Language of document : ECLI:EU:T:2013:409

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

6. September 2013(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation – Einfrieren von Geldern – Offenkundiger Ermessensfehler“

In den Rechtssachen T‑42/12 und T‑181/12

Naser Bateni, wohnhaft in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Kienzle, M. Schlingmann und F. Lautenschlager,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop, J.‑P. Hix und Z. Kupčová als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, zunächst vertreten durch J. Möller, T. Henze und N. Graf Vitzthum, dann durch J. Möller und T. Henze als Bevollmächtigte,

Streithelferin in der Rechtssache T‑181/12,

betreffend in der Rechtssache T‑42/12 eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/783/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 319, S. 71), soweit der Kläger in die Liste in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39) aufgenommen wurde, und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 319, S. 11), soweit der Kläger in Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1) aufgenommen wurde, und in der Rechtssache T‑181/12 eine Klage auf Nichtigerklärung des Anhangs IX der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. L 88, S. 1), soweit der Name des Klägers auf der Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen belassen wurde, deren Gelder eingefroren werden,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Der Kläger, Herr Naser Bateni, ist iranischer Staatsangehöriger und lebt seit März 2008 in Deutschland. Im März 2009 gründete er die HTTS Hanseatic Trade Trust & Shipping GmbH (im Folgenden: HTTS) mit Sitz in Hamburg, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist. HTTS ist als Schiffsagent tätig und übernimmt das technische Management von Schiffen.

2        Die vorliegende Rechtssache ist vor dem Hintergrund der restriktiven Maßnahmen zu sehen, die eingeführt wurden, um auf die Islamische Republik Iran Druck auszuüben, damit sie proliferationsrelevante nukleare Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen (im Folgenden: nukleare Proliferation) einstellt.

3        Der Rat der Europäischen Union erließ am 26. Juli 2010 den Beschluss 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39). In Anhang II dieses Beschlusses sind die – nicht vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder seinem durch die Resolution 1737 (2006) eingerichteten Sanktionsausschuss benannten – Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgeführt, deren Gelder gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des genannten Beschlusses eingefroren werden.

4        Daraufhin erließ der Rat im Rahmen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union am 25. Oktober 2010 die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1). Anhang VIII dieser Verordnung enthält die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder nach Art. 16 Abs. 2 dieser Verordnung eingefroren werden.

5        Am 1. Dezember 2011 erließ der Rat den Beschluss 2011/783/GASP zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 319, S. 71). Durch diesen Beschluss wurde der Name des Klägers auf die Liste der Personen gesetzt, die in Tabelle III des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 aufgeführt sind.

6        Im Einklang mit dem Beschluss 2011/783 wurde Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. L 319, S. 11) dahin geändert, dass u. a. der Name des Klägers darin aufgenommen wurde.

7        Die Verordnung Nr. 1245/2011 greift in Bezug auf den Kläger folgende im Beschluss Nr. 2011/783 enthaltene Begründung auf:

„Ehemaliger Legal Director der IRISL, Geschäftsführer der Hanseatic Trade … Trust [&] Shipping Company (HTTS), die von der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde. Geschäftsführer der Scheinfirma NHL Basic Ltd.“

8        Mit Schreiben vom 17. Januar 2012 rügte der Kläger die für seine Aufnahme in die Liste angeführten Gründe. Er forderte den Rat auf, sämtliche Beweise vorzulegen, auf denen diese Gründe beruhten, und seinen Beschluss, ihn in die Liste des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 und in die des Anhangs VIII der Verordnung Nr. 961/2010 aufzunehmen, zu überprüfen.

9        In seiner Antwort vom 23. März 2012 teilte der Rat dem Kläger lediglich mit, dass er entschieden habe, ihn als ehemaligen Legal Director der Islamic Republic of Iran Shipping Lines (IRISL) und Geschäftsführer von HTTS auf der Liste zu belassen. Er beabsichtige jedoch, den Hinweis auf die NHL Basic Ltd in den Gründen für die Aufnahme des Klägers in diese Liste zu streichen, da diese Gesellschaft, wie der Kläger in seinem Schreiben vom 17. Januar 2012 ausgeführt habe, aufgelöst worden sei.

10      Am 23. März 2012 erließ der Rat die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 961/2010 (ABl. L 88, S. 1) im Anschluss an den Erlass seines Beschlusses 2012/35/GASP vom 23. Januar 2012 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 19, S. 22). Der Beschluss 2012/35 sieht zusätzliche restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran vor und betrifft nicht den Kläger.

11      Mit der Verordnung Nr. 267/2012 wurde der Name des Klägers auf der Liste der – nicht vom Sicherheitsrat oder vom Sanktionsausschuss bezeichneten – Personen, Organisationen und Einrichtungen belassen, deren Gelder eingefroren werden. Diese Liste steht seither in Anhang IX dieser Verordnung. Die Begründung für die Nennung des Klägers in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 stimmt mit der in Anhang II des Beschlusses 2010/413 angeführten überein, die in Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 übernommen wurde.

 Verfahren und Anträge der Parteien

12      Mit Klageschrift, die am 1. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger in der Rechtssache T‑42/12 Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/783 und der Verordnung Nr. 1245/2011 erhoben, soweit sie ihn betreffen.

