Language of document : ECLI:EU:C:2024:30

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 11. Januar 2024(1)

Rechtssache C624/22

Société BP France

gegen

Ministre de l’Économie, des Finances et de la Souveraineté industrielle et numérique

(Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État [Staatsrat, Frankreich])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie (EU) 2018/2001 – Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen – Herstellung von Kraftstoffen mittels Co-Processing – Nachweis der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien – Massenbilanzmethode – Methoden zur Bewertung des Anteils an hydrierten Pflanzenölen in mittels Co-Processing verarbeiteten Kraftstoffen – Radiokarbonmethode (14C)“






1.        Der französische Gesetzgeber hat eine Lenkungssteuer(2) eingeführt, um die Nutzung von grünen Kraftstoffen (Biokraftstoffen) zu fördern. Ziel ist es, den Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor auf ein Niveau zu bringen, das den Unionszielen hinsichtlich Nachhaltigkeit und der wirksamen Verringerung der Treibhausgasemissionen entspricht.

2.        Für die Bestimmung, wie viel Energie aus erneuerbaren Quellen bei der Festsetzung dieser Steuer berücksichtigt wird, verlangt die französische Rechtsvorschrift, dass importierte Biokraftstoffe einer Analyse gemäß der Radiokarbonmethode (14C)(3) unterzogen werden. Mit dieser Analyse lässt sich der tatsächliche Gehalt an biobasierten Molekülen in durch das Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung (Co-Processing) hergestellten Kraftstoffen überprüfen.

3.        Im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geht es um die Frage, ob die beschriebene nationale Maßnahme mit dem Unionsrecht vereinbar ist, da sie möglicherweise nicht den in den Richtlinien zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgesehenen Prüfverfahren entspricht und darüber hinaus gegen Art. 34 AEUV verstößt.

4.        Der Gerichtshof verfügt bereits über hilfreiche Rechtsprechung(4) zur Anwendung der sogenannten Massenbilanzmethode (im Folgenden: MB-Methode) bei der Überprüfung der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe gemäß den Art. 17 und 18 der Richtlinie 2009/28/EG(5). Diese Rechtsprechung kann auf die neue Richtlinie (EU) 2018/2001(6) ausgeweitet werden, ist jedoch zu ergänzen, um die einen äußerst technischen Bereich betreffenden Fragen des vorlegenden Gerichts zu beantworten.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

1.      Richtlinie 2018/2001

5.        Art. 25 („Einbeziehung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor“) Abs. 1 bestimmt:

„Damit erneuerbare Energie im Verkehrssektor durchgängig genutzt wird, verpflichtet jeder Mitgliedstaat die Kraftstoffanbieter, dafür zu sorgen, dass der Anteil erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors bis 2030 einem von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegten indikativen Zielpfad entsprechend mindestens 14 % beträgt (Mindestanteil) …“

6.        Art. 28 („Andere Bestimmungen für erneuerbare Energie im Verkehrssektor“) Abs. 5 legt fest:

„Die Kommission erlässt bis zum 31. Dezember 2021 im Einklang mit Artikel 35 delegierte Rechtsakte, um diese Richtlinie durch Festlegung der Methode zur Bestimmung des Anteils an Biokraftstoffen und Biogas für den Verkehr, der sich aus der Verarbeitung von Biomasse in einem einzigen Verfahren mit fossilen Kraftstoffen ergibt, sowie der Methode zur Bewertung der Treibhausgaseinsparungen durch Nutzung flüssiger oder gasförmiger erneuerbarer Kraftstoffe für den Verkehr nicht biogenen Ursprungs sowie wiederverwerteter kohlenstoffhaltiger Kraftstoffe, wobei diese Methode sicherstellt, dass vermiedene Emissionen nicht gutgeschrieben werden, wenn für die Abscheidung dieses CO2 im Rahmen anderer Rechtsvorschriften bereits eine Gutschrift erteilt wurde, zu ergänzen.“

7.        Gemäß Art. 29 („Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen für Biokraftstoffe, flüssige Brennstoffe und Biomasse-Brennstoffe“) gilt:

„(1)      Energie in Form von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen wird für die in den Buchstaben a, b und c genannten Zwecke nur dann berücksichtigt, wenn sie die in den Absätzen 2 bis 7 und 10 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für die Treibhausgaseinsparungen erfüllen:

a)      Beitrag zum Unionsziel nach Artikel 3 Absatz 1 und zum Anteil erneuerbarer Energie der Mitgliedstaaten;

b)      Bewertung der Einhaltung der Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energie, einschließlich der in Artikel 25 festgelegten Verpflichtung;

c)      Möglichkeit der finanziellen Förderung für den Verbrauch von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen.

Die Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für Treibhausgaseinsparungen gemäß Absatz 2 bis 7 und 10 gelten unabhängig von der geografischen Herkunft der Biomasse.

(12)      Für die Zwecke von Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b und c dieses Artikels, und unbeschadet von Artikel 25 und 26, dürfen die Mitgliedstaaten Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe, die in Übereinstimmung mit diesem Artikel gewonnen werden, nicht wegen anderer Nachhaltigkeitserwägungen außer Acht lassen. Dieser Absatz lässt die öffentliche Förderung im Rahmen von Förderregelungen, die vor dem 24. Dezember 2018 genehmigt werden, unberührt.

…“

8.        Art. 30 („Überprüfung der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien und der Kriterien für Treibhausgaseinsparungen“) sieht vor:

„(1)      Werden Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe oder andere Brennstoffe, die auf den Zähler gemäß Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b angerechnet werden können, für die in den Artikeln 23 und 25 sowie in Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b und c genannten Zwecke berücksichtigt, verpflichten die Mitgliedstaaten die Wirtschaftsteilnehmer nachzuweisen, dass die in Artikel 29 Absatz 2 bis 7 und 10 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen erfüllt sind. Zu diesen Zwecken verpflichten sie die Wirtschaftsteilnehmer zur Verwendung eines Massenbilanzsystems, das

a)      es erlaubt, Lieferungen von Rohstoffen oder Brennstoffen mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitseigenschaften und Eigenschaften in Bezug auf Treibhausgaseinsparungen zu mischen, z. B. in einem Container, einer Verarbeitungs- oder Logistikeinrichtung oder einer Übertragungs- und Verteilungsinfrastruktur bzw. ‑stätte,

b)      es erlaubt, Lieferungen von Rohstoffen mit unterschiedlichem Energiegehalt zur weiteren Verarbeitung zu mischen, sofern der Umfang der Lieferungen nach ihrem Energiegehalt angepasst wird,

c)      vorschreibt, dass dem Gemisch weiterhin Angaben über die Nachhaltigkeitseigenschaften sowie Eigenschaften in Bezug auf Treibhausgaseinsparungen und den jeweiligen Umfang der unter Buchstabe a genannten Lieferungen zugeordnet sind, und

d)      vorsieht, dass die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch entnommen werden, dieselben Nachhaltigkeitseigenschaften in denselben Mengen hat wie die Summe sämtlicher Lieferungen, die dem Gemisch zugefügt werden, und dass diese Bilanz innerhalb eines angemessenen Zeitraums erreicht wird.

Durch das Massenbilanzsystem soll zudem sichergestellt werden, dass jede Lieferung nur einmal gemäß Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b oder c für die Berechnung des Bruttoendverbrauchs von Energie aus erneuerbaren Quellen berücksichtigt wird und dass Informationen dazu angegeben werden, ob für die Produktion der betreffenden Lieferung eine Förderung gewährt wurde und wenn ja, um welche Art von Förderregelung es sich handelte.

(3)      Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer hinsichtlich der Einhaltung der in Artikel 25 Absatz 2 festgelegten und durch jenen Artikel angenommenen Mindestschwellenwerte für Treibhausgaseinsparungen sowie der in Artikel 29 Absatz 2 bis 7 und 10 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen verlässliche Informationen vorlegen und dass die Wirtschaftsteilnehmer dem jeweiligen Mitgliedstaat auf Anfrage die Daten zur Verfügung … stellen, die zur Zusammenstellung der Informationen verwendet wurden. Die Mitgliedstaaten verpflichten die Wirtschaftsteilnehmer, für ein angemessenes unabhängiges Audit der von ihnen vorgelegten Informationen zu sorgen und nachzuweisen, dass ein solches Audit erfolgt ist. …

(4)      Die Kommission kann beschließen, dass freiwillige nationale oder internationale Systeme, in denen Standards für die Produktion von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen oder Biomasse-Brennstoffen oder anderen Brennstoffen, die auf den Zähler gemäß Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b angerechnet werden können, vorgegeben werden, genaue Daten zu den Treibhausgaseinsparungen für die Zwecke von Artikel 25 Absatz 2 und Artikel 29 Absatz 10 enthalten und als Nachweis dafür herangezogen werden dürfen, dass die Bestimmungen von Artikel 27 Absatz 3 und Artikel 28 Absatz 2 und 4 eingehalten werden, und/oder als Nachweis dafür herangezogen werden dürfen, dass Lieferungen von Biokraftstoff, flüssigem Brennstoff oder Biomasse-Brennstoffen den in Artikel 29 Absatz 2 bis 7 aufgeführten Nachhaltigkeitskriterien genügen. …

(9)      Wenn ein Wirtschaftsteilnehmer Nachweise oder Daten vorlegt, die im Einklang mit einem System eingeholt wurden, das Gegenstand eines Beschlusses im Sinne von Absatz 4 oder 6 dieses Artikels ist, darf ein Mitgliedstaat, soweit dieser Beschluss dies vorsieht, von dem Lieferanten keine weiteren Nachweise für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien und der Kriterien für Treibhausgaseinsparungen gemäß Artikel 29 Absatz 2 bis 7 und 10 verlangen.

…“

2.      Delegierte Verordnung (EU) 2023/1640(7)

9.        Die Delegierte Verordnung 2023/1640 ist zwar in zeitlicher Hinsicht nicht auf die vorliegende Rechtssache anwendbar, bietet jedoch einige Beurteilungselemente, die sich für die Entscheidung als nützlich erweisen können.

