Language of document : ECLI:EU:C:2001:329

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

FRANCIS G. JACOBS

vom 14. Juni 2001(1)

Rechtssache C-377/98

Königreich der Niederlande

gegen

Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union

Inhaltsverzeichnis

     Die Richtlinie

I - 2

     Die Nichtigkeitsklage

I - 4

     Der Kontext der Richtlinie - Patentrecht

I - 6

     Der Kontext der Richtlinie - Biotechnologie

I - 9

     Das Vorbringen zur Rechtsgrundlage

I - 12

         Maßgebliche Begründungserwägungen und Bestimmungen der Richtlinie

I - 13

         Das Vorbringen zum fehlenden Nachweis von Handelshemmnissen

I - 15

         Das Vorbringen zur angeblichen Unangemessenheit und Wirkungslosigkeit der Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene

I - 18

         Das Vorbringen, die Artikel 130 und 130f in Verbindung mit Artikel 235 seien die zutreffende Rechtsgrundlage

I - 20

         Das Vorbringen, die Richtlinie verstoße gegen Artikel 100a Absatz 3

I - 22

         Zum Vorbringen, die Richtlinie schaffe ein neues Recht des geistigen Eigentums

I - 23

     Das Vorbringen zur Subsidiarität

I - 26

     Das Vorbringen zur Rechtssicherheit

I - 27

         Vorbringen zu Artikel 6

I - 29

             Öffentliche Ordnung und gute Sitten: hinreichend klare Begriffe?

I - 30

             Bedeutung und Zweck der Einschränkung in Artikel 6 Absatz 1

I - 35

             Umfasst die öffentliche Ordnung Umweltschäden?

I - 36

             Stellenwert der Begründungserwägung 38

I - 37

         Das Vorbringen zu den Pflanzensorten und Tierrassen

I - 38

             Maßgebliche Begründungserwägungen und Bestimmungen der Richtlinie

I - 38

             Das Vorbringen zu den Artikeln 8 und 9

I - 40

             Das Vorbringen zur fehlenden Definition der „Tierrassen“

I - 42

             Das Vorbringen zu den Begründungserwägungen 31 und 32 sowie zu den Artikeln 4 Absatz 1 Buchstabe a und 4 Absatz 2

I - 43

     Das Vorbringen zum Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen

I - 46

         Verstoß gegen das TRIPS-Übereinkommen

I - 47

         Unvereinbarkeit mit dem Übereinkommen über technische Handelshemmnisse

I - 49

         Unvereinbarkeit mit dem Europäischen Patentübereinkommen

I - 50

         Unvereinbarkeit mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt

I - 52

     Das Vorbringen zu den Grundrechten

I - 56

         Verstößt Artikel 5 Absatz 2 gegen Grundrechte?

I - 59

         Verstößt die fehlende Zustimmungsbedürftigkeit gegen Grundrechte?

I - 61

     Das Vorbringen zur fehlenden Befolgung des richtigen Verfahrens

I - 64

     Ergebnis

I - 66

1.
    In der vorliegenden Rechtssache haben die Niederlande gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) Klage auf Nichtigerklärung derRichtlinie 98/44 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen(2) erhoben.

Die Richtlinie

2.
    Das Kapitel 1 (Artikel 1 bis 7) der Richtlinie trägt die Überschrift „Patentierbarkeit“.

3.
    Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, biotechnologische Erfindungen nach ihrem nationalen Patentrecht zu schützen(3). Obwohl nicht definiert ist, was „biotechnologische Erfindungen“ sind, ist doch klar, dass der Begriff im Wesentlichen Erfindungen umfasst, die „ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt, bearbeitet oder verwendet wird“, zum Gegenstand haben(4), oder Erfindungen, die „ein mikrobiologisches oder sonstiges technisches Verfahren oder ein durch diese Verfahren gewonnenes Erzeugnis zum Gegenstand haben“(5). „Mikrobiologisches Verfahren“ ist definiert als „jedes Verfahren, bei dem mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in mikrobiologisches Material durchgeführt oder mikrobiologisches Material hervorgebracht wird“(6). „Biologisches Material“ ist definiert als „ein Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann“(7). Biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt werden kann, kann auch dann Gegenstand einer Erfindung sein, wenn es in der Natur schon vorhanden war(8); ähnlich kann ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, eine patentierbare Erfindung sein, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist(9).

4.
    Nicht patentierbar sind nach der Richtlinie: i) Pflanzensorten und Tierrassen(10), ii) im wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren(11), iii) der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens(12), sowie iv) Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde(13). Beispiele für die Letztgenannten sind a) Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen, b) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens, c) die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken und d) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere(14).

5.
    Kapitel II der Richtlinie (Artikel 8 bis 11) betrifft den Umfang des Patentschutzes, Kapitel III (Artikel 12) Zwangslizenzen wegen Abhängigkeit(15) und Kapitel IV (Artikel 13 und 14) die Hinterlegung von, den Zugang zu und die erneute Hinterlegung von biologischem Material. Kapitel V (Artikel 15 bis 18) enthält Schlussbestimmungen. Die Bestimmungen dieser Kapitel werden nachstehend, soweit erforderlich, wiedergegeben.

6.
    Die Richtlinie hat eine verhältnismäßig lange Entstehungsgeschichte, obwohl die letztlich verabschiedete Fassung das Gesetzgebungsverfahren mit beeindruckender Geschwindigkeit durchlief.

7.
    1988 legte die Kommission ihren ersten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vor(16). Die vorgeschlagene Richtlinie ging von der Prämisse aus, dass „der Gegenstand einer Erfindung ... nicht allein deshalb, weil er aus lebender Materie besteht, als nicht patentfähig gelten [darf]“(17). Dieser Vorschlag scheiterte letztlich, hauptsächlich wegen des Widerstands des Parlaments gegen eine Maßnahme, die keinegrundlegenden ethischen Prinzipien für die Patentierung in Zusammenhang mit lebender Materie formulierte.

8.
    1996 legte die Kommission einen neuen Vorschlag vor(18). Am 6. Juli 1998 wurde die Richtlinie nach wesentlichen, vom Parlament vorgeschlagenen Änderungen erlassen. Die Niederlande stimmten gegen die Richtlinie, Italien und Belgien enthielten sich der Stimme. Die Richtlinie war bis zum 30. Juli 2000 umzusetzen(19).

9.
    Die Richtlinie weist in der endgültigen Fassung 56 Begründungserwägungen auf(20), denen nur 18 Artikel gegenüberstehen, die nicht alle materiellen Inhalt haben. Zahlreiche Begründungserwägungen sollen eindeutig Einwänden entgegentreten, die das Parlament sowohl gegen den Vorschlag von 1996 als auch gegen den von 1988 erhoben hatte. Nicht alle Begründungserwägungen spiegeln sich in den Artikeln der Richtlinie wider. Die Begründungserwägungen und die materiellen Bestimmungen der Richtlinie werden nachstehend im Kontext der verschiedenen Klagegründe der Niederlande erörtert.

Die Nichtigkeitsklage

10.
    Die Niederlande haben die Gültigkeit der Richtlinie in Frage gestellt. Ihrer Klageschrift ist zu entnehmen, dass sie sich im Wesentlichen dagegen wenden, dass Pflanzen, Tiere und Teile des menschlichen Körpers patentierbar sein sollen. Sie sind der Auffassung, dass das Recht auf Patentierung im Bereich der Biotechnologie auf das biotechnologische Verfahren beschränkt sein und nicht auf dabei hervorgebrachte Produkte ausgedehnt werden sollte. Es sollten mit anderen Worten weder Pflanzen noch Tiere als solche einschließlich genetisch veränderter Pflanzen und Tiere noch menschliches biologisches Material patentierbar sein.

11.
    Als Begründung für die Nichtigerklärung der Richtlinie wird angeführt: i) sie sei zu Unrecht auf Artikel 100a des Vertrages gestützt worden, ii) sie verstoße gegen den Grundsatz der Subsidiarität, iii) sie verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, iv) sie sei mit völkerrechtlichen Pflichten unvereinbar, v) sie verletze Grundrechte und vi) sie sei nicht ordnungsgemäß erlassen, da die endgültige Fassung des dem Parlament und dem Rat übermittelten Vorschlags nicht vom Kollegium der Kommissare beschlossen worden sei.

12.
    Wie wir noch sehen werden, betreffen einige der genannten Gründe die Auslegung und Wirkung der Richtlinie in technischen Bereichen: So wird zum Beispiel im zweiten Teil des dritten Klagegrundes der Umfang des Ausschlusses von Pflanzensorten und Tierrassen von der Patentierbarkeit in Frage gestellt. Andere Klagegründe werfen materielle Fragen von größerer Bedeutung auf, etwa die Vereinbarkeit der Richtlinie mit Grundrechten und anderen völkerrechtlichen Pflichten. Der erste, der zweite und der sechste Klagegrund schließlich betreffen eher formelle Fragen in Zusammenhang mit dem Erlass der Richtlinie. Auch diese Gründe berühren indessen wichtige Grundsatzfragen: Ein Argument in Zusammenhang mit der zutreffenden Rechtsgrundlage wirft z. B. die Frage auf, ob die Richtlinie mit der Schaffung eines „Patents auf Leben“ ein neues Immaterialgüterrecht einführt. Ich möchte die Nichtigkeitsgründe in der Reihenfolge prüfen, in der die Niederlande sie in ihrer Klageschrift angeführt haben, obwohl auch andere Vorgehensweisen vorstellbar sind.

13.
    Die Niederlande werden durch Italien (dessen Streithilfeschriftsatz vornehmlich dem ersten und dritten Nichtigkeitsgrund gilt) und Norwegen (das sich dem ersten, dritten und vierten Klagegrund widmet) unterstützt. Der Rat und das Parlament werden durch die Kommission (die sich nur zum sechsten Klagegrund äußert) unterstützt.

14.
    An dieser Stelle sollten zwei Verfahrensfragen Erwähnung finden.

15.
    Erstens reichten die Niederlande am 6. Juli 2000 einen Antrag auf einstweilige Anordnung ein, mit dem sie in erster Linie eine Aussetzung des Vollzugs der Richtlinie bis zur Entscheidung des Gerichtshofes über die Nichtigkeitsklage anstrebten. Das Europäische Parlament und der Rat reichten schriftliche Erklärungen zum Antrag auf einstweilige Anordnung ein. Am 18. Juli 2000 fand eine Sitzung statt, an der die Niederlande, das Parlament und der Rat zusammen mit Italien und der Kommission, die beide als Streithelfer zugelassen worden waren, teilnahmen. Der Antrag auf einstweilige Anordnung wurde mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 25. Juli 2000 zurückgewiesen.

16.
    Zweitens machten der Rat und das Parlament vorab geltend, der Streithilfeschriftsatz Norwegens sei unzulässig. Artikel 37 der Satzung des Gerichtshofes setze den Antrag auf Zulassung als Streithelfer eines Staates voraus, der Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sei und die Anträge einer der Parteien unterstützen wolle. Artikel 93 § 5 Buchstabe a der Verfahrensordnung des Gerichtshofes fordere gleichermaßen, dass der Streithilfeschriftsatz die Anträge des Streithelfers enthalte, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt seien. In der vorliegenden Rechtssache beantragten die Niederlande die Nichtigerklärung der Richtlinie. In der Einleitung seines Streithilfeschriftsatzes stelle Norwegen fest, dass die Niederlande „mehrere Fragen aufwerfen, die entscheidend dafür sein könnten, ob die Richtlinie in einen vomEWR-Abkommen erfassten Bereich fällt, und auch für die Durchführung der Richtlinie im Rahmen des EWR-Abkommens“. Nirgendwo sei angegeben, dass Norwegen die Anträge der Niederlande unterstütze. Der Streithilfeschriftsatz schließe wie folgt:

„Einige der von der Regierung der Niederlande in ihrer Klage auf Nichtigerklärung der Richtlinie 98/44/EG aufgeworfenen Fragen könnten entscheidend für die Frage sein, ob die Richtlinie unter das EWR-Abkommen fällt, und für die Durchführung der Richtlinie im Rahmen des EWR-Abkommens. Norwegen ersucht daher den Gerichtshof respektvoll, die vorgetragenen Argumente zu berücksichtigen.“

17.
    Der Rat trägt ergänzend vor, dass die Streithelfererklärungen von Norwegen jedenfalls überholt seien, da Artikel 3 Absatz 4 des Protokolls 28 zum EWR-Abkommen die EFTA-Mitgliedstaaten verpflichte, ihr Recht den materiellen Bestimmungen des Europäischen Patentübereinkommens anzupassen, und zu diesen Bestimmungen jetzt auch die Vorschriften der Richtlinie gehörten (vgl. unten).

18.
    Ich pflichte dem Rat und dem Parlament darin, dass der Streithilfeschriftsatz von Norwegen unzulässig sei, nicht bei. Norwegen stellt in seinem Streithilfeantrag ausdrücklich fest, dass es zugunsten der Niederlande als Streithelfer beitrete. Aus seinem Streithilfeschriftsatz ergibt sich, auch wenn es dort nicht ausdrücklich festgestellt wird, dass Norwegen das Vorbringen der Niederlande unterstützt, dass Artikel 100a als Rechtsgrundlage für die Richtlinie unzutreffend gewesen sei, dass die Richtlinie gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße und dass sie unvereinbar mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt sei. Ferner wird festgestellt, dass als Folge dieser Unvereinbarkeit nach Meinung Norwegens die Richtlinie „aufgehoben“ werden sollte, was „für nichtig erklärt“ bedeuten könnte, und dass der Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit bewirke, dass die Richtlinie für nichtig erklärt werden müsse. Ich stehe demzufolge auf dem Standpunkt, dass der Streithilfeschriftsatz von Norwegen zulässig ist.

Der Kontext der Richtlinie - Patentrecht

19.
    Ein Patent ist ein subjektives Recht, das dem Erfinder für eine bestimmte Erfindung gewährt wird und ihn berechtigt, anderen die Herstellung, Verwendung oder Verwertung der Erfindung während der Dauer des Patents zu untersagen. Die meisten entwickelten Rechtssysteme weisen seit einiger Zeit ein Patentrechtssystem auf. Das älteste bekannte englische Patent wurde beispielsweise dem als Flamen geborenen John of Utynam 1449 von Heinrich VI verliehen. Das Patent verlieh ein zwanzigjähriges Ausschließlichkeitsrecht für eine bis dahin in England unbekannte Methode zur Herstellung von Buntglas für die Fenster von Eton College.

20.
    Moderne Patentrechtssysteme tendieren dahin, mehr oder weniger einheitliche Erfordernisse für die Patenterteilung festzulegen. Diese Erfordernisse können am Beispiel des Europäischen Patentübereinkommens illustriert werden,das 1978 in Kraft getreten ist. Es ist zwar kein Gemeinschaftsakt(21), doch vereinheitlicht es tatsächlich, da alle Mitgliedstaaten der Union dem Übereinkommen beigetreten sind, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents in der gesamten Union.

21.
    Das Übereinkommen schafft „ein den Vertragsstaaten gemeinsames Recht für die Erteilung von Erfindungspatenten“(22). Ein nach dem Übereinkommen erteiltes Patent wird als europäisches Patent bezeichnet und hat in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt worden ist(23), dieselbe Wirkung und unterliegt denselben Vorschriften wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent(24). Die Durchsetzung eines nach dem Übereinkommen erteilten Patents wird daher nicht im Übereinkommen geregelt, sondern bestimmt sich nach dem nationalen materiellen und Verfahrensrecht.

22.
    Ein europäisches Patent wird für jede Erfindung erteilt, die gewerblich anwendbar und neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht(25). Ein europäisches Patent wird indessen nicht erteilt für

„(a)    Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, wobei ein solcher Verstoß nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden kann, dass die Verwertung der Erfindung in allen oder einem Teil der Vertragsstaaten durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist;

(b)    Pflanzensorten oder Tierarten sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren; diese Vorschrift ist auf mikrobiologische Verfahren und auf die mit Hilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse nicht anzuwenden“(26).

23.
    Die gleichen Kriterien werden zur Definition patentierbarer Erfindungen im TRIPS-Übereinkommen(27) herangezogen, obwohl die Ausnahmen von der Patentierbarkeit hier als Kann-Bestimmungen ausgestaltet sind.

24.
    Ein gemeinsames Merkmal aller modernen Patentsysteme ist das Erfordernis, dass in der Patentanmeldung die Erfindung so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann(28). Die Beschreibung muss eine eingehende Darstellung mindestens eines Weges zur Ausführung der Erfindung sowie eine Erklärung enthalten, wie die Erfindung gewerblich genutzt werden kann(29). Da Patentanmeldungen normalerweise veröffentlicht werden(30), nimmt die Summe des allgemein zugänglichen Wissens mit jedem Patent zu. Obwohl dieses Wissen natürlich von einem Dritten während der Dauer des Patents nicht genutzt werden darf, um die Erfindung auszuführen, weil dies normalerweise eine Patentverletzung ist, kann es doch als Grundlage benutzt werden und zu weiteren Erfindungen führen.

25.
    Ein erteiltes Patent berechtigt den Inhaber lediglich, andere von der Ausführung, Verwendung und Veräußerung der patentierten Erfindung in dem Gebiet auszuschließen, in dem das Patent gilt. Es verleiht kein Eigentumsrecht als solches und auch kein unbeschränktes Recht zur Ausführung oder sonstigen Nutzung der Erfindung. Daher muss sich der Patentinhaber stets an die nationalen Rechtsvorschriften halten, wenn er seine Erfindung ausführt, benutzt oder veräußert(31). Er mag z. B. eine Erlaubnis oder Genehmigung benötigen; er kann sogar eine Erfindung patentieren lassen (eine Waffenart beispielsweise), deren Ausführung, Verwendung oder Veräußerung nach nationalem Recht verboten ist.

26.
    Ein Beispiel soll dies veranschaulichen. Nehmen wir an, es würde eine überlegene Kopiermaschine patentiert, deren verbesserte Leistung es ermöglichte, gefälschte Banknoten höchster Qualität herzustellen. Die Geltung eines Patents (das nach den meisten Patentsystemen einschließlich des Europäischen Patentübereinkommens deshalb erteilt würde, weil nicht alle Verwendungen dieserErfindung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstießen(32)) würde natürlich eine solche Verwendung nicht rechtmäßig machen.

27.
    Normalerweise stellt nur die Nutzung für gewerbliche Zwecke eine Patentverletzung dar, und die Patentgesetze legen fest, dass bestimmte Handlungen keine Verletzung sind. Experimentelle Nutzung ist eine solche Ausnahme: Experimente, die patentierte Erfindungen vervollkommnen, verbessern oder weiter entwickeln sollen, verstoßen nicht gegen das Patent.

Der Kontext der Richtlinie - Biotechnologie

28.
    „Biotechnologie“ wird im Shorter Oxford English Dictionary (Ausgabe 1993)(33) als „the industrial application of biological processes“ („die gewerbliche Anwendung biologischer Verfahren“) definiert. Die Encyclopaedia Britannica definiert diesen Begriff als „the application to industry of advances made in the techniques and instruments of research in the biological sciences“ („die gewerbliche Anwendung von Fortschritten bei den Forschungstechniken und -instrumenten in den biologischen Wissenschaften“). Im Übereinkommen über die biologische Vielfalt(34) wird der Begriff definiert als „jede technologische Anwendung, die biologische Systeme, lebende Organismen oder Produkte daraus benutzt, um Erzeugnisse oder Verfahren für eine bestimmte Nutzung herzustellen oder zu verändern“(35).

        

29.
    Biotechnologie in diesem weiten Sinn ist so alt wie Brot, Wein, Bier und Käse. Historisch gesehen wurden biotechnologische Erfindungen wie Verfahren unter Verwendung von Hefen und der Gärung(36) typischerweise als patentierbarbetrachtet(37); ein allgemeines Verbot von Patenten, bei denen es um Basistypen lebender Materie ging, gab es also nicht, obwohl verfeinerte lebendige Materie normalerweise durch ausdrückliche Gesetzesvorschrift oder durch die Rechtsprechung von der Patentierbarkeit ausgeschlossen war.

    

30.
    Biotechnologie im modernen Sinne einer genetischen Manipulation wurde durch bemerkenswerte Fortschritte in der Biochemie, Molekularbiologie und Vererbungslehre in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ermöglicht. Die Entdeckung der DNS-Struktur(38) durch Francis Crick und James Watson im Jahr 1953 bahnte den Weg für weitere Entdeckungen. Jedes DNS-Molekül ist als doppelte Helix oder Doppelspirale ausgebildet, die durch Basen verbunden sind, von denen es vier Arten gibt. Der Kern einer Zelle enthält mehrere DNS-Ketten, die Chromosomen genannt werden. Ein Gen ist Teil eines Chromosoms und daher ein DNS-Abschnitt, der die Informationen für einen Teil eines Proteins enthält. Die Folge der DNS-Basen in einer Zelle stellt den genetischen Code dieser Zelle dar. Zellen benötigen für ihre Entwicklung und Funktion zahlreiche verschiedene Proteine. Gene sind für besondere Proteine mit eigenen Funktionen in lebenden Zellen verantwortlich. Wenn eine Zelle Anweisungen für die Herstellung eines besonderen Proteins erhält, wird ein Teil der DNS-Helix auf Zeit „losgelöst“ (die beiden Stränge trennen sich), so dass eine Nachbildung des Code in ein RNS-Molekül (Ribonuklein-Säure) kopiert werden kann. Diese Nachbildung verlässt den Kern und veranlasst die Zelle, ein Protein oder einen Teil eines Proteins zu bilden.

31.
    DNS findet sich in allen Organismen (mit Ausnahme einiger Viren); es ist daher möglich, ein Gen zwischen nichtverwandten Arten und sogar auf andere Gattungen und Ordnungen zu übertragen, zum Beispiel zwischen Pflanzen, Bakterien, Menschen und anderen Lebewesen. Jede genetische Eigenart eines Organismus kann daher grundsätzlich auf einen anderen Organismus übertragen werden.

32.
    In den 70er Jahren wurde eine Methode entdeckt, aus Chromosomen spezifische Gene und Teile von Genen durch Restriktionsenzyme(39) zu extrahieren, die wie biologische Scheren einen Teil der DNS aus einer Zelle herausschneiden. Die DNS kann dann mit einem Laborverfahren in bakterielle, Virus- oder Hefezellen eingesetzt werden. Ein einzelnes Gen oder mehrere Gene können daher zwischen Organismen ausgetauscht werden. Die Zellen mit der fremden DNS können in enormen Mengen gezüchtet werden, wodurch das eingefügte DNS-Fragment geklont wird.

33.
    Diese Art der gentechnischen Rekombination von DNS hat eine Reihe von Verfahren möglich gemacht, die von unbestreitbarem Vorteil für die Menschheit sind(40) wie etwa die Massenproduktion von Insulin zur Behandlung des Diabetes(41), Interferon und anderen Mitteln zur Behandlung bestimmter Krebsarten, Impfstoffen gegen Krankheiten wie Hepatitis B, Wachstumshormonen für den Menschen zur Behandlung bestimmter Formen der Zwergwüchsigkeit und des Gerinnungsfaktors, der bei der Bluterkrankheit fehlt.

