Language of document : ECLI:EU:C:2017:801

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

25. Oktober 2017(*)

„Rechtsmittel – Eigenmittel der Europäischen Union – Beschluss 2007/436/EG – Finanzielle Verantwortung der Mitgliedstaaten – Verlust von Einfuhrzöllen – Pflicht zur Zahlung des einem Verlust an Eigenmitteln entsprechenden Betrags an die Kommission – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Schreiben der Europäischen Kommission – Begriff der anfechtbaren Handlung“

In der Rechtssache C‑599/15 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 16. November 2015,

Rumänien, vertreten durch R.‑H. Radu, M. Chicu und A. Wellman als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführer,

unterstützt durch:

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und T. Müller als Bevollmächtigte,

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und K. Stranz als Bevollmächtigte,

Slowakische Republik, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch G.-D. Balan, A. Caeiros, A. Tokár und Z. Malůšková als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Vajda und E. Juhász, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters C. Lycourgos,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2017,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. Juni 2017

folgendes

Urteil

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Rumänien die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 14. September 2015, Rumänien/Kommission (T‑784/14, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2015:659), mit dem seine Klage auf Nichtigerklärung des in dem Schreiben BUDG/B/03MV D(2014) 3079038 vom 19. September 2014 (im Folgenden: streitiges Schreiben) seiner Ansicht nach enthaltenen Beschlusses der Generaldirektion Haushalt der Europäischen Kommission als unzulässig abgewiesen wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Rechtsvorschriften über Eigenmittel

2        Durch den Beschluss 2007/436/EG, Euratom des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2007, L 163, S. 17) wurde der Beschluss 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2000, L 253, S. 42) mit Wirkung am 1. Januar 2007 aufgehoben.

3        „Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle auf den Warenverkehr mit Drittländern, die von den Organen der [Union] eingeführt worden sind oder noch eingeführt werden“, gehören nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2000/597 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2007/436 zu den Einnahmen, die in den Haushaltsplan der Europäischen Union einzusetzende Eigenmittel darstellen (im Folgenden: Eigenmittel).

4        Nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 2007/436 (ABl. 2000, L 130, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 105/2009 des Rates vom 26. Januar 2009 (ABl. 2009, L 36, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1150/2000) gilt ein Anspruch der Union auf die Eigenmittel als festgestellt, sobald die Bedingungen der Zollvorschriften für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfüllt sind.

5        Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 lautet:

„Jeder Mitgliedstaat schreibt die Eigenmittel nach Maßgabe des Artikels 10 dem Konto gut, das zu diesem Zweck für die Kommission bei der Haushaltsverwaltung des Mitgliedstaats oder bei der von ihm bestimmten Einrichtung eingerichtet wurde.“

6        Die Gutschrift der Eigenmittel erfolgt spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch nach Art. 2 der Verordnung festgestellt wurde (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000).

7        Bei verspäteter Gutschrift auf dem in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung genannten Konto hat der betreffende Mitgliedstaat Verzugszinsen zu entrichten (Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000).

 Verfahrensordnung des Gerichts

8        Art. 130 der Verfahrensordnung des Gerichts bestimmt:

„(1)      Will der Beklagte vorab eine Entscheidung des Gerichts über die Unzulässigkeit oder die Unzuständigkeit herbeiführen, so hat er dies mit gesondertem Schriftsatz innerhalb der in Artikel 81 genannten Frist zu beantragen.

(7)      Das Gericht entscheidet so bald wie möglich über den Antrag oder behält die Entscheidung dem Endurteil vor, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. …

(8)      Weist das Gericht den Antrag zurück oder behält es die Entscheidung dem Endurteil vor, so bestimmt der Präsident neue Fristen für die Fortsetzung des Verfahrens.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

9        Mit dem streitigen Schreiben wies der Direktor der Direktion „Eigenmittel und Finanzplanung“ der Generaldirektion Haushalt der Europäischen Kommission (im Folgenden: Direktor) darauf hin, dass die deutschen Behörden im April 2010 beantragt hätten, gemäß Art. 239 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) festzustellen, ob es im Fall einer deutschen Gesellschaft, die in den Jahren 2006 und 2007 als Hauptverpflichtete für ihre Kunden mehrere Anmeldungen für Beförderungen von Waren des externen Versandverfahrens abgegeben habe, die für einen anderen Mitgliedstaat bestimmt gewesen seien, in dem Ermittlungen ergeben hätten, dass Waren nicht bei der Bestimmungszollstelle gestellt worden seien, gerechtfertigt sei, die Einfuhrabgaben zu erlassen.

