Language of document : ECLI:EU:C:2021:280

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

15. April 2021(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Art. 16 und 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes – Vertrag über die Energiecharta – Art. 10 – Anwendbarkeit – Richtlinie 2009/28/EG – Art. 3 Abs. 3 Buchst. a – Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen – Erzeugung elektrischer Energie aus Fotovoltaikanlagen – Änderung einer Beihilferegelung“

In den verbundenen Rechtssachen C‑798/18 und C‑799/18

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien) mit Entscheidungen vom 28. September 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 2018, in den Verfahren

Federazione nazionale delle imprese elletrotecniche ed elettroniche (Anie) u. a. (C‑798/18),

Athesia Energy Srl u. a. (C‑799/18)

gegen

Ministero dello Sviluppo economico,

Gestore dei servizi energetici (GSE) SpA,

Beteiligte:

Elettricità Futura Unione delle imprese elettriche italiane,

Confederazione generale dell’agricoltura italiana – Confagricoltura,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter M. Ilešič, E. Juhász, C. Lycourgos und I. Jarukaitis (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche (Anie) u. a., vertreten durch V. Onida, C. Montella und B. Randazzo, avvocati,

–        der Elettricità Futura Unione delle imprese elettriche italiane und der Confederazione generale dell’agricoltura italiana – Confagricoltura, vertreten durch V. Onida und B. Randazzo, avvocati,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Varrone und G. Aiello, avvocati dello Stato,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch S. Eisenberg und D. Klebs als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch K. Boskovits, S. Charitaki und A. Magrippi als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta, J. Ruiz Sánchez und A. Rubio González als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet, K. Talabér-Ritz, Y. Marinova, G. Gattinara und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Oktober 2020

folgendes

Urteil

1        Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 216 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit dem im Namen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft durch den Beschluss 98/181/EG, EGKS, Euratom des Rates und der Kommission vom 23. September 1997 über den Abschluss des Vertrags über die Energiecharta und des Energiechartaprotokolls über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte durch die Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1998, L 69, S. 1) genehmigten Vertrag über die Energiecharta (im Folgenden: Energiecharta), der Art. 16 und 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. 2009, L 140, S. 16) im Licht der Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der loyalen Zusammenarbeit und des Effet utile.

2        Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Federazione nazionale delle imprese elettrotecniche ed elettroniche (Nationaler Verband der Elektrotechnik- und Elektronikunternehmen) (Anie) sowie 159 Unternehmen, die elektrische Energie aus Fotovoltaikanlagen erzeugen, auf der einen Seite und dem Ministero dello Sviluppo economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Italien) und der Gestore dei servizi energetici (GSE) SpA auf der anderen Seite (Rechtssache C‑798/18) bzw. der Athesia Energy Srl sowie 15 weiteren Unternehmen aus derselben Branche auf der einen Seite und dem Ministero dello Sviluppo economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, Italien) und der Gestore dei servizi energetici (GSE) SpA auf der anderen Seite (Rechtssache C‑799/18) über die Nichtigerklärung von Dekreten zur Durchführung von nationalen Rechtsvorschriften, die eine Anpassung der Förderleistungen für die Stromerzeugung aus Fotovoltaikanlagen und die Modalitäten der entsprechenden Zahlungen vorsehen.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

3        In Art. 10 („Förderung, Schutz und Behandlung von Investitionen“) Abs. 1 der Energiecharta heißt es:

„Jede Vertragspartei fördert und schafft im Einklang mit diesem Vertrag dauerhafte, gerechte, günstige und transparente Bedingungen für Investoren anderer Vertragsparteien, in ihrem Gebiet Investitionen vorzunehmen. Diese Bedingungen umfassen die Verpflichtung, den Investitionen von Investoren anderer Vertragsparteien stets eine faire und gerechte Behandlung zu gewähren. Diese Investitionen genießen auch auf Dauer Schutz und Sicherheit, und keine Vertragspartei darf deren Verwaltung, Aufrechterhaltung, Verwendung, Nutzung oder Veräußerung in irgendeiner Weise durch unangemessene oder diskriminierende Maßnahmen behindern. …“

 Unionsrecht

4        In den Erwägungsgründen 14 und 25 der Richtlinie 2009/28 heißt es:

„(14)      Mit den verbindlichen nationalen Zielen wird in erster Linie der Zweck verfolgt, Investitionssicherheit zu schaffen und die kontinuierliche Entwicklung von Technologien für die Erzeugung von Energie aus allen Arten erneuerbarer Quellen zu fördern. …

(25)      Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energie und wenden auf nationaler Ebene unterschiedliche Regelungen zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen an. … Damit nationale Förderregelungen ungestört funktionieren können, müssen die Mitgliedstaaten deren Wirkung und Kosten entsprechend ihrem jeweiligen Potenzial kontrollieren können. Ein wichtiger Faktor bei der Verwirklichung des Ziels dieser Richtlinie besteht darin, das ungestörte Funktionieren der nationalen Förderregelungen, wie nach der Richtlinie 2001/77/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 2001, L 283, S. 33)], zu gewährleisten, damit das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt und die Mitgliedstaaten wirksame nationale Maßnahmen im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele konzipieren können. …“

5        Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2009/28 sieht vor:

„Mit dieser Richtlinie wird ein gemeinsamer Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgeschrieben. In ihr werden verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch und für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor festgelegt. …“

6        Art. 3 („Verbindliche nationale Gesamtziele und Maßnahmen auf dem Gebiet der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“) dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass sein … Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen in diesem Jahr gemäß der dritten Spalte der Tabelle in Anhang I Teil A entspricht. …

(2)      Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um effektiv zu gewährleisten, dass ihr Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen den im indikativen Zielpfad in Anhang I Teil B angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt.

(3)      Zur Erfüllung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Ziele können die Mitgliedstaaten unter anderem folgende Maßnahmen anwenden:

a)      Förderregelungen;

…“

 Italienisches Recht

7        Art. 7 des Decreto legislativo n. 387 – Attuazione della direttiva 2001/77/CE relativa alla promozione dell’energia elettrica prodotta da fonti energetiche rinnovabili nel mercato interno dell’elletricità (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 387 zur Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt) vom 29. Dezember 2003 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 25 vom 31. Januar 2004, S. 5, im Folgenden: gesetzesvertretendes Dekret Nr. 387/2003), bestimmte:

„(1)      Innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Dekrets erlässt der Ministro delle Attività produttive [(Minister für Produktionstätigkeiten)] im Einvernehmen mit dem Ministro dell’Ambiente e della Tutela del territorio [(Minister für Umwelt und Schutz des Territoriums)], in Abstimmung mit der Conferenza unificata [(Vereinigte Konferenz)], ein oder mehrere Dekrete, mit denen die Kriterien für die Förderung der Erzeugung elektrischer Energie aus Sonnenenergie festgelegt werden.

