URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
11. März 1999 (1)
„Beamte Dauernde Teilinvalidität Verschlimmerung der Verletzungen
Nichtigkeitsklage Schadensersatzklage Zulässigkeit
Gleichbehandlungsgrundsatz Beistands- und Fürsorgepflicht Mangelnde
Sorgfalt“
In der Rechtssache T-257/97
Hans C. Herold, Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Bernd Potthast, Hans-Josef Rüber und
Albert Potthast, Köln, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Ernest
Arendt, 8/10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Christine
Berardis-Kayser, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Beistand: Rechtsanwalt
Bertrand Wägenbaur, Köln und Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos
Gómez de la Cruz, ebenfalls Juristischer Dienst, Centre Wagner,
Luxemburg-Kirchberg,
wegen Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 20. November 1996, mit
der der Antrag des Klägers auf Anpassung des als Entschädigung bei dauernder
Teilinvalidität gezahlten Betrages abgelehnt wurde, und wegen Schadensersatzes
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter K. Lenaerts und
J. Azizi,
Kanzler: A. Mair, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1.
Dezember 1998,
folgendes
Urteil
Sachverhalt und Verfahren
- 1.
- Der Kläger war als Beamter der Kommission im Gemeinsamen Forschungszentrum
in Ispra in Italien tätig. Am 6. März 1982 erlitt er einen Skiunfall.
- 2.
- Am 26. Oktober 1984 erhielt der Kläger den in Artikel 20 Absatz 3 der Regelung
zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und
Berufskrankheiten (im folgenden: Unfallregelung) vorgesehenen Vorschuß auf den
in Artikel 73 Absatz 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften
(im folgenden: Statut) vorgesehenen Kapitalbetrag.
- 3.
- Am 1. März 1986 versetzte die Anstellungsbehörde den Kläger in den vorzeitigen
Ruhestand, nachdem sie bei ihm eine dauernde Teilinvalidität von 28 % festgestellt
hatte. Am selben Tag teilte der Kläger der Kommission in einer Erklärung im
Hinblick auf die Auszahlung seiner Versorgungsbezüge seinen neuen Wohnsitz ab
1. März 1986 mit, nämlich 1851 Jadwin 227, Richland 99352, im Staat Washington
in den Vereinigten Staaten. Er präzisierte jedoch, daß die Post ihm nach Italien
geschickt werden sollte, und zwar an folgende Anschrift: Via dei Tigli 13,
21020 Brebbia.
- 4.
- Am 14. Mai 1986 beantragte der Kläger die erneute Prüfung seines Falles aufgrund
der Verschlimmerung der durch den Unfall vom 6. März 1982 verursachten
Verletzungen mit dem Ziel der Anerkennung der Erhöhung des Grades seiner
dauernden Teilinvalidität auf 50 % bis 55 % unter Berücksichtigung der Angaben
in dem ärztlichen Bericht seines behandelnden Arztes Dr. Genovese vom 6. Mai
1986. Er führt dazu aus: „In der Anlage übersende ich Ihnen das Gutachten meines
Arztes, in dem eine wesentliche Verschlimmerung der durch den Unfall
verursachten Verletzungen festgestellt wird. Ich beantrage deshalb gemäß Artikel
22 der Unfallregelung die erneute Prüfung meiner Unfallakte. Sollte eine ärztliche
Untersuchung notwendig sein, so bin ich vom 10. Mai 1986 bis 15. September 1986
unter folgender Anschrift zu erreichen: Herold, Jadwin 227, Richland 99352, WA,
USA. Nach diesem Zeitpunkt werde ich mich bis zum 15. Dezember 1986 an
folgender Anschrift aufhalten: Herold, Via Vallesanta 13, 19015 Levanto (SP),
Italien. Ich bin bereit, mich sowohl in den USA als auch in Italien einer ärztlichen
Untersuchung zu unterziehen, wenn ich rechtzeitig informiert werde.“
- 5.
- Am 11. Juni 1986 machte die Kommission den Kläger darauf aufmerksam, daß er
für den Schriftverkehr über sein Ruhegehalt nicht eine andere Postadresse
benutzen könne als die seines Wohnsitzes.
- 6.
- Am 17. Juni 1986 teilte die Kommission dem Kläger in einem an die Anschrift in
Richland in den Vereinigten Staaten gesandten Schreiben mit, daß sie seinen
Antrag vom 14. Mai 1986 sowie den ärztlichen Bericht seines behandelnden Arztes
an den von der Anstellungsbehörde benannten Arzt übermittelt habe und ihn
sobald wie möglich über die Entscheidung über seinen Antrag auf erneute Prüfung
seines Falles wegen Verschlimmerung der Verletzungen unterrichten werde. Am
selben Tag übersandte die Kommission das Schreiben des Klägers vom 14. Mai
1986 und den ärztlichen Bericht seines behandelnden Arztes an ihren
Versicherungsmakler, die Firma J. Van Breda et Cie International, und bat diesen,
Dr. Maglienti damit zu befassen und die Kommission über die weitere Behandlung
dieses Antrags zu informieren. Am 26. Juni 1986 übersandte der genannte
Versicherungsmakler das Schreiben des Klägers vom 14. Mai 1986 und den
ärztlichen Bericht seines behandelnden Arztes an die Versicherungsgesellschaft
Royale belge mit der Bitte, die Akte Dr. Maglienti zu übersenden und über den
Antrag zu entscheiden. Die Royale belge schrieb Dr. Maglienti am 25. Juli 1986 in
diesem Sinne. Am 31. Juli 1986 bestätigte der Versicherungsmakler der
Kommission, daß die Royale belge Dr. Maglienti „die ärztliche Akte“ am 25. Juli
1986 übersandt habe. Am 4. Februar 1987 übersandte der Versicherungsmakler der
Kommission eine Kopie der Notiz des Dr. Maglienti vom 8. Januar 1987, in der
dieser ausführt: „Der Beamte steht nach wie vor auf Platz 1 der von mir
aufgestellten und der Forschungsanstalt Ispra übersandten Liste für die Ladungen.
Da er sich jedoch fast immer außerhalb des Sitzes der Anstalt und oft außerhalb
Europas aufhält, ist er nicht zu erreichen. Ich halte Sie auf dem laufenden, sobald
mir dies möglich ist.“
- 7.
- Am 1. Juli 1987 gab der Kläger der Kommission seine neue Adresse in 327 North
New Hampshire Ave. Lucero in Los Angeles, Kalifornien, Vereinigte Staaten,
bekannt. Er teilte der Kommission ebenfalls mit, daß er seinen Wohnsitz nach
Fremont im Staat New Hampshire in den Vereinigten Staaten verlegen werde.
- 8.
- Am 29. November 1991 richtete der Versicherungsmakler folgendes Schreiben an
die Kommission: „Am 17.6.1986 haben Sie ein Schreiben des Geschädigten
übermittelt, der wegen einer Verschlimmerung seiner Verletzungen eine
Neubewertung des Grades der dauernden Teilinvalidität beantragt hat. Seit dieser
Zeit hat Dr. Maglienti den Geschädigten niemals laden können, da dieser nur für
kurze Zeiträume in Italien gewohnt hat. Wir bitten Sie, uns mitzuteilen, ob der
Geschädigte Ihres Wissens beabsichtigt, nach Italien zurückzukehren und uns
wissen zu lassen, wie wir in dieser Sache weiter verfahren sollen. In Erwartung
einer baldigen Antwort ...“
- 9.
- Am 17. Januar 1992 bat die Kommission den Kläger in einem nach Fremont in den
Vereinigten Staaten gesandten Schreiben, ihr „mitzuteilen, ob [er] beabsichtige,
eventuell nach Italien zurückzukehren, damit [sie] [seinen] Antrag vom 14.5.1986
auf erneute Prüfung [seines] Falles wegen Verschlimmerung seiner Verletzungen
bescheiden [könne]“.
- 10.
- Am 4. Juni 1992 übersandte die Kommission dem Kläger ein Schreiben folgenden
Inhalts nach Fremont in den Vereinigten Staaten: „Wir erinnern Sie an unser
Schreiben vom 17.1.92, das Sie unseres Wissens nicht beantwortet haben. Teilen
Sie uns doch bitte mit, ob Sie beabsichtigen, eventuell nach Italien zurückzukehren,
um es uns zu ermöglichen, Ihren Antrag vom 14.5.86 auf erneute Prüfung wegen
Verschlimmerung der Verletzungen zu bescheiden. Sollten Sie bis zum 31.7.92 nicht
antworten, so gehen wir davon aus, daß Sie das Verfahren der erneuten Prüfung
nicht weiterbetreiben wollen und werden Ihre Akte schließen.“
- 11.
- Am 1. Juli 1992 teilte der Kläger der Kommission mit, er halte sich einmal pro Jahr
für mehrere Wochen in Italien auf, und sein nächster Aufenthalt sei für Oktober
1992 vorgesehen. Er fügte hinzu, er sei bei Dr. Renato del Bene, Via Mercato
Nuovo, 19015 Levanto (SP), Italien, erreichbar.
- 12.
- Am 13. November 1992 sandte die Kommission ein Schreiben an den Kläger nach
Fremont in den Vereinigten Staaten, das diesen nicht erreichte und mit dem
Vermerk „Not Known“ zur Kommission zurückkam.
- 13.
- Am 12. Januar 1993 erklärte die Kommission dem Kläger in einem nach Brebbia
in Italien übersandten Schreiben: „Aufgrund Ihres Schreibens vom 1. Juli 1992
haben wir leider während Ihres Aufenthalts in Levanto keine Untersuchung durch
einen Arzt in Italien organisieren können. Wir haben deshalb beschlossen, die
notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um einen Arzt in den Vereinigten Staaten
zu benennen. Wir haben Ihnen diese Entscheidung mit Schreiben vom 13.
November 1992 bekanntgegeben, das nach Fremont in den Vereinigten Staaten
gesandt wurde. Dieses Schreiben ist mit dem Vermerk .Not known' auf dem
Umschlag zurückgekommen. Wir haben uns bei der zuständigen Dienststelle nach
einer anderen Adresse, an der wir Sie erreichen können, erkundigt. Da wir sehen,
daß Sie in der Provinz Varese wohnen, beabsichtigen wir, Sie zur Untersuchung
durch Dr. Maglienti zu laden, damit dieser eine Stellungnahme zu der erneuten
Prüfung Ihrer Unfallakte abgeben kann. Da dieses Verfahren etwas ungewöhnlich
ist, bitten wir Sie um Zustimmung zu diesem Verfahren. Ihre Ladung wird erst
nach Eingang Ihrer Zustimmung erfolgen.“
- 14.
