Language of document : ECLI:EU:T:2017:848





Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 29. November 2017 –
Montel/Parlament

(Rechtssache T634/16)

„Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Europäischen Parlaments – Zulage für parlamentarische Assistenz – Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge – Befugnis des Generalsekretärs – Electa una via – Verteidigungsrechte – Beweislast – Begründungspflicht – Vertrauensschutz – Politische Rechte – Gleichbehandlung – Ermessensmissbrauch – Unabhängigkeit der Abgeordneten – Tatsachenfehler – Verhältnismäßigkeit“

1.      Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Begriff – Handlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen – Klage gegen ein Schreiben der Generaldirektion Finanzen des Europäischen Parlaments über die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Zulagen für parlamentarische Assistenz – Handlung mit rein informativem Charakter – Ausschluss

(Art. 263 AEUV)

(vgl. Rn. 27, 29)

2.      Gerichtliches Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Bestimmung des Streitgegenstands – Klare und genaue Darstellung der geltend gemachten Klagegründe – Klage auf Ersatz der von einem Organ verursachten Schäden – Keine Angaben zu Art und Umfang des entstandenen Schadens sowie zum Kausalzusammenhang – Unzulässigkeit

(Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 76 Buchst. d)

(vgl. Rn. 33, 34)

3.      Europäisches Parlament – Verwaltungsverfahren – Beschluss des Parlaments, mit dem ein rechtsgrundlos gezahlter Betrag für parlamentarische Assistenz zurückgefordert wird – Verstoß gegen den Grundsatz electa una via – Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem – Fehlen

(Beschluss des Präsidiums des Parlaments zu Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments, Art. 68)

(vgl. Rn. 80, 81, 83)

4.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Grundrechte – Unschuldsvermutung – Beschluss des Parlaments, mit dem ein rechtsgrundlos gezahlter Betrag für parlamentarische Assistenz zurückgefordert wird – Vereinbarkeit mit dem genannten Grundsatz – Voraussetzungen

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 48 Abs. 1)

(vgl. Rn. 91)

5.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Recht auf Anhörung – Umfang – Pflicht, den Betroffenen in die Lage zu versetzen, sich mündlich zu äußern – Fehlen

(Beschluss des Präsidiums des Parlaments zu Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments, Art. 68 Abs. 2)

(vgl. Rn. 104-106)

6.      Europäisches Parlament – Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder – Zulage für parlamentarische Assistenz – Kontrolle der Verwendung von Kosten für parlamentarische Assistenz – Beweislast

(Beschluss des Präsidiums des Parlaments zu Durchführungsbestimmungen zum Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments, Art. 33 Abs. 1)

(vgl. Rn. 119, 120)

7.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss des Parlaments, mit dem ein rechtsgrundlos gezahlter Betrag für parlamentarische Assistenz zurückgefordert wird

(Art. 296 AEUV)

(vgl. Rn. 130)

8.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Schutz des berechtigten Vertrauens – Voraussetzungen – Konkrete Zusicherungen der Verwaltung – Rechtssicherheit – Erfordernis der Klarheit und Bestimmtheit von Akten mit Rechtswirkungen

(vgl. Rn. 140, 141, 143, 144)

9.      Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Gleichbehandlung – Diskriminierung – Begriff

(vgl. Rn. 159, 166)

10.    Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Umfang

(vgl. Rn. 160)

11.    Nichtigkeitsklage – Gründe – Ermessensmissbrauch – Begriff

(vgl. Rn. 161)

12.    Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verhältnismäßigkeit – Bedeutung

(vgl. Rn. 233)

Gegenstand

Zum einen Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses des Generalsekretärs des Parlaments vom 24. Juni 2016, mit dem von der Klägerin ein rechtsgrundlos gezahlter Betrag von 77 276,42 Euro für parlamentarische Assistenz zurückgefordert wurde, der Mitteilung und der Maßnahmen zur Vollziehung dieses Beschlusses, die in den Schreiben des Generaldirektors der Generaldirektion Finanzen des Parlaments vom 5. und 6. Juli 2016 enthalten waren, sowie der entsprechenden Belastungsanzeige vom 4. Juli 2016, zum anderen Klage nach Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin u. a. durch diesen Beschluss entstanden sein soll

Tenor

1.

Der Beschluss des Generalsekretärs des Parlaments vom 24. Juni 2016, mit dem von Frau Sophie Montel ein rechtsgrundlos gezahlter Betrag von 77 276,42 Euro für parlamentarische Assistenz zurückgefordert wurde, und die entsprechende Belastungsanzeige vom 4. Juli 2016 werden für nichtig erklärt, soweit sie Beträge betreffen, die im Zeitraum zwischen Februar und April 2015 gezahlt wurden.

2.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.

Frau Montel, das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen jeweils ihre eigenen Kosten.