(2)      Ohne Kosten für den Staatshaushalt und unter Beachtung der geltenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften legen die in Abs. 1 genannten Kriterien fest,

a)      welche Voraussetzungen eine Person erfüllen muss, um Förderleistungen erhalten zu können;

d)      wie die Höhe der Förderung bestimmt wird. Für Strom, der aus der fotovoltaischen Umwandlung von Sonnenenergie erzeugt wird, sehen sie einen besonderen, degressiven Fördertarif vor, dessen Höhe und Laufzeit so bemessen sind, dass eine angemessene Vergütung für die Investitions- und Betriebskosten gewährleistet ist;

e)      welche Nennleistung installiert werden soll;

f)      wo die Obergrenze für die elektrische Gesamtleistung aller Fotovoltaikanlagen liegt, die Förderleistungen erhalten können;

…“

8        Art. 24 („Anreizmechanismen“) des Decreto legislativo n. 28 – Attuazione della direttiva 2009/28/CE sulla promozione dell’uso dell’energia da fonti rinnovabili, recante modifica e successiva abrogazione delle direttive 2001/77/CE e 2003/30/CE (gesetzesvertretendes Dekret Nr. 28 zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG) vom 3. März 2011 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 71 vom 28. März 2011, S. 1, im Folgenden: gesetzesvertretendes Dekret Nr. 28/2011) sah vor:

„(1)      Die Erzeugung elektrischer Energie aus Anlagen, die aus erneuerbaren Energien gespeist werden und nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen werden, wird über die Instrumente und auf der Grundlage der in Abs. 2 genannten allgemeinen Kriterien gefördert …

(2)      Für die Erzeugung elektrischer Energie aus den in Abs. 1 genannten Anlagen werden Anreizmaßnahmen auf der Grundlage der folgenden allgemeinen Kriterien gewährt:

a)      Die Förderleistung hat zum Ziel, eine angemessene Vergütung der Investitions- und Betriebskosten zu gewährleisten.

b)      Der Zeitraum, in dem Anspruch auf die Förderung besteht, entspricht der durchschnittlichen vertraglichen Lebensdauer des betreffenden Anlagentyps und beginnt mit der Inbetriebnahme dieser Anlage.

c)      Die Förderleistung bleibt während des gesamten Anspruchszeitraums konstant und kann den wirtschaftlichen Wert der erzeugten Energie berücksichtigen.

d)      Die Förderleistungen werden über privatrechtliche Verträge gewährt, die zwischen GSE und der für die Anlage verantwortlichen Person auf der Grundlage eines von der Autorità per l’energia elettrica e il gas [(Strom- und Gasbehörde)] festgelegten Mustervertrags geschlossen werden …

…“

9        In Art. 25 dieses gesetzesvertretenden Dekrets heißt es:

„(1)      Die Erzeugung elektrischer Energie durch Anlagen, die erneuerbare Quellen nutzen und bis spätestens zum 31. Dezember 2012 in Betrieb genommen werden, wird mit den bei Inkrafttreten dieses Dekrets bestehenden Mechanismen gefördert …

(10)      … [Die] Förderung der Erzeugung elektrischer Energie durch Fotovoltaikanlagen, die nach [dem 31. Mai 2011] in Betrieb genommen werden, [wird] durch Dekret des [Ministers für wirtschaftliche Entwicklung] geregelt, das in Abstimmung mit dem Ministro dell’Ambiente e della Tutela del [territorio e del] Mare [(Minister für Umwelt und Landschafts- und Meeresschutz)] nach Anhörung der in Art. 8 des Decreto legislativo n. 281 [(gesetzesvertretendes Dekret Nr. 281)] vom 28. August 1997 genannten Conferenza unificata [(Vereinigte Konferenz)] auf der Grundlage der folgenden Prinzipien zum 30. April 2011 zu erlassen ist:

a)      Festlegung einer jährlichen Obergrenze für die elektrische Gesamtleistung der Fotovoltaikanlagen, die Förderleistungen erhalten können;

b)      Festlegung der Fördertarife unter Berücksichtigung der Senkung der Kosten für Technologie und Anlagen sowie der in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union angewandten Fördermaßnahmen …

c)      Bestimmung der Fördertarife und abgestuften Anteile unter Berücksichtigung der Art des Anlagenstandorts;

d)      Anwendung der Bestimmungen von Art. 7 des Decreto legislativo [n. 387/2003] [(gesetzesvertretendes Dekret Nr. 387/2003)] …, soweit diese mit dem vorliegenden Absatz vereinbar sind.“

10      Art. 26 des Decreto legge n. 91 – Disposizioni urgenti per il settore agricolo, la tutela ambientale e l’efficientamento energetico dell’edilizia scolastica e universitaria, il rilancio e lo sviluppo delle imprese, il contenimento dei costi gravanti sulle tariffe elettriche, nonché per la definizione immediata di adempimenti derivanti dalla normativa europea (Gesetzesdekret Nr. 91 mit Sofortmaßnahmen für den Agrarsektor, den Umweltschutz sowie die Energieeffizienz von Schul- und Hochschulgebäuden, die Sanierung und Entwicklung von Unternehmen, die Begrenzung der Stromtarifkosten und zur unmittelbaren Bestimmung der Anforderungen aus der europäischen Gesetzgebung) vom 24. Juni 2014 (GURI Nr. 144 vom 24. Juni 2014), mit Änderungen in Gesetz umgewandelt durch das Gesetz Nr. 116 vom 11. August 2014 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 192 vom 20. August 2014, im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 91/2014) bestimmt:

„(1)      Um das Management der Zeiten für Beschaffung und Auszahlung der Förderleistungen zu optimieren und die Politik der Förderung erneuerbarer Energien nachhaltiger zu gestalten, werden die gemäß Art. 7 des [gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 387/2003] und Art. 25 Abs. 10 des [gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011] anerkannten Fördertarife für elektrischen Strom aus Fotovoltaik-Solaranlagen nach Maßgabe dieses Artikels gewährt.