- Am 26. März 1993 führte die Kommission in einem nach Brebbia in Italien
übersandten Schreiben aus: „Wir nehmen Bezug auf unser Schreiben vom 12.
Januar 1993, von dem eine Kopie beigefügt ist, in dem wir Sie um Zustimmung zur
Ladung zur Untersuchung bei Dr. Maglienti baten, damit dieser eine
Stellungnahme zu der erneuten Prüfung Ihrer Unfallakte abgeben kann. Bis jetzt
haben wir keine Antwort von Ihnen erhalten. Sollten Sie binnen zwei Monaten
nicht antworten, geht unsere Dienststelle davon aus, daß Sie nicht beabsichtigen,
diese Angelegenheit weiterzuverfolgen, und wird Ihre Akte schließen.“
- 15.
- Am 20. April 1993 führte die Kommission in einem nach Levanto in Italien
gesandten Schreiben aus: „Wir bestätigen dankend den Eingang Ihres Schreibens
vom 21.3.93, demzufolge Sie im Laufe des Monats Mai 1993 in Levanto sein
werden. Wir bitten Sie, mit der Dienststelle .Unfälle' in Brüssel Verbindung
aufzunehmen (Ansprechpartner: Herr Limbourg Tel. 295.45.79 oder Frau Gebots
Tel. 295.50.32), damit wir bei dem von dem Organ bestellten Arzt ein Gutachten
in Auftrag geben können.“
- 16.
- Am 29. Juni 1993 teilte die Kommission in einem nach Levanto in Italien gesandten
Schreiben mit: „Wir nehmen Bezug auf den bisherigen Briefwechsel mit Ihnen. Um
ein Gutachten des von der Kommission bestellten Arztes in Ispra einholen zu
können, bitten wir Sie, umgehend mit der Dienststelle für Unfälle in Brüssel (Herr
Limbourg Tel. 32-2-295.45.79 oder Frau Gebots Tel. 32-2-295.50.32) in
Verbindung zu treten. Sollte bis zum 30. September 1993 keine Antwort von Ihnen
eingegangen sein, gehen wir davon aus, daß Sie nicht beabsichtigen, das Verfahren
der Wiedereröffnung fortzusetzen, und werden Ihr Dossier schließen.“
- 17.
- Am 26. November 1993 teilte die Kommission dem Kläger mit, daß die
Untersuchung bei Dr. Maglienti am 7. Dezember 1993 stattfinden werde, und
forderte ihn auf, alle Dokumente über seinen Unfall mitzubringen und unverzüglich
zu bestätigen, daß er zu dieser Untersuchung erscheinen werde. Der Kläger hat
sich an dem angegebenen Tag zur angegebenen Zeit zur Untersuchung
eingefunden.
- 18.
- Am 14. Dezember 1993 erstellte Dr. Maglienti seinen Bericht, in dem er feststellt,
daß die Verletzungen des Klägers konsolidiert seien und daß der Grad der
dauernden Teilinvalidität 35 % betrage, also 7 % mehr als der am 1. März 1986
festgesetzte Grad (siehe oben, Nr. 3).
- 19.
- Am 19. Mai 1994 übersandte die Kommission dem Kläger den Bericht des
Dr. Maglienti sowie einen diesem Bericht entsprechenden Entscheidungsvorschlag
nach Levanto in Italien.
- 20.
- Am 1. August 1994 stellte der Kläger in Ispra einen Antrag auf Anrufung des
Ärzteausschusses gemäß Artikel 23 der Unfallregelung.
- 21.
- Am 27. Oktober 1995 wurde der Kläger von diesem Ärzteausschuß, zu dem
Dr. Maglienti gehörte, untersucht. Der Ausschuß gab sein Gutachten am 6.
November 1995 ab. Er stellte fest, daß der Grad der dauernden Teilinvalidität des
Klägers 42 %, d. h. 14 % mehr betrug als der am 1. März 1986 festgestellte Grad
(siehe oben, Randnr. 3). Am 28. Februar 1996 übermittelte die Kommission dem
Kläger an die Adresse in Brebbia in Italien das Gutachten des Ärzteausschusses
und gab ihm des weiteren ihre Entscheidung bekannt, die Entschädigung, die ihm
nach der Erhöhung des Grades seiner dauernden Teilinvalidität zustand, nämlich
1 320 157 BFR, auszuzahlen. Diese Entschädigung wurde am 25. April 1996 auf ein
Bankkonto des Klägers überwiesen.
- 22.
- Mit Schreiben vom 17. Juli 1996, das am 23. Juli 1996 in das Register des
Generalsekretariats der Kommission eingetragen wurde, erhob der Kläger
Beschwerde gemäß Artikel 90 des Statuts gegen die Entscheidung der Kommission
vom 28. Februar 1996. Auf den beiden Beschwerdeformularen, die der Kläger bei
dieser Gelegenheit verwendet hat, sowie im Text seiner Beschwerde wird als
Adresse Via Vallesanta 13 in 19015 Levanto, Italien, angegeben.
- 23.
- Am 5. September 1996 antwortete die Kommission (Generaldirektion IX
Personal und Verwaltung) dem Kläger: „Hiermit teile ich Ihnen mit, daß Ihre
Beschwerde Nr. 1262/96 in Wirklichkeit EIN ANTRAG ist. Als solcher ist er von
der zuständigen Dienststelle (.Ruhegehälter' IX.B.6) zu beantworten (Kopie
dieser Antwort wird normalerweise an die Einheit IX.B.2 übermittelt).“
- 24.
- Am 20. November 1996 gab die Kommission dem Kläger in einem nach Levanto
in Italien gesandten Schreiben ihre Entscheidung bekannt, seinen Antrag vom 17.
Juli 1996 zurückzuweisen.
- 25.
- Am 9. Dezember 1996 bat der Kläger die Kommission mit einem Schreiben, das
die Adresse Via Vallesanta 13 in 19015 Levanto, Italien, trug, ihm die in ihrem
Schreiben vom 20. November 1996 enthaltene Entscheidung in deutscher Sprache
zu übersenden.
- 26.
- Am 23. Januar 1997 gab die Kommission dem Antrag des Klägers durch ein nach
Levanto in Italien gesandtes Schreiben statt, mit dem sie ihm ihre Entscheidung
über die Zurückweisung seines Antrags in deutscher Sprache übersandte.
- 27.
- Am 21. Februar 1997 legte der Kläger Beschwerde gegen die Entscheidung der
Kommission vom 20. November 1996 ein, mit der sein Antrag vom 17. Juli 1996
zurückgewiesen worden war. Sowohl in dem von ihm benutzten
Beschwerdeformular als auch im Text seiner Beschwerde gab er als Adresse Via
Vallesanta 13 in 19015 Levanto, Italien, an.
- 28.
- Nachdem der Kläger keine Antwort auf seine Beschwerde vom 21. Februar 1997
erhalten hatte, ging er davon aus, daß diese nach Ablauf der in Artikel 90 Absatz
2 des Statuts festgelegten Frist stillschweigend zurückgewiesen worden war.
- 29.
- Deshalb hat er mit Klageschrift, die am 19. September 1997 in das Register der
Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, die vorliegende Klage erhoben.
- 30.
- Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die
mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat
jedoch im Wege prozeßleitender Maßnahmen die Parteien aufgefordert, vor der
mündlichen Verhandlung bestimmte Fragen schriftlich zu beantworten. Die
Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.
- 31.
- Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 1998
mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge der Parteien
- 32.
- Der Kläger beantragt,
die Entscheidung der Kommission vom 20. November 1996 aufzuheben,
die Kommission zu verurteilen, an den Kläger 1 057 567 BFR als
Schadensersatz zuzüglich 5 % Zinsen seit dem 26. Oktober 1984 zu zahlen,
der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 33.
- Die Kommission beantragt in ihrer Klagebeantwortung,
die Klage als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet abzuweisen,
und über die Kosten nach Rechtslage zu befinden.
In ihrer Gegenerwiderung beantragt die Kommission, sämtliche Kosten,
einschließlich derjenigen der Beklagten, dem Kläger aufzuerlegen.
Zulässigkeit
Vorbringen der Parteien
- 34.
- Die Kommission macht, ohne eine förmliche Einrede der Unzulässigkeit gemäß
Artikel 114 der Verfahrensordnung des Gerichts zu erheben, geltend, daß die
vorliegende Klage wegen verspäteter Erhebung unzulässig sei. Der Antrag des
Klägers vom 17. Juli 1996 sei in Wirklichkeit eine Beschwerde gegen die
Entscheidung vom 28. Februar 1996 gewesen, die mehr als drei Monate nach Erlaß
dieser Entscheidung eingelegt worden sei. Auch habe der Kläger nicht innerhalb
der festgesetzten Frist Klage gegen die Entscheidung vom 20. November 1996,
durch die seine Beschwerde zurückgewiesen worden sei, erhoben.
- 35.
- Der Kläger entgegnet, ihm sei klar gewesen, daß nach dem Gutachten des
Ärzteausschusses eine weitere Überprüfungsmöglichkeit nicht mehr gegeben
gewesen sei. Er habe somit nicht beabsichtigt, den in der Entscheidung vom 28.
Februar 1996 festgesetzten Betrag der Entschädigung zu verweigern, wenngleich
er ihn auch nicht ausdrücklich akzeptiert habe. Die in der Beschwerde vom 17. Juli
1996 formulierten Kritikpunkte stellten in Wirklichkeit zusätzliche Anträge dar.
Deswegen gebe es kein Zulässigkeitsproblem für seine Klage.
Würdigung durch das Gericht
- 36.
- Das Schreiben des Klägers vom 17. Juli 1996 (siehe oben, Randnr. 22) enthält in
Wirklichkeit zugleich eine Beschwerde und einen Antrag.
- 37.
