimmten Flughafens muss dieser Abgrenzung jedoch nicht entsprechen und ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Flughafens festzulegen. Größe und Gestalt des Einzugsgebiets variieren von einem Flughafen zum anderen und hängen von verschiedenen Merkmalen des Flughafens ab, so z. B. vom Geschäftsmodell, dem Standort und den bedienten Zielflughäfen;

…“

8        Die Rn. 114, 115, 131 und 132 der Leitlinien für Luftverkehrsbeihilfen, die zu deren Abschnitt 5.1.2 („Betriebsbeihilfen für Flughäfen“) gehören, sehen vor:

„114. Allerdings leistet der Betrieb mehrerer unrentabler Flughäfen im selben Einzugsgebiet keinen Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse. Befindet sich ein Flughafen im selben Einzugsgebiet wie ein anderer Flughafen mit ungenutzten Kapazitäten, sind im Wirtschaftsplan auf der Grundlage solider Prognosen für das Passagier- und Frachtaufkommen die zu erwartenden Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen an den anderen Flughäfen im selben Einzugsgebiet aufzuzeigen.

115. Daher wird die Kommission Zweifel an den Aussichten eines unrentablen Flughafens auf volle Deckung seiner Betriebskosten am Ende des Übergangszeitraums haben, wenn sich im selben Einzugsgebiet ein weiterer Flughafen befindet.

131. Bei der Prüfung der Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen berücksichtigt die Kommission die Verfälschungen des Wettbewerbs und die Auswirkungen auf den Handel. Befindet sich ein Flughafen im Einzugsgebiet eines anderen Flughafens mit ungenutzten Kapazitäten, sind im Wirtschaftsplan auf der Grundlage solider Prognosen für das Passagier- und Frachtaufkommen die zu erwartenden Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen an den anderen Flughäfen im selben Einzugsgebiet aufzuzeigen.

132. Betriebsbeihilfen für einen Flughafen im selben Einzugsgebiet werden nur dann als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet, wenn der Mitgliedstaat aufzeigt, dass alle Flughäfen im selben Einzugsgebiet in der Lage sein werden, am Ende des Übergangszeitraums volle Betriebskostendeckung zu erreichen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

9        Am 7. April 2017 teilte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission ihre Absicht mit, dem Flughafen Frankfurt-Hahn wegen seines defizitären Zustands in aufeinanderfolgenden Tranchen zwischen 2018 und 2022 eine Betriebsbeihilfe zu gewähren (im Folgenden: in Rede stehende Beihilfe). Dieser Flughafen wird von der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (im Folgenden: FFHG) betrieben.

10      Mit dem streitigen Beschluss entschied die Kommission im Wesentlichen, dass kein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen sei, weil die in Rede stehende Beihilfe, obwohl sie eine „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Die Kommission begründete diesen Beschluss insbesondere mit dem Vorbringen, dass es im Einzugsgebiet des Flughafens Frankfurt-Hahn, dem Begünstigten dieser Beihilfe, keine weiteren Flughäfen gebe.

11      Vor Erlass des streitigen Beschlusses hatte die Kommission zwei Beschlüsse zu Maßnahmen erlassen, die die Bundesrepublik Deutschland zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und zugunsten von Ryanair getroffen hatte: erstens den Beschluss (EU) 2016/788 vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.32833 (11/C) (ex 11/NN) Deutschlands betreffend die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn im Zeitraum 2009‑2011 (ABl. 2016, L 134, S. 1), der Gegenstand einer Nichtigkeitsklage war, die vom Gericht mit Beschluss vom 17. Mai 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑764/15, EU:T:2019:349), abgewiesen wurde, sowie zweitens den Beschluss (EU) 2016/789 vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.21121 (C 29/08) (ex NN 54/07) Deutschlands über die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn und die finanziellen Beziehungen zwischen dem Flughafen und Ryanair (ABl. 2016, L 134, S. 46), um den es in einer Nichtigkeitsklage ging, die mit Urteil des Gerichts vom 12. April 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑492/15, EU:T:2019:252), abgewiesen wurde. Die gegen diese beiden Entscheidungen des Gerichts eingelegten Rechtsmittel wurden vom Gerichtshof mit den Urteilen vom 15. Juli 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission (C‑453/19 P, EU:C:2021:608), und vom 20. Januar 2022, Deutsche Lufthansa/Kommission (C‑594/19 P, EU:C:2022:40), zurückgewiesen.


12      Darüber hinaus beschloss die Kommission am 26. Oktober 2018 aufgrund einer unter dem Aktenzeichen SA.43260 registrierten Beschwerde von DLH hinsichtlich anderer Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und zugunsten von Ryanair, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen. Dieser Beschluss wurde am 13. September 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2019, C 310, S. 5) veröffentlicht (im Folgenden: Beschluss Hahn IV).

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

13      Mit Klageschrift, die am 29. März 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Fluggesellschaft DLH Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

14      DLH machte vor dem Gericht im Wesentlichen einen einzigen Klagegrund geltend, der sich in drei Teile gliederte: erstens, die Kommission habe wesentliche Tatsachen der ihr unterbreiteten Sache nicht berücksichtigt, zweitens, die Kommission habe andere Beihilfen, die dem Flughafen Frankfurt-Hahn bereits gewährt worden seien, nicht berücksichtigt und drittens, der Kommission seien Beurteilungsfehler unterlaufen.