(2)      Ab dem zweiten Halbjahr 2014 gewährt [GSE] die in Absatz 1 genannten Fördertarife in konstanten monatlichen Raten in Höhe von 90 % der geschätzten durchschnittlichen jährlichen Produktionskapazität jeder Anlage im Erzeugungskalenderjahr und nimmt bis zum 30. Juni des folgenden Jahres die Abrechnung anhand der tatsächlichen Produktion vor. Die Durchführungsmodalitäten werden von GSE binnen zwei Wochen nach der Veröffentlichung dieses Dekrets festgelegt und durch Dekret des Ministers für wirtschaftliche Entwicklung genehmigt.

(3)      Ab dem 1. Januar 2015 wird der Fördertarif für Strom aus Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 200 kW nach Wahl des Betreibers auf der Grundlage einer der folgenden Optionen, die bis zum 30. November 2014 GSE mitzuteilen sind, umgestaltet:

a)      Der Tarif wird für einen Zeitraum von 24 Jahren ab der Inbetriebnahme der Anlagen gewährt und infolgedessen nach dem Senkungsprozentsatz in der Tabelle in Anhang 2 dieses Dekrets neu berechnet;

b)      unbeschadet des zwanzigjährigen Gewährungszeitraums wird der Tarif umgestaltet, indem ein erster Zeitraum der Gewährung einer gegenüber der derzeitigen Förderung herabgesetzten Förderung und ein zweiter Zeitraum der Gewährung einer im selben Umfang erhöhten Förderung vorgesehen wird. Die Prozentsätze der Umgestaltung werden mit Dekret des Ministro dello sviluppo economico [(Minister für wirtschaftliche Entwicklung)], nach Anhörung der Autorità per l’energia elettrica, il gas e il sistema idrico [(Behörde für Strom, Gas und das Wassersystem)], festgesetzt, das bis zum 1. Oktober 2014 zu erlassen ist, so dass im Fall der Zustimmung aller zur Wahrnehmung der Option Berechtigten eine Einsparung von mindestens 600 Millionen Euro pro Jahr für den Zeitraum 2015 bis 2019 gegenüber der nach den geltenden Tarifen vorgesehenen Gewährung ermöglicht wird;

c)      unbeschadet des zwanzigjährigen Gewährungszeitraums wird der Tarif um einen Prozentanteil der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Dekrets zuerkannten Förderung für die restliche Dauer des Förderzeitraums in folgendem Umfang herabgesetzt:

1.      6 % für Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 200 kW und bis zu einer Nennleistung von 500 kW;

2.      7 % für Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 500 kW und bis zu einer Nennleistung von 900 kW;

3.      8 % für Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 900 kW.

In Ermangelung einer Mitteilung durch den Betreiber wendet GSE die Option nach Buchst. c an.

(5)      Der Empfänger des in den Abs. 3 und 4 genannten Fördertarifs hat die Möglichkeit, Zugang zu Bankfinanzierungen maximal in Höhe des Betrags zu erhalten, der der Differenz zwischen der zum 31. Dezember 2014 bereits erhaltenen Förderung und dem neu organisierten Fördertarif im Sinne der Abs. 3 und 4 entspricht. Für solche Finanzierungen können kumulativ oder alternativ auf der Grundlage entsprechender Vereinbarungen mit dem Bankensystem spezielle Provisionen oder von der Cassa Depositi e Prestiti SpA … gestellte Bürgschaften gewährt werden.“

 Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefrage

11      Anie vertritt Unternehmen, die in Italien auf die Herstellung von Gütern und/oder die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Elektrotechnik und der Elektronik oder in ähnlichen Bereichen gerichtete Tätigkeiten ausüben. Sie ist ein „Verband der ersten Stufe“, der bereichsspezifische Vereinigungen umfasst, darunter die Vereinigung Anie Energie Rinnovabili, deren Ziel der Schutz der Industrie im Bereich der erneuerbaren Energie ist. Die anderen Kläger des Ausgangsverfahrens sind Gesellschaften und Einzelunternehmer, die Eigentümer und Verantwortliche einer oder mehrerer sich an verschiedenen Orten des italienischen Staatsgebiets befindender Fotovoltaikanlagen mit einer Nennleistung von mehr als 200 kW sind und die mit GSE als privatrechtliche Verträge im Sinne des italienischen Rechts eingestufte Vereinbarungen mit einer Laufzeit von 20 Jahren geschlossen haben, um für den Fördertarif für die Erzeugung von elektrischem Strom aus fotovoltaischer Umwandlung zugelassen zu werden. Diese Kläger erhielten so die in Art. 7 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 387/2003 und in Art. 25 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 vorgesehenen Fördermaßnahmen. GSE ist eine vollständig vom Ministero dell’Economia e delle Finanze (Wirtschafts- und Finanzministerium, Italien) kontrollierte öffentliche Gesellschaft, der zahlreiche Funktionen öffentlicher Art im Energiebereich übertragen sind.

12      Die italienische Regelung zur Förderung der Erzeugung elektrischer Energie aus Fotovoltaikanlagen wurde durch Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 geändert, das durch Ministerialdekrete vom 16. und 17. Oktober 2014, deren Nichtigerklärung die Kläger vor dem Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien) beantragen, umgesetzt wurde.

13      Das vorlegende Gericht stellt im Wesentlichen fest, dass Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 eine Reorganisation der Förderleistungen für Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 200 kW vorgesehen habe, um das Management der Zeiten für Beschaffung und Auszahlung der Förderleistungen zu optimieren und die Politik der Förderung erneuerbarer Energien nachhaltiger zu gestalten. Mit dieser Bestimmung habe der italienische Gesetzgeber den in der betreffenden Branche Tätigen den Übergang zu einem anderen Tarifsystem gemäß einer der in Abs. 3 dieser Bestimmung vorgesehenen Optionen vorgeschrieben. Die Situation dieser Betreiber, wie sie in den zwischen ihnen und GSE abgeschlossenen Fördervereinbarungen vereinbart sei, werde durch jede einzelne dieser Optionen unbestreitbar negativ beeinträchtigt, indem neue Elemente in diese Vereinbarungen aufgenommen würden, was die Laufzeit oder die Höhe der Fördertarife betreffe.

14      Insbesondere erklärt das vorlegende Gericht, dass gemäß Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 für das zweite Halbjahr 2014 die Fördertarife in konstanten monatlichen Raten in Höhe von 90 % der geschätzten durchschnittlichen jährlichen Produktionskapazität jeder Anlage im Erzeugungskalenderjahr gezahlt werden sollten und dann die Abrechnung anhand der tatsächlichen Produktion vorgenommen werden sollte. Die geltenden Vertragsbedingungen seien somit durch diese Bestimmung geändert worden, indem das Kriterium der „tatsächlichen Produktion“ durch das Kriterium der „durchschnittlichen jährlichen Produktionskapazität“ ersetzt worden sei, ohne zu berücksichtigen, dass die Empfänger der in Rede stehenden Förderleistungen der Förderregelung unter anderen Bedingungen beigetreten seien.