    

34.
    Gentransfer ist eine weitere Methode der Gentechnologie. DNS-Segmente, die ein spezifisches Gen oder spezifische Gene enthalten, werden erst wie geschildert isoliert und dann in die DNS eines befruchteten Eis oder später einer Embryozelle übertragen. Das neue Gen wird Teil des ausgewachsenen Organismus sein und einigen Abkömmlingen dieses Organismus vererbt werden.

35.
    Klonen ist ein Verfahren, bei dem der Kern einer unbefruchteten Eizelle entfernt und durch den Kern einer somatischen Zelle (also einer nicht mit den reproduktiven Zellen identischen Tier- oder Pflanzenzelle) ersetzt wird, die das gesamte genetische Material enthält. Überlebt die behandelte Eizelle und entwickelt sie sich, wird das entstehende Tier ein genetischer Klon des Tieres sein, dem die somatische Zelle entnommen wurde.

36.
    Die biotechnologische Industrie begann sich ernsthaft zu entwickeln, nachdem ein Urteil des US Supreme Court 1980 festgestellt hatte(42), dass „ein lebender, künstlich hergestellter Mikroorganismus patentierbar ist“. Diese Sache betraf die Erfindung einer mit Gentechnik künstlich erzeugten Bakterie, die Rohöl zersetzen konnte. Der Supreme Court entschied (mit einer 5:4-Mehrheit), dass der Mikroorganismus ein „manufacture“ (Erzeugnis) oder eine „composition of matter“ (Stoffverbindung) im Sinne des Patent Act 1952 sei(43). Das Gericht wies darauf hin, dass nach dem Ausschussbericht zum Gesetz von 1952 für den Kongress derGegenstand des Gesetzes „alles unter der Sonne [sein sollte], was von Menschen geschaffen wird“(44).

37.
    Dieses Urteil führte zur Gründung einer Reihe von Unternehmen, die gentechnisch Substanzen für eine Vielzahl meist medizinischer und ökologischer Zwecke herstellen.

38.
    In den 80er Jahren meldete die Harvard-Universität nach dem Europäischen Patentübereinkommen ein Patent für eine Maus an, der gentechnisch eine Gensequenz eingepflanzt worden war, die sie stärker krebsanfällig sein ließ. 1990 entschied die technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts, dass die Ausnahme von der Patentierbarkeit nach Artikel 53 Buchstabe b des Europäischen Patentübereinkommens(45) für bestimmte Tierarten gelte, nicht aber für Tiere als solche, und berief sich darauf, dass Artikel 53 Buchstabe b als Ausnahme eng ausgelegt werden müsse. Das Patent wurde demnach erteilt(46).

39.
    Entwicklungen in der Gentechnik haben vielerorts zu Besorgnis geführt. Eine Technologie, die die genetische Struktur von Tieren und Menschen zu verändern erlaubt und das Potential zur Schaffung menschlicher Klone besitzt, macht eindeutig eine sorgsame Regelung erforderlich. Die verständliche Furcht vor den Folgen unzureichend geregelter Forschung auf diesem Gebiet hat sich zumeist gegen Rechtsvorschriften - wie die Richtlinie - gerichtet, die für die Patentierbarkeit solcher Erfindung maßgebend sind. Viele Stellungnahmen gehen von der Annahme aus, dass nach diesen Rechtsvorschriften jedes Gen oder jede Gensequenz oder gar das gesamte menschliche Genmaterial jetzt ohne weiteres patentiert werden kann. Diese Annahme ist aber unzutreffend. Die Richtlinie lässt die klassischen Erfordernisse der Patentierbarkeit wie Neuigkeit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Verwertbarkeit unberührt. Die bloße Entdeckung eines Gens oder einer Gensequenz ist nach der Richtlinie nicht patentfähiger, als dies vorher der Fall war(47).

Das Vorbringen zur Rechtsgrundlage

40.
    Die Richtlinie ist auf Artikel 100a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 95 EG) gestützt, nach dessen Absatz 1 der Rat mit qualifizierter Mehrheit und im Verfahren der Mitentscheidung gemäß Artikel 189b (jetzt Artikel 250 EG) die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten erlässt, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben.

41.
    Die Niederlande machen mit Unterstützung Italiens geltend, dass Artikel 100a aus mehreren Gründen nicht die ordnungsgemäße Rechtsgrundlage für die Richtlinie sei und dass, falls es als erforderlich betrachtet worden sein sollte, biotechnologische Erfindungen zu regeln, Artikel 235 EG-Vertrag (jetzt Artikel 308 EG), der Einstimmigkeit erfordere, hätte herangezogen werden müssen.

Maßgebliche Begründungserwägungen und Bestimmungen der Richtlinie

42.
    Die Richtlinie enthält u. a. folgende Begründungserwägungen:

„(1)    Biotechnologie und Gentechnik spielen in den verschiedenen Industriezweigen eine immer wichtigere Rolle, und dem Schutz biotechnologischer Erfindungen kommt grundlegende Bedeutung für die industrielle Entwicklung der Gemeinschaft zu.

(2)    Die erforderlichen Investitionen zur Forschung und Entwicklung sind insbesondere im Bereich der Gentechnik hoch und risikoreich und können nur bei angemessenem Rechtsschutz rentabel sein.

(3)    Ein wirksamer und harmonisierter Schutz in allen Mitgliedstaaten ist wesentliche Voraussetzung dafür, dass Investitionen auf dem Gebiet der Biotechnologie fortgeführt und gefördert werden.

...

(5)    In den Rechtsvorschriften und Praktiken der verschiedenen Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Schutzes biotechnologischer Erfindungen bestehen Unterschiede, die zu Handelsschranken führen und so das Funktionieren des Binnenmarktes behindern können.

(6)    Diese Unterschiede können sich dadurch noch vergrößern, dass die Mitgliedstaaten neue und unterschiedliche Rechtsvorschriften und Verwaltungspraktiken einführen oder dass die Rechtsprechung der einzelnen Mitgliedstaaten sich unterschiedlich entwickelt.

(7)    Eine uneinheitliche Entwicklung der Rechtsvorschriften zum Schutz biotechnologischer Erfindungen in der Gemeinschaft könnte zusätzliche ungünstige Auswirkungen auf den Handel haben und damit zu Nachteilenbei der industriellen Entwicklung der betreffenden Erfindungen sowie zur Beeinträchtigung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts führen.

(8)    Der rechtliche Schutz biotechnologischer Erfindungen erfordert nicht die Einführung eines besonderen Rechts, das an die Stelle des nationalen Patentrechts tritt. Das nationale Patentrecht ist auch weiterhin die wesentliche Grundlage für den Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen, es muss jedoch in bestimmten Punkten angepasst oder ergänzt werden, um der Entwicklung der Technologie, die biotechnologisches Material benutzt, aber gleichwohl die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit erfüllt, angemessen Rechnung zu tragen.

(9)    In bestimmten Fällen, wie beim Ausschluss von Pflanzensorten, Tierrassen und von im Wesentlichen biologischen Verfahren für die Züchtung von Pflanzen und Tieren von der Patentierbarkeit haben bestimmte Formulierungen in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, die sich auf internationale Übereinkommen zum Patent- und Sortenschutz stützen, in Bezug auf den Schutz biotechnologischer und bestimmter mikrobiologischer Erfindungen für Unsicherheit gesorgt. Hier ist eine Harmonisierung notwendig, um diese Unsicherheit zu beseitigen.

...

(14)    Ein Patent berechtigt seinen Inhaber nicht, die Erfindung anzuwenden, sondern verleiht ihm lediglich das Recht, Dritten deren Verwertung zu industriellen oder gewerblichen Zwecken zu untersagen. Infolgedessen kann das Patentrecht die nationalen, europäischen oder internationalen Rechtsvorschriften zur Festlegung von Beschränkungen oder Verboten oder zur Kontrolle der Forschung und der Anwendung oder Vermarktung ihrer Ergebnisse weder ersetzen noch überflüssig machen, insbesondere was die Erfordernisse der Volksgesundheit, der Sicherheit, des Umweltschutzes, des Tierschutzes, der Erhaltung der genetischen Vielfalt und die Beachtung bestimmter ethischer Normen betrifft.“

43.
    Artikel 1 der Richtlinie lautet:

„(1)    Die Mitgliedstaaten schützen biotechnologische Erfindungen durch das nationale Patentrecht. Sie passen ihr nationales Patentrecht erforderlichenfalls an, um den Bestimmungen dieser Richtlinie Rechnung zu tragen.

(2)    Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus internationalen Übereinkommen, insbesondere aus dem TRIPS-Übereinkommen und dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt, werden von dieser Richtlinie nicht berührt.“

44.
    Artikel 11 der Richtlinie bestimmt:

„(1)    Abweichend von den Artikeln 8 und 9 beinhaltet der Verkauf oder das sonstige Inverkehrbringen von pflanzlichem Vermehrungsmaterial durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung an einen Landwirt zum landwirtschaftlichen Anbau dessen Befugnis, sein Erntegut für die generative oder vegetative Vermehrung durch ihn selbst im eigenen Betrieb zu verwenden, wobei Ausmaß und Modalitäten dieser Ausnahmeregelung denjenigen des Artikels 14 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 entsprechen.

(2)    Abweichend von den Artikeln 8 und 9 beinhaltet der Verkauf oder das sonstige Inverkehrbringen von Zuchtvieh oder von tierischem Vermehrungsmaterial durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung an einen Landwirt zum landwirtschaftlichen Anbau dessen Befugnis, sein Vieh zu landwirtschaftlichen Zwecken zu verwenden. Diese Befugnis erstreckt sich auch auf die Überlassung des Viehs oder anderen tierischen Vermehrungsmaterials zur Fortführung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit, jedoch nicht auf den Verkauf mit dem Ziel oder im Rahmen einer gewerblichen Viehzucht.

(3)    Das Ausmaß und die Modalitäten der in Absatz 2 vorgesehenen Ausnahmeregelung werden durch die nationalen Gesetze, Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Verfahrensweisen geregelt.“

Das Vorbringen zum fehlenden Nachweis von Handelshemmnissen

45.
    Die Niederlande tragen erstens vor, selbst wenn es zuträfe, dass es, wie in der fünften und sechsten Begründungserwägung zu lesen sei, aktuelle und potenzielle Unterschiede bei den nationalen Rechtsvorschriften über die Patentierung biotechnologischer Erfindungen gebe, sei nicht nachgewiesen, dass diese Unterschiede tatsächlich den Handel behinderten oder behindern könnten. Selbst wenn dem so wäre, wären es Hindernisse im Handel mit den Vereinigten Staaten und Japan, wo die Herstellung und Patentierung biotechnologischer Erfindungen weiter fortgeschritten sei, und nicht innerhalb des Binnenmarktes. Da keine Unterschiede in den nationalen Rechtsvorschriften oder deren Auswirkungen auf den Handel nachgewiesen seien, sei die Harmonisierung im Wege einer Richtlinie nicht gerechtfertigt.

46.
    Der Rat und das Parlament berufen sich auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Spanien/Rat(48), wonach der Rückgriff auf Artikel 100a gerechtfertigt sei, wenn „wegen der zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede Harmonisierungsmaßnahmen in den Bereichen getroffen werden müssen, in denen die Gefahr besteht, dass dieseUnterschiede verfälschte Wettbewerbsbedingungen schaffen oder aufrechterhalten ... oder den freien Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft zu behindern drohen“. In dieser Rechtssache habe der Gerichtshof die Gültigkeit einer Verordnung über die Schaffung eines zusätzlichen Schutzzertifikats für Arzneimittel(49) bestätigt, die auf der Grundlage von Artikel 100a erlassen worden sei. Der Gerichtshof habe darauf hingewiesen, dass nach Darlegung des Rates zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verordnung Vorschriften über die Schaffung eines zusätzlichen Schutzzertifikats für Arzneimittel in zwei Mitgliedstaaten gegolten und sich in einem weiteren Mitgliedstaat im Entwurfsstadium befunden hätten. Mit der Verordnung habe eine einheitliche Lösung für die Gemeinschaft festgelegt werden sollen(50). Sie habe folglich „einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorbeugen [sollen], die neue Unterschiede zur Folge hätte, welche geeignet wären, den freien Verkehr von Arzneimitteln innerhalb der Gemeinschaft zu behindern und dadurch die Schaffung und das Funktionieren des Binnenmarktes unmittelbar zu beeinträchtigen“(51).

47.
    Ich möchte bemerken, dass die vorgenannten Grundsätze, wie sie im Urteil Spanien/Rat aufgestellt wurden, unlängst vom Gerichtshof im Urteil Deutschland/Parlament und Rat(52) verfeinert worden sind. In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof entschieden, dass Artikel 100a als Rechtsgrundlage herangezogen werden könne, um der Entstehung neuer Hindernisse für den Handel infolge einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen, dass jedoch das Entstehen solcher Hindernisse wahrscheinlich sein und die fragliche Maßnahme ihre Vermeidung bezwecken müsse(53). Zur Auswirkung der Maßnahme auf den Wettbewerb hat der Gerichtshof festgestellt, dass er zu prüfen habe, ob die Wettbewerbsverzerrungen, auf deren Beseitigung der Rechtsakt zielt, „spürbar“ seien(54), und damit, ob die Richtlinie tatsächlich zur Beseitigung spürbarer Verzerrungen des Wettbewerbs beitrage(55). Bei der Auswirkung der Maßnahmen auf den freien Warenverkehr ist der Gerichtshof offenbar weniger anspruchsvoll gewesen: Es genügt, dass Hemmnisse für den freien Warenverkehr „wahrscheinlich entstehen können“(56). Obwohl nachgewiesen war, dass zur fraglichen Zeit keine Hemmnisse bestanden, erschien es dem Gerichtshofdoch als wahrscheinlich, dass „[w]egen der Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften ... künftig Hindernisse für den freien Verkehr von ... [E]rzeugnissen entstehen werden“(57); die Verabschiedung einer Richtlinie auf der Grundlage des Artikels 100a EG-Vertrag könne daher zulässig sein(58).

48.
    Der Gerichtshof hat bereits früh festgestellt, dass ohne Harmonisierung der nationale Charakter des Schutzes von Immaterialgüterrechten und die Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtssystemen Hindernisse sowohl für den freien Verkehr patentierter Waren als auch für den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt schaffen können(59). Er hat ferner in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass sich der spezifische Gegenstand eines Patents namentlich dahin kennzeichnen lässt, dass der Erfinder zum Ausgleich für seine schöpferische Erfindertätigkeit das ausschließliche Recht, gewerbliche Erzeugnisse herzustellen und in den Verkehr zu bringen, sowie ferner das Recht erlangt, sich gegen jegliche Zuwiderhandlung zur Wehr zu setzen(60). Patente fördern somit den Wettbewerb durch Innovation. Die Niederlande erkennen dies implizit mit dem Hinweis an, dass die Herstellung biotechnologischer Erfindungen in den Vereinigten Staaten und Japan weiter fortgeschritten sei, wo, wie bereit erwähnt, biotechnologische Erfindungen seit 1980 bzw. 1981 ohne weiteres patentierbar sind(61). Heterogene und potenziell oder aktuell unterschiedliche Rechtsvorschriften über Rechtsschutz, Patentierbarkeit, Schutzumfang, Ausnahmen und Begrenzungen sind eindeutig geeignet, den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft zu beeinträchtigen und außerdem den freien Warenverkehr zu behindern. Unterschiedliche Schutzniveaus für das gleiche Produkt würden zu einer Fragmentierung des Marktes in nationale Märkte führen, in denen das Produkt zum Teil geschützt, zum Teil nicht geschützt wäre; der Gemeinsame Markt wäre nicht mehr ein einziges Umfeld für die Wirtschaftstätigkeit von Unternehmen. Der Gerichtshof hat dies im Kontext der Rechte des geistigen Eigentums ausdrücklich anerkannt(62).

49.
    Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass der Rat und das Parlament zu Recht den Standpunkt eingenommen haben, dass eine Harmonisierungsmaßnahme erforderlich sei, um Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Patentschutz biotechnologischer Erfindungen zu beseitigen.

50.
    Was das Vorbringen der Niederlande angeht, die Richtlinie solle insbesondere die europäische Industrie gegenüber den Vereinigten Staaten und Japan im Wettbewerb stärken, so pflichte ich hier dem Parlament bei, dass es mit Artikel 100a vereinbar ist, wenn die beabsichtigte Harmonisierung die Wettbewerbsstellung der europäischen Unternehmen auf dem Weltmarkt stärken soll. Obwohl dieses Ziel als ein Ziel der Industriepolitik betrachtet werden könnte, habe ich doch keinen Zweifel, dass es Leitziel für das Tätigwerden der Gemeinschaft sein kann. Einige argumentierten, dass ähnliche Erwägungen dem gesamten Binnenmarktprogramm unterliegen, wie es 1985 geschaffen wurde, und der Wettbewerb auf dem Weltmarkt ist oft als der Leitgedanke dieses Programms bezeichnet worden. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass der EG-Vertrag jetzt(63) einen Titel „Industrie“ enthält, nach dessen Maßgabe die Tätigkeit der Gemeinschaft auch abzielt auf die „Förderung einer besseren Nutzung des industriellen Potentials der Politik in den Bereichen Innovation, Forschung und technologische Entwicklung“ (Artikel 130 Absatz 1 des Vertrages, jetzt Artikel 157 Absatz 1 EG). In Artikel 130 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 157 Absatz 3 EG) heißt es weiter, dass die Gemeinschaft „durch die Politik und die Maßnahmen, die sie aufgrund anderer Bestimmungen dieser Verträge durchführt, zur Erreichung der Ziele des Absatzes 1 [beiträgt]“.

Das Vorbringen zur angeblichen Unangemessenheit und Wirkungslosigkeit der Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene

51.
    Mit ihrem zweiten Argument verweisen die Niederlande darauf, dass die neunte Begründungserwägung auf Unsicherheiten infolge internationaler Übereinkommen zum Patent- und Sortenschutz als Grund für eine Harmonisierung abstelle. Es sei aber nicht Sache der Europäischen Union, für eine solche Harmonisierung zu sorgen. Es sei aus mehreren Gründen vorzuziehen gewesen, die Harmonisierung durch eine Änderung des Europäischen Patentübereinkommens durchzuführen, die eine weitergehende Harmonisierung bewirkt hätte, da auch andere Staaten als die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Vertragsparteien seien(64). Nun aber umfasse dieses Übereinkommen die Richtlinie (auf dem Weg über Ausführungsvorschriften des Verwaltungsrats des Europäischen Patentamts(65)), die damit den Vertragsstaaten aufgedrängt werde, die nicht Mitgliedstaaten seien. Ein solches Verfahren haben in den auswärtigen Beziehungen der Union zu anderen europäischen Staaten keinen Platz.

52.
    Dieses Argument zeigt meines Erachtens ein Missverständnis, auch wenn der Rat meint, dass damit implizit anerkannt werde, dass eine Harmonisierung in diesem Bereich notwendig sei. Im Kontext des Binnenmarktes liegt indessen auf der Hand, dass nur das Gemeinschaftsrecht eine Harmonisierung und einheitliche Auslegung sicherstellen kann. Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene findet nicht selten vor dem Hintergrund internationaler Übereinkommen statt, zu deren Parteien sowohl die Mitgliedstaaten der Union als auch Drittstaaten gehören: Im Bereich des geistigen Eigentums überschneidet sich die Marken-Richtlinie(66) teilweise mit früheren Abkommen wie der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums(67) oder dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handelsmarken(68). Das Vorliegen eines solchen Zusammenhangs nimmt indessen den Gemeinschaftsorganen nicht die Zuständigkeit, die ihnen für diesen Bereich vom Vertrag zugestanden wird.

53.
    Ich stimme außerdem mit dem Parlament darin überein, dass auf jeden Fall eine Änderung des Übereinkommens, selbst wenn sie trotz des schwerfälligen Verfahrens(69) und der Beteiligung dritter Staaten machbar wäre, keine Harmonisierung garantieren könnte, und zwar insbesondere aus zwei Gründen. Zunächst würden in nationalen Verfahren zur Nichtigerklärung eines europäischen Patents Unterschiede bei der Auslegung entstehen, und dies im Unterschied zur Lage nach der Richtlinie, bei der nationale Gerichte Auslegungsfragen dem Gerichtshof vorlegen könnten. Zweitens betrifft das Übereinkommen nicht den für die Biotechnologie wesentlichen Umfang des Schutzes, den ein Patent sicherstellt und der nationalem Recht unterliegt. Außerdem liefern diese Punkte eine weitere Stütze für die Auffassung, dass das Übereinkommen nicht nur „keine Harmonisierung garantieren“ würde, sondern für diesen Aspekt der Richtlinie geradezu irrelevant ist, da wichtige Bereiche des Patentrechts, die in der Richtlinie erfasst sind, außerhalb seines Geltungsbereichs liegen.

54.
    Was den - von den Niederlanden beanstandeten - Umstand betrifft, dass das Europäische Patentübereinkommen jetzt aufgrund eines Beschlusses des Verwaltungsrats zur Änderung der Ausführungsvorschriften(70) bestimmte Vorschriften der Richtlinie umfasst, die damit für Vertragsstaaten verbindlichwerden, die nicht Mitgliedstaaten sind, so ist es nicht Sache des Gerichtshofes, über die Art und Weise zu entscheiden, in der das Europäische Patentamt beschlossen hat, der Richtlinie in seinem Recht und seiner Praxis Raum zu geben. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass das Patentamt, das beträchtliche Erfahrung mit der Behandlung von Patentanmeldungen für biotechnologische Erfindungen hat, keine größeren Probleme bei der Auslegung oder Anwendung der Vorschriften der Richtlinie über die Erteilung solcher Patente voraussieht.

55.
    Italien ergänzt, dass es gegen einen Beitrag der Richtlinie zum freien Verkehr der betreffenden Erzeugnisse spreche, wenn sie Raum lasse für nichtharmonisierte nationale Vorschriften über insbesondere Volksgesundheit, Sicherheit und Umweltschutz(71). Dieses Vorbringen beruht meines Erachtens ganz ähnlich auf einem fehlerhaften Verständnis der Funktion des Patentrechts. Das Patent ist, wie bereits erörtert(72), lediglich ein Recht, andere an einer Verletzung des Patents zu hindern, und vermittelt dem Inhaber keinerlei unbeschränkte Berechtigung zur Nutzung des Patents: Diese ist vielmehr stets von nationalen Vorschriften abhängig. Viele der Urteile des Gerichtshofes, die eine Ausübung nationaler Patentrechte, die den freien Warenverkehr behindert, als Verstoß gegen Artikel 28 EG und damit als rechtswidrig betrachten, betreffen patentierte Arzneimittel. Der Umstand, dass der Vertrieb und die Verwendung solcher Erzeugnisse in allen Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene streng geregelt ist, mindert nicht die Bedeutung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs für die Beschränkung der Ausübung nationaler Patentrechte. Und ebenso wenig bedeutet es, dass Gemeinschaftsvorschriften zur Harmonisierung nationaler Vorschriften über ergänzende Schutzzertifikate, die einen dem Patentschutz nahe stehenden Schutz vermitteln, ein Fehlgriff, unwirksam oder rechtswidrig wären(73).