13      Nachdem die Verordnung Nr. 961/2010 aufgehoben und durch die Verordnung Nr. 267/2012 ersetzt worden war, hat der Kläger in der Rechtssache T‑181/12 Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 267/2012 erhoben, soweit diese ihn auf der Liste der in ihrem Anhang IX genannten Personen belässt.

14      Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger beantragt, die Rechtssache im beschleunigten Verfahren nach Art. 76a der Verfahrensordnung des Gerichts zu behandeln. Mit Entscheidung vom 23. Mai 2012 hat das Gericht (Vierte Kammer) diesem Antrag nach Anhörung des Rates stattgegeben.

15      Die Bundesrepublik Deutschland hat mit Schriftsatz, der am 27. Juli 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, in der Rechtssache T‑181/12 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Die Präsidentin der Vierten Kammer des Gerichts hat diesem Antrag mit Beschluss vom 5. September 2012 stattgegeben.

16      Mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 hat die Präsidentin der Vierten Kammer des Gerichts nach Anhörung aller Parteien in den vorliegenden Rechtssachen T‑42/12 und T‑181/12 sowie in den Rechtssachen T‑128/12 und T‑182/12, HTTS/Rat, angeordnet, diese vier Rechtssachen zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung zu verbinden.

17      Ferner sind die Parteien aufgefordert worden, sich zu einer etwaigen Verbindung der vorliegenden Rechtssachen T‑42/12 und T‑181/12 zu gemeinsamer Entscheidung gemäß Art. 50 Abs. 1 der Verfahrensordnung zu äußern.

18      In der Rechtssache T‑42/12 beantragt der Kläger,

–        den Beschluss 2011/783 und die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 für nichtig zu erklären, soweit sie ihn betreffen;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

19      Der Rat beantragt in dieser Rechtssache,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

20      Der Kläger hat in seiner Stellungnahme vom 22. Mai 2012 zum Interesse an der Weiterführung des Verfahrens in der Rechtssache T‑42/12 beantragt, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, soweit die Klage auf die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 gerichtet ist, und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

21      Der Rat hat in seiner Stellungnahme vom 30. Mai 2012 ebenfalls geltend gemacht, dass sich die Klage in der Rechtssache T‑42/12 im Hinblick auf die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 erledigt habe, und beantragt, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

22      In der Rechtssache T‑181/12 beantragt der Kläger,

–        Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 für nichtig zu erklären, soweit er ihn betrifft;

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

23      In dieser Rechtssache beantragt der Rat, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

24      Das Gericht hat nach Anhörung der Parteien (vgl. oben, Randnr. 17) beschlossen, die vorliegenden Rechtssachen gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.

1.     Zum Antrag auf teilweise Erledigungserklärung in der Rechtssache T‑42/12

25      In seiner Antwort vom 22. Mai 2012 auf eine Frage des Gerichts in Bezug auf das Interesse an der Weiterführung des Verfahrens in der Rechtssache T‑42/12 nach der Erhebung der Klage in der Rechtssache T‑181/12 hat der Kläger das Gericht ersucht, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, soweit die Klage auf die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 gerichtet ist, und dem Rat die Kosten aufzuerlegen. Er habe kein Interesse mehr an der Nichtigerklärung dieser Verordnung, da diese nach der Aufhebung der Verordnung Nr. 961/2010 durch die Verordnung Nr. 267/2012 keine Wirkung mehr habe.

26      In seiner am 30. Mai 2012 eingereichten Stellungnahme hat sich der Rat diesem Standpunkt des Klägers angeschlossen.

27      Außerdem ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger weiterhin ein Interesse an der Durchführung des Verfahrens in der Rechtssache T‑42/12 hat, soweit seine Klage auf die teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/783 gerichtet ist.

28      Nach ständiger Rechtsprechung muss das Rechtsschutzinteresse bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen – andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt –, was voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, Slg. 2007, I‑4333, Randnr. 42, und Beschluss des Gerichts vom 7. Dezember 2011, Fellah/Rat, T‑255/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 12).

29      Im vorliegenden Fall war der Kläger durch die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 in den Anhang VIII der Verordnung Nr. 961/2010 aufgenommen worden. Die zuletzt genannte Verordnung in der u. a. durch diese Durchführungsverordnung geänderten Fassung wurde jedoch durch die Verordnung Nr. 267/2012 aufgehoben und ersetzt. Weder die Verordnung Nr. 961/2010 noch die Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 rufen somit seit dem Zeitpunkt dieser Aufhebung noch rechtliche Wirkungen hervor.

30      Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung die klagende Partei im Rahmen einer Nichtigkeitsklage weiterhin ein Interesse an der Nichtigerklärung eines während des Verfahrens aufgehobenen Rechtsakts haben, wenn an diese Nichtigerklärung selbst rechtliche Folgen geknüpft sein können (vgl. Beschluss des Gerichts vom 14. Januar 2013, Divandari/Rat, T‑497/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Im vorliegenden Fall hat jedoch der Kläger nach Erhebung der Klage in der Rechtssache T‑181/12 auf Nichtigerklärung des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012, soweit er den Kläger betrifft, mitgeteilt, dass er kein Interesse mehr an der Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 habe.

32      Somit ist festzustellen, dass die Klage in der Rechtssache T‑42/12 dem Kläger im Ergebnis keinen Vorteil mehr verschaffen kann, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 gerichtet ist. Daher ist der Antrag auf Nichtigerklärung dieser Verordnung in der Hauptsache erledigt.