10.      Der vierte Erwägungsgrund lautet:

„Um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Kosten und der Genauigkeit der Überprüfungen zu erreichen, lässt der delegierte Rechtsakt zu, dass die Wirtschaftsteilnehmer entweder ein gemeinsames harmonisiertes Prüfverfahren auf der Grundlage der Radiokarbonmethode (14C) oder ihre eigenen Prüfverfahren anwenden, die unternehmens- oder verfahrensspezifisch sein können. Um jedoch sicherzustellen, dass auf dem Markt ein gemeinsames Prüfverfahren angewandt wird, sollten die Wirtschaftsteilnehmer, die als Hauptprüfverfahren eine andere Methode als die Radiokarbonmethode (14C) verwenden, ihre Outputs regelmäßig anhand der Radiokarbonmethode (14C) überprüfen, um die Richtigkeit des verwendeten Hauptprüfverfahrens sicherzustellen. Um den Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit zu geben, sich auf die Anwendung der Radiokarbonmethode (14C) in Kombination mit einem anderen Prüfverfahren als Hauptverfahren umzustellen, ist innerhalb des ersten Jahres der Anwendung dieser Methode eine gewisse Flexibilität hinsichtlich des vertretbaren Prozentsatzes der Abweichung zwischen den Ergebnissen der Hauptprüfung und der zweiten Kontrollprüfung zulässig“.

B.      Französisches Recht

1.      Zollgesetzbuch

11.      In Art. 266quindecies(8) heißt es:

„I. – Die Personen, die zur Zahlung der in Art. 265 vorgesehenen innerstaatlichen Verbrauchsteuer verpflichtet sind, haben eine Lenkungssteuer betreffend die Beimischung von Biokraftstoffen zu zahlen.

III. – Die Lenkungssteuer betreffend die Beimischung von Biokraftstoffen bemisst sich nach dem Gesamtvolumen der Benzin- bzw. Dieselkraftstoffe, für die der Steueranspruch im Lauf des Kalenderjahrs entstanden ist.

Der Betrag der Steuer wird für Benzin- und Dieselkraftstoffe getrennt berechnet.

Dieser Betrag entspricht der in Abs. 1 dieses Abschnitts III definierten Bemessungsgrundlage, multipliziert mit dem in Abschnitt IV festgesetzten Tarif; hierauf wird ein Koeffizient angewandt, der der Differenz zwischen dem in Abschnitt IV festgesetzten nationalen Zielprozentsatz für die Einbeziehung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor und dem Anteil erneuerbarer Energie in den Erzeugnissen, die die Steuerbemessungsgrundlage bilden, entspricht. Entspricht der Anteil erneuerbarer Energie dem nationalen Zielprozentsatz für die Einbeziehung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor oder geht er darüber hinaus, so ist die Steuer gleich null.

V. – A. – Der Anteil erneuerbarer Energie bezeichnet den aus erneuerbaren Quellen erzeugten Energieanteil, bewertet als (unterer) Heizwert, in Bezug auf den der Steuerschuldner nachweisen kann, dass er in den Kraftstoffen, die die Steuerbemessungsgrundlage bilden, enthalten ist … Die in den Biokraftstoffen enthaltene Energie ist erneuerbar, wenn die Kraftstoffe die in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 … in der am 24. September 2018 geltenden Fassung festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

Abis. – Nur die Energie, die in Erzeugnissen enthalten ist, deren Rückverfolgbarkeit seit ihrer Herstellung gewährleistet worden ist, wird berücksichtigt.

Ein Dekret legt die Modalitäten der Rückverfolgbarkeit fest, die auf jedes Erzeugnis nach Maßgabe der Rohstoffe, aus denen es erzeugt wurde, und der gemäß diesem Abschnitt V angewandten Regeln zur Erfassung der Energie Anwendung findet.

…“

2.      Dekret Nr. 2019-570 über die Lenkungssteuer betreffend die Nutzung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor(9)

12.      Gemäß den Bestimmungen von Art. 3 muss der Steuerschuldner für die Anwendung von Art. 266quindecies Abschnitt V Buchst. A des Zollgesetzbuchs nachweisen, dass die steuerbaren Kraftstoffe Energie enthalten, die aus erneuerbaren Quellen erzeugt wurde, insbesondere durch Bestandsaufzeichnungen zur Überwachung der erneuerbaren Energie.

13.      In diesen Bestandsaufzeichnungen werden gemäß Art. 4 „die Zu- und Abgänge von Bestandsmengen der berücksichtigungsfähigen Erzeugnisse unter Berücksichtigung insbesondere der in den Bescheinigungen festgestellten Beimischungen, Veräußerungen, Erwerbe und Abgänge“ verzeichnet.

14.      Nach Art. 7 werden darin die Bezeichnungen und Mengen der berücksichtigungsfähigen, in steuerbaren Kraftstoffen enthaltenen oder nicht enthaltenen Erzeugnisse aus erneuerbarer Energie sowie „die von der Verwaltung für Zölle und indirekte Steuern vorgesehenen, für die Überwachung der erneuerbaren Energie erforderlichen Informationen“ angegeben.

15.      In Anwendung von Art. 8 wird die Vornahme der Bestandsaufzeichnungen zur Überwachung der erneuerbaren Energie durch einen Sichtvermerk der Zolldienststellen festgestellt.

3.      Runderlass vom 18. August 2020 über die TIRIB(10)

16.      Der Runderlass informiert die Wirtschaftsteilnehmer und die Verwaltung über die Anwendungsmodalitäten der TIRIB.

17.      Sein Kapitel IV über die Modalitäten der Überwachung der berücksichtigungsfähigen Erzeugnisse im Hinblick auf ihre Berücksichtigung bei der Minderung des Steuersatzes enthält einen Abschnitt V über die Führung der Bestandsaufzeichnungen, dessen Buchst. A mit der Überschrift „Berücksichtigung des tatsächlichen Biokraftstoffgehalts bei der Eintragung in die im Rahmen der TIRIB geführten Bestandsaufzeichnungen“ die folgenden Nrn. 109 bis 115 enthält:

„[109]      Die Volumen der berücksichtigungsfähigen Erzeugnisse, die als Eingang in die im Rahmen der TIRIB geführten Bestandsaufzeichnungen eingetragen werden, müssen dem Volumen entsprechen, das von den Zollbehörden bei der Ankunft des Erzeugnisses in einem UE[(11)] oder einem EFS[(12)] anerkannt wird. Es handelt sich grundsätzlich um die in den Begleitpapieren (DAU, DAE, DSA oder DSAC) eingetragenen Volumen.

Bei Lieferungen von Biokraftstoffe enthaltenden Kraftstoffen, die als Eingänge in einem UE oder einem EFS aufgenommen werden, muss eine Laboranalyse auf der Grundlage einer beim Entladen der Kraftstofflieferung entnommenen Probe durchgeführt werden, die Aufschluss über den tatsächlichen Biokraftstoffgehalt des aufgenommenen Erzeugnisses gibt. Diese Analyse muss für alle Arten von Biokraftstoffen durchgeführt werden.

[110]      In den Begleitpapieren von Lieferungen von Kraftstoffen, die Biokraftstoffe enthalten, müssen das tatsächliche Volumen des gelieferten Erzeugnisses sowie das tatsächliche Volumen des Biokraftstoffs, der in dem gelieferten Kraftstoff enthalten ist, angegeben werden. Wird in den Begleitdokumenten von Kraftstofflieferungen ein Volumen von Biokraftstoffen angegeben, das nicht mit der von einem Labor durchgeführten physikalischen Analyse übereinstimmt, kann nur das in dem aufgenommenen Kraftstoff tatsächlich enthaltene Volumen von Biokraftstoffen, wie es durch die bei der Aufnahme des Erzeugnisses im Steuerlager durchgeführte physikalische Analyse bestimmt wurde, als Eingang in die Bestandsaufzeichnungen aufgenommen werden. …

[111]      Für hydrierte Pflanzenöle (HVO) vom Typ Benzin oder vom Typ Diesel muss die physikalische 14C‑Laboranalyse dem in den Begleitdokumenten eingetragenen Volumen mit einer Abweichung von +/– 10 % entsprechen.

[114]      Die physikalische Laboranalyse ist erstmals für jeden Lieferanten bei jeder Aufnahme von Kraftstoffen, die Biokraftstoffe enthalten, für das Jahr 2020 obligatorisch, danach für jeden neuen Lieferanten. Wenn die physikalischen Analysen ein Volumen an Biokraftstoffen ergeben, das mit dem auf dem Begleitdokument angegebenen Volumen übereinstimmt, sind physikalische Analysen bei künftigen Lieferungen, die von dem betreffenden Lieferanten stammen, nicht mehr zwingend vorgeschrieben, sondern können auf Anfrage der zuständigen Zollbehörde stichprobenartig durchgeführt werden.

Diese Laboranalyse betrifft Einfuhren, innergemeinschaftliche Verbringungen sowie inländische Lieferungen von Kraftstoffen, die Biokraftstoffe enthalten, bei ihrer Aufnahme in das erste französische Steuerlager.

[115]      Einziger Zweck dieser physikalischen Analyse ist es, die im UE bzw. im EFS eingegangenen Volumen der Biokraftstoffe zu bestimmen, um diese Volumen als Eingang in die im Rahmen der TIRIB geführten Bestandsaufzeichnungen einzutragen. Die Analyse dient nicht dazu, den Rohstoff zu bestimmen, aus dem der Biokraftstoff hergestellt wurde. Der Rohstoff ist in den Begleitdokumenten der Lieferung und insbesondere in der Nachhaltigkeitszertifizierung anzugeben. Er kann nach der von freiwilligen Zertifizierungssystemen anerkannten Massenbilanzmethode bestimmt werden.“

II.    Sachverhalt, Rechtsstreit und Vorlagefragen

18.      Die Gesellschaft BP France führt Kraftstoffe nach Frankreich ein, die hydrierte Pflanzenöle (im Folgenden: HVO(13)) enthalten, die in Spanien nach dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung (Co-Processing) hergestellt wurden.

19.      Bei diesem Verfahren werden fossilen Stoffen in der Raffinerie vor der Entschwefelung Pflanzenöle beigemischt, wobei diese Pflanzenöle unter der Einwirkung von Wasserstoff in HVO umgewandelt werden.