56.
    Ich kann mich daher dem Vorbringen nicht anschließen, dass eine Harmonisierung durch die Gemeinschaft unangemessen und wirkungslos sei.

Das Vorbringen, die Artikel 130 und 130f in Verbindung mit Artikel 235 seien die zutreffende Rechtsgrundlage

57.
    Italien macht erstens geltend, dass die Ziele der Richtlinie über eine Harmonisierung hinausgingen und Ziele einschlössen, die mit der Stützung der industriellen Entwicklung in der Gemeinschaft und der wissenschaftlichen Forschung in der Gentechnik zusammenhingen. Zum Beleg führt sie die ersten drei Begründungserwägungen der Richtlinie an. Für Gesetzgebungsmaßnahmen in den Bereichen der Industrie bzw. Forschung seien in Verbindung mit Artikel 235 andere Bestimmungen des EG-Vertrags (Artikel 130 und 130f [jetzt Artikel 157und 163 EG]) maßgebend. Das Funktionieren des Binnenmarkts sei ein zweitrangiges Ziel der Richtlinie, die daher nicht auf Artikel 100a habe gestützt werden dürfen(74).

58.
    Der Gerichtshof hat klargestellt, dass die Wahl der Rechtsgrundlage für eine Maßnahme auf objektive und der richterlichen Nachprüfung zugängliche Faktoren gestützt werden muss, die insbesondere Ziel und Inhalt der Maßnahme einschließen, wie sie sich aus der aktuellen Fassung ergeben(75). Verfolgt ferner eine Maßnahme mehr als ein Ziel, so ist das Hauptziel für die Ermittlung der zutreffenden Rechtsgrundlage maßgebend(76).

59.
    Die ersten drei Begründungserwägungen der Richtlinie weisen in der Tat auf die Bedeutung des Schutzes biotechnologischer Erfindungen für die industrielle Entwicklung der Gemeinschaft, für Forschung und Entwicklung im Bereich der Gentechnik und für die Investition im Bereich der Biotechnologie hin. Die Begründungserwägungen 5 bis 7 betonen demgegenüber die Notwendigkeit der Beseitigung von Unterschieden in den nationalen Vorschriften über den Schutz biotechnologischer Erfindungen, die zu Handelsschranken führen und so das Funktionieren des Binnenmarkts behindern könnten. Insbesondere die siebte Begründungserwägung stellt fest, dass ungünstige Auswirkungen auf den Handel infolge uneinheitlicher Entwicklung der Rechtsvorschriften „zu Nachteilen bei der industriellen Entwicklung der betreffenden Erfindungen sowie zur Beeinträchtigung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts“ führen könnte, und verknüpft damit die beiden Ziele miteinander. Die Begründungserwägungen 8 und 9 weisen ebenfalls auf das Harmonisierungsziel der Richtlinie hin.

60.
    Zwar spiegeln im Grunde genommen die Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten über die Voraussetzungen einer Patenterteilung und die Ausnahmen von der Patentierbarkeit weitgehend das Europäische Patentübereinkommen wider und sind daher in gewisser Weise bereits angepasst, doch gibt es gleichwohl bedeutsame Unterschiede in einigen Bereichen des nationalen Rechts und der Praxis. So erteilen offenbar einige Mitgliedstaaten bereits Patente für biotechnologische Erfindungen einschließlich Tieren: So wurde z. B. in Frankreich 1991 ein Patent für ein Verfahren zur Herstellung einer transgenen(77) Maus(78) erteilt, und in Italien wurde das erste Patent für ein genetischverändertes Säugetier 1996 erteilt(79). Das Parlament führt weitere Beispiele für Unterschiede in den nationalen Rechtsvorschriften und Praktiken an, die von den Niederlanden nicht bestritten werden.

61.
    Dass die Harmonisierung das Hauptziel der Richtlinie ist, wird weiter durch ihren Inhalt belegt: Artikel 1 Absatz 1 fordert die Mitgliedstaaten nämlich unzweideutig auf, ihr nationales Patentrecht anzupassen, um den Bestimmungen der Richtlinie Rechnung zu tragen. Inwieweit die Bestimmungen der Richtlinie die industrielle Entwicklung in der Gemeinschaft und die wissenschaftliche Forschung im Bereich der Gentechnik beeinflussen werden, ist schwieriger einzuschätzen. Immerhin dürfte klar sein, dass die Auswirkung der Richtlinie auf diese Bereiche untrennbar mit ihrer Harmonisierungswirkung verknüpft ist.

62.
    Obwohl die Artikel 130 und 130f der Gemeinschaft Befugnisse für spezifische Maßnahmen in den von ihnen erfassten Gebieten übertragen, übertragen sie keine Gesetzgebungsbefugnisse und lassen die Befugnisse unberührt, die die Gemeinschaft nach anderen Bestimmungen des Vertrages innehat, auch wenn die nach den letztgenannten Vorschriften zu treffenden Maßnahmen zugleich eines der Ziele verfolgen, die unter die Artikel 130 und 130f fallen(80).

63.
    Im vorliegenden Fall bin ich der Auffassung, dass die Harmonisierung nicht nur ein nebensächliches oder untergeordnetes Ziel oder eine solche Wirkung der Richtlinie, sondern deren Geltungsgrund darstellt, so dass Artikel 100a die zutreffende Rechtsgrundlage war. Artikel 235 hätte daher weder allein noch in Verbindung mit anderen Vorschriften als Rechtsgrundlage für die Richtlinie herangezogen werden dürfen, da er nur dann Anwendung findet, wenn der Vertrag nicht an anderer Stelle die erforderlichen Befugnisse zur Gesetzgebung vorgesehen hat.

Das Vorbringen, die Richtlinie verstoße gegen Artikel 100a Absatz 3

64.
    Italien verweist weiter auf Artikel 100a Absatz 3 EG-Vertrag, der bestimmt, dass die Kommission bei ihren Vorschlägen nach Artikel 100a „in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz von einem hohen Schutzniveau aus[geht]“. Artikel 100a könne Rechtsgrundlage für eine Harmonisierungsmaßnahme auf einem Gebiet, das fundamentale Interessen wie Gesundheit und Umwelt berühre, nur sein, wenn die Inhalte des Vorschlags Artikel 100a Absatz 3 angepasst seien. Der Begründungserwägung 14 sei zu entnehmen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Wirkung der Durchführung vonbiotechnologischen Erfindungen auf die Gesundheit und Umwelt anerkannt, diese Bereiche aber ausgehend davon nicht geregelt habe, dass dies Sache der Mitgliedstaaten sei. Die Voraussetzungen des Artikels 100a seien folglich nicht erfüllt.

65.
    Meines Erachtens fällt die Richtlinie nicht unter Artikel 100a Absatz 3. Dieser Absatz gilt für „Vorschläge ... in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz“. Ein Vorschlag für eine Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen wird von diesem Absatz nicht erfasst. Zwar ist unbestreitbar, dass sowohl die Durchführung von Forschungen, die zu biotechnologischen Erfindungen führt, als auch die Verwendungen, für die diese Erfindungen nutzbar gemacht werden, bedeutende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Sicherheit und insbesondere den Umweltschutz haben können, doch sollten mit der vorgeschlagenen Maßnahme nicht diese Forschungen oder Verwendungen vom Standpunkt der Gesundheit, der Sicherheit, des Umwelt- oder des Verbraucherschutzes aus geregelt werden (anders als zum Beispiel die Gemeinschaftsgesetzgebung über die Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt(81)); in Begründungserwägung 14 heißt es nämlich ausdrücklich, dass „das Patentrecht die nationalen, europäischen oder internationalen Rechtsvorschriften zur Festlegung von Beschränkungen oder Verboten oder zur Kontrolle der Forschung und der Anwendung oder Vermarktung ihrer Ergebnisse weder ersetzen noch überflüssig machen [kann], insbesondere was die Erfordernisse der Volksgesundheit, der Sicherheit, des Umweltschutzes ... betrifft“.

Zum Vorbringen, die Richtlinie schaffe ein neues Recht des geistigen Eigentums

66.
    Die Niederlande tragen vor, die Richtlinie schaffe ein besonderes Recht, so dass sich nicht einfach sagen lasse, sie harmonisiere lediglich nationale Grundsätze des Patentrechts. Die Richtlinie gebe den Mitgliedstaaten auf, biotechnologische Erfindungen durch ihr nationales Patentrecht zu schützen. Ein Patent auf biotechnologische Erfindungen sei ein Patent auf Leben. Biologische Materie, insbesondere lebende Tiere und Pflanzen, könne nicht mit toter Materie verglichen werden, die bis vor einigen Jahren allein patentierbar gewesen sei. Dass sich biologische Materie ohne menschliches Zutun vermehren könne, bedeute, dass ihr Schutz durch Patentierung anderer Art sei als der Schutz toter Materie.

67.
    Mir scheint indessen, wie dies auch das Parlament vorgetragen hat, dass die Patentierbarkeit lebender Materie keine von der Richtlinie eingeführte Neuigkeit ist, sondern lediglich die Anerkennung dessen, was augenblicklich im Einklang mit nationalem Recht geschieht: Die Mitgliedstaaten haben schon lange die Patentierbarkeit bestimmter Erfindungen anerkannt, die lebende Materie betreffen.

68.
    Das Parlament verweist auf Patente, die 1833 in Belgien und 1843 in Finnland für Hefen gewährt wurden(82). In jüngerer Zeit hat der Bundesgerichtshof 1975 in Deutschland entschieden, dass neue Mikroorganismen per se patentfähig seien(83), und 1993 die Patentierbarkeit von Pflanzen anerkannt(84). Patente für biotechnologische Erfindungen in Zusammenhang mit genetisch veränderten Tieren sind, wie bereits erwähnt, in Frankreich und Italien 1991 bzw. 1996 erteilt worden(85). Zahlreiche europäische Patente für biotechnologische Erfindungen sind seit den frühen 80er Jahren erteilt und in den Mitgliedstaaten anerkannt worden, auf die sie sich erstrecken(86).

69.
    Ferner hat sich der Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren, der 1977 unterzeichnet wurde und 1980 in Kraft getreten ist(87), mit dem Problem befasst, im Hinblick auf Anmeldungen von Patenten für lebende Organismen wie Hefen und andere sich selbst vermehrende Organismen eine so ins Einzelne gehende Beschreibung zu schaffen, dass dem Erfordernis einer ausreichenden Offenlegung, das die meisten Patentrechtssysteme vorsehen, Genüge getan wird. Dieses Übereinkommen sah eine Darstellung in der Patentanmeldung vor, die durch die Hinterlegung eines Musters des Organismus bei einer zugelassenen Hinterlegungsstelle ergänzt werden konnte. Anmeldungen solcher Patente sind daher seit mehr als 20 Jahren anerkannt und international geregelt worden.

70.
    Der Begriff eines „Patents auf Leben“ scheint mir überdies wenig hilfreich und obendrein unklar zu sein. Das Patent vermittelt, wie bereits erwähnt(88), keine Eigentumsrechte oder unbeschränkten Verwertungsrechte. Es berechtigt lediglich den Patentinhaber, andere von der Ausführung, Verwendung und Veräußerung der Erfindung ohne seine Zustimmung auszuschließen. Der Patentinhaber ist indessen nicht davon befreit, sich in Bereichen wie Volksgesundheit, Sicherheit, Tierschutz und Beachtung ethischer Normen an die nationalen Rechtsvorschriften zu halten. Die Richtlinie erkennt dies in Begründungserwägung 14 ausdrücklich an. Die Richtlinie erkennt ferner im Einklang mit nationalen Vorschriften undinternationalen Übereinkommen ausdrücklich zahlreiche Beschränkungen der Patentierbarkeit an, wie noch etwas eingehender in Zusammenhang mit dem dritten Nichtigkeitsgrund zu erörtern sein wird.

71.
    Die Niederlande meinen ferner, dass die Richtlinie zusätzlich zur Schaffung eines neuen Rechts in Form eines Patents für lebende Produkte biotechnologischer Verfahren auch ein als „Vorrecht der Landwirte“ bezeichnetes neues Recht schaffe. Dieses Vorrecht, also das Recht des Landwirts, patentgeschützte Erzeugnisse für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen, sei im Bereich des Pflanzenschutzes wohlbekannt, nicht aber im Patentrecht.

72.
    Das in Artikel 11 der Richtlinie verankerte „Vorrecht der Landwirte“ weist zwei Aspekte auf.

73.
    Zunächst gestattet Artikel 11 Absatz 1 dem Landwirt, das Saatgut, das er aus seinem Erntegut gewonnen hat, das er mit patentiertem und ihm zu landwirtschaftlichen Zwecken verkauftem Saatgut erzielt hat, für die Vermehrung durch ihn selbst zu verwenden. Diese Ausnahmeregelung gleicht in ihrer Art derjenigen des Artikels 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz(89) (die ihrerseits auf Vorschriften des UPOV-Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen von 1961 und 1991 beruht(90)), geht aber weiter, weil Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung auf bestimmte Pflanzensorten von Futterpflanzen, Getreidearten, Kartoffeln sowie Öl- und Faserpflanzen beschränkt ist. Ausmaß und Modalitäten dieser Ausnahmeregelung müssen denjenigen des Artikels 14 der Verordnung entsprechen, der insbesondere bestimmt, dass andere als Kleinlandwirte dem Patentinhaber eine „angemessene Entschädigung“ zu zahlen haben.

74.
    Ferner sieht Artikel 11 Absatz 2 eine ähnliche Ausnahmeregelung für Zuchtvieh vor. Ein Landwirt kann mit anderen Worten für landwirtschaftliche (nicht aber für gewerbliche) Zwecke patentiertes Zuchtvieh oder „tierisches Vermehrungsmaterial“, das er gekauft hat, nutzen. Nach der Erläuterung im Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie(91) ermöglicht es die Ausnahme den Landwirten, „geschütztes Vieh im eigenen Betrieb zur Vermehrung zu benutzen, um den Viehbestand zu erneuern“. Artikel 11 Absatz 3 bestimmt, dass Ausmaß und Modalitäten der Ausnahmeregelung auf nationaler Ebene festgelegt werden.

75.
    Meines Erachtens ist klar, dass Artikel 11 kein neues Recht schafft, weil er sich lediglich damit befasst, den Umfang des Schutzes eines Patents zu begrenzen, das nach Maßgabe der Richtlinie erteilt worden ist. Der Schutz, von dem Artikel 11 eine Ausnahme zulässt, und der Sinn dieses Schutzes werden bei der Erörterung der Artikel 8 und 9 weiter untersucht werden (Nrn. 121 ff. dieser Schlussanträge).

76.
    Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass das Vorbringen, die Richtlinie sei zu Unrecht auf Artikel 100a gestützt worden und daher für nichtig zu erklären, zurückzuweisen ist.

Das Vorbringen zur Subsidiarität

77.
    Artikel 3b EG-Vertrag (jetzt Artikel 5 EG) bestimmt:

„Die Gemeinschaft wird innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig.

In den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, wird die Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können.

Die Maßnahmen der Gemeinschaft gehen nicht über das für die Erreichung der Ziele dieses Vertrages erforderliche Maß hinaus.“

78.
    Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) lautet:

„Die Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, die vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam oder vom Rat oder von der Kommission angenommen werden, sind mit Gründen zu versehen und nehmen auf die Vorschläge oder Stellungnahmen Bezug, die nach diesem Vertrag eingeholt werden müssen.“

79.
    Die Niederlande machen in erster Linie geltend, dass die Richtlinie gegen Artikel 3b Absatz 2 verstoße. Sie verweisen auf ihre Ausführungen in Zusammenhang mit ihrem ersten Klagegrund (Rechtsgrundlage), die ihres Erachtens jeden Einwand widerlegen, dass die Ziele der Richtlinie von den Mitgliedstaaten nicht hätten erreicht werden können oder dass diese Ziele wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme von der Gemeinschaft besser hätten verwirklicht werden können. Die Begründungserwägungen stellten lediglich fest, dass der Rechtsschutz für biotechnologische Erfindungen der Klärung bedürfe (Begründungserwägungen 4 und 9) und dass in den Rechtsvorschriften und Praktiken der verschiedenen Mitgliedstaaten Unterschiede bestünden, die zu Handelsschranken führen und so das Funktionieren des Binnenmarkts behindern könnten (Begründungserwägungen5 und 7). Da indessen die nationalen Rechtsvorschriften durch das Europäische Patentübereinkommen nahezu vollständig harmonisiert worden seien, müsse die erforderliche Klärung durch Änderung dieses Übereinkommens herbeigeführt werden. Die Mitgliedstaaten seien mithin vollkommen in der Lage, dieses Ziel zu verwirklichen.

80.
    Hilfsweise machen die Niederlande geltend, aus den Begründungserwägungen ergebe sich nicht, dass Artikel 3b Absatz 2 berücksichtigt worden sei, wie dies nach Artikel 190 und dem Urteil Deutschland/Parlament und Rat(92) erforderlich sei.

81.
    Meines Erachtens kann aus den Gründen, die ich in Zusammenhang mit dem ersten Klagegrund (bezüglich der Rechtsgrundlage) erörtert habe, zu Recht davon ausgegangen werden, dass die Richtlinie für eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Patentschutz biotechnologischer Erfindungen erforderlich war. Da eine solche Harmonisierung - wiederum aus den eben erörterten Gründen - nur von der Gemeinschaft durchgeführt werden konnte und die Gemeinschaft für die Annäherung nationaler Rechtsvorschriften über die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts ausschließlich zuständig ist, ist der Anlass für eine Gemeinschaftsmaßnahme ordnungsgemäß erkannt worden und der Grundsatz der Subsidiarität folglich nicht verletzt worden.

82.
    Die Einhaltung dieses Grundsatzes wird ergänzend insbesondere in den Begründungserwägungen 3, 5, 6, 7 und 9 deutlich, die zeigen, dass sich der Rat und das Parlament mit der Unangemessenheit eines Tätigwerdens im Bereich des rechtlichen Schutzes biotechnologischer Erfindungen auf nationaler Ebene befasst und die Notwendigkeit der Harmonisierung bestimmter Grundsätze erkannt haben. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bedarf es unter solchen Umständen in den Gesetzgebungsmaßnahmen keines ausdrücklichen Hinweises auf den Grundsatzes der Subsidiarität(93).

83.
    Schließlich wäre eine Klärung der Rechtslage durch Änderung des Europäischen Patentübereinkommens, wie die Beklagten herausstellen, unangemessen, wirkungslos und möglicherweise gar nicht durchführbar.

84.
    Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie nicht gegen den Subsidiaritätsgrundsatz verstößt. Das Vorbringen, die Richtlinie müsse deshalb für nichtig erklärt werden, ist daher zurückzuweisen.

Das Vorbringen zur Rechtssicherheit

85.
    Die Niederlande machen, unterstützt durch Italien und Norwegen, geltend, dass die Richtlinie trotz der Feststellung in den Begründungserwägungen(94), dass eine Harmonisierung erforderlich sei, um die Unsicherheit beim Schutz biotechnologischer Erfindungen zu beseitigen, Unsicherheiten bezüglich der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen nicht vollständig beseitige; darüber hinaus schaffe sie weitere Unsicherheit, da genaue Bedeutung und Umfang der Artikel 4, 6, 8 und 9 nicht klar seien. Mithin verstoße die Richtlinie gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

86.
    Bevor ich mich mit diesem Vorbringen inhaltlich näher beschäftige, bedarf es einer Auseinandersetzung mit den Auswirkungen, die eine Unklarheit in einem Gemeinschaftsakt wie einer Richtlinie haben kann. Die Niederlande haben für ihren offenbaren Standpunkt, dass die Richtlinie für nichtig erklärt werden sollte, wenn die Bedeutung einer oder zweier Vorschriften der Richtlinie nicht vollkommen und erschöpfend klar sei, keinen Beleg angeführt; das Gleiche gilt für Italien und Norwegen. Und in der Tat hat der Gerichtshof meines Wissens nie einen solchen Grundsatz vertreten.

87.
    Artikel 249 EG (früher Artikel 189 EG-Vertrag) bestimmt, dass die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt. Richtlinien sind daher ihrer Natur nach darauf ausgerichtet, die Gegenstände, die sie behandeln, nicht erschöpfend in allen Einzelheiten zu regeln. Obwohl dies natürlich nicht bedeutet, dass unklare Fassungen von Rechtssätzen angemessen sind, legt es doch nahe, dass der bloße Umstand, dass eine Richtlinie den Mitgliedstaaten ein Ermessen zugesteht, für sich genommen noch kein Grund ist, sie für nichtig zu erklären.

88.
    Selbst wenn eine Richtlinienbestimmung verschiedene Auslegungen zulässt, wie das die Niederlande im vorliegenden Fall beanstanden, ist dies meines Erachtens kein Grund für eine Nichtigerklärung. In jüngeren Rechtssachen, in denen der Gerichtshof entschieden hat, dass ein Mitgliedstaat, der eine ungenau gefasste Richtlinienbestimmung unzutreffend umgesetzt hatte, der Bestimmung eine Bedeutung gegeben hatte, die ihr vernünftigerweise zukommen konnte, ist nicht die Rede davon gewesen, dass die Richtlinie (oder auch nur die Bestimmung) als ungültig zu betrachten sei, weil sie ungenau sei und daher mehrere Auslegungen zulasse(95). Gleichermaßen hat der Gerichtshof bei der Formulierung des Grundsatzes, dass nur klare und unzweideutige Vorschriften von Richtlinien unmittelbare Wirksamkeit haben können, meines Wissens nie angedeutet, dass alle nicht so genauen und unbedingten Vorschriften deshalb ungültig seien.

89.
    Ich würde es andererseits zumindest für denkbar halten, dass eine Richtlinienbestimmung, die keinerlei Bedeutung hätte oder mit einer anderen Bestimmung dieser Richtlinie offensichtlich unvereinbar wäre, aus diesem Grund unwirksam sein könnte, obwohl daraus meines Erachtens nicht notwendig folgen würde, dass die Richtlinie als Ganzes deshalb für nichtig erklärt werden könnte.

90.
    Vor diesem Hintergrund möchte ich untersuchen, ob die Bestimmungen der Richtlinie, die angeblich gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, keine Bedeutung haben oder in diesem Maße widersprüchlich sind. Das Vorbringen befasst sich in erster Linie mit Bedeutung und Umfang von Artikel 6 und sodann von Artikel 8 und 9.

Vorbringen zu Artikel 6

Maßgebliche Begründungserwägungen und Bestimmungen der Richtlinie

91.
    Die Begründungserwägungen 36, 38 und 39 der Richtlinie lauten:

„(36)    Das TRIPS-Übereinkommen räumt den Mitgliedern der Welthandelsorganisation die Möglichkeit ein, Erfindungen von der Patentierbarkeit auszuschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung in ihrem Hoheitsgebiet zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch innerstaatliches Recht verboten ist.

...

(38)    Ferner ist es wichtig, in die Vorschriften der vorliegenden Richtlinie eine informatorische Aufzählung der von der Patentierbarkeit ausgenommenen Erfindungen aufzunehmen, um so den nationalen Gerichten und Patentämtern allgemeine Leitlinien für die Auslegung der Bezugnahme auf die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten zu geben. Die Aufzählung ist selbstverständlich nicht erschöpfend. Verfahren, deren Anwendung gegen die Menschenwürde verstößt, wie etwa Verfahren zur Herstellung von hybriden Lebewesen, die aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Mensch und Tier entstehen, sind natürlich ebenfalls von der Patentierbarkeit auszunehmen(96).