- Denn zum einen bestreitet der Kläger die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom
28. Februar 1996, durch die die Anstellungsbehörde ihm auf seinen Antrag vom 14.
Mai 1986 einen Betrag von 1 320 157 BFR als Entschädigung für die Erhöhung
seines Grades seiner dauernden Teilinvalidität zuerkannt hatte. Diese Entscheidung
ist eine den Kläger beschwerende Maßnahme im Sinne des Artikels 90 Absatz 2
des Statuts. So führt der Kläger zu Beginn seines Schreibens vom 17. Juli 1996 aus:
„Hiermit lege ich gegen die Auszahlung des Betrages von 1 320 157 BFR vom 25.
April 1996, wodurch die Entscheidung vom 28. Februar 1996 auf der Grundlage des
Artikels 73 des Statutes konkretisiert wurde, das Rechtsmittel der Beschwerde
gemäß Artikel 90 des Statutes ein ...“
- 38.
- Zum anderen beantragt der Kläger bei der Kommission, ihm den Schaden zu
ersetzen, den er aufgrund der Art und Weise der Behandlung seines Antrags vom
14. Mai 1986 erlitten habe. So führt er im zweiten Absatz seines Schreibens vom
17. Juli 1996 aus: „Inhalt und Gegenstand der Beschwerde ist die Höhe des
Auszahlungsbetrages bzw. die Nichtberücksichtigung von Kosten und Auslagen von
Kosten, die mir entstanden sind, des Verzögerungsschadens (schuldhafte
Amtspflichtverletzung durch die Kommission) und des Kaufkraftverlustes und
Zinsverlustes.“ Desgleichen erklärt der Kläger auf den Seiten 4 und 5 des
Schreibens vom 17. Juli 1996: „Schlußfolgernd beschwere ich mich also darüber,
daß durch die Verzögerung der Bearbeitung mir ein enormer Schaden entstanden
ist.“
- 39.
- Der Kläger verweist also selbst auf die Doppelnatur seines Vorgehens in seinem
Schreiben vom 17. Juli 1996. So führt er aus: „Sollte die Kommission zu der
Auffassung gelangen, daß ich hiermit erstmals etwas beantrage, was im Rahmen
der Beschwerde noch gar nicht behandelt werden kann, so mag die Kommission
diese Beschwerde insoweit als Antrag bewerten und behandeln und im Rahmen der
Antragsfristen gemäß Artikel 90 des Statuts mir zukommen lassen. In jedem Falle
aber fordere ich die Kommission auf, rechtlich eindeutige Erklärungen abzugeben,
was als Bescheid auf einen Antrag anzusehen ist und was als
Beschwerdeentscheidung anzusehen ist.“ Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens
hat der Kläger im übrigen erklärt, daß seine Beschwerde vom 17. Juli 1996
zusätzliche Anträge enthalte.
- 40.
- Diese Doppelnatur des Vorgehens des Klägers in seinem Schreiben vom 17. Juli
1996 wird nicht dadurch berührt, wie die Kommission dieses in ihrem Schreiben
vom 5. September 1996 qualifiziert hat (siehe oben, Randnr. 23). Denn das Gericht
ist hinsichtlich der rechtlichen Qualifizierung des vom Kläger eingereichten
Schriftsatzes als Antrag oder Beschwerde nicht an den Willen der Parteien
gebunden (Beschluß des Gerichts vom 25. Februar 1992 in der Rechtssache T-64/91, Marcato/Kommission, Slg. 1992, II-243, Randnr. 43, und Urteil des Gerichts
vom 22. März 1995 in der Rechtssache T-586/93, Kotzonis/WSA, Slg. 1995, II-665,
Randnr. 21).
- 41.
- Zudem hat die unrichtige Qualifizierung der vom Kläger in seinem Schreiben vom
17. Juli 1996, das in Wirklichkeit eine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 28.
Februar 1996 darstellte, vorgebrachten Argumente durch die Kommission das der
Klageerhebung vorhergehende Verfahren nicht beeinträchtigt, da dieses zu diesem
Zeitpunkt bereits rechtswidrig war.
- 42.
- Denn der Kläger hat die in seinem Schreiben vom 17. Juli 1996 enthaltene
Beschwerde entgegen den Anforderungen des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts
mehr als drei Monate nach Kenntnisnahme von der ihn beschwerenden
Entscheidung vom 28. Februar 1996 eingereicht. Aus den schriftlichen Notizen auf
der Entscheidung vom 28. Februar 1996 (Anlage 19 der Klageschrift) geht hervor,
daß der Kläger der Verwaltung am 25. März 1996 die Nummer des Kontos
mitgeteilt hat, auf das die ihm durch diese Entscheidung vom 28. Februar 1996
zuerkannte Entschädigung eingezahlt werden sollte. Es ist also davon auszugehen,
daß der Kläger spätestens am 25. März 1996 von dieser Entscheidung Kenntnis
erlangt hat. Somit hat er die Dreimonatsfrist des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts
nicht beachtet, als er am 17. Juli 1996 eine Beschwerde einreichte.
- 43.
- Nach ständiger Rechtsprechung dient die Beschwerdefrist des Artikels 90 der
Gewährleistung der Sicherheit der Rechtsverhältnisse und der Rechtsgewißheit. Sie
ist somit zwingendes Recht und unterliegt nicht dem Ermessen der Parteien und
des Gerichts (Urteil des Gerichts vom 18. März 1997 in der Rechtssache T-35/96
Rasmussen/Kommission, Slg. ÖD 1997, II-187, Randnr. 29). Ebenso kann die
Tatsache, daß ein Organ eine verspätete und damit unzulässige Beschwerde
sachlich bescheidet, nicht bewirken, daß das durch Artikel 90 und 91 des Statuts
eingeführte System der zwingenden Fristen außer Kraft gesetzt wird; sie nimmt der
Verwaltung nicht die Möglichkeit, im Stadium des gerichtlichen Verfahrens eine
Einrede der Unzulässigkeit wegen Verspätung der Beschwerde zu erheben, und
entbindet erst recht das Gericht nicht von seiner Verpflichtung, die Einhaltung der
Fristen des Statuts zu prüfen (Urteil Rasmussen/Kommission, Randnr. 30). Selbst
wenn die Kommission in der vorliegenden Rechtssache im vorprozessualen
Verfahren die Auffassung vertreten hat, daß alle in dem Schreiben vom 17. Juli
1996 enthaltenen Beanstandungen als Stellung eines Antrags anzusehen seien, hat
sie doch in ihrer Klagebeantwortung auf die verspätete Einlegung der Beschwerde
vom 17. Juli 1996 hingewiesen.
- 44.
- Daraus folgt, daß die vorliegende Klage insoweit unzulässig ist, als der Kläger
versucht, über die Aufhebung der Entscheidung vom 20. November 1996 die
Aufhebung der Entscheidung vom 28. Februar 1996 zu erreichen, durch die ihm
eine Entschädigung von 1 320 157 BFR für die Erhöhung des Grades seiner
dauernden Teilinvalidität zugesprochen worden war. Der Kläger kann also nicht
geltend machen, die Anwendung der Artikel 73 des Statuts und 20 der
Unfallregelung auf seinen Antrag vom 14. Mai 1986 habe zu einer unrichtigen
Festsetzung der Höhe der Entschädigung durch die Entscheidung vom 28. Februar
1996 geführt. Somit ist weder über die angebliche Diskriminierung durch die strikte
Anwendung des Artikels 73 Absatz 2 Buchstabe c des Statuts auf alle Beamten
unabhängig von der Art ihrer Verletzungen zu entscheiden, noch über die
angebliche sofortige oder gar rückwirkende Fälligkeit der Entschädigung für die
7 % der Erhöhung des Grades der dauernden Teilinvalidität des Klägers, die die
Anstellungsbehörde in ihrem am 19. Mai 1994 bekanntgegebenen
Entscheidungsentwurf anerkannt hat (siehe oben, Randnrn. 18 und 19). Beide
Klagegründe zielen nämlich darauf ab, die Berechnung des Betrages der in der
Entscheidung vom 28. Februar 1996 festgesetzten Entschädigung in Frage zu
stellen, der als solcher unanfechtbar geworden ist.
- 45.
- Die vorliegende Klage ist dagegen zulässig, soweit sie auf die Verurteilung der
Kommission zum Ersatz des Schadens gerichtet ist, der durch die angebliche
mangelnde Sorgfalt bei der Behandlung des Antrags des Klägers vom 14. Mai 1986
entstanden ist. Denn entsprechend dem Wunsch, den der Kläger in seinem
Schreiben vom 17. Juli 1996 zum Ausdruck gebracht hat, und der Qualifizierung
der Kommission in ihrem Schreiben vom 5. September 1996 und in ihrer
Entscheidung vom 20. November 1996 stellen die Passagen in dem Schreiben vom
17. Juli 1996, in denen der Kläger versucht, das Vorliegen eines Fehlers der
Kommission bei der Behandlung seines Antrags vom 14. Mai 1986 darzutun, um
insoweit eine Entschädigung zu erhalten, einen Antrag im Sinne des Artikels 90
Absatz 1 des Statuts dar. Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, daß das
Verwaltungsverfahren vor Erhebung der vorliegenden Klage keine
Unregelmäßigkeit aufweist (siehe dazu Beschluß Marcato/Kommission,
Randnr. 33). Der am 17. Juli 1996 gestellte Antrag wurde ausdrücklich
zurückgewiesen durch die Entscheidung vom 20. November 1996, die dem Kläger
erst am 23. Januar 1997 in deutscher Sprache bekanntgegeben wurde. Der Kläger
hat gegen diese Entscheidung innerhalb der in Artikel 90 Absatz 2 des Statuts
festgesetzten Frist, nämlich am 21. Februar 1997, Beschwerde eingelegt. Diese
Beschwerde wurde nach Ablauf der statutarischen Frist von vier Monaten am 21.
Juni 1997 stillschweigend zurückgewiesen. Der Kläger hat die vorliegende Klage
innerhalb der in Artikel 91 Absatz 3 des Statuts vorgeschriebenen Frist, nämlich am19. September 1997, erhoben. Ferner bestreitet der Kläger in seinen Anträgen
speziell die Begründetheit der Entscheidung vom 20. November 1996, mit der sein
Antrag vom 17. Juli 1996 zurückgewiesen wurde.
- 46.
- Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß sowohl im vorprozessualen Verfahren (siehe
oben, Randnrn. 38 und 39) als auch in der Klageschrift die meisten Argumente des
Klägers auf Ersatz des Schadens gerichtet sind, den er aufgrund der Art und Weise
der Behandlung seines Antrags vom 14. Mai 1986 durch die Kommission erlitten
zu haben behauptet.
Begründetheit
Vorbringen der Parteien
- 47.
- Der Kläger beanstandet die mangelnde Sorgfalt, mit der die Kommission seinen
Antrag vom 14. Mai 1986 bearbeitet habe und durch die ihm ein Schaden
entstanden sei. Dieser entspreche der Differenz zwischen der Summe der
Grundgehälter, die er in den letzten zwölf Monaten vor dem Unfall am 6. März
1982, und der Summe der Grundgehälter, die er in den letzten zwölf Monaten vor
der Zahlung der Entschädigung am 25. April 1996 erhalten habe, und belaufe sich
auf 1 057 567 BFR.
- 48.
- Der Kläger macht geltend, diese Verspätung habe aufgrund der strikten
Anwendung des Artikels 73 Absatz 2 des Statuts zu einem Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz geführt.
- 49.
- Er meint außerdem, die Kommission habe ihre ihm gegenüber bestehende
Beistands- und Fürsorgepflicht dadurch verletzt, daß sie seinen
Schadensersatzantrag vom 17. Juli 1996 zurückgewiesen habe. In seiner Erwiderung
erstreckt er die Beschreibung dieser mangelnden Fürsorge auf den Umstand, daß
am 19. Mai 1994 nicht die Entschädigung gezahlt worden sei, die dem Prozentsatz
der Erhöhung des Grades seiner dauernden Teilinvalidität entsprach, die seinerzeit
in dem ihm mitgeteilten Entscheidungsentwurf der Anstellungsbehörde bereits
anerkannt worden sei. Er kritisiert insoweit die Auffassung, die das Gericht im
Urteil vom 12. März 1996 in der Rechtssache T-361/94 (Weir/Kommission, Slg. ÖD
1996, II-381, Randnrn. 50 ff.) zum Ausdruck gebracht habe, daß nämlich jedweder
Anspruch des Beamten erst nach Erlaß der Entscheidung nach Artikel 20 der
Unfallregelung fällig werden könne. Er meint nämlich, der Anspruch auf einen
Vorschuß sei schon vor diesem Zeitpunkt fällig. Sein Entschädigungsanspruch sei
grundsätzlich mit dem Eintritt der durch einen Unfall verursachten Invalidität
entstanden und fällig geworden; dies sei der Grund, weshalb Artikel 20 der
Unfallregelung einen Anspruch auf eine vorläufige Entschädigung vorsehe. Sobald
ein Anspruch auf eine vorläufige Entschädigung vorgesehen sei, entspreche der
Zeitpunkt der Fälligkeit dem Zeitpunkt des Unfalls. Insoweit sei zu berücksichtigen,
daß der Grad der dauernden Teilinvalidität auch heute noch nicht endgültig
bestimmt werden könne, da der Zustand, in dem er sich aufgrund des Unfalls
befinde, sich weiter verschlechtern könnte. Somit habe die Kommission dadurch,
daß sie es abgelehnt habe, zu seinen Gunsten die rückwirkende Fälligkeit der in
Artikel 73 Absatz 2 Buchstabe c des Statuts vorgesehenen Entschädigung
anzuerkennen, einen Fehler gemacht, durch den ihm ein Schaden entstanden sei.
- 50.
- Schließlich beruft sich der Kläger auf alle anderen denkbaren Rechtsgründe nach
dem Grundsatz: Da mihi factum, dabo tibi ius.
- 51.
- Im übrigen hätten die Kommission und die von ihr beauftragte Versicherung
geradezu ein Interesse daran gehabt, die Entscheidung gemäß den Artikeln 19 und
20 der Unfallregelung möglichst lange hinauszuzögern und es darauf anzulegen, daß
der Beamte die Einholung eines Gutachtens des in Artikel 23 genannten
Ärzteausschusses beantrage. So sei es zu einer Vielzahl geringerer
Bearbeitungsstillstände gekommen, die nach der Rechtsprechung als normale
Bearbeitungsintervalle angesehen werden würden. Im vorliegenden Fall ergebe sich
aus den vorgelegten Dokumenten, daß die Kommission es im Zusammenwirken mit
Dr. Maglienti geradezu darauf angelegt haben könnte, seinen Antrag dilatorisch zu
behandeln.
- 52.
- Als Ersatz für seinen Schaden beantragt der Kläger nicht nur die Zahlung von
1 057 567 BFR zum Ausgleich der Geldentwertung zwischen dem Zeitpunkt seines
Unfalls und dem der Zahlung der Entschädigung gemäß Artikel 73 Absatz 2 des
Statuts, sondern auch die Zahlung von Verzugszinsen von 5 % bis 6 % aus diesem
Betrag ab 26. Oktober 1984. In seiner Erwiderung fügt er hinzu, daß dieser Antrag
auf Zahlung von Verzugszinsen seine Rechtfertigung in der rückwirkenden
Fälligkeit des Betrages finde, der ihm unter Berücksichtigung des Wortlauts des
Artikels 20 der Unfallregelung geschuldet werde. Er verweist zur Begründung des
Antrags auf Verzugszinsen im Fall der Zahlung einer vorläufigen Entschädigung auf
Artikel 11 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 88) der
deutschen Versicherungswirtschaft. Er beruft sich außerdem auf die Billigkeit, die
Ausdruck des Grundsatzes des guten Glaubens sei.
- 53.
- Hinsichtlich der übermäßigen Dauer der Bearbeitung seines Antrags wirft der
Kläger der Kommission zunächst ihre Untätigkeit in der Zeit vom 14. Mai 1986 bis
17. Januar 1992 vor. Er führt aus, sie habe auf seinen Antrag vom 14. Mai 1986
trotz ihrer Zusage vom 17. Juni 1986 erst am 17. Januar 1992 reagiert. Er weist auf
die verschiedenen Schritte hin, die er unternommen habe, um die Kommission stets
über seine Wohnsitze sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Italien auf dem
laufenden zu halten. Er behauptet, er habe am 5. November 1986 einen zweiten
Antrag an die Kommission gerichtet. Er bestreitet insbesondere die Behauptung
der Kommission, der für die Behandlung seines Falles von der Anstellungsbehörde
benannte Arzt Dr. Maglienti habe zwischen September und Dezember 1986
wiederholt versucht, ihn zu erreichen. Er rügt insoweit, die Kommission habe
Dr. Maglienti lediglich seine alte Adresse in Italien gegeben. In seiner Erwiderung
führt er aus, dieser habe ihm in dem Gespräch vom 7. Dezember 1993 mitgeteilt,
daß ihm seine Adresse in dem Zeitraum vom 15. September bis 15. Dezember 1986
nicht bekannt gewesen sei. Er bringt ferner sein Erstaunen darüber zum Ausdruck,
daß die Kommission ihm zu keinem Zeitpunkt vorgeschlagen habe, sich von einem
Arzt in den Vereinigten Staaten untersuchen zu lassen, obwohl dies das im Statut
vorgesehene normale Verfahren sei. Der Kläger weist außerdem darauf hin, daß
das Schreiben der Kommission vom 17. Januar 1992 von dem Versicherungsmakler
J. Van Breda et Cie International vom 29. November 1991 an die Kommission, in
dem dieser sie gefragt habe, wie in dieser Akte weiterverfahren werden solle,
ausgelöst worden sei.
- 54.
- Des weiteren beanstandet der Kläger das Verhalten der Kommission in der Zeit
vom 1. Juli 1992 bis 7. Dezember 1993. Er wirft ihr vor, auf sein Schreiben vom 1.
Juli 1992, in dem er seinen Aufenthalt in Italien im Oktober 1992 angekündigt
habe, nicht geantwortet zu haben. Er weist insoweit darauf hin, daß die
Kommission nicht vor Oktober 1992 reagiert habe. Denn das Schreiben der
Kommission, das ihm nicht ausgehändigt worden und mit dem Vermerk „Not
known“ zurückgekommen sei, datiere vom 13. November 1992. Er stellt ferner fest,
daß die späteren Schreiben der Kommission vom 12. Januar, 20. April und 29. Juni
1993 alle nach Italien, sei es an die Anschrift seiner Tochter in Brebbia, sei es an
die Anschrift seiner Freunde in Levanto, geschickt worden seien. Der Name des
Dr. Maglienti als des von der Anstellungsbehörde benannten Arztes sei erstmals
in dem Schreiben der Kommission vom 12. Januar 1993 erwähnt worden. Man
könne ihm somit nicht vorwerfen, nicht vor diesem Zeitpunkt mit diesem Kontakt
aufgenommen zu haben.
- 55.
- Die ärztliche Untersuchung bei Dr. Maglienti vom 7. Dezember 1993 habe vier
Minuten gedauert, und dieser habe keine Kenntnis von der Akte gehabt. Die
Kommission habe weitere sechs Monate gebraucht, um ihm am 19. Mai 1994 den
von Dr. Maglienti am 14. Dezember 1993 erstellten ärztlichen Bericht zu
übersenden. Dann habe es mehr als ein Jahr gedauert, bis der Ärzteausschuß,
dessen Befassung der Kläger am 1. August 1994 beantragt habe, ihn zu einer
Untersuchung am 27. Oktober 1995 geladen habe. Im Gutachten dieses
Ärzteausschusses sei obwohl Dr. Maglienti diesem angehört habe eine
Verschlimmerung der Verletzungen des Klägers festgestellt worden, die doppelt so
hoch gewesen sei wie die von Dr. Maglienti festgestellte. Auch habe der
Ärzteausschuß festgestellt, daß die Konsolidierung 1994 eingetreten sei. Die
Entscheidung, durch die dieses Gutachten bestätigt worden sei, sei erst am 28.
Februar 1996 erlassen worden. Auch habe die Kommission auf seine Beschwerde
vom 21. Februar 1997 nicht geantwortet, was die vorliegende Klage notwendig
gemacht habe.
- 56.
- Schließlich wirft der Kläger der Kommission vor, Dr. Maglienti in dieser
Angelegenheit benannt zu haben, obwohl sie gewußt habe, daß er bereits viele
Berichte abgegeben habe, die der Prüfung durch andere Sachverständige nicht
standgehalten hätten. Zwischen der Abfassung des Berichts von Dr. Maglienti am
14. Dezember 1993 und der des Gutachtens des Ärzteausschusses vom 27. Oktober
1995, das die Schlußfolgerungen des ersteren abgeändert habe, lägen zwei Jahre.
- 57.
- Die Kommission bestreitet, daß ihr bei der Bearbeitung des Antrags des Klägers
vom 14. Mai 1986 ein Fehler unterlaufen sei. Sie führt zur angeblich übermäßigen
Dauer der Bearbeitung dieses Antrags zunächst aus, das Verstreichen der Zeit
zwischen dem 14. Mai 1986 und dem 17. Januar 1992 sei Folge des Verhaltens des
Klägers selbst, der somit allein dafür verantwortlich sei. Dieser räume ein, sich bis
zum 15. September 1986 in den Vereinigten Staaten und vom 15. September bis
Dezember 1986 in Italien aufgehalten zu haben. Während dieses zweiten Zeitraums
habe Dr. Maglienti mehrfach vergeblich versucht, ihn zu erreichen. Die
Kommission fügt in der Gegenerwiderung hinzu, sie bezweifle, daß der Kläger sich
tatsächlich vom 15. September 1986 bis Dezember 1986 in Italien aufgehalten habe.
Jedenfalls habe er seit 1987 nicht mehr für eine Untersuchung durch Dr. Maglienti
zur Verfügung gestanden, da er in den Vereinigten Staaten gelebt habe. Auch habe
er sich in all diesen Jahren niemals an die zuständigen Stellen der Kommission
gewandt, um es diesen zu ermöglichen, seinen Antrag zu bearbeiten, indem er sich
einer Untersuchung durch Dr. Maglienti unterzog oder vorschlug, sich von einem
Arzt in den Vereinigten Staaten untersuchen zu lassen. Er habe somit ein ständiges
Desinteresse an der Bearbeitung seines Antrags gezeigt. In ihrer Gegenerwiderung
fügt die Kommission hinzu, der Kläger habe gewußt, daß es Dr. Maglienti war, der
ihn untersuchen sollte. Der Kläger habe nämlich in seinem Antrag vom 14. Mai
1986 ausdrücklich auf Artikel 22 der Unfallregelung Bezug genommen, der eine
Untersuchung durch den Vertrauensarzt des Organs vorsehe. Dr. Maglienti sei der
einzige Vertrauensarzt der Kommission in Ispra gewesen und habe den Kläger
nach seinem Unfall vom 6. März 1982 bereits dreimal, nämlich am 7. Februar 1984,
am 30. September 1984 und am 28. Februar 1985 untersucht.
- 58.
- Der Kläger habe auch nicht auf das Schreiben der Kommission vom 17. Januar
1992 reagiert. Die Kommission weist zudem nachdrücklich darauf hin, daß sie der
Antwort des Klägers vom 1. Juli 1992 außerdem entnommen habe, daß dieser sich
seit 1986 jedes Jahr mehrere Wochen in Italien aufgehalten habe. In ihrer
Gegenerwiderung führt die Kommission aus, für die Feststellung der Erhöhung
seines Invaliditätsgrads habe der Kläger nicht durch irgendeinen Arzt, sondern
durch den Arzt, der das Vertrauen der Kommission genieße, untersucht werden
müssen, wie sich aus den Artikeln 22 und 23 der Unfallregelung ergebe. Die
Kommission leitet daraus her, daß sie nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger
dort untersuchen zu lassen, wo er seinerzeit gewohnt habe, nämlich in den
Vereinigten Staaten.
- 59.
- Abschließend führt die Kommission aus, sie habe die Bearbeitung des Antrags des
Klägers auch nicht in der Zeit vom 17. Januar 1992 bis 25. April 1996, dem
Zeitpunkt der Auszahlung der Entschädigung an den Kläger, verzögert. Sie habe
den Kläger sowohl in ihrem Schreiben vom 17. Januar 1992 als auch in ihrem
Schreiben vom 4. Juni 1992 gebeten, ihr mitzuteilen, wann er sich in Italien
aufhalten werde. In der Antwort des Klägers vom 1. Juli 1992 sei nur von einem
Plan des Klägers die Rede gewesen, im Oktober 1992 in Italien zu sein. Ebenso sei
das Schreiben der Kommission vom 13. November 1992, in dem sie dem Kläger
mitgeteilt habe, daß es unmöglich sei, eine Untersuchung im Oktober
durchzuführen, mit dem Vermerk „Not known“ zurückgekommen. Sie habe des
weiteren vier Schreiben (vom 12. Januar 1993, 26. März 1993, 20. April 1993 und
29. Juni 1993) an den Kläger richten müssen, ehe er mit Dr. Maglienti einen
Termin für den 7. Dezember 1993 vereinbart habe. Die Kommission weist weiter
darauf hin, daß der Kläger die Anrufung des Ärzteausschusses beantragt habe. Sie
glaubt auch, dem Kläger in einer angemessenen Frist das Gutachten des
Ärzteausschusses übersandt und die Entschädigung ausgezahlt zu haben.
Abschließend weist die Kommission darauf hin, sie habe das Recht, den Arzt ihrer
Wahl zu benennen, so daß der Kläger ihr die Benennung von Dr. Maglienti nicht
vorwerfen könne. Sie führt aus, da er sich zwischen 1986 und 1992 nicht für eine
ärztliche Untersuchung zur Verfügung des Vertrauensarztes der Kommission
gehalten habe, obwohl er jedes Jahr mehrere Wochen in Italien verbracht habe,
habe er sich die Konsequenzen seines Verhaltens während dieses Zeitraums selbst
zuzuschreiben.
- 60.
- Die Kommission macht im übrigen geltend, sie habe die Bearbeitung des Antrags
des Klägers nach dem Erhalt des Gutachtens des Ärzteausschusses am 6.
November 1995 bis zur Auszahlung der Entschädigung am 25. April 1996
keineswegs verzögert.
- 61.
- Sie wendet sich weiter gegen das Vorbringen des Klägers zur Fälligkeit der in
Artikel 73 Absatz 2 Buchstabe c des Statuts vorgesehenen Entschädigung.
- 62.
- Desgleichen bestreitet die Kommission die Verletzung ihrer Fürsorgepflicht im
vorprozessualen Verfahren und erinnert daran, daß dieses Verfahren nach Erlaß
der Entscheidung vom 28. Februar 1996 begann und daß das Statut die
Anstellungsbehörde nicht verpflichte, auf einen Antrag oder eine Beschwerde zu
antworten. Auch habe sie ihre Fürsorgepflicht nicht dadurch verletzt, daß sie
Artikel 73 des Statuts angewandt habe, da es sich um eine zwingende Vorschrift
des Statuts handele.
- 63.
- Abschließend weist die Kommission darauf hin, daß ein so allgemeiner Verweis auf
alle anderen denkbaren Rechtsgrundlagen nicht zulässig sei; der Kläger sei
gehalten, seine Klagegründe im einzelnen anzugeben.
Würdigung des Gerichts
- 64.
- Die Haftung der Gemeinschaft setzt voraus, daß der Kläger die Rechtswidrigkeit
des der Kommission vorgeworfenen Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und
den Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem behaupteten
Schaden nachweist (Urteil des Gerichts vom 30. September 1998 in der
Rechtssache T-43/97, Adine-Blanc/Kommission, Randnr. 49, noch nicht in der
amtlichen Sammlung veröffentlicht).
- 65.
- Somit ist zu prüfen, ob die vom Kläger beanstandeten Verhaltensweisen der
Kommission zur Haftung der Gemeinschaft geführt haben, und der dem Kläger
möglicherweise entstandene Schaden zu beziffern.
- 66.
- Es ist jedoch daran zu erinnern, daß die Argumente des Klägers, mit denen er die
Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission vom 28. Februar 1966 bestritten
hat, unzulässig sind (siehe oben, Randnr. 44).
Das Verhalten der Kommission
- 67.
- Der Kläger stützt seine gesamte Argumentation auf die mangelnde Sorgfalt der
Kommission bei der Bearbeitung seines Antrags vom 14. Mai 1986. Aus diesem
angeblich fehlerhaften Verhalten der Kommission leitet er die Verletzung gegen
den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen die Beistands- und Fürsorgepflicht her.
Er beruft sich außerdem auf alle anderen denkbaren Klagegründe.
- 68.
- Vor einer Prüfung der Dauer der Bearbeitung des Antrags des Klägers vom 14.
Mai 1986 durch die Kommission ist darauf hinzuweisen, daß die Klageschrift gemäß
Artikel 19 Absatz 1 des Protokolls über die EG-Satzung des Gerichtshofes, der
gemäß Artikel 46 Absatz 1 dieser Satzung auf das Gericht anzuwenden ist, und
Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine kurze Darstellung der
Klagegründe enthalten muß. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, daß
dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die
Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen,
ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin die Klagegründe
bestehen, auf die die Klage gestützt wird, so daß ihre bloß abstrakte Nennung den
Erfordernissen der Satzung des Gerichtshofes und der Verfahrensordnung nicht
entspricht (Urteil des Gerichts vom 27. November 1997 in der Rechtssache
T-224/95, Tremblay/Kommission, Slg. 1997, II-2215, Randnr. 79). Folglich genügt
der bloße Hinweis auf alle denkbaren Klagegründe nach dem Motto „da mihi
factum dabo tibi ius“ nicht den Anforderungen der genannten Bestimmungen.
Dieses Vorbringen ist somit unzulässig.
- 69.
- Des weiteren ist festzustellen, daß die Bearbeitung eines Antrags nach Artikel 22
der Unfallregelung Pflichten und Rechte sowohl der Verwaltung als auch des
Antragstellers impliziert.
- 70.
- Die Verwaltung muß insbesondere gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen
Verwaltung einen derartigen Antrag unverzüglich beantworten. Sie verfügt nämlich
über die Mittel und die Erfahrung, die für die Behandlung eines solchen Antrags
erforderlich sind.
- 71.
- Der Antragsteller muß der Verwaltung seinerseits alle Angaben machen, die sie
braucht, um den Antrag unverzüglich und hinreichend unterrichtet zu entscheiden.
Er muß sich unter anderem aufgrund seiner Verpflichtung, loyal bei der
Bearbeitung seines Antrags mitzuwirken, für die in den anwendbaren
Bestimmungen vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen bereithalten. Denn
nach der Rechtsprechung ist der Umstand, daß der Beamte es an der normalen
Umsicht fehlen läßt und dadurch zur Verlängerung der gerügten Verzögerung
beiträgt, gegebenenfalls zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 1. Juli
1976 in der Rechtssache 58/75, Sergy/Kommission, Slg. 1976, 1139, Randnrn. 46
und 47). Diese Schlußfolgerung ergibt sich unmittelbar aus dem allgemeinen, den
Rechtssystemen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsatz, wonach der
Geschädigte sich in angemessener Form um die Begrenzung des Schadensumfangs
bemühen muß, wenn er nicht Gefahr laufen will, den Schaden selbst tragen zu
müssen (Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89
und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 33).
- 72.
- In der vorliegenden Rechtssache beanstandet der Kläger die Länge der Zeit, die
zwischen der Stellung seines Antrags am 14. Mai 1986 und der stillschweigenden
Zurückweisung seiner Beschwerde am 21. Juni 1997 verstrichen ist. Diese elf Jahre
bestehen jedoch aus vier Zeiträumen, die getrennt zu prüfen sind: Vom 14. Mai
1986 bis 1. Juli 1992, vom 1. Juli 1992 bis 19. Mai 1994, vom 19. Mai 1994 bis 25.
April 1996 und vom 25. April 1996 bis 21. Juni 1997.
- 73.
- Erstens ergibt sich aus den Schriftstücken, die die Parteien für den Zeitraum vom
14. Mai 1986 bis 1. Juli 1992 vorgelegt haben, daß, während die Kommission den
Eingang des Antrags des Klägers registriert hat, diese an ihren
Versicherungsmakler weitergeleitet hat, von den Interventionen des von der
Anstellungsbehörde benannten Arztes informiert worden ist und zweimal, nämlich
am 17. Januar und am 4. Juni 1992, wieder Verbindung aufnahm, sich der Kläger
damit begnügte, am 14. Mai 1986 seinen Antrag zu stellen, dem er die notwendigen
medizinischen Angaben beifügte, was die Kommission keineswegs bestritten hat.
- 74.
- Der Kläger behauptet, er habe die Kommission am 5. November 1986 schriftlich
an seinen Antrag erinnert, war jedoch nicht imstande, einen Urkundsbeweis dafür
zu erbringen. Auch die Kommission hat keine Kopie dieses Erinnerungsschreibens
in ihrer Verwaltungsakte gefunden. Folglich kann diesem nicht Rechnung getragen
werden.
- 75.
- Der Kläger trägt vor, in diesem Zeitraum habe der von der Anstellungsbehörde
benannte Arzt niemals versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen, und ihm sei die
Identität dieses Arztes nicht bekannt gewesen. Diese beiden Argumente sind
zurückzuweisen. Zum einen geht aus einer Notiz von Dr. Maglienti vom 8. Januar
1987 hervor, daß dieser zu jener Zeit immer noch versuchte, den Kläger zu einer
ärztlichen Untersuchung zu laden, und daß er über dessen Auslandsaufenthalte
unterrichtet war. Die Kommission erhielt am 4. Februar 1987 von dieser Notiz
Kenntnis (siehe oben, Randnr. 6). Zum anderen verfügte der Kläger, selbst wenn
man annimmt, daß ihm die Identität des von der Anstellungsbehörde benannten
Arztes nicht bekannt war, über alle erforderlichen Informationen, um mit der
Verwaltung der Forschungsanstalt Ispra Kontakt aufzunehmen, und daß es ihm
freistand, sich bei dieser nach dem Fortgang der Bearbeitung seines Antrags zu
erkundigen. Daß die Identität des von der Anstellungsbehörde genannten Arztes
dem Kläger zu dieser Zeit nicht bekannt war, ist somit unerheblich. Zudem zeigen
die eingereichten Schriftstücke, daß die Anstellungsbehörde diesen benannt hatte.
- 76.
- Der Umstand, daß der Kläger auf das Schreiben vom 17. Januar 1992 nicht reagiert
hat, läßt sich auch nicht mit der Anschrift erklären, an die dieses Schreiben gesandt
wurde, denn das zweite Schreiben vom 4. Juni 1992, auf das er geantwortet hat,
wurde an dieselbe Anschrift gesandt wie das erste.
- 77.
- Somit hat der Kläger, selbst wenn man davon ausgeht, daß Dr. Maglienti nicht
versucht hat, mit ihm Kontakt aufzunehmen, mindestens sechs Jahre und zwei
Monate nicht das geringste Interesse an der Bearbeitung seines Antrags bekundet.
Ebenso hat er in all diesen Jahren die Kommission nicht über seine jährlichen
Aufenthalte in Italien informiert, mit Ausnahme des Aufenthalts, den er in seinem
Antrag vom 14. Mai 1986 erwähnt. Die Kommission hat von diesen jährlichen
Aufenthalten des Klägers in Italien erst durch dessen Schreiben vom 1. Juli 1992
Kenntnis erlangt (siehe oben, Randnr. 11). Dagegen teilte der Kläger der
Verwaltung gemäß seinen Verpflichtungen im Rahmen seiner Versetzung in den
Ruhestand die Änderungen seiner Anschrift in den Vereinigten Staaten mit.
- 78.
- Während des ersten Zeitraums hat der Kläger somit keine besondere Sorgfalt für
die Behandlung seines Antrags aufgewandt. Das Verhalten des Klägers erscheint
um so weniger gerechtfertigt, als er von den Verfahrensschritten bei der
Bearbeitung seines Antrags auf Neubewertung des Grades seiner dauernden
Teilinvalidität, insbesondere von der Untersuchung durch den von der
Anstellungsbehörde dafür benannten Arzt, notwendigerweise Kenntnis hatte, denn
er verweist in seinem Antrag vom 14. Mai 1986 auf die Bestimmungen der
Unfallregelung. Die Kommission hat ihrerseits Beweis dafür angetreten, daß
Dr. Maglienti versucht hat, den Kläger zu erreichen und ihn ärztlich zu
untersuchen.
- 79.
- Außerdem mußte der Kläger, auch wenn ihm gewiß nicht vorgeworfen werden
kann, daß er sich an einem Ort aufhielt, der weit von dem Ort seiner früheren
Verwendung der Kommission entfernt war und außerhalb des Gemeinschaftsgebiets
lag, doch mehr als andere dafür Sorge tragen, der Kommission in Erfüllung seiner
Mitwirkungspflicht alle notwendigen Angaben zu machen und ihr insbesondere
mitzuteilen, wann er für eine ärztliche Untersuchung in Italien zur Verfügung
stehen würde. Er kann insoweit nicht von einer Verpflichtung der Kommission
ausgehen, die ärztliche Untersuchung am Aufenthaltsort des Beamten vornehmen
zu lassen, selbst wenn es sich um die Vereinigten Staaten handelt. Denn zum einen
muß, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, der von ihr benannte Arzt ihr
volles Vertrauen genießen. Zum anderen ist der Kläger, da es sich um seinen
Antrag handelt, aufgrund seiner Mitwirkungspflicht gehalten, sich für alle ärztlichen
Untersuchungen, die für die Bearbeitung seines Antrags erforderlich sind,
bereitzuhalten, ohne besondere, in den anwendbaren Vorschriften nicht
vorgesehene Bedingungen zu stellen.
- 80.
- Unter diesen Umständen kann die möglicherweise mangelnde Sorgfalt der
Kommission bei der Behandlung der Angelegenheit, auch wenn sie bewiesen wäre,
wegen des Verhaltens des Klägers selbst jedenfalls nicht zur Haftung der
Verwaltung führen (siehe oben, Randnr. 70). Sein vollständiges Desinteresse hat
tatsächlich zur Verlängerung der Dauer der Bearbeitung seines Antrags zwischen
dem 14. Mai 1986 und dem 1. Juli 1992 geführt.
- 81.
- Zweitens ergibt sich aus den den Zeitraum vom 1. Juli 1992 bis 19. Mai 1994
betreffenden Schriftstücken, daß der Kläger schließlich auf die Schreiben der
Kommission geantwortet und diese in seinem Schreiben vom 1. Juli 1992 mitgeteilt
hat, daß er beabsichtige, sich im Oktober 1992 nach Italien zu begeben, wobei er
die Adresse angab, an der er erreichbar wäre (siehe oben, Randnr. 11).
- 82.
- Die Kommission reagierte jedoch nicht rechtzeitig auf dieses Schreiben des Klägers.
Tatsächlich teilte sie ihm am 13. November 1992 mit, daß es nicht möglich gewesen
sei, die ärztliche Untersuchung im Oktober 1992 zu organisieren. Dadurch hat die
Kommission gegen ihre Verpflichtung verstoßen, den Antrag des Klägers mit der
gebührenden Sorgfalt zu bearbeiten. Denn anders als in den ersten sechs Jahren
hatte der Kläger hier der Kommission Gelegenheit gegeben, die ärztliche
Untersuchung während seines Aufenthalts in Italien im Oktober 1992 zu
organisieren.
- 83.
- Entgegen ihren Aussagen während der mündlichen Verhandlung kann sich die
Kommission nunmehr weder zur Rechtfertigung ihres Schreibens darauf berufen,
daß aus dem Schreiben des Klägers vom 1. Juli 1992 nicht mit Sicherheit
hervorgegangen sei, daß dieser sich im Oktober 1992 in Italien aufhalten werde,
noch kann sie auf die Auswirkungen der Urlaubszeit in Italien verweisen. Das
Schreiben des Klägers vom 1. Juli 1992 stellt eine Initiative des Klägers dar, die die
Kommission zu berücksichtigen hatte, und eine Urlaubszeit kann unabhängig von
ihrer Natur und von dem betroffenen Ort als solche nicht eine mangelnde Sorgfalt
der Gemeinschaftsverwaltung rechtfertigen, die möglicherweise die Rechte eines
ihrer Bediensteten beeinträchtigt und zur Haftung der Verwaltung ihm gegenüber
führt.
- 84.
- Folglich hat die Kommission dadurch, daß sie nicht rechtzeitig auf die Initiative des
Klägers reagiert hat, gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen und dadurch eine
überflüssige Verzögerung der Überarbeitung seines Antrags bewirkt. Aufgrund der
besonderen Umstände dieses Falles entspricht die durch das fahrlässige Verhalten
der Klägerin bewirkte Verzögerung zumindest der Zeitspanne, die zwischen dem
Zeitpunkt des vom Kläger geplanten Aufenthalts in Italien, der für die Vornahme
der ärztlichen Untersuchung hätte genutzt werden können, und dem Zeitpunktliegt, als diese tatsächlich stattfand, nämlich vom 1. Oktober 1992 bis 7. Dezember
1993. Denn unabhängig von der Haltung des Klägers während dieses Zeitraums von
vierzehn Monaten ist davon auszugehen, daß der Ablauf dieser Zeitspanne auf der
Nachlässigkeit der Kommission beruht. Diese kann sich aufgrund der Umstände des
vorliegenden Falles nicht darauf berufen, daß der Kläger sich nicht vor Oktober
1992 nach der Antwort der Kommission auf seinen Vorschlag vom 1. Juli 1992
erkundigt hat.
- 85.
- Dagegen kann der Kommission für den Zeitraum vom 7. Dezember 1993 bis 19.
Mai 1994 keine mangelnde Sorgfalt bei der Bearbeitung des Antrags des Klägers
vorgeworfen werden. Während dieses Zeitraums von fünf Monaten gab Dr.
Maglienti sein Gutachten ab, erarbeitete die Anstellungsbehörde einen
Entscheidungsentwurf, in dem sie dem Ergebnis des ärztlichen Gutachtens von Dr.
Maglienti beipflichtete und vorschlug, eine Erhöhung des Grades der dauernden
Teilinvalidität des Klägers um 7 % anzuerkennen, und stellte diesen Entwurf
gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Unfallregelung dem Kläger zu (siehe oben,
Randnrn. 17 bis 19). Der Ablauf einer Frist von fünf Monaten für die Prüfung des
Ergebnisses eines ärztlichen Gutachtens und die Zustellung eines
Entscheidungsentwurfs gemäß Artikel 21 Absatz 1 zur Unfallregelung ist als
angemessen anzusehen.
- 86.
- Drittens findet der Bearbeitungszeitraum vom 19. Mai 1994 bis 25. April 1996 nach
den Akten seine Erklärung darin, daß der Kläger sein Recht, gemäß Artikel 21
Absatz 2 der Unfallregelung ein Gutachten des Ärzteausschusses zu beantragen,
ausgeübt hat, und daß dieser Ärzteausschuß tätig geworden ist, die Kommission
eine Entscheidung erlassen hat und die vom Kläger verlangte Entschädigung
ausgezahlt wurde.
- 87.
- Diese Verlängerung des Verfahrens, nämlich das Tätigwerden des
Ärzteausschusses, ergibt sich aus einer Initiative des Klägers. Dieser kann die
Kommission jetzt nicht dafür verantwortlich machen, es sei denn, er legt dar, daß
deren Verhalten die Intervention des Ärzteausschusses ausgelöst oder die Arbeit
dieses Ausschusses verzögert hat.
- 88.
- Der Kläger hat das Verhalten und die angeblich notorische Inkompetenz des Dr.
Maglienti gerügt, die u. a. das Tätigwerden des Ärzteausschusses erforderlich
gemacht hätten. Er ist der Auffassung, daß die Kommission für die aufgrund seiner
Ernennung entstandenen Verzögerungen verantwortlich sei. Abgesehen davon, daß
die Kritik des Klägers auf keinen konkreten Beweis gestützt wird und somit einer
bloßen Behauptung gleichzustellen ist, enthalten die Akten keinen Hinweis darauf,
daß Dr. Maglienti auf Betreiben der Kommission durch seine Tätigkeit das
Verfahren auf die eine oder andere Art verzögert hat.
- 89.
- Der Kläger beanstandet außerdem das Verhalten der Kommission bei der
Benennung der Mitglieder des Ärzteausschusses. Er verweist insbesondere in
Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts und einer Frage in der
mündlichen Verhandlung auf die Zeit, die die Kommission gebraucht habe, um den
mit ihrer Vertretung beauftragten Arzt zu benennen und dem Kläger seine
Identität bekanntzugeben.
- 90.
- Wie sich aus den Antworten der Parteien auf die schriftlichen Fragen des Gerichts
und auf die in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen ergibt, forderte die
Kommission den Kläger gemäß Artikel 23 der Unfallregelung im Anschluß an
dessen Antrag vom 1. August 1994 auf, den Arzt zu benennen, der ihn im
Ärzteausschuß vertreten sollte. Der Kläger übermittelte am 20. März 1995 Name
und Anschrift von Dr. Giovannucci. Die Kommission unterrichtete diesen am 18.
Juli 1995 von seiner Benennung und bat ihn, sich mit dem als Vertreter der
Kommission benannten Dr. Maglienti in Verbindung zu setzen, um gemäß Artikel
23 der Unfallregelung das dritte Mitglied des Ärzteausschusses zu benennen. Am
4. September 1995 wurde Dr. Mazzetti von seiner Benennung als dritter Arzt
unterrichtet. Es sind also mehr als dreizehn Monate bis zur Bildung des
Ärzteausschusses vergangen, davon viereinhalb Monate (vom 1. August 1994 bis 18.
Januar 1995) bis die Kommission den Kläger aufforderte, ihr Namen und Anschrift
des von ihm zu seiner Vertretung benannten Arztes anzugeben, und vier Monate
(vom 20. März 1995 bis 18. Juli 1995) bis die Kommission den vom Kläger
benannten Arzt in seiner Eigenschaft als Mitglied des Ärzteausschusses bestätigt
und ihm in Hinblick auf die Benennung des dritten Arztes Namen und Anschrift
des von ihr selbst als Vertreter benannten Arztes mitgeteilt hat.
- 91.
- Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung versucht, diese für derartige
Vorgänge ungewöhnlich langen Zeiträume damit zu rechtfertigen, daß der Kläger
in seinem Antrag vom 1. August 1994 auf Befassung des Ärzteausschusses keinen
Arzt seines Vertrauens benannt habe.
- 92.
- Der Auslegung der Unfallregelung, auf die sich die Kommission zur Rechtfertigung
dieser Verzögerungen stützt, kann nicht zugestimmt werden. Denn die Verwaltung
muß unter Berücksichtigung der Mittel und der Erfahrung, über die sie verfügt, das
Verfahren der Benennung der Mitglieder eines solchen Ärzteausschusses in die
Hand nehmen, auch wenn die Unfallregelung dies nicht ausdrücklich vorschreibt.
Im übrigen ist der Beamte, der die Anrufung eines Ärzteausschusses beantragt,
nach den Artikeln 22 und 23 der Unfallregelung nicht verpflichtet, einen Arzt
seines Vertrauens zu benennen.
- 93.
- Folglich kann die Kommission eine derartige Verzögerung nicht damit erklären,
daß der Kläger in seinem ursprünglichen Antrag auf Befassung des
Ärzteausschusses keinen Arzt seines Vertrauens benannt hat. Dasselbe gilt für den
Zeitraum, der verstrichen ist, bis die Benennung des Vertrauensarztes des Klägers
bestätigt und dieser aufgefordert wurde, sich im Hinblick auf die Benennung des
dritten Arztes mit dem von der Verwaltung benannten Arzt in Verbindung zu
setzen. Diese Zeiträume können nicht als für die Vornahme derartiger Handlung
angemessen angesehen werden. Somit ist davon auszugehen, daß das Verfahren der
Behandlung des Antrags des Klägers durch mangelnde Sorgfalt, die ausschließlich
der Kommission anzulasten ist, um sechs Monate verlängert wurde.
- 94.
- Dagegen kann den Mitgliedern des Ärzteausschusses nicht vorgeworfen werden, sie
hätten das Verfahren verzögert. Zwischen der Benennung des dritten Mitglieds
dieses Ärzteausschusses am 4. September 1995 und dem Tag, an dem dieser sein
Gutachten abgegeben hat (6. November 1995), sind kaum zwei Monate vergangen.
Während dieses Zeitraums, nämlich am 27. Oktober 1995, wurde der Kläger noch
vom Ärzteausschuß untersucht.
- 95.
- Zwischen der Abgabe des Gutachtens des Ärzteausschusses (am 6. November
1995) und dem Erlaß der Entscheidung der Kommission, durch die eine Erhöhung
des Grades der dauernden Teilinvalidität des Klägers um 14 % anerkannt wurde
(28. Februar 1996), vergingen mehr als drei Monate. Dieser Zeitraum kann nicht
als unangemessen angesehen werden, da er insbesondere den Erlaß einer
endgültigen Entscheidung der Kommission über die Gewährung einer
Entschädigung umfaßt. Die weitere Verzögerung um zwei Monate seit Erlaß der
Entscheidung vom 28. Februar 1996 bis zur tatsächlichen Einzahlung der
Entschädigung auf dem Bankkonto des Klägers am 25. April 1996 erklärt sich
daraus, daß die Kommission diesen erst nach seiner Bankverbindung fragen mußte.
Auch diese Verzögerung spiegelt somit kein rechtswidriges Verhalten der
Kommission gegenüber dem Kläger wider.
- 96.
- Viertens muß die Zeit nach dem 25. April 1996 bei der Bewertung des Schadens
außer Betracht bleiben, der dem Kläger angeblich durch die Verzögerung der
Behandlung seines Antrags auf Neufestsetzung des Grades seiner dauernden
Teilinvalidität entstanden ist. Zunächst liegt dieser Zeitraum nach der Zahlung der
dieser Erhöhung entsprechenden Entschädigung. Zudem erklärt sich dieser
Zeitraum aus dem Lauf der in Artikel 90 des Statuts festgelegten Verfahrensfristen.
Der Ablauf von drei Monaten vom 25. April 1996 bis 17. Juli 1996 ist außerdem
allein auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen. Schließlich sind die
Argumente, mit denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom 28. Februar 1996
u. a. hinsichtlich der Anwendung des Artikels 73 Absatz 2 des Statuts bestritten
wird, unzulässig (siehe oben, Randnr. 44). In jedem Fall ist darauf hinzuweisen, daß
der Kläger das Ergebnis, zu dem der Ärzteausschuß bei der Festsetzung des
Grades der Verschlimmerung seiner dauernden Teilinvalidität gelangt ist,
keineswegs bestritten hat.
- 97.
- Zwar hat nach alledem der Kläger, der es an der normalen Sorgfalt fehlen ließ, die
von einem Beamten, der aufgrund des Artikels 22 der Unfallregelung tätig wird,
verlangt werden kann, selbst einen Großteil der Verzögerungen zu verantworten,
zu denen es bei der Behandlung seines Antrags kam, bevor die in Artikel 73 des
Statuts vorgesehene Entschädigung ausgezahlt wurde. Zwei Verzögerungen beruhen
jedoch auf der mangelnden Sorgfalt der Kommission: die erste Verzögerung von
vierzehn Monaten zwischen dem 1. Oktober 1992 und dem 7. Dezember 1993
(siehe oben, Randnrn. 81 bis 84) und die zweite Verzögerung von sechs Monaten
vom 1. August 1994 bis 4. September 1995 bei der Zusammensetzung des
Ärzteausschusses (siehe oben, Randnrn. 88 bis 93).
- 98.
- Der Kläger kann jedoch aus dieser mangelnden Sorgfalt der Kommission bei der
Behandlung seines Antrags vom 14. Mai 1986 keinen Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten, der sich aus der strengen Anwendung des
Artikels 73 des Statuts ergibt. Denn dieses Vorbringen ist insoweit unzulässig, als
es sich tatsächlich gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom 28. Februar
1996 richtet, durch die ihm gemäß Artikel 73 des Statuts eine Entschädigung von
1 320 157 BFR gewährt wurde (siehe oben, Randnrn. 44).
- 99.
- Dagegen kommt die oben in Randnummer 97 beschriebene mangelnde Sorgfalt der
Kommission bei der Behandlung des Antrags des Klägers vom 14. Mai 1986 einer
Verletzung der Fürsorgepflicht gleich, die der Kommission gegenüber dem Kläger
während der Bearbeitung seines Antrags obliegt. Denn nach ständiger
Rechtsprechung spiegelt die Fürsorgepflicht der Verwaltung gegenüber ihren
Bediensteten, auch wenn sie nicht im Statut erwähnt wird, das Gleichgewicht
zwischen den wechselseitigen Rechten und Pflichten wider, das das Statut in den
Beziehungen zwischen der Behörde und den Beamten geschaffen hat. Diese Pflicht
erfordert insbesondere, daß die Behörde bei der Entscheidung über die Stellung
eines Beamten alle Gesichtspunkte berücksichtigt, die geeignet sind, sie in ihrer
Entscheidung zu leiten, und dabei nicht nur das dienstliche Interesse, sondern auch
dasjenige des betroffenen Beamten berücksichtigt (Urteile des Gerichtshofes vom
23. Oktober 1986 in der Rechtssache 321/85, Schwiering/Rechnungshof, Slg. 1986,
3199, Randnr. 18, vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-298/93 P,
Klinke/Gerichtshof, Slg. 1994, I-3009, Randnr. 38, und des Gerichts vom 16. März
1993 in den Rechtssachen T-33/89 und T-74/89, Blackmann/Parlament, Slg. 1993,
II-249, Randnr. 96). Die Kontrolle des Gemeinschaftsrichters muß sich jedoch
aufgrund des weiten Ermessens, über das die Organe bei der Beurteilung des
dienstlichen Interesses verfügen, auf die Frage beschränken, ob das betreffende
Organ sich in vernünftigen Grenzen gehalten und sein Ermessen nicht offensichtlich
falsch ausgeübt hat (Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in der
Rechtssache T-3/96, Haas u. a./Kommission, Randnr. 53, noch nicht in der
amtlichen Sammlung veröffentlicht). Im vorliegenden Fall hat die Prüfung der
Rechtssache es ermöglicht, festzustellen, inwieweit die Kommission die Grenzen des
weiten Ermessens, über das sie in diesem Bereich verfügt, beachtet hat. Der
Verstoß gegen ihre Fürsorgepflicht entspricht ihrer mangelnden Sorgfalt bei der
Behandlung des Antrags des Klägers vom 14. Mai 1986. Die Kommission hat
dadurch gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen, daß sie dem Antrag des Klägers bei
zwei besonderen Gelegenheiten nicht die erforderliche Aufmerksamkeit gewidmet
hat. Sie war im übrigen nicht in der Lage, ein wie auch immer geartetes dienstliches
Interesse geltend zu machen, das geeignet gewesen wäre, die unangemessenen
Verzögerungen des Verfahrens der Behandlung des Antrags des Klägers zu
rechtfertigen.
- 100.
- Im übrigen sind die Argumente des Klägers betreffend die Verletzung der
Beistands- und Fürsorgepflicht der Kommission zurückzuweisen. Denn abgesehen
davon, daß die meisten dieser Argumente unzulässig sind, da sie die Anwendung
von Vorschriften des Statuts und der Unfallregelung auf den Antrag des Klägers
vom 14. Mai 1986 in Frage stellen (siehe oben, Randnr. 44), ist daran zu erinnern,
daß die in Artikel 24 des Statuts festgelegte Beistandspflicht der Kommission
gegenüber ihrem Personal diese verpflichtet, ihren Beamten Beistand zu leisten,
insbesondere bei Angriffen oder Drohungen, denen sie aufgrund ihrer
Dienststellung oder ihres Amtes ausgesetzt sind (vgl. Urteil Klinke/Gerichtshof,
Randnr. 37). Gegenstand der Beistandspflicht ist somit nicht die Verteidigung des
Beamten gegen Handlungen des Organs selbst, für deren Überprüfung andere
Bestimmungen des Statuts gelten (Urteil des Gerichts vom 18. Februar 1993 in der
Rechtssache T-45/91, Mc Avoy/Parlament, Slg. 1993, II-83, Randnr. 60). Im
folgenden Fall beanstandet der Kläger aber gerade ein Verhalten der Kommission,
das er für falsch hält, um den Beistand der Kommission zu erbitten. Somit kann
von einer Verletzung der in Artikel 24 des Statuts verankerten Beistandspflicht der
Kommission keine Rede sein.
- 101.
- Auch die Anschuldigungen des Klägers, die Kommission und die Versicherer hättenentgegen der Billigkeit und dem guten Glauben die Kosten ihrer Interventionen
senken wollen, beruhen auf keinem konkreten Beweis. Sie sind somit
zurückzuweisen.
Der Schaden
- 102.
- Nach dem Vorbringen des Klägers entspricht der Schaden, den er aufgrund der
beanstandeten Verzögerung der Behandlung seines Antrags vom 14. Mai 1986
erlitten habe, der Differenz zwischen dem Betrag der erhaltenen Entschädigung,
die auf der Grundlage seiner Einkünfte in dem Jahr vor seinem Unfall vom 6.
Oktober 1982 berechnet worden sei, und dem Betrag einer gleichartigen
Entschädigung, die auf der Grundlage der Einkünfte eines Beamten, der einen
gleichwertigen Posten innehabe, in dem Jahr vor der Auszahlung der
Entschädigung am 25. April 1996 berechnet werde. Außerdem habe er Anspruch
auf Verzugszinsen auf diesen Betrag seit dem 26. Oktober 1984.
- 103.
- Der dem Kläger tatsächlich entstandene Schaden entspricht jedoch, wenn man das
wahre Ausmaß des rechtswidrigen Verhaltens der Kommission bei der Behandlung
seines Antrags vom 14. Mai 1986 berücksichtigt, den Einkünften, die der Betrag der
am 25. April 1996 ausgezahlten Entschädigung der als solcher unanfechtbar
geworden ist (siehe oben, Randnr. 44) hätte erbringen können, wenn die
Kommission sich nicht rechtswidrig verhalten hätte.
- 104.
- Im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung gemäß Artikel 91
Absatz 1 des Statuts erachtet das Gericht, daß dem Kläger der ihm aufgrund
unangemessener Verzögerungen der Behandlung seines Antrags vom 14. Mai 1986
entstandene Schaden wie folgt zu ersetzen ist: Der zu leistende Schadensersatz
entspricht der Summe der während eines Zeitraums von zwanzig Monaten
anfallenden Zinsen von dem Betrag der dem Kläger am 25. April 1996
ausgezahlten Entschädigung (1 320 157 BFR), berechnet entsprechend dem
Wunsch des Klägers zu einem Zinssatz von 5 %.
- 105.
- Auf diesen Betrag sind Verzugszinsen von 5 % p. a. vom 25. April 1996 bis zur
tatsächlichen Zahlung dieses Betrages auf das Bankkonto des Klägers zu zahlen.
- 106.
- Nach alledem ist die Klage insoweit begründet, als sie auf Ersatz des Schadens
gerichtet ist, der dem Kläger durch die zwanzigmonatige Verzögerung der
Behandlung seines Antrags vom 14.Mai 1986 auf die Neubewertung des Grades
seiner dauernden Teilinvalidität entstanden ist. Im übrigen ist die Klage
abzuweisen.
- 107.
- Die Kommission ist sonach zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 5 % Zinsen
von dem dem Kläger am 25. April 1996 gezahlten Betrag (1 320 157 BFR)
während zwanzig Monaten (siehe oben, Randnr. 104) zuzüglich 5 % Verzugszinsen
von diesem Betrag vom 25. April 1996 bis zur tatsächlichen Zahlung dieses
Betrages an den Kläger (siehe oben, Randnr. 105) zu verurteilen.
Kosten
- 108.
- Die Kommission hat das Gericht in ihrer Gegenerwiderung ersucht, dem Kläger
alle Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Kommission aufzuerlegen,
da der Kläger sie für sein eignes Verhalten zwischen 1986 und 1992 verantwortlich
machen wolle und so weit gegangen sei, die Kommission zu beschuldigen, sie habe
die Behandlung seiner Akte absichtlich verzögert, um finanzielle Vorteile zu
erlangen.
- 109.
- Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag
zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 87 § 3 Absatz 1 kann das
Gericht jedoch die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen
Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. Nach Artikel 88 der
Verfahrensordnung tragen die Organe in den Streitsachen zwischen den
Gemeinschaften und deren Bediensteten ihre Kosten selbst.
- 110.
- Im vorliegenden Fall ist die Klage teilweise begründet. Deshalb ist die Kommission,
die mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen ist, zur Tragung ihrer eigenen
Kosten sowie der Hälfte der Kosten des Klägers zu verurteilen, da dieser beantragt
hat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Kommission wird zur Zahlung eines Betrages in Höhe der während
eines Zeitraums von zwanzig Monaten zu einem Zinssatz von 5 % p. a.
anfallenden Zinsen von der dem Kläger am 25. April 1996 geleisteten
Entschädigung zuzüglich der von diesem Betrag ab 25. April 1996 bis zur
tatsächlichen Zahlung anfallenden 5 % Verzugszinsen verurteilt.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten des
Klägers.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. März 1999.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
M. Jaeger