20.      Diese gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffe werden dann in Frankreich in einem Steuerlager aufgenommen, bevor sie in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden.

21.      BP France hat beim Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) die Nichtigerklärung des TIRIB-Runderlasses beantragt. Sie beanstandet insbesondere, dass dieser Runderlass für HVO die Durchführung einer physikalischen Laboranalyse vorschreibe, um ihren tatsächlichen Gehalt an biobasierten Molekülen bei ihrer Aufnahme im ersten französischen Steuerlager zu bestimmen.

22.      Zur Unterstützung ihrer Klage macht BP France insbesondere folgende Argumente geltend:

–      Der TIRIB-Runderlass sei mit den Zielen der Richtlinie 2009/28 und der Richtlinie 2018/2001 unvereinbar, da er einem Wirtschaftsteilnehmer andere Nachweise (für die Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe, die in die Steuerbemessungsgrundlage einbezogen seien) auferlege als die in den Richtlinien vorgesehenen.

–      Die Verpflichtung zur Durchführung einer physikalischen Analyse von Kraftstoffen, die Biokraftstoff enthielten, bei der Aufnahme in einem Steuerlager ziele darauf ab, den tatsächlichen Gehalt der betreffenden Lieferung an sogenannten biobasierten Molekülen zu bestimmen(14).

–      Angesichts der zufälligen Verteilung der biobasierten Moleküle im Fluss des fossilen Materials, die durch das Co-Processing hervorgerufen werde, könne der gemessene Gehalt mehr als 10 % – das ist der nach Nr. 111 des TIRIB-Runderlasses zulässige Wert – von dem in dem Begleitdokument der betreffenden Lieferung angegebenen Gehalt abweichen. Werde der gemessene Gehalt anstelle des im Begleitdokument angegebenen Gehalts zugrunde gelegt, bestehe die Gefahr, dass der Satz der TIRIB in geringerem Umfang gesenkt werde.

–      Da die Raffinerie, aus der die Biokraftstoffe stammten, an einem freiwilligen System teilnehme, das von der Europäischen Kommission als vollständiges System anerkannt worden sei, sei die in den Richtlinien 2009/28 und 2018/2001 vorgesehene Methode der Massenbilanz ausreichend, um für die Zwecke der Führung der spezifischen Bestandsaufzeichnungen für die TIRIB den Gehalt an biobasierten Molekülen zu beurteilen, von dem bei den von ihr eingeführten und in das französische Steuerlager verbrachten Kraftstoffen auszugehen sei.

23.      Die beklagte Verwaltung macht geltend, die Möglichkeit, auf eine physikalische Analyse zurückzugreifen, diene lediglich dazu, die im ersten französischen Steuerlager aufgenommenen Biokraftstoffvolumen zu bestimmen, bevor das entsprechende Volumen als Eingang in die im Rahmen der TIRIB geführte spezifische Bestandsaufzeichnung eingetragen werde. Ziel sei es, sich zu vergewissern, dass die für die Minderung der TIRIB berücksichtigungsfähigen Erzeugnisse den tatsächlich in Frankreich gelieferten Mengen an Biokraftstoffen entsprächen.

24.      Nach Darstellung der beklagten Verwaltung wird es Frankreich auf diese Weise ermöglicht, das in der Richtlinie 2009/28 festgelegte Ziel für die Beimischung von Biokraftstoffen im Verkehrssektor zu erreichen. Die im TIRIB-Runderlass festgelegte Analyse habe nicht zum Ziel, den Rohstoff zu bestimmen, aus dem der Biokraftstoff hergestellt worden sei, oder zu überprüfen, ob dieser Rohstoff die in den Richtlinien 2009/28 und 2018/2001 festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfülle.

25.      Vor diesem Hintergrund hat der Conseil d’État (Staatsrat) dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Sind die Bestimmungen der Art. 17 und 18 der Richtlinie 2009/28 und des Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 dahin auszulegen, dass die Mechanismen zur Überwachung durch Massenbilanzierung und die nationalen oder freiwilligen Systeme, die sie vorsehen, nur dazu dienen, die Nachhaltigkeit der Rohstoffe und der Biokraftstoffe sowie ihrer Gemische zu beurteilen und zu belegen, und somit nicht dazu, bei Enderzeugnissen, die aus der gemeinsamen Verarbeitung hervorgegangen sind, die Überwachung und die Rückverfolgbarkeit des darin enthaltenen Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen zu regeln und demnach die Berücksichtigung des in solchen Erzeugnissen enthaltenen Energieanteils für die in Art. 17 Abs. 1 Buchst. a, b und c der Richtlinie 2009/28 und in Art. 25 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a, b und c der Richtlinie 2018/2001 genannten Zwecke zu harmonisieren?

2.      Falls die vorstehende Frage verneint wird: Stehen die genannten Bestimmungen dem entgegen, dass ein Mitgliedstaat zur Festlegung der HVO-Menge, die als Eingang in den Bestandsaufzeichnungen zu verzeichnen ist, die die Wirtschaftsteilnehmer zum Zweck der Festsetzung einer Lenkungssteuer betreffend die Beimischung von Biokraftstoffen führen müssen, die in diesem Staat zu entrichten ist, wenn der Anteil erneuerbarer Energie an den im Kalenderjahr in den steuerrechtlich freien Verkehr überführten Kraftstoffen unter einem nationalen Zielprozentsatz für die Einbeziehung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor liegt, bei der Aufnahme von Kraftstoffeinfuhren, die HVO enthalten, die in einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen eines Verfahrens der gemeinsamen Verarbeitung hergestellt wurden, im ersten inländischen Steuerlager die Durchführung einer physikalischen Analyse des HVO-Gehalts dieser Kraftstoffe verlangt, und zwar auch dann, wenn die Anlage, in der diese Kraftstoffe hergestellt wurden, ein Massenbilanzsystem anwendet, das durch ein freiwilliges System zertifiziert ist, das von der Kommission als vollständiges System anerkannt ist?

3.      Steht das Unionsrecht, insbesondere Art. 34 AEUV, einer Maßnahme eines Mitgliedstaats wie der in Nr. 14 der vorliegenden Entscheidung beschriebenen entgegen, wenn demgegenüber zum einen Kraftstoffe, die Biokraftstoffe enthalten, die aus der gemeinsamen Verarbeitung in einer in seinem Hoheitsgebiet gelegenen Raffinerie stammen, keiner solchen physikalischen Analyse unterzogen werden, wenn sie in diesem Mitgliedstaat unmittelbar ab Werk in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden, und zum anderen dieser Mitgliedstaat es akzeptiert, zur Bestimmung des Biokraftstoffgehalts, der bei der Entnahme aus einer Anlage, für die ein Steueraussetzungsverfahren gilt, oder aus einer inländischen Steuereinrichtung für die Zwecke der Steuer den für einen bestimmten Zeitraum ausgestellten Bescheinigungen über den entsprechenden Gehalt zugewiesen werden kann, den Biokraftstoffgehalt der Ausfuhren oder der Überführungen in den steuerrechtlich freien Verkehr in anderen Sektoren als dem Verkehrssektor auf der Grundlage einer durchschnittlichen monatlichen Beimischung in der Einrichtung oder der Anlage zu bewerten?

III. Verfahren vor dem Gerichtshof

26.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 30. September 2022 beim Gerichtshof eingegangen.

27.      BP France, die französische, die niederländische und die österreichische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Sie alle haben an der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2023 teilgenommen.

IV.    Würdigung

A.      Vorbemerkungen

1.      Anwendbare Richtlinie

28.      Die Richtlinie 2018/2001 ist am 24. Dezember 2018 in Kraft getreten und hat die Richtlinie 2009/28 mit Wirkung zum 1. Juli 2021 aufgehoben(15). Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof um eine Auslegung der beiden Richtlinien, woraus ich darauf schließe, dass es aus Gründen des nationalen Rechts die Richtlinie 2018/2001 als auf den Rechtsstreit anwendbar ansieht.

29.      Wenn dies der Fall ist, erscheint es mir ausreichend, dass der Gerichtshof nur die Richtlinie 2018/2001 auslegt, deren Art. 29 und 30 im Wesentlichen mit den Art. 17 und 18 der Richtlinie 2009/28 übereinstimmen. Eine Auslegung durch den Gerichtshof der Bestimmungen der Richtlinie 2018/2001 wäre auf jeden Fall auf die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 2009/28 übertragbar.

2.      Herstellung von Biokraftstoffen

30.      Zum besseren Verständnis des Rechtsstreits ist es erforderlich, anhand der in den Akten enthaltenen Informationen kurz zu erläutern, wie Biokraftstoffe(16) mit dem Verfahren der gleichzeitigen Verarbeitung hergestellt werden und welche Methoden zur Bestimmung des im Endprodukt enthaltenen Anteils an biobasierten Molekülen herangezogen werden.

31.      Es gibt Industrieanlagen, die ausschließlich zur Herstellung von Biokraftstoffen dienen (Bioraffinerien) und in denen sich das Problem der Vermischung von Biokraftstoffen mit fossilen Kraftstoffen nicht stellt. Es gibt jedoch auch Anlagen, wie die Anlage in Castellón (Spanien), aus der BP France Biokraftstoff nach Frankreich importiert, die das Co-Processing anwenden, um Biomasse und fossile Rohstoffe gleichzeitig zu verarbeiten.

32.      Beim Co-Processing werden in einer Raffinerie Biomasse-Rohstoffe(17) zusammen mit (in der Regel aus Erdöl stammenden) fossilen Rohstoffen verarbeitet und in Endkraftstoffe umgewandelt(18). Solche gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffe müssen einen Anteil an Biokraftstoffen enthalten(19).

33.      Das durch Co-Processing gewonnene Endprodukt setzt sich folglich aus Molekülen fossilen Ursprungs und biobasierten Molekülen zusammen, ohne dass es technisch möglich wäre, diese voneinander zu trennen. Zwar ist mit Sicherheit ein gewisser Prozentsatz an Biokraftstoffen enthalten, jedoch ist die Menge schwer zu bestimmen.