15      Die Kläger des Ausgangsverfahrens machen vor diesem Gericht geltend, dass die Ministerialdekrete vom 16. und 17. Oktober 2014 laufende Beziehungen negativ beeinträchtigt hätten, die bereits den jeweiligen Entscheidungen über die Zulassung zu den Förderregelungen und den in der Folge mit GSE abgeschlossenen Vereinbarungen unterlegen hätten, und ihr berechtigtes Vertrauen schwer beeinträchtigt hätten. Sie machen auch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und die Richtlinie 2009/28 geltend, da Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 rückwirkend weniger vorteilhafte Förderregelungen eingeführt habe, die geeignet seien, die ursprünglichen Bedingungen bereits getätigter Investitionen völlig zu verändern, und daher unangewendet bleiben müsse, da er gegen das Primärrecht und das abgeleitete Unionsrecht verstoße. Der Minister für wirtschaftliche Entwicklung beantragt die Abweisung der gegen die Ministerialdekrete gerichteten Klagen.

16      Das vorlegende Gericht stellt fest, dass die Ausgangsrechtsstreitigkeiten Teil umfangreicher gerichtlicher Auseinandersetzungen seien, in deren Rahmen Unternehmen, die sich in ähnlichen Situationen wie die Kläger des Ausgangsverfahrens befänden, dieselben Fragen aufgeworfen hätten wie die, die sich in den Ausgangsverfahren stellten. Das vorlegende Gericht hatte daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Art. 26 Abs. 3 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 der Corte costituzionale (Verfassungsgerichtshof, Italien) vorgelegt. Diese entschied mit Urteil vom 24. Januar 2017, dass diese Bestimmung nicht gegen die italienische Verfassung verstoße. Sie stelle einen Eingriff dar, der, was einen gerechten Ausgleich der betroffenen gegensätzlichen Interessen angehe, einem öffentlichen Interesse entspreche, das darin bestehe, die Politik der Förderung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen mit einer bestmöglichen Tragbarkeit der damit verbundenen Kosten für die Stromendverbraucher zu verbinden. Außerdem sei die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Änderung der Förderregelung weder unvorhersehbar noch plötzlich gewesen, so dass ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in Anbetracht des temporären und veränderlichen Charakters von Förderregelungen die mögliche gesetzliche Entwicklung hätte berücksichtigen können.

17      Das vorlegende Gericht ist jedoch der Ansicht, dass mit diesem Urteil der Corte costituzionale (Verfassungsgerichtshof) bestimmte Fragen, die für die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten von Belang seien, nicht entschieden worden seien und dass dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt werden müsse, um zu ermitteln, ob es dem nationalen Gesetzgeber nach dem Unionsrecht gestattet ist, in einer Art und Weise tätig zu werden, die nicht nur die allgemeine Förderregelung, die auf die Unternehmen des betreffenden Sektors anwendbar ist, sondern auch die Vereinbarungen negativ beeinträchtigt, die von diesen Unternehmen mit einer öffentlichen Gesellschaft, im vorliegenden Fall GSE, zur Festlegung der konkreten Fördermaßnahmen für einen Zeitraum von 20 Jahren individuell geschlossen wurden.

18      Es fragt sich insbesondere, ob die betreffenden nationalen Bestimmungen mit den allgemeinen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar sind. Denn der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Eingriff des Gesetzgebers habe die rechtlichen Voraussetzungen, auf deren Grundlage die Kläger des Ausgangsverfahrens ihre wirtschaftliche Tätigkeit begonnen hätten, einseitig geändert, und zwar ohne dass besondere Umstände vorlägen, die eine solche Änderung gerechtfertigt hätten. Aus denselben Gründen hat es auch Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Bestimmungen mit den Art. 16 und 17 der Charta, die die unternehmerische Freiheit bzw. das Eigentumsrecht betreffen, sowie mit Art. 10 der Energiecharta.

19      Ferner könnten nach Ansicht des vorlegenden Gerichts die betreffenden nationalen Bestimmungen mit Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 unvereinbar sein, da sie die Förderregelungen für die Erzeugung elektrischer Energie aus Fotovoltaikanlagen, die gemäß dieser Richtlinie stabil und konstant sein sollten, negativ beeinträchtigen könnten. Auch könnten diese Bestimmungen die Ziele der Energiepolitik im Sinne dieser Richtlinie beeinträchtigen.

20      Unter diesen Umständen hat das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof in jeder der verbundenen Rechtssachen die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Steht das Unionsrecht der Anwendung einer nationalen Bestimmung wie Art. 26 Abs. 2 und 3 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 entgegen, die die Zahlung von Förderungen erheblich senkt oder verzögert, die bereits gesetzlich gewährt und auf der Grundlage entsprechender Verträge festgelegt wurden, die die Erzeuger von Strom aus fotovoltaischer Umwandlung mit der für diese Aufgabe zuständigen GSE, einer Gesellschaft öffentlichen Rechts, geschlossen haben?

Ist eine solche nationale Bestimmung insbesondere mit den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, der loyalen Zusammenarbeit und der praktischen Wirksamkeit, mit den Art. 16 und 17 der Charta, mit der Richtlinie 2009/28 und den darin enthaltenen Bestimmungen über Förderregelungen sowie mit Art. 216 Abs. 2 AEUV, insbesondere im Hinblick auf die Energiecharta, vereinbar?

21      Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 5. Februar 2019 sind die Rechtssachen C‑798/18 und C‑799/18 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

 Zur Vorlagefrage

22      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 und die Art. 16 und 17 der Charta im Licht der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie Art. 10 der Energiecharta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die Kürzung oder die Aufschiebung der Zahlung von Förderleistungen für von Fotovoltaikanlagen erzeugten Strom vorsehen, die zuvor durch Verwaltungsentscheidungen bewilligt wurden und durch entsprechende, zwischen den Betreibern dieser Anlagen und einer öffentlichen Gesellschaft geschlossene Vereinbarungen bestätigt wurden.

