Language of document : ECLI:EU:C:2016:838

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

8. November 2016(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 92/43/EWG – Erhaltung der natürlichen Lebensräume – Art. 6 Abs. 3 – Übereinkommen von Århus – Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten – Art. 6 und 9 – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Vorhaben der Errichtung einer Einzäunung – Schutzgebiet Strážovské vrchy – Verwaltungsverfahren zur Genehmigung – Umweltschutzorganisation – Antrag auf Zuerkennung der Stellung eines Verfahrensbeteiligten – Zurückweisung – Gerichtliche Klage“

In der Rechtssache C‑243/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik, Slowakei) mit Entscheidung vom 14. April 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Mai 2015, in dem Verfahren

Lesoochranárske zoskupenie VLK

gegen

Obvodný úrad Trenčín,

Beteiligte:

Biely potok a.s.,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, T. von Danwitz, J. L. da Cruz Vilaça und E. Juhász, der Kammerpräsidentinnen M. Berger und A. Prechal (Berichterstatterin), der Kammerpräsidenten M. Vilaras und E. Regan sowie der Richter A. Rosas, A. Borg Barthet, J. Malenovský, E. Jarašiūnas und C. Lycourgos,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Lesoochranárske zoskupenie VLK, vertreten durch I. Rajtáková, advokátka,

–        der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová und M. Kianička als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár und L. Pignataro-Nolin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. Juni 2016

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 9 des am 25. Juni 1998 in Århus unterzeichneten und im Namen der Europäischen Gemeinschaft mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Århus).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lesoochranárske zoskupenie VLK (Vereinigung für den Schutz der Wälder VLK, im Folgenden LZ), einer Umweltschutzorganisation nach slowakischem Recht, und der Obvodný úrad Trenčín (Stadtbezirksamt Trenčín, Slowakei) wegen des Antrags dieser Organisation, ihr die Stellung einer Beteiligten am Verwaltungsverfahren über einen Antrag auf Genehmigung eines Vorhabens der Errichtung einer Einzäunung im Hinblick auf die Erweiterung eines Wildgeheges in einem Schutzgebiet zuzuerkennen.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

3        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) Nrn. 4 und 5 des Übereinkommens von Århus sieht vor:

„Im Sinne dieses Übereinkommens

4.      bedeutet ‚Öffentlichkeit‘ eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

5.      bedeutet ‚betroffene Öffentlichkeit‘ die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse“.

4        Art. 6 („Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten“) des Übereinkommens bestimmt:

„(1)      Jede Vertragspartei

b)      wendet diesen Artikel in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet;

(2)      Die betroffene Öffentlichkeit wird im Rahmen umweltbezogener Entscheidungsverfahren je nach Zweckmäßigkeit durch öffentliche Bekanntmachung oder Einzelnen gegenüber in sachgerechter, rechtzeitiger und effektiver Weise frühzeitig unter anderem über Folgendes informiert: …

(3)      Die Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung sehen jeweils einen angemessenen zeitlichen Rahmen für die verschiedenen Phasen vor, damit ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um die Öffentlichkeit nach Absatz 2 zu informieren, und damit der Öffentlichkeit ausreichend Zeit zur effektiven Vorbereitung und Beteiligung während des umweltbezogenen Entscheidungsverfahrens gegeben wird.

(4)      Jede Vertragspartei sorgt für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann.

(5)      Jede Vertragspartei sollte, soweit angemessen, künftige Antragsteller dazu ermutigen, die betroffene Öffentlichkeit zu ermitteln, Gespräche aufzunehmen und über den Zweck ihres Antrags zu informieren, bevor der Antrag auf Genehmigung gestellt wird.

(6)      Jede Vertragspartei verpflichtet die zuständigen Behörden, der betroffenen Öffentlichkeit – auf Antrag, sofern innerstaatliches Recht dies vorschreibt – gebührenfrei und sobald verfügbar Zugang zur Einsichtnahme aller Informationen zu gewähren, die für die in diesem Artikel genannten Entscheidungsverfahren relevant sind und zum Zeitpunkt des Verfahrens zur Öffentlichkeitsbeteiligung zur Verfügung stehen; das Recht der Vertragsparteien, die Bekanntgabe bestimmter Informationen nach Art. 4 Abs. 3 und 4 abzulehnen, bleibt hiervon unberührt. …

(7)      In Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, alle von ihr für die geplante Tätigkeit als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder gegebenenfalls, während einer öffentlichen Anhörung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen.

…“

5        Art. 9 („Zugang zu Gerichten“) des Übereinkommens von Århus sieht in den Abs. 2 bis 4 vor:

„(2)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

a)      die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b)      eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder nichtstaatlichen Organisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

(3)      Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4)      Zusätzlich und unbeschadet des Absatzes 1 stellen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Verfahren angemessenen und effektiven Rechtsschutz und, soweit angemessen, auch vorläufigen Rechtsschutz sicher; diese Verfahren sind fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer. Entscheidungen nach diesem Artikel werden in Schriftform getroffen oder festgehalten. Gerichtsentscheidungen und möglichst auch Entscheidungen anderer Stellen sind öffentlich zugänglich.“

 Unionsrecht

6        Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in der durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. 2006, L 363, S. 368) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 92/43) lautet:

„Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.“

7        Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/43 sieht vor:

„Es wird ein kohärentes europäisches ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung ‚Natura 2000‘ errichtet. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhang II umfassen, und muss den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten.