(39)    Die öffentliche Ordnung und die guten Sitten entsprechen insbesondere den in den Mitgliedstaaten anerkannten ethischen oder moralischen Grundsätzen, deren Beachtung ganz besonders auf dem Gebiet der Biotechnologie wegen der potentiellen Tragweite der Erfindungen in diesem Bereich und deren inhärenter Beziehung zur lebenden Materie geboten ist. Diese ethischen oder moralischen Grundsätze ergänzen die übliche patentrechtliche Prüfung, unabhängig vom technischen Gebiet der Erfindung.“

92.
    Artikel 6 der Richtlinie bestimmt:

„(1)    Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, sind von der Patentierbarkeit ausgeschlossen; dieser Verstoß kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Verwertung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften verboten ist.

(2)    Im Sinne von Absatz 1 gelten unter anderem als nicht patentierbar:

a)    Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen;

b)    Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens;

c)    die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken;

d)    Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere“(97).

93.
    Die Niederlande und Italien tragen vier Argumente dafür vor, dass Artikel 6 gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt. Ich möchte jede dieser Rügen gesondert behandeln.

Öffentliche Ordnung und gute Sitten: hinreichend klare Begriffe?

94.
    Zunächst wird vorgetragen, dass Artikel 6 nur unzureichenden Anhalt liefere und die in den Begründungserwägungen genannten Grundsätze für die Feststellung, ob ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten vorliege, allgemein und mehrdeutig seien. Nach der Begründungserwägung 39 müssten sich Patentämter und Gerichte mit den in einem Mitgliedstaat anerkannten ethischenund moralischen Grundsätzen befassen, die die übliche patentrechtliche Prüfung ergänzten. Es sei daher nicht zu vermeiden, dass Artikel 6 abweichend ausgelegt und angewandt werde.

95.
    Ich möchte gleich zu Beginn bemerken, dass die Begriffe der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten als Kriterien für die Rechtmäßigkeit der Gewährung oder Ausübung von Immaterialgüterrechten eine lange und bemerkenswerte Geschichte aufweisen. In Bezug auf Handelsmarken etwa sieht Artikel 6quinquies Absatz A Unterabsatz 3 der Pariser Verbandsübereinkunft in der revidierten Fassung von Washington 1911 eine Ausnahme von dem allgemeinen Verbot der Verweigerung der Eintragung oder der Ungültigerklärung einer Handelsmarke vor, wenn diese „gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt“. Bei Patenten wirkt sich, wie bereits erwähnt(98), Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie ganz ähnlich aus wie Artikel 53 Buchstabe a des Europäischen Patentübereinkommens, obwohl das Übereinkommen auch die Patentierung von Erfindungen verbietet, deren Veröffentlichung gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoßen würde(99). Artikel 53 gibt Artikel 2 des Straßburger Abkommens von 1963 nahezu wörtlich wieder(100), obwohl dieser nur eine Kann-Vorschrift darstellt („Die vertragsschließenden Staaten sind nicht verpflichtet, die Erteilung von Patenten in Bezug auf ... vorzusehen“). Artikel 27 Absatz 2 des TRIPS-Übereinkommens ist ebenfalls ähnlich gefasst, obwohl es sich wiederum um eine nicht zwingende Kann-Vorschrift handelt(101). Bestimmungen wie Artikel 6 Absatz 1 sind als „wohlbekannter Grundzug des Patentrechts“ bezeichnet worden(102).

96.
    Die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über geistiges Eigentum setzen dieses Muster fort. Die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke(103) und die Markenrichtlinie(104) sehen beide die Versagung der Eintragung oder dieUngültigkeit einer Marke vor, die „gegen die öffentliche Ordnung oder anerkannte Grundsätze der Moral verstößt“ („contraire à l'ordre public ou aux bonnes moeurs“)(105). Die Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz(106) bestimmt, dass ein Hinderungsgrund für die Festsetzung einer Sortenbezeichnung vorliegt, wenn „sie in einem der Mitgliedstaaten Ärgernis erregen kann oder gegen die öffentliche Ordnung verstößt“ („est susceptible de contrevenir aux bonnes moeurs dans un des Etats membres ou est contraire à l'ordre public“)(107). Die Richtlinie 98/71 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen(108) bestimmt, dass ein Musterrecht nicht an einem Muster bestehen kann, das gegen die öffentliche Ordnung oder anerkannte Grundsätze der Moral verstößt („contraire à l'ordre public ou à la moralité publique“)(109). Der geänderte Vorschlag für eine Richtlinie des Parlaments und des Rates zur Annäherung der Rechtsvorschriften über den Schutz von Erfindungen durch Gebrauchsmuster(110) bestimmt, dass Gebrauchsmusterrechte nicht gewährt werden für Erfindungen, deren Nutzung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt („contraire à l'ordre public ou aux bonnes moeurs“)(111).

97.
    Insbesondere der Begriff der öffentlichen Ordnung (ordre public) hat im Gemeinschaftsrecht auch eine weitere Bedeutung. Er wird zum Beispiel in der französischen Fassung des Vertrages verwendet, während er im Englischen gewöhnlich mit „public policy“ wiedergegeben wird(112). Die Artikel 30, 39 Absatz 3, 46 Absatz 1 und 58 Absatz 1 Buchstabe b EG (früher Artikel 36, 48 Absatz 3, 56 Absatz 1 und 73d Absatz 1 Buchstabe b EG-Vertrag) stellen allesamt (als Grund für eine zulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs, der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs) auf die öffentliche Ordnung (im Englischen: public policy) ab. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass die besonderen Umstände, die einen Rückgriff auf den Begriff deröffentlichen Ordnung zulassen, von Land zu Land und im zeitlichen Wechsel unterschiedlich sein können, so dass den zuständigen nationalen Behörden innerhalb der durch den Vertrag gesetzten Grenzen ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist(113).

98.
    Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat ebenfalls bei zahlreichen Harmonisierungsmaßnahmen auf den Begriff der öffentlichen Ordnung zurückgegriffen und folglich keinen Widerspruch darin gesehen, nationalen Behörden in einem zu harmonisierenden Bereich ein Ermessen einzuräumen(114).

99.
    Der Begriff der „bonnes moeurs“ (gute Sitten) scheint im Gemeinschaftsrecht mit Ausnahme der oben erwähnten Maßnahmen des gemeinschaftlichen Immaterialgüterrechts keine bedeutende Rolle zu spielen. Er scheint jedoch in diesen Maßnahmen wahlweise neben dem Ausdruck „moralité publique“ (öffentliche Sittlichkeit) verwendet zu werden und kann daher vielleicht als synonym betrachtet werden. Artikel 30 EG zählt die „moralité publique“ zu den zulässigen Gründen für eine Ausnahme vom freien Warenverkehr. Der Gerichtshof hat sich damit in seinen Urteilen Henn und Darby(115) sowie Conegate(116) befasst. Im erstgenannten Urteil hat er entschieden, dass jeder Mitgliedstaat selbst nach seiner eigenen Werteskala und in der von ihm gewählten Form die Erfordernisseder öffentlichen Sittlichkeit in seinem Hoheitsgebiet festzulegen habe(117). Diesen Grundsatz hat er im Urteil Conegate bestätigt, wobei er allerdings entschieden hat, dass nach dem Sachverhalt diese Ausnahme keine Anwendung finden konnte.

100.
    Somit spiegelt die Feststellung in Begründungserwägung 39 der Richtlinie, dass „[d]ie öffentliche Ordnung und die guten Sitten ... insbesondere den in den Mitgliedstaaten anerkannten ethischen oder moralischen Grundsätzen [entsprechen]“, eng die Auslegung und Anwendung dieser Begriffe im Kontext des Vertrages wider. Es kann daher meines Erachtens nicht gesagt werden, dass das Konzept der Richtlinie den Grundsatz der Rechtssicherheit verletze.

101.
    Die Anwendung der Begriffe der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sittlichkeit durch nationale Behörden wird allerdings stets der Überprüfung durch den Gerichtshof unterliegen: Die Mitgliedstaaten haben bei der Festlegung ihres Umfangs kein unbegrenztes Ermessen. Der Gerichtshof hat entschieden, dass „die Berufung einer nationalen Behörde auf den Begriff der öffentlichen Ordnung, wenn er gewisse Beschränkungen der Freizügigkeit von dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen rechtfertigen soll, jedenfalls voraus[setzt], dass außer der Störung der öffentlichen Ordnung, die jede Gesetzesverletzung darstellt, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“(118). Diese Feststellung belegt eindeutig, dass die Auffassung des Gerichtshofes im Wesentlichen der des Europäischen Patentamts gleicht, in dessen Richtlinien für die materielle Prüfung es heißt, Zweck der Vorschrift über die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit sei es, „Erfindungen vom Schutz auszuschließen, die wahrscheinlich einen Anreiz zum Aufruhr oder zur Störung der öffentlichen Ordnung bieten würden oder die zu einem verbrecherischen oder generell offensiven Verhalten führen könnten“(119). Nationale Patentämter, die seit dem Inkrafttreten des Europäischen Patentübereinkommens in ihrem Mitgliedstaat im Licht dieser Richtlinien tätig geworden sind, sollten also nicht in Konflikte geraten, wenn die Richtlinie in Kraft tritt.

102.
    Es sollte ergänzt werden, dass das Ermessen eines Mitgliedstaats bei der Festlegung des Umfangs des Begriffs der öffentlichen Sittlichkeit nach seiner eigenen Werteskala, wie vom Gerichtshof vor mehr als 20 Jahren festgelegt(120), heute vielleicht mit einiger Vorsicht verstanden werden sollte. In diesem Bereich wie in vielen anderen auch entwickeln sich über die Jahre gemeinsame Maßstäbe. Möglicherweise ist es jetzt angebrachter, die ethische Dimension einiger der Grundfragen im Bereich der Richtlinie als von allgemeinen Maßstäben beherrschtanzusehen. Das war 1995 eindeutig der Standpunkt der Technischen Beschwerdekammer 3.3.4 des Europäischen Patentamts, als sie in der Sache Plant Genetic Systems feststellte, dass der Begriff der Sittlichkeit „mit der Überzeugung zusammenhängt, dass bestimmtes Verhalten richtig und annehmbar ist, während anderes Verhalten falsch ist, und die in der Gesamtheit aller anerkannten Normen gründet, die tief in einer bestimmten Kultur verwurzelt sind [und dass] [i]m Bereich des EPA ... diese Kultur die der europäischen Gesellschaft und Zivilisation [ist]“(121). Der Umstand, dass einige ethische Fragen angemessener im Kontext der Kultur eines bestimmten Mitgliedstaats beurteilt werden können, während andere einem allgemeinen Maßstab zugänglich sind, schließt hingegen meines Erachtens - weder hier noch sonst wo - einen bestimmten Grad an Harmonisierung nicht aus.

Bedeutung und Zweck der Einschränkung in Artikel 6 Absatz 1

103.
    Die Niederlande und Italien machen zweitens geltend, Bedeutung und Zweck der Einschränkung in Artikel 6 Absatz 1, wonach die Verwertung einer Erfindung nicht allein deshalb als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten gelten könne, weil sie durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift verboten sei, seien nicht klar. Außerdem verstoße die Feststellung in Begründungserwägung 14(122), dass „[e]in Patent ... seinen Inhaber nicht [berechtigt], die Erfindung anzuwenden“, gegen die fundamentalen Grundsätze des nationalen und internationalen Patentrechts, denen zufolge die Gewährung eines Patents dem Inhaber das ausschließliche Recht übertrage, die Erfindung gewerblich zu verwerten; ferner wäre es, wenn sie zuträfe, überflüssig, die Patentierbarkeit von Erfindungen auszuschließen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoße.

104.
    Diese Einschränkung findet sich sowohl in Artikel 53 Buchstabe a des Europäischen Patentübereinkommens als auch in Artikel 2 des Straßburger Abkommens von 1963(123). Sie ist aber älter als die beiden Rechtsinstrumente, da sie aus Artikel 4quater der Pariser Verbandsübereinkunft übernommen wurde. In dieser Bestimmung, die auf der Revisionskonferenz von Lissabon 1958 hinzugefügt wurde, heißt es:

„Die Erteilung eines Patents kann nicht deshalb verweigert und ein Patent kann nicht deshalb für ungültig erklärt werden, weil der Vertrieb des patentierten Erzeugnisses oder des Erzeugnisses, das das Ergebnis eines patentierten Verfahrens ist, Beschränkungen oder Begrenzungen durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften unterworfen ist.“

105.
    Das Bureau international de la propriété intellectuelle (der Vorgänger der World Intellectual Property Organisation) hat in einer Veröffentlichung(124) erläutert, dass es Sinn der Bestimmung sei, dass Beschränkungen oder Begrenzungen ihrer Natur nach vorübergehend sein könnten, so dass das Patent nach ihrer Beseitigung wirksam werde. Außerdem könne die so beschränkte patentierte Erfindung Grundlage weiterer Patente sein, die nicht unter die Beschränkungen fielen: In diesem Fall gebe es keinen Grund, dem Inhaber des ersten Patents Lizenzgebühren usw. vorzuenthalten, die ihm wegen des Zusammenhangs zwischen den beiden Erfindungen zustehen könnten.

106.
    Es trifft weiterhin nicht zu, dass es keinen Sinn hätte, ein Patent für eine Erfindung zu erteilen, deren Verwertung verboten sei. Wie vorstehend erläutert, mag der Erfinder im Vorgriff auf eine Änderung der Regelungsstruktur, die ihm eine Verwertung seiner Erfindung in der Zukunft ermöglicht, Patentschutz in Anspruch nehmen wollen. Ein gutes hierher passendes Beispiel sind genetisch veränderte Organismen - es besteht augenblicklich in der Europäischen Union eine Stillhalteübereinkunft bezüglich ihrer Nutzung, die aber nicht notwendig zeitlich unbegrenzt bestehen wird. Ähnlich mag ein Erfinder im nationalen Rahmen auf einen Regierungswechsel warten wollen. Oder aber ein Erfinder möchte eine Erfindung in einem Mitgliedstaat herstellen, in dem die Verwertung (aber nicht die Herstellung) der Erfindung verboten ist, um sie dann in Staaten auszuführen, in denen die Verwertung nicht verboten ist.

107.
    Demnach bin ich nicht damit einverstanden, dass die Beschränkung in Artikel 6 Absatz 1 für sich genommen unklar oder mit der Feststellung in Begründungserwägung 14 unvereinbar wäre, und ebenso wenig damit, dass diese Feststellung gegen die allgemeinen Grundsätze des Patentrechts verstieße. Obwohl es zutrifft, dass das Patent das ausschließliche Recht verleiht, die Erfindung zu verwerten, muss dieses Recht, wie bereits erwähnt(125), im Einklang mit den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausgeübt werden. Die Erteilung des Patents verleiht demnach als solche kein absolutes, positives Verwertungsrecht, sondern nur das Recht, andere an der Verwertung der Erfindung in dem Gebiet zu hindern, für das das Patent anerkannt ist.

Umfasst die öffentliche Ordnung Umweltschäden?

108.
    Drittens beziehen sich die Niederlande und Italien auf Begründungserwägung 36, in der festgestellt werde, dass das TRIPS-Übereinkommen den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen und die Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt in den Zusammenhang der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten einbeziehe.Das werfe die Frage auf, ob eine schwere Beeinträchtigung der Umwelt oder ihre Gefährdung unter den Begriff der öffentlichen Ordnung im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 fallen könne.

109.
    Ich habe den Umfang der Ausnahme der öffentlichen Ordnung bereits ganz allgemein erörtert. Die Erhaltung der Umwelt muss beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts als eine der grundlegenden Interessen der Gesellschaft betrachtet werden. Das ist vom Gerichtshof bereits 1988 im Urteil Kommission/Dänemark(126) anerkannt worden und ist jetzt in Artikel 2 EG verankert, der „ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ zu den Aufgaben der Gemeinschaft zählt. Die „fundamentalen Interessen der Gesellschaft“, die der Gerichtshof im Urteil Bouchereau(127) herausgestellt hat, müssen für meine Begriffe jetzt so verstanden werden, dass sie sich auf die Umwelt erstrecken. Eine echte und hinreichend ernste Bedrohung der Umwelt müsste somit genau unter den Begriff der öffentlichen Ordnung fallen(128); folglich besteht keine Unvereinbarkeit zwischen Begründungserwägung 36 und Artikel 6 Absatz 1.

Stellenwert der Begründungserwägung 38

110.
    Schließlich tragen die Niederlande vor, Artikel 6 Absatz 2 führe zwar Beispiele von Erfindungen an, die nach Maßgabe von Artikel 6 Absatz 1 als unpatentierbar zu gelten hätte zu dieser Auflistung gehöre indessen (auch mangels anderweitiger Regelung in der Richtlinie) nicht die wichtige Ausnahme von der Patentierbarkeit, die im letzten Satz der Begründungserwägung 38 wie folgt angesprochen werde: „Verfahren, deren Anwendung gegen die Menschenwürde verstößt, wie etwa Verfahren zur Herstellung von hybriden Lebewesen, die aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Mensch und Tier entstehen, sind natürlich ebenfalls von der Patentierbarkeit auszunehmen.“ Die Niederlande scheinen sich somit dagegen zu wenden, dass eine in einer Begründungserwägung angeführte Ausnahme in der Regelung der Richtlinie selbst keinen Widerhall findet.

111.
    Für mich hat es hingegen den Anschein, wie auch das Parlament ausgeführt hat, dass diese Ausnahme unter den Ausschluss von „Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens“ von der Patentierbarkeit in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe fällt. Ein hybrides Lebewesen istein Organismus oder rekombiniertes DNS-Molekül, das durch Verbindung von DNS-Fragmenten von zwei oder mehr unterschiedlichen Organismen geschaffen wird. Eine Keimzelle ist eine Zelle, die zur Entwicklung eines Spermatozoon oder einer Eizelle bestimmt ist. Eine totipotente Zelle ist eine Zelle mit unbeschränkter Entwicklungsmöglichkeit(129). Die Erzeugung hybrider Lebewesen aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Menschen oder Tieren verändert unweigerlich die genetische Identität der Keimbahn menschlicher Lebewesen.

112.
    Selbst wenn dem nicht so wäre, könnte ich nicht einsehen, dass eine Gesetzgebungsmaßnahme wegen fehlender Rechtssicherheit für nichtig erklärt werden sollte, nur weil das Beispiel einer Verhaltensweise, die vom Anwendungsbereich der Maßnahme ausgeschlossen ist, in deren Begründungserwägungen, nicht aber in ihren materiellen Vorschriften angeführt ist(130). Außerdem ist es durchaus keine unbekannte Gesetzgebungstechnik, eine beispielhafte, nicht abschließende Liste von Sachverhalten festzulegen, in denen die Ausnahme der öffentlichen Ordnung eingreift: Man vergleiche etwa Artikel 9 Absatz 7 der Richtlinie 98/34 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften(131) in der Fassung der Richtlinie 98/48(132) und Artikel 3 Absatz 4 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr(133).

Das Vorbringen zu den Pflanzensorten und Tierrassen

Maßgebliche Begründungserwägungen und Bestimmungen der Richtlinie

113.
    Die Begründungserwägungen 31 und 32 der Richtlinie lauten wie folgt:

„(31)    Eine Pflanzengesamtheit, die durch ein bestimmtes Gen (und nicht durch ihr gesamtes Genom) gekennzeichnet ist, unterliegt nicht dem Sortenschutz.Sie ist deshalb von der Patentierbarkeit nicht ausgeschlossen, auch wenn sie Pflanzensorten umfasst.

(32)    Besteht eine Erfindung lediglich darin, dass eine bestimmte Pflanzensorte genetisch verändert wird, und wird dabei eine neue Pflanzensorte gewonnen, so bleibt diese Erfindung selbst dann von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn die genetische Veränderung nicht das Ergebnis eines im Wesentlichen biologischen, sondern eines biotechnologischen Verfahrens ist.“

114.
    Gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 gilt:

„(1)    Nicht patentierbar sind

a)    Pflanzensorten und Tierrassen,

b)    im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren.

(2)    Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, können patentiert werden, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist.“

115.
    „Pflanzensorte“ im Sinne der Richtlinie wird durch Verweisung(134) auf die Definition in Artikel 5 der Verordnung Nr. 2100/94(135) definiert.

116.
    Artikel 8 bestimmt:

„(1)    Der Schutz eines Patents für biologisches Material, das aufgrund der Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, umfasst jedes biologische Material, das aus diesem biologischen Material durch generative oder vegetative Vermehrung in gleicher oder abweichender Form gewonnen wird und mit denselben Eigenschaften ausgestattet ist.

(2)    Der Schutz eines Patents für ein Verfahren, das die Gewinnung eines aufgrund der Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestatteten biologischen Materials ermöglicht, umfasst das mit diesem Verfahren unmittelbar gewonnene biologische Material und jedes andere mit denselben Eigenschaften ausgestattete biologische Material, das durch generative oder vegetative Vermehrung in gleicher oder abweichender Form aus dem unmittelbar gewonnenen biologischen Material gewonnen wird.“

117.
    Artikel 9 lautet:

„Der Schutz, der durch ein Patent für ein Erzeugnis erteilt wird, das aus einer genetischen Information besteht oder sie enthält, erstreckt sich vorbehaltlich des Artikels 5 Absatz 1 auf jedes Material, in das dieses Erzeugnis Eingang findet und in dem die genetische Information enthalten ist und ihre Funktion erfüllt.“

118.
    Mit ihrer zweiten Rüge zur Rechtssicherheit weisen die Niederlande, Italien und Norwegen auf verschiedene Aspekte der Vorschriften der Richtlinie über Tierrassen und Pflanzensorten hin, deren Bedeutung und Wirkung unklar sein soll. Ich möchte jeden dieser Punkte getrennt behandeln.

Das Vorbringen zu den Artikeln 8 und 9

119.
    Die Niederlande und Norwegen machen erstens geltend, es sei nicht klar, ob Pflanzensorten unter allen Umständen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen seien. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a bestimme, dass Pflanzensorten und Tierrassen nicht patentierbar seien. Nach den Artikeln 8 und 9 könne hingegen für ein biotechnologisches Verfahren und sein Ergebnis, also auch für Pflanzen und Tiere, ein Patent erlangt werden. Wenn dieses Verfahren zu einer neuen Rasse oder Sorte führe, erstrecke sich der Patentschutz augenscheinlich auf diese Rasse oder Sorte. Wenn außerdem das Verfahren zu einer neuen Pflanzensorte führe, die durch ein Pflanzensortenrecht geschützt sei, könne ein Konflikt zwischen den Inhabern des Patents und des Pflanzensortenrechts entstehen, der durch das System gegenseitiger Lizenzen nach Artikel 12 nicht ganz gelöst werden könne.

120.
    Meines Erachtens besteht kein Widerspruch zwischen Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a einerseits und den Artikeln 8 und 9 andererseits.