23      Dieses Gericht stellt fest, dass Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 die gemäß Art. 7 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 387/2003 oder Art. 25 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 gewährten Förderungen für Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als 200 kW neu organisiert habe, um das Management der Zeiten für Beschaffung und Auszahlung der Förderleistungen zu optimieren und die Politik der Förderung erneuerbarer Energien nachhaltiger zu gestalten. So sah dieser Art. 26 in seinem Abs. 2 vor, dass die Fördertarife ab dem zweiten Halbjahr 2014 in konstanten monatlichen Raten in Höhe von 90 % der geschätzten durchschnittlichen jährlichen Produktionskapazität jeder Anlage im Erzeugungskalenderjahr gezahlt werden sollten und anschließend die Abrechnung anhand der tatsächlichen Produktion vorgenommen werden sollte. Außerdem wurde mit ihm der Übergang zu einem anderen Tarifsystem gemäß einer der in seinem Abs. 3 genannten Optionen festgelegt, und zwar die Verlängerung der Förderdauer auf 24 Jahre mit einer proportionalen Senkung der jährlichen Zahlungen um einen bestimmten Prozentsatz, die Senkung der Beträge für den Zeitraum 2015 bis 2019, die durch eine Erhöhung für den späteren Zeitraum ausgeglichen wird, oder eine Senkung des Tarifs um einen Prozentsatz, der im Verhältnis zur Nennleistung der Anlagen zu ermitteln ist.

24      Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass dieser Art. 26 gegen das Unionsrecht verstoßen könnte, da mit ihm die Fördertarife gesenkt worden seien und die Modalitäten für die Zahlung der Förderleistungen geändert worden seien, die in Anwendung von Art. 7 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 387/2003 sowie Art. 25 Abs. 10 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 bereits gewährt und durch Vereinbarungen bestätigt worden seien, die von GSE mit den Betreibern der Fotovoltaikanlagen individuell geschlossenen worden seien und in denen die konkreten Fördertarife und die speziellen Modalitäten ihrer Zahlung für einen Zeitraum von 20 Jahren angegeben worden seien.

25      Was erstens die Richtlinie 2009/28 betrifft, die mit der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Förderregelung umgesetzt werden soll, hat diese zum Ziel, wie aus ihrem Art. 1 hervorgeht, einen gemeinsamen Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorzuschreiben, indem in ihr u. a. verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus solchen Quellen am Bruttoendenergieverbrauch festgelegt werden.

26      Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten u. a. Förderregelungen anwenden können, um die in Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Ziele zu erreichen, nach denen zum einen jeder Mitgliedstaat dafür sorgt, dass sein Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel gemäß Anhang I Teil A der Richtlinie entspricht, und zum anderen die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, um effektiv zu gewährleisten, dass ihr Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen den im indikativen Zielpfad in Anhang I Teil B der Richtlinie angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt.

27      Außerdem haben nach dem 25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/28 „[d]ie Mitgliedstaaten … unterschiedliche Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energie“ und müssen Wirkung und Kosten ihrer nationalen Förderregelungen entsprechend ihrem jeweiligen Potenzial kontrollieren können, damit diese Regelungen ungestört funktionieren können.

28      Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28, insbesondere dem Wort „können“, entnehmen lässt, sind die Mitgliedstaaten keineswegs verpflichtet, im Hinblick auf die Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen Förderregelungen zu erlassen. Sie verfügen nämlich hinsichtlich der Maßnahmen, die sie für geeignet halten, die sich aus Art. 3 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang I dieser Richtlinie ergebenden verbindlichen nationalen Gesamtziele zu erfüllen, über einen Wertungsspielraum. Ein solcher Wertungsspielraum bedeutet, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, Förderregelungen zu erlassen, zu ändern oder zu streichen, sofern – u. a. – diese Ziele erreicht werden (Urteil vom 11. Juli 2019, Agrenergy und Fusignano Due, C‑180/18, C‑286/18 und C‑287/18, EU:C:2019:605, Rn. 27).

29      Ferner ist hervorzuheben, dass die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung, wenn sie in dieser Weise Maßnahmen zur Umsetzung des Unionsrechts erlassen, die allgemeinen Rechtsgrundsätze einzuhalten haben, zu denen insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zählen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2019, Agrenergy und Fusignano Due, C‑180/18, C‑286/18 und C‑287/18, EU:C:2019:605, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Daraus folgt, dass Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 einer nationalen Regelung wie Art. 26 Abs. 2 und 3 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014, mit der eine Förderregelung dadurch geändert wird, dass die Tarife gesenkt werden und die Modalitäten für die Zahlung der Förderungen zur Stromerzeugung aus Fotovoltaikanlagen gesenkt werden, nicht entgegensteht, sofern sie diese Grundsätze beachtet.

31      Was zweitens die Art. 16 und 17 der Charta betrifft, ist festzustellen, dass, wie aus ihren jeweiligen Überschriften und ihrem jeweiligen Inhalt hervorgeht, mit dem gesetzesvertretenden Dekret Nr. 387/2003 die Richtlinie 2001/77 und mit dem gesetzesvertretenden Dekret Nr. 28/2011 die Richtlinie 2009/28, mit der die erstgenannte Richtlinie aufgehoben wurde, in italienisches Recht umgesetzt wird. Daraus folgt, dass mit den Bestimmungen dieser gesetzesvertretenden Dekrete das Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta umgesetzt wird, so dass sie auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbar ist. Infolgedessen muss bei einer solchen Umsetzung das in der Charta vorgesehene grundrechtliche Schutzniveau unabhängig von dem Umsetzungsspielraum, über den die Mitgliedstaaten bei einer solchen Umsetzung verfügen, erreicht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juli 2019, Pelham u. a., C‑476/17, EU:C:2019:624, Rn. 79).

32      Was erstens Art. 17 der Charta betrifft, bestimmt dieser in Abs. 1, dass jede Person das Recht hat, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung für den Verlust des Eigentums. Außerdem kann die Nutzung des Eigentums gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.

33      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass sich der in diesem Artikel gewährte Schutz nicht auf bloße kaufmännische Interessen oder Aussichten bezieht, deren Ungewissheit zum Wesen der wirtschaftlichen Tätigkeiten gehört, sondern auf vermögenswerte Rechte, aus denen sich im Hinblick auf die Rechtsordnung eine gesicherte Rechtsposition ergibt, die eine selbständige Ausübung dieser Rechte durch und zugunsten ihres Inhabers ermöglicht (Urteile vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 34, und vom 21. Mai 2019, Kommission/Ungarn [Nießbrauchsrechte an landwirtschaftlichen Flächen], C‑235/17, EU:C:2019:432, Rn. 69).

34      Somit ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob sich die in Art. 17 Abs. 1 der Charta gewährten Garantien auf Förderungen von Solarstromerzeugung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden erstreckt, die noch nicht ausgezahlt worden sind, aber im Rahmen einer bestehenden Förderregelung bewilligt wurden.