Das Netz ‚Natura 2000‘ umfasst auch die von den Mitgliedstaaten aufgrund der Richtlinie 79/409/EWG [des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. 1979, L 103, S. 1)] ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete.“

8        Art. 4 der Richtlinie 92/43 bestimmt:

„(1)      Anhand der in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen legt jeder Mitgliedstaat eine Liste von Gebieten vor, in der die in diesen Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und einheimischen Arten des Anhangs II aufgeführt sind. …

Binnen drei Jahren nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie wird der Kommission diese Liste gleichzeitig mit den Informationen über die einzelnen Gebiete zugeleitet. …

(2)      Auf der Grundlage der in Anhang III (Phase 2) festgelegten Kriterien und im Rahmen der neun in Artikel 1 Buchstabe c) Ziffer iii) erwähnten biogeographischen Regionen sowie des in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gesamtgebietes erstellt die Kommission jeweils im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten aus den Listen der Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind.

Die Liste der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt wurden und in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind, wird von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 festgelegt.

(4)      Ist ein Gebiet aufgrund des in Absatz 2 genannten Verfahrens als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichnet worden, so weist der betreffende Mitgliedstaat dieses Gebiet so schnell wie möglich … als besonderes Schutzgebiet aus …

(5)      Sobald ein Gebiet in die Liste des Absatzes 2 Unterabsatz 3 aufgenommen ist, unterliegt es den Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2, 3 und 4.“

9        Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 bestimmt:

„Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.“

10      Art. 7 der Richtlinie sieht vor:

„Was die nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie [79/409] zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Artikel 4 Absatz 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der vorliegenden Richtlinie ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der Richtlinie [79/409] zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 der Richtlinie [79/409] ergeben.“

 Slowakisches Recht

11      § 13 Abs. 2 des Zákon č. 543/2002 Z.z. o ochrane prírody a krajiny (Gesetz Nr. 543/2002 über den Natur- und Landschaftsschutz) bestimmt:

„In einem Gebiet der zweiten Schutzstufe ist die Genehmigung der Naturschutzbehörde für folgende Maßnahmen erforderlich

d)      für die Einzäunung des Grundstücks außerhalb des bebaubaren Gebiets einer Gemeinde, ausgenommen die Einzäunung von Forstbaumschulen, Obstgärten und Weinbergen.

…“

12      § 82 Abs. 3 dieses Gesetzes bestimmt:

„… Beteiligter am Verfahren über die Erteilung einer Genehmigung oder die Gewährung einer Ausnahme ist nur der Antragsteller, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. … Jede Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit, die seit mindestens einem Jahr für den Natur- und Landschaftsschutz wirkt … und ihre Beteiligung am Verfahren spätestens sieben Tage nach der Mitteilung gemäß Abs. 7 mitteilt, ist Betroffener.“

13      In der geänderten Fassung, die seit 1. Dezember 2011 in Kraft ist, sieht diese Bestimmung vor:

„Beteiligter am Verfahren über die Erteilung einer Genehmigung oder die Gewährung einer Ausnahme ist nur der Antragsteller, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. … Vereinigungen mit Rechtspersönlichkeit, deren Hauptzweck während eines Zeitraums von mindestens einem Jahr der Umweltschutz ist … und die vorab beantragt haben, am Verfahren beteiligt zu werden …, sind Verfahrensbeteiligte …, wenn sie ihr Interesse daran, Beteiligte zu sein, am Anfang des Verwaltungsverfahrens schriftlich oder elektronisch bestätigt haben; die Erklärung ist der zuständigen Naturschutzbehörde innerhalb der Frist zu übermitteln, die hierzu von der fraglichen Behörde bestimmt und gleichzeitig mit den Informationen über die Eröffnung des Verfahrens als ein die durch dieses Gesetz geschützten Interessen der Natur und der natürlichen Räume möglicherweise beeinträchtigendes Verfahren mitgeteilt worden ist …“

14      § 14 des Správny poriadok (Verwaltungsverfahrensgesetz) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung bestimmt:

„(1)      Beteiligter am Verfahren ist, wessen Rechte, rechtlich geschützte Interessen oder Pflichten Gegenstand der behördlichen Handlung sein sollen oder wessen Rechte, rechtlich geschützte Interessen oder Pflichten durch die Entscheidung unmittelbar berührt sein können; Verfahrensbeteiligter ist auch, wer geltend macht, dass er durch die Entscheidung in seinen Rechten, rechtlich geschützten Interessen oder Pflichten unmittelbar berührt sein kann, und zwar bis zum Beweis des Gegenteils.

(2)      Verfahrensbeteiligter ist auch, wem durch besonderes Gesetz eine solche Stellung verliehen wird.“

15      Nach § 15a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes hat ein „Beteiligter“ das Recht, über die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens informiert zu werden, die von den Parteien des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Unterlagen einzusehen, an den Anhörungen und der Einnahme eines Augenscheins an Ort und Stelle teilzunehmen, Beweise anzuregen und auf andere Aspekte als Grundlage für die Entscheidung hinzuweisen.

16      § 250b Abs. 2 und 3 der Občiansky súdny poriadok (Zivilprozessordnung) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung sieht vor:

„(2)      Wird die Klage von einer Person eingereicht, die behauptet, dass ihr die Entscheidung der Verwaltungsbehörde nicht zugestellt worden ist, obwohl sie am Verfahren beteiligt werden müsse, überprüft das Gericht die Richtigkeit dieser Behauptung, fordert die Verwaltungsbehörde auf, diesem Beteiligten die behördliche Entscheidung zuzustellen, und ordnet gegebenenfalls die Aussetzung ihrer Vollstreckbarkeit an. Die Verwaltungsbehörde ist an diese Auffassung des Gerichts gebunden. Nach der Zustellung reicht die Verwaltungsbehörde die Akten beim Gericht zur Entscheidung über die Klage ein. Wird im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nach Ausführung der gerichtlichen Anordnung der Zustellung der Entscheidung ein Rechtsbehelfsverfahren aufgenommen, unterrichtet die Verwaltungsbehörde das Gericht hiervon ohne schuldhaftes Zögern.