34.      Die genaue Menge an Biomasse kann beim Zugang zum industriellen Verfahren in der Raffinerie (durch Bestandsaufzeichnungen) kontrolliert werden, jedoch lässt sich die Menge an Biomasse in einer bestimmten Charge beim Abgang aus dem Verfahren nur schwer mit der gleichen Präzision bestimmen.

35.      Diese Schwierigkeit wird dadurch hervorgerufen, dass der Fluss des Materials während der Verarbeitung zu einer zufälligen Verteilung der biobasierten Moleküle führt. Folglich kann eine bestimmte nach dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung erzeugte Charge mehr Biokraftstoffe enthalten als eine andere.

36.      Bei der 14C‑Methode handelt es sich offenbar um die wissenschaftliche Methode, mit der die Menge an biobasierten Molekülen in gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffen am genauesten bestimmt werden kann. Aus diesem Grund hat die Kommission mit Erlass der Delegierten Verordnung 2023/1640, die, wie ich bereits erläutert habe, in zeitlicher Hinsicht nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist, die Nutzung dieser Methode vorgeschrieben.

B.      Erste Vorlagefrage

37.      Das vorlegende Gericht möchte zusammengefasst wissen, ob die in Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 vorgesehene MB-Methode a) nur dazu dient, die Nachhaltigkeit der Rohstoffe und der Biokraftstoffe sowie ihrer Gemische zu bestimmen, oder b) auch dazu, die Überwachung und Rückverfolgbarkeit des Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen, der in dem aus der gemeinsamen Verarbeitung hervorgegangenen Enderzeugnis enthalten ist, sicherzustellen.

38.      Ziel der Richtlinie 2018/2001 ist es, die Nutzung von erneuerbarer Energie zu fördern, und zu diesem Zweck:

–      stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2030 mindestens 32 % beträgt (Art. 3 Abs. 1);

–      verpflichtet jeder Mitgliedstaat die „Kraftstoffanbieter“, dafür zu sorgen, dass der Anteil erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors mindestens 14 % beträgt (Art. 25 Abs. 1). Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, besteht darin, Anreize für die Verwendung von Biokraftstoffen zu schaffen.

39.      Die Art. 29 und 30 der Richtlinie 2018/2001 legen die Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien für Treibhausgaseinsparungen für Biokraftstoffe, flüssige Brennstoffe und Biomasse-Brennstoffe (Art. 29) sowie die Regeln für die Überprüfung der Einhaltung dieser Kriterien (Art. 30) fest.

40.      Durch die Richtlinie 2009/28 wurden die Nachhaltigkeitskriterien vollständig harmonisiert, und die Richtlinie 2018/2001 behält diese Harmonisierung bei. Folglich dürfen die Mitgliedstaaten weder zusätzliche Kriterien festlegen noch von der Anwendung eines der in Art. 17 der Richtlinie 2009/28 niedergelegten Kriterien absehen(20).

41.      Für den Nachweis der Einhaltung dieser Nachhaltigkeitskriterien, sofern dies nach Art. 30 der Richtlinie 2018/2001(21) erforderlich ist, hat sich der Unionsgesetzgeber für die MB-Methode entschieden(22), vorausgesetzt, diese erfüllt die in der Vorschrift genannten Bedingungen.

42.      Die MB-Methode sieht eine Überwachungskette von der Herstellung bis zum Inverkehrbringen vor, die auf einem Dokumentations- und Anrechnungssystem mit unabhängigen Kontrollen beruht. Es handelt sich somit um einen der „… Überprüfungsmechanismen …, mit denen die ordnungsgemäße Anwendung von Art. 17 der Richtlinie [2009/28] [der Art. 29 der Richtlinie 2018/2001 entspricht] gewährleistet ist“(23) oder, anders ausgedrückt, die ordnungsgemäße Anwendung der Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe.

43.      Der Gerichtshof hat im Urteil E.ON Biofor Sverige auf diese Methode Bezug genommen und hervorgehoben, dass sie ausgewählt wurde, „… um zu gewährleisten, dass eine konkrete Verbindung zwischen dem Zeitpunkt der Herstellung des nachhaltigen Biokraftstoffs und dem seines Verbrauchs fortbesteht … [D]er Unionsgesetzgeber [hat] zudem hervorgehoben, dass die Anwendung der Massenbilanzmethode zur Überprüfung der Einhaltung der Kriterien die Integrität des Systems wahren und gleichzeitig vermeiden sollte, dass der Industrie ein unvertretbarer Aufwand abverlangt wird“(24).

44.      Art. 30 Abs. 4 der Richtlinie 2018/2001 ermöglicht, dass die Überwachung der Anwendung der MB-Methode durch von der Kommission anerkannte freiwillige nationale oder internationale Systeme erfolgt(25) und Standards für die Produktion von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen festgelegt werden, die die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien aus Art. 29 Abs. 2 bis 7 belegen(26).

45.      Wie die niederländische Regierung hervorhebt, kann die Kommission solche freiwilligen Systeme nur anerkennen, wenn sie eine MB-Methode anwenden(27).

46.      Im vorliegenden Fall verwendet die Raffinerie, aus der BP France Biokraftstoffe importiert, zum Nachweis der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien der Richtlinie 2018/2001 ein freiwilliges System(28), das von der Kommission anerkannt wird(29).

47.      Dieses freiwillige System verwendet eine MB-Methode, die den Voraussetzungen aus Art. 30 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2018/2001 entspricht. Dies geht aus dem sechsten Erwägungsgrund des Durchführungsbeschlusses 2022/602 hervor. In diesem Durchführungsbeschluss wird jedoch nicht auf die Möglichkeit eingegangen, das freiwillige ISCC‑EU-System zu nutzen, um den Gehalt an biobasierten Molekülen in einem mittels Co-Processing hergestellten Kraftstoff zu bestimmen.

48.      Ich stimme mit der Kommission und der französischen, der niederländischen und der österreichischen Regierung darin überein, dass Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 die MB-Methode lediglich als für die Überprüfung der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien dieser Richtlinie (durch die Biokraftstoffe) als geeignet ansieht, nicht jedoch für die Überprüfung, wie viele biobasierte Moleküle in den gemeinsam verarbeiteten Biokraftstoffen enthalten sind.

49.      Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 lässt sich nicht entnehmen, dass die MB-Methode zum Nachweis des Anteils an biobasierten Molekülen in einem durch das Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung hergestellten Kraftstoff einzusetzen ist. Auch in den Kommissionsentscheidungen über die Anerkennung von freiwilligen Systemen wird eine Anwendung der MB-Methode zu diesem Zweck nicht angeführt(30).

50.      Mit der MB-Methode kann der in die Raffinerie eingegangene Biokraftstoff berechnet und dem erzeugten Kraftstoff ein entsprechender Nachhaltigkeitsanteil zugewiesen werden. Nach den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen ist diese Methode nicht geeignet, um den genauen Gehalt an biobasierten Molekülen in einer bestimmten nach dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung erzeugten Charge zu messen.

51.      Aufgrund dieser Einschränkung der MB-Methode verpflichtet Art. 28 Abs. 5 der Richtlinie 2018/2001 die Kommission, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, um die Methode zur Bestimmung des Anteils an Biokraftstoffen und Biogas für den Verkehr, der sich aus der Verarbeitung von Biomasse in einem einzigen Verfahren mit fossilen Kraftstoffen ergibt, festzulegen.

52.      Aus diesem Grund hat die Kommission die Delegierte Verordnung 2023/1640 erlassen, die, wie ich bereits angedeutet habe, zwar in zeitlicher Hinsicht nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar ist (sie ist am 8. September 2023 in Kraft getreten), jedoch einige Hinweise zur Auslegung der Richtlinie 2018/2001 liefern kann.

53.      Die Delegierte Verordnung 2023/1640 erlaubt es den Wirtschaftsteilnehmern, ihre eigenen Prüfverfahren zu verwenden(31), verpflichtet sie jedoch, regelmäßig deren Richtigkeit mit der 14C‑Methode zu überprüfen(32). Außerdem ist für alle Outputs, für die kohlenstoffhaltige biologische Inhaltsstoffe angegeben werden, eine Überprüfung durch 14C‑Analysen vorgeschrieben (Art. 1 Abs. 5 der Delegierten Verordnung 2023/1640).

54.      Wenn sich die Wirtschaftsteilnehmer für die MB-Methode entscheiden, konkretisiert sich dieses Erfordernis in der Vorgabe, dass sie „[f]ür jeden Output … unterschiedliche Umrechnungsfaktoren [anwenden], die dem Ergebnis des mit Hilfe der Radiokarbonmethode (14C) gemessenen Anteils biologischer Inhaltsstoffe am genauesten entsprechen“(33).

55.      Nach meiner Ansicht bestätigt die Delegierte Verordnung 2023/1640 somit, dass die MB-Methode allein nicht geeignet ist, um den Gehalt an biobasierten Molekülen in den einzelnen Chargen gemeinsam verarbeiteten Biokraftstoffs zu bestimmen.

56.      Zusammenfassend vertrete ich den Standpunkt, dass die in Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 vorgesehene MB-Methode dazu dient, die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien für Rohstoffe, Biokraftstoffe und ihre Mischungen zu überprüfen, nicht jedoch zur Messung des Gehalts an biobasierten Molekülen in einem mittels Co-Processing erzeugten Biokraftstoff.

C.      Zweite Vorlagefrage

57.      Das vorlegende Gericht stellt seine zweite Vorlagefrage für den Fall, dass die erste Vorlagefrage wie von mir vorgeschlagen beantwortet wird.

58.      Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 einer Regelung entgegensteht, die „… bei der Aufnahme von Kraftstoffeinfuhren, die HVO enthalten, die in einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen eines Verfahrens der gemeinsamen Verarbeitung hergestellt wurden, im ersten inländischen Steuerlager die Durchführung einer physikalischen Analyse des HVO-Gehalts dieser Kraftstoffe verlangt, und zwar auch dann, wenn die Anlage, in der diese Kraftstoffe hergestellt wurden, ein Massenbilanzsystem anwendet, das durch ein freiwilliges System zertifiziert ist, das von der Kommission als vollständiges System anerkannt ist“.