10      Die Kommission habe mit Beschluss K(2011) 9750 endgültig vom 5. Januar 2012 (REM 03/2010) festgestellt, dass der beantragte Erlass der Einfuhrabgaben gerechtfertigt sei. Die nicht ordnungsgemäße Beendigung der Versandverfahren sei auf betrügerische Machenschaften zurückzuführen. Diese ließen sich vernünftigerweise nur durch die aktive Beteiligung eines Bediensteten der Bestimmungszollstelle des betreffenden Mitgliedstaats oder durch eine mangelhafte Organisation dieser Stelle erklären, aufgrund deren ein Dritter Zugang zum neuen EDV-gestützten Versandverfahren (NCTS) gehabt habe.

11      Die deutschen Behörden hätten in einem weiteren Fall aus denselben Gründen die Einfuhrabgaben erlassen.

12      Die Stellen der Kommission hielten Rumänien für finanziell verantwortlich. Wegen der Bestätigung der Erledigung auf den an die deutsche Abgangszollstelle zurückgesandten Versandscheinen hätten die deutschen Behörden die Zölle, bei denen es sich um traditionelle Eigenmittel handele, nicht erheben bzw. zurückfordern können. Rumänien sei für die Erhebung von Zöllen auf Einfuhren innerhalb der Union zwar nicht zuständig. Ein Mitgliedstaat müsse aber finanziell für Eigenmittelverluste aufkommen, wenn seine Behörden oder deren Vertreter Fehler begingen oder betrügerisch handelten.

13      Die rumänischen Behörden hätten eine ordnungsgemäße Anwendung der Zollvorschriften der Union nicht gewährleisten können. Deshalb sei es zu einem Verlust an traditionellen Eigenmitteln gekommen. Die deutschen Behörden hätten die Zölle nämlich nicht erheben und der Kommission zur Verfügung stellen können. Rumänien müsse den so entstandenen Verlust im Haushalt der Union ausgleichen. Insoweit sei Rn. 44 des Urteils vom 8. Juli 2010, Kommission/Italien (C‑334/08, EU:C:2010:414), entsprechend anwendbar.

14      Eine Weigerung Rumäniens, die traditionellen Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, würde gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in der Union verstoßen und das reibungslose Funktionieren des Systems der Eigenmittel beeinträchtigen.

15      Der Direktor forderte die rumänischen Behörden daher auf, der Kommission spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folge, in dem das streitige Schreiben versandt worden sei, Eigenmittel in Höhe von 14 883,79 Euro brutto (abzüglich Erhebungskosten in Höhe von 25 %) zur Verfügung zu stellen. Er wies darauf hin, dass bei verspäteter Gutschrift gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 Verzugszinsen zu entrichten seien.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

16      Mit Klageschrift, die am 28. November 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Rumänien Klage auf Nichtigerklärung des seiner Auffassung nach in dem streitigen Schreiben enthaltenen Beschlusses.

17      Die Kommission erhob mit gesondertem Schriftsatz, der am 13. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 eine Unzulässigkeitseinrede. Sie machte geltend, dass es an einer anfechtbaren Handlung fehle.

18      Rumänien nahm zu der Unzulässigkeitseinrede Stellung.

19      Die Slowakische Republik und die Bundesrepublik Deutschland beantragten mit Schriftsätzen, die am 23. März bzw. 10. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge Rumäniens zugelassen zu werden.

20      Mit dem angefochtenen Beschluss entschied das Gericht gemäß Art. 130 seiner Verfahrensordnung über die Unzulässigkeitseinrede der Kommission.

21      Zur Beurteilung der Anfechtbarkeit des streitigen Schreibens hat das Gericht die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten im Bereich der Feststellung der Eigenmittel gemäß den Vorschriften des Beschlusses 2007/436 und der Verordnung Nr. 1150/2000 untersucht (angefochtener Beschluss, Rn. 23 bis 33 und 35). Es ist zu dem Schluss gelangt, dass es keine Vorschrift gebe, die die Kommission ermächtige, einen Rechtsakt zu erlassen, mit dem einem Mitgliedstaat aufgegeben werde, Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, so dass davon auszugehen sei, dass das streitige Schreiben informativen Charakter habe und eine bloße Aufforderung an Rumänien darstelle (angefochtener Beschluss, Rn. 37).

22      Eine Meinungsäußerung der Kommission wie die in dem streitigen Schreiben enthaltene sei für die nationalen Behörden nicht verbindlich (angefochtener Beschluss, Rn. 38 bis 40). Sie stelle ebenso wenig wie eine mit Gründen versehene Stellungnahme im Vorverfahren eines Vertragsverletzungsverfahrens eine anfechtbare Handlung dar (angefochtener Beschluss, Rn. 41 bis 43).

23      Schließlich hat das Gericht das Vorbringen Rumäniens zurückgewiesen. Das Vorbringen, das streitige Schreiben entbehre jeglicher Rechtsgrundlage, gehe, weil es die materielle Rechtmäßigkeit des Inhalts des Schreibens betreffe, ins Leere (angefochtener Beschluss, Rn. 50 und 51). Das Gericht hat sich auch mit dem Vorbringen zur Rechtsunsicherheit, die für den Mitgliedstaat hinsichtlich seiner Verpflichtungen und des finanziellen Risikos bestehe, zum effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und zur etwaigen Verpflichtung zur Entrichtung erheblicher Verzugszinsen auseinandergesetzt (angefochtener Beschluss, Rn. 52 bis 56).

24      Das Gericht hat der Unzulässigkeitseinrede der Kommission daher stattgegeben und die Klage Rumäniens, weil sie gegen eine Handlung gerichtet sei, die nicht anfechtbar sei, abgewiesen. Über die Anträge der Bundesrepublik Deutschland und der Slowakischen Republik auf Zulassung zur Streithilfe hat es nicht entschieden.

 Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens

25      Mit seinem Rechtsmittel beantragt Rumänien,

–        das Rechtsmittel für zulässig zu erklären, den angefochtenen Beschluss vollständig aufzuheben und über die Nichtigkeitsklage dahin gehend zu entscheiden, dass diese für zulässig und das streitige Schreiben für nichtig erklärt wird;

–        hilfsweise, das Rechtsmittel für zulässig zu erklären, den angefochtenen Beschluss vollständig aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, damit dieses die Klage für zulässig und das streitige Schreiben für nichtig erklärt;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

26      Die Kommission beantragt in ihrer Rechtsmittelbeantwortung,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        Rumänien die Kosten aufzuerlegen.

27      Die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland und die Slowakische Republik beantragen in ihren Streithilfeschriftsätzen im Wesentlichen, dem Rechtsmittel stattzugeben.

 Zum Rechtsmittel

 Vorbringen der Parteien

28      Rumänien macht zwei Rechtsmittelgründe geltend.

29      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügt Rumänien, das Gericht habe dadurch, dass es vorab über die Unzulässigkeitseinrede der Kommission entschieden habe, gegen Art. 130 Abs. 7 und 8 seiner Verfahrensordnung verstoßen.

30      Zum einen habe Rumänien in seiner Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede beantragt, die Entscheidung über die Einrede dem Endurteil vorzubehalten. Das Gericht, das nach den genannten Vorschriften verpflichtet sei, zu prüfen, ob besondere Umstände ein solches Vorgehen rechtfertigten, und wenn ja, auch so vorzugehen, habe im vorliegenden Fall seine Entscheidung, die Entscheidung über die Unzulässigkeitseinrede nicht dem Endurteil vorzubehalten, nicht begründet.

31      Zum anderen habe das Gericht, auch wenn es den Antrag, die Entscheidung über die Unzulässigkeitseinrede dem Endurteil vorzubehalten, zurückgewiesen habe, in den Rn. 29 bis 51 des angefochtenen Beschlusses Erwägungen, die die Begründetheit der Klage beträfen, vorgenommen. Es habe sich nämlich zur Rechtsnatur und zur Rechtsgrundlage der Zahlungsverpflichtung, um die es im streitigen Schreiben gehe, geäußert. Es habe dabei zu Unrecht angenommen, dass die Vorschriften über die traditionellen Eigenmittel Anwendung fänden. Vor dem Gericht habe Rumänien aber geltend gemacht, dass das streitige Schreiben gerade deshalb Rechtswirkungen entfalte, weil das Unionsrecht einem Mitgliedstaat für den Verlust traditioneller Eigenmittel in einem anderen Mitgliedstaat keine finanzielle Verantwortung zuweise. Das Gericht habe dieses Vorbringen, das es in Rn. 51 des angefochtenen Beschlusses, weil es die materielle Rechtmäßigkeit des Inhalts des Schreibens betreffe, als ins Leere gehend zurückgewiesen habe, zu Unrecht nicht berücksichtigt.

32      Dieser Verfahrensfehler habe die Interessen Rumäniens verletzt. Zum einen sei wegen des Fehlens einer kontradiktorischen Erörterung das Recht Rumäniens auf ein faires Verfahren verletzt worden. Zum anderen seien dem Gericht bei seiner Würdigung mehrere Rechtsfehler unterlaufen, die hätten vermieden werden können, wenn über die Begründetheit verhandelt worden wäre.

33      Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht Rumänien im Wesentlichen geltend, die Würdigung der Rechtsnatur des verlangten Betrags und der Verpflichtungen, um die es im streitigen Schreiben gehe, leide an einem Rechtsfehler. Das Gericht habe diesen Betrag nämlich zu Unrecht als „traditionelle Eigenmittel“ eingestuft und zu Unrecht die Rechtsvorschriften und die Rechtsprechung zu solchen Eigenmitteln angewandt. In diesen Rechtsvorschriften sei ausschließlich die unmittelbare finanzielle Verantwortlichkeit der Zollbehörden eines Mitgliedstaats geregelt. Nicht geregelt sei hingegen der Fall einer etwaigen finanziellen Verantwortlichkeit eines anderen Mitgliedstaats, der zu keinem Zeitpunkt für die Feststellung und Erhebung der betreffenden Zölle zuständig gewesen sei. Um diesen Fall gehe es aber hier. Mit dem streitigen Schreiben werde Rumänien eine neue Verpflichtung auferlegt, die sich nicht aus dem Unionsrecht ergebe. Indem es ausschließlich auf die Rechtsvorschriften und die Rechtsprechung zu den traditionellen Eigenmitteln abgestellt habe, habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, die konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht beachtet und sei nicht auf das Vorbringen, die Verpflichtung sei neu, eingegangen.

34      Dieser Rechtsfehler habe sich auf die Prüfung sowohl der Zuständigkeit der Kommission als auch der Rechtsnatur des streitigen Schreibens ausgewirkt, die der Gerichtshof nach Maßgabe der Rechtsvorschriften über die traditionellen Eigenmittel vorgenommen habe. Außerdem habe das Gericht dadurch, dass es sich nicht zum Inhalt und zum Zusammenhang des Erlasses des streitigen Schreibens geäußert habe und stattdessen ausschließlich auf die Befugnisse der Kommission abgestellt habe, eine ständige Rechtsprechung im Bereich der Nichtigkeitsklagen missachtet. Damit habe das Gericht gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstoßen.

35      Hilfsweise macht Rumänien zum einen geltend, die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei insoweit widersprüchlich, als das Gericht den Mitgliedstaaten in Rn. 29 des Beschlusses hinsichtlich der Feststellung des Bestehens eines Verlustes an traditionellen Eigenmitteln und einer Verpflichtung, solche Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, ein Ermessen zugestanden habe, während sich u. a. aus den Rn. 24 und 25 des Beschlusses ergebe, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, die Eigenmittel festzustellen, sobald die Voraussetzungen gemäß dem Beschluss 2007/436 und der Verordnung Nr. 1150/2000 erfüllt seien.

36      Zum anderen macht Rumänien geltend, dass der Mechanismus der Zurverfügungstellung unter Vorbehalt hier nicht zum Tragen komme. Er sei im Bereich der traditionellen Eigenmittel entwickelt worden. Jedenfalls setze er das Vorliegen einer Verpflichtung voraus, von der die Behörden eines Mitgliedstaats befreit werden könnten, und betreffe nur Fälle, in denen Streit über den Grund des geltend gemachten Anspruchs bestehe. Bei Nichtzahlung laufe der Mitgliedstaat Gefahr, Verzugszinsen entrichten zu müssen. Und eine Zahlung unter Vorbehalt könne endgültig sein, wenn der Rechtsstreit nicht im Rahmen einer Nichtigkeitsklage entschieden werde oder die Kommission keine Verletzungsklage erhebe.

37      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

38      Zum ersten Rechtsmittelgrund macht sie geltend, in Anbetracht des Inhalts des streitigen Schreibens, in dem davon ausgegangen werde, dass Rumänien für den Verlust an traditionellen Eigenmitteln finanziell verantwortlich sei, habe das Gericht die Befugnisse der Kommission zu Recht nach Maßgabe der Rechtsvorschriften über die traditionellen Eigenmittel geprüft. Es habe den Inhalt des streitigen Schreibens und den Kontext der Rechtsvorschriften in diesem Bereich ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit der Klage geprüft, ohne deren Begründetheit zu prüfen. Weder der Inhalt des streitigen Schreibens, mit dem die Kommission lediglich bestimmte Tatsachen dargestellt und ihre Meinungen über die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen im Bereich der Eigenmittel geäußert habe, indem sie die rumänischen Behörden aufgefordert habe, einen bestimmten Betrag zur Verfügung zu stellen, noch die Befugnisse der Kommission ließen die Feststellung zu, dass das streitige Schreiben verbindliche Rechtswirkungen erzeuge. Entgegen dem Vorbringen Rumäniens habe das Gericht nicht „die Rechtsnatur der Rumänien mit dem [streitigen] Schreiben auferlegten Verpflichtungen beurteilt“. Es habe eindeutig entschieden, dass das streitige Schreiben eine bloße Aufforderung an Rumänien darstelle und nicht darauf abziele, Rechtswirkungen zu erzeugen.

39      Zum zweiten Rechtsmittelgrund macht die Kommission im Wesentlichen geltend, das Gericht habe in Anbetracht ihrer fehlenden Zuständigkeit im Bereich traditioneller Eigenmittel nach einer Analyse sowohl des Inhalts als auch des Zusammenhangs des streitigen Schreibens zu Recht festgestellt, dass dieses keine anfechtbare Handlung darstelle. Das Gericht habe weder den als traditionelle Eigenmittel geschuldeten Betrag und die Rumänien durch das streitige Schreiben auferlegten Verpflichtungen beurteilt, noch geprüft, ob Rumänien verpflichtet sei, die betreffende Summe zur Verfügung zu stellen, also auch keine Begründetheitsprüfung vorgenommen.

40      Das Fehlen einer Befugnis zum Erlass verbindlicher Entscheidungen im Bereich der Eigenmittel werde auch dadurch bestätigt, dass der Rat einen Vorschlag zur Änderung von Art. 17 der Verordnung Nr. 1150/2000 abgelehnt habe, mit dem der Kommission die Befugnis eingeräumt worden wäre, Ermittlungen durchzuführen und bei festgestellten Zöllen über 50 000 Euro einen mit Gründen versehenen Beschluss zu erlassen.

41      Selbst unterstellt, es ginge in dem streitigen Schreiben entgegen ihrer Auffassung nicht um die Zurverfügungstellung von Eigenmitteln, würde das Schreiben mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugen.

42      Zu Rn. 29 des angefochtenen Beschlusses vertritt die Kommission die Ansicht, dass diese Randnummer nach der vom Gericht in den Rn. 24 bis 28 des angefochtenen Beschlusses dargestellten ständigen Rechtsprechung dahin zu verstehen sei, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 Beträge festgestellter Ansprüche für uneinbringlich erklären könnten. Art. 17 der Verordnung Nr. 1150/2000 sehe für den Fall der Uneinbringlichkeit von Eigenmitteln einen Mechanismus des Austauschs von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission vor. Die Kommission könne einem Mitgliedstaat Bemerkungen übermitteln, habe aber nicht die Befugnis, verbindliche Handlungen zu erlassen, mit denen die geschuldeten Eigenmittel festgesetzt würden. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und einem Mitgliedstaat müsse der Gerichtshof gegebenenfalls in einem Vertragsverletzungsverfahren entscheiden.

43      Zum effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, zum Risiko des betreffenden Staates, Verzugszinsen entrichten zu müssen, und zur Zahlung unter Vorbehalt macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass die Rn. 54 bis 56 des angefochtenen Beschlusses rechtlich nicht zu beanstanden seien. Mit der Zahlung unter Vorbehalt stehe dem Mitgliedstaat ein Mittel zur Verfügung, mit dem er das Risiko der Verpflichtung zur Entrichtung von Verzugszinsen ausschließen könne. Die Mitgliedstaaten hätten wegen Art. 2 Abs. 4 und Art. 8 der Verordnung Nr. 1150/2000 die Möglichkeit, die im Rahmen einer Zahlung unter Vorbehalt zur Verfügung gestellten Mittel zurückzuerlangen. Die Zahlung unter Vorbehalt sei nicht dazu bestimmt, das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu garantieren. Im Übrigen hänge das Risiko des Entstehens von Verzugszinsen mit der Verletzung der Verpflichtung, ihr Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, zusammen, und nicht mit dem eine entsprechende Aufforderung enthaltenden streitigen Schreiben.

44      Die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland und die Slowakische Republik sind der Ansicht, dass dem zweiten Rechtsmittelgrund stattzugeben sei. Zum ersten Rechtsmittelgrund haben sie sich nicht geäußert.

 Würdigung durch den Gerichtshof

45      Mit seinen beiden Rechtsmittelgründen, die zusammen zu prüfen sind, rügt Rumänien im Wesentlichen, dass das Gericht bei der Beurteilung der Anfechtbarkeit des streitigen Schreibens, ohne die Entscheidung über die Unzulässigkeitseinrede der Kommission dem Endurteil vorzubehalten, allein auf das Kriterium der Befugnisse der Kommission nach dem Beschluss 2007/436 und der Verordnung Nr. 1150/2000 abgestellt habe, obwohl diese Rechtsakte überhaupt nicht anwendbar gewesen seien.

46      Als Erstes ist festzustellen, dass es nach der Rechtsprechung Sache des Gerichts ist, zu beurteilen, ob es unter dem Gesichtspunkt der geordneten Rechtspflege gerechtfertigt ist, die Entscheidung über eine Unzulässigkeitseinrede sofort zu treffen oder sie dem Endurteil vorzubehalten (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. Februar 1991, Bocos Viciano/Kommission, C‑126/90 P, EU:C:1991:83, Rn. 6). Es ist nicht geboten, die Entscheidung über die Unzulässigkeitseinrede dem Endurteil vorzubehalten, wenn deren Beurteilung nicht davon abhängt, wie die materiell-rechtlichen Klagegründe des Klägers zu beurteilen sind (Urteil vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 95).

47      Als Zweites ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung „anfechtbare Handlungen“ im Sinne von Art. 263 AEUV unabhängig von ihrer Form alle von den Organen erlassenen Bestimmungen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen, sind (Urteil vom 13. Februar 2014, Ungarn/Kommission, C‑31/13 P, EU:C:2014:70, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48      Für die Feststellung, ob die angefochtene Handlung solche Wirkungen erzeugt, ist auf ihr Wesen abzustellen (Urteil vom 22. Juni 2000, Niederlande/Kommission, C‑147/96, EU:C:2000:335, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Wirkungen sind anhand objektiver Kriterien zu beurteilen, wie z. B. des Inhalts der Handlung, wobei gegebenenfalls der Zusammenhang ihres Erlasses und die Befugnisse des die Handlung vornehmenden Organs zu berücksichtigen sind (Urteil vom 13. Februar 2014, Ungarn/Kommission, C‑31/13 P, EU:C:2014:70, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

49      Im angefochtenen Beschluss hat das Gericht vorab über die Unzulässigkeitseinrede der Kommission entschieden. Wie oben in den Rn. 21 und 22 ausgeführt, hat das Gericht nach der Prüfung der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten im Bereich der Feststellung der Eigenmittel gemäß den Vorschriften des Beschlusses 2007/436 und der Verordnung Nr. 1150/2000 festgestellt, dass es keine Vorschrift gebe, die die Kommission ermächtige, einen Rechtsakt zu erlassen, mit dem einem Mitgliedstaat aufgegeben werde, Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, so dass davon auszugehen sei, dass das streitige Schreiben informativen Charakter habe und eine bloße Aufforderung an Rumänien darstelle (angefochtener Beschluss, Rn. 37).

50      Das Gericht hat insoweit ausgeführt, dass eine Meinungsäußerung der Kommission wie die in dem Schreiben enthaltene für die nationalen Behörden nicht verbindlich sei und ebenso wenig wie eine mit Gründen versehene Stellungnahme im Vorverfahren eines Vertragsverletzungsverfahrens eine anfechtbare Handlung darstelle.

51      Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht seine Beurteilung der Anfechtbarkeit des streitigen Schreibens im Wesentlichen auf eine Prüfung der Befugnisse der Kommission nach den Vorschriften des Beschlusses 2007/436 und der Verordnung Nr. 1150/2000 gestützt hat. Entgegen dem Vorbringen Rumäniens hat es auf diese Weise aber weder die Rechtsnatur des verlangten Betrags beurteilt noch diesen als „Eigenmittel“ eingestuft.

52      Das Gericht hat sich im angefochtenen Beschluss nämlich darauf beschränkt, die Verpflichtungen und Befugnisse der Mitgliedstaaten bzw. der Kommission im Bereich der Eigenmittel der Union abstrakt darzulegen. Da die Kommission das streitige Schreiben in diesem Bereich erlassen hat (vgl. angefochtener Beschluss, Rn. 1 bis 7), durfte das Gericht die Verpflichtungen und Befugnisse der Mitgliedstaaten bzw. der Kommission im Rahmen der Prüfung der Anfechtbarkeit des Schreibens nach Maßgabe der Vorschriften über die Eigenmittel beurteilen. Es ist ihm insoweit kein Rechtsfehler unterlaufen. Der Prüfung der die Begründetheit betreffenden Frage der Anwendbarkeit dieser Vorschriften im vorliegenden Fall und der Einstufung des betreffenden Betrags wurde damit nicht vorgegriffen.

53      Sodann ist festzustellen, dass das Gericht das Vorbringen Rumäniens zur materiellen Rechtmäßigkeit des Inhalts des streitigen Schreibens in Rn. 51 des angefochtenen Beschlusses zu Recht als ins Leere gehend zurückgewiesen hat, ohne die Entscheidung über die von der Kommission erhobene Unzulässigkeitseinrede dem Endurteil vorzubehalten.

54      In Anbetracht der Erwägungen oben in den Rn. 59 bis 66 und in Anbetracht des Zusammenhangs, in dem das streitige Schreiben versandt wurde, ist das Vorbringen Rumäniens, ihm sei mit dem streitigen Schreiben eine neue, in den Rechtsvorschriften über die Eigenmittel nicht vorgesehene Verpflichtung auferlegt worden, als ins Leere gehend zurückzuweisen.

55      Schließlich ist festzustellen, dass Rumänien zu Recht darauf hinweist, dass das Gericht lediglich die Befugnisse des Handelnden geprüft hat, nicht aber den Inhalt des streitigen Schreibens. Dies steht nicht in Einklang mit der oben in Rn. 48 dargestellten Rechtsprechung.

56      Folglich ist dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen.

57      Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts, wenn zwar dessen Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen kann und die Begründung durch eine andere zu ersetzen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 150, und vom 5. März 2015, Kommission u. a./Versalis u. a., C‑93/13 P und C‑123/13 P, EU:C:2015:150, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      So liegt der Fall hier.

59      Eine Analyse des Inhalts des streitigen Schreibens nach Maßgabe der oben in den Rn. 47 und 48 dargestellten Rechtsprechung ergibt unter Berücksichtigung des Zusammenhangs seiner Erstellung und der Befugnisse der Kommission, dass das Schreiben nicht als „anfechtbare Handlung“ einzustufen ist.

60      Erstens ist zum Inhalt des Schreibens festzustellen, dass der Direktor der Direktion „Eigenmittel und Finanzplanung“ der Generaldirektion Haushalt der Kommission darin nach einer Darstellung des Sachverhalts den Standpunkt der Direktion zum Ausdruck gebracht hat, dass Rumänien für die in Deutschland entstandenen Verluste an Eigenmitteln verantwortlich sei. Er hat die Auffassung vertreten, dass Rumänien diese Verluste ausgleichen müsse und dass Rumänien, wenn es sich weigere, den betreffenden Betrag zur Verfügung zu stellen, gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoße und das reibungslose Funktionieren des Systems der Eigenmittel gefährde. Vor diesem Hintergrund hat er Rumänien aufgefordert, die den Verlusten entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, wobei er darauf hingewiesen hat, dass, wenn dies nicht innerhalb der in dem Schreiben gesetzten Frist geschehe, gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 Verzugszinsen zu entrichten seien.

61      Demnach hat die Kommission Rumänien mit dem streitigen Schreiben im Wesentlichen mitgeteilt, welche rechtlichen Folgen die in Deutschland entstandenen Verluste an Eigenmitteln ihrer Auffassung nach haben und welche Verpflichtungen sich daraus ihrer Auffassung nach für Rumänien ergeben. Vor diesem Hintergrund hat sie Rumänien aufgefordert, den betreffenden Betrag zur Verfügung zu stellen.

62      Weder die Darlegung einer bloßen Rechtsauffassung noch eine bloße Aufforderung, den betreffenden Betrag zur Verfügung zu stellen, sind aber geeignet, Rechtswirkungen zu erzeugen.

63      Allein die Tatsache, dass im streitigen Schreiben für die Zurverfügungstellung des Betrags mit dem Hinweis, dass bei verspäteter Gutschrift Verzugszinsen zu entrichten seien, eine Frist gesetzt wird, lässt im Hinblick auf den gesamten Inhalt des Schreibens nicht den Schluss zu, dass die Kommission beabsichtigt hätte, nicht ihre Meinung zu äußern, sondern einen Rechtsakt mit verbindlichen Rechtswirkungen zu erlassen, und verleiht dem Schreiben deshalb auch nicht die Rechtsnatur einer anfechtbaren Handlung.

64      Zweitens ist zum Zusammenhang festzustellen, dass die Kommission in der mündlichen Verhandlung, ohne dass Rumänien oder die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelferinnen beigetreten sind, ihr insoweit widersprochen hätten, darauf hingewiesen hat, dass Schreiben wie das streitige einer gängigen Praxis der Kommission entsprächen. Sie dienten dazu, informelle Gespräche über die Beachtung des Unionsrechts durch einen Mitgliedstaat in Gang zu setzen, auf die die Einleitung des Vorverfahrens eines Vertragsverletzungsverfahrens folgen könne. Dieser Zusammenhang wird im streitigen Schreiben deutlich, in dem klar begründet wird, warum die Kommission die Auffassung vertritt, dass eine Verletzung des Unionsrechts durch Rumänien in Betracht komme. Außerdem geht aus der Klageschrift, die Rumänien beim Gericht eingereicht hat, eindeutig hervor, dass Rumänien diesen Zusammenhang kannte und die Absicht der Kommission, informelle Kontakte aufzunehmen, durchaus verstanden hat.

65      Nach der Rechtsprechung ist eine mit Gründen versehene Stellungnahme wegen des Ermessens, über das die Kommission hinsichtlich der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens verfügt, nicht geeignet, verbindliche Rechtswirkungen zu erzeugen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 1998, Kommission/Deutschland, C‑191/95, EU:C:1998:441, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das muss erst recht für Schreiben gelten, die wie das streitige als informelle Kontaktaufnahmen vor der Einleitung des Vorverfahrens eines Vertragsverletzungsverfahrens aufgefasst werden können.

66      Drittens ist zu den Befugnissen der Kommission festzustellen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Kommission jedenfalls nicht über die Befugnis verfügt, verbindliche Rechtsakte zu erlassen, mit denen einem Mitgliedstaat aufgegeben wird, Beträge wie den zur Verfügung zu stellen, um den es im vorliegenden Verfahren geht. Denn selbst unterstellt, dieser Betrag wäre nicht als „Eigenmittel“ einzustufen, wie Rumänien geltend macht, hat die Kommission vor dem Gerichtshof darauf hingewiesen, dass für den Erlass eines verbindlichen Rechtsakts keine Rechtsgrundlage ersichtlich sei. Und selbst unterstellt, der Betrag wäre entgegen dem Vorbringen Rumäniens als „Eigenmittel“ einzustufen, ist das Vorbringen der Kommission, dass ihr weder durch den Beschluss 2007/436 noch durch die Verordnung Nr. 1150/2000 eine Entscheidungsbefugnis eingeräumt sei, von Rumänien nicht bestritten worden.

67      Somit ist, ohne dass über die die Begründetheit betreffende Frage der Anwendbarkeit des Beschlusses 2007/436 und der Verordnung Nr. 1150/2000 und der rechtlichen Einstufung des verlangten Betrags entschieden zu werden braucht, festzustellen, dass das streitige Schreiben keine „anfechtbare Handlung“ im Sinne von Art. 263 AEUV darstellt.

68      Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen Rumäniens zum Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, zur Rechtsunsicherheit, die bestehe, und zu dem finanziellen Risiko, dem Rumänien ausgesetzt sei, nicht in Frage gestellt. Zwar ist die Voraussetzung der verbindlichen Rechtswirkungen im Licht des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz auszulegen, wie es in Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert ist. Dieses Recht zielt aber nicht darauf ab, das in den Verträgen vorgesehene Rechtsschutzsystem und insbesondere die Bestimmungen über die Zulässigkeit direkter Klagen bei den Gerichten der Union zu ändern, wie auch aus den Erläuterungen zu diesem Artikel hervorgeht, die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 7 der Charta für deren Auslegung zu berücksichtigen sind (Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Auslegung des Begriffs „anfechtbare Handlung“ im Licht von Art. 47 der Charta kann daher nicht zum Wegfall der Voraussetzung der verbindlichen Rechtswirkungen führen, ohne dass die den Unionsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden (vgl. entsprechend Urteil vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 81, und Beschluss vom 14. Mai 2012, Sepracor Pharmaceuticals [Ireland]/Kommission, C‑477/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:292, Rn. 54).

69      Somit ist festzustellen, dass der Tenor des angefochtenen Beschlusses, soweit mit ihm die Klage Rumäniens als unzulässig abgewiesen wird, richtig ist. Folglich sind der erste und der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen, ohne dass das Vorbringen zu dem Widerspruch, der in der Begründung des angefochtenen Beschlusses zwischen dessen Rn. 24 und 25 und dessen Rn. 29 bestehen soll, und zu der Anwendbarkeit des Mechanismus der Zurverfügungstellung unter Vorbehalt geprüft zu werden braucht. Das Rechtsmittel ist deshalb vollständig zurückzuweisen.

 Kosten

70      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

71      Da Rumänien mit seinen Rechtsmittelgründen unterlegen ist, ist es gemäß dem Antrag der Kommission zu verurteilen, neben seinen eigenen Kosten die der Kommission zu tragen.

72      Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelferinnen beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

73      Folglich haben die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland und die Slowakische Republik ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Rumänien trägt neben seinen eigenen Kosten die der Europäischen Kommission.

3.      Die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland und die Slowakische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Rumänisch.