(3)      Das Gericht verfährt nach Abs. 2 nur, wenn seit dem Erlass der Entscheidung, die dem Kläger nicht zugestellt worden ist, eine Frist von drei Jahren nicht abgelaufen ist.“

 Sachverhalt und Vorlagefrage

17      Am 28. April 2004 unterrichtete die Slowakische Republik die Europäische Kommission von der Erklärung des Gebiets Strážovské vrchy (Strážov-Berge, Slowakei) mit einer Gesamtfläche von ungefähr 59 000 Hektar zu einem Schutzgebiet im Sinne der Richtlinie 79/409, um Fortbestand und Fortpflanzung bestimmter Vogelarten von europäischem Interesse, wie beispielsweise des Wanderfalken (falco peregrinus), zu gewährleisten.

18      Außerdem wurde mit der Entscheidung 2008/218/EG der Kommission vom 25. Januar 2008 gemäß der Richtlinie 92/43 zur Verabschiedung einer ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der alpinen biogeografischen Region (ABl. 2008, L 77, S. 106) ein Teil dieses Gebiets mit einer Fläche von ungefähr 29 000 Hektar in die Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen.

19      Am 18. November 2008 wurde LZ über die Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens durch das Stadtbezirksamt Trenčín unterrichtet, in dem es um einen Antrag der Biely potok a.s. auf Genehmigung eines Vorhabens der Errichtung einer Einzäunung im Hinblick auf die Erweiterung eines Geheges zur Rotwildzucht auf Grundstücken ging, die sich im Schutzgebiet Strážovské vrchy befinden.

20      In der Folge meldete sich LZ bei diesem Amt, das ihr das Protokoll des mündlichen Verfahrens sowie die vorbereitenden Dokumente der Entscheidung über die Erteilung der beantragten Genehmigung übermittelte.

21      Angesichts dieser Unterlagen beantragte LZ die Aussetzung des Verwaltungsverfahrens, indem sie auf Aspekte hinwies, die eine Genehmigung ausschlössen. Sie stützte sich insoweit insbesondere auf bestimmte Aspekte, die in der am 3. Dezember 2008 vorgelegten Stellungnahme der Štátna ochrana prírody – Správa CHKO (Staatliche Naturschutzbehörde – Dienst Naturschutzgebiete, Slowakei) aufgeführt wurden.

22      Mit Entscheidung vom 23. April 2009 wies das Stadtbezirksamt den Antrag von LZ auf Zuerkennung der Stellung einer am Genehmigungsverfahren Beteiligten mit der Begründung zurück, dass die anwendbaren Rechtsvorschriften Vereinigungen mit Rechtspersönlichkeit, wie LZ, nur die Stellung eines „Betroffenen“ zuerkennten und nicht die eines „Verfahrensbeteiligten“.

23      Der von LZ gegen diese Entscheidung erhobene verwaltungsbehördliche Rechtsbehelf wurde vom Krajský úrad životného prostredia v Trenčíne (Regionales Umweltschutzamt Trenčín, Slowakei) aus demselben Grund mit Entscheidung vom 1. Juni 2009 zurückgewiesen, die am 10. Juni 2009 bestandskräftig wurde (beide Entscheidungen zusammen im Folgenden: die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidungen).

24      Mit Entscheidung ebenfalls vom 10. Juni 2009, die am 19. Juni 2009 bestandskräftig wurde, erteilte das Stadtbezirksamt Trenčín die von Biely potok beantragte Genehmigung.

25      Am 11. Juni 2009 erhob LZ gegen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidungen eine Klage beim Krajský súd v Trenčíne (Regionalgericht Trenčín, Slowakei), die auf Anerkennung der Stellung als Beteiligte am Verwaltungsverfahren abzielte und u. a. auf Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus gestützt war.

26      Dieses Gericht setzte das bei ihm anhängige Verfahren zunächst aus, um die Verkündung des Urteils des Gerichtshofs vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie (C‑240/09, EU:C:2011:125), abzuwarten, und hob gestützt auf u. a. dieses Urteil die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidungen mit Entscheidung vom 23. August 2011 auf.

27      Mit Entscheidung vom 26. Januar 2012 hob der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik, Slowakei) die Entscheidung des Krajský súd v Trenčíne (Regionalgericht Trenčín) vom 23. August 2011 auf und verwies die Rechtssache an dieses zurück.

28      Aus dieser Entscheidung vom 26. Januar 2012 geht zum einen hervor, dass gemäß dem slowakischen Zivilprozessrecht nach bestandskräftiger Beendigung des Verwaltungsverfahrens in der Sache, die im vorliegenden Fall nach der dem Antrag auf Genehmigung stattgebenden Entscheidung des Stadtbezirksamts Trenčín vom 10. Juni 2009 erfolgt sei, eine gesonderte gerichtliche Überprüfung der Entscheidung über die Nichtanerkennung der Stellung eines Beteiligten im Verwaltungsverfahren nicht mehr zulässig sei, weil die Verfahrensrechte, die diese Stellung verleihe, nur ausgeübt werden könnten, solange dieses Verfahren andauere und die Person, die diese Stellung beantrage, sie nicht mehr beanspruchen könne, sobald das Verfahren in der Sache bestandskräftig beendet sei.

29      Zum anderen sei, wenn in einer solchen Situation das gerichtliche Verfahren betreffend die Anerkennung der Beteiligteneigenschaft beendet werden müsse, der Betroffene auf die Möglichkeit zu verweisen, die Stellung eines Verfahrensbeteiligten durch die Erhebung einer Klage als „übergangener Beteiligter“ gemäß § 250b Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu beanspruchen; diese sei allerdings innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Jahren nach § 250b Abs. 3 der Zivilprozessordnung zu erheben.

30      Mit Entscheidung vom 12. September 2012 hob das Krajský súd v Trenčíne (Regionalgericht Trenčín) die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Entscheidungen abermals auf.