121.
    Ein Patent für ein Erzeugnis verleiht dem Inhaber normalerweise das ausschließliche Recht, dieses Erzeugnis herzustellen (vorbehaltlich der Einhaltung geltender Rechts- und Verwaltungsvorschriften). Im Fall patentierten Materials, das sich selbst vermehren kann, würde der Wert des Patents eindeutig ausgehöhlt, wenn es sich nicht auf künftige Generationen dieses Materials beziehen würde. Wenn zum Beispiel der Käufer patentierten Samens befugt wäre, den Samen der aus dem gekauften Samen gezogenen Pflanzen zu nutzen, wäre der Wert dieses Patents erheblich gemindert. Artikel 8 Absatz 1 bestimmt daher, dass sich in solchen Fällen der Schutz des ursprünglichen Patents auf künftige Generationen des biologischen Materials erstreckt, das durch generative oder vegetative Vermehrung gewonnen wird. Begründungserwägung 46 bringt diesen Grundsatz in Form der Berechtigung des Erfinders zum Ausdruck, „die Verwendung patentierten selbstreplizierenden Materials unter solchen Umständen zu verbieten, die den Umständen gleichstehen, unter denen die Verwendung nicht selbstreplizierenden Materials verboten werden könnte, d. h. die Herstellung des patentierten Erzeugnisses selbst“ (mit Bezug auf Samen macht Artikel 11 Absatz 1, wie bereitserörtert(136), von diesem Schutz unter bestimmten Umständen und gegen Entgelt eine Ausnahme).

122.
    Ähnlich passt Artikel 8 Absatz 2 ein wohlbekanntes Prinzip des traditionellen Patentrechts den Erfordernissen biotechnologischer Erfindungen an. Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren, so wird der Schutz des Patents auf die Erzeugnisse ausgedehnt, die unmittelbar aufgrund eines solchen Verfahrens gewonnen werden. Dieser Grundsatz hat in die internationale Patentgesetzgebung zumindest seit 1958 Eingang gefunden, als Artikel 5quater in die Pariser Verbandsübereinkunft aufgenommen wurde(137). Er findet Ausdruck in Artikel 64 Absatz 2 des Europäischen Patentübereinkommens, wo es heißt:

„Ist Gegenstand eines europäischen Patents ein Verfahren, so erstreckt sich der Schutz auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.“

123.
    Sind die gewonnenen Erzeugnisse selbst replizierbar, so entsteht das in Nr. 121 angesprochene Problem. Zum Beispiel kann ein patentiertes Verfahren zur Erzeugung eines Mikroorganismus führen, der geklont werden kann. Wenn solches Material vom Käufer frei verbreitet werden könnte, würde der Wert des Verfahrenspatents vernichtet. Artikel 8 Absatz 2 stellt daher klar, dass der Schutz von biologischem Material, das unmittelbar aufgrund eines patentierten Verfahrens gewonnen wurde, sich auf künftige Generationen dieses Materials erstreckt.

124.
    Artikel 9 gilt für den Fall, dass ein Patent Schutz für ein Erzeugnis gewährt, das aus einer genetischen Information wie etwa einer bestimmten DNS-Sequenz oder einem bestimmten Gen besteht oder sie enthält. Er erstreckt den Patentschutz vorbehaltlich des Artikels 5 Absatz 1(138) auf jedes Material, in das dieses Erzeugnis Eingang findet und in dem die genetische Information enthalten ist und ihre Funktion erfüllt. Findet daher die DNS-Sequenz oder das Gen Aufnahme in einen Mikroorganismus, der vermehrungsfähig ist, so erstreckt sich ihr Patentschutz auf diesen Mikroorganismus.

125.
    Die Niederlande und Norwegen stehen auf dem Standpunkt, dass eine Pflanzensorte trotz des Ausschlusses von Pflanzensorten von der Patentierbarkeitnach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Patentschutz gemäß den Artikeln 8 und 9 genießen kann.

126.
    Diese Betrachtungsweise beruht in meinen Augen auf einer unzutreffenden Analyse der Rechtslage: Hier wird begrifflich nicht zwischen der Patentierbarkeit und dem Umfang des Patentschutzes unterschieden. Natürlich können beide Begriffe in ein und demselben Fall Bedeutung gewinnen. Wird zum Beispiel ein patentiertes Gen, das gegen Herbizide resistent macht, anders als durch den Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung in eine Pflanzensorte eingebaut, so verletzt die Verwendung dieses Gens das Patent. Würde das Originalpatent für das Gen nicht gegen diese Verwendung schützen, hätte es augenscheinlich nur geringen Wert. Das bedeutet indessen nicht, dass die Pflanzensorte als solche patentierbar wäre. Ein Beispiel aus dem Bereich der traditionellen Technologie kann dies vielleicht verdeutlichen. Früher haben viele Länder die Patentierung von Arzneimitteln verboten. Wurde ein nicht patentierbares Arzneimittel hergestellt, das eine bestimmte chemische Komponente enthielt, die patentiert war, so wurde dieses Patent eindeutig durch die Herstellung des Arzneimittels verletzt, obwohl das letztgenannte Erzeugnis selbst keinen Patentschutz erhalten konnte.

127.
    Die Artikel 8 und 9 bedeuten daher nicht, dass Pflanzensorten als solche patentierbar wären. Einen unmittelbaren Konflikt zwischen dem Inhaber eines Patents für eine bestimmte Pflanzensorte und dem Inhaber eines Sortenschutzrechts für diese Sorte kann es daher nicht geben. Was indessen häufig vorkommen kann, ist der Fall eines Pflanzenzüchters, der ein Sortenschutzrecht unter Umständen kaufen oder nutzen möchte, in denen dieser Kauf oder diese Nutzung ein bestehendes Patent z. B. für ein Gen verletzt, das in diese Pflanzensorte eingebaut wurde. Artikel 12 der Richtlinie sieht ein System gegenseitiger Zwangslizenzen(139) zu angemessenen Bedingungen vor, wenn sich der Inhaber des Sortenschutzrechts beim Patentinhaber umsonst um eine Lizenz bemüht hat und die Pflanzensorte einen bedeutenden technischen Fortschritt von beträchtlichem wirtschaftlichen Interesse gegenüber der patentgeschützten Erfindung darstellt(140).

128.
    Ein Widerspruch zwischen Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a einerseits und den Artikeln 8 und 9 andererseits besteht daher nicht.

Das Vorbringen zur fehlenden Definition der „Tierrassen“

129.
    Die Niederlande beanstanden, dass die Richtlinie den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a verwendeten Ausdruck „Tierrasse“ nirgendwo definiere. Demgegenüber werde der in diesem Artikel ebenfalls verwendete Ausdruck„Pflanzensorte“ in Artikel 2 Absatz 3 definiert. Demzufolge sei der Umfang der Ausnahme für Tiere unklar.

130.
    Die Ausnahmen von der Patentierbarkeit in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie wiederholen die Ausnahmen in Artikel 53 Buchstabe b des Europäischen Patentübereinkommens, die ihrerseits auf Artikel 2 Buchstabe b des Straßburger Abkommens beruhen. Dieser Kontext hilft im vorliegenden Fall bei der Auslegung der verwendeten Ausdrücke nicht weiter; wir müssen uns daher mit den Ausdrücken selbst befassen.

131.
    Zugegebenermaßen gibt es keine taxonomisch anerkannte Definition der „Rasse“ („Sorte“), wie wir sie für „Spezies“ oder „Genus“ kennen(141), auch wenn darauf hingewiesen werden kann, dass im Shorter Oxford English Dictionary(142) folgende biologische Definition der „Rasse“ („Sorte“) angeboten wird:

„Eine taxonomische Gruppe unmittelbar nach der Sub-Spezies(143) (soweit vorhanden) oder der Spezies, deren Mitglieder sich von anderen der gleichen Spezies oder Sub-Spezies in geringeren, aber dauerhaften oder vererblichen Merkmalen unterscheiden; die Organismen, die eine solche Gruppe bilden.“

Alle anderen Sprachfassungen der Richtlinie verwenden ein Wort mit der Bedeutung „Art“, was mit der vorstehenden Definition übereinstimmt. Der Begriff der Tierrasse ist meines Erachtens, wenn man ihn so versteht, keineswegs mehrdeutig.

Das Vorbringen zu den Begründungserwägungen 31 und 32 sowie zu den Artikeln 4 Absatz 1 Buchstabe a und 4 Absatz 2

132.
    Die Niederlande tragen unterstützt durch Norwegen zwei Argumente dafür vor, dass die genannten Bestimmungen widersprüchlich seien und daher gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstießen.

133.
    Zunächst werde in der Begründungserwägung 31 festgestellt, dass eine Pflanzengesamtheit, die durch ein bestimmtes Gen gekennzeichnet sei, nicht dem Sortenschutz unterliege und deshalb nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei, auch wenn sie neue Pflanzensorten umfasse. Im Wortlaut der Richtlinie selbst sei aber der Ausschluss von der Patentierbarkeit nicht mit der Möglichkeitgekoppelt, ein Sortenschutzrecht zu erlangen. Außerdem werde in der Begründungserwägung 32 festgestellt, dass eine Erfindung, bei der eine bestimmte Pflanzensorte genetisch verändert werde, so dass eine neue Pflanzensorte gewonnen werde, von der Patentierbarkeit ausgeschlossen bleibe, was der Begründungserwägung 31 widerspreche. Die Begründungserwägung 32 sei indessen nicht folgerichtig, weil die Gewinnung einer neuen Pflanzensorte unter dem Gesichtspunkt der Patentierbarkeit unerheblich sein müsse; für eine Pflanzensorte als solche dürfe kein Patent erteilt werden.

134.
    Zweitens sei auch Artikel 4 nicht folgerichtig. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a schließe von der Patentierbarkeit Pflanzensorten und Tierrassen in der Mehrzahl aus, während nach Artikel 4 Absatz 2 nur Erfindungen nicht patentierbar seien, die eine einzige Pflanzensorte oder Tierrasse beträfen. Wissenschaftlich gesehen sei es undenkbar, dass eine Erfindung technisch nur für eine Pflanzensorte oder Tierrasse anwendbar sei: Jede Erfindung in Zusammenhang mit einer genetischen Veränderung einer Pflanze oder eines Tiers sei für mehrere Sorten oder Rassen ausführbar. Artikel 4 Absatz 2 sei daher bedeutungslos.

135.
    Vorab sei bemerkt, dass es zweckdienlich ist, die Gründe anzuführen, die dem Ausschluss von Pflanzensorten und Tierrassen von der Patentierbarkeit in der Richtlinie zugrunde liegen, der so gefasst ist wie die Ausnahmen im Europäischen Patentübereinkommen(144) und im Straßburger Abkommen(145) (obwohl der Ausschluss im Straßburger Abkommen als Kann-Vorschrift ausgebildet ist(146)).

136.
    1961 und damit noch vor der Unterzeichnung des Straßburger Abkommens unterzeichnete die Mehrheit der Staaten, die in der Folge den beiden späteren Übereinkommen beitreten sollten, das UPOV-Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen(147). In seiner ursprünglichen Fassung sah das UPOV-Übereinkommen vor, dass die Mitglieder entweder speziellen Pflanzensortenschutz oder Patentschutz für Pflanzensorten (jeweils nach nationalem Recht) im Rahmen des Übereinkommens gewähren konnten, nicht aber beide Arten von Schutz. Artikel 2 Buchstabe b des Straßburger Abkommens und Artikel 53 Buchstabe b des späteren Europäischen Patentübereinkommens schließen in Anerkennung diesesinternational anerkannten Standpunktes den Patentschutz für Pflanzensorten aus(148).

137.
    Es sollte tunlichst bedacht werden, dass zu dem Zeitpunkt, als die Richtlinie entworfen wurde und das Gesetzgebungsverfahren durchlief, der Umfang der Ausnahme für Pflanzensorten in Artikel 53 Buchstabe b unklar war.

138.
    Im Februar 1995 hatte die technische Beschwerdekammer 3.3.4 des Europäischen Patentamts eine Entscheidung getroffen(149), die weitgehend dahin verstanden wurde, dass - entgegen früherer Rechtsprechung - eine Anmeldung, zu deren Gegenstand Pflanzensorten gehörten, nicht zulässig sei. Im November 1995 entschied die erweiterte Beschwerdekammer(150), dass mit dieser Entscheidung bei richtiger Auslegung entschieden worden sei, dass Pflanzen, die aus Zellen entstanden waren, in die eine Gensequenz mit Widerstandsfähigkeit gegenüber Herbiziden eingebaut worden war, aufgrund dieser genetischen Veränderung eine „Pflanzensorte“ im Sinne von Artikel 53 Buchstabe b seien.

139.
    Diese Entscheidung, der zufolge jede genetisch veränderte Pflanze als Pflanzensorte und daher als nicht patentierbar behandelt wurde, hätte eindeutig eine der wesentlichen Zielsetzungen der Richtlinie nachhaltig untergraben. Der Rat und das Parlament haben in ihren schriftlichen Erklärungen vor dem Gerichtshof bestätigt, dass diese Rechtsprechung des Europäischen Patentamts die Erklärung für den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie liefere, da deren Fassung so gewählt worden sei, dass sie nicht zu dem gleichen Ergebnis führen könnten. In der Begründungserwägung 31 wird festgestellt, dass eine Pflanzengesamtheit, die durch ein bestimmtes Gen gekennzeichnet ist, nicht dem Sortenschutz unterliegt, auch wenn sie Pflanzensorten umfasst. Dieser Sachverhalt muss aber von einer Erfindung unterschieden werden, die lediglich darin besteht, eine bestimmte Pflanzensorte genetisch so zu verändern, dass eine neue Sorte entsteht: Für diesen Fall wird in Begründungserwägung 32 festgestellt, dass die Ausnahme von der Patentierbarkeit eingreift. Artikel 4 Absatz 2 dreht nämlich die Entscheidung in der Sache Plant Genetic Systems um: Eine Erfindung - wie etwa die genetische Veränderung einer Pflanze, um ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Herbiziden zu erhöhen - kann patentiert werden, wenn ihre technische Durchführbarkeit nicht auf eine bestimmte Sorte begrenzt ist, oder sie wird, um es anders auszudrücken, von der Patentierbarkeit nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Anmeldung Pflanzengesamtheiten umfasst, zu denen mehr als eine Sorte gehört.

140.
    Es sei darauf hingewiesen, dass die vorstehende Auslegung der Begründungserwägungen 31 und 32 und des Artikels 4 Absatz 2 mit der aktuellen Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamts im Anschluss an die Entscheidung der erweiterten Beschwerdekammer vom Dezember 1999 in der Sache Novartis(151) übereinstimmt.

141.
    Ich komme folglich zu dem Ergebnis, dass das gesamte Vorbringen, wonach die Richtlinie wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit für nichtig erklärt werden sollte, zurückzuweisen ist.

Das Vorbringen zum Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen

142.
    Die Niederlande beanstanden, das Parlament und der Rat hätten mit dem Erlass der Richtlinie gegen Artikel 228 Absatz 7 EG-Vertrag (jetzt Artikel 300 Absatz 7 EG) verstoßen, da die Richtlinie mit mehreren völkerrechtlichen Verpflichtungen unvereinbar sei.

143.
    Artikel 228 betrifft Abkommen zwischen der Gemeinschaft und einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen. Artikel 228 Absatz 7 bestimmt:

„Die nach Maßgabe dieses Artikels geschlossenen Abkommen sind für die Organe der Gemeinschaft und für die Mitgliedstaaten verbindlich.“

144.
    Die von den Niederlanden angeführten völkerrechtlichen Verpflichtungen beruhen auf dem TRIPS-Übereinkommen, dem Übereinkommen über technische Handelshemmnisse, dem Europäischen Patentübereinkommen und dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt.

145.
    Der Rat weist vorab darauf hin, dass die Frage, ob eine Gemeinschaftsmaßnahme rechtswidrig sei, weil sie Bestimmungen eines internationalen Abkommens, an dem die Gemeinschaft beteiligt sei, verletze, sich nur dann stelle, wenn diese Bestimmungen unmittelbare Wirkung hätten(152). Er steht auf dem Standpunkt, dass das TRIPS-Übereinkommen, das Übereinkommen über technische Handelshemmnisse und das Übereinkommen über die biologische Vielfalt ihrer Natur nach keine unmittelbare Wirkung hätten. Ihre angebliche Verletzung könne daher nicht als Grund für eine Infragestellung der Rechtmäßigkeit der Richtlinie angeführt werden.

146.
    Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass, angenommen, die Bestimmungen der genannten internationalen Abkommen hätten keine unmittelbare Wirkung, dies notwendig die Schlussfolgerung des Rates stützt. Im Urteil Deutschland/Rat(153), auf das sich der Rat für seine Auffassung stützt, hat der Gerichtshof festgestellt, dass er die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftshandlung im Hinblick auf völkerrechtliche Verpflichtungen (die GATT-Vorschriften) ohne unmittelbare Wirkung nur dann zu prüfen habe, wenn die Gemeinschaft eine bestimmte, im Rahmen dieser Vorschriften übernommene Verpflichtung habe erfüllen wollen oder wenn die Gemeinschaftshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen dieses Aktes verweise(154). Dieses Kriterium dürfte in diesem Kontext angemessener sein als die unmittelbare Wirkung.

147.
    Ganz allgemein dürfte davon auszugehen sein, dass es auf jeden Fall rechtspolitisch wünschenswert wäre, dass der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Gemeinschaftsgesetzgebung im Licht der die Gemeinschaft bindenden Abkommen überprüfen könnte. Ein anderes Gericht, das Gemeinschaftsbestimmungen überprüfen könnte, gibt es nicht; versagt man daher dem Gerichtshof die Befugnis, so könnten sich die Mitgliedstaaten widerstreitenden Verpflichtungen gegenüber sehen, ohne dass es einen Weg gäbe, sie zu lösen.

148.
    Ich schlage demnach vor, das Vorbringen der Niederlande bezüglich einer angeblichen Verletzung verschiedener völkerrechtlicher Pflichten der Mitgliedstaaten durch die Richtlinie trotz des Einwands des Rates inhaltlich zu würdigen.

Verstoß gegen das TRIPS-Übereinkommen

149.
    Die Begründungserwägungen 12 und 36 der Richtlinie lauten wie folgt:

„(12)    Das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen), das die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten unterzeichnet haben, ist inzwischen in Kraft getreten; es sieht vor, dass der Patentschutz für Produkte und Verfahren in allen Bereichen der Technologie zu gewährleisten ist.

...

(36)    Das TRIPS-Übereinkommen räumt den Mitgliedern der Welthandelsorganisation die Möglichkeit ein, Erfindungen von der Patentierbarkeit auszuschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung in ihrem Hoheitsgebiet zum Schutz der öffentlichen Ordnungoder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch innerstaatliches Recht verboten ist.“

150.
    Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie bestimmt:

„Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus internationalen Übereinkommen, insbesondere aus dem TRIPS-Übereinkommen und dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt, werden von dieser Richtlinie nicht berührt.“

151.
    Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe b des TRIPS-Übereinkommens gestattet den Mitgliedern,

„Pflanzen und Tiere, mit Ausnahme von Mikroorganismen, und im Wesentlichen biologische Verfahren für die Züchtung von Pflanzen oder Tieren mit Ausnahme von nicht-biologischen und mikrobiologischen Verfahren ...“

von der Patentierbarkeit auszuschließen.

152.
    Die Niederlande tragen vor, die Richtlinie hindere die Mitgliedstaaten daran, von dieser Wahlmöglichkeit Gebrauch zu machen, da diese ein System der Patentierbarkeit vorsehe, das sich auf andere Pflanzen und Tiere als Pflanzensorten und Tierrassen erstrecke. Folglich sei die Richtlinie mit dem TRIPS-Übereinkommen unvereinbar.

153.
    Ich glaube, dass man dieses Vorbringen abhandeln kann, ohne weiter zu erörtern, ob die Begründungserwägungen 12 und 36 sowie Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie ausreichen, dem Gerichtshof eine Zuständigkeit zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Richtlinie im Licht des TRIPS-Übereinkommens zu verleihen.

154.
    Die Kann-Bestimmung des Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe b des TRIPS-Übereinkommens gestattet es WTO-Mitgliedern, eine lange Reihe von Gegenständen von der Patentierbarkeit auszuschließen. Die Gemeinschaft als Mitglied hat sich entschieden, in Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie nur einem Teil hiervon die Patentierbarkeit zu versagen. Damit hat die Gemeinschaft von ihrer Wahlmöglichkeit nach Maßgabe des Artikels 27 Absatz 3 Gebrauch gemacht. Der Umstand, dass diese Wahl den Niederlanden nicht mehr offen steht, ist nicht die Folge eines Verstoßes gegen das TRIPS-Übereinkommen, sondern der Harmonisierung durch die Richtlinie.

155.
    Außerdem können sich die Niederlande nicht auf Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie stützen. In dieser Bestimmung heißt es, dass die Richtlinie die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus dem TRIPS-Übereinkommen nicht berührt. Die Verpflichtungen der Niederlande nach diesem Übereinkommenwerden jedoch durch Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie nicht berührt, der lediglich von einer Wahlmöglichkeit Gebrauch macht und solche Verpflichtungen unberührt lässt.

Unvereinbarkeit mit dem Übereinkommen über technische Handelshemmnisse

156.
    Die Niederlande machen geltend, die Richtlinie enthalte technische Bestimmungen im Sinne des Übereinkommens über technische Handelshemmnisse(155), dessen Artikel 2 den Erlass solcher Regelungen festlege. Außerdem seien Entwürfe technischer Vorschriften gemäß Artikel 2.9 des Übereinkommens zu veröffentlichen und dem Sekretariat der WTO mitzuteilen. Den Niederlanden sei nicht bekannt, ob das vorgeschriebene Verfahren befolgt worden sei; auf jeden Fall gehe dies nicht aus der Richtlinie hervor, so dass der Gerichtshof die Befolgung nicht überprüfen könne.

157.
    Das Übereinkommen über technische Handelshemmnisse soll sicherstellen, dass technische Vorschriften und Normen einschließlich Erfordernisse der Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung sowie Verfahren zur Bewertung der Übereinstimmung mit technischen Vorschriften und Normen keine unnötigen Hemmnisse für den internationalen Handel schaffen(156). Artikel 1.3 bestimmt, dass alle Waren einschließlich Industrieprodukten und landwirtschaftlichen Erzeugnissen unter dieses Übereinkommen fallen. Das Übereinkommen verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass technische Vorschriften nicht in der Absicht oder mit der Wirkung ausgearbeitet, angenommen oder angewendet werden, unnötige Hemmnisse für den internationalen Handel zu schaffen(157), und stellt gewisse Erfordernisse für die Veröffentlichung und Mitteilung technischer Regelungen auf, die sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten erheblich auswirken können(158). „Technische Vorschrift“ wird wie folgt definiert:

„Ein Dokument, das Merkmale eines Produkts oder die entsprechenden Verfahren und Produktionsmethoden einschließlich der anwendbarenVerwaltungsbestimmungen festlegt, deren Einhaltung zwingend vorgeschrieben ist. Es kann unter anderem oder ausschließlich Festlegungen über Terminologie, Bildzeichen sowie Verpackungs-, Kennzeichnungs- oder Beschriftungserfordernisse für ein Produkt, ein Verfahren oder eine Produktionsmethode enthalten“(159).