15      Mit dem angefochtenen Urteil entschied das Gericht zunächst, dass die von DLH erhobene Klage zulässig sei. In der Sache befand das Gericht, dass die Kommission hinsichtlich des Einzugsgebiets des Flughafens Frankfurt-Hahn nicht sämtliche nach den Leitlinien für Luftverkehrsbeihilfen für ihre Beurteilung vorgeschriebenen Kriterien ordnungsgemäß berücksichtigt habe. Mithin habe die sich hieraus ergebende „unzureichend[e] und unvollständig[e]“ Prüfung der Kommission nicht erlaubt, sich in die Lage zu versetzen, alle Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu beseitigen. Unter Zurückweisung aller anderen von DLH geltend gemachten Rügen gab das Gericht somit dem dritten Teil des einzigen Klagegrundes von DLH teilweise statt und erklärte den streitigen Beschluss deshalb für nichtig.

 Anträge der Parteien

 Rechtsmittelanträge

16      Das Land beantragt mit seinem Rechtsmittel,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage endgültig abzuweisen;

–        DLH die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

17      DLH beantragt,

–        das Rechtsmittel als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen;

–        dem Land die Kosten aufzuerlegen.

18      Die Kommission beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die Klage als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet abzuweisen;

–        DLH die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

 Anträge im Rahmen des Anschlussrechtsmittels von DLH

19      Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt DLH,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht die zweite Rüge des ersten Teils ihres einzigen Klagegrundes zurückgewiesen hat;

–        dem Land die Kosten aufzuerlegen.

20      Das Land beantragt,

–        das Anschlussrechtsmittel von DLH zurückzuweisen;

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage „endgültig ab[zu]weisen“;

–        DLH die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

21      Die Kommission beantragt,

–        das Anschlussrechtsmittel von DLH als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen;

–        DLH die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

 Anträge im Rahmen des Anschlussrechtsmittels der Kommission

22      Mit ihrem Anschlussrechtsmittel beantragt die Kommission,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        die Klage als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet abzuweisen;

–        DLH die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

23      DLH beantragt,

–        das Anschlussrechtsmittel der Kommission als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

24      Das Land beantragt,

–        dem Anschlussrechtsmittel der Kommission stattzugeben;

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage „endgültig ab[zu]weisen“;

–        DLH die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

 Zum Antrag auf Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils

25      Mit Antrag vom 10. September 2021 hat das Land die Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Urteils beantragt.

26      Mit Beschluss vom 30. November 2021, Land Rheinland-Pfalz/Deutsche Lufthansa (C‑466/21 P‑R, EU:C:2021:972), hat der Vizepräsident des Gerichtshofs diesen Antrag zurückgewiesen.

 Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

27      Nach der Verlesung der Schlussanträge des Generalanwalts hat DLH mit zwei Schriftsätzen, die am 6. April 2023 und am 11. Juli 2023 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen sind, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt.

28      Zur Stützung ihres Antrags macht DLH das Vorliegen neuer Tatsachen geltend, von denen sie vor der Verlesung der Schlussanträge keine Kenntnis gehabt habe. Zum einen habe das Land in einem laufenden Verfahren zwischen der DLH und dem Land vor dem Landgericht Köln (Deutschland), bei dem es um die Rückforderung der den im Beschluss Hahn IV genannten Maßnahmen entsprechenden Beträge gehe, einen Schriftsatz eingereicht. In diesem Schriftsatz bringe das Land vor, dass Ryanair und DLH in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stünden. Zum anderen gebe es ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (Deutschland), in dem anerkannt worden sei, dass die dem Flughafen Frankfurt‑Hahn gewährten Beihilfen eine Quersubventionierung zugunsten von Ryanair darstellten, was bestätige, dass DLH durch diese Beihilfen unmittelbar und individuell betroffen sei.

29      Nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für seine Entscheidung ist.

30      Im vorliegenden Fall lassen die Anträge von DLH jedoch keine neue Tatsache erkennen, die von entscheidender Bedeutung für die vom Gerichtshof zu erlassende Entscheidung wäre.

31      Unter diesen Umständen gelangt der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts zu der Auffassung, dass kein Grund besteht, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zu beschließen.

 Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels und des Anschlussrechtsmittels der Kommission

 Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels

 Vorbringen der Parteien

32      DLH hält das Rechtsmittel für unzulässig, da erstens das vom Land als Nachweis einer Vollmacht für seinen Vertreter vorgelegte Dokument zu alt und allgemein sei und keinen Hinweis darauf enthalte, wer vertreten werden solle, auch wenn es im Namen des Landes unterzeichnet worden sei. Zweitens sei das Land nur im Hinblick auf seine Verpflichtung zur Rückforderung der FFHG bereits gewährten Tranchen der in Rede stehenden Beihilfe sowie der Verpflichtung, künftig keine solchen Tranchen mehr zu zahlen, vom angefochtenen Urteil unmittelbar betroffen. Das Land habe sich jedoch geweigert, dieser Verpflichtung nachzukommen. Die Einlegung des Rechtsmittels sei daher missbräuchlich. Drittens führe das angefochtene Urteil nicht zu einer Veränderung der Rechtsstellung des Landes; dieses versuche in Wirklichkeit, die Interessen der FFHG, deren neuer Anteilseigner und der Ryanair zu schützen. Viertens habe das Land kein Rechtsschutzinteresse, da ihm die Aufhebung des angefochtenen Urteils keinen Vorteil verschaffe.

33      In ihrer Gegenerwiderung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat DLH schließlich zum einen geltend gemacht, dass das Rechtsmittel die Rechtskraft des Beschlusses des Gerichts vom 17. Mai 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑764/15, EU:T:2019:349), verkenne, und zum anderen, dass das Land kein Rechtsschutzinteresse mehr habe, da die FFHG die Zahlung des Restbetrags der in Rede stehenden Beihilfe aufgrund ihrer aktuellen wirtschaftlichen Situation nicht mehr erhalten könne.