31      Nach Auffassung dieses Gerichts hat das Stadtbezirksamt Trenčín die Genehmigungsentscheidung vom 10. Juni 2009 verfrüht erlassen, da während des Genehmigungsverfahrens das gerichtliche Verfahren über die Anerkennung der Stellung eines an diesem Verwaltungsverfahren Beteiligten noch nicht bestandskräftig beendet gewesen sei. Das Gericht befand, dass bis zu dieser bestandskräftigen Beendigung das Genehmigungsverfahren hätte ausgesetzt werden müssen.

32      Mit Entscheidung vom 28. Februar 2013 hob der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik) die Entscheidung des Krajský súd v Trenčíne (Regionalgericht Trenčín) vom 12. September 2012 aus im Wesentlichen denselben Gründen wie denen seiner Entscheidung vom 26. Januar 2012 auf.

33      Mit Entscheidung vom 23. November 2013 wies das Krajský súd v Trenčíne (Regionalgericht Trenčín) den Antrag auf Zuerkennung der von LZ beanspruchten Stellung eines Verfahrensbeteiligten zurück und stellte fest, LZ nicht auf die Möglichkeit verweisen zu müssen, die Stellung eines Verfahrensbeteiligten durch die Erhebung einer Klage als „übergangener Beteiligter“ gemäß § 250b Abs. 2 der Zivilprozessordnung zu beanspruchen, da inzwischen die Frist von drei Jahren gemäß § 250b Abs. 3 der Zivilprozessordnung abgelaufen sei.

34      Das vorlegende Gericht, das von LZ mit einem Rechtsmittel gegen diese Entscheidung vom 23. November 2013 befasst wurde, ist der Auffassung, im Hinblick auf das Urteil vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie (C‑240/09, EU:C:2011:125), stelle sich im Wesentlichen die Frage, ob in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der es um die Rechte Einzelner aus dem Unionsrecht, insbesondere aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43, geht, das in Art. 47 der Charta verankerte Grundrecht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und das Ziel der Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt, das sowohl diese Richtlinie als auch Art. 9 des Übereinkommens von Århus verfolgen, beachtet wurden.

35      Das vorlegende Gericht ist insoweit der Auffassung, dass das nationale Verfahrensrecht möglicherweise dahin auszulegen sei, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens das Verwaltungsverfahren über die Erteilung einer Genehmigung nicht fortgesetzt und daher auch nicht bestandskräftig beendet werden könne, solange eine endgültige gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung der Stellung eines an diesem Verwaltungsverfahren Beteiligten noch nicht ergangen sei.

36      In einer solchen Situation könne nämlich die Fortsetzung des Genehmigungsverfahrens dem Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens zuwiderlaufen, da bei dem Genehmigungsverfahren nur der Antragsteller Beteiligter sei und nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei einer Nichtbeteiligung von Umweltschutzorganisationen wie LZ an diesem Verfahren Argumente für den Umweltschutz weder vorgebracht noch berücksichtigt würden, so dass das grundlegende Ziel eines solchen Verfahrens, nämlich die Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus, nicht erreicht würde.

37      Umgekehrt könne auch vertreten werden, dass die Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens über den Antrag auf eine Genehmigung selbst während der Anhängigkeit des gerichtlichen Verfahrens über einen Antrag auf Zuerkennung der Stellung eines an dem Verfahren Beteiligten eine besonders zügige Bearbeitung dieses Antrags auf Genehmigung ermögliche. Wenn das Verwaltungsverfahren nicht fortgesetzt werden könnte, bevor endgültig über gerichtliche Klagen in Bezug auf die Zuerkennung dieser Beteiligtenstellung entschieden worden sei, könnte der Antragsteller eine ungerechte Behandlung seitens der Verwaltungsbehörden rügen.

38      Unter diesen Umständen hat der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Können das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht gemäß Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei einer behaupteten Verletzung des Rechts auf ein hohes Umweltschutzniveau, das für die Bedingungen der Europäischen Union insbesondere mit der Richtlinie 92/43 umgesetzt worden ist, d. h. namentlich, die Öffentlichkeit zu einem Projekt anzuhören, das wahrscheinlich eine erhebliche Auswirkung auf besondere Schutzgebiete im Rahmen des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 haben kann, und das Recht, das die Klägerin als eine gemeinnützige, auf nationaler Ebene errichtete Vereinigung zum Schutz der Umwelt gemäß Art. 9 des Übereinkommens von Århus und innerhalb der Grenzen geltend macht, die der Gerichtshof im Urteil vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie (C‑240/09, EU:C:2011:125), aufgezeigt hat, ordnungsgemäß auch in einem Verfahren vor einem nationalen Gericht gewährleistet werden, das die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, mit der die Zuerkennung der Stellung eines Beteiligten in einem Verwaltungsverfahren über die Erteilung einer Genehmigung verweigert worden ist, wie dies im Ausgangsrechtsstreit der Fall ist, beendet und den Betroffenen als Person, deren Beteiligung an dem fraglichen Verwaltungsverfahren versäumt worden ist, auf die Erhebung einer Klage als übergangener Beteiligter verweist?

 Zur Vorlagefrage

39      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 9 des Übereinkommens von Århus dahin auszulegen ist, dass er in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens einer Auslegung von Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts entgegensteht, wonach eine Klage gegen eine Entscheidung, mit der einer Umweltschutzorganisation die Zuerkennung der Stellung einer Beteiligten an einem Verwaltungsverfahren über die Genehmigung eines Vorhabens, das in einem Schutzgebiet gemäß der Richtlinie 92/43 verwirklicht werden soll, versagt wird, nicht zwingend im Verlauf dieses Verfahrens zu prüfen ist, das bestandskräftig beendet werden kann, bevor eine endgültige gerichtliche Entscheidung über die Beteiligtenstellung ergangen ist, und wonach diese Klage automatisch abgewiesen wird, sobald dieses Vorhaben genehmigt ist, so dass diese Organisation dazu gezwungen ist, eine Klage anderer Art zu erheben, um die Beteiligtenstellung zu erlangen und gerichtlich überprüfen zu lassen, ob die zuständigen nationalen Behörden ihren Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 dieser Richtlinie nachgekommen sind.

40      In der Ausgangsrechtssache beansprucht LZ, eine Umweltschutzorganisation, auf gerichtlichem Weg die Stellung einer Beteiligten an einem Verwaltungsverfahren über eine Genehmigung, um im Rahmen einer gerichtlichen Klage Rechte aus dem Recht der Union im Bereich Umweltschutz geltend zu machen, da sie der Auffassung ist, dass die Entscheidung über die Genehmigung des betreffenden Vorhabens, das in einem gemäß der Richtlinie 92/43 als besonderes Schutzgebiet oder Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung geschützten Gebiet verwirklicht werden soll, unter Missachtung der Verpflichtungen der nationalen Behörden aus Art. 6 Abs. 3 dieser Richtlinie erlassen worden sei.

41      Insoweit ergibt sich aus den dem Gerichtshof zur Verfügung stehenden Akten, dass gemäß den anwendbaren nationalen Verfahrensvorschriften eine Umweltschutzorganisation wie LZ eine Entscheidung, die möglicherweise gegen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 verstößt, nur dann auf gerichtlichem Weg, insbesondere im Rahmen einer Klage, die sich gegen die spätere Genehmigungsentscheidung richtet, anfechten kann, wenn dieser Organisation zuvor die Stellung einer Beteiligten an dem betreffenden Verfahren, im vorliegenden Fall dem Verfahren zur Genehmigung eines in einem Schutzgebiet zu verwirklichenden Vorhabens, formell zuerkannt wurde.

42      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 eine angemessene Prüfung der Pläne und Projekte auf Verträglichkeit für das betreffende Gebiet bedeutet, dass vor deren Genehmigung unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte der Pläne oder Projekte zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen oder Projekten die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele beeinträchtigen können. Die zuständigen nationalen Behörden dürfen eine Tätigkeit in dem geschützten Gebiet nur dann genehmigen, wenn sie Gewissheit darüber erlangt haben, dass sie sich nicht nachteilig auf dieses Gebiet als solches auswirkt. Dies ist dann der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass es keine solchen Auswirkungen gibt (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 24. November 2011, Kommission/Spanien, C‑404/09, EU:C:2011:768, Rn. 99, und vom 14. Januar 2016, Grüne Liga Sachsen u. a., C‑399/14, EU:C:2016:10, Rn. 49 und 50).

43      Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 leistet somit einen Beitrag zur Verwirklichung des mit den aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen verfolgten Ziels, das gemäß Art. 2 Abs. 2 darin besteht, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von Interesse für die Union zu bewahren oder wiederherzustellen, und des allgemeineren Ziels der Richtlinie, ein hohes Niveau des Umweltschutzes für die gemäß ihren Bestimmungen geschützten Gebiete zu gewährleisten.

44      Es wäre aber mit der einer Richtlinie durch Art. 288 AEUV zuerkannten verbindlichen Wirkung unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass sich betroffene Personen auf die durch eine Richtlinie auferlegte Verpflichtung berufen können. Die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 92/43 sowie ihre in der vorstehenden Randnummer dargelegte Zielsetzung verlangen, dass die Bürger sich vor Gericht auf sie berufen und die nationalen Gerichte sie als Bestandteil des Unionsrechts berücksichtigen können, um insbesondere zu prüfen, ob die nationale Behörde, die einen Plan oder ein Projekt genehmigt hat, ihre in Rn. 42 des vorliegenden Urteils dargestellten Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie beachtet hat und somit innerhalb des den nationalen Behörden in dieser Bestimmung eingeräumten Ermessensspielraums geblieben ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2004, Waddenvereniging und Vogelbeschermingsvereniging, C‑127/02, EU:C:2004:482, Rn. 66 und 69).

45      Außerdem sieht Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 vor, dass die zuständigen einzelstaatlichen Behörden, bevor sie einem Projekt oder Plan im Sinne dieses Artikels zustimmen, gegebenenfalls die Öffentlichkeit anzuhören haben. Diese Bestimmung ist in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Århus zu lesen, das Bestandteil der Rechtsordnung der Union ist.

46      Die letztgenannte Vorschrift sieht vor, dass die Bestimmungen des Art. 6 des Übereinkommens von Århus betreffend die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen über bestimmte Tätigkeiten bei Entscheidungen über nicht in Anhang I dieses Übereinkommens aufgeführte geplante Tätigkeiten anwendbar sind, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können. Aus Art. 6 Abs. 3, 4 und 7 geht hervor, dass dieser der Öffentlichkeit u. a. das Recht zur „effektiven … Beteiligung während des umweltbezogenen Entscheidungsverfahrens“ verleiht, indem sie „alle von ihr für die geplante Tätigkeit als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder gegebenenfalls während einer öffentlichen Anhörung oder Untersuchung mit dem Antragsteller“ vorträgt. Diese Beteiligung beginnt „[frühzeitig, d. h.] zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann“.

47      Im Ausgangsverfahren wird LZ, die unstreitig die in Art. 2 Nr. 5 des Übereinkommens von Århus aufgeführten Voraussetzungen dafür erfüllt, unter den Begriff „betroffene Öffentlichkeit“ im Sinne dieser Bestimmung zu fallen, auch von dem weiteren Begriff der „Öffentlichkeit“ für die Zwecke des Art. 6 des Übereinkommens erfasst. Außerdem ist zwar, wie auch die Generalanwältin in Nr. 65 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, die geplante Errichtung einer Einzäunung in einem Schutzgebiet, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, keine der in Anhang I des Übereinkommens von Århus aufgeführten Tätigkeiten; die Tatsache, dass die zuständigen nationalen Behörden entschieden haben, ein Verfahren zur Genehmigung dieses Projekts gemäß Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 zu eröffnen, lässt aber den Schluss zu, dass diese Behörden es für erforderlich hielten, die Erheblichkeit der Auswirkungen dieses Projekts auf die Umwelt im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Århus zu prüfen.

48      In der letztgenannten Vorschrift wird zwar bestimmt, dass sich die Anwendung von Art. 6 des Übereinkommens von Århus nach dem innerstaatlichen Recht der betreffenden Vertragspartei richtet. Allerdings ist diese Präzisierung dahin zu verstehen, dass sie nur auf die Modalitäten der Öffentlichkeitsbeteiligung abzielt, wie sie in Art. 6 geregelt wird, ohne das Recht auf Beteiligung, den dieser Artikel einer Umweltschutzorganisation wie LZ verleiht, in Frage zu stellen.

49      Hieraus folgt, dass eine Umweltschutzorganisation, die, wie LZ, den in Art. 2 Nr. 5 des Übereinkommens von Århus genannten Anforderungen genügt, aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens ein Recht darauf hat, in der in Rn. 46 des vorliegenden Urteils dargelegten Weise an einem Verfahren zum Erlass einer Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung eines Plans oder Projekts mit möglicherweise erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt beteiligt zu werden, soweit im Rahmen dieses Verfahrens eine der von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 erfassten Entscheidungen zu treffen ist.

50      Sodann ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Gerichte der Mitgliedstaaten gemäß dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 EUV den gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen. Mit Art. 19 Abs. 1 EUV wird den Mitgliedstaaten im Übrigen aufgegeben, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist (Urteil vom 19. November 2014, ClientEarth, C‑404/13, EU:C:2014:2382, Rn. 52). Für die im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 getroffenen Verwaltungsentscheidungen ergibt sich diese Verpflichtung auch aus Art. 47 der Charta.

51      Der Anwendungsbereich dieses Artikels der Charta ist nämlich, was das Handeln der Mitgliedstaaten betrifft, in ihrem Art. 51 Abs. 1 definiert. Danach gilt sie für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union; diese Bestimmung bestätigt die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, nach der die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, aber nicht außerhalb derselben Anwendung finden (vgl. insbesondere Urteil vom 30. Juni 2016, Toma und Biroul Executorului Judecătoresc Horațiu-Vasile Cruduleci, C‑205/15, EU:C:2016:499, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Wenn aber ein Mitgliedstaat verfahrensrechtliche Vorschriften erlässt, die auf Klagen anwendbar sind, die auf die Geltendmachung von Rechten einer Umweltschutzorganisation aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Århus gerichtet sind, um Entscheidungen der zuständigen nationalen Behörden im Hinblick auf ihre sich aus diesen Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen überprüfen zu lassen, setzt dieser Mitgliedstaat Verpflichtungen um, die sich aus diesen Bestimmungen ergeben, und führt daher im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta Recht der Union durch.

53      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Gerichtshof für die Beantwortung der Vorabentscheidungsfrage zuständig ist, soweit diese sich auf Art. 47 der Charta bezieht.

54      Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht nach diesem Art. 47 umfasst insbesondere das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht.

55      Zu diesem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf ist festzustellen, dass Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus Umweltschutzorganisationen, die den in Art. 2 Nr. 5 dieses Übereinkommens genannten Anforderungen genügen, was bei LZ der Fall ist, ein Recht auf einen Rechtsbehelf gewähren, soweit dieser gegen eine Entscheidung gerichtet ist, die in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 fällt.

56      Bei Entscheidungen, die von den zuständigen nationalen Behörden im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 erlassen werden, gleichviel, ob sie sich auf einen Antrag auf Beteiligung an dem Genehmigungsverfahren, auf die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Prüfung der Umweltverträglichkeit eines Plans oder Projekts in einem Schutzgebiet oder auf die Richtigkeit der aus einer solchen Prüfung gezogenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Risiken des Projekts oder Plans für ein solches Gebiet beziehen und ob sie selbständig oder in eine Genehmigungsentscheidung integriert sind, handelt es sich aber um Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus fallen.

57      Wie nämlich die Generalanwältin in Nr. 80 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, werden die in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 fallenden Entscheidungen der zuständigen nationalen Behörden, die sich nicht auf eine in Anhang I des Übereinkommens von Århus genannte Tätigkeit beziehen, von Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieses Übereinkommens erfasst und fallen somit in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens, da diese Entscheidungen implizieren, dass die zuständigen nationalen Behörden vor der Genehmigung einer Tätigkeit prüfen, ob diese unter den Umständen des Einzelfalls erhebliche Umweltauswirkungen haben können.

58      Aus Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus ergibt sich aber, dass diese Bestimmung den Wertungsspielraum begrenzt, über den die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Modalitäten der dort vorgesehenen Klagen verfügen, da sie das Ziel hat, der betroffenen Öffentlichkeit, zu der auch die Umweltschutzorganisationen gehören, die die Voraussetzungen nach Art. 2 Nr. 5 des Übereinkommens erfüllen, einen „weiten Zugang zu Gerichten“ zu gewähren (vgl. entsprechend, in Bezug auf Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten [ABl. 1985, L 175, S. 40] in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 [ABl. 2003, L 156, S. 17] geänderten Fassung [im Folgenden: Richtlinie 85/337], der praktisch identisch den Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus wiedergibt, Urteil vom 16. April 2015, Gruber, C‑570/13, EU:C:2015:231, Rn. 39).

59      Diese Organisationen müssen somit zwingend die nationalen Rechtsvorschriften, die die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzen, sowie die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union geltend machen können (vgl. entsprechend, in Bezug auf Art. 10a der Richtlinie 85/337, Urteil vom 15. Oktober 2015, Kommission/Deutschland, C‑137/14, EU:C:2015:683, Rn. 92).

60      Zu den Rechten, die eine solche Nichtregierungsorganisation im Rahmen einer Klage nach Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus geltend machen können muss, gehören die aus Art. 6 der Richtlinie 92/43 hervorgegangenen nationalen Rechtsvorschriften (vgl. entsprechend, in Bezug auf Art. 10a der Richtlinie 85/337, Urteil vom 12. Mai 2011, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, C‑115/09, EU:C:2011:289, Rn. 49 und 58).

61      Eine solche Organisation muss somit im Rahmen einer solchen Klage nicht nur die Entscheidung anfechten können, keine Umweltverträglichkeitsprüfung des Plans oder Projekts für das betroffene Gebiet durchzuführen, sondern gegebenenfalls auch eine durchgeführte, mit Fehlern behaftete Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. entsprechend, in Bezug auf Art. 10a der Richtlinie 85/337, Urteil vom 7. November 2013, Gemeinde Altrip u. a., C‑72/12, EU:C:2013:712, Rn. 37).

62      Außerdem ist festzustellen, dass Art. 9 Abs. 4 des Übereinkommens von Århus verlangt, dass die in Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens genannten Verfahren „angemessenen und effektiven“ Rechtsschutz sicherstellen.

63      Um auf die Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, ist daher zu prüfen, ob Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 und 4 des Übereinkommens von Århus in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens einer Auslegung von Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts entgegensteht, wonach eine von einer die Voraussetzungen des Art. 2 Nr. 5 dieses Übereinkommens erfüllenden Umweltschutzorganisation erhobene gerichtliche Klage gegen eine Entscheidung, mit der ihr die Zuerkennung der Stellung einer Beteiligten am Verwaltungsverfahren über die Genehmigung eines Vorhabens, das in einem Schutzgebiet gemäß der Richtlinie 92/43 verwirklicht werden soll, versagt wird, nicht zwingend im Verlauf dieses Verfahrens zu prüfen ist, das bestandskräftig beendet werden kann, bevor eine endgültige gerichtliche Entscheidung zur Beteiligtenstellung ergangen ist, und wonach diese Klage automatisch abgewiesen wird, sobald dieses Vorhaben genehmigt ist, so dass diese Organisation dazu gezwungen wird, eine Klage anderer Art zu erheben, um diese Stellung erlangen und gerichtlich überprüfen lassen zu können, ob die zuständigen nationalen Behörden ihren Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 dieser Richtlinie nachgekommen sind.

64      Zwar ist diese Prüfung grundsätzlich allein Sache des vorlegenden Gerichts, doch ist der Gerichtshof dafür zuständig, aus den Bestimmungen des Unionsrechts die Kriterien herzuleiten, die das nationale Gericht dabei anwenden kann oder muss. Außerdem ist ein nationales Gericht durch nichts daran gehindert, den Gerichtshof darum zu ersuchen, sich zur Anwendung dieser Bestimmungen auf den jeweils vorliegenden Fall zu äußern, jedoch unter dem Vorbehalt, dass dieses Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der ihm vorliegenden Akten die Tatsachen feststellt und beurteilt, die hierzu erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2015, Banif Plus Bank, C‑312/14, EU:C:2015:794, Rn. 51 und 52).

65      Mangels einer einschlägigen Regelung der Union ist es dessen ungeachtet Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, wobei die Mitgliedstaaten für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich sind und insbesondere die Beachtung des in Art. 47 der Charta verankerten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht gewährleisten müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie, C‑240/09, EU:C:2011:125, Rn. 47, und vom 15. September 2016, Star Storage u. a., C‑439/14 und C‑488/14, EU:C:2016:688, Rn. 46).

66      In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 ein Verfahren der vorherigen Prüfung vorsieht, das auf einem strengen Genehmigungskriterium beruht, das den Vorsorgegrundsatz einschließt und es erlaubt, Beeinträchtigungen der Schutzgebiete als solcher durch Pläne oder Projekte wirksam zu verhüten, da es die zuständigen nationalen Behörden verpflichtet, die Genehmigung eines Plans oder eines Projekts zu versagen, wenn Unsicherheit darüber besteht, dass der Plan oder das Projekt keine nachteiligen Auswirkungen auf die Schutzgebiete hat (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 7. September 2004, Waddenvereniging und Vogelbeschermingsvereniging, C‑127/02, EU:C:2004:482, Rn. 57 und 58, und vom 14. Januar 2016, Grüne Liga Sachsen u. a., C‑399/14, EU:C:2016:10, Rn. 48).

67      Im Ausgangsverfahren ist zwar unstreitig, dass LZ in einem gewissen Umfang in ihrer Stellung als „Betroffene“ an dem Genehmigungsverfahren hat teilnehmen können, was es ihr u. a. erlaubte, unter Berücksichtigung von Feststellungen einer Umweltbehörde Argumente geltend zu machen, die belegen sollten, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Projekt ein Schutzgebiet beeinträchtigen konnte, jedoch kommt diese Stellung nicht der Stellung einer „Verfahrensbeteiligten“ gleich.

68      Unter diesen Umständen vermag die von LZ gerügte Auslegung des nationalen Verfahrensrechts, wonach eine Klage gegen eine Verwaltungsentscheidung, mit der die Zuerkennung der Stellung einer Beteiligten an einem Genehmigungsverfahren versagt wird, nicht zwingend im Verlauf dieses Verfahrens geprüft werden muss und von Amts wegen abgewiesen wird, sobald die beantragte Genehmigung erteilt ist, einer Organisation wie LZ keinen effektiven Schutz der verschiedenen Vorrechte zu garantieren, die zum Recht der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß Art. 6 des Übereinkommens von Århus, wie es in Rn. 46 des vorliegenden Urteils präzisiert worden ist, gehören.