59.      Frankreich hat die TIRIB (ab 2022 in TIRUERT umgewandelt) in Art. 266quindecies des Zollgesetzbuchs, im Dekret Nr. 2019/570 sowie im TIRIB-Runderlass geregelt. Steuerpflichtige, die Kraftstoffe in Verkehr bringen, zahlen diese Steuer auf die Differenz zwischen dem nationalen Zielprozentsatz für die Einbeziehung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor und dem Anteil erneuerbarer Energie in dem in Verkehr gebrachten Kraftstoff.

60.      Da sich die TIRIB nach der jährlich verbrauchten Kraftstoffmenge bemisst, wird mit dem Runderlass eine 14C‑Laboranalyse vorgeschrieben, um den tatsächlichen Gehalt an biobasierten Molekülen in den nach Frankreich gelieferten Biokraftstoffen zu bestimmen.

61.      BP France vertritt den Standpunkt, die vorgeschriebene 14C‑Methode sei für Kraftstoffe, die mit dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung hergestellt werden, nicht geeignet. Das Erfordernis liefe darüber hinaus der Anwendung der MB-Methode und den von der Kommission anerkannten freiwilligen Zertifizierungssystemen zuwider.

62.      Aus Gründen, die ich nachstehend darstellen werde, kann ich den Argumenten von BP France nicht zustimmen.

63.      Erstens wäre die Harmonisierung durch die Delegierte Verordnung 2023/1640 nicht erforderlich gewesen, wenn die MB-Methode und die freiwilligen Zertifizierungssysteme für die Messung des Anteils der biobasierten Moleküle ausreichend und geeignet gewesen wären.

64.      Wie ich bereits dargestellt habe, scheint die MB-Methode für die Messung dieses Anteils jedoch nicht geeignet zu sein. Das Gleiche gilt in der Situation vor Inkrafttreten der Delegierten Verordnung 2023/1640 für freiwillige Zertifizierungssysteme, die in erster Linie zur Überprüfung dienen sollen, ob Biokraftstoffe die Nachhaltigkeitskriterien aus Art. 29 der Richtlinie 2018/2001 einhalten.

65.      Zur Messung des Gehalts an biobasierten Molekülen in gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffen sieht die Delegierte Verordnung 2023/1640 daher als einziges Verfahren bzw. als ergänzendes Verfahren, wenn ein anderes Verfahren (MB‑, Energiebilanz‑, Ausbeuteverfahren) verwendet wird, die 14C‑Methode vor.

66.      Zweitens ist es zwar richtig, dass nach Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie 2018/2001 ein Mitgliedstaat, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer Nachweise oder Daten vorlegt, die im Einklang mit einem von der Kommission anerkannten freiwilligen Zertifizierungssystem eingeholt wurden, von dem Lieferanten keine weiteren Nachweise für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien gemäß Art. 29 Abs. 2 bis 7 verlangen darf.

67.      Diese Bestimmung hindert einen Mitgliedstaat jedoch nur daran, weitere Nachweise (zusätzlich zu den im Rahmen des freiwilligen Zertifizierungssystems vorgelegten Nachweisen) für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien zu verlangen(34). Über weitere Nachweise zum Anteil der biobasierten Moleküle in mit dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung hergestellten Kraftstoffen wird hingegen nichts gesagt.

68.      Drittens fördert die Richtlinie 2018/2001 die Nutzung freiwilliger Zertifizierungssysteme, die erhöhte Anforderungen an Zuverlässigkeit, Transparenz und Unabhängigkeit der Audits erfüllen, um Betrug bei der Vorlage von Nachweisen und Daten zum Beleg dafür, dass die Biokraftstoffe die Nachhaltigkeitskriterien einhalten, zu verhindern(35).

69.      Die gleichen Ziele (Erlangung zuverlässiger und transparenter Daten, Vorbeugung der Betrugsgefahr(36)) könnten grundsätzlich eine nationale Regelung rechtfertigen, die eine genauere Methode wie etwa die 14C‑Methode vorschreibt, um den Anteil der biobasierten Moleküle in mit dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung hergestellten Kraftstoffen zu messen.

70.      Die im TIRIB-Runderlass vorgeschriebenen 14C‑Analysen wären jedoch nicht gerechtfertigt (da überflüssig), wenn das freiwillige Zertifizierungssystem, dem der Hersteller des gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffs unterliegt, solche Analysen bereits im Herkunftsstaat vorsieht. Dies wäre der Fall, wenn mit dem System überprüft wird, dass der Gehalt an biobasierten Molekülen in dem gewonnenen Kraftstoff genau gemessen wird.

71.      In der mündlichen Verhandlung

–      hat BP France erläutert, dass sie in den Raffinerien, die das freiwillige ISCC‑EU-System anwendeten, 14C‑Analysen durchführe, jedoch nicht bestätigt, dass sie konkret die Chargen des gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffs, die sie aus der Raffinerie in Castellón (Spanien) nach Frankreich exportiere, einer 14C‑Analyse unterziehe, die der in den französischen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen Analyse entspreche;

–      hat die französische Regierung mitgeteilt, dass bisher für keine der aus anderen Mitgliedstaaten nach Frankreich eingeführten Chargen von gemeinsam verarbeiteten Biokraftstoffen mit Zertifizierungen nachgewiesen worden sei, dass sie einer 14C‑Analyse unterzogen worden sei, um ihr Gehalt an biobasierten Molekülen zu bestimmen.

72.      Auf jeden Fall ist es Sache des vorlegenden Gerichts, in dem Streit zwischen den Parteien zu entscheiden, ob das freiwillige Zertifizierungssystem, dem BP France unterliegt, eine 14C‑Analyse umfasst, mit der der Anteil an biobasierten Molekülen im eingeführten Kraftstoff überprüft werden kann.

73.      Aus den vorstehenden Ausführungen lässt sich Folgendes schließen:

–      Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 ermöglichte es einem Mitgliedstaat, eine Regelung wie die französische zu erlassen, um zwecks Erhebung einer Steuer zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen den genauen Gehalt an biobasierten Molekülen in gemeinsam verarbeiteten Biokraftstoffen zu messen.

–      Vorbehaltlich der Würdigung durch das vorlegende Gericht scheint die Anwendung der von der Kommission anerkannten freiwilligen Zertifizierungssysteme, wie des Systems ISCC EU, keinen ausreichenden Nachweis für den Gehalt an biobasierten Molekülen in importierten Chargen mit gemeinsam verarbeiteten Biokraftstoffen zu bieten.

74.      Die Delegierte Verordnung 2023/1640 ist zwar in zeitlicher Hinsicht nicht auf die Rechtssache anwendbar, jedoch ändert sich mit ihrer Verabschiedung die bisherige Situation. Ab ihrem Inkrafttreten sieht diese Verordnung die 14C‑Analyse als einziges Verfahren bzw. als ergänzendes Verfahren, wenn ein anderes Verfahren (MB‑, Energiebilanz‑, Ausbeuteverfahren) verwendet wird, zur Messung des Gehalts an biobasierten Molekülen in gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffen vor. Infolge dieser umfassenden Harmonisierung sind die Mitgliedstaaten nicht mehr befugt, nationale Vorschriften zu erlassen, die eine andere Analysemethode als die in der Verordnung vorgesehene vorschreiben.

75.      Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, müssen die von ihr nach Inkrafttreten der Delegierten Verordnung 2023/1640 anerkannten freiwilligen Zertifizierungssysteme nicht nur die MB-Methode zum Nachweis der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien, sondern auch die 14C‑Methode zum Nachweis des Gehalts an biobasierten Molekülen in gemeinsam verarbeiteten Biokraftstoffen gemäß den Bestimmungen der Verordnung umfassen.

76.      Im Ergebnis schlage ich vor, die zweite Vorlagefrage dahin zu beantworten, dass Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 bis zum Inkrafttreten und zur Anwendung der Delegierten Verordnung 2023/1640 einer nationalen Regelung wie der im vorliegenden Rechtsstreit in Rede stehenden grundsätzlich nicht entgegenstand, die eine 14C‑Analyse vorschreibt, um den genauen Gehalt an biobasierten Molekülen in gemeinsam verarbeitetem Kraftstoff zu messen, und zwar auch dann, wenn die Anlage, in der diese Kraftstoffe hergestellt wurden, eine MB-Methode anwendet, die durch ein freiwilliges System zertifiziert ist, das von der Kommission als vollständiges System anerkannt ist.

D.      Dritte Vorlagefrage

77.      Die dritte Vorlagefrage ist komplex formuliert. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 34 AEUV (freier Warenverkehr) einer Maßnahme eines Mitgliedstaats entgegensteht, von deren Anwendung es zwei Merkmale hervorhebt:

–      „Kraftstoffe, die Biokraftstoffe enthalten, die aus der gemeinsamen Verarbeitung in einer in [französischem] Hoheitsgebiet gelegenen Raffinerie stammen, [werden] keiner solchen physikalischen Analyse [14C] unterzogen …, wenn sie in diesem Mitgliedstaat [Frankreich] unmittelbar ab Werk in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden“;

–      Frankreich „akzeptiert [es], zur Bestimmung des Biokraftstoffgehalts, der bei der Entnahme aus einer Anlage, für die ein Steueraussetzungsverfahren gilt, oder aus einer inländischen Steuereinrichtung für die Zwecke der [TIRIB] den für einen bestimmten Zeitraum ausgestellten Bescheinigungen über den entsprechenden Gehalt zugewiesen werden kann, den Biokraftstoffgehalt der Ausfuhren oder der Überführungen in den steuerrechtlich freien Verkehr in anderen Sektoren als dem Verkehrssektor auf der Grundlage einer durchschnittlichen monatlichen Beimischung in der Einrichtung oder der Anlage zu bewerten“.

78.      Zum Zeitpunkt des Rechtsstreits hatte die Union die Regelung der Methoden, die zur Bestimmung des Anteils an biobasierten Molekülen in gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffen verwendet werden können, nicht vollständig harmonisiert. Diese Harmonisierung erfolgte später, wie ich bereits dargestellt habe, durch die Delegierte Verordnung 2023/1640.