2.     Zur Begründetheit

33      Zur Stützung seiner Anträge auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/783 und der Verordnung Nr. 267/2012, soweit diese ihn betreffen, macht der Kläger drei Gründe geltend. Der erste Klagegrund wird aus einem Verstoß gegen das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, die Begründungspflicht und die Verteidigungsrechte, der zweite aus dem Fehlen einer Grundlage für seine Aufnahme in die Liste und der dritte aus einer Verletzung des Eigentumsrechts und einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hergeleitet.

34      Zunächst ist der zweite Klagegrund zu prüfen, der in Anbetracht des Vorbringens des Klägers dahin aufzufassen ist, dass ein offenkundiger Ermessensfehler geltend gemacht wird.

35      Vor der Prüfung der spezifischen und konkreten Gründe für die Aufnahme des Klägers in die Liste ist klarzustellen, mit welcher Intensität die gerichtliche Kontrolle vorzunehmen ist (vgl. unten, Randnrn. 36 bis 46), und sind die Umstände zu ermitteln, auf die sich der Rat oder der als Streithelfer beigetretene Mitgliedstaat vor dem Gericht in Anbetracht der Gründe für diese Aufnahme und des Verlaufs des Verwaltungsverfahrens berufen kann (vgl. unten, Randnrn. 47 bis 58).

 Zur Intensität der gerichtlichen Kontrolle

36      Der Kläger trägt vor, die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen unterliege gemäß den Grundsätzen der Rechtsunion und des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes einer umfassenden Kontrolle durch das Gericht.

37      Der Rat meint dagegen, die fraglichen Maßnahmen sollten nur einer eingeschränkten Kontrolle unterliegen, da sie darauf abzielten, Druck auf die Islamische Republik Iran auszuüben, damit diese ihre proliferationsrelevanten Aktivitäten einstelle. Er unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung, die einer umfassenden Kontrolle unterlägen, und Maßnahmen der Bekämpfung nuklearer Proliferation, die auf alle Personen und Einrichtungen abzielten, die an der Entwicklung der proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten der Islamischen Republik Iran beteiligt seien oder diese Entwicklung unterstützten. Die eingeschränkte Kontrolle rechtfertige sich also dadurch, dass die Maßnahmen der Bekämpfung nuklearer Proliferation einem Verhalten im weiteren Sinne und seitens eines breiteren Kreises gälten als desjenigen von Personen und Einrichtungen, die mit dem Terrorismus in Verbindung stünden und an besonders verabscheuungswürdigen kriminellen Aktivitäten beteiligt seien.

38      Um im vorliegenden Fall zu klären, mit welcher Intensität die Kontrolle durch das Gericht vorzunehmen ist, ist die Stichhaltigkeit der vom Rat in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Unterscheidung zwischen restriktiven Maßnahmen zur Bekämpfung der nuklearen Proliferation und restriktiven Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus zu prüfen.

39      Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass Maßnahmen des Einfrierens von Geldern, die auf der Grundlage der Bestimmungen zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) gegen eine Person oder eine Einrichtung getroffen werden, gezielte Präventivmaßnahmen zur Bekämpfung von Bedrohungen des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit darstellen, deren Erlass innerhalb des strengen Rahmens der rechtlichen Voraussetzungen erfolgt, die durch einen auf der Grundlage des Art. 29 EUV erlassenen Beschluss und eine auf Art. 215 Abs. 2 AEUV gestützte Verordnung zur Umsetzung dieses Beschlusses im Anwendungsbereich des AEU‑Vertrags festgelegt sind. Durch ihren Sicherungscharakter und ihre präventive Zielsetzung unterscheiden sich diese Maßnahmen auch dann von strafrechtlichen Sanktionen, wenn das Verhalten, das den Betroffenen vorgeworfen wird, mit strafbaren Handlungen in Zusammenhang steht. Mit diesen restriktiven Maßnahmen soll nämlich im Rahmen der Umsetzung von Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen die Entwicklung von Tätigkeiten verhindert werden, die den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit gefährden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass diese Maßnahmen die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen und Einrichtungen stark beeinträchtigen, ob es darum geht, terroristische Handlungen zu verhindern, oder darum, der Entwicklung der nuklearen Proliferation dadurch entgegenzuwirken, dass Druck auf die Islamische Republik Iran ausgeübt wird, damit diese ihre proliferationsrelevanten Tätigkeiten einstellt.

40      In diesem Zusammenhang ist es in Anbetracht dessen, dass diese unterschiedlichen restriktiven Maßnahmen ihrer Art und Intensität nach identisch sind und mit ihnen ähnliche Ziele der internationalen Sicherheit verfolgt werden, durch nichts gerechtfertigt, in Bezug auf Maßnahmen, die im Rahmen der Bekämpfung der nuklearen Proliferation verhängt werden, einen anderen Maßstab der gerichtlichen Kontrolle zugrunde zu legen als in Bezug auf Maßnahmen, die im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus verhängt werden.

41      Soweit der Rat hervorhebt, dass zur wirksamen Bekämpfung der nuklearen Proliferation auf den weiteren Kreis von Personen, Unternehmen und Einrichtungen abgezielt werden müsse, deren Verhalten unmittelbar oder mittelbar zu proliferationsrelevanten Tätigkeiten beitragen könne, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass in einer Rechtsunion Wirksamkeitserwägungen eine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle von restriktiven Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen nicht rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi zum Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2012, Tay Za/Rat, C‑376/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nr. 44).

42      Zum anderen unterscheidet die Rechtsprechung, um im Bereich restriktiver Maßnahmen den Umfang des Ermessens des Rates und die Intensität der gerichtlichen Kontrolle über die Ausübung dieses Ermessens zu bestimmen, zwischen den allgemeinen Regeln, die die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass solcher Maßnahmen festlegen – hier die allgemeinen Bestimmungen des Beschlusses 2010/413 und der Verordnung Nr. 267/2012 –, und dem auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung und unter Beachtung dieser rechtlichen Voraussetzungen erfolgenden Erlass von Beschlüssen über das Einfrieren von Geldern bestimmter Personen und Einrichtungen, hier durch die Aufnahme dieser Personen und Einrichtungen in den Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in den Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 (vgl. entsprechend Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2009, Melli Bank/Rat, T‑246/08 und T‑332/08, Slg. 2009, II‑2629, Randnr. 44, und vom 14. Oktober 2009, Bank Melli Iran/Rat, T‑390/08, Slg. 2009, II -967, Randnr. 35).

43      Was erstens die allgemeine und abstrakte Definition der rechtlichen Kriterien und der Modalitäten des Erlasses restriktiver Maßnahmen anbelangt, verfügt der Rat über ein weites Ermessen. Die allgemeingültigen Regeln, mit denen diese Kriterien und Modalitäten festgelegt werden, unterliegen daher einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, die auf die Prüfung beschränkt ist, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet worden sind, der Sachverhalt richtig ermittelt wurde und kein offensichtlicher Fehler in der Beurteilung der Tatsachen oder Ermessensmissbrauch vorliegt. Diese eingeschränkte Kontrolle gilt insbesondere für die Beurteilung der Zweckmäßigkeitserwägungen, auf denen die restriktiven Maßnahmen beruhen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2006, Organisation des Modjahedines du peuple d’Iran/Rat, im Folgenden: Urteil OMPI I, T‑228/02, Slg. 2006, II‑4665, Randnr. 159, Melli Bank/Rat, Randnr. 45, und Bank Melli Iran/Rat, Randnr. 36).

44      Im vorliegenden Fall macht der Kläger nicht im Wege einer Einrede die Rechtswidrigkeit der in Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und in Art. 23 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung Nr. 267/2012 festgelegten rechtlichen Kriterien geltend. Daher ist das Gericht nicht gehalten, gemäß dem oben in Randnr. 43 beschriebenen Prüfungsmaßstab eine eingeschränkte Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Kriterien durchzuführen.

45      Was zweitens die konkrete Anwendung dieser allgemeinen Regeln betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Rat über ein gewisses Ermessen verfügt, um im Einzelfall festzustellen, ob die rechtlichen Kriterien im Zusammenhang mit dem Erlass restriktiver Maßnahmen erfüllt sind. Der Rat ist jedoch verpflichtet, eine Maßnahme des Einfrierens der Gelder der betroffenen Person oder Einrichtung zu erlassen, wenn er feststellt, dass sie eines dieser Kriterien erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 2012, Melli Bank/Rat, C‑380/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 40 bis 42).

46      Im Rahmen seiner Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Aufnahme einer Person oder Einrichtung in vom Rat eigenständig aufgestellte Listen, wie hier in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012, hat das Gericht anhand der vom Kläger geltend gemachten Nichtigkeitsgründe u. a. zu überprüfen, ob im Einzelfall eines der rechtlichen Kriterien erfüllt ist, die im vorliegenden Fall durch Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 267/2012 festgelegt sind. Dazu gehört, dass sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der fraglichen Listung grundsätzlich auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände erstreckt, die zu ihrer Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweismittel und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt (vgl. entsprechend Urteile OMPI I, Randnr. 154, vom 9. Juli 2009, Melli Bank/Rat, Randnr. 46, und Bank Melli Iran/Rat, Randnr. 37).

 Zu den Umständen, auf die sich der Rat oder der als Streithelfer beigetretene Mitgliedstaat berufen kann

47      Die Aufnahme des Klägers in die Liste wird in den angefochtenen Rechtsakten insbesondere mit seinen Funktionen als Geschäftsführer von HTTS und mit seinen früheren Funktionen bei der IRISL begründet. Was HTTS betrifft, so ist diese selbst u. a. mit der Begründung in der Liste aufgeführt, dass sie unter der Kontrolle der IRISL stehe und/oder in deren Auftrag tätig sei.

48      Doch enthalten weder die angefochtenen Rechtsakte noch das Schreiben des Rates an den Kläger vom 23. März 2012 (vgl. oben, Randnr. 9) auch nur den geringsten Hinweis auf die Art der Kontrolle, die die IRISL über HTTS ausüben soll, oder die Tätigkeiten, die HTTS im Auftrag der IRISL ausführt.

49      Zum einen macht der Rat hierzu vor dem Gericht geltend, es sei „wohlbekannt, dass die IRISL ihre Tätigkeiten an andere Unternehmen übertragen hat, um die gegen sie ergriffenen Maßnahmen (insbesondere Inspektionsanforderungen) zu umgehen“. Der Rat stützt sich insbesondere auf den Artikel „Companies Linked to IRISL“ der New York Times vom 7. Juni 2010, der eine Liste von 66 Unternehmen – darunter HTTS – enthält, auf die die IRISL Schiffe übertragen haben soll, und auf einen Bericht von Iran Watch vom 2. August 2012.

50      Die Bundesrepublik Deutschland, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge des Rates beigetreten ist, fügt dem u. a. hinzu, dass HTTS Verbindungen zu HDSL unterhalte, die im Frühjahr 2009 im Zusammenhang mit der Privatisierung der IRISL gegründet worden sei. Ende November 2009 habe HDSL die Containerschiffflotte der IRISL übernommen. Gleichzeitig sei HTTS zu dem ausschließlichen Zweck gegründet worden, die restriktiven Maßnahmen gegen die IRISL zu umgehen. HTTS sei der Agent für HDSL in Europa, während die IRISL Europe weiterhin Agent der IRISL für die übrige Flotte der IRISL sei. HTTS übe ihre gesamte Tätigkeit für die IRISL aus.

51      Angesichts dieses Vorbringens ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rechtsakte nur anhand der Sach‑ und Rechtslage beurteilt werden kann, auf deren Grundlage sie erlassen wurden, und nicht anhand von Umständen, die dem Rat nach ihrem Erlass zur Kenntnis gebracht worden sind, und zwar auch dann, wenn die genannten Umstände nach Auffassung des Rates die in den betreffenden Rechtsakten angeführten Gründe wirksam ergänzen und dazu beitragen konnten, ihren Erlass zu begründen. Das Gericht kann sich nämlich nicht der Anregung des Rates anschließen, letztlich die Gründe auszutauschen, auf die diese Rechtsakte gestützt sind (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Oktober 2012, Oil Turbo Compressor/Rat, T‑63/12, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29).

52      Nun hat der Rat aber im vorliegenden Fall in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts erklärt, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte weder über die von der Bundesrepublik Deutschland in ihrem Streithilfeschriftsatz vorgelegten Informationen noch über den oben in Randnr. 49 genannten Artikel der New York Times vom 7. Juni 2010 verfügt habe.

53      Unter diesen Umständen kann das Gericht die Informationen, die die Bundesrepublik Deutschland im Streithilfeschriftsatz übermittelt hat, nicht berücksichtigen, selbst wenn sie aufgrund ihrer Ausführlichkeit und Stichhaltigkeit die Listung von HTTS und damit des Klägers rechtfertigen könnten. Würden nämlich diese Informationen berücksichtigt, würde damit dem Rat auf der Grundlage tatsächlicher Umstände, die von dem als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaat vorgetragen werden, die Möglichkeit eingeräumt, wirksam Beweismittel oder zusätzliche Gründe geltend zu machen, die auf einer Sach- und Rechtslage beruhen, die sich bei Erlass der angefochtenen Rechtsakte nicht aus seinen Akten ergab. Der Rat kann sich auch nicht wirksam auf den Artikel der New York Times vom 7. Juni 2010, von dem er erst nach Erlass der angefochtenen Rechtsakte Kenntnis erlangt hat, und den nach ihrem Erlass verfassten Bericht von Iran Watch vom 2. August 2012 berufen.

54      Ferner könnte der Rat, wenn er die Möglichkeit hätte, sich auf die oben in Randnr. 53 genannten Informationen zu berufen, eine zusätzliche Begründung vortragen und dadurch die in den angefochtenen Rechtsakten angeführte ergänzen (vgl. oben, Randnr. 48), was auch die Verteidigungsrechte des Klägers und seinen Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigen würde. Da nämlich der Kläger von dieser Begründung nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte, um seine Position im Verwaltungsverfahren zu verteidigen und die Richtigkeit seiner Listung und die Zweckmäßigkeit der Erhebung einer Klage zu beurteilen, stünde ihm nach der Einreichung des Streithilfeschriftsatzes lediglich das mündliche Verfahren zur Verfügung, um seine Argumente gegen diese Begründung vorzutragen. Dadurch würde der Grundsatz der Gleichheit der Parteien vor dem Unionsrichter beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil OMPI I, Randnrn. 139 und 140).

55      Zum anderen macht der Rat geltend, ein Mitgliedstaat habe ihm mitgeteilt, dass Herr Bateni Geschäftsführer der vollständig von der IRISL gehaltenen IRISL Europe sei.

56      Unter der Annahme, dass dies dem Rat mitgeteilt wurde, bevor der Kläger durch die angefochtenen Rechtsakte in die Liste aufgenommen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass der Rat die vom Kläger ausgeübten Funktionen des Geschäftsführers der IRISL Europe nicht als einen der Gründe für seine Listung angeführt hat, die in den angefochtenen Rechtsakten bezeichnet waren oder dem Kläger im Verwaltungsverfahren mitgeteilt wurden. Folglich können sie gemäß der Rechtsprechung, auf die oben in Randnr. 54 verwiesen worden ist, im vorliegenden Fall nicht als zusätzliche Begründung für die Nennung des Klägers in der Liste berücksichtigt werden.

57      Da außerdem dem Kläger der Tatsachenvortrag zu seinen Funktionen innerhalb der IRISL Europe in der Antwort des Rates vom 23. März 2012 auf seine Anfrage vom 17. Januar 2012 nicht mitgeteilt wurde (vgl. oben, Randnrn. 8 und 9), kann sich der Rat im vorliegenden Fall darauf auch nicht als Beweismittel zur Stützung der in den angefochtenen Rechtsakten angeführten Gründe berufen, ohne die Verteidigungsrechte des Klägers zu verletzen (vgl. in diesem Sinne Urteil Bank Melli Iran/Rat, Randnr. 97).

