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Vorabentscheidungsersuchen des Court of Session, Schottland (Vereinigtes Königreich), eingereicht am 8. Juli 2014 – The Scotch Whisky Association u. a./The Lord Advocate, The Advocate General for Scotland

(Rechtssache C-333/14)

Verfahrenssprache: Englisch

Vorlegendes Gericht

Court of Session, Schottland

Parteien des Ausgangsverfahrens

Rechtsmittelführer: The Scotch Whisky Association u. a.

Rechtsmittelgegner: The Lord Advocate, The Advocate General for Scotland

Vorlagefragen

Ist es nach dem Unionsrecht über die Gemeinsame Marktordnung für Wein und insbesondere der Verordnung Nr. 1308/20131 zulässig, wenn ein Mitgliedstaat eine nationale Maßnahme erlässt, durch die für Wein ein an den Alkoholgehalt in dem verkauften Erzeugnis anknüpfender Mindestverkaufspreis im Einzelhandel festgelegt wird und die damit von dem an sich auf dem Weinmarkt geltenden Grundsatz der freien Preisbildung durch Marktkräfte abweicht?

Wenn im Sinne einer Rechtfertigung nach Art. 36 AEUV

ein Mitgliedstaat zu der Ansicht gelangt ist, dass es zum Schutz der menschlichen Gesundheit zweckmäßig ist, die Kosten des Konsums von Waren – hier alkoholischen Getränken – für Verbraucher oder eine Gruppe von Verbrauchern zu erhöhen, und

es dem Mitgliedstaat freisteht, Verbrauch- oder andere Steuern auf diese Waren zu erheben (einschließlich Steuern oder Abgaben, die auf dem Alkoholgehalt, der Menge oder dem Wert beruhen, bzw. einer Kombination solcher steuerlichen Maßnahmen),

ist es dann unionsrechtlich zulässig – und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen –, dass sich der Mitgliedstaat gegen solche steuerlichen Mittel zur Erhöhung des Verbraucherpreises und stattdessen für gesetzgeberische Maßnahmen entscheidet, durch die ein Mindestpreis im Einzelhandel festgelegt wird und die den Handel und den Wettbewerb innerhalb der Union verfälschen?

Wird ein Gericht in einem Mitgliedstaat mit der Entscheidung der Frage befasst, ob eine gesetzgeberische Maßnahme, die eine mit Art. 34 AEUV unvereinbare mengenmäßige Beschränkung darstellt, jedoch nach Art. 36 AEUV zum Schutz der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt sein kann, hat sich das nationale Gericht dann allein auf die Angaben, Beweismittel oder sonstigen Unterlagen zu beschränken, die dem Gesetzgeber zum Zeitpunkt des Erlasses der Vorschriften zur Verfügung gestanden haben und von diesem berücksichtigt worden sind? Falls nein, welchen anderen Beschränkungen könnte die Befugnis des nationalen Gerichts unterliegen, alle Unterlagen oder Beweismittel zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zur Verfügung stehen und von den Parteien vorgelegt werden?

Wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats bei seiner Auslegung und Anwendung des Unionsrechts das Vorbringen der nationalen Behörden zu prüfen hat, dass eine Maßnahme, die an sich eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV darstellt, zum Schutz der menschlichen Gesundheit als Ausnahme nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt sei, inwieweit ist das nationale Gericht dann verpflichtet oder berechtigt, sich auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen eine objektive Meinung von der Geeignetheit der Maßnahme zur Erreichung des angegebenen Ziels, von der Verfügbarkeit mindestens gleichwertiger alternativer Maßnahmen, die den Wettbewerb innerhalb der Union weniger beeinträchtigen, und von der allgemeinen Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu bilden?

Darf bei der Prüfung (im Rahmen einer Meinungsverschiedenheit in der Frage, ob eine Maßnahme nach Art. 36 AEUV zum Schutz der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt ist) des Bestehens einer alternativen Maßnahme, die den Handel und den Wettbewerb innerhalb der Union nicht oder zumindest weniger beeinträchtigt, diese alternative Maßnahme legitimerweise mit der Begründung von der Hand gewiesen werden, dass ihre Wirkungen möglicherweise nicht genau den Wirkungen der nach Art. 34 AEUV verbotenen Maßnahme entsprechen, sondern in weiteren, zusätzlichen Vorteilen bestehen können und der Erreichung eines umfassenderen, allgemeinen Ziels förderlich sein können?

Inwieweit darf bei der Beurteilung einer nationalen Maßnahme, die anerkanntermaßen oder nach den Feststellungen eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV darstellt, für die ein Rechtfertigungsgrund nach Art. 36 AEUV geltend gemacht wird, und insbesondere bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ein mit dieser Aufgabe betrautes Gericht seine eigene Beurteilung des Wesens und des Ausmaßes des Verstoßes der als mengenmäßige Beschränkung nach Art. 34 verbotenen Maßnahme zugrunde legen?

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1 Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347, S. 671).