79.      Somit hatten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, diese Methoden zu regeln, und der französische Staat hat dies getan. Da sie die Zuständigkeit in einem nicht harmonisierten Bereich ausübten, mussten die Mitgliedstaaten dabei das Primärrecht beachten(37) und insbesondere Art. 34 AEUV, der mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen im innergemeinschaftlichen Handel sowie Maßnahmen gleicher Wirkung verbietet.

80.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs(38) ist jede Maßnahme eines Mitgliedstaats, die geeignet ist, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV anzusehen. Dazu gehören Maßnahmen, die Einfuhren unmittelbar oder mittelbar diskriminieren, die sich auf die Verkaufsmodalitäten der Waren beziehen oder die den Zugang zum Markt eines Mitgliedstaats für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten behindern(39).

81.      Nach Nr. 114 des TIRIB-Runderlasses gilt die streitige Maßnahme nur für aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte gemeinsam verarbeitete Biokraftstoffe. Die physikalische 14C‑Analyse wird nur für die Einfuhr, die innergemeinschaftliche Verbringung sowie die innerstaatlichen Lieferungen von Biokraftstoff enthaltenden Kraftstoffen bei deren Aufnahme im ersten französischen Steuerlager verlangt, jedoch nicht für in französischen Raffinerien hergestellte Kraftstoffe. Das vorlegende Gericht führt aus: „Ferner hat die mündliche Vorverhandlung ergeben, dass Biokraftstoffe, die nach dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung in einer in Frankreich gelegenen Raffinerie hergestellt werden, keiner solchen Kontrolle unterliegen, wenn sie nicht anschließend vor ihrer Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr in einem Steuerlager aufgenommen werden(40).“

82.      Die Gesamtheit bzw. ein Teil der in Frankreich mittels Co-Processing verarbeiteten Kraftstoffe würde folglich günstiger behandelt, da sie von der 14C‑Analyse ausgenommen sind. Wird die gleiche Art von Kraftstoff hingegen importiert, ist eine solche Analyse durchzuführen, um für die TIRIB den Anteil an biobasierten Molekülen zu bestimmen.

83.      Sollte dies der Fall sein, würde die Maßnahme die Einfuhr von gemeinsam verarbeiteten Kraftstoffen aus anderen Mitgliedstaaten nach Frankreich erschweren. Dies wird auch von der französischen Regierung anerkannt, die einräumt, dass das Erfordernis einer 14C‑Analyse die Einfuhr von Kraftstoffen aus anderen Mitgliedstaaten behindern könne.

84.      Die französische Regierung macht jedoch geltend, die 14C‑Analyse sei nicht nur für importierte Kraftstoffe, sondern auch für Kraftstoffe nationalen Ursprungs vorgeschrieben(41).

85.      Auf diesbezügliche Fragen hat die französische Regierung in der mündlichen Verhandlung anerkannt, dass ihre Auslegung nicht mit der Auslegung des Conseil d’État (Staatsrat) aus der Vorlageentscheidung übereinstimmt. Die französische Regierung führt aus:

–        Die Gleichbehandlung aller mittels Co-Processing erzeugten Kraftstoffe (unabhängig davon, ob sie eingeführt würden oder nicht) ergebe sich aus Art. 266quindecies des Zollgesetzbuchs sowie aus Art. 3 Nr. 3 des Dekrets Nr. 2019/570 und den Nrn. 30 und 33 des Runderlasses 20‑004 zur Regelung der „usine exercée“(42).

–        In Frankreich gebe es zwei Raffinerien, die mittels Co-Processing verarbeitete Kraftstoffe herstellten. Dort komme ein Zollverfahren (usine exercée) zur Anwendung, mit dem die mittels Co-Processing verarbeiteten Kraftstoffe ohne Umweg über ein Steuerlager unmittelbar in Verkehr gebracht werden könnten, da die Zollbehörden eine ständige Kontrolle über die Herstellung ausübten(43).

86.      Die Auslegung des nationalen Rechts ist nicht Sache des Gerichtshofs; vielmehr hat dieser sich nach den Angaben des vorlegenden Gerichts zu richten. Der Gerichtshof hat, wie ich betonen möchte, die Vorlagefragen nach Maßgabe des vom vorlegenden Gericht vorgegebenen rechtlichen und tatsächlichen Rahmens zu beantworten, selbst wenn einige der Parteien des Rechtsstreits davon abweichen.

87.      Unter diesen Umständen lässt sich das strittige Erfordernis, wie es vom vorlegenden Gericht beschrieben wird, als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Ausfuhrbeschränkung einstufen, die gegen Art. 34 AEUV verstößt. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht hervor, dass der TIRIB-Runderlass die Verwendung von in Frankreich mittels Co-Processing verarbeiteten Biokraftstoffen begünstigt, während er die Verwendung derselben Erzeugnisse, wenn sie aus anderen Mitgliedstaaten stammen, erschwert.

88.      Außerdem hätte eine solche Regelung auch dann den Charakter einer Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine Einfuhrbeschränkung, wenn sie diskriminierungsfrei und gleichermaßen auf eingeführte und in Frankreich hergestellte gemeinsam verarbeitete Biokraftstoffe angewandt würde: Das Erfordernis einer 14C‑Analyse würde die Einfuhr solcher Biokraftstoffe in das französische Hoheitsgebiet auf jeden Fall erschweren.

89.      Es ist jedoch möglich, dass für diese beschränkende Maßnahme eine Rechtfertigung besteht, die sie mit dem Unionsrecht vereinbar werden lässt. Auf jeden Fall wird eine solche Rechtfertigung sehr viel schwieriger zu begründen sein, wenn die Maßnahme nur für importierte mittels Co-Processing verarbeitete Biokraftstoffe gilt und nicht für im Inland hergestellte.

1.      Rechtfertigung der Maßnahme?

90.      Eine nationale Regelung oder Praxis, die eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung darstellt, kann durch einen der in Art. 36 AEUV aufgeführten Gründe des Gemeinwohls oder eines der zwingenden Erfordernisse gerechtfertigt sein. Im einen wie im anderen Fall muss die nationale Maßnahme im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zu seiner Erreichung erforderlich ist, wobei es dem Mitgliedstaat, der die Maßnahme ergriffen hat, obliegt, die Einhaltung dieses Grundsatzes nachzuweisen(44).

91.      Nach Auffassung der französischen Regierung ist die beschränkende Maßnahme durch die zwingenden Erfordernisse des Umweltschutzes und der Betrugsbekämpfung gerechtfertigt. Sie macht geltend, dass der Steuervorteil, der durch die Senkung des Satzes der TIRIB entstehe, nur denjenigen im Inland in den steuerrechtlich freien Verkehr gebrachten Biokraftstoffen zugutekommen solle, deren tatsächlicher Gehalt an biobasierten Molekülen tatsächlich den in Art. 266quindecies des Zollgesetzbuchs festgelegten Zielprozentsatz für die Einbeziehung im Verkehrssektor übersteige.

92.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs(45) können zwingende Erfordernisse nationale Maßnahmen nur dann rechtfertigen, wenn diese unterschiedslos für einheimische wie für eingeführte Erzeugnisse gelten. Wäre die französische Maßnahme, wie das vorlegende Gericht darlegt, auf die Einfuhr von mittels Co-Processing verarbeiteten Biokraftstoffen, nicht jedoch auf inländische Erzeugnisse dieser Art anwendbar, könnten die zwingenden Erfordernisse des Umweltschutzes und der Verhinderung von Betrug sie folglich nicht rechtfertigen.

93.      Der Gerichtshof hat diese ständige Rechtsprechung später allerdings flexibler gehandhabt, indem er die Rechtfertigung von unterschiedlich anwendbaren Maßnahmen durch ein zwingendes Erfordernis analysiert oder einige von ihnen unter einen der Gründe aus Art. 36 AEUV subsumiert hat(46).

94.      Ich werde daher eine etwaige Rechtfertigung aus der Sicht des Umweltschutzes und der Verhinderung von Betrug, die vom Gerichtshof als zwingende Erfordernisse im Rahmen des innergemeinschaftlichen Handels anerkannt werden, analysieren(47).

95.      Grundsätzlich könnte der TIRIB-Runderlass hinreichend gerechtfertigt sein, da er zielgerichtet und geeignet ist, um

–      zum einen durch den Einsatz erneuerbarer Energien die Umwelt zu schützen. Durch den Rückgriff auf 14C‑Analysen können für bestimmte Kraftstoffe Vorteile (Anreize) gewährt werden, indem ihre Steuerlast ausgehend von ihrem Anteil an Biokraftstoff reduziert wird;

–      zum anderen das Betrugsrisiko(48) in der Produktionskette für mittels Co-Processing verarbeitete Kraftstoffe zu verhindern. Mit der 14C‑Methode kann der tatsächliche Gehalt an biobasierten HVO-Molekülen in jenen Kraftstoffen genau bestimmt und auf dieser Grundlage eine Steuer erhoben werden, die die Verwendung von Biokraftstoffen fördert.

2.      Wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt?

96.      Wenn die restriktive Maßnahme als gerechtfertigt angesehen wird, ist zu prüfen, ob sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und, da keine weniger einschränkende Maßnahme existiert, auch nicht über das hinausgeht, was zu seiner Erreichung erforderlich ist.

97.      Unter diesem Gesichtspunkt kann das im TIRIB-Runderlass vorgeschriebene Erfordernis zur Erreichung des verfolgten Ziels als geeignet angesehen werden, da

–      die Bestimmung des Gehalts an biobasierten Molekülen in mittels Co-Processing verarbeiteten Kraftstoffen mit anderen, weniger restriktiven Maßnahmen als der 14C‑Analyse offenbar nicht möglich ist;

–      die MB-Methode für diesen Zweck nur bedingt geeignet ist und nur ungefähre Ergebnisse liefert. Daher wurde in der Delegierten Verordnung 2023/1640 die 14C‑Analyse als gemeinsames Prüfverfahren festgelegt, um den Gehalt an biobasierten Molekülen mittels Co-Processing verarbeiteten Kraftstoffen zu messen, sowie ihre regelmäßige (ergänzende) Anwendung, wenn die Hersteller andere Methoden (wie die MB-Methode) verwenden.