58      Aus all diesen Gründen können im vorliegenden Fall nur die in den angefochtenen Rechtsakten und in der Antwort des Rates vom 23. März 2012 auf die Aufforderung des Klägers, ihm sämtliche Beweismittel mitzuteilen (vgl. oben, Randnr. 8), genannten Umstände bei der Beurteilung berücksichtigt werden, ob seine Nennung in der Liste gerechtfertigt war.

 Zu den spezifischen und konkreten Gründen für die Nennung des Klägers in der Liste

59      Der Kläger tritt den drei in den angefochtenen Rechtsakten angeführten einzelnen Gründen für seine Nennung in der Liste entgegen, die sich auf seine früheren Funktionen als Legal Director der IRISL, seine Funktionen als Geschäftsführer von HTTS, die von der Union mit Sanktionen belegt wurde, und seine Funktionen als Geschäftsführer der NHL Basic Ltd beziehen (vgl. oben, Randnr. 7).

60      Hinsichtlich des dritten Grundes für die Aufnahme des Klägers in die Liste, der sich auf seine Funktionen als „Geschäftsführer der Scheinfirma NHL Basic Ltd“ bezieht, ist zu beachten, dass der Rat auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, dass dieser dritte Grund im vorliegenden Fall bei der Beurteilung der Listung des Klägers nicht zu berücksichtigen sei, weil der Hinweis auf die NHL Basic Ltd, die aufgelöst worden sei, in der in den angefochtenen Rechtsakten angeführten Begründung für die Nennung des Klägers in der Liste zu streichen sei (vgl. oben, Randnr. 9).

61      Es ist daher zu prüfen, ob die beiden anderen Gründe, von denen sich der erste auf die früheren Funktionen des Klägers bei der IRISL und der zweite auf seine jetzigen Funktionen als Geschäftsführer von HTTS, die von der Union mit Sanktionen belegt wurde, bezieht, seine Nennung in der Liste rechtfertigen können.

 Zum ersten Grund für die Nennung des Klägers in der Liste, der sich auf seine früheren Funktionen als Legal Director der IRISL bezieht

62      Der Kläger macht geltend, dass der erste Grund, der sich darauf beziehe, dass er „[e]hemaliger Legal Director der IRISL“ sei, seine Listung nicht rechtfertigen könne, da er diese Funktionen bei der IRISL seit März 2008 nicht mehr ausübe.

63      Der Rat, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, weist auf das Risiko hin, dass sich die Aktivitäten des Klägers bei der IRISL in Zukunft bei der Ausübung ähnlicher Funktionen bei der IRISL oder anderen Unternehmen, wie HTTS und IRISL Europe, die gegründet worden seien, um die gegen die IRISL erlassenen restriktiven Maßnahmen zu umgehen, wiederholten.

64      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass der Kläger seine Funktionen bei der IRISL aufgegeben hat, für sich genommen nicht bedeutet, dass diese früheren Funktionen nicht relevant wären, da seine frühere Tätigkeit sein Verhalten bei der HTTS beeinflussen könnte. Isoliert betrachtet können jedoch seine früheren Funktionen bei der IRISL ohne weitere gewichtige und übereinstimmende Indizien seine Aufnahme in die Liste nicht rechtfertigen.

65      Beabsichtigt der Rat, sich auf die vergangene Tätigkeit des Klägers zu stützen, so muss er nämlich Indizien vorlegen, die vernünftigerweise darauf schließen lassen, dass der Kläger nach der Aufgabe seiner Funktionen bei der IRISL Verbindungen zu dieser aufrechterhalten hat, die seine Aufnahme in die Liste rechtfertigen.

66      Doch abgesehen von dem unten in den Randnrn. 70 bis 79 geprüften zweiten Grund für die Aufnahme des Klägers in die Liste, der sich auf seine Funktionen als Geschäftsführer von HTTS, die selbst mit Sanktionen belegt wurde, bezieht, ist festzustellen, dass sich weder aus den angefochtenen Rechtsakten noch aus dem Schreiben des Rates vom 23. März 2012 konkrete Hinweise darauf ergeben, dass der Kläger Verbindungen zur IRISL aufrechterhalten hat.

67      In der in der Rechtssache T‑42/12 eingereichten Gegenerwiderung hat der Rat darauf hingewiesen, dass der Kläger auch Geschäftsführer der IRISL Europe sei. Wie bereits oben in Randnr. 56 festgestellt, kann dies jedoch nicht als zusätzliche Begründung für die Nennung des Klägers in der Liste herangezogen werden.

68      Selbst wenn man davon ausgeht, dass das neue Vorbringen zu den Funktionen des Klägers bei der IRISL Europe, anknüpfend an den für die Listung angeführten Grund seiner früheren Funktionen bei der IRISL, als Beweis für die Fortsetzung der früheren Verbindungen zwischen ihm und der IRISL angesehen werden kann, ist dieser Beweis dennoch jedenfalls deshalb als unerheblich anzusehen, weil er dem Betroffenen nicht auf dessen Anfrage im Rahmen des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt wurde (vgl. oben, Randnr. 57).

69      Unter diesen Umständen kann der erste Grund für die Nennung des Klägers in der Liste, der sich auf seine früheren Funktionen bei der IRISL bezieht, diese Listung nicht rechtfertigen.

 Zum zweiten Grund für die Nennung des Klägers in der Liste, der sich auf seine Funktionen als Geschäftsführer von HTTS bezieht, die von der Union mit Sanktionen belegt wurde

70      Gegen den zweiten Grund für seine Nennung in der Liste, der sich auf seine Funktionen als „Geschäftsführer der Hanseatic Trade … Trust [&] Shipping Company (HTTS), die von der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde“, bezieht, führt der Kläger an, dass seine Tätigkeit als Geschäftsführer nicht seine eigene Nennung in der Liste rechtfertige. Der Rat habe nicht nachgewiesen, dass HTTS unter der Kontrolle der IRISL stehe oder in deren Auftrag tätig sei. Der Rat habe zudem die Tätigkeit von HTTS als Schiffsagent verkannt. Diese Tätigkeit unterscheide sich von der der Seeverkehrsunternehmen, die grundsätzlich Leistungen erbringen könnten, die zur nuklearen Proliferation beitrügen.

71      Insoweit muss der für die Nennung des Klägers in der Liste angeführte zweite Grund anhand der mit ihm verknüpften Gründe geprüft werden, die für die Nennung von HTTS in der Liste angegeben wurden. Jedoch folgen die jeweiligen einzelnen Gründe, die für die Listung des Klägers und für die Listung von HTTS angeführt wurden, einem Zirkelschluss, statt sich gegenseitig zu stützen. Neben dem Grund für die Nennung von HTTS in der Liste, der sich darauf bezieht, dass sie in Hamburg unter derselben Anschrift wie die IRISL Europe registriert sei, bezieht sich nämlich der einzige andere spezifische und konkrete Grund für die Listung von HTTS, der in den angefochtenen Rechtsakten angeführt ist, darauf, dass „der Geschäftsführer Dr. Naser Bateni … zuvor Beschäftigter der IRISL [war]“. Die Gründe für die Listung von HTTS sind daher nicht geeignet, die Gründe für die Nennung des Klägers in der Liste zu ergänzen.

72      Außerdem führt die oben in den Randnrn. 51 bis 58 vorgenommene Prüfung der im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände jedenfalls zu der Feststellung, dass diese Umstände mit denjenigen identisch sind, die in den zusammenhängenden Rechtssachen, in denen das Urteil vom 12. Juni 2013, HTTS/Rat (T‑128/12 und T‑182/12, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 56), ergangen ist, wirksam vor dem Gericht geltend gemacht wurden.

73      Das Gericht hat aber im Urteil HTTS/Rat (Randnrn. 73 und 74) festgestellt, dass die Aufnahme von HTTS in den Anhang II des Beschlusses 2010/413 durch den Beschluss 2012/35 und in den Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 nicht gerechtfertigt ist. Es hat daher die durch diese Rechtsakte gegen HTTS erlassenen restriktiven Maßnahmen mit Wirkung ab dem Ablauf der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt wird, ab dessen Zurückweisung für nichtig erklärt.

74      Somit kann die Nennung von HTTS in der Liste bei Aufnahme des Klägers am 1. Dezember 2011 in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und am 23. März 2012 in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 nicht als aufgrund dieses Urteils nichtig angesehen werden.

75      Doch sind die Feststellungen, die das Gericht in diesem Urteil zur fehlenden Rechtfertigung der Nennung von HTTS in der Liste getroffen hat, auf den vorliegenden Fall übertragbar, da die Argumente und die Beweismittel, auf die sich die Parteien wirksam berufen haben, sowie der rechtliche und tatsächliche Hintergrund in beiden Rechtssachen identisch sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Januar 2002, Frankreich/Monsanto und Kommission, C‑248/99 P, Slg. 2002, I‑1, Randnr. 35, und Beschluss des Gerichts vom 14. Mai 2007, Gnemmi und Aguiar/Kommission, T‑97/04, Slg. ÖD 2007, I‑A‑2‑117 und II‑A‑2‑799, Randnrn. 31 und 32).

76      Nun ergibt sich, wie oben in Randnr. 73 ausgeführt, aus dem Urteil HTTS/Rat, dass die individuellen Gründe für die Nennung von HTTS in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012, die ihr durch Schreiben des Rates vom 5. Dezember 2011 mitgeteilt wurden (Urteil HTTS/Rat, Randnr. 8), diese Nennung nicht rechtfertigen können.

77      Folglich ist aus den gleichen wie den im Urteil HTTS/Rat dargelegten Gründen, auf die verwiesen wird, festzustellen, dass der Rat im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen hat, dass HTTS unter der Kontrolle der IRISL stand und/oder in deren Auftrag tätig war.

78      Somit ist der zweite Grund für die Nennung des Klägers in der Liste, der sich auf seine Funktionen als Geschäftsführer von HTTS, die unter der Kontrolle der IRISL stehe und/oder in deren Auftrag tätig sei, ebenfalls mit einem offenkundigen Ermessensfehler behaftet.

79      Daraus folgt, dass der Rat nicht nachgewiesen hat, dass die vom Kläger ausgeübten Funktionen des Geschäftsführers von HTTS seine Nennung in der Liste rechtfertigen.

80      Daher ist festzustellen, dass diese Nennung durch keinen der beiden Gründe, die der Rat angeführt hat, wirksam gerechtfertigt ist. Somit ist dem zweiten Klagegrund, der aus einem offenkundigen Ermessensfehler hergeleitet wird, stattzugeben.

81      Daraus folgt, dass die Nennung des Klägers in Anhang II des Beschlusses 2010/413 und in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 für nichtig zu erklären ist, ohne dass die übrigen Klagegründe geprüft zu werden brauchten.

3.     Zu den zeitlichen Wirkungen der teilweisen Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte

82      In Bezug auf die zeitlichen Wirkungen der Nichtigerklärung des Anhangs IX der Verordnung Nr. 267/2012, soweit er den Kläger betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs abweichend von Art. 280 AEUV die Entscheidungen des Gerichts, mit denen eine Verordnung für nichtig erklärt wird, erst nach Ablauf der in Art. 56 Abs. 1 der Satzung vorgesehenen Rechtsmittelfrist oder, wenn innerhalb dieser Frist ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, nach dessen Zurückweisung wirksam werden.

83      Die Verordnung Nr. 267/2012 einschließlich ihres Anhangs IX hat die Rechtsnatur einer Verordnung, da ihr Art. 51 Abs. 2 vorsieht, dass sie in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt, was den Wirkungen einer Verordnung entspricht, wie sie in Art. 288 AEUV vorgesehen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, C‑548/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45, und Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2012, Sina Bank/Rat, T‑15/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 84).

84      Was den Beschluss 2010/413 in seiner durch den Beschluss 2011/783 geänderten Fassung anbelangt, würde seine Nichtigerklärung, soweit er den Kläger betrifft, zu dessen sofortiger Entfernung aus seinem Anhang II führen.

85      Nach Art. 264 Abs. 2 AEUV kann das Gericht, falls es dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen einer von ihm für nichtig erklärten Handlung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

86      Im vorliegenden Fall könnte der Unterschied zwischen dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der teilweisen Nichtigerklärung von Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 und derjenigen von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2011/783 zu einer ernsthaften Beeinträchtigung der Rechtssicherheit führen, da beide Rechtsakte identische Maßnahmen vorsehen.

87      Die Wirkungen von Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der Fassung des Beschlusses 2011/783 sind daher in Bezug auf den Kläger bis zum Wirksamwerden der teilweisen Nichtigerklärung von Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 aufrechtzuerhalten (vgl. entsprechend Urteil Sina Bank/Rat, Randnr. 89).

 Kosten

88      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat mit seinen Anträgen in der Rechtssache T‑42/12, soweit die Klage auf die Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/783 im Hinblick auf den Kläger gerichtet ist, und in der Rechtssache T‑181/12 unterlegen ist, sind ihm entsprechend den Anträgen des Klägers in diesem Umfang seine eigenen Kosten und die des Klägers aufzuerlegen.

89      Erklärt das Gericht die Hauptsache für erledigt, so entscheidet es gemäß Art. 87 § 6 der Verfahrensordnung über die Kosten nach freiem Ermessen. Da der Kläger aus den gleichen Gründen wie den in der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 genannten in der Liste in Anhang IX der Verordnung Nr. 267/2012 belassen wurde und die Nichtigkeitsgründe, die in der Rechtssache T‑42/12, soweit die Klage die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 betrifft, und in der Rechtssache T‑181/12 geltend gemacht wurden, identisch sind, sind dem Rat entsprechend dem Antrag des Klägers seine eigenen Kosten und die Kosten, die dem Kläger in der Rechtssache T‑42/12 entstanden sind, soweit die Klage die Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung Nr. 1245/2011 betrifft, aufzuerlegen.

90      Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher hat die Bundesrepublik Deutschland ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Rechtssachen T‑42/12 und T‑181/12 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

2.      In der Rechtssache T‑42/12 ist die Klage in der Hauptsache erledigt, soweit beantragt worden ist, die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1245/2011 des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran für nichtig zu erklären, soweit sie Herrn Naser Bateni betrifft.

3.      Der Beschluss 2011/783/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 zur Änderung des Beschlusses 2010/413/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran wird für nichtig erklärt, soweit Herr Bateni in Anhang II des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP aufgenommen wurde.

4.      Anhang IX der Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010 wird für nichtig erklärt, soweit er Herrn Bateni betrifft.

5.      Die Wirkungen des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2011/783 geänderten Fassung bleiben in Bezug auf Herrn Bateni von seinem Inkrafttreten am 20. Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union an bis zum Wirksamwerden der teilweisen Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 267/2012 bestehen.

6.      Der Rat der Europäischen Union trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten von Herrn Bateni.

7.      Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. September 2013.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

1.  Zum Antrag auf teilweise Erledigungserklärung in der Rechtssache T‑42/12

2.  Zur Begründetheit

Zur Intensität der gerichtlichen Kontrolle

Zu den Umständen, auf die sich der Rat oder der als Streithelfer beigetretene Mitgliedstaat berufen kann

Zu den spezifischen und konkreten Gründen für die Nennung des Klägers in der Liste

Zum ersten Grund für die Nennung des Klägers in der Liste, der sich auf seine früheren Funktionen als Legal Director der IRISL bezieht

Zum zweiten Grund für die Nennung des Klägers in der Liste, der sich auf seine Funktionen als Geschäftsführer von HTTS bezieht, die von der Union mit Sanktionen belegt wurde

3.  Zu den zeitlichen Wirkungen der teilweisen Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.