34      Das Land und die Kommission machen geltend, dass das Vorbringen von DLH zurückzuweisen sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

35      Was erstens das Vorbringen von DLH in ihrer Gegenerwiderung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof betrifft, wonach das Rechtsmittel unzulässig sei, da es darauf abziele, die Rechtskraft des Beschlusses vom 14. Dezember 2017, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑764/15, EU:T:2017:933), in Frage zu stellen, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 127 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Laufe des Verfahrens unzulässig ist, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

36      Da das Vorbringen zur Rechtskraft des Beschlusses vom 14. Dezember 2017, Deutsche Lufthansa/Kommission (T‑764/15, EU:T:2017:933), von DLH nicht in ihrer Rechtsmittelbeantwortung geltend gemacht worden ist und nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, ist dieses Vorbringen als verspätet und somit als unzulässig zurückzuweisen.

37      Zweitens geht aus Art. 56 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor, dass andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Organe der Europäischen Union gegen eine Entscheidung des Gerichts ein Rechtsmittel einlegen können, wenn diese Entscheidung sie unmittelbar berührt.

38      Im vorliegenden Fall hat das Land, Streithelfer vor dem Gericht, in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass das angefochtene Urteil es unmittelbar berührt.

39      Wie das Land in seiner Rechtsmittelschrift ausführt, hat dieses Urteil nämlich zum einen zur Folge, dass das Land verpflichtet wird, die FFHG bereits zugewiesenen Tranchen der in Rede stehenden Beihilfe zurückzufordern, und zum anderen, dass es dem Land untersagt wird, künftig neue Tranchen dieser Beihilfe auszuzahlen.

40      Das von DLH in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof vorgebrachte Argument, dass FFHG angesichts des nunmehr über sie eröffneten Insolvenzverfahrens die verbleibenden Tranchen der in Rede stehenden Beihilfe jedenfalls nicht mehr erhalten könne, kann an dieser Schlussfolgerung nichts ändern. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde das angefochtene Urteil das Land nämlich nach wie vor verpflichten, jedenfalls die Tranchen der in Rede stehenden Beihilfe zurückzufordern, die es bereits an FFHG gezahlt hat.

41      Außerdem vermag der Umstand, dass das Land nicht alle im angefochtenen Urteil angeordneten Maßnahmen ergriffen hat, selbst wenn er erwiesen wäre, nichts an den Feststellungen in den Rn. 39 und 40 des vorliegenden Urteils zu ändern; diese reichen aus, um darzutun, dass das Land von dem angefochtenen Urteil unmittelbar berührt ist und daher ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil einlegen kann, ohne dass darüber hinaus geprüft zu werden braucht, ob diese Partei ein Rechtsschutzinteresse hat.

42      Drittens sieht die Vollmacht des Vertreters des Landes ausdrücklich vor, dass dieser das Land in Beihilfeverfahren vor den Unionsgerichten vertreten kann. Außerdem behauptet DLH nicht und weist erst recht nicht nach, dass diese Vollmacht, obwohl sie am 7. Juni 2019 erteilt wurde, nicht mehr gültig ist. Folglich erfüllt diese Vollmacht die Voraussetzungen von Art. 44 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. Februar 2018, mobile.de/EUIPO, C‑418/16 P, EU:C:2018:128, Rn. 34 und 39).

43      Daher ist das Rechtsmittel des Landes zulässig.

 Zur Zulässigkeit des Anschlussrechtsmittels der Kommission

 Vorbringen der Parteien

44      DLH macht geltend, das Anschlussrechtsmittel der Kommission sei unzulässig, da es erstens entgegen Art. 177 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs nicht das Datum angebe, an dem die Rechtsmittelschrift des Landes der Kommission zugestellt worden sei.

45      Zweitens verstoße das Anschlussrechtsmittel der Kommission gegen Art. 178 Abs. 3 Satz 2 dieser Verfahrensordnung, da es in wesentlichen Teilen mit dem von der Kommission als Rechtsmittelbeantwortung eingereichten Schriftsatz deckungsgleich sei.

46      Drittens sei das Anschlussrechtsmittel unzulässig, weil das Rechtsmittel selbst unzulässig sei.

47      Viertens sei die Einlegung des Anschlussrechtsmittels rechtsmissbräuchlich, da die Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet habe, obwohl DLH ihr mitgeteilt habe, dass nach dem Erlass des Beschlusses Hahn IV weder FFHG noch das Land die betreffenden Beihilfen von Ryanair zurückgefordert hätten, damit die entsprechenden Beträge auf ein Sperrkonto übertragen würden.

48      Nach Ansicht der Kommission und des Landes ist das Vorbringen von DLH zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

49      Was erstens das Vorbringen von DLH betrifft, das Anschlussrechtsmittel der Kommission sei unzulässig, weil auch das Rechtsmittel des Landes unzulässig sei, genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen in Anbetracht der Feststellungen in den Rn. 35 bis 43 des vorliegenden Urteils zurückzuweisen ist.

50      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass nach den Art. 172 und 174 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Parteien der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, die ein Interesse an der Stattgabe oder der Zurückweisung des Rechtsmittels haben, eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen können, deren Anträge auf die vollständige oder teilweise Stattgabe oder Zurückweisung des Rechtsmittels gerichtet sein müssen. Diese Parteien können nach Art. 176 und Art. 178 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung auch ein Anschlussrechtsmittel einlegen, das mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrennten Schriftsatz einzulegen ist; die Anträge des Anschlussrechtsmittels müssen auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts gerichtet sein und sich auf Rechtsgründe und ‑argumente stützen, die sich von den in der Rechtsmittelbeantwortung geltend gemachten Gründen und Argumenten unterscheiden (Beschluss vom 7. Dezember 2017, Eurallumina/Kommission, C‑323/16 P, EU:C:2017:952, Rn. 30, und Urteil vom 3. September 2020, Vereniging tot Behoud van Natuurmonumenten in Nederland u. a./Kommission, C‑817/18 P, EU:C:2020:637, Rn. 47).