98.      Als Argument für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist außerdem hervorzuheben, dass der TIRIB-Runderlass nicht in allen Fällen und für alle Einfuhren von mittels Co-Processing verarbeiteten Kraftstoffen eine physikalische 14C‑Laboranalyse vorschreibt(49): Nach einer ersten Analyse werden, wenn das Ergebnis (mit einer Abweichung von 10 %) mit dem vom einführenden Unternehmen angegebenen Anteil an biobasierten Molekülen übereinstimmt, die 14C‑Analysen nur stichprobenartig wiederholt(50).

99.      Eine beschränkende Maßnahme kann jedoch nur dann als geeignet angesehen werden, die Verwirklichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen(51).

100. Das vorlegende Gericht hebt in seiner Vorlageentscheidung(52) drei Umstände hervor, die gegen eine solche systematische Kohärenz sprechen:

–      Die 14C‑Analyse wird nur für die Einfuhr, die innergemeinschaftliche Verbringung sowie die innerstaatlichen Lieferungen von Biokraftstoff enthaltenden Kraftstoffen bei deren Aufnahme im ersten französischen Steuerlager verlangt.

–      Biokraftstoffe, die aus der Verarbeitung mittels Co-Processing in einer im französischen Hoheitsgebiet gelegenen Raffinerie stammen, werden keiner 14C‑Analyse unterzogen, wenn sie in diesem Mitgliedstaat unmittelbar ab Werk in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden, ohne ein Steuerlager zu durchlaufen.

–      Der französische Staat akzeptiert eine Bewertung des Biokraftstoffgehalts der Ausfuhren oder der Überführungen in den steuerrechtlich freien Verkehr in anderen Sektoren als dem Verkehrssektor auf der Grundlage der monatlichen Beimischung von Biokraftstoffen ohne Rückgriff auf 14C‑Analysen.

101. Insoweit erklärt BP France(53), die französischen Behörden verlangten für die Gewährung der TIRIB- (bzw. TIRUERT‑) Steuerermäßigung zum einen die durch 14C‑Analysen nachzuweisende absolute Gewissheit über einen tatsächlichen Anteil von Energie aus erneuerbaren Energiequellen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des eingeführten Erzeugnisses (Biokraftstoffe aus Verarbeitung mittels Co-Processing) und zum anderen eine einfache jährliche anteilige Berechnung, die, anders als die MB-Methode im Fall von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, keine Garantie der Rückverfolgbarkeit biete.

102. Aus diesen Angaben lässt sich ableiten, dass die streitige Maßnahme nicht mit Art. 34 AEUV vereinbar ist, da sie nicht geeignet ist, in kohärenter und systematischer Weise die Verwirklichung der Ziele zu erreichen, die sie rechtfertigen könnten.

V.      Ergebnis

103. Nach alledem schlage ich vor, dem Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) wie folgt zu antworten:

Art. 30 der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Delegierten Verordnung (EU) 2023/1640 der Kommission vom 5. Juni 2023 über die Methode zur Bestimmung des Anteils an Biokraftstoffen und Biogas für den Verkehr, der sich aus der Verarbeitung von Biomasse in einem einzigen Verfahren mit fossilen Kraftstoffen ergibt, sowie Art. 34 AEUV

sind dahin auszulegen, dass

–      die Massenbilanzmethode dazu dient, die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien aus Art. 29 der Richtlinie 2018/2001 für Rohstoffe, Biokraftstoffe und ihre Mischungen zu überprüfen, nicht jedoch zur Messung des Gehalts an biobasierten Molekülen in einem mittels Co-Processing erzeugten Biokraftstoff;

–      Art. 30 der Richtlinie 2018/2001 bis zum Inkrafttreten und zur Anwendung der Delegierten Verordnung 2023/1640 einer nationalen Regelung grundsätzlich nicht entgegenstand, die bei der Aufnahme von importierten Biokraftstoffen, die mittels Co-Processing hergestellt wurden, im ersten inländischen Steuerlager die Durchführung einer Analyse gemäß der Radiokarbonmethode (14C) vorschreibt, um zwecks Festsetzung einer Steuer zur Förderung der Nutzung von Biokraftstoffen den Gehalt an biobasierten Molekülen zu messen; dabei ist unerheblich, ob die Raffinerie, in der diese Kraftstoffe hergestellt wurden, ein Massenbilanzsystem anwendet, das durch ein freiwilliges System zertifiziert ist, das von der Kommission als vollständiges System anerkannt ist;

–      Art. 34 AEUV einer nationalen Regelung entgegensteht, die bei der Aufnahme von importierten Biokraftstoffen, die mittels Co-Processing hergestellt wurden, im ersten inländischen Steuerlager die Durchführung einer Analyse gemäß der Radiokarbonmethode (14C) vorschreibt, um zwecks Festsetzung einer Steuer zur Förderung der Nutzung von Biokraftstoffen den Gehalt an biobasierten Molekülen zu messen, wenn diese Analyse nicht auch für mittels Co-Processing erzeugte Biokraftstoffe aus nationaler Herstellung verlangt wird.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Es handelt sich um die „Taxe incitative relative à l’incorporation de biocarburants“ (Lenkungssteuer betreffend die Beimischung von Biokraftstoffen, im Folgenden: TIRIB). Seit dem 1. Januar 2022 lautet ihre Bezeichnung „Taxe incitative relative à l’utilisation de l’énergie renouvelable dans le transport“ (Lenkungssteuer betreffend die Nutzung erneuerbarer Energie im Verkehrssektor, im Folgenden: TIRUERT).


3      Bei Kohlenstoff-14 handelt es sich um ein radioaktives Isotop des Kohlenstoffs, das zur Untersuchung des Gehalts an biologischen Elementen in Proben wie Biodieselmischungen oder anderen flüssigen Proben mit ganz oder teilweisem organischen Ursprung, z. B. Pflanzenölen, verwendet werden kann.


4      Insbesondere das Urteil vom 22. Juni 2017, E.ON Biofor Sverige (C‑549/15, EU:C:2017:490, im Folgenden: Urteil E.ON Biofor Sverige).


5      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. 2009, L 140, S. 16).


6      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. 2018, L 328, S. 82). Konsolidierte Fassung vom 7. Juni 2022.


7      Delegierte Verordnung der Kommission vom 5. Juni 2023 über die Methode zur Bestimmung des Anteils an Biokraftstoffen und Biogas für den Verkehr, der sich aus der Verarbeitung von Biomasse in einem einzigen Verfahren mit fossilen Kraftstoffen ergibt (ABl. 2023, L 205, S. 1).


8      In der in zeitlicher Hinsicht auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung. Diese Fassung wurde später durch das Gesetz Nr. 2022‑1726 vom 30. Dezember 2022, Art. 67 (V), geändert.


9      Décret n° 2019‑570 du 7 juin 2019 portant sur la taxe incitative relative à l’utilisation d’énergie renouvelable dans les transports (JORF Nr. 133 vom 9. Juni 2019), geändert durch Décret Nr. 2022‑1330 vom 17. Oktober 2022 (JORF Nr. 242 vom 18. Oktober 2022).


10      Circulaire du 18 août 2020 du ministre délégué chargé des comptes publiques aux opérateurs économiques et aux services des douanes sur la taxe incitative relative à l’incorporation de biocarburants (TIRIB) (NOR: ECOD2020901C) (Runderlass des beigeordneten Ministers für die öffentlichen Haushalte vom 18. August 2020 an die Wirtschaftsteilnehmer und Zolldienststellen über die Lenkungssteuer betreffend die Beimischung von Biokraftstoffen [TIRIB], im Folgenden: TIRIB-Runderlass).


11      „Usine exercée“ (im Folgenden: UE): Hierunter wird eine steuerliche Niederlassung oder Einrichtung angesehen, in der Energieerzeugnisse unter Aussetzung der auf diese Erzeugnisse anwendbaren Steuern erzeugt, empfangen oder versendet werden können. Nach Angaben der französischen Regierung (Rn. 84 ihrer schriftlichen Erklärungen) handelt es sich bei „der Regelung einer UE … – Anlage einer französischen Raffinerie“ um eine der beiden für die Aufnahme von Biokraftstoffen vorgesehenen Zollregelungen.


12      „Entrepôt fiscal de stockage“ (im Folgenden: EFS): Auf Erdölerzeugnisse bezogen, werden als „Entrepôt fiscal de stockage“ Steuerlager angesehen, in denen solche Erzeugnisse unter Aussetzung bestimmter Steuern empfangen, gelagert oder versendet werden können.


13      Auf Englisch Hydrotreated Vegetable Oil, abgekürzt HVO.


14      Der Vorlageentscheidung zufolge stellen die Parteien im Ausgangsverfahren nicht in Frage, dass bei HVO-haltigen Kraftstoffen, die nach dem Verfahren der gemeinsamen Verarbeitung hergestellt werden, derzeit nur die Radiokarbonmethode (14C) eine Messung dieses Gehalts ermöglicht.


15      Art. 37 der Richtlinie 2018/2001 legt fest: „Die Richtlinie 2009/28 … wird … mit Wirkung vom 1. Juli 2021 aufgehoben. Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang XI zu lesen.“


16      Als Biokraftstoffe gelten „flüssige Kraftstoffe für den Verkehr, die aus Biomasse hergestellt werden“ (Art. 2 Nr. 33 der Richtlinie 2018/2001).


17      Der Begriff Biomasse bezeichnet „den biologisch abbaubaren Teil von Produkten, Abfällen und Reststoffen biologischen Ursprungs der Landwirtschaft, einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe, der Forstwirtschaft und damit verbundener Wirtschaftszweige, einschließlich der Fischerei und der Aquakultur sowie den biologisch abbaubaren Teil von Abfällen, darunter auch Industrie- und Haushaltsabfälle biologischen Ursprungs“ (Art. 2 Nr. 24 der Richtlinie 2018/2001). Bei der Biomasse kann es sich beispielsweise um Material auf Lipidbasis (wie etwa Pflanzenöl, Rohtallöl oder Pyrolyseöl) handeln.