35      Was die Frage betrifft, ob davon ausgegangen werden kann, dass diese Förderleistungen einen Vermögenswert haben, geht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 1 des Protokolls Nr. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die nach Art. 52 Abs. 3 der Charta zu berücksichtigen ist, hervor, dass der Begriff „Eigentum“ im ersten Teil dieses Art. 1 eine autonome Bedeutung hat, die nicht auf das Eigentum an körperlichen Gegenständen beschränkt ist, und dass bestimmte andere Rechte und Interessen, die Vermögenswerte darstellen, auch als „Vermögensrechte“ angesehen werden können (EGMR, 22. Juni 2004, Broniowski/Polen, CE:ECHR:2004:0622JUD003144396, § 129).

36      So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass der Begriff „Eigentum“ unter bestimmten Voraussetzungen Vermögenswerte, u. a. Forderungen, einschließen kann (vgl. in diesem Sinne EGMR, 28. September 2004, Kopecký/Slowakei, CE:ECHR:2004:0928JUD004491298, § 35).

37      Vorliegend geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervor, dass die Vereinbarungen, die von GSE mit den betreffenden Betreibern von Fotovoltaikanlagen in Anwendung von Art. 7 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 387/2003 sowie Art. 25 Abs. 10 des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 geschlossen wurden, ad hoc und individuell geschlossen wurden und dass in diesen Vereinbarungen die konkreten Fördertarife und ihre Laufzeit angegeben wurden. Die auf der Grundlage dieser Bestimmungen gewährten und mit diesen Vereinbarungen bestätigten Förderungen stellten daher offenbar keine bloßen kaufmännischen Interessen oder Aussichten dar, sondern hatten einen Vermögenswert.

38      Damit das Recht, Förderleistungen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu erhalten, unter den von Art. 17 der Charta gewährten Schutz fallen kann, ist in Anbetracht der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung aber noch zu prüfen, ob dieses Recht eine gesicherte Rechtsposition im Sinne dieser Rechtsprechung darstellt (vgl. entsprechend Urteil vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 36).

39      Der Gerichtshof hat in Rn. 61 des Urteils vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission (C‑398/13 P, EU:C:2015:535), darauf hingewiesen, dass aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 1 des Protokolls Nr. 1 zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten hervorgeht, dass künftige Einnahmen nur dann als unter den Schutz von Art. 17 der Charta fallendes „Eigentum“ angesehen werden können, wenn sie bereits erzielt wurden, wenn sie Gegenstand einer einredefreien Forderung waren oder wenn besondere Umstände vorliegen, die beim Betroffenen ein berechtigtes Vertrauen darauf begründen konnten, einen Vermögenswert zu erhalten.

40      In Anbetracht der Rn. 30 und 39 des vorliegenden Urteils ist daher die Tragweite der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in Bezug auf die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung zu prüfen.

41      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gebietet der Grundsatz der Rechtssicherheit, von dem sich der Grundsatz des Vertrauensschutzes ableitet, dass Rechtsvorschriften – vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können – klar und bestimmt sowie in ihrer Anwendung für den Einzelnen vorhersehbar sind. Insbesondere verlangt dieser Grundsatz, dass eine Regelung es den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, und dass sie ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können (Urteil vom 11. Juli 2019, Agrenergy und Fusignano Due, C‑180/18, C‑286/18 und C‑287/18, EU:C:2019:605, Rn. 29 und 30 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs steht die Möglichkeit, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen, jedem Wirtschaftsteilnehmer offen, bei dem eine nationale Behörde begründete Erwartungen geweckt hat. Ist jedoch ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, den Erlass einer Maßnahme, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, so kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf diesen Grundsatz berufen. Zudem sind die Wirtschaftsteilnehmer nicht berechtigt, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die nationalen Behörden im Rahmen ihres Ermessens ändern können (Urteil vom 11. Juli 2019, Agrenergy und Fusignano Due, C‑180/18, C‑286/18 und C‑287/18, EU:C:2019:605, Rn. 31 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob eine nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende mit diesen Grundsätzen vereinbar ist, da der Gerichtshof, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV entscheidet, darauf beschränkt ist, dem vorlegenden Gericht alle unionsrechtlichen Auslegungshinweise zu geben, die es diesem ermöglichen können, die Frage der Vereinbarkeit zu beurteilen. Das vorlegende Gericht kann zu diesem Zweck alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigen, die u. a. aus Wortlaut, Zweck oder Aufbau der betreffenden Rechtsvorschriften hervorgehen (Urteil vom 11. Juli 2019, Agrenergy und Fusignano Due, C‑180/18, C‑286/18 und C‑287/18, EU:C:2019:605, Rn. 33 und 34 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Um dem vorlegenden Gericht eine zweckdienliche Antwort zu geben, ist insbesondere auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen, die sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergeben.

45      Was zunächst das gesetzesvertretende Dekret Nr. 387/2003 anbelangt, mit dem die Regelung zur Förderung der Stromerzeugung mit Fotovoltaikanlagen in Italien durch Umsetzung der Richtlinie 2001/77 eingeführt wurde, geht aus Art. 7 Abs. 2 dieses gesetzesvertretenden Dekrets hervor, dass, was den von Fotovoltaikanlagen erzeugten Strom betrifft, mit den Ministerialdekreten über die Anwendung dieses gesetzesvertretenden Dekrets ein besonderer, degressiver Fördertarif festgelegt wurde, dessen Höhe und Laufzeit so bemessen sind, dass eine angemessene Vergütung für die Investitionskosten gewährleistet ist. Mit diesen Dekreten wurde auch eine Obergrenze für die elektrische Gesamtleistung aller Anlagen festgelegt, die Förderleistungen erhalten können.

46      Im Hinblick auf den Wortlaut dieses Art. 7 kann daher vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen davon ausgegangen werden, dass ihm ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer im Sinne der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung entnehmen konnte, dass die in Rede stehenden Förderleistungen insbesondere unter Berücksichtigung des Verweises auf die Degressivität der Fördertarife sowie auf die begrenzte Laufzeit der Förderung und der Festlegung einer Obergrenze für die dafür in Frage kommende elektrische Gesamtleistung nicht allen betroffenen Wirtschaftsteilnehmern in einem bestimmten Zeitraum garantiert wurden.