51      Aus einer Gesamtbetrachtung dieser Bestimmungen ergibt sich, dass die Rechtsmittelbeantwortung nicht auf die Aufhebung der Entscheidung des Gerichts aus anderen als den in der Rechtsmittelschrift geltend gemachten und von ihnen autonomen Gründen gerichtet sein kann, da solche Gründe nur im Rahmen eines Anschlussrechtsmittels geltend gemacht werden können (Urteil vom 3. September 2020, Vereniging tot Behoud van Natuurmonumenten in Nederland u. a./Kommission, C‑817/18 P, EU:C:2020:637, Rn. 48). Hieraus ergibt sich auch, dass das Anschlussrechtsmittel grundsätzlich andere als die von derselben Partei in der Beantwortung des Rechtsmittels geltend gemachten und von diesen autonome Gründe enthalten muss.

52      Im vorliegenden Fall überschneiden sich mehrere von der Kommission im Anschlussrechtsmittel geltend gemachte Gründe teilweise mit den Argumenten, die die Kommission in ihrer Rechtsmittelbeantwortung zur Stützung des Rechtsmittels des Landes vorgebracht hat.

53      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission mit ihrem Anschlussrechtsmittel selbst die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt und Rechtsmittelgründe geltend macht, die teils autonom und andere sind als die mit dem Rechtsmittel geltend gemachten Gründe. Nach den in Rn. 50 des vorliegenden Urteils angeführten Regeln konnte in ihrer Rechtsmittelbeantwortung ein solcher Antrag nicht gestellt und solche Gründe nicht geltend gemacht werden, so dass die Kommission ein Anschlussrechtsmittel im Einklang mit diesen Regeln eingelegt hat. Unter diesen Umständen kann ihr nicht vorgeworfen werden, in ihrem Anschlussrechtsmittel sämtliche zur Stützung ihres Antrags auf Aufhebung des angefochtenen Urteils geltend gemachten Gründe einschließlich derjenigen, die auch in ihrer Rechtsmittelbeantwortung geltend gemacht worden sind, dargelegt zu haben, anstatt die Darstellung ihrer Gründe zwischen diesem Anschlussrechtsmittel und der Rechtsmittelbeantwortung aufzuteilen, wodurch die Kohärenz ihrer Erwägungen beeinträchtigt würde (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 7. Dezember 2017, Eurallumina/Kommission, C‑323/16 P, EU:C:2017:952, Rn. 31).

54      Drittens ist in einem Anschlussrechtsmittel gemäß Art. 177 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs das Datum anzugeben, an dem die Rechtsmittelschrift der Partei, die das Anschlussrechtsmittel einlegt, zugestellt worden ist. DLH weist jedoch darauf hin, dass diese Angabe in dem von der Kommission in der vorliegenden Rechtssache eingelegten Anschlussrechtsmittel nicht enthalten sei.

55      Zwar trifft es zu, dass diese Angabe nicht in der Anschlussrechtsmittelschrift enthalten ist, jedoch steht fest, dass das Datum, an dem die Rechtsmittelschrift der Kommission zugestellt wurde, nämlich der 5. August 2021, in der von der Kommission eingereichten Rechtsmittelbeantwortung, die DLH und dem Land zugestellt worden ist, ausdrücklich genannt wird. Außerdem wird nicht bestritten, dass die Kommission das Anschlussrechtsmittel fristgerecht eingelegt hat.

56      Daraus folgt, dass der Umstand, dass die Kommission es unterlassen hat, in ihr Anschlussrechtsmittel die in Art. 177 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgesehene Angabe aufzunehmen, keinen Fehler darstellt, der zur Unzulässigkeit dieses Anschlussrechtsmittels führen kann, da die anderen Parteien in die Lage versetzt worden sind, zu überprüfen, dass das Anschlussrechtsmittel innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Rechtsmittelschrift eingelegt worden ist.

57      Entgegen dem Vorbringen von DLH in ihrer Gegenerwiderung zum Rechtsmittel kann der Umstand, dass die Anträge der Rechtsmittelbeantwortung der Kommission auf die Aufhebung des angefochtenen Urteils gerichtet sind und nicht, wie es Art. 174 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorschreibt, auf die vollständige oder teilweise Stattgabe oder Zurückweisung des Rechtsmittels abzielen, an diesem Ergebnis nichts ändern. Dieser Fehler führt nämlich nur zur Unzulässigkeit des Antrags, mit dem die Kommission in ihrer Rechtsmittelbeantwortung die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 21).

58      Schließlich kann der Umstand, dass das Land nicht die erforderlichen Schritte unternommen hat, um dem angefochtenen Urteil oder dem Beschluss Hahn IV nachzukommen, selbst wenn er erwiesen wäre, nicht zur Unzulässigkeit des Anschlussrechtsmittels der Kommission führen, das auf die Aufhebung dieses Urteils gerichtet ist.