18      Bei den aus einem solchen Rohstoffgemisch hergestellten Endkraftstoffen handelt es sich in der Regel um Dieselkraftstoff, Flugzeugtreibstoff, Heizöl, Schiffskraftstoff, Benzin, Benzinkomponenten und manchmal Propangas, einem Bestandteil von Flüssiggas, wobei auch geringfügige Anteile anderer Erzeugnisse enthalten sein können.


19      Vgl. erster Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2023/1640.


20      Diese Meinung vertritt die Kommission in ihrer Mitteilung zur praktischen Umsetzung des EU-Nachhaltigkeitskonzepts für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe sowie zu den Berechnungsregeln für Biokraftstoffe (ABl. 2010, C 160, S. 8).


21      Wiedergegeben in Nr. 8 der vorliegenden Schlussanträge.


22      Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache E.ON Biofor Sverige (C‑549/15, EU:C:2017:25, Nrn. 44 und 45) ausgeführt habe, wurden mit dieser Entscheidung sowohl die Identity-Preservation-Methode, die daran hindert, Biokraftstoffe miteinander oder mit einer anderen Brennstoffart zu vermischen, als auch die Methode der handelbaren Zertifikate („book and claim“) ausgeschlossen, bei der kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem vermarkteten Biobrennstoff und seiner Erzeugung aus Biomasse, die die Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, bestehen muss.


23      Urteil E.ON Biofor Sverige, Rn. 39.


24      Urteil E.ON Biofor Sverige, Rn. 64.


25      Gemäß Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 2018/2001 fasst „[d]ie Kommission … Beschlüsse nach Absatz 4 in Form von Durchführungsrechtsakten. Diese werden in Einklang mit dem Prüfverfahren nach Artikel 34 Absatz 3 erlassen. Solche Beschlüsse sind nicht länger als fünf Jahre gültig.“


26      Freiwillige Systeme haben eine wichtige Rolle dabei gespielt, die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien und der Kriterien für Treibhausgaseinsparungen für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe gemäß der Richtlinie 2009/28 nachzuweisen. Mit der Richtlinie 2018/2001 wurde die Rolle freiwilliger Systeme erweitert, da diese nun dazu dienen können, a) die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien für alle aus Biomasse hergestellten Brennstoffe, einschließlich gasförmiger und fester Brennstoffe, zu bescheinigen und genaue Daten über ihre Treibhausgaseinsparungen zu liefern, b) die Einhaltung der Kriterien für Treibhausgaseinsparungen durch flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (für den Verkehrssektor) und wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe zu bescheinigen, c) die Einhaltung der Vorschriften nachzuweisen, die in Art. 27 Abs. 3 der Richtlinie 2018/2001 für die Berechnung der erneuerbaren Elektrizität im Verkehrssektor festgelegt sind, und d) nachzuweisen, dass die Wirtschaftsteilnehmer gemäß Art. 28 Abs. 4 der Richtlinie 2018/2001 richtige Daten über im Verkehrssektor genutzte erneuerbare Kraftstoffe und wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe in die Unionsdatenbank oder die nationale Datenbank eingeben, sowie e) zur Zertifizierung von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen mit geringem Risiko indirekter Landnutzungsänderungen genutzt werden können.


27      Die von der Kommission anerkannten freiwilligen Systeme können eingesehen werden unter https://energy.ec.europa.eu/topics/renewable-energy/bioenergy/voluntary-schemes_en.


28      Bezeichnet als „International Sustainability & Carbon Certification (ISCC EU)“.


29      Durchführungsbeschluss (EU) 2022/602 der Kommission vom 8. April 2022 über die Anerkennung des freiwilligen Systems „International Sustainability & Carbon Certification – ISCC EU“ zum Nachweis der Einhaltung der in der Richtlinie 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Anforderungen für Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe, Biomasse-Brennstoffe, flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs und wiederverwertete kohlenstoffhaltige Kraftstoffe (ABl. 2022, L 114, S. 182).


30      Dies hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben.


31      Nach Art. 1 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2023/1640 „[können] Wirtschaftsteilnehmer, die Biomasse gleichzeitig mit fossilen Kraftstoffen verarbeiten, … ein unternehmens- oder verfahrensspezifisches Prüfverfahren zur Bestimmung des Anteils der kohlenstoffhaltigen biologischen Inhaltsstoffe entwickeln und anwenden, das an die spezielle Gestaltung ihrer Anlage und die Zusammensetzung ihrer Rohstoffe angepasst ist. Dieses Hauptprüfverfahren des Outputs muss sich entweder auf Massenbilanz‑, Energiebilanz- oder Ausbeuteverfahren oder auf die Radiokarbonmethode (14C) (d. h. Nachweis von Radiokohlenstoff mittels Beschleuniger-Massenspektrometrie (Accelerator Mass Spectrometry – AMS) oder Flüssigszintillationszählung (Liquid Scintillation Counting – LSC)) stützen.“


32      Vgl. vierter Erwägungsgrund, wiedergegeben in Nr. 10 der vorliegenden Schlussanträge.


33      Art. 2 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2023/1640.


34      Vgl. 110. Erwägungsgrund der Richtlinie 2018/2001.


35      Vgl. Art. 30 Abs. 8 der Richtlinie 2018/2001 und ihr 108. Erwägungsgrund.


36      Der Umstand, dass die MB-Methode und die freiwilligen Zertifizierungssysteme der Betrugsgefahr vorbeugen, wurde vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Oktober 2018, L.E.G.O. (C‑242/17, EU:C:2018:804, Rn. 66), sowie von mir in meinen Schlussanträgen in derselben Rechtssache (EU:C:2018:318, Nrn. 84 und 97) hervorgehoben.


37      Urteil vom 12. November 2015, Visnapuu (C‑198/14, EU:C:2015:751, Rn. 40).


38      Urteile vom 11. Juli 1974, Dassonville (8/74, EU:C:1974:82, Rn. 5), vom 23. Dezember 2015, Scotch Whisky Association u. a. (C‑333/14, EU:C:2015:845, Rn. 31), und vom 9. Januar 2023, CIHEF u. a. (C‑147/21, EU:C:2023:31, Rn. 37).


39      Urteil vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien (C‑110/05, EU:C:2009:66, Rn. 35 und 37).


40      Vorlageentscheidung, Rn. 16.


41      Schriftliche Erklärungen, Rn. 93 bis 100.


42      Circulaire du ministre de l’action et des comptes publics aux opérateurs économiques et aux services des douanes, du 4 février 2020, relative au régime de l’usine exercée (NOR: CPAD1917906C) (Runderlass des Ministers für öffentliche Handlung und Haushalte an die Wirtschaftsteilnehmer und Zolldienststellen vom 4. Februar 2020 zur Regelung der „usine exercée“). In der Vorlageentscheidung wird auf diesen Runderlass nicht Bezug genommen.


43      Die nationalen Hersteller sind verpflichtet, für jedes hergestellte Produkt, das der Kontrolle der Zollbehörden unterliegt, ein technisches Datenblatt auszufüllen, in dem die Durchführung der 14C‑Analyse angegeben wird.


44      Urteil E.ON Biofor Sverige, Rn. 46 und 90.


45      Urteile vom 7. Mai 1997, Pistre u. a. (C‑321/94 bis C‑324/94, EU:C:1997:229, Rn. 52), und vom 17. Juni 1981, Kommission/Irland (113/80, EU:C:1981:139, Rn. 11).


46      Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 77 bis 119), und die Schlussanträge von Generalanwalt Bot in dieser Rechtssache (C‑573/12, EU:C:2014:37, Nr. 79). Generalanwalt Bot schlägt vor, dass eine Maßnahme auch dann durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt sein kann, wenn sie eine Ungleichbehandlung bewirkt, vorausgesetzt, sie genügt einem „verstärkten“ Rechtfertigungserfordernis.


47      Urteile vom 6. Oktober 2011, Bonnarde (C‑443/10, EU:C:2011:641, Rn. 34), vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft (C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 77 bis 82), und vom 4. Oktober 2018, L.E.G.O. (C‑242/17, EU:C:2018:804, Rn. 64).


48      Die französische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es Ziel der angefochtenen Rechtsvorschrift sei, gegen bestimmte betrügerische Handlungen vorzugehen, da Zertifikate über die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien aufgetaucht seien, in denen für die nach Frankreich ausgeführten Chargen ein viel höherer Gehalt an biobasierten Molekülen angegeben werde, als dies tatsächlich der Fall sei. Wenn z. B. eine Raffinerie mittels Co-Processing verarbeiteten Biokraftstoff aus 50 % Biomasse herstelle, der mit der MB-Methode nachgewiesen werde, würde für die nach Frankreich ausgeführten Chargen ein Gehalt von 80 % biobasierten Molekülen angegeben, um die Zahlung der TIRIB zu vermeiden.


49      Nr. 114, vorstehend in Nr. 17 dieser Schlussanträge wiedergegeben.


50      Es versteht sich von selbst, dass die Maßnahme nicht verhältnismäßig wäre, wenn sie zu einer Doppelung der Erfordernisse für importierte gemeinsam verarbeitete Kraftstoffe führen würde, d. h., wenn im Herkunftsstaat eine 14C‑Analyse vorgeschrieben ist, kann eine solche Analyse im Bestimmungsstaat nicht verlangt werden. Wenn der Gehalt an biobasierten Molekülen durch die vom Hersteller im Rahmen eines freiwilligen Zertifizierungssystems vorgelegten Daten genau nachgewiesen wird, kann ebenso wenig eine 14C‑Analyse verlangt werden. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass dies im vorliegenden Rechtsstreit der Fall ist, wobei die entsprechende Würdigung Sache des vorlegenden Gerichts ist.


51      Urteil vom 23. Dezember 2015, Scotch Whisky Association u. a. (C‑333/14, EU:C:2015:845, Rn. 37).


52      Rn. 16 und 19.


53      Rn. 72 bis 79 ihrer schriftlichen Erklärungen.