47      Was sodann das gesetzesvertretende Dekret Nr. 28/2011 betrifft, mit dem das gesetzesvertretende Dekret Nr. 387/2003 aufgehoben wurde, hat der Gerichtshof im Wesentlichen bereits dieselbe Feststellung getroffen, indem er in Rn. 44 des Urteils vom 11. Juli 2019, Agrenergy und Fusignano Due (C‑180/18, C‑286/18 und C‑287/18, EU:C:2019:605), entschieden hat, dass die aufgrund dieses Dekrets erlassenen Bestimmungen des nationalen Rechts geeignet waren, umsichtige und besonnene Wirtschaftsteilnehmer von Anfang an darauf hinzuweisen, dass die für Fotovoltaikanlagen geltende Förderregelung von den nationalen Behörden möglicherweise angepasst oder sogar aufgehoben werden würde, um der Entwicklung bestimmter Umstände Rechnung zu tragen.

48      Das gesetzesvertretende Dekret Nr. 28/2011 bestimmte nämlich in seinem Art. 25, dass die Förderung der Erzeugung elektrischer Energie durch Fotovoltaikanlagen durch ein Ministerialdekret geregelt wird, in dem eine jährliche Obergrenze für die elektrische Gesamtleistung solcher Anlagen, die Förderleistungen erhalten können, unter Berücksichtigung der Senkung der Kosten für Technologie und Anlagen sowie der in den anderen Mitgliedstaaten angewandten Fördermaßnahmen und der Art des Anlagenstandorts festgelegt wird.

49      Was schließlich die mit GSE geschlossenen Vereinbarungen betrifft, geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervor, dass zum einen die mit den Eigentümern der betreffenden, vor dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommenen Fotovoltaikanlagen geschlossenen Vereinbarungen nur die praktischen Voraussetzungen für die Zahlung der Förderleistungen vorsahen, die in Form einer früheren von GSE getroffenen Verwaltungsentscheidung bewilligt worden waren. Nach Angaben der italienischen Regierung wurden diese Vereinbarungen von der Corte costituzionale (Verfassungsgerichtshof) als auf einen Verwaltungsakt folgende öffentlich-rechtliche Verträge eingestuft.

50      Was zum anderen die Förderleistungen für die nach dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommenen Anlagen betrifft, wurden diese Förderleistungen, wie aus dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 Buchst. d des gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 28/2011 hervorgeht, auf der Grundlage eines von der Strom- und Gasbehörde entworfenen Mustervertrags durch privatrechtliche Verträge „gewährt“, die zwischen GSE und den für die betreffenden Anlagen Verantwortlichen geschlossen wurden.

51      Wie die italienische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, wurden die zwischen den Betreibern der betreffenden Fotovoltaikanlagen und GSE geschlossenen Vereinbarungen folglich auf der Grundlage von Musterverträgen geschlossen, wurden mit ihnen als solche keine Förderleistungen für diese Anlagen gewährt, sondern nur die Modalitäten ihrer Zahlung festgelegt, und behielt sich GSE zumindest, was die nach dem 31. Dezember 2012 geschlossenen Vereinbarungen betrifft, das Recht vor, deren Bedingungen wegen etwaiger rechtlicher Entwicklungen einseitig zu ändern, worauf in diesen Vereinbarungen ausdrücklich hingewiesen wurde. Diese Gesichtspunkte stellten somit einen hinreichend klaren Hinweis an die Wirtschaftsteilnehmer dar, dass die betreffenden Förderungen geändert oder aufgehoben werden könnten.

52      Außerdem betreffen die in Art. 26 Abs. 2 und 3 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 vorgesehenen Maßnahmen nicht die bereits gezahlten Förderleistungen, sondern sind nur ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzesdekrets und nur auf die vorgesehenen, aber noch nicht fälligen Förderleistungen anwendbar. Diese Maßnahmen sind daher entgegen dem Vorbringen der Kläger der Ausgangsverfahren nicht rückwirkend.

53      Alle diese Umstände scheinen – wiederum vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen – eindeutig aus der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung hervorzugehen, so dass ihre Anwendung grundsätzlich vorhersehbar war. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht nämlich hervor, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften ordnungsgemäß bekannt gemacht wurden, dass sie hinreichend klar waren und dass die Kläger der Ausgangsverfahren von ihrem Inhalt Kenntnis erlangt hatten. Ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer kann sich daher nicht auf eine Beeinträchtigung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes mit dem Argument berufen, dass diese Regelung geändert worden sei.

54      Folglich ist festzustellen, wie auch der Generalanwalt in Nr. 48 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dass das von den betreffenden Fotovoltaikanlagenbetreibern geltend gemachte Recht, für die gesamte Laufzeit der Vereinbarungen, die sie mit GSE geschlossen haben, unverändert in den Genuss der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Förderleistungen zu kommen, keine gesicherte Rechtsposition darstellt und nicht unter den in Art. 17 der Charta vorgesehenen Schutz fällt und dass infolgedessen die Änderung der Höhe dieser Förderleistungen oder der Modalitäten ihrer Zahlung durch eine nationale Bestimmung wie Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 nicht mit einem Eingriff in das Eigentumsrecht, wie es von diesem Art. 17 anerkannt wird, gleichgestellt werden kann.

55      Was zweitens Art. 16 der Charta betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dieser die unternehmerische Freiheit schützt und vorsieht, dass sie nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt wird.

56      Hierzu geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass der durch Art. 16 gewährte Schutz die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, die Vertragsfreiheit und den freien Wettbewerb umfasst, wie aus den Erläuterungen zu diesem Artikel hervorgeht, die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 der Charta für deren Auslegung zu berücksichtigen sind (Urteil vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Die Vertragsfreiheit im Sinne von Art. 16 der Charta umfasst u. a. die freie Wahl des Geschäftspartners sowie die Freiheit, den Preis für eine Leistung festzulegen (Urteil vom 20. Dezember 2017, Polkomtel, C‑277/16, EU:C:2017:989, Rn. 50).

58      Im vorliegenden Fall machen die Kläger der Ausgangsverfahren geltend, dass Art. 26 Abs. 2 und 3 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 einen Eingriff in die Vertragsfreiheit der Empfänger der von den mit GSE geschlossenen Vereinbarungen vorgesehenen Förderleistungen sowie in ihr Recht, frei über ihre wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen zu verfügen, darstelle, da mit diesem Gesetzesdekret die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Förderleistungen geändert worden seien.