59      Das Anschlussrechtsmittel der Kommission ist daher zulässig.

 Zur Begründetheit des Rechtsmittels und des Anschlussrechtsmittels der Kommission

 Vorbemerkungen

60      Das Land stützt sein Rechtsmittel auf fünf Gründe; mit diesen rügt es erstens einen Verstoß gegen Art. 263 Abs. 4 AEUV und einen Begründungsmangel, zweitens einen Rechtsfehler bei der Beurteilung des Einzugsgebiets des Flughafens Frankfurt-Hahn, drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz ne ultra petita, viertens eine Verkennung der Voraussetzungen, unter denen die Kommission von der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV absehen kann, und fünftens einen Verstoß gegen Art. 264 AEUV.

61      Zur Stützung ihres Anschlussrechtsmittels macht die Kommission sechs Gründe geltend: erstens einen Verstoß gegen Art. 263 AEUV, zweitens einen Verstoß gegen die Beweislastregeln sowie die Pflicht, auf das Vorbringen der Parteien einzugehen und sie anzuhören, drittens die Anwendung eines falschen Kriteriums bei der Prüfung der Gültigkeit von Beschlüssen der Kommission, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV nicht zu eröffnen, viertens eine fehlerhafte Auslegung der Leitlinien für Luftverkehrsbeihilfen, fünftens einen Verstoß gegen die Beweislastregeln und sechstens einen Verstoß gegen die Verfahrensordnung des Gerichts, eine fehlerhafte Prüfung von Amts wegen und eine Verfälschung eines Beweismittels.

 Zu den Gründen, mit denen die fehlende Klagebefugnis von DLH gerügt wird

 Vorbringen der Parteien

–       Zum ersten Rechtsmittelgrund

62      Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund wirft das Land dem Gericht vor, gegen Art. 263 Abs. 4 AEUV und seine Begründungspflicht verstoßen zu haben.

63      Mit dem zweiten Teil seines ersten Rechtsmittelgrundes macht das Land insbesondere geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es in den Rn. 62 und 86 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass sich aus der Prüfung der Klageschrift insgesamt ergebe, dass DLH vor ihm eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend gemacht habe. DLH habe in ihrer Klageschrift nämlich lediglich Fehler gerügt, die der Kommission bei der Genehmigung der in Rede stehenden Beihilfe unterlaufen seien. Indem sich das Gericht auf die Feststellung beschränkt habe, dass sich das Vorbringen eines solchen Verstoßes aus der Prüfung der Klageschrift insgesamt ergebe, habe es zudem seine Begründungspflicht verletzt.

64      Die Kommission ist zum einen der Ansicht, das Gericht habe den Inhalt der Klageschrift verfälscht oder ihn zumindest rechtsirrtümlich ausgelegt, indem es festgestellt habe, dass die Klageschrift einen einzigen Klagegrund enthalte, mit dem die Verletzung der Verfahrensrechte von DLH gerügt werde, obwohl sie in Wirklichkeit mehrere Klagegründe enthalte. Zum anderen verstoße die Behauptung des Gerichts in den Rn. 59, 62 und 86 des angefochtenen Urteils, es genüge, wenn mit der Klage oder der Klageschrift insgesamt eine Verletzung der Verfahrensrechte geltend gemacht werde, gegen Art. 263 Abs. 4 AEUV.

65      DLH entgegnet, sie habe in den Rn. 55 ff. ihrer Klageschrift ausdrücklich die Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend gemacht; dieser Gesichtspunkt sei sogar im Gegenstand ihrer Klage und in den zu deren Stützung geltend gemachten Gründen genannt worden, wie Rn. 14 der Klageschrift belege.

–       Zum zweiten Anschlussrechtsmittelgrund der Kommission

66      Mit ihrem zweiten Anschlussrechtsmittelgrund macht die Kommission, unterstützt durch das Land, geltend, das Gericht habe die Beweislastregeln sowie seine Pflicht, die vorgetragenen Argumente der Parteien zu beantworten und die Parteien anzuhören, verletzt.

67      Mit dem ersten Teil dieses zweiten Anschlussrechtsmittelgrundes macht die Kommission geltend, DLH habe vor dem Gericht niemals dazu vorgetragen, dass die Flughäfen Frankfurt-Hahn und Frankfurt am Main in Wettbewerb miteinander stünden oder dass sich die Beihilfen für den Flughafen Frankfurt-Hahn auf den Flughafen Frankfurt am Main auswirken könnten.

68      Rn. 50 des angefochtenen Urteils sei daher mit einem Rechtsfehler behaftet, da das Gericht auf eine Behauptung Bezug nehme, die DLH vor ihm nicht vorgebracht habe und deren Richtigkeit es jedenfalls nicht geprüft habe.

69      In den Rn. 52 bis 54 des angefochtenen Urteils sei das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Ryanair Wettbewerbsdruck auf DLH ausübe, der ohne die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfe an FFHG geringer wäre, ohne die von DLH und von der Kommission vorgelegten Beweise zu prüfen; dies verstoße ebenfalls gegen die Beweislastregeln.

70      DLH entgegnet, sie habe in ihrer Klageschrift nachgewiesen, dass die beiden betroffenen Flughäfen miteinander in Wettbewerb stünden. Die Wettbewerbssituation liege schon darin begründet, dass sich die Einzugsgebiete dieser Flughäfen überschnitten; dieser Umstand werde in den Rn. 43 und 117 ff. der Klageschrift genannt. Darüber hinaus habe sie in Rn. 43 der Klageschrift geltend gemacht, dass zwischen diesen Flughäfen auf den von ihnen aus angebotenen Flugverbindungen Wettbewerb bestehe.

71      Außerdem könne die Kommission den vom Gericht festgestellten Umstand, dass die Flughäfen Frankfurt am Main und Frankfurt-Hahn miteinander in Wettbewerb stünden, nicht bestreiten, da sich ein Anschlussrechtsmittel auf Rechtsgründe beschränke.

72      Hilfsweise habe DLH nachgewiesen, dass der Flughafen Frankfurt-Hahn Wettbewerbsdruck auf den Flughafen Frankfurt am Main ausgeübt habe, so dass dieser es Ryanair ermöglicht habe, im März 2017 eine Basis zu eröffnen.

73      Mit dem zweiten Teil ihres zweiten Anschlussrechtsmittelgrundes wirft die Kommission dem Gericht vor, in den Rn. 52 und 53 des angefochtenen Urteils festgestellt zu haben, dass Ryanair und DLH bei den von Ryanair vom Flughafen Frankfurt-Hahn aus angebotenen Flügen und den von DLH vom Flughafen Frankfurt am Main aus durchgeführten Flügen zu denselben Zielorten Wettbewerber seien. Die Kommission habe aber vor dem Gericht geltend gemacht, dass DLH mit ihren Flügen vom Flughafen Frankfurt am Main aus das „Premiumsegment“ und Umsteigepassagiere bediene, während Ryanair Billigflüge im Point-to-Point-Verkehr bediene. Die Kommission habe auch dargelegt, dass die von DLH vorgelegten angeblichen Beweise keine Angaben zur Entwicklung der Passagierzahlen und der Preise enthielten, und dass erhebliche Zweifel daran bestanden hätten, welche Strecken tatsächlich von DLH bedient worden seien, und zu welchem Zeitpunkt. Da dieses Vorbringen der Kommission von großer Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens sei, hätte das Gericht darauf antworten müssen.

74      DLH entgegnet, das Gericht sei nicht verpflichtet, vor ihm geltend gemachte Argumente zu berücksichtigen, sondern lediglich, sicherzustellen, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt werde.

 Würdigung durch den Gerichtshof

75      Da der streitige Beschluss an die Bundesrepublik Deutschland und nicht an DLH gerichtet war, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 263 Abs. 4 AEUV zwei Varianten vorsieht, in denen einer natürlichen oder juristischen Person die Klagebefugnis für eine Klage gegen eine nicht an sie gerichtete Unionshandlung zuerkannt wird. Zum einen kann eine derartige Klage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (Urteil vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 33 des angefochtenen Urteils befunden hat, es sei ausgeschlossen, dass es sich bei dem streitigen Beschluss um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter handele, da er eine individuelle Beihilfe betreffe. Diese Feststellung wird im Übrigen im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel nicht bestritten.

77      Zu der Frage, ob DLH von dem streitigen Beschluss im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV „unmittelbar und individuell“ betroffen ist, ergibt sich sodann aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine Person, die nicht Adressat eines Beschlusses ist, nur dann geltend machen kann, von ihm individuell betroffen zu sein, wenn der Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten eines solchen Beschlusses (vgl. u. a. Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 238, und vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 51).

78      Da die Klage im ersten Rechtszug einen beihilferechtlichen Kommissionsbeschluss betroffen hat, ist auch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu ermöglichen, und der in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten Prüfungsphase zu unterscheiden ist. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der AEU‑Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. u. a. Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 94, sowie vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 52).

79      Daraus folgt, wie das Gericht in Rn. 36 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, dass, wenn die Kommission, ohne das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, mit einem Beschluss auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 3 AEUV feststellt, dass eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, die Personen, denen diese Verfahrensgarantien zugutekommen, deren Beachtung nur durchsetzen können, wenn sie die Möglichkeit haben, diesen Beschluss vor dem Unionsrichter anzufechten. Deshalb ist eine Klage auf Nichtigerklärung eines solchen Beschlusses, die von einem „Beteiligten“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, zulässig, wenn der Kläger mit der Erhebung der Klage die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach der letztgenannten Bestimmung zustehen (vgl. u. a. Urteil vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Die Definition des Beteiligtenbegriffs, wie sie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, wurde vom Unionsgesetzgeber in Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) kodifiziert, der durch Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 ersetzt wurde. Nach der Definition in dieser Bestimmung sind „Beteiligte“ „Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände“ (Urteil vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 58).

81      Im vorliegenden Fall steht fest, dass der streitige Beschluss am Ende der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2015/1589 erlassen wurde und somit, ohne dass das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 4 der Verordnung 2015/1589 eröffnet worden wäre.

82      Das Gericht hat daher zu Recht festgestellt, dass die von DLH erhobene Klage als zulässig angesehen werden kann, sofern diese Fluggesellschaft zum einen nachgewiesen hat, eine „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 zu sein, und zum anderen eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend gemacht hat.

83      Das Land und die Kommission sind jedoch der Ansicht, dass das Gericht in den Rn. 32 bis 64 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden habe, dass beide Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt seien.

–       Zur Beteiligteneigenschaft von DLH

84      In den Rn. 39 bis 56 des angefochtenen Urteils hat das Gericht befunden, dass DLH eine „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 sei.

85      Insoweit ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass sich der Beteiligtenbegriff im Sinne dieser Bestimmung, auch wenn er insbesondere Unternehmen, die mit dem Beihilfeempfänger in Wettbewerb stehen, umfasst, gleichwohl, wie vom Gericht in Rn. 44 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, auf eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten bezieht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 63, und vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 59).

86      So geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass ein Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des Beihilfeempfängers ist, gleichwohl als „Beteiligter“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 eingestuft werden kann, sofern es geltend macht, dass seine Interessen aufgrund der Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt sein könnten, was verlangt, dass dieses Unternehmen in rechtlich hinreichender Weise dartut, dass sich die Beihilfe auf seine Situation konkret auswirken kann. Die Beteiligteneigenschaft setzt daher nicht notwendigerweise ein Wettbewerbsverhältnis voraus (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 64 und 65, vom 2. September 2021, Ja zum Nürburgring/Kommission, C‑647/19 P, EU:C:2021:666, Rn. 58, sowie vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 60).

87      Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 55 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass sich die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfe auf die Situation von DLH konkret auswirken könne, was zum einen den Betrieb des Flughafens Frankfurt am Main, ihres wichtigsten Drehkreuzflughafens, angehe und zum anderen den Wettbewerb im Hinblick auf die Zielorte der Flüge betreffe, die DLH von diesem Flughafen aus anbiete.

88      Konkret hat das Gericht erstens in Rn. 50 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die in Rede stehende Beihilfe die Wettbewerbsstellung des Flughafens Frankfurt am Main beeinträchtigen könne.

89      Wie die Kommission jedoch im ersten Teil ihres zweiten Anschlussrechtsmittelgrundes zu Recht ausführt, geht aus der Klageschrift nicht hervor, dass DLH ein solches Argument zur Begründung ihrer Klagebefugnis vorgebracht hätte. Wie in Rn. 86 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist es aber allein Sache des Klägers, darzutun, dass sich die in Rede stehende Beihilfe auf seine Situation konkret auswirken kann.

90      Daher weist Rn. 50 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler auf.

91      Zweitens hat das Gericht in den Rn. 51 bis 54 des angefochtenen Urteils hervorgehoben, dass die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfe dadurch, dass sie FFHG die Weiterführung ihrer Tätigkeiten ermöglicht habe, Ryanair die Möglichkeit geboten habe, vom Flughafen Frankfurt-Hahn aus Wettbewerbsdruck auf DLH aufrechtzuerhalten. Diese Feststellung beruht darauf, dass diese beiden Fluggesellschaften Wettbewerber seien, da sie von den Flughäfen Frankfurt-Hahn und Frankfurt am Main aus Flüge zu denselben Zielorten anböten, was, wie in Rn. 51 des angefochtenen Urteils ausgeführt wird, durch die von DLH in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht vorgelegten Listen mit Zielorten belegt werde.

92      Aus Rn. 51 des angefochtenen Urteils geht somit ausdrücklich hervor, dass das Gericht die von DLH vorgelegten Beweise berücksichtigt hat. Dagegen geht, wie die Kommission im zweiten Teil des zweiten Anschlussrechtsmittelgrundes ausführt, aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor, dass das Gericht die von der Kommission u. a. in den Rn. 33 bis 40 ihrer Gegenerwiderung vor dem Gericht vorgebrachten Argumente berücksichtigt hätte, mit denen die Relevanz der von DLH vorgelegten Beweise für die Beurteilung des Bestehens eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dieser Fluggesellschaft und Ryanair in Frage gestellt werden sollte.

93      Insoweit ist zum einen festzustellen, dass sich im Rechtsmittelverfahren die Kontrolle durch den Gerichtshof insbesondere darauf richtet, zu prüfen, ob das Gericht auf alle vom Kläger vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist, und zum anderen, dass mit dem Rechtsmittelgrund, mit dem geltend gemacht wird, das Gericht sei auf im ersten Rechtszug vorgebrachte Argumente nicht eingegangen, im Wesentlichen ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird, die sich aus Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 der Satzung für das Gericht entsprechend gilt, und Art. 117 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 29, vom 29. September 2022, ABLV Bank/SRB, C‑202/21 P, EU:C:2022:734, Rn. 106, und vom 2. Februar 2023, Spanien u. a./Kommission, C‑649/20 P, C‑658/20 P und C‑662/20 P, EU:C:2023:60, Rn. 118).

94      Zwar ist das Gericht nicht verpflichtet, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln; die Begründung des Gerichts kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erkennen, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 96, sowie vom 1. Dezember 2022, EUIPO/Vincenti, C‑653/20 P, EU:C:2022:945, Rn. 47).

95      Da im vorliegenden Fall mit den von der Kommission vorgelegten Angaben die Relevanz der von DLH vorgelegten Angaben in Frage gestellt werden sollte, hätte das Gericht, um seiner Begründungspflicht zu genügen, die Gründe darlegen müssen, aus denen es der Auffassung gewesen ist, dass diese Beweise nicht geeignet seien, seine auf die von DLH vorgelegten Beweise gestützte Beurteilung in Frage zu stellen, wonach diese Fluggesellschaft und Ryanair auf demselben Markt für die Beförderung von Fluggästen tätig und daher Wettbewerber seien.

96      Nach alledem hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen und gegen seine Begründungspflicht verstoßen, als es festgestellt hat, dass DLH „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 sei.

97      Daher ist dem ersten und dem zweiten Teil des zweiten Anschlussrechtsmittelgrundes der Kommission stattzugeben.

–       Zu der von DLH geltend gemachten Verletzung ihrer Verfahrensrechte

98      Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellung des Gerichts in Rn. 64 des angefochtenen Urteils, wonach DLH mit ihrer Klage eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend gemacht habe, auf den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 62 und 63 dieses Urteils beruht.

99      Das Gericht hat in Rn. 62 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich „[a]us der Prüfung der Klageschrift insgesamt [ergibt]“, dass die von DLH erhobene Klage „auf die Nichtigerklärung des Beschlusses, keine Einwände zu erheben, gerichtet ist, und zwar unter Berufung darauf, dass in [diesem] Beschluss keine vollständige Prüfung der [in Rede stehenden] Beihilfe vorgenommen werde; dies beeinträchtige [DLH], da sie eine Beteiligte sei, und verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör sowie ihre Verfahrensrechte“.

100    In Rn. 63 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ferner ausgeführt, dass, „[d]a es sich … um eine Klage handelt, mit der die Rechtmäßigkeit des ohne Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Beschlusses in Abrede gestellt wird, … alle von [DLH] im einzigen Klagegrund vorgebrachten Argumente zu prüfen [sind], um zu beurteilen, ob sie ernsthafte Schwierigkeiten erkennen lassen, angesichts deren die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen“.

101    Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Unionsrichters ist, eine Klage, mit der ausschließlich die Begründetheit einer Entscheidung über die Beurteilung der in Rede stehenden Beihilfemaßnahme als solche in Frage gestellt wird, dahin auszulegen, dass sie in Wirklichkeit auf die Wahrung der dem Kläger nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zustehenden Verfahrensrechte abzielt, wenn der Kläger nicht ausdrücklich einen darauf gerichteten Klagegrund vorgebracht hat, da sonst der Gegenstand dieser Klage verändert würde (Urteil vom 2. September 2021, Ja zum Nürburgring/Kommission, C‑647/19 P, EU:C:2021:666, Rn. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung).

102    Das Vorbringen des Klägers, mit dem speziell dargetan werden soll, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen, ist jedoch zulässig, wenn die Klage, zu deren Stützung diese Argumente vorgebracht werden, tatsächlich auf die Nichtigerklärung des Beschlusses, kein solches Verfahren zu eröffnen, gerichtet ist und der Kläger nach dem Wortlaut der Klageschrift geltend macht, dass ihm aufgrund der Nichteröffnung des Prüfverfahrens die Verfahrensgarantien nicht zugutegekommen seien, auf die er Anspruch habe (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2011, Belgien/Deutsche Post und DHL International, C‑148/09 P, EU:C:2011:603, Rn. 61 bis 63).

103    Im vorliegenden Fall trifft es erstens zu, dass, wie das Gericht in Rn. 62 des angefochtenen Urteils hervorgehoben hat, die von DLH bei ihm erhobene Klage auf die Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission gerichtet war, kein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen.

104    Allerdings ist zweitens hervorzuheben, dass das Gericht, wie der Generalanwalt in Nr. 98 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, seine Begründungspflicht verletzt hat, indem es sich in Rn. 62 seines Urteils auf die Feststellung beschränkt hat, dass sich aus der Prüfung der Klageschrift insgesamt ergebe, dass DLH eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend mache. Das Gericht hätte vielmehr ausdrücklich die Randnummern der Klageschrift bezeichnen müssen, auf die es sich gestützt hat, um diese Beurteilung vorzunehmen, damit den Parteien, wie in Rn. 94 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ermöglicht wird, die Gründe zu erkennen, aus denen das Gericht so entschieden hat, und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

105    Drittens war das Gericht, wie auch der Generalanwalt in Nr. 97 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, verpflichtet, zu prüfen, mit welchen Rügen DLH speziell dartun wollte, dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen.

106    Aus dem angefochtenen Urteil geht jedoch nicht hervor, dass das Gericht eine solche Prüfung vorgenommen hätte. Vielmehr ergibt sich aus Rn. 63 dieses Urteils, dass das Gericht der Auffassung war, dass es, da mit der Klage die Weigerung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen, angefochten werden solle, verpflichtet gewesen sei, alle von DLH vorgebrachten Argumente zu prüfen, um zu beurteilen, ob sie ernsthafte Schwierigkeiten erkennen ließen, die die Kommission zur Eröffnung eines solchen Verfahrens hätten veranlassen müssen, ohne zuvor zu prüfen, ob jedes dieser Argumente speziell darauf gerichtet war, das Vorliegen solcher Schwierigkeiten darzutun.

107    Daraus folgt, dass die Beurteilung des Gerichts, wonach DLH eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend gemacht habe, mit Rechtsfehlern und einem Begründungsmangel behaftet ist.

108    Dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes des Landes ist daher stattzugeben.

109    Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass über den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes des Landes, über den ersten Grund und den dritten Teil des zweiten Grundes des Anschlussrechtsmittels der Kommission, mit denen aus anderen Gründen die Zulässigkeit der Klage in Frage gestellt werden soll, noch über die anderen Gründe des Rechtsmittels und der Anschlussrechtsmittel, mit denen die Erwägungen des Gerichts zur Begründetheit und insbesondere die von DLH in ihrem Anschlussrechtsmittel vorgebrachten Gründe zur Vereinbarkeit des vom Gericht verwendeten Begriffs „Gesamtplan“ mit Art. 107 AEUV in Frage gestellt werden sollen, entschieden zu werden braucht.

 Zur Klage vor dem Gericht

110    Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

111    Das ist hier nicht der Fall.

112    In Anbetracht mehrerer Rechtsfehler und Begründungsmängel setzt die Prüfung der Zulässigkeit der Klage und gegebenenfalls ihrer Begründetheit nämlich Tatsachenwürdigungen voraus, die den Erlass zusätzlicher prozessleitender Maßnahmen oder einer Beweisaufnahme durch den Gerichtshof erfordern würden.

113    Deshalb ist die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Mai 2021, Deutsche Lufthansa/Kommission (T218/18, EU:T:2021:282), wird aufgehoben.

2.      Die Sache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Lycourgos

Rossi

Bonichot

Rodin

 

Spineanu-Matei

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. September 2023.

Der Kanzler

 

Der Kammerpräsident

A. Calot Escobar

 

C. Lycourgos


*      Verfahrenssprache: Deutsch.