69      So geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass die Stellung einer Verfahrensbeteiligten, wenn sie LZ zuerkannt worden wäre, es dieser erlaubt hätte, aktiver am Entscheidungsprozess teilzunehmen, indem sie ihre Argumente zu den Risiken einer Beeinträchtigung des Schutzgebiets durch das geplante Projekt, die im Übrigen von den zuständigen Behörden vor der Genehmigung und Verwirklichung dieses Projekts hätten berücksichtigt werden müssen, noch weiter und wirksamer hätte ausführen können.

70      In diesem Zusammenhang hat das vorlegende Gericht übrigens festgestellt, dass, da allein der Antragsteller für die Genehmigung ohne Weiteres Verfahrensbeteiligter sei, nicht ausgeschlossen werden könne, dass mangels einer Teilnahme einer Umweltschutzorganisation wie LZ als Beteiligter am Verwaltungsverfahren Argumente für den Umweltschutz weder vorgebracht noch berücksichtigt würden, so dass das grundlegende Ziel des Verfahrens nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43, nämlich die Gewährleistung eines hohen Umweltschutzniveaus, nicht erreicht werden könne.

71      Darüber hinaus ist festzustellen, dass die LZ im Ausgangsverfahren zuerkannte Stellung einer „Betroffenen“ nicht ausreicht, um im Rahmen einer Klage ihre Argumente zur Anfechtung der Rechtmäßigkeit der Genehmigungsentscheidung geltend zu machen, da es für die Erhebung einer solchen Klage erforderlich ist, die Stellung eines „Verfahrensbeteiligten“ zu besitzen.

72      Unter diesen Umständen ist die von LZ gerügte Auslegung des nationalen Verfahrensrechts, wonach die Erhebung einer Klage gegen eine Verwaltungsentscheidung, mit der die Zuerkennung der Stellung eines Beteiligten an einem Genehmigungsverfahren versagt wird, nicht verhindert, dass dieses Verfahren bestandskräftig beendet wird und diese Klage von Amts wegen und unter allen Umständen abgewiesen wird, sobald die betreffende Genehmigung erteilt ist, im Hinblick auf das Ziel der Gewährung eines weiten Zugangs zu Gerichten im Bereich von Klagen gegen Umweltentscheidungen nicht geeignet, einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte einer Umweltschutzorganisation aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Århus, die auf die Verhütung besonderer Beeinträchtigungen von Schutzgebieten gemäß der Richtlinie 92/43 abzielen, zu garantieren.

73      Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 47 der Charta in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 und 4 des Übereinkommens von Århus, soweit in ihm unter Umständen, die einen weiten Zugang zu Gerichten gewähren, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Schutz von Rechten verankert ist, die einer die Voraussetzungen nach Art. 2 Nr. 5 dieses Übereinkommens erfüllenden Umweltschutzorganisation nach dem Unionsrecht, im vorliegenden Fall Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieses Übereinkommens, zustehen, dahin auszulegen ist, dass er in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens einer Auslegung von Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts entgegensteht, wonach eine Klage gegen eine Entscheidung, mit der einer solchen Organisation die Zuerkennung der Stellung einer Beteiligten an einem Verwaltungsverfahren über die Genehmigung eines Vorhabens, das in einem Schutzgebiet gemäß der Richtlinie 92/43 verwirklicht werden soll, versagt wird, nicht zwingend im Verlauf dieses Verfahrens zu prüfen ist, das bestandskräftig beendet werden kann, bevor eine endgültige gerichtliche Entscheidung über die Beteiligtenstellung ergangen ist, und wonach diese Klage automatisch abgewiesen wird, sobald dieses Vorhaben genehmigt ist, so dass diese Organisation dazu gezwungen ist, eine Klage anderer Art zu erheben, um die Beteiligtenstellung zu erlangen und gerichtlich überprüfen zu lassen, ob die zuständigen nationalen Behörden ihren Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der genannten Richtlinie nachgekommen sind.

 Kosten

74      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 und 4 des am 25. Juni 1998 in Århus unterzeichneten und im Namen der Europäischen Gemeinschaft mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten ist, soweit in ihm unter Umständen, die einen weiten Zugang zu Gerichten gewähren, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Schutz von Rechten verankert ist, die einer die Voraussetzungen nach Art. 2 Nr. 5 dieses Übereinkommens erfüllenden Umweltschutzorganisation nach dem Unionsrecht, im vorliegenden Fall Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in der durch die Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. b dieses Übereinkommens, zustehen, dahin auszulegen, dass er in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens einer Auslegung von Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts entgegensteht, wonach eine Klage gegen eine Entscheidung, mit der einer solchen Organisation die Zuerkennung der Stellung einer Beteiligten an einem Verwaltungsverfahren über die Genehmigung eines Vorhabens, das in einem Schutzgebiet gemäß der Richtlinie 92/43 in der durch die Richtlinie 2006/105 geänderten Fassung verwirklicht werden soll, versagt wird, nicht zwingend im Verlauf dieses Verfahrens zu prüfen ist, das bestandskräftig beendet werden kann, bevor eine endgültige gerichtliche Entscheidung über die Beteiligtenstellung ergangen ist, und wonach diese Klage automatisch abgewiesen wird, sobald dieses Vorhaben genehmigt ist, so dass diese Organisation dazu gezwungen ist, eine Klage anderer Art zu erheben, um die Beteiligtenstellung zu erlangen und gerichtlich überprüfen zu lassen, ob die zuständigen nationalen Behörden ihren Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der genannten Richtlinie nachgekommen sind.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Slowakisch.