158.
    Das Übereinkommen über technische Handelshemmnisse ist wie das TRIPS-Übereinkommen eine WTO-Übereinkunft. Die Richtlinie spricht keine Verweisung aus noch gibt es irgendeinen Hinweis darauf, dass die Richtlinie im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes(160) zu seiner Durchführung bestimmt wäre. Das Übereinkommen kann daher meines Erachtens in Verfahren zur Nichtigerklärung einer Richtlinie nicht herangezogen werden.

159.
    Ich sehe jedenfalls keinerlei Stütze für die Behauptung, dass die Richtlinie eine technische Vorschrift im Sinne des Übereinkommens sei und mithin unter das Übereinkommen falle. Sie legt keinerlei Produktmerkmale im Sinne des Übereinkommens fest und schafft auch keine Hemmnisse für den internationalen Handel. Ich bin daher der Meinung, dass das Vorbringen der Niederlande zu diesem Punkt zurückzuweisen ist.

Unvereinbarkeit mit dem Europäischen Patentübereinkommen

160.
    Artikel 53 Buchstabe a des Europäischen Patentübereinkommens bestimmt, dass europäische Patente nicht für Erfindungen erteilt werden, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, wobei ein solcher Verstoß nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass die Verwertung der Erfindung in allen oder einem Teil der Vertragsstaaten durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist.    

161.
    Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt, dass Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind; dieser Verstoß kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Verwertung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften verboten ist. Artikel 6 Absatz 2 führt mehrere Verfahren und eine Verwertung an, die insbesondere als nicht patentierbar gelten(161).

162.
    Die Niederlande tragen hierzu vor, das Kriterium für die Nichtpatentierbarkeit nach der Richtlinie sei somit, ob die gewerbliche Verwertung einer Erfindung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoße. Nach dem Übereinkommen sei hingegen entscheidend, ob „die Veröffentlichung oder Verwertung“ gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoße.Überdies müsse ein nationales Patent aus den besonderen, in Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie angeführten Gründen abgelehnt werden, während das Übereinkommen einen allgemeineren Grund anführe. Eine Erfindung, die nach der Richtlinie als nichtpatentierbar behandelt worden sei, könne daher trotzdem in einem Mitgliedstaat als europäisches Patent rechtsgültig sein. Richtlinie und Übereinkommen seien daher unvereinbar, womit gegen Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie verstoßen werde.

163.
    Mir scheint indessen klar zu sein, dass Artikel 228 Absatz 7 EG-Vertrag auf das Europäische Patentübereinkommen keine Anwendung findet, da dieses Übereinkommen kein Abkommen ist, das von der Gemeinschaft abgeschlossen wurde. Die Gemeinschaft ist daher nicht an dieses Übereinkommen gebunden, und die Richtlinie kann nicht dagegen verstoßen. Die angebliche Unvereinbarkeit von Übereinkommen und Richtlinie kann daher, selbst wenn sie substantiiert werden könnte, kein Grund für eine Nichtigerklärung der Richtlinie sein.

164.
    Auf jeden Fall haben meines Erachtens Unterschiede bei den materiellen Erfordernissen in beiden Rechtsinstrumenten nur am Rande Gewicht. Wie im Zusammenhang mit dem dritten Nichtigkeitsgrund der Niederlande und insbesondere bei der Erörterung des Umfangs der Einschränkung durch die öffentliche Ordnung gezeigt wurde, gibt es keinen Grund für die Annahme, dass der Begriff der öffentlichen Ordnung im Übereinkommen und in der Richtlinie unterschiedlich ausgelegt werden sollte. Die Gefahr, dass nationale Gerichte bei der Anwendung nationaler Vorschriften zur Durchführung der Richtlinie den Begriff anders auslegen könnten als das Europäische Patentamt bei der Anwendung des Übereinkommens, ist jetzt überdies noch geringer geworden, da die Richtlinie (nach Anhängigkeit der vorliegenden Rechtssache) in vollem Wortlaut in die Ausführungsvorschriften zum Übereinkommen aufgenommen worden ist, in denen es heißt, dass „die Richtlinie als ergänzendes Auslegungsmittel heranzuziehen [ist]“(162).

165.
    Eingestandenermaßen bleibt das Problem, dass sich das Patentierungsverbot im Übereinkommen anders als das Verbot in der Richtlinie, das sich nur auf die gewerbliche Verwertung bezieht, auf Erfindungen erstreckt, deren Veröffentlichung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde(163). Dieser Unterschied hat indessen für meine Begriffe kein praktisches Gewicht, da eine Erfindung, deren Veröffentlichung, nicht aber Verwertung einen Verstoß darstellen würde, kaum vorstellbar erscheint.

166.
    Ich bin daher der Auffassung, dass das Vorbringen der Niederlande zu diesem Punkt zurückzuweisen ist.

Unvereinbarkeit mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt

167.
    Die Begründungserwägungen 55 und 56 der Richtlinie lauten:

„(55)    Die Gemeinschaft ist gemäß dem Beschluss 93/626/EWG Vertragspartei des Übereinkommens über die biologische Vielfalt vom 5. Juni 1992. Im Hinblick darauf tragen die Mitgliedstaaten bei Erlass der Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie insbesondere Artikel 3, Artikel 8 Buchstabe j, Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 5 des genannten Übereinkommens Rechnung.

(56)    Die dritte Konferenz der Vertragsstaaten des Übereinkommens über die biologische Vielfalt, die im November 1996 stattfand, stellte im Beschluss III/17 fest, dass weitere Arbeiten notwendig sind, um zu einer gemeinsamen Bewertung des Zusammenhangs zwischen den geistigen Eigentumsrechten und den einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt zu gelangen, insbesondere in Fragen des Technologietransfers, der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt sowie der gerechten und fairen Teilhabe an den Vorteilen, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben, einschließlich des Schutzes von Wissen, Innovationen und Praktiken indigener und lokaler Gemeinschaften, die traditionelle Lebensformen verkörpern, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Bedeutung sind.“

168.
    Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie bestimmt:

„Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus internationalen Übereinkommen, insbesondere aus dem TRIPS-Übereinkommen und dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt, werden von dieser Richtlinie nicht berührt.“

169.
    Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt, das von der Gemeinschaft und allen Mitgliedstaaten am 5. Juni 1992 unterzeichnet und von der Gemeinschaft am 25. Oktober 1993 angenommen wurde(164), soll die biologische Vielfalt erhalten und nachhaltig nutzen(165). Ein wichtiger Aspekt ist die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile, insbesondere durch angemessenen Zugang zu genetischen Ressourcen und angemessene Weitergabe der einschlägigen Technologien unter Berücksichtigung aller Rechte an diesen Ressourcen undTechnologien(166). Norwegen ist als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums ebenfalls an diesem Übereinkommen beteiligt.

170.
    Genetische Ressourcen werden definiert als „genetisches Material von tatsächlichem oder potenziellem Wert“, genetisches Material als „jedes Material pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder sonstigen Ursprungs, das funktionale Erbeinheiten enthält“. Technologie schließt die Biotechnologie ein(167).

171.
    Artikel 3 des Übereinkommens bestimmt:

„Die Staaten haben nach der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts das souveräne Recht, ihre eigenen Ressourcen gemäß ihrer eigenen Umweltpolitik zu nutzen, sowie die Pflicht, dafür zu sorgen, dass durch Tätigkeiten, die innerhalb ihres Hoheitsbereichs oder unter ihrer Kontrolle ausgeübt werden, der Umwelt in anderen Staaten oder in Gebieten außerhalb der nationalen Hoheitsbereiche kein Schaden zugefügt wird.“

172.
    Artikel 8 des Übereinkommens regelt gewisse Maßnahmen, die zur Förderung der biologischen Vielfalt in bestimmten Schutzgebieten ergriffen werden sollen. Gemäß Absatz j sollen die Vertragsparteien „Kenntnisse, Innovationen und Gebräuche eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften mit traditionellen Lebensformen, die für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt von Belang sind, achten, bewahren und erhalten ...“.

173.
    Artikel 16 Absatz 2 des Übereinkommens fordert die Gewährung und/oder Erleichterung des Zugangs zur und der Weitergabe von Technologie in Bezug auf die Entwicklungsländer unter ausgewogenen und möglichst günstigen Bedingungen. In Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 heißt es, dass der Zugang und die Weitergabe bei Technologie, die Gegenstand von Patenten oder anderen Rechten des geistigen Eigentums ist, zu Bedingungen erfolgen, die einen angemessenen und wirkungsvollen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums anerkennen und mit ihm vereinbar sind. Artikel 16 Absatz 5 stellt fest, dass Patente einen Einfluss auf die Durchführung des Übereinkommens haben können, und verpflichtet die Vertragsparteien, sicherzustellen, dass solche Rechte die Ziele des Übereinkommens unterstützen und ihnen nicht zuwiderlaufen.

174.
    Nach Ansicht der Niederlande ist das Verhältnis zwischen der Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen und den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt unklar. Es sei insbesondere nicht klar, inwieweit die Erteilung eines Patents für eine biotechnologische Erfindung, die aus biologischem Material gewonnen werde oder bestehe, das ausschließlich inEntwicklungsländern zu finden sei, oder durch traditionelle Methoden entwickelt werde, mit der Verpflichtung vereinbar sei, Kenntnisse und Nutzen genetischer Ressourcen in ausgewogener Weise zugänglich zu machen. Bei Erteilung eines Patents erfassten die Rechte des Inhabers nicht nur geschützte biotechnologische Erfindungen oder Materialien, sondern auch die mit diesem Material gewonnenen Erzeugnisse. Landwirte in Entwicklungsländern könnten daher Nutzen aus dieser Erfindung erst nach Zahlung von Gebühren an den Patentinhaber ziehen. Die Durchführung der Richtlinie könne demzufolge zu einem Verstoß gegen das Übereinkommen führen.

175.
    Da die Richtlinie klar zwischen Erfindungen, die patentierbar, und Entdeckungen, die nicht patentierbar seien, unterscheide, bestehe außerdem die Gefahr, dass traditionelle Erzeugnisse und Verfahren mit Ursprung in Entwicklungsländern ein Patent erhielten, obwohl es sich um Entdeckungen und nicht Erfindungen handele; in der Praxis sei schwer zu bestimmen, ob lebendes Material eine Entdeckung oder eine Erfindung sei, gerade weil nicht alle traditionellen Erzeugnisse oder Verfahren bekannt seien. In solchen Fällen kämen die Einkünfte aus solchen Patenten nicht dem Entwicklungsland, sondern dem (westlichen) Patentinhaber zugute. Das Entwicklungsland müsse langwierige und kostspielige Prozesse führen, um ein einmal gewährtes Patent anzufechten, was zur Anforderung des Übereinkommens in Widerspruch stehe, dass Kenntnisse und der Nutzen genetischer Ressourcen in den Entwicklungsländern in ausgewogener Weise geteilt werden sollten.

176.
    Norwegen trägt vor, dass verschiedene Aspekte der Richtlinie mit Gegenstand und Ziel des Übereinkommens unvereinbar seien. Die Durchführung der Richtlinie könne daher Staaten zwingen, gegen die Bestimmungen des Übereinkommens zu verstoßen. Ferner lasse die Verabschiedung der Richtlinie im Gemeinsamen EWR-Ausschuss ernsthafte Probleme für Norwegen entstehen, das sich widerstreitenden Vertragspflichten gegenüber sehe. Deshalb müsse die Richtlinie für nichtig erklärt werden.

177.
    Meines Erachtens zeigt das Vorbringen, die Richtlinie sei mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt unvereinbar, dass die jeweiligen Zielsetzungen und Geltungsbereiche der beiden Rechtsinstrumente falsch beurteilt werden.

178.
    Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, wie aus der Untersuchung im Zusammenhang mit den abgehandelten Nichtigkeitsgründen hervorgeht, sicherzustellen, dass in ihren nationalen Rechtsvorschriften Patentschutz für biotechnologische Erfindungen im definierten Sinne bereitgestellt wird. Zu diesem Zweck erlegt sie den Mitgliedstaaten in diesem engen Kontext einige ganz besondere Verpflichtungen auf. Patente, die nach Maßgabe der Richtlinie erteilt werden, haben naturgemäß wie alle Patente territoriale Wirkung.

179.
    Demgegenüber weist das Übereinkommen mehr die Natur einer Rahmenvereinbarung auf. Nach Festlegung seiner Ziele in Artikel 1 schlägt das Übereinkommen eine Reihe von Vorgehensweisen vor, an denen sich die Vertragsparteien (die am 5. Juni 2001 weltweit 180 Staaten zählten) auszurichten haben, in vielen Fällen lediglich „so weit möglich und sofern angebracht“(168). Der Umfang des Übereinkommens ist ziemlich weit; die vorgeschlagenen Maßnahmen sind recht vielfältig und in den meisten Fällen in allgemeinen Wendungen zum Ausdruck gebracht.

180.
    Es ist ein Axiom, dass die Richtlinie in keiner Weise Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union (oder Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) sind, verpflichten könnte, biotechnologischen Erfindungen Patentschutz zu gewähren (obwohl natürlich andere internationale Verträge einschließlich des TRIPS-Übereinkommens genau dies bewirken könnten). Damit bleibt der Standpunkt der Entwicklungsländer - wo, wie die Niederlande und Norwegen zu verstehen geben, ein genetischer Reichtum konzentriert ist - zum Patentschutz biotechnologischer Erfindungen von der Richtlinie unberührt.

181.
    Die Richtlinie, die sich mit Patenten befasst, will keine Bereiche regeln, die außerhalb des gewerblichen Eigentums liegen. Wiederum ist es nicht Sache des Patentrechts, wie bereits erörtert und noch zu erörtern(169), weitere Gegenstände wie etwa die Prüfung des Ursprungs biologischen Materials zu regeln, für das Patentschutz beantragt wird. Die Richtlinie beeinträchtigt die Fähigkeit der Entwicklungsländer nicht, Kontrollen ihrer genetischen Ressourcen zur Verhinderung ungeregelten Plünderns dieser Ressourcen einzurichten, und kann dies auch nicht. Mindestens ein Dutzend Staaten haben solche Schritte im Einklang mit dem Übereinkommen über biologische Vielfalt bereits ergriffen, und ebenso viele entwickeln gegenwärtig Kontrollmöglichkeiten(170).

182.
    Ich verstehe nicht recht, wie nach Meinung der Niederlande traditionelle Erzeugnisse und Verfahren mit Ursprung in Entwicklungsländern im Einklang mit der Richtlinie patentiert werden sollen, obwohl sie Entdeckungen und keine Erfindungen sind. Wie die Richtlinie klarstellt(171), muss eine Erfindung, soll siepatentierbar sein, neu sein, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sein. Diese Erfordernisse, die seit dem venezianischen Gesetz von 1474(172) in der einen oder anderen Form zur Patentgesetzgebung gehören, sind nicht bloße Formalitäten, sondern wesentliche Voraussetzungen der Patentierbarkeit, die jede für sich erfüllt sein muss, bevor ein Patent erteilt werden kann. Natürliche Ressourcen als solche können daher nicht Gegenstand eines Patents sein.

183.
    Jedenfalls verbietet und beschränkt das Übereinkommen in keiner Weise die Patentierbarkeit biotechnologischen Materials oder auch genetischer Ressourcen; Artikel 16 Absatz 2 des Übereinkommens fordert ganz im Gegenteil, dass der Zugang und die Weitergabe bei patentierbarer Biotechnologie zu Bedingungen zu erfolgen hat, die einen angemessenen und wirkungsvollen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums anerkennen und mit ihm vereinbar sind.

184.
    Demnach weise ich das Vorbringen zurück, Richtlinie und Übereinkommen über die biologische Vielfalt seien unvereinbar, und brauche daher nicht weiter zu prüfen, worauf eine solche Unvereinbarkeit hinauslaufen würde.

Das Vorbringen zu den Grundrechten

185.
    Artikel F Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union bestimmt:

„Die Union achtet die Grundrechte, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben.“

186.
    Die Begründungserwägungen 16, 20, 21, 26 und 43 der Richtlinie lauten:

„(16)    Das Patentrecht muss unter Wahrung der Grundprinzipien ausgeübt werden, die die Würde und die Unversehrtheit des Menschen gewährleisten. Es ist wichtig, den Grundsatz zu bekräftigen, wonach der menschliche Körper in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung, einschließlich der Keimzellen, sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile oder seiner Produkte, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines menschlichen Gens, nicht patentierbar sind. Diese Prinzipien stehen im Einklang mit den im Patentrecht vorgesehenen Patentierbarkeitskriterien, wonach eine bloße Entdeckung nicht Gegenstand eines Patents sein kann.

...

(20)    Infolgedessen ist darauf hinzuweisen, dass eine Erfindung, die einen isolierten Bestandteil des menschlichen Körpers oder einen auf eine andere Weise durch ein technisches Verfahren erzeugten Bestandteil betrifft und gewerblich anwendbar ist, nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem eines natürlichen Bestandteils identisch ist, wobei sich die Rechte aus dem Patent nicht auf den menschlichen Körper und dessen Bestandteile in seiner natürlichen Umgebung erstrecken können.

(21)    Ein solcher isolierter oder auf andere Weise erzeugter Bestandteil des menschlichen Körpers ist von der Patentierbarkeit nicht ausgeschlossen, da er - zum Beispiel - das Ergebnis technischer Verfahren zu seiner Identifizierung, Reinigung, Bestimmung und Vermehrung außerhalb des menschlichen Körpers ist, zu deren Anwendung nur der Mensch fähig ist und die die Natur selbst nicht vollbringen kann.

...

(26)    Hat eine Erfindung biologisches Material menschlichen Ursprungs zum Gegenstand oder wird dabei derartiges Material verwendet, so muss bei einer Patentanmeldung die Person, bei der Entnahmen vorgenommen werden, die Gelegenheit erhalten haben, gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften nach Inkenntnissetzung und freiwillig der Entnahme zuzustimmen.

...

(43)    Nach Artikel F Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union achtet die Union die Grundrechte, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben.“

187.
    Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie können Erfindungen, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind, auch dann patentiert werden, wenn sie ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt, bearbeitet oder verwendet wird, zum Gegenstand haben.“

188.
    Artikel 5 lautet:

„(1)    Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, können keine patentierbaren Erfindungen darstellen.

(2)    Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, kann eine patentierbare Erfindung sein, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist.

(3)    Die gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens muss in der Patentanmeldung konkret beschrieben werden.“

189.
    Die Niederlande bringen unter Berufung auf das Urteil X/Kommission(173) vor, dass jeder Gemeinschaftsakt, der gegen ein Grundrecht verstoße, rechtwidrig sei. Die Richtlinie verletze Grundrechte sowohl durch Tun als auch durch Unterlassen.

190.
    Erstens bestimme Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie, dass ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers patentierbar sei. Das Recht auf Menschenwürde werde vom Gerichtshof als Grundrecht anerkannt. Der menschliche Körper sei Vermittler der Menschenwürde. Unter dem Blickwinkel der Menschenwürde sei es unannehmbar, lebende menschliche Materie zum Objekt zu machen.

191.
    Zweitens treffe die Richtlinie in zwei Fällen keine Vorsorge für die sorgsame Behandlung menschlichen Materials und die Zustimmung der betroffenen Personen.

192.
    Zunächst müsse der Spender patentierter Teile, die aus dem menschlichen Körper entfernt würden, zumindest eine gewisse Kontrolle über das Schicksal seines Körpers oder eines Teils von ihm haben. Die Richtlinie erwähne das Recht des Spenders lediglich in Begründungserwägung 26. Begründungserwägungen hätten keine bindende Rechtswirkung. Es müsse als ein Grundrechtsverstoß angesehen werden, dass in der Regelung der Richtlinie selbst nicht sichergestellt sei, dass menschliches Material sorgsam behandelt werde.

193.
    Sodann gebe es in der Richtlinie keine Bestimmung für den Schutz des Empfängers von Material, das durch biotechnologische Mittel bearbeitet oder gewonnen worden sei. Ein Patient könne daher eine solche Behandlung ohne Wissen oder Zustimmung erfahren. Die Verpflichtung zur Respektierung menschlichen Lebens, das Vertrauen in den Arzt, das Recht auf körperlicheUnversehrtheit und das schutzwürdige Recht auf persönliche Information, wie sie in der Rechtsprechung des Gerichtshofes anerkannt seien, könnten als „Persönlichkeitsrechte“ zusammengefasst werden. Im Kontext ärztlicher Behandlung gehöre auch das Selbstbestimmungsrecht der Patienten hierher. Dieses Recht verletze die Richtlinie schwer und ohne Rechtfertigung.

194.
    Italien tritt den Niederlanden zur Seite und ergänzt, dass eine Richtlinie, die einen Bereich wie die Biotechnologie regele, dessen Auswirkung auf die Grundrechte unbestreitbar sei, indessen nicht die notwendigen Garantien bereitstelle, dass ihre Anwendung diese Rechte schütze, nicht gültig sein könne.

195.
    Die Niederlande sind somit der Auffassung, dass die Richtlinie in zweifacher Hinsicht gegen Grundrechte verstoße: Sie enthalte eine Bestimmung (Artikel 5 Absatz 2), die gegen die Menschenwürde verstoße, und keine Regelung zum Schutz des Spenderrechts auf Kontrolle über gespendete Teile und des Rechts von Patienten auf Einwilligung in die Behandlung nach vorheriger Aufklärung treffe. Es ist meines Erachtens hilfreich, diese Argumente gesondert zu behandeln.

196.
    Ich möchte darauf hinweisen, dass die dem Gerichtshof vorgetragenen Argumente zur Vereinbarkeit der Richtlinie mit den Grundrechten allein den vorerwähnten besonderen Fragen gelten. Ich habe daher meine Untersuchung der angeblichen Unvereinbarkeit der Richtlinie mit den Grundrechten auf diese Fragen zu beschränken.

197.
    Meines Erachtens unterliegt es keinem Zweifel, dass die von den Niederlanden angeführten Rechte in der Tat Grundrechte sind, deren Beachtung in der Gemeinschaftsrechtsordnung sicherzustellen ist. Das Recht auf Achtung der Menschenwürde ist vielleicht das grundlegendste Recht von allen und nunmehr in Artikel 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(174) zum Ausdruck gelangt, der festlegt, dass die Menschenwürde unantastbar und zu achten und zu schützen ist. Auch das Recht sowohl der Spender von Teilen des menschlichen Körpers als auch der Empfänger ärztlicher Behandlung auf freie Einwilligung nach vorheriger Aufklärung kann als grundlegend betrachtet werden; es ist jetzt auch in Artikel 3 Absatz 2 der Grundrechte-Charta erwähnt, der in den Bereichen Medizin und Biologie fordert, dass „die freie Einwilligung der betroffenen Person nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich festgelegten Modalitäten beachtet wird“. Es muss anerkannt werden, dass jedes Rechtsinstrument der Gemeinschaft, das gegen diese Rechte verstößt, rechtwidrig wäre.

198.
    Meiner Auffassung nach verstößt indessen die Richtlinie nicht, wie die Niederlande und Italien meinen, gegen die Grundrechte.

Verstößt Artikel 5 Absatz 2 gegen Grundrechte?