59      Wie in den Rn. 49 und 50 des vorliegenden Urteils festgestellt wurde, geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten jedoch zum einen hervor, dass die mit den Eigentümern der vor dem 31. Dezember 2012 in Betrieb genommenen Anlagen geschlossenen Vereinbarungen nur die praktischen Voraussetzungen für die Zahlung der durch vorherige Verwaltungsentscheidungen bewilligten Förderleistungen vorsahen und dass zum anderen die Förderungen für die nach diesem Datum in Betrieb genommenen Anlagen mittels Musterverträgen bestätigt wurden, die zwischen GSE und den betreffenden Betreibern der Anlagen geschlossen wurden und in denen nur die Modalitäten für die Zahlung dieser Förderleistungen festgelegt wurden.

60      Die Kläger der Ausgangsverfahren verfügten folglich offenbar über keine Verhandlungsmacht bezüglich des Inhalts der mit GSE geschlossenen Vereinbarungen. Wie der Generalanwalt in Nr. 70 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, besteht nämlich, wenn es sich um einen von einer Vertragspartei aufgesetzten Mustervertrag handelt, die Vertragsfreiheit der anderen Partei im Wesentlichen darin, zu entscheiden, ob sie die Bedingungen eines solchen Vertrags akzeptiert oder nicht. Wie in Rn. 51 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, behielt sich GSE außerdem, zumindest was die nach dem 31. Dezember 2012 geschlossenen Vereinbarungen betrifft, das Recht vor, die Bedingungen dieser Vereinbarungen einseitig zu ändern.

61      Daher kann die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht durchzuführenden Überprüfungen nicht als Eingriff in die Vertragsfreiheit der Parteien der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vereinbarungen im Sinne von Art. 16 der Charta angesehen werden.

62      Außerdem umfasst die in der letztgenannten Bestimmung verbürgte unternehmerische Freiheit auch das Recht jedes Unternehmens, in den Grenzen seiner Verantwortlichkeit für seine eigenen Handlungen frei über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen verfügen zu können (Urteile vom 27. März 2014, UPC Telekabel Wien, C‑314/12, EU:C:2014:192, Rn. 49, und vom 30. Juni 2016, Lidl, C‑134/15, EU:C:2016:498, Rn. 27).

63      Eine Beschränkung dieses Rechts stellt u. a. die Pflicht dar, Maßnahmen zu ergreifen, die für einen Wirtschaftsteilnehmer unter Umständen mit erheblichen Kosten verbunden sind, beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeiten haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2014, UPC Telekabel Wien, C‑314/12, EU:C:2014:192, Rn. 50).

64      Im vorliegenden Fall erweist sich allerdings nicht, dass Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 das Recht der Betreiber der betreffenden Fotovoltaikanlagen im Sinne der in den Rn. 62 und 63 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung beschränkt hätte, frei über Ressourcen zu verfügen, die sie besitzen. Denn die Fördertarife, wie sie durch die Verwaltungsakte bewilligt und in den zwischen diesen Betreibern und GSE geschlossenen Vereinbarungen bestätigt wurden, können nicht als solche Ressourcen angesehen werden, da es sich, wie im Wesentlichen aus den Rn. 51 bis 53 des vorliegenden Urteils hervorgeht, nur um vorgesehene, aber noch nicht fällige Förderleistungen handelt, und diese Betreiber können sich nicht auf ein berechtigtes Vertrauen, solche Förderleistungen unverändert zu erhalten, berufen.

65      Demzufolge geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten nicht hervor, dass Art. 26 Abs. 2 und 3 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 die Betreiber von Fotovoltaikanlagen Zwängen wie denen unterworfen hätte, die in der in Rn. 63 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung genannt werden.

66      Folglich ist festzustellen, dass eine nationale Bestimmung wie Art. 26 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 nicht als ein Eingriff in die in Art. 16 der Charta verbürgte unternehmerische Freiheit angesehen werden kann.

67      Soweit sich das vorlegende Gericht Fragen zur Vereinbarkeit von Art. 26 Abs. 2 und 3 des Gesetzesdekrets Nr. 91/2014 mit Art. 10 der Energiecharta stellt, ist drittens festzustellen, dass diese Charta in Anbetracht von Art. 216 Abs. 2 AEUV die Organe der Europäischen Union und die Mitgliedstaaten bindet, da sie ein gemischtes Abkommen ist.

68      Nach Art. 10 der Energiecharta fördert und schafft jede Vertragspartei im Einklang mit diesem Vertrag dauerhafte, gerechte, günstige und transparente Bedingungen für Investoren „anderer Vertragsparteien“, in ihrem Gebiet Investitionen vorzunehmen.

69      Dem Wortlaut von Art. 10 der Energiecharta ist zu entnehmen, dass die in diesem Artikel festgelegten Bedingungen für die Investoren anderer Vertragsparteien sichergestellt werden müssen.

70      Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten jedoch nicht hervor, dass es sich bei einem oder mehreren der betreffenden Investoren um Investoren anderer Vertragsparteien im Sinne von Art. 10 der Energiecharta handelt oder dass sie einen Verstoß gegen diesen Artikel in einer solchen Investoreneigenschaft geltend gemacht haben. Folglich ist Art. 10 der Energiecharta auf die Ausgangsverfahren nicht anwendbar, so dass die Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit dieser Bestimmung nicht zu prüfen ist.

71      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass vorbehaltlich der Überprüfungen, die das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte durchführen muss, Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28 und die Art. 16 und 17 der Charta im Licht der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung, die die Kürzung oder die Aufschiebung der Zahlung von Förderleistungen für von Fotovoltaikanlagen erzeugten Strom vorsieht, die zuvor durch Verwaltungsentscheidungen bewilligt wurden und durch entsprechende, zwischen den Betreibern dieser Anlagen und einer öffentlichen Gesellschaft geschlossene Vereinbarungen bestätigt wurden, nicht entgegenstehen, wenn diese Regelung die bereits vorgesehenen, aber noch nicht fälligen Förderleistungen betrifft.

 Kosten

72      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

Vorbehaltlich der Überprüfungen, die das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte durchführen muss, sind Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG und die Art. 16 und 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Licht der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die die Kürzung oder die Aufschiebung der Zahlung von Förderleistungen für von Fotovoltaikanlagen erzeugten Strom vorsieht, die zuvor durch Verwaltungsentscheidungen bewilligt wurden und durch entsprechende, zwischen den Betreibern dieser Anlagen und einer öffentlichen Gesellschaft geschlossene Vereinbarungen bestätigt wurden, nicht entgegenstehen, wenn diese Regelung die bereits vorgesehenen, aber noch nicht fälligen Förderleistungen betrifft.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Italienisch.