Language of document : ECLI:EU:T:2011:27

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

3. Februar 2011(*)

„Staatliche Beihilfen – Befristete Schutzmaßnahmen für den Schiffbau – Von den italienischen Behörden geplante Änderung einer von der Kommission zuvor genehmigten Beihilferegelung – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird“

In der Rechtssache T‑3/09

Italienische Republik, vertreten durch P. Gentili, avvocato dello Stato,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch E. Righini, C. Urraca Caviedes und V. Di Bucci als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2010/38/EG der Kommission vom 21. Oktober 2008 über die staatliche Beihilfe C 20/08 (ex N 62/08), die Italien im Rahmen einer Änderung der Beihilferegelung N 59/04 betreffend befristete Schutzmaßnahmen für den Schiffbau gewähren will (ABl. 2010, L 17, S. 50),

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas und N. Wahl (Berichterstatter),

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2010

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

b)      ‚bestehende Beihilfen‘

i)      … alle Beihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags in dem entsprechenden Mitgliedstaat bestanden, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags eingeführt worden sind und auch nach dessen Inkrafttreten noch anwendbar sind;

ii)      genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat genehmigt wurden;

v)      Beihilfen, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfe waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen;

c)      ‚neue Beihilfen‘ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen;

…“

2        Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung Nr. 659/1999 (ABl. L 140, S. 1) lautet:

„Für den Zweck von Artikel 1 Buchstabe c) der Verordnung … Nr. 659/1999 ist die Änderung einer bestehenden Beihilfe jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann. Eine Erhöhung der Ausgangsmittel für eine bestehende Beihilfe bis zu 20 % wird jedoch nicht als Änderung einer bestehenden Beihilfe angesehen.“

3        Der Rat erließ, gestützt auf Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG, die Verordnung (EG) Nr. 1177/2002 vom 27. Juni 2002 zur Einführung befristeter Schutzmaßnahmen für den Schiffbau (ABl. L 172, S. 1). Mit dieser Verordnung wurde eine derartige Maßnahme genehmigt, um die Werften in der Gemeinschaft zu unterstützen, denen durch den unlauteren Wettbewerb von Werften in Korea eine bedeutende Schädigung verursacht worden war (dritter Erwägungsgrund der Verordnung). Art. 2 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung bestimmte, dass direkte Beihilfen für Aufträge für den Bau bestimmter Schiffe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden konnten, wenn diese Beihilfen nicht über 6 % des Vertragswerts hinausgingen und wenn dem betroffenen Marktsektor durch den unlauteren koreanischen Wettbewerb eine bedeutende Schädigung verursacht worden war.

4        Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 1177/2002 setzte die Gewährung der Beihilfe voraus, dass sie gemäß Art. 88 EG bei der Kommission angemeldet wurde; diese sollte die Beihilfe prüfen und über sie auf der Grundlage der Verordnung Nr. 659/1999 entscheiden.

5        Art. 2 Abs. 4 sowie die Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 1177/2002 lauteten:

„Artikel 2

(4)      Diese Verordnung gilt nicht für Schiffe, die mehr als drei Jahre nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des endgültigen Vertrags abgeliefert werden. Die Kommission kann jedoch die Dreijahresfrist verlängern, wenn dies aufgrund der technischen Komplexität des betreffenden Schiffbauvorhabens oder durch Verzögerungen zu rechtfertigen ist, die sich aus unerwarteten, erheblichen und vertretbaren Unterbrechungen im Arbeitsprogramm der Werft ergeben, die auf außergewöhnliche, unvorhersehbare und außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens liegende Umstände zurückzuführen sind.

Artikel 4

Diese Verordnung gilt für endgültige Verträge, die ab Inkrafttreten dieser Verordnung bis zum Ablauf ihrer Geltungsdauer geschlossen werden, mit Ausnahme der endgültigen Verträge, die geschlossen werden, bevor die Gemeinschaft im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bekannt gegeben hat, dass sie gemäß der WTO-Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten Korea um Konsultationen ersucht und damit das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet hat, und mit Ausnahme der endgültigen Verträge, die mindestens einen Monat nach dem Zeitpunkt geschlossen werden, zu dem die Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bekannt gegeben hat, dass das Streitbeilegungsverfahren beendet oder ausgesetzt worden ist, weil nach Ansicht der Gemeinschaft die Vereinbarte Niederschrift wirksam umgesetzt worden ist.

Artikel 5

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft und gilt bis zum 31. März 2004.

…“

6        Die Geltungsdauer der Verordnung Nr. 1177/2002, die in deren Art. 5 geregelt ist, wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 502/2004 des Rates vom 11. März 2004 zur Änderung der Verordnung Nr. 1177/2002 (ABl. L 81, S. 6) bis zum 31. März 2005 verlängert.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

7        Am 15. Januar 2004 meldete die Italienische Republik eine Beihilferegelung an, wonach sie beabsichtigte, die Verordnung Nr. 1177/2002 mittels Art. 4 Abs. 153 der Legge Nr. 350 – Disposizioni per la formazione del bilancio annuale e pluriennale dello Stato (legge finanziaria 2004) (Gesetz Nr. 350 mit Bestimmungen für die Aufstellung des jährlichen und mehrjährigen Staatshaushalts, Haushaltsgesetz 2004) vom 24. Dezember 2003 (GURI Nr. 299 vom 27. Dezember 2003, Supplemento ordinario, im Folgenden: Gesetz Nr. 350/2003) anzuwenden. Diese Bestimmung lautete:

„Zur Durchführung [der Verordnung Nr. 1177/2002] werden für das Jahr 2004 10 Millionen Euro gewährt. Die Einzelheiten der zu gewährenden Beihilfe werden vom Ministero delle Infrastrutture e dei Trasporti [Ministerium für Infrastruktur und Verkehr] per Dekret festgelegt. Die Wirksamkeit der vorliegenden Regelung gilt gemäß Art. 88 Abs. 3 [EG] unter dem Vorbehalt der vorherigen Genehmigung durch die Kommission.“

8        Die Einzelheiten der zu gewährenden Beihilfe wurden durch einen Ministerialerlass des Ministers für Infrastruktur und Verkehr zur Umsetzung der Verordnung Nr. 1177/2002 des Rates vom 27. Juni 2002 zur Einführung befristeter Schutzmaßnahmen für den Schiffbau (GURI Nr. 93 vom 21. April 2004, im Folgenden: Ministerialerlass vom 2. Februar 2004) festgelegt.

9        Die Kommission genehmigte die unter C (2004) 1807 angemeldete Beihilferegelung N 59/2004 betreffend befristete Schutzmaßnahmen für den Schiffbau (im Folgenden: Regelung von 2004) mit Entscheidung vom 19. Mai 2004 (im Folgenden: Genehmigungsentscheidung von 2004), in der sie feststellte, dass die Beihilferegelung mit der Verordnung Nr. 1177/2002 und dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

10      Da die Italienische Republik der Auffassung war, dass die ursprüngliche Mittelzuweisung von 10 Millionen Euro nicht ausreiche, um sämtliche bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 1177/2002 in der durch die Verordnung Nr. 502/2004 geänderten Fassung gestellten Beihilfeanträge berücksichtigen zu können, teilte sie der Kommission am 1. Februar 2008 ihre Absicht mit, die in der Regelung von 2004 vorgesehenen Mittel mittels Art. 2 Abs. 206 der Legge Nr. 244 – Disposizioni per la formazione del bilancio annuale e pluriennale dello Stato (legge finanziaria 2008) (Gesetz Nr. 244 mit Bestimmungen für die Aufstellung des jährlichen und mehrjährigen Staatshaushalts, Haushaltsgesetz 2008) vom 24. Dezember 2007 (GURI Nr. 300 vom 28. Dezember 2007, Supplemento ordinario) um weitere 10 Millionen Euro aufzustocken (im Folgenden: angemeldete Maßnahme).

11      Mit Schreiben vom 30. April 2008 setzte die Kommission die Italienische Republik von ihrer Entscheidung in Kenntnis, wegen der angemeldeten Maßnahme das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten. Die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens wurde außerdem im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2008, C 140, S. 20) bekannt gegeben. Die Kommission forderte darin die Beteiligten auf, innerhalb eines Monats nach dem Datum dieser Veröffentlichung Stellung zu nehmen.

12      Am 21. Oktober 2008 erließ die Kommission die Entscheidung 2010/38/EG über die staatliche Beihilfe C 20/08 (ex N 62/08), die Italien im Rahmen einer Änderung der Beihilferegelung N 59/04 betreffend befristete Schutzmaßnahmen für den Schiffbau gewähren will (ABl. 2010, L 17, S. 50) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Art. 1 dieser Entscheidung lautet:

„Die staatliche Beihilfe, die Italien im Rahmen einer Änderung der Beihilferegelung N 59/04 betreffend befristete Schutzmaßnahmen für den Schiffbau gewähren will, so dass die Mittelausstattung der Regelung [von 2004] um 10 Mio. EUR erhöht wird, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Diese Beihilfe darf somit nicht durchgeführt werden.“

13      In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die angemeldete Maßnahme eine neue Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 und von Art. 4 der Verordnung Nr. 794/2004 darstelle und dass diese Beihilfe nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könne, da die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht mehr gelte und deshalb nicht als Rechtsgrundlage für die Würdigung der angemeldeten Maßnahme herangezogen werden könne. Außerdem sei die genannte Maßnahme weder auf der Grundlage der Rahmenbestimmungen für Beihilfen an den Schiffbau (ABl. 2003, C 317, S. 11) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, noch scheine sie nach anderen einschlägigen Beihilfevorschriften mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu sein.

14      Ferner wies die Kommission darauf hin, dass die Republik Korea dem Streitbeilegungsgremium (SBG) der Welthandelsorganisation (WTO) die Frage vorgelegt habe, ob die genannte Verordnung im Hinblick auf die WTO-Regeln rechtmäßig sei. Am 22. April 2005 habe ein WTO-Panel einen Bericht veröffentlicht, in dem festgestellt worden sei, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 und mehrere auf diese Verordnung gestützte nationale Regelungen, die zum Zeitpunkt der Einreichung der WTO-Beschwerde durch die Republik Korea in Kraft gewesen seien, gegen einige WTO-Regeln verstießen. Am 20. Juni 2005 habe das SBG den Panel-Bericht angenommen, in dem die Empfehlung ausgesprochen worden sei, die Gemeinschaft möge die Verordnung Nr. 1177/2002 und die auf ihrer Grundlage von den Mitgliedstaaten erlassenen Regelungen mit ihren Verpflichtungen aus den WTO-Übereinkommen in Einklang bringen.

 Verfahren und Anträge der Parteien

15      Die Italienische Republik hat mit Klageschrift, die am 2. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

16      Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

17      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

18      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Achte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, sich zur Zweckmäßigkeit einer Verbindung der vorliegenden Rechtssache mit der Rechtssache T‑584/08 zu äußern, in der die Cantiere navale De Poli SpA eine Klage erhoben hat, die den gleichen Gegenstand hat. Nach Eingang der Stellungnahmen der Parteien, die keine Einwände vorgetragen haben, sind diese Rechtssachen mit Beschluss der Präsidentin der Achten Kammer vom 2. Juni 2010 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung verbunden worden.

19      Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 16. Juni 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

 Rechtliche Würdigung

20      Die Italienische Republik stützt ihre Klage auf sieben Gründe, mit denen sie eine unzutreffende Einstufung der angemeldeten Maßnahme als neue Beihilfe, einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1177/2002, einen Verstoß gegen die Art. 87 EG und 88 EG, einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung, eine Verletzung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens, die Berücksichtigung der WTO-Regeln bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt sowie den Umstand rügt, dass die angefochtene Entscheidung auf die Mitteilung der Kommission an die WTO vom 20. Juli 2005 (im Folgenden: Mitteilung an die WTO) gestützt sei.

 Erster Klagegrund: unzutreffende Einstufung der angemeldeten Maßnahme als neue Beihilfe

 Vorbringen der Parteien

21      Die Italienische Republik macht geltend, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 für den Gesamtbetrag der Beihilfen, die jeder Mitgliedstaat gemäß dieser Verordnung habe gewähren können, keine nominelle Obergrenze vorgesehen habe. Außerdem sei das für Beihilfen für den Schiffbau vorgesehene Gesamtbudget in der Regelung von 2004, wie sie der Kommission mitgeteilt und von ihr genehmigt worden sei, weder präzisiert noch begrenzt worden. Die einzige in der Regelung von 2004 enthaltene finanzielle Begrenzung der Beihilfe sei die in Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1177/2002 vorgesehene, d. h. die „Höchstintensität von 6 % des Vertragswerts“ ohne Beihilfe.

22      Die in Art. 4 Abs. 153 des Gesetzes Nr. 350/2003 und im Ministerialerlass vom 2. Februar 2004 vorgesehene Verpflichtung der Italienischen Republik sei mit anderen Worten im Hinblick auf die aggregierte Summe etwaiger Beihilfen unbegrenzt gewesen. Der Gesamtbetrag der Beihilfen sei nämlich aufgrund der Struktur der Regelung von 2004 von vornherein unbestimmbar gewesen, da er von der Zahl und dem Auftragswert der Verträge abhängig gewesen sei, die von dem unlauteren koreanischen Wettbewerb in der Zeit betroffen gewesen seien, auf die sich die Verordnung Nr. 1177/2002 in der durch die Verordnung Nr. 502/2004 geänderten Fassung bezogen habe.

23      Der in Art. 4 Abs. 153 des Gesetzes Nr. 350/2003 ursprünglich vorgesehene Betrag von 10 Millionen Euro sei eine Mittelzuweisung gewesen, die für das Jahr 2004 lediglich als Richtwert aufzufassen gewesen und ohne Einfluss auf den Umfang der Verpflichtung und die rechtliche Verpflichtung der Italienischen Republik gegenüber den italienischen Werften geblieben sei, die dem unlauteren koreanischen Wettbewerb ausgesetzt gewesen seien. Die Beurteilung der Vereinbarkeit der Regelung von 2004 mit dem Gemeinsamen Markt hätte ausschließlich auf den Ministerialerlass vom 2. Februar 2004 gestützt werden dürfen, der genauso wie die Verordnung Nr. 1177/2002 keine finanzielle Obergrenze vorgesehen habe. Die Kommission habe der Mittelausstattung in Höhe von 10 Millionen Euro bei Erlass der Genehmigung von 2004 keinerlei Bedeutung beigemessen.

24      Deshalb habe der Gesamtbetrag der öffentlichen Ausgaben nicht zur Struktur der Beihilferegelung gehört, die die Italienische Republik im Jahr 2004 bei der Kommission angemeldet habe. Die Italienische Republik habe sich vielmehr das Recht vorbehalten, die Mittelausstattung in den Folgejahren zu erhöhen.

25      Für ihre Auffassung, dass der Umfang der Regelung von 2004 nichts mit der finanziellen Deckung der Regelung zu tun habe, spreche die Tatsache, dass das Budget für die genannte Regelung bereits im Jahr 2005 um 1 Million Euro aufgestockt worden sei, ohne dass die Kommission irgendwelche Einwände erhoben hätte.

26      Demzufolge habe die Kommission im vorliegenden Fall den Sachverhalt dadurch falsch beurteilt, dass sie davon ausgegangen sei, dass der ursprüngliche Betrag von 10 Millionen Euro ein fester Bestandteil der Regelung von 2004 sei.

27      Im Übrigen habe dieser Fehler dazu geführt, dass die Kommission mehrere unionsrechtliche Vorschriften, insbesondere Art. 87 Abs. 1 EG, Art. 88 Abs. 3 EG, Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 und Art. 4 der Verordnung Nr. 794/2004, fehlerhaft angewandt habe.

28      Die angemeldete Maßnahme sei nicht als eine Änderung der Regelung von 2004 anzusehen, da die neue Mittelausstattung lediglich eine Maßnahme der Rechnungsführung gewesen sei, die keinerlei Einfluss auf den Umfang der Verpflichtung der Italienischen Republik gegenüber den italienischen Werften gehabt habe, die dem unlauteren koreanischen Wettbewerb ausgesetzt gewesen seien. Demzufolge habe die Kommission zu Unrecht festgestellt, dass die angemeldete Maßnahme eine neue Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 sei.

29      Bei der genannten Mittelausstattung habe es sich in Wirklichkeit um eine rein verwaltungstechnische Änderung im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 794/2004 gehandelt. In diesem Zusammenhang sei zu betonen, dass die Italienische Republik durch die Erhöhung des für die Regelung von 2004 vorgesehenen Budgets weder die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regelung geändert noch deren zeitliche Anwendung ausgedehnt habe.

30      Die Tatsache, dass der italienische Gesetzgeber es für zweckmäßig gehalten habe, der Kommission die neue Mittelausstattung mitzuteilen, spiele für die Beantwortung der Frage, ob es sich um eine neue Beihilfe handele, keine Rolle, da eine nationale Vorschrift gegenüber unionsrechtlichen Vorschriften keinen Vorrang genieße.

31      Die Kommission beantragt unter Hinweis darauf, dass die Ausgangsmittel für die Regelung von 2004 in Höhe von 10 Millionen Euro fester Bestandteil der genannten Regelung gewesen seien, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

32      Es ist festzustellen, dass alle von der Italienischen Republik im Rahmen dieses ersten Klagegrundes erhobenen Rügen von der Prämisse ausgehen, dass die Kommission bei der Genehmigungsentscheidung von 2004 nicht der Auffassung war und auch nicht sein konnte, dass die Regelung von 2004, wie sie von der Italienischen Republik angemeldet worden war, eine finanzielle Obergrenze von 10 Millionen Euro vorgesehen habe. Bei der angemeldeten Maßnahme, d. h. bei der Aufstockung der Mittel im Jahr 2008 um 10 Millionen Euro, handele es sich demzufolge nicht um eine Änderung einer bestehenden Beihilfe.

33      Die Italienische Republik trägt in diesem Zusammenhang zwei Argumente vor, zum einen die Besonderheit der Verordnung Nr. 1177/2002 und zum anderen die Art und Weise, wie die italienischen Behörden die Durchführung der genannten Verordnung in der nationalen Rechtsordnung festgelegt hätten.

34      Zu dem Argument, die Verordnung Nr. 1177/2002 habe für den Gesamtbetrag der Beihilfen, die jeder Mitgliedstaat nach der genannten Verordnung habe gewähren können, keine nominelle Obergrenze vorgesehen, ist erstens zu bemerken, dass die Italienische Republik bei ihrer Überlegung zwei grundlegende Gesichtspunkte außer Acht lässt.

35      Die Verordnung Nr. 1177/2002 ist auf Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG gestützt. Daher stellen die in ihr bezeichneten Beihilfen lediglich eine Kategorie von Beihilfen dar, die „[a]ls mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ... angesehen werden [können]“. Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1177/2002 gibt diesen Wortlaut im Übrigen getreu wieder.

36      Derartige Beihilfen können also zwar als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, sind dies aber nicht notwendig (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 1996, IJssel-Vliet, C‑311/94, Slg. 1996, I‑5023, Randnrn. 26 bis 28).

37      Es ist nämlich Sache der Kommission, gemäß Art. 88 Abs. 3 EG zu prüfen, ob diese Beihilfen alle Voraussetzungen erfüllen, um mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu sein. Darauf wurde in Art. 3 der Verordnung Nr. 1177/2002 hingewiesen, der ausdrücklich vorsah, dass Art. 88 EG und die Verordnung Nr. 659/1999 für die fraglichen Beihilfen gelten sollten.

38      Außerdem gehört die Verordnung Nr. 1177/2002 zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die der Rat gestützt auf Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG erlassen hat, um Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit und mit Überkapazitäten zu beheben, denen die Werften der Union ausgesetzt waren. Diese Maßnahmen hatten stets ein zweifaches Ziel: zum einen, den Wettbewerbsabstand zwischen den europäischen Werften und ihren internationalen Konkurrenten abzubauen, und zum anderen, dem innergemeinschaftlichen Wettbewerb gerechte und einheitliche Rahmenbedingungen zu garantieren (vgl. z. B. die Erwägungsgründe 2 und 6 der Richtlinie 87/167/EWG des Rates vom 26. Januar 1987 über Beihilfen für den Schiffbau [ABl. L 69, S. 55], die Erwägungsgründe 5 und 9 sowie Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 90/684/EWG des Rates vom 21. Dezember 1990 über Beihilfen für den Schiffbau [ABl. L 380, S. 27] und die Erwägungsgründe 3 und 6 sowie Art. 3 Abs. 3 der Verordnung [EG] Nr. 1540/98 des Rates vom 29. Juni 1998 zur Neuregelung der Beihilfen für den Schiffbau [ABl. L 202, S. 1]).

39      Daraus folgt entgegen dem Vorbringen der Italienischen Republik, dass es der Kommission freistand, die von der Italienischen Republik für die Regelung von 2004 vorgesehenen Haushaltsmittel in ihre Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gemeinsamen Markt einzubeziehen, da sie dadurch die innergemeinschaftlichen Wettbewerbsbedingungen im Schiffbausektor überwachen konnte.

40      Zweitens ist das Argument, dass die Regelung von 2004 in Wirklichkeit allein auf dem Ministerialerlass vom 2. Februar 2004 beruht habe, der keine Mittelbeschränkung vorgesehen habe, von vornherein zurückzuweisen. Bei der Beurteilung der Rechtsgrundlage der Regelung von 2004 ist nämlich die höherrangige nationale Norm in Form des Gesetzes Nr. 350/2003, das den Erlass einer Norm niederen Ranges – hier des Ministerialerlasses vom 2. Februar 2004 – vorsieht, zu berücksichtigen.

41      Im Übrigen steht fest, dass das Gesetz Nr. 350/2003, das für die Beihilferegelung Ausgangsmittel in Höhe von 10 Millionen Euro vorsah, zu den Unterlagen gehörte, die die Italienische Republik der Kommission im Rahmen des Verfahrens übermittelt hatte, das zu der Genehmigungsentscheidung von 2004 führte.

42      In diesem Zusammenhang ist dem Argument der Italienischen Republik, die Kommission habe bei der Genehmigungsentscheidung von 2004 dem Betrag von 10 Millionen Euro keine Bedeutung beigemessen, nicht zu folgen. Die Kommission hatte die Regelung von 2004 unbestreitbar so genehmigt, wie sie von der Italienischen Republik angemeldet worden war. Wie vorstehend erwähnt worden ist und wie sich im Übrigen aus dem elften Erwägungsgrund der Genehmigungsentscheidung von 2004 ergibt, war das ursprünglich vorgesehene Budget von 10 Millionen Euro einer der Parameter, die die Italienische Republik der Kommission zur Beurteilung unterbreitet hatte. In dem Schreiben, mit dem die fragliche Maßnahme angemeldet wurde, hieß es nämlich, dass das Budget sowohl für 2004 als auch in Bezug auf die gesamten Mittelzuweisungen auf 10 Millionen Euro begrenzt sei.

43      Demzufolge kann die Italienische Republik nicht mit Erfolg geltend machen, das ursprünglich für die Regelung von 2004 vorgesehene Budget sei für die Beantwortung der Frage, ob die angemeldete Maßnahme eine neue Beihilfe sei, unerheblich.

44      Auch die Tatsache, dass die Italienische Republik das Budget für die Regelung von 2004 im Jahr 2005 um 1 Million Euro aufgestockt hat, ist für die Beurteilung der Frage, ob die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die angemeldete Maßnahme zu Recht als eine neue Beihilfe eingestuft hat, unerheblich. Die Italienische Republik hat nämlich ihre im Jahr 2005 vorgenommene Mittelaufstockung bei der Kommission niemals angemeldet, und diese Aufstockung könnte allenfalls unter die nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 794/2004 vorgesehene Ausnahmeregelung fallen, wonach die Erhöhung eines bestehenden Budgets um bis zu 20 % nicht als Änderung einer bestehenden Beihilfe angesehen wird.

45      Schließlich ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass sich die mögliche Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nicht als solche auf die Definition der Änderung einer bestehenden Beihilfe und damit auf die Verpflichtung auswirkt, der Kommission diese Beihilfe nach Art. 88 Abs. 3 EG vorher zu notifizieren (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. Juli 2005, Xunta de Galicia, C‑71/04, Slg. 2005, I‑7419, Randnrn. 26 bis 31). Die Tatsache, dass die Italienische Republik im Jahr 2004 ein Gesamtbudget von 20 Millionen Euro hätte anmelden und dieses unter Umständen hätte genehmigt werden können, lässt daher die Feststellung unberührt, dass die Kommission davon ausgehen durfte, dass die angemeldete Maßnahme eine neue Beihilfe sei.

46      Somit ist die Prämisse, auf der dieser Klagegrund beruht, nämlich die Unabhängigkeit der Regelung von 2004 vom ursprünglichen Budget in Höhe von 10 Millionen Euro, unzutreffend. Daher ist nicht zu beanstanden, dass die Kommission festgestellt hat, dass die angemeldete Maßnahme eine neue Beihilfe im Sinne der Bestimmungen des Unionsrechts wie Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 und Art. 4 der Verordnung Nr. 794/2004 darstelle.

47      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1177/2002

 Vorbringen der Parteien

48      Die Italienische Republik wendet sich gegen die Behauptung der Kommission im 26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht als Rechtsgrundlage für die Würdigung der angemeldeten Maßnahme habe herangezogen werden können, da sie zum Zeitpunkt der Anmeldung der genannten Maßnahme nicht mehr in Kraft gewesen sei.

49      Aus den Art. 2 bis 5 der Verordnung Nr. 1177/2002 in der durch die Verordnung Nr. 502/2004 geänderten Fassung ergebe sich, dass das in ihr vorgesehene Auslaufdatum, der 31. März 2005, lediglich bedeute, dass Verträge, die nach diesem Datum unterzeichnet würden, nicht mehr unter die durch die Verordnung Nr. 1177/2002 eingeführte Regelung fallen könnten. Es gebe jedoch in der genannten Verordnung keine Vorschrift, die zur Folge habe, dass sie nach dem 31. März 2005 nicht mehr auf vor diesem Datum ordnungsgemäß unterzeichnete Verträge angewandt werden könne. Aus Art. 2 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1177/2002 ergebe sich vielmehr, dass nach dieser Verordnung bewilligte Beihilfen bis zum 31. März 2008 oder im Fall einer Verlängerung in Sonderfällen bis zum 31. März 2011 ausgezahlt werden könnten.

50      Die angemeldete Maßnahme sei am 24. Dezember 2007 erlassen worden und am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Ihr Zweck sei gewesen, auf der Ebene der Verwaltung und der Rechnungsführung die Auszahlung von Beihilfen für alle vor dem 31. März 2005 unterzeichneten Schiffbauverträge zu ermöglichen. Diese Verträge hätten alle übrigen Voraussetzungen der Verordnung Nr. 1177/2002 erfüllen müssen, so u. a., dass die Auslieferung binnen drei Jahren nach Vertragsunterzeichnung habe erfolgen müssen, sofern diese Frist nicht aus einem der in der genannten Verordnung genannten Gründe um drei Jahre verlängert werden würde. Demzufolge sei es offensichtlich, dass es sich bei der angemeldeten Maßnahme um eine genaue Anwendung der Verordnung Nr. 1177/2002 handele und dass die Kommission dadurch, dass sie die genannte Verordnung bei der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt habe, rechtsfehlerhaft gehandelt habe. Allein aufgrund dieses Rechtsfehlers sei es gerechtfertigt, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

51      Die Italienische Republik tritt der Auffassung der Kommission entgegen, dass die Wettbewerbsverhältnisse, die zum Erlass der Verordnung Nr. 1177/2002 geführt hätten, bei Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht mehr bestanden hätten. Erstens sei dieses Argument der Kommission unzulässig, da es für die Anwendung der Verordnung Nr. 1177/2002 eine erhebliche Einschränkung bedeute und weder in der angefochtenen Entscheidung noch in der Genehmigungsentscheidung von 2004 geltend gemacht worden sei.

52      Zweitens sei das Argument der Kommission unbegründet, denn es enthalte nichts, was die Behauptung untermauern könnte, dass die Werften in der Union, die vor dem 31. März 2005 Verträge geschlossen hätten, im Jahr 2008 im Hinblick auf diese Verträge nicht mehr unter den Folgen des koreanischen Dumpings gelitten hätten.

53      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Italienischen Republik entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

54      Im Rahmen dieses Klagegrundes ist für die Beurteilung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen, ob die Verordnung Nr. 1177/2002 nach dem 31. März 2005, dem Datum ihres Auslaufens, zur Anwendung kommen konnte.

55      Es steht fest, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen hat, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht als Rechtsgrundlage für die Würdigung der angemeldeten Maßnahme herangezogen werden könne, da sie am 31. März 2005 ausgelaufen sei (Erwägungsgründe 11, 25 und 26 der angefochtenen Entscheidung).

56      Hinsichtlich der zeitlichen Anwendung einer Rechtsvorschrift ohne Übergangsvorschriften ist im vorliegenden Fall zwischen Zuständigkeitsvorschriften und materiellen Rechtsvorschriften zu unterscheiden.

57      Bezüglich der Regeln über die Zuständigkeit der Unionsorgane ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Vorschrift, die die Rechtsgrundlage eines Rechtsakts bildet und das Unionsorgan zu seinem Erlass ermächtigt, bei Erlass des Rechtsakts in Kraft sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 4. April 2000, Kommission/Rat, C‑269/97, Slg. 2000, I‑2257, Randnr. 45).

58      Im vorliegenden Fall ist Art. 88 EG die Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit der Kommission zum Erlass von Entscheidungen über staatliche Beihilfen und ermächtigt die Kommission seit 1968 ununterbrochen, über die Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt nach Art. 87 EG zu entscheiden.

59      Die materiellen Rechtsvorschriften regeln ab ihrem Inkrafttreten alle künftigen Wirkungen eines unter der alten Regelung entstandenen Sachverhalts. Demzufolge gelten materielle Rechtsvorschriften nicht für Wirkungen, die vor ihrem Inkrafttreten eingetreten sind, sofern nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen für eine rückwirkende Anwendung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 14. April 1970, Brock, 68/69, Slg. 1970, 171, Randnr. 6, vom 29. Januar 2002, Pokrzeptowicz-Meyer, C‑162/00, Slg. 2002, I‑1049, Randnr. 49, und vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, Slg. 2002, I‑7869, Randnr. 119; Urteile des Gerichts vom 14. Februar 2007, Simões Dos Santos/HABM, T‑435/04, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 100, und vom 12. September 2007, González y Díez/Kommission, T‑25/04, Slg. 2007, II‑3121, Randnr. 70).

60      In Bezug auf angemeldete und nicht ausgezahlte Beihilfen stimmt im Rahmen des Systems der Union zur Kontrolle staatlicher Beihilfen der Zeitpunkt, zu dem die Wirkungen der vorgesehenen Beihilfe eintreten, mit dem der Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit der genannten Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt überein. Die Vorschriften, Grundsätze und Kriterien für die Beurteilung der Zulässigkeit staatlicher Beihilfen, die zu dem Zeitpunkt gelten, zu dem die Kommission ihre Entscheidung trifft, sind nämlich grundsätzlich besser auf die herrschenden Wettbewerbsverhältnisse abgestimmt (Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen, C‑334/07 P, Slg. 2008, I‑9465, Randnrn. 50 bis 53). Dies beruht darauf, dass die fragliche Beihilfe frühestens ab dem Zeitpunkt zu realen Vor‑ oder Nachteilen führt, zu dem die Kommission über ihre Genehmigung entscheidet.

61      Für Beihilfen, die unrechtmäßig ohne vorherige Anmeldung gezahlt wurden, gelten demgegenüber die materiellen Rechtsvorschriften, die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe galten, da die mit einer derartigen Beihilfe verbundenen Vor‑ und Nachteile während des Zeitraums eingetreten sind, in dem die fragliche Beihilfe geleistet wurde (Urteil des Gerichts vom 15. April 2008, SIDE/Kommission, T‑348/04, Slg. 2008, II‑625, Randnrn. 58 bis 60).

62      Daraus folgt, dass der Kommission im vorliegenden Fall kein Vorwurf gemacht werden kann, weil sie die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht angewandt hat, da die vorgesehene Beihilfe angemeldet und nicht ausgezahlt worden war. Die effektiven Vor‑ und Nachteile der angemeldeten Maßnahme für den Gemeinsamen Markt konnten nämlich nicht vor Erlass der angefochtenen Entscheidung eintreten, der nach dem Datum des Auslaufens der Verordnung Nr. 1177/2002, d. h. dem 31. März 2005, erfolgt ist.

63      Das Argument, die Verordnung Nr. 1177/2002 habe gemäß ihrem Art. 4 für Verträge gegolten, die vor dem 31. März 2005 geschlossen worden seien, steht der Schlussfolgerung nicht entgegen, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 für die angemeldete Maßnahme nicht galt. In Art. 4 der Verordnung Nr. 1177/2002 werden nämlich ebenso wie in deren Art. 2 die materiellen Voraussetzungen genannt, die erfüllt sein müssen, damit die Kommission gemäß dieser Verordnung eine Entscheidung treffen kann, mit der die fragliche Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird. Die zeitliche Anwendung dieser Verordnung war jedoch durch deren Art. 5 und die vorstehend in den Randnrn. 57 bis 60 genannten Grundsätze geregelt.

64      Zwar führt die Tatsache, dass der für die anwendbaren materiellen Rechtsvorschriften maßgebliche Zeitpunkt bei einer angemeldeten und nicht ausgezahlten Beihilfe mit dem Erlass einer Entscheidung der Kommission über die Zulässigkeit der genannten Beihilfe zusammenfällt, dazu, dass die Kommission durch Beeinflussung der Dauer der Untersuchung der angemeldeten Beihilfemaßnahme bewirken kann, dass eine materielle Rechtsvorschrift zur Anwendung kommt, die nach Anmeldung der genannten Maßnahme bei der Kommission in Kraft getreten ist. Ein solcher Fall – der hier im Übrigen nicht gegeben ist, weil die fragliche Maßnahme nach dem Datum des Auslaufens der Verordnung Nr. 1177/2002 angemeldet wurde – kann jedoch keine Ausnahme von dem Grundsatz rechtfertigen, dass neue materielle Rechtsvorschriften von ihrem Inkrafttreten an alle künftigen Wirkungen eines unter der alten Regelung entstandenen Sachverhalts regeln.

65      In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Möglichkeit für die Kommission, entweder die neue oder die alte Regel anzuwenden, begrenzt ist und zum einen durch die Tatsache aufgewogen wird, dass es im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt, wann sie Beihilfemaßnahmen anmelden, und zum anderen dadurch, dass Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 die Kommission gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dazu anhält, mit der gebotenen Eile zu handeln (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichts vom 18. November 2004, Ferriere Nord/Kommission, T‑176/01, Slg. 2004, II‑3931, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten Beihilfevorhaben, wenn sie die Verordnung Nr. 1177/2002 in Anspruch nehmen wollten, vor dem Datum des Auslaufens dieser Verordnung und vor Unterzeichnung aller für eine Beihilfe in Betracht kommenden Verträge anmelden mussten, kann der Anwendung der Grundsätze für die zeitliche Anwendung materieller Rechtsvorschriften auf das System der Union zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nicht entgegenstehen. Es ist nämlich dem System der Vorabkontrolle staatlicher Beihilfen immanent, dass die Anmeldungen zwangsläufig Schätzungen der Gesamtbeträge der vorgesehenen Beihilfen beinhalten müssen. Dies gilt insbesondere für eine auf Betriebsbeihilfen, wie sie hier in Rede stehen, gerichtete Maßnahme.

67      Nach alledem und in Ermangelung von Übergangsvorschriften, durch die der zeitliche Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1177/2002 ausgedehnt würde, ist der zweite Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Dritter Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 87 EG, 88 EG und 253 EG

 Vorbringen der Parteien

68      Die Italienische Republik trägt vor, die Kommission habe selbst für den Fall, dass die angemeldete Maßnahme als eine neue Beihilfe anzusehen sein sollte, weil sie nicht in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1177/2002 falle, dadurch gegen Art. 87 Abs. 2 und 3 EG sowie Art. 88 Abs. 3 EG verstoßen, dass sie es in der angefochtenen Entscheidung versäumt habe, zu prüfen, ob die angemeldete Maßnahme aufgrund einer der in Art. 87 Abs. 2 und 3 EG vorgesehenen Ausnahmeregelungen, insbesondere der nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. b und c EG, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könne.

69      Die Kommission habe nämlich ihre Feststellung, dass die angemeldete Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, allein damit begründet, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 ausgelaufen sei und dass die genannte Maßnahme keinem der Fälle entspreche, die in den Abschnitten 3.1 und 3.2 der oben in Randnr. 12 erwähnten Rahmenbestimmungen für Beihilfen für den Schiffbau vorgesehen seien.

70      Die Kommission müsse gemäß der Rechtsprechung stets von Amts wegen prüfen, ob eine Beihilfe möglicherweise gemäß Art. 87 Abs.  2 und 3 EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, es sei denn, die fragliche Regelung sei aufgrund offensichtlicher Umstände durch nichts zu rechtfertigen. Der letztgenannte Fall liege hier nicht vor, weil es sich bei der angemeldeten Maßnahme lediglich um die Refinanzierung einer Beihilferegelung handele, die bereits für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden sei und bei der alle übrigen Voraussetzungen unverändert seien.

71      Die Italienische Republik fügt hinzu, sie habe im Laufe des Verwaltungsverfahrens versucht, die Kommission darauf hinzuweisen, dass die angemeldete Maßnahme notwendig sei, um für alle Wirtschaftsteilnehmer, die für eine Beihilfe in Betracht kämen, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Außerdem hätte es ohne die Beihilfe zur Schließung von Werften kommen können. Trotzdem sei die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf diese Hinweise nicht in angemessener Art und Weise eingegangen.

72      Im Übrigen möge das Gericht selbst die angemeldete Maßnahme prüfen und sie für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären.

73      Darüber hinaus sei die im 26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründung aus den vorstehend in den Randnrn. 68 bis 71 genannten Gründen unzureichend, was einen Verstoß gegen Art. 253 EG darstelle. Hierzu sei auf die Rechtsprechung zu verweisen, wonach die Kommission zur Einhaltung ihrer Begründungspflicht spezifische und nicht allgemeine Umstände anführen müsse.

74      Schließlich sei die angefochtene Entscheidung auch insofern mit einem Begründungsfehler behaftet, als die Kommission bei der Prüfung der angemeldeten Maßnahme die Regelung von 2004 außer Acht gelassen habe, auf die die angemeldete Maßnahme verweise.

75      Die Kommission beantragt, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

76      Zunächst ist der Antrag der Italienischen Republik, das Gericht möge die angemeldete Maßnahme für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären, als unzulässig zurückzuweisen. Da sich die Kontrolle des Gerichts nach Art. 230 EG ausschließlich auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bezieht, kann sie nicht dazu führen, dass das Gericht die angefochtene Entscheidung ändert oder durch eine neue Entscheidung ersetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, Slg. 2008, I‑10505, Randnr. 141). Demzufolge muss sich das Gericht im vorliegenden Fall auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung im Licht der von der Italienischen Republik speziell gegen sie erhobenen Rügen beschränken.

77      Im Übrigen wird der genannte Antrag, falls er so aufzufassen sein sollte, dass mit ihm die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung begehrt wird, weil diese gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes verstoße, im Rahmen der Prüfung des vierten Klagegrundes behandelt.

78      Was die Rüge angeht, der 26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung sei unzureichend begründet, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 230 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2008, Chronopost/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, Slg. 2008, I‑4777, Randnr. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      Im vorliegenden Fall können sowohl die Italienische Republik als auch das Gericht anhand der Ausführungen in den Erwägungsgründen 11 und 25 bis 35 der angefochtenen Entscheidung die Überlegungen der Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt nachvollziehen. Aus den Erwägungsgründen 11 und 26 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 nach Ansicht der Kommission am 31. März 2005 ausgelaufen war und für die angemeldete Maßnahme nicht galt. In den Erwägungsgründen 29 und 30 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung als nicht einschlägig ausgeschlossen, weil sie in der Genehmigungsentscheidung von 2004 keine Zusicherung im Hinblick auf eine etwaige künftige Aufstockung der in der Regelung von 2004 vorgesehenen Mittel gegeben habe. In den Erwägungsgründen 31 ff. der angefochtenen Entscheidung schließlich hat die Kommission umfassend ihre Ansicht begründet, dass die von der Italienischen Republik angeführte Rechtsprechung hier nicht einschlägig sei.

80      Angesichts der vorstehend in Randnr. 78 angeführten Rechtsprechung, der Erwägungsgründe 11 und 25 bis 35 der angefochtenen Entscheidung sowie der Tatsache, dass es im vorliegenden Fall der Italienischen Republik obliegt, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die angemeldete Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (vgl. nachstehend, Randnrn. 83 bis 85), ist die Rüge, mit der eine unzureichende Begründung geltend gemacht wird, als unbegründet zurückzuweisen.

81      Die Auffassung, dass die Kommission die angemeldete Maßnahme geprüft habe, ohne die Regelung von 2004 in ihre Überlegungen miteinzubeziehen, ist als unbegründet zurückzuweisen. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Kommission tatsächlich davon ausgegangen ist, dass die Ausgangsmittel in Höhe von 10 Millionen Euro ein fester Bestandteil der Regelung von 2004 seien, denn sie ist zu dem Schluss gelangt, dass die Mittelaufstockung eine Änderung der bestehenden Beihilfe sei (Erwägungsgründe 7 bis 9 und 11 der angefochtenen Entscheidung). Soweit diese Rüge als eine Anfechtung der genannten Schlussfolgerung aufzufassen sein sollte, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht diese Schlussfolgerung bereits im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes bestätigt hat.

82      Auch die Rüge, die Kommission habe dadurch fehlerhaft gehandelt, dass sie es versäumt habe, zu prüfen, ob die angemeldete Maßnahme aufgrund einer der in Art. 87 Abs.  2 und 3 EG vorgesehenen Ausnahmeregelungen, insbesondere der Ausnahmen in Art. 87 Abs. 3 Buchst. b und c EG, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könne, ist als unbegründet zurückzuweisen.

83      Beschließt die Kommission nämlich, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen, so obliegt es nach ständiger Rechtsprechung dem Mitgliedstaat und dem potenziellen Empfänger der staatlichen Beihilfe, ihre Argumente dafür vorzutragen, dass das Beihilfevorhaben den in Anwendung des EG-Vertrags vorgesehenen Ausnahmen entspricht, da das förmliche Prüfverfahren gerade dazu dient, die Kommission über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten. Die Kommission muss ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beihilfe zwar klar zum Ausdruck bringen, wenn sie ein förmliches Verfahren eröffnet, um es dem Mitgliedstaat und den Beteiligten zu ermöglichen, sich umfassend dazu zu äußern, doch ändert dies nichts daran, dass es Sache desjenigen ist, der die Beihilfe beantragt hat, diese Zweifel auszuräumen und nachzuweisen, dass das Vorhaben die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe erfüllt (vgl. Urteil Ferriere Nord/Kommission, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnrn. 93 und 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84      Nach dieser Rechtsprechung verpflichtet zwar Art. 88 Abs. 2 EG die Kommission, vor Erlass ihrer Entscheidung Stellungnahmen der Beteiligten einzuholen; er verbietet ihr aber nicht, wenn keine solchen Stellungnahmen eingereicht werden, festzustellen, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Der Kommission kann insbesondere nicht vorgeworfen werden, dass sie rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, die ihr im Verwaltungsverfahren hätten vorgetragen werden können, aber nicht vorgetragen wurden, nicht berücksichtigt hat, da sie nicht verpflichtet ist, von Amts wegen und mutmaßend zu prüfen, welche Gesichtspunkte ihr hätten unterbreitet werden können (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2004, Fleuren Compost/Kommