URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
7. November 1997(1)
[234s„Europäischer Sozialfonds Entscheidung über die Kürzung eines Zuschusses
Begründungspflicht“[s
In der Rechtssache T-84/96
Cipeke Comércio e Indústria de Papel Ld.a, Gesellschaft portugiesischen Rechts,
Sitz: Lissabon, Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Miguel Ferrão Castelo
Branco, später Rechtsanwalt João Caniço Gomes, Lissabon, Zustellungsanschrift:
Kanzlei des Rechtsanwalts François Brouxel, 6, rue Zithe, Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Maria Teresa
Figueira und Knut Simonsson, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst der
Kommission, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung PTC(95)543 der Kommission vom 12.
Dezember 1995 über die Kürzung eines Zuschusses
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten B. Vesterdorf sowie der Richter C. P. Briët und
A. Potocki,
Kanzler: B. Pastor, Hauptverwaltungsrätin
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26.
September 1997,
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
- Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a des Beschlusses 83/516/EWG des Rates vom
17. Oktober 1983 über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289,
S. 38) beteiligt sich dieser Fonds (im folgenden: der Fonds) an der Finanzierung
von Maßnahmen der beruflichen Bildung und Berufsberatung.
- Die Genehmigung eines Finanzierungsantrags durch die Kommission hat nach
Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober
1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG über die Aufgaben des
Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289, S. 1; im folgenden: Verordnung) zur Folge,
daß ein Vorschuß in Höhe von 50 % des Zuschusses zu dem für den Beginn der
Maßnahme vorgesehenen Zeitpunkt gezahlt wird.
- Nach Artikel 5 Absatz 4 enthalten Anträge auf Restzahlung einen ins einzelne
gehenden Bericht über den Inhalt, die Ergebnisse und die finanziellen Einzelheiten
der betreffenden Maßnahme. Der Mitgliedstaat bestätigt, daß die im Antrag
enthaltenen Angaben sachlich und rechnerisch richtig sind.
- Nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung kann die Kommission einen Zuschuß des
Europäischen Sozialfonds (im folgenden: Fonds), der nicht entsprechend den
Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung verwendet wird, aussetzen,
kürzen oder streichen, nachdem sie dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur
Stellungnahme gegeben hat.
- Schließlich kann die Kommission nach Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung
unbeschadet der Prüfungen durch die Mitgliedstaaten an Ort und Stelle Prüfungen
vornehmen.
Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt
- Die Cipeke Comércio e Indústria de Papel Ld.a (Klägerin), die im Papierhandel
und der Papierindustrie sowie auf dem Gebiet der graphischen Künste tätig ist,
schloß gemeinsam mit einer Gruppe von Unternehmen dieser Branche mit einem
Träger, der Partex Companhia Portuguesa de Serviços, SA (Partex), einen Vertrag
über die Veranstaltung einer gemeinsamen Bildungsmaßnahme im Wirtschaftsjahr
1987.
- Das Departamento para os Assuntos do Fundo Social Europeu (Behörde für
Angelegenheiten des Europäischen Sozialfonds; DAFSE) in Lissabon reichte
zugunsten der genannten Gruppe von Unternehmen einen Antrag auf einen
Zuschuß des Fonds ein, der bei der Kommission am 20. Oktober 1986 einging.
- Die Kommission genehmigte das Bildungsvorhaben mit Entscheidung vom 30. April
1987 und gewährte der Partex im Namen der beteiligten Unternehmen einen
Zuschuß von insgesamt 300 665 191 ESC, von denen die Klägerin 71 309 280 ESC
erhalten sollte.
- Die Tätigkeit der Klägerin bestand in zwei vergüteten Kursen der beruflichen
Bildung im Bereich der graphischen Künste, die sich an technische Zeichner und
an Photomechanik-Techniker wandten.
- Die Klägerin hatte mit Dienstleistungsverträgen, die am 31. Dezember 1986 sowie
am 24. und 30. April 1987 abgeschlossen wurden, den Unternehmen Partex, Cetase
und Quadriforma die Durchführung der Bildungsmaßnahme als Subunternehmer
übertragen und sich dabei lediglich die Rolle der Überwachung der von diesen
Unternehmen getroffenen Entscheidungen vorbehalten. Zwei weitere
Unternehmen, die Firmen Gráfica Monumental und Parageste, wurden ebenfalls
an den Berufsbildungsmaßnahmen der Klägerin beteiligt.
- Nach Abschluß der Bildungsmaßnahme legte die Klägerin dem DAFSE einen
quantitativen und qualitativen Bewertungsbericht und einen Antrag auf Restzahlung
vor. Nachdem die Kommission mit Schreiben vom 10. Januar 1990 darauf
hingewiesen hatte, daß ein bestimmter Betrag der Ausgaben nicht zuschußfähig sei,
kürzte sie mit Entscheidung vom 2. März 1990 den zunächst bewilligten Zuschuß.
- Der Gerichtshof hat diese Entscheidung auf die Klage der Klägerin wegen
unzureichender Begründung für nichtig erklärt (Urteil vom 4. Juni 1992 in der
Rechtssache C-189/90, Cipeke/Kommission, Slg. 1992, I-3573, Randnrn. 21 bis 23);
in den Entscheidungsgründen hat er festgestellt, daß der Klägerin zwar der
Gesamtbetrag der Kürzung mitgeteilt worden war, daß ihr jedoch die genaue
Aufstellung der betroffenen Posten oder Spalten, die Aufteilung der Kürzung je
Posten und die Berechnungsweise dieser Kürzung unbekannt waren.
- In Durchführung dieses Urteils leitete die Kommission ein Verfahren zum Erlaß
einer neuen Entscheidung gegenüber der Klägerin ein. Zu diesem Zweck wurde am
7. Juli 1993 bei der Betroffenen eine Prüfung durch die Gemeinschaft
vorgenommen.
- Mit Schreiben Nr. 6045 vom 24. März 1994 teilte die Kommission dem DAFSE mit,
die Überprüfung des Restzahlungsantrags der Klägerin habe ergeben, daß ein Teil
des Zuschusses des Fonds nicht entsprechend den in der
Genehmigungsentscheidung festgelegten Bedingungen verwendet worden sei.
- In diesem Schreiben führte die Kommission im Kern aus, die Klägerin habe
Bildungsmaßnahmen mehreren Unternehmen, die bestimmte Dienstleistungen in
Rechnung gestellt hätten, als Subunternehmen anvertraut. Nach Ansicht der
Kommission wurde im Rahmen der Prüfung anhand von Angaben des Leiters des
Trägers festgestellt, daß dessen Zwischenschaltung völlig unnütz gewesen sei und
zu einer ungerechtfertigten Steigerung der angemeldeten Ausgaben geführt habe.
- Die gesamten nicht zuschußfähigen Ausgaben der Klägerin hätten sich auf
19 725 390 ESC belaufen, und der Kommission sei ein Betrag von 4 267 218 ESC
zu erstatten.
- Die Kommission holte gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung die
Stellungnahme des DAFSE ein. Zu diesem Zweck forderte das DAFSE die
Klägerin mit Schreiben vom 11. April 1994 auf, sich zu dem Kürzungsvorhaben zu
äußern, und übersandte dieses Vorhaben auch der Partex als Trägerin des
Vorgangs.
- Mit Schreiben vom 21. April 1994 beantragte die Partex, mit der zu erlassenden
Entscheidung die Zuschußfähigkeit der von ihr in Rechnung gestellten Beträge zu
bestätigen. Die Klägerin bestätigte mit Schreiben vom 26. April 1994 an das
DAFSE die Aufrechterhaltung ihres gesamten Erstattungsantrags in bezug auf die
Restzahlung für das Vorhaben.
- Das DAFSE nahm mit Schreiben vom 13. Mai 1994 zum Entscheidungsentwurf
Stellung.
- Mit der Entscheidung PTC(95)543 vom 12. Dezember 1995 kürzte die
Kommission den Zuschuß des Fonds und ordnete die Erstattung eines Betrages von
4 267 218 ESC an.
- Das DAFSE unterrichtete die Klägerin von dieser Entscheidung und verlangte von
ihr mit Schreiben vom 21. März 1996, bei der Klägerin eingegangen am 23. März
1996, die Erstattung des genannten Betrages an den Fonds.
Verfahren
- Daraufhin hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 29. Mai 1996 bei der Kanzlei
des Gerichts eingegangen ist, Klage auf Nichtigerklärung der Kürzungsentscheidung
erhoben.
- Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, hat sie gemäß Artikel 185 EG-Vertrag die Aussetzung des Vollzugs
der erlassenen Entscheidung beantragt. Der Präsident des Gerichts hat mit
Beschluß vom 8. Oktober 1996 in der Rechtssache T-84/96 R (Slg. 1996, II-1315)
diesen Antrag zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.
- Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die
mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.
- Die mündliche Verhandlung hat am 26. September 1997 stattgefunden. Die
Parteien haben mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge der Parteien
- Die Klägerin beantragt die Nichtigerklärung der streitigen Maßnahme mit allen
rechtlichen Folgen, die sich daraus ergeben.
- Die Kommission beantragt,
1. die Klage mangels Beweises als unbegründet abzuweisen;
2. der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zum Gegenstand des Rechtsstreits
- In der Klageschrift heißt es:
„Somit verstößt die streitige Maßnahme gegen wesentliche Formvorschriften
(Artikel 190 EG-Vertrag), was zu ihrer Nichtigkeit führt, die hiermit gerügt wird;
diese Nichtigkeit ist festzustellen und führt dazu, daß diese Maßnahme keine
Rechtswirkungen erzeugen kann (Artikel 173 EG-Vertrag).“
- Bestimmte Argumente in der Klageschrift lassen sich jedoch so auslegen, daß damit
in Wirklichkeit die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung bestritten wird.
Die Klägerin rügt nämlich in ihrer Klageschrift, daß die Schlußfolgerungen der
Kommission unbegründet seien (Nr. 38), auf hypothetischen Berechnungen
beruhten (Nr. 40), oder auch, daß die Berechnungen der Kommission in bezug auf
mangelnde Zuschußfähigkeit bestimmter Ausgaben nicht sachgerecht erstellt
worden seien (Nr. 41), und schließlich, daß die als nicht zuschußfähig angesehenen
Beträge im ursprünglichen Entwurf vorgesehen gewesen seien (Nr. 45).
- Dieses Vorbringen ist jedoch nicht hinreichend substantiiert, um den
Anforderungen des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des
Gerichts zu genügen, wonach die Klageschrift u. a. eine kurze Darstellung der
Klagegründe enthalten muß. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß die
Klägerin keinen Klagegrund vorbringt, mit dem die Begründetheit der Entscheidung
ausdrücklich bestritten würde.
- Nach ständiger Rechtsprechung muß die Darlegung eines Klagegrundes so klar und
deutlich sein, daß dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem
Gericht die Wahrnehmung seiner richterlichen Kontrollaufgabe ermöglicht wird.
Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten,
setzt die Zulässigkeit daher voraus, daß sich die tatsächlichen und rechtlichen
Umstände, auf die sich die Klage stützt, zumindest in gedrängter Form, aber
zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben
(Beschluß des Gerichts vom 28. April 1993 in der Rechtssache T-85/92, De
Hoe/Kommission, Slg. 1993, II-523, Randnr. 20).
- Die Ungenauigkeit des Vorbringens der Klägerin in ihrer Klageschrift hat die
Kommission zu der Ansicht gebracht, daß die Rüge der unzureichenden
Begründung der einzige in der Klageschrift vorgetragene Klagegrund sei, so daß sie
in ihrer Klagebeantwortung nur zu diesem Klagegrund Stellung genommen hat. So
hat sie in Nummer 13 dieses Schriftsatzes ausgeführt, der Umstand, daß die
Klägerin mit der angefochtenen Entscheidung nicht einverstanden sei, dürfe nicht
mit dem Fehlen oder der Unzulänglichkeit der Begründung verwechselt werden.
- Das Gericht kann die Ausführungen der Klägerin in ihrem Schreiben vom 26. April
1994 zum Entwurf der Kürzungsentscheidung, auf das sie in Nummer 42 ihrer
Klageschrift Bezug nimmt, nicht berücksichtigen. Denn eine solche pauschale
Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen
beigefügt sind, kann nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der
Rechtsausführungen ausgleichen, die in der Klageschrift enthalten sein müssen
(Urteile des Gerichtshofes vom 13. Dezember 1990 in der Rechtssache C-347/88,
Kommission/Griechenland, Slg. 1990, I-4747, Randnr. 28, und vom 31. März 1992
in der Rechtssache C-52/90, Kommission/Dänemark, Slg. 1992, I-2187, Randnrn.
17 ff.).
- Zwar kann die Klageschrift in einzelnen Punkten durch die Bezugnahme auf Teile
der als Anlage beigefügten Schriftstücke untermauert und vervollständigt werden,
das Gericht darf jedoch die Klagegründe, auf die sich die Klage möglicherweise
stützen läßt, nicht in den Anlagen suchen und bestimmen, denn die Anlagen haben
eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Beschlüsse des Gerichts vom 24. März
1993 in der Rechtssache T-72/92, Benzler/Kommission, Slg. 1993, II-347,
Randnr. 19, und in der Rechtssache De Hoe/Kommission, a. a. O., Randnr. 22).
- So, wie die Klageschrift dem Gericht vorliegt, erlaubt sie es diesem nicht, die
Begründetheit der angefochtenen Entscheidung zu überprüfen, und hindert die
Beklagte daran, sich insoweit angemessen zu verteidigen.
- Die Klägerin hat zwar die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung auch in
ihrer Erwiderung und in der mündlichen Verhandlung in Abrede gestellt. Dabei
handelt es sich jedoch um einen neuen Klagegrund, da dieses Vorbringen deshalb
nicht als Erweiterung des Klagegrundes der unzureichenden Begründung angesehen
werden kann, weil zwischen diesen beiden Klagegründen zu unterscheiden ist (siehe
im folgenden Randnr. 32).
- Gemäß Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts können jedoch neue
Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht
werden, es sei denn, daß sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt
werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind (Urteil des Gerichtsvom 11. Dezember 1996 in der Rechtssache T-521/93, Atlanta u. a./EG, Slg. 1996,
II-1707, Randnr. 39).
- Nach allem ist der Klagegrund der unzureichenden Begründung der angefochtenen
Entscheidung der einzige Klagegrund, der ordnungsgemäß geltend gemacht worden
ist.
Zur Begründung der Entscheidung
Vorbringen der Parteien
- Die Klägerin rügt in ihrer Klageschrift, daß die Schlußfolgerungen im Schreiben Nr.
6045, die die Gründe für die streitige Entscheidung darstellten, widersprüchlich,
mehrdeutig, unzusammenhängend und nicht stichhaltig seien. In ihnen werde nicht
objektiv und genau angegeben, wie der Betrag der nicht zuschußfähigen Ausgaben
berechnet worden sei. Insoweit entspreche die streitige Entscheidung nicht den
Anforderungen, die der Gerichtshof im Urteil Cipeke/Kommission aufgestellt habe.
- Die Kommission habe ihre Schlußfolgerungen auf hypothetische Berechnungen
gestützt, die in bezug auf die Kosten der Vorbereitung der Kurse viel niedrigere
Beträge ergäben, als sie als Durchschnitt der Ausgaben aller anderen Empfänger
des fraglichen Zuschusses festgestellt worden seien. Die Berechnungen der
Kommission in bezug auf die mangelnde Zuschußfähigkeit bestimmter Ausgaben
seien nicht sachgerecht gewesen, wie die Klägerin bereits in ihrem der Klageschrift
als integrierender Bestandteil beigefügten Schreiben vom 26. April 1994 ausgeführt
habe.
- In ihrer Erwiderung fügt die Klägerin hinzu, daß in der angefochtenen
Entscheidung weder die Berechnungsweise noch die Regeln angegeben seien, die
die Kommission bei der Kürzung des Zuschusses angewandt habe (Urteile des
Gerichtshofes vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-181/90,
Consorgan/Kommission, Slg. 1992, I-3557, Randnrn. 15 bis 25, und Urteil des
Gerichts vom 6. Dezember 1994 in der Rechtssache T-450/93, Lisrestal
u. a./Kommission, Slg. 1994, II-1177, Randnr. 52).
- Die für die Kürzung des ursprünglich genehmigten Zuschusses angegebenen
Gründe, wie sie sich aus den Schlußfolgerungen der Prüfer und den Erklärungen
des portugiesischen Staates ergäben, seien auf rein hypothetische Überlegungen
und Annahmen gestützt; diese Gründe müßten aber mit Gewißheit und hinreichend
klar dargelegt werden.
- Die Kommission erwidert im Kern, sie habe die Berechnungen nach der Prüfung
detailliert und sorgfältig ausgearbeitet, und die Klägerin habe nicht dargetan, daß
die Berechnungen hypothetisch, unrichtig und subjektiv seien.
- Das Schreiben Nr. 6045, dessen Schlußfolgerungen die Grundlage der
angefochtenen Entscheidung darstellten, wie die Klägerin selbst in Nummer 37
ihrer Klageschrift ausführe, nenne hinreichend klar und transparent die
Berechnungsmethoden und Regeln, wie etwa das Kriterium der Angemessenheit
der Ausgaben, die die Kommission zur Kürzung des Zuschusses des Fonds
veranlaßt hätten.
- Dieses Schreiben habe der Klägerin nicht nur den Gesamtbetrag der Kürzung,
sondern auch die genaue Aufstellung der Posten, bei denen diese Kürzungen
vorgenommen worden seien, die verschiedenen Beträge je Posten und je
Subunternehmen sowie die Berechnungsweise für diese Kürzung zur Kenntnis
gebracht. Schließlich seien die vorgenommenen Kürzungen mit hinreichender
Gewißheit und hinreichend klar nachgewiesen worden, zumindest soweit dies
anhand der Unterlagen, die die Klägerin den Prüfern zur Verfügung gestellt habe,
möglich gewesen sei.
Würdigung durch das Gericht
- Nach ständiger Rechtsprechung muß die nach Artikel 190 des Vertrages
vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt
erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen die
Gründe für die erlassene Maßnahme erkennen können und der
Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil des
Gerichtshofes vom 15. April 1997 in der Rechtssache C-22/94, The Irish Farmers
Association u. a., Slg. 1997, I-1809, Randnr. 39; Urteil Lisrestal u. a./Kommission,
a. a. O., Randnr. 52).
- Somit stellt die Beanstandung des Fehlens oder der Unzulänglichkeit einer
Begründung die Rüge einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften dar, die sich
von der Rüge der Unrichtigkeit der Gründe der angefochtenen Entscheidung
unterscheidet, deren Kontrolle vielmehr zur Prüfung der Begründetheit dieser
Entscheidung gehört (Urteil des Gerichts vom 2. Oktober 1996 in der Rechtssache
T-356/94, Vecchi/Kommission, Slg. 1996, II-1251, Randnr. 82).
- Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, daß die angefochtene Entscheidung,
wie sie im Schreiben Nr. 6045 zum Ausdruck kommt, eine mehrseitige detaillierte
Aufstellung der Gründe, aus denen die Kommission zu Recht oder zu Unrecht
die Kürzungen in den verschiedenen Spalten der als nicht zuschußfähig
angesehenen Ausgaben vorgenommen hat, sowie genaue Angaben zur
Berechnungsweise für diese Kürzungen enthält. Dem konnte die Klägerin sowohl
den Gesamtbetrag der Kürzung als auch die betroffenen Spalten, die Aufteilung
der Kürzungen auf die Spalten und die Berechnungsweise für diese Kürzungen
gemäß den im Urteil Cipeke/Kommission des Gerichtshofes festgelegten
Grundsätzen entnehmen.
- Es zeigt sich somit, daß die Begründung der angefochtenen Entscheidung klar und
zusammenhängend die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen anführt, von
denen es abhängt, ob die vorgenommenen Kürzungen ordnungsgemäß begründet
sind; die Frage, ob diese Erwägungen sachlich begründet sind, ist davon unabhängig
und, wie bereits ausgeführt, nicht im Zusammenhang mit der Frage zu prüfen, ob
die Begründung zureichend ist, sondern bei der Untersuchung der Begründetheit
der Klage.
- Unter diesen Umständen ist der Klagegrund der unzureichenden Begründung der
angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen.
- Somit ist die Klage abzuweisen.
Kosten
- Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag
zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen
unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten des Verfahrens
aufzuerlegen, ist die Klägerin zur Tragung der Kosten einschließlich der Kosten des
Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu verurteilen.
Aus diesen Gründen
hatDAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des
Verfahrens der einstweiligen Anordnung.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. November 1997.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
B. Vesterdorf
1: Verfahrenssprache: Portugiesisch.