199.
    Zunächst einmal kann ich der uneingeschränkten Behauptung der Niederlande nicht beipflichten, dass ein Patent für einen isolierten Bestandteil des menschlichen Körpers gegen die Menschenwürde verstoße. Dieser Standpunkt scheint auf der Prämisse zu beruhen, dass der Patentschutz eines solchen Bestandteils auf eine Aneignung eines Teils des betreffenden menschlichen Körpers hinausläuft. Das Patent vermittelt indessen kein Eigentumsrecht. Außerdem legt die Richtlinie fest, dass weder der menschliche Körper selbst noch die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile patentierbar ist(175). Nach allgemeinem Patentrecht sind, wie in Artikel 3 Absatz 1 deutlich wird, nur Erfindungen patentierbar, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind(176). Die Entdeckung eines Bestandteils des menschlichen Körpers wie etwa eines Gens ist daher nicht patentierbar; nur wenn das Gen aus seinem natürlichen Zustand zum Beispiel durch Vornahme von Reinigungsschritten, die es von anderen mit ihm natürlich verbundenen Molekülen trennen, isoliert worden ist, kann es patentiert werden, und dies auch nur dann, wenn seine gewerbliche Anwendung, zum Beispiel die Herstellung neuer Arzneimittel, bei der Patentanmeldung nach Maßgabe von Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie konkret beschrieben wird. Das Patent erfasst daher nicht das Gen, wie es im menschlichen Körper vorkommt, da sich Gene des Körpers nicht in der isolierten und gereinigten Form vorfinden, die Gegenstand des Patents ist(177).

200.
    Der Grundsatz „Kein Patent auf Leben“ ist daher eine übertriebene Vereinfachung.

201.
    Gleichwohl kann man sich vielleicht Umstände vorstellen, unter denen die Erteilung eines Patents für einen isolierten Bestandteil des menschlichen Körpers gegen die Menschenwürde verstößt; außerdem könnten zukünftige Entwicklungen Produkte oder Verfahren möglich machen, die jetzt unvorstellbar sind, aber ebenso gegen die Menschenwürde verstoßen würden. Solche Erfindungen wären indessen nach der Richtlinie fraglos nicht patentierbar, da gemäß Artikel 6 Absatz 1 Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die guten Sitten verstoßen würde, von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind. Die Richtlinie bietet dahereine wesentliche Garantie gegen die Erteilung eines solchen Patents. Diese Garantie ist ferner so beschaffen, dass künftige Entwicklungen erfasst werden: Die Allgemeingültigkeit des Maßstabs stellt sicher, dass sie auf Erfindungen in diesem sich schnell entwickelnden Bereich angewandt werden kann, dessen Einzelheiten gegenwärtig nicht vorhersehbar sind. Zweifellos aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber entschlossen, in Artikel 6 Absatz 2 keine erschöpfende Liste der Beispiele von Erfindungen aufzustellen, die nach Artikel 6 Absatz 1 als nicht patentierbar zu gelten haben. Eine Fall-zu-Fall-Bewertung von Patentanmeldungen im Licht anerkannter Moralvorstellungen ist die sicherste Garantie für die Achtung des Rechts auf Menschenwürde, und diesen Rahmen hat die Richtlinie geschaffen.

202.
    Für meine Begriffe ziehen die Artikel 5 und 6 der Richtlinie eine sorgfältige Linie zwischen den Fällen, in denen Bestandteile menschlichen Ursprungs nicht als patentierbar behandelt werden sollten, und solchen Fällen, in denen sie zu Recht als patentierbar betrachtet werden.

203.
    Die Richtlinie spiegelt auch die Ergebnisse der Beratergruppe der Europäischen Kommission für Fragen der Ethik in der Biotechnologie wider. In ihrer Stellungnahme zu den ethischen Aspekten der Patentierbarkeit von Erfindungen, die sich auf Elemente menschlichen Ursprungs erstrecken(178), empfiehlt die Beratergruppe nicht grundsätzlich den Ausschluss der Patentierbarkeit solcher Erfindungen, sondern stellt sich auf den Standpunkt, dass sie von bestimmten ethischen Grundsätzen abhängig sein sollte, damit grundlegende Menschenrechte geachtet werden. So heißt es dort: „Ungeachtet der Art der biotechnologischen Erfindung, die die Verwendung von Teilen des menschlichen Körpers umfasst, muss die Richtlinie ausreichende Garantien dafür bieten, dass eine rechtliche Grundlage für die Verweigerung der Erteilung eines Patents auf eine Erfindung geschaffen wird, die die Rechte der Person und die Würde des Menschen gefährden kann.“ Diese Garantie ist im Ausschluss von der Patentierbarkeit aufgrund der guten Sitten nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie zu erblicken.

204.
    Ich bin daher nicht der Auffassung, dass die Richtlinie gegen die Menschenwürde verstößt, wenn sie festlegt, dass isolierte Bestandteile des menschlichen Körpers patentiert werden können.

Verstößt die fehlende Zustimmungsbedürftigkeit gegen Grundrechte?

205.
    Es reicht indessen nicht aus, zu sagen, dass die Vorschriften der Richtlinie für sich genommen nicht gegen Grundrechte verstoßen. Die Niederlande und Italien beanstanden gleichermaßen, dass die Richtlinie bestimmte Vorschriften, die erforderlich wären, um diese Rechte zu schützen, vermissen lasse und daher diese Rechte verletze. Sie stelle insbesondere nicht sicher, dass diese Rechte beachtetwürden, wenn Patente zunächst für biotechnologische Erzeugnisse und Verfahren erteilt und solche patentierten Erzeugnisse und Verfahren dann verwertet und genutzt würden.

206.
    Die Niederlande rügen zunächst, dass die Richtlinie festlegen sollte, dass der Spender isolierter Bestandteile des menschlichen Körpers, die patentiert worden seien, das Schicksal seines Körpers oder eines Teils davon kontrollieren könne.

207.
    Die Begründungserwägung 26 stellt für den Fall, dass ein Patent für eine Erfindung angemeldet wird, die biologisches Material menschlichen Ursprungs zum Gegenstand hat oder verwendet, fest, dass die Person, bei der Entnahmen vorgenommen werden, „die Gelegenheit erhalten haben [muss], gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften nach Inkenntnissetzung und freiwillig der Entnahme zuzustimmen“.

208.
    Diese Begründungserwägung geht auf einen Änderungsvorschlag des Parlaments zurück, das einen neuen Artikel 8a Absatz 2 in die Richtlinie einfügen wollte, in dem unter anderem gefordert wurde, dass der Anmelder eines Patents „den Patentbehörden den Nachweis dafür erbringt, dass die Verwendung des Materials und der Antrag auf Erteilung eines Patents mit freiwilliger und in voller Kenntnis der Sachlage erteilter Zustimmung der Ursprungsperson ... erfolgt ist“(179). Diese Änderung wurde nicht gebilligt.

209.
    Der Fassung der Begründungserwägung 26 in den verschiedenen Sprachen lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob sich die Zustimmung auf die Anmeldung des Patents oder auf die Entnahme von Material beim Spender beziehen soll. Die Begründungserwägung 26 geht daher möglicherweise nicht so weit wie die Empfehlung der Beratergruppe der Kommission(180), in der es heißt:

„Der ethische Grundsatz der freiwilligen Einwilligung nach Inkenntnissetzung der Person, bei der eine Entnahme vorgenommen wird, muss eingehalten werden. Dieser Grundsatz erfordert, dass die Aufklärung der Person insbesondere über die Möglichkeit der Einreichung einer Patentanmeldung betreffend die Verwendung dieser Entnahme vollständig und genau sein muss. Eine Erfindung, die auf der Verwendung von Teilen des menschlichen Körpers beruht, deren Entnahme durchgeführt wird, ohne dass der Grundsatz der Einwilligung eingehalten wurde, entspricht nicht den ethischen Anforderungen.“

210.
    Natürlich ist es durchaus wünschenswert, dass kein Bestandteil menschlichen Ursprungs einer Person ohne deren Zustimmung entnommen wird. Dieser Grundsatz findet Ausdruck im Eingang der Grundrechte-Charta der EuropäischenUnion(181); er ist ferner verankert in Kapitel II der Konvention des Europarats über Menschenrechte und Biomedizin(182), wo vorgesehen ist, dass jeder Eingriff im Gesundheitswesen nur durchgeführt werden darf, wenn die betreffende Person freiwillig und nach Aufklärung zugestimmt hat(183).

211.
    Auch wenn das Erfordernis der Zustimmung zu allen potenziellen Verwendungen menschlichen Materials als grundlegend betrachtet werden kann, ist doch meines Erachtens das Patentrecht nicht der angemessene Ort, um ein solches Erfordernis aufzustellen und durchzusetzen. Ein Patent überträgt, wie bereits erörtert(184), lediglich das Recht, andere an der Verwendung oder sonstigen Nutzung der patentierten Erfindung zu hindern; wie der Patentinhaber diese Erfindung nutzt oder verwendet, ist nicht im Patentrecht geregelt, sondern Gegenstand von Recht und Praxis des betreffenden Staates für diesen Bereich.

212.
    Auch könnte es in meinen Augen möglicherweise undurchführbar sein, den Nachweis einer solchen Zustimmung - wahrscheinlich über den Grundsatz der guten Sitten - zur Voraussetzung für die Erteilung eines biotechnologischen Patents zu machen. Biotechnologische Erfindungen können auf die Untersuchung von Abertausenden von Blut- und Gewebeproben zurückgehen, die wahrscheinlich zusammengeworfen werden und zum Zeitpunkt der Analyse fast sicher anonym sind. Ich halte es nicht für vernünftig, von Patentprüfern zu erwarten, dass sie sich davon überzeugen, dass die Zustimmungskette für jede Probe lückenlos und belegt ist. Es fällt wohl eher in die Verantwortung des medizinischen oder Forschungsstabs, der die Proben entnimmt, dabei sicherzustellen, dass die Einwilligung erklärt wird; diese Verantwortung wird zusammen mit Form und Umfang der Einwilligung durch nationale Rechtsvorschriften, Standesbestimmungen usw. außerhalb des Patentbereichs festgelegt. Diese Betrachtungsweise ist nicht unvereinbar mit Begründungserwägung 26, die von „den innerstaatlichen Rechtsvorschriften“ spricht. Die Patentierbarkeit ist andererseits allein aufgrund der Natur des Erzeugnisses oder Verfahrens selbst oder aufgrund des Umstands zu würdigen, dass jede gewerbliche oder industrielle Anwendung Einwänden begegnen würde.

213.
    Die Richtlinie ist daher für meine Begriffe nicht der richtige Ort für Vorschriften über die Zustimmung des Spenders oder des Empfängers von Bestandteilen menschlichen Ursprungs. Solche Fragen der Zustimmung treten nämlich im allgemeinen eher im Zusammenhang mit jeder Verwendung menschlichen Materials wie etwa Transplantaten, Organspenden usw. auf. Das spricht für die Auffassung, dass die Probleme nicht im Patentrecht zu lösen sind, insbesondere nicht in dem Patentrecht, wie es für diesen speziellen Sektor gilt.

214.
    Die Niederlande machen ferner geltend, die Richtlinie verstoße dadurch gegen Grundrechte, dass sie nicht fordere, dass ein Patient einer ärztlichen Behandlung zustimmen müsse, bei der mit biotechnologischen Mitteln bearbeitetes oder gewonnenes Material Verwendung finde. Dieses Vorbringen beruht meines Erachtens auf einem Fehlverständnis. Die Bedingungen für die Verwertung oder Nutzung patentierter Erfindungen liegen, wie bereits erörtert(185), außerhalb des Bereichs der Patentgesetze, da diese mit anderen Mitteln kontrolliert werden. Das kommt in Begründungserwägung 14 klar zum Ausdruck: Das Patentrecht, das dem Inhaber lediglich das Recht verleiht, Dritten die Verwertung seiner Erfindungen zu industriellen und gewerblichen Zwecken zu untersagen, kann die ethische Überwachung der Forschung und der gewerblichen Verwertung ihrer Ergebnisse nicht ersetzen. In gleicher Weise enthält die Richtlinie, worauf der Rat hinweist, keine Vorschrift dahin gehend, dass der Empfänger biotechnologisch behandelten Materials informiert werden müsse, weil sie nämlich die Verwendung von und den Handel mit solchem Material nicht regelt und nicht regeln will.

215.
    Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie selbst weder durch das, was sie regelt, noch durch das, was sie nicht regelt, im Gemeinschaftsrecht anerkannte Grundrechte verletzt. Natürlich kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Anwendung der Richtlinie in einem Mitgliedstaat Grundrechte verletzt, obwohl sie Vorschriften enthält, die diese Folge vermeiden sollen. Das ändert indessen nichts an der Schlussfolgerung, dass die Richtlinie als solche nicht gegen Grundrechte verstößt.

Das Vorbringen zur fehlenden Befolgung des richtigen Verfahrens

216.
    Die Niederlande tragen vor, die Richtlinie sei nicht ordnungsgemäß erlassen worden, da sie einen rechtswidrigen Vorschlag der Kommission zur Grundlage habe. Sie verstoße daher gegen Artikel 100a in Verbindung mit Artikel 189b Absatz 2 EG-Vertrag, zumindest aber gegen diese Vorschriften in Verbindung mit Artikel 190 EG-Vertrag.

217.
    Artikel 189b Absatz 2 (nach Änderung jetzt Artikel 251 Absatz 2 EG) bestimmt für die unter diesen Artikel fallenden Rechtsvorschriften, dass dieKommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag zu unterbreiten hat.

218.
    Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) bestimmt:

„Die Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, die vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam ... angenommen werden, sind mit Gründen zu versehen und nehmen auf die Vorschläge und Stellungnahmen Bezug, die nach diesem Vertrag eingeholt werden müssen.“

219.
    Die Niederlande tragen vor, dass für Beschlüsse der Kommission das Kollegialprinzip gelte(186). Dieser Grundsatz beruhe auf einer gleichen Beteiligung aller Kommissare an der Entscheidungsfindung, woraus insbesondere abzuleiten sei, dass die Entscheidungen gemeinsam zu beraten seien und dass alle Mitglieder des Kollegiums der Kommissare für sämtliche erlassenen Entscheidungen politisch gemeinsam verantwortlich seien(187). Die Förmlichkeiten, die zu beachten seien, damit das Kollegialprinzip tatsächlich eingehalten werde, seien je nach Art und Rechtswirkungen der von diesem Organ erlassenen Akte verschieden(188). Der Vorschlag der Kommission, der Voraussetzung für den Erlass der Richtlinie gewesen sei, hätte vom Kollegium in seiner endgültigen, dem Parlament und dem Rat vorgelegten Form, beschlossen werden müssen; sein Wortlaut hätte ferner allen Mitgliedern des Kollegiums bei der Beschlussfassung in sämtlichen Amtssprachen vorliegen müssen. Nichts in der Richtlinie lasse erkennen, dass dieses wesentliche Verfahrenserfordernis eingehalten worden sei.

220.
    Was das Vorbringen zum Kollegialprinzip anbelangt, ist der Erwiderung der Niederlande zu entnehmen, dass sie nicht behauptet, dass dieser Grundsatz tatsächlich verletzt worden sei, sondern lediglich, dass die Kommission dessen Beachtung nicht überprüft habe, oder zumindest, dass in den Begründungserwägungen der Richtlinie keine Spur einer solchen Überprüfung zu erkennen sei.

221.
    Zu der Behauptung, die Kommission habe die Einhaltung dieses Grundsatzes nicht überprüft, führt diese (ohne Widerspruch seitens der Niederlande) aus, dass der Vorschlag von ihr in ihrer Sitzung vom 13. Dezember 1995 beschlossen worden sei; der Beschluss war daher fraglos rechtmäßig.

222.
    Zu dem Vorbringen, dass aus der Präambel der Richtlinie insoweit nichts hervorgehe, möchte ich darauf hinweisen, dass den von den Niederlanden angeführten Vertragsbestimmungen nichts entnommen werden kann, was ihre offensichtliche Mutmaßung bestätigte, dass in Gesetzesmaßnahmen der Gemeinschaft die Beachtung des Kollegialprinzips festgehalten werden müsste.

223.
    Zu dem Vorbringen, dass der Vorschlag bei der Beschlussfassung der Kommission allen Mitgliedern des Kollegiums in sämtlichen Amtssprachen hätte vorliegen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass ein Vorschlag der Kommission keine Maßnahme in der Form einer der in Artikel 189 EG-Vertrag angeführten Akte ist und daher nach dem Vertrag nicht in beglaubigten Fassungen in allen Amtssprachen beschlossen werden muss. Ich schließe mich dem Standpunkt der Kommission an, dass die Forderung, ein Vorschlag müsse vom Kollegium in sämtlichen Sprachen beschlossen werden, unangemessen und für die Beachtung des Kollegialprinzips nicht erforderlich wäre.

224.
Die Kommission beruft sich insoweit auf Artikel 6 der Verordnung Nr. 1 des Rates zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft(189), wonach die Organe der Gemeinschaft in ihren Geschäftsordnungen festlegen könnten, wie diese Regelung der Sprachenfrage im Einzelnen anzuwenden sei. Zur Durchführung dieser Vorschrift bestimme Artikel 4 der Geschäftsordnung der Kommission, dass „[d]ie Tagesordnung und die notwendigen Arbeitsunterlagen ... den Mitgliedern der Kommission innerhalb der Fristen und in den Arbeitssprachen zugehen [müssen], die von der Kommission gemäß Artikel 24 festgelegt werden“; in dieser Vorschrift sei festgelegt, dass die Kommission, soweit erforderlich, Durchführungsbestimmungen zu dieser Geschäftsordnung erlasse. Diese Durchführungsbestimmungen sähen vor, dass die zu einer Tagesordnung gehörenden Arbeitsunterlagen den Mitgliedern der Kommission in den vom Präsidenten unter Berücksichtigung der Mindestbedürfnisse der Mitglieder festgelegten Sprachen zu übermitteln seien. Der Richtlinienvorschlag sei den Mitgliedern der Kommission in englischer, französischer und deutscher Sprache vorgelegt und den anderen Organen - wie dies üblich sei - in allen Amtssprachen übersandt worden.

225.
    Demnach möchte ich das Vorbringen zurückweisen, dass die Richtlinie, da auf einem rechtswidrigen Vorschlag der Kommission beruhend, nicht ordnungsgemäß erlassen worden sei.

Ergebnis

226.
    Hieraus folgt meines Erachtens, dass die Klage aus den angegebenen Gründen keinen Erfolg haben kann. Sie braucht deshalb aber nicht vergeblichgewesen zu sein. Es dürfte, wie ich meine, deutlich geworden sein, dass sie durch verständliche Bedenken veranlasst wurde, die ein allgemeines Bewusstsein erkennen lassen, dass die unverantwortliche Fortführung biotechnologischer Forschungen Folgen haben kann, die ethisch unannehmbar sind. Obwohl einige der Anfechtungsgründe rein technischer Natur waren, standen diese Besorgnisse im Zentrum. Die Klage mag insofern nicht vergeblich gewesen sein, als sie gezeigt haben dürfte, dass diese Bedenken zerstreut werden können und müssen.

227.
    So behandelt die Richtlinie insbesondere die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen und nicht deren Verwendung. Innerhalb dieses Rahmens werden angemessene sittliche Garantien geboten, die in mancher Beziehung über die bloße Anwendung der geltenden Kriterien für die Patentierbarkeit hinausgehen. Dass die ethischen Kriterien für die Patentierbarkeit nicht erschöpfend festgelegt sind, untergräbt nicht etwa die sittliche Garantie, sondern verstärkt sie, da künftige Entwicklungen weiterhin diesen Kriterien unterliegen, auch wenn sie gegenwärtig nicht vorhersehbar sind. Biotechnologische Erfindungen, die gegen die Menschenwürde verstoßen, sind infolgedessen nach Maßgabe der Richtlinie nicht patentierbar, und sie werden auch in Zukunft nicht patentierbar sein können.

228.
    Ferner erhellt die Klage die Bedeutung einer auf nationaler Ebene getroffenen Regelung der Verwendung biotechnologischen Materials, gerade weil diese Verwendung, da sie außerhalb der Parameter der Patentierbarkeit liegt, in der Richtlinie nicht geregelt ist - und darin tatsächlich nicht geregelt sein kann. Insbesondere muss eine angemessene Regelung getroffen werden, um sicherzustellen, dass der Grundsatz der Einwilligung nach Aufklärung beachtet wird, wann immer Menschen Material entnommen wird, das für wissenschaftliche oder technologische Zwecke Verwendung finden kann.

229.
    Es ist daher nicht die Richtlinie selbst, die wegen dem, was sie regelt oder nicht regelt, Einwänden begegnet. Natürlich ist es entscheidend, dass ihre Durchführung sorgfältig überprüft wird, um insbesondere sicherzustellen, dass die sittliche Garantie voll umgesetzt und sorgsamst eingehalten wird. Ich bin aber überzeugt, dass der von der Gemeinschaft vorgegebene legislative Rahmen selbst nicht rechtswidrig ist.

230.
    Ich bin daher der Auffassung, dass

1.    die Klage abzuweisen ist;

2.    dem Königreich der Niederlande die Kosten des Europäischen Parlaments und des Rates aufzuerlegen sind;

3.    die Streithelfer ihre eigenen Kosten zu tragen haben.


1: -     Originalsprache: Englisch.


2: -     Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 (ABl. L 213, S. 13).


3: -     Artikel 1 Absatz 1.


4: -     Artikel 3 Absatz 1.


5: -     Artikel 4 Absatz 3.


6: -     Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b.


7: -     Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a.


8: -     Artikel 3 Absatz 2.


9: -     Artikel 5 Absatz 2.


10: -     Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a.


11: -     Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b.


12: -     Artikel 5 Absatz 1.


13: -     Artikel 6 Absatz 1.


14: -     Artikel 6 Absatz 2.


15: -     Vgl. Fußnote 139.


16: -     KOM(88) 496 endg. vom 17. Oktober 1988 (ABl. 1989, C 10, S. 3).


17: -     Artikel 2.


18: -     Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, KOM(95) 661 endg. vom 13. Dezember 1995 (ABl. 1996, C 296, S. 4).


19: -     Artikel 15 Absatz 1.


20: -     Einige der wichtigeren Begründungserwägungen sind in den Nrn. 42, 91, 113, 149, 167 und 186 dieser Schlussanträge wiedergegeben.


21: -     Vertragsstaaten sind gegenwärtig die 15 Mitgliedstaaten der EU sowie die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Zypern und die Türkei.


22: -     Artikel 1.


23: -     Der Antragsteller muss mindestens einen Vertragsstaat nennen.


24: -     Artikel 2.


25: -     Artikel 52 Absatz 1 mit wörtlicher Übernahme des ersten Satzes von Artikel 1 des Straßburger Abkommens von 1963 über die Vereinheitlichung bestimmter Punkte des materiellen Rechts der Erfinderpatente. Dieses Abkommen stützte sich wesentlich auf die (bis 1950 zurückgehenden) Vorbereitungsarbeiten der skandinavischen Staaten für ein Nordisches Patentrecht (das dann durch das Europäische Patentübereinkommen abgelöst wurde) und die Arbeiten der sechs ursprünglichen Mitgliedstaaten der EWG für ein einheitliches Europäisches Patentrecht.


26: -     Artikel 53, der Artikel 2 des Straßburger Abkommens wörtlich wiederholt.


27: -     Artikel 27 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) (ABl. 1994, L 336, S. 213).


28: -     Artikel 83 des Europäischen Patentübereinkommens, Artikel 29 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens.


29: -     Regel 27 Absatz 1 Buchstaben e und f der Ausführungsvorschriften zum Europäischen Patentübereinkommen.


30: -     Vgl. z. B. Artikel 93 des Europäischen Patentübereinkommens.


31: -     Vgl. allgemein Begründungserwägung 14 der Richtlinie, wiedergegeben in Nr. 42 dieser Schlussanträge.


32: -     Vgl. Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, Stand Februar 2001, Teil C, Kapitel IV, Abschnitt 3.3.


33: -     Kein Eintrag in der Vorauflage.


34: -     Unterzeichnet von der Gemeinschaft und allen Mitgliedstaaten auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro am 5. Juni 1992; Anhang A des Beschlusses 93/626/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über den Abschluss des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (ABl. L 309, S. 1).


35: -     Artikel 2.


36: -     Die Entdeckung, dass Hefen lebende Zellen sind, wurde zuerst 1836 und 1837 von einem französischen und einem deutschen Forscher (unabhängig voneinander) gemacht; sie wurde zunächst belächelt, dann aber akzeptiert, als sie 1858 von Pasteur beschrieben wurde. 1871 wurden beim Patentamt der Vereinigten Staaten zwei Anmeldungen zum Patent für eine Formel für selbstgehendes Mehl mit Mehl und Trockenhefe eingereicht. 1873 erteilte das Patentamt der Vereinigten Staaten Pasteur ein Patent für „bazillenfreie Hefe als Herstellungsartikel“. 1883 verwendete Hansen, damals Leiter der Carlsberg-Brauerei in Kopenhagen, dem es gelungen war, Reinkulturen von Hefe aus einzelnen Zellen zu züchten, eine seiner Kulturen, um Bier zum Gären zu bringen, nachdem die ursprüngliche Hefe versagt hatte. Der Eigentümer der Brauerei weigerte sich, das Verfahren patentierenzu lassen; es wurde daher veröffentlicht und von den meisten Brauereien in Europa und Amerika verwendet.


37: -     Obwohl Australien sein erstes Patent für einen lebenden Organismus, eine Hefesorte mit verbesserten Eigenschaften für die Brotherstellung, erst 1976 erteilte.


38: -     Desoxyribonukleinsäure.


39: -     So genannt, weil sie auf ein beschränktes DNS-Fragment abzielen.


40: -     Und auch für Tiere, da mehrere Impfstoffe entwickelt worden sind, z. B. gegen Maul- und Klauenseuche sowie Viehzecken. Schöpfungen mit breiterem Nutzen für die Umwelt umfassen Bakterien zum Abbbau von Ölteppichen und Giftmüll.


41: -     Entwickelt 1982.


42: -     Diamond v. Chakrabarty, 447 US 303 (1980).


43: -     Die Wortbildung ist ohne Änderung dem ersten Patentgesetz von 1793 entnommen, das auf Thomas Jefferson zurückgeht.


44: -     Das erste Patent für einen Mikroorganismus wurde in Japan im folgenden Jahr erteilt. Es mag von Bedeutung sein, dass sich offenbar weder in den Vereinigten Staaten noch in Japan ausschlaggebende Gründe für den Ausschluss von der Patentierbarkeit aus ethischen oder moralischen Gründen finden (obwohl in den Vereinigten Staaten zumindest ethische Erwägungen für die Entscheidung maßgebend sein können, ob das Nützlichkeitskriterium erfüllt ist).


45: -     Vgl. den Wortlaut in Nr. 22 dieser Schlussanträge.


46: -     Ein Patent wurde 1988 auch in den Vereinigten Staaten gewährt.


47: -     Vgl. Artikel 3 Absatz 1 (Wortlaut in Nr. 187 dieser Schlussanträge). Artikel 5 Absatz 3 bestimmt ferner, dass „[d]ie gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens ... in der Patentanmeldung konkret beschrieben werden [muss]“.


48: -     Urteil vom 13. Juli 1995 in der Rechtssache C-350/92 (Slg. 1995, I-1985, Randnrn. 32 und 33).


49: -     Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines zusätzlichen Schutzzertifikats für Arzneimittel(ABl. L 182, S. 1).


50: -     Randnr. 34.


51: -     Randnr. 35.


52: -     Urteil vom 5. Oktober 2000 in der Rechtssache C-376/98 (Slg. 2000, I-8419) (Tabakwerbung).


53: -     Randnr. 86.


54: -     Randnr. 106.


55: -     Randnr. 108.


56: -     Randnr. 96.


57: -     Randnr. 97.


58: -     Randnr. 98.


59: -     Vgl. z. B. Urteil vom 29. Februar 1968 in der Rechtssache 24/67 (Parke, Davis, Slg. 1968, 86, 102).


60: -     Vgl. z. B. Urteil vom 31. Oktober 1974 in der Rechtssache 15/74 (Centrafarm, Slg. 1974, 1147, Randnr. 9).


61: -     Vgl. Fußnote 44.


62: -     Urteil Spanien/Rat (zitiert in Fußnote 48, Randnr. 36).


63: -     Seit dem Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union.


64: -     Vgl. Fußnote 21.


65: -     Der Beschluss des Verwaltungsrats vom 16. Juni 1999 ergänzte die Ausführungsvorschriften zum Europäischen Patentübereinkommen durch Einfügung eines Kapitels VI mit der Überschrift „Biotechnologische Erfindungen“, das im Wesentlichen mit den Artikeln 2, 3, 4 Absätze 2 und 3, 5 und 6 Absatz 2 der Richtlinie übereinstimmende Vorschriften enthält und festlegt, dass die Richtlinie als ergänzendes Auslegungsmittel heranzuziehen ist.


66: -     Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1).


67: -     Vom 20. März 1883, revidiert in Brüssel am 14. Dezember 1900, in Washington am 2. Juni 1911, im Haag am 6. November 1925, in London am 2. Juni 1943, in Lissabon am 31. Oktober 1958 und in Stockholm am 14. Juli 1967.


68: -     Vom 20. März 1891, revidiert in Brüssel am 14. Dezember 1900, in Washington am 2. Juni 1911, im Haag am 6. November 1925, in London am 2. Juni 1943, in Nizza am 15. Juni 1957 und in Stockholm am 14. Juli 1967, Zusatzvereinbarung vom 28. September 1979.


69: -     Artikel 172 des Übereinkommens.


70: -     Vgl. Fußnote 65.


71: -     Vgl. Begründungserwägung 14 (wiedergegeben in Nr. 42 dieser Schlussanträge).


72: -     Vgl. Nr. 25 dieser Schlussanträge.


73: -     Urteil Spanien/Rat (zitiert in Fußnote 48).


74: -     Urteil vom 17. März 1993 in der Rechtssache C-155/91 (Kommission/Rat, Slg. 1993, I-939, Randnr. 19, Abfallentsorgung).


75: -     Vgl. z. B. Urteil vom 11. Juni 1991 in der Rechtssache C-300/89 (Kommission/Rat, Slg. 1991, I-2867, Randnrn. 10 und 13, Titandioxid).


76: -     Vgl. z. B. Urteil Kommission/Rat (zitiert in Fußnote 74).


77: -     Genetisch verändert, um ein Gen einer anderen Tierart aufzunehmen.


78: -     Erwähnt bei Pollaud-Dulian, F., La brevetabilité des inventions, 1997, Abschnitt 244.


79: -     Hinweis bei Gradi, G. M., Patenting biotechnologies: The European Union Directive 98/44/EC of the European Parliament and of the Council of 6th July 1998 on the legal protection of biotechnological inventions (aus dem Internet übernommen).


80: -     Vgl. entsprechend Urteil vom 29. März 1990 in der Rechtssache C-62/88 (Griechenland/Rat, Slg. 1990, I-1527, insbesondere Randnr. 19).


81: -     Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. L 117, S. 15).


82: -     Vgl. auch Fußnote 36.


83: -    Bäckerhefe-Urteil, zitiert bei Goldbach, K., Vogelsang-Welke, H. und Zimmer, F.-J., Protection of Biotechnogical Matter under European and German Law, S. 1.


84: -     Urteil tetraploide Kamille, a. a. O.


85: -     Vgl. Nr. 60 dieser Schlussanträge.


86: -     Vgl. Jaenichen, H.-R., The European Patent Office's Case Law on the Patentability of Biotechnological Inventions, 1993; Goldbach, K., Vogelsang-Welke, H. und Zimmer, F.-J. (zitiert in Fußnote 83), Van de Graaf, E. S., Patent Law and Modern Biotechnology, 1997.


87: -     Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Luxemburg sind Vertragsstaaten.


88: -     Vgl. Nr. 25 dieser Schlussanträge.


89: -     ABl. 1994, L 227, S. 1.


90: -     Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV ist die Abkürzung für Union internationale pour la protection des obtentions végétales, der französischen Bezeichnung für die mit dem Übereinkommen geschaffene Union).


91: -     Vgl. Fußnote 18.


92: -     Urteil vom 13. Mai 1997 in der Rechtssache C-233/94 (Slg. 1997, I-2405, Randnr. 28).


93: -     Vgl. Urteil Deutschland/Parlament und Rat (zitiert in Fußnote 92, Randnr. 28).


94: -     Begründungserwägung 9, wiedergegeben in Nr. 42 dieser Schlussanträge.


95: -     Vgl. z. B. Urteile vom 26. März 1996 in der Rechtssache C-392/93 (British Telecommunications, Slg. 1996, I-1631) und vom 17. Oktober 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-283/94, C-291/94 und C-292/94 (Denkavit International, Slg. 1996, I-5063).


96: -     Für eine Erläuterung einiger der in dieser Begründungserwägung verwendeten Ausdrücke vgl. Nr. 111 dieser Schlussanträge.


97: -     Die Keimbahn ist die Gruppe von Zellen, aus der die reproduzierenden Zellen entstehen. Veränderungen der Keimbahn können daher auf die Nachkommen übertragen werden.


98: -     Vgl. Nr. 22 dieser Schlussanträge.


99: -     Anscheinend hat allerdings der ständige beratende Ausschuss des Europäischen Patentamts im September 1998 vorgeschlagen, Artikel 53 Buchstabe a so abzuändern, dass er sich nur auf die Verwertung bezieht: vgl. Beyleveld, Deryck, Why Recital 26 of the EC Directive on the Legal Protection of Biotechnological Inventions Should Be Implemented in National Law, 2000, I.P.Q. 1.


100: -     Zitiert in Fußnote 25.


101: -     Vermutlich um den Vereinigten Staaten und Japan entgegen zu kommen, wo es, wie bereits erwähnt (Fußnote 44), offenbar keinen Ausschluss der Patentierbarkeit aus ethischen Gründen gibt.


102: -     Van Empel, M., „The Granting of European Patents“, 1975, S. 68, unter Hinweis auf einen internationalen Überblick über zehn europäische Länder in GRUR Int. 1960, S. 105.


103: -     Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1).


104: -     Zitiert in Fußnote 66.


105: -     Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung und Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie. Es sei hier angemerkt, dass Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in seinen Schlussanträgen vom 23. Januar 2001 in der Rechtssache C-299/99 (Philips Electronic, Nr. 18) als Beispiel für eine Marke, deren Eintragung abzulehnen wäre, weil sie gegen die öffentliche Ordnung verstieße, die Marke „Babykiller“ für ein Abtreibungsmittel angeführt hat.


106: -     Zitiert in Fußnote 89.


107: -     Artikel 63 Absatz 3 Buchstabe e.


108: -     Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 (ABl. L 289, S. 28).


109: -     Artikel 8.


110: -     ABl. 2000, C 248, S. 56.


111: -     Artikel 4 Buchstabe a.


112: -     Vgl. für eine Erörterung der Begriffe public policy und ordre public die Schlussanträge von Generalanwalt Warner in der Rechtssache 30/77 (Bouchereau, Slg. 1977, 1999, 2023 bis 2026).


113: -     Urteil vom 4. Dezember 1974 in der Rechtssache 41/74 (Van Duyn, Slg. 1974, 1337, Randnr. 18).


114: -     Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe b der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 65, S. 8; übersetzt mit public policy); Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte (ABl. L 334, S. 30; public policy); Artikel 14 Absatz 5 der Zweiten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (ABl. L 330. S. 50; public policy); Artikel 5 Buchstabe b der Richtlinie 91/477/EWG des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (ABl. L 256, S. 51; public policy); Artikel 15 Absatz 6 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (L 169, S. 1; public policy); Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 94/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über die Erteilung und Nutzung von Genehmigungen zur Prospektion, Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen (ABl. L 164, S. 3; public safety) und Artikel 9 Absatz 7 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204, S. 37) in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217, S. 18; public policy).


115: -     Urteil vom 14. Dezember 1979 in der Rechtssache 34/79 (Slg. 1979, 3795).


116: -     Urteil vom 11. März 1986 in der Rechtssache 121/85 (Slg. 1986, 1007).


117: -     Randnr. 15 des Urteils. Vgl. ferner die Schlussanträge von Generalanwalt Warner.


118: -     Urteil Bouchereau (zitiert in Fußnote 112, Randnr. 35).


119: -     Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, zuletzt geändert im Februar 2001, Teil C, Kapitel IV, Absatz 3.1.


120: -     Urteil Henn und Darby (zitiert in Fußnote 115).


121: -     T 356/93, Planet Genetic Systems/Plant cells, EPA 1995, 357, Randnr. 6 der Entscheidung.


122: -     Wiedergegeben in Nr. 42 dieser Schlussanträge.


123: -     Artikel 27 Absatz 2 des TRIPS-Übereinkommens enthält eine ähnliche Einschränkung.


124: -     Bureau international de la propriété intellectuelle, Convention de Paris - La protection de la propriété intellectuelle de 1883 à 1983, 1983.


125: -     Vgl. Nr. 25 dieser Schlussanträge.


126: -     Urteil vom 20. September 1988 in der Rechtssache 302/86 (Slg. 1988, 4607, Randnr. 8), unter Hinweis auf das frühere Urteil vom 7. Februar 1985 in der Rechtssache 240/83 (Association de Défense des Brûleurs d'Huiles Usagées, Slg. 1985, 531).


127: -     Zitiert in Fußnote 112. Vgl. Nr. 101 dieser Schlussanträge.


128: -     Ich möchte erwähnen, dass dies auch dem Verständnis des Europäischen Patentamts entspricht: vgl. die Entscheidungen der technischen Beschwerdekammer 3.3.2 in T 19/90, Harvard/Onco-mouse, EPA 1990, 501, und der technischen Beschwerdekammer 3.3.4 in Plant Genetic Systems (zitiert in Fußnote 121).


129: -     Eine befruchtete menschliche Eizelle ist zum Beispiel in den ersten Tagen und Zellteilungszyklen nach der Befruchtung totipotent: Jede der Zellen, in die sie zerfällt, hat das Potential, sich zu einem Fötus zu entwickeln. Nach mehreren solchen Zyklen beginnen sich indessen die Zellen zu spezialisieren; einige bilden die Plazenta, andere die verschiedenen Gewebe des menschlichen Körpers. Von diesem Zeitpunkt an kann keine Zelle allein einen Organismus bilden (da sich dann entweder die Plazenta oder der Embryo nicht entwickeln wird).


130: -     Vgl. entsprechend Urteil vom 31. März 1998 in den verbundenen Rechtssachen C-68/94 und C-30/95 (Frankreich u. a./Kommission, Slg. 1998, I-1375, Randnrn. 176 und 177).


131: -     Zitiert in Fußnote 114.


132: -     Zitiert in Fußnote 114.


133: -     Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl. L 178, S. 1).


134: -     In Artikel 2 Absatz 3.


135: -     Zitiert in Fußnote 89.


136: -     Vgl. Nr. 73 dieser Schlussanträge.


137: -     „Wird ein Erzeugnis in ein Verbandsland [der Pariser Union] eingeführt, in dem ein Patent zum Schutz eines Verfahrens zur Herstellung dieses Erzeugnisses besteht, so hat der Patentinhaber hinsichtlich des eingeführten Erzeugnisses alle Rechte, die ihm die Rechtsvorschriften des Einfuhrlandes auf Grund des Verfahrenspatents hinsichtlich der im Land selbst hergestellten Erzeugnisse gewähren.“


138: -     „Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, können keine patentierbaren Erfindungen darstellen.“


139: -     So genannt, weil der Artikel auch gegenseitige Lizenzen zugunsten eines Patentinhabers vorsieht, der sein Patent nicht ohne Verstoß gegen ein Pflanzensortenrecht verwerten kann.


140: -     Artikel 12 Absatz 3.


141: -     Technische Beschwerdekammer 3.3.2 des Europäischen Patentamts, Lubrizol/Hybrid, EPA 1990, 173, Randnr. 12.


142: -     Ausgabe 1993.


143: -     „Sub-Spezies“ wird definiert als „morphologisch (d. h. der Form nach) abweichende Untergliederung einer Spezies, insbesondere geographisch oder ökologisch (aber nicht immer genetisch) von anderen solchen Untergliederungen abweichend“.


144: -     Artikel 53 Buchstabe b.


145: -     Zitiert in Fußnote 25, Artikel 2 Buchstabe b.


146: -     Zu einer Erläuterung der Gründe für diesen Unterschied und den allgemeinen Hintergrund der Ausschlüsse in den beiden Übereinkommen vgl. Entscheidung der erweiterten Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts, G01/98, Novartis/Transgenic Plant, EPA 2000, 303, Randnrn. 3.4 bis 3.7.


147: -     Vgl. Fußnote 90.


148: -     Das Verbot des Parallelschutzes wurde bei der Revision des UPOV-Übereinkommens im Jahre 1991 beseitigt.


149: -     Plant Genetic Systems (zitiert in Fußnote 121).


150: -     G03/95, Plant Genetic Systems/Plant cells, Entscheidung vom 27. November 1995.


151: -     Zitiert in Fußnote 146.


152: -    Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/93 (Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-4973, Randnrn. 103 bis 111), bestätigt in Bezug auf die WTO-Übereinkunft durch Urteil vom 23. November 1999 in der Rechtssache C-149/96 (Portugal/Rat, Slg. 1999, I-8395).


153: -     Zitiert in Fußnote 152.


154: -     Randnr. 111.


155: -     Was die Gemeinschaft betrifft, sind die WTO-Übereinkunft und die anderen in diesem Zusammenhang geschlossenen Übereinkommen einschließlich des Übereinkommens über technische Handelshemmnisse durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche angenommen worden (ABl. 1994, L 336, S. 1). Diese Übereinkommen sind als Anhänge des Beschlusses veröffentlicht, das Übereinkommen über technische Handelshemmnisse in ABl. 1994, L 336, S. 86. Sie sind für die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten am 1. Januar 1996 in Kraft getreten.


156: -     Vgl. die fünfte Begründungserwägung.


157: -     Artikel 2.2.


158: -     Artikel 2.9.


159: -     Anhang 1, Punkt 1.


160: -     Vgl. Urteil Deutschland/Rat (zitiert in Fußnote 152).


161: -     Artikel 6 ist in Nr. 92 dieser Schlussanträge vollständig wiedergegeben.


162: -     Vgl. Fußnote 65.


163: -     Vgl. allerdings Fußnote 99.


164: -     Zitiert in Fußnote 34.


165: -     Vgl. die Begründungserwägungen, insbesondere die letzte, und Artikel 1 der Richtlinie.


166: -     Artikel 1.


167: -     Artikel 2.


168: -     Artikel 5, 6 Buchstabe b, 7, 8, 9, 10, 11 und 14.


169: -     Vgl. Nr. 25 und Nrn. 211 bis 214 dieser Schlussanträge.


170: -     Die Philippinen zum Beispiel fordern von Bio-Propektoren die vorherige Zustimmung der Regierung und der örtlichen Stellen; Costa Ricas nationales Institut für biologische Vielfalt hat eine Vereinbarung mit einer größeren Arzneimittelfirma über Finanzierung und Gewinnbeteiligung für in den Handel gebrachtes biologisches Material abgeschlossen; Länder des Anden-Pakts fordern von Bio-Prospektoren die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (Website des Übereinkommens über biologische Vielfalt).


171: -     Vgl. Artikel 3 Absatz 1, wiedergegeben in Nr. 187 dieser Schlussanträge.


172: -     „Jede neue erfinderische Vorrichtung ... die so vervollkommnet ist, dass sie verwendet und eingesetzt werden kann“. Vgl. Ladas, S. P., Patents, Trademarks, and Related Rights - National and International Protection, 1975, S. 6, 7.


173: -     Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-404/92 P (Slg. 1994, I-4737).


174: -     Unterzeichnet in Nizza am 7. Dezember 2000 (ABl. C 364, S. 1).


175: -     Artikel 5 Absatz 1.


176: -     Für Fälle des Widerrufs oder der Ungültigerklärung eines Patents für ein biotechnologisches Erzeugnis oder Verfahren u. a. deshalb, weil die Erfordernisse der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nach nationalem Recht nicht erfüllt waren, vgl. Urteile des Court of Appeal (England and Wales) in Re Genentech's Patent [1989] RPC 147 (gentechnisch gewonnenes Eiweiß aus menschlichen Zellen) und des House of Lords (England and Wales) in Biogen v. Medeva [1997] RPC 1 (DNS-Sequenz-Kodierung für Antigen Virus Hepatitis B).


177: -     Vgl. auch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts in Howard Florey/Relaxin, EPA 1995, 541, in der ähnliches und auf den Einwand der guten Sitten nach Artikel 53 Buchstabe a des europäischen Patentübereinkommens gestütztes Vorbringen ohne Erfolg gegen die Patentierbarkeit isolierter DNS-Fragmente entkodierten menschlichen H2-Relaxins (ein Protein) ins Feld geführt wurde.


178: -     Stellungnahme vom 25. September 1996.


179: -     Änderung 76/rev. der vom Parlament vorgeschlagenen Änderungen zum Vorschlag der Richtlinie (ABl. 1997, C 286, S. 87).


180: -     Vgl. Fußnote 178.


181: -     Vgl. Nr. 197 dieser Schlussanträge.


182: -     Convention for the protection of Human Rights and Dignity of the Human Being with Regard to the Application of Biology and Medicine (Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde in der Biologie und der Medizin), unterzeichnet in Oviedo am 4. April 1997, European Treaty Series Nr. 164.


183: -     Das Abkommen ist seit dem 1. Dezember 1999 in Kraft, obwohl von den EU-Mitgliedstaaten lediglich Dänemark, Griechenland und Spanien es unterzeichnet und ratifiziert haben.


184: -     Vgl. Nr. 25 dieser Schlussanträge.


185: -     Vgl. Nr. 25 dieser Schlussanträge.


186: -     Urteil vom 15. Mai 1994 in der Rechtssache C-137/92 P (Kommission/BASF, Slg. 1994, I-2555, Randnr. 62).


187: -     Urteil Kommission/BASF (Randnr. 63).


188: -     Urteil vom 29. September 1998 in der Rechtssache C-191/95 (Kommission/Deutschland, Slg. 1998, I-5449, Randnr. 41).


189: -     ABl. 1958, Nr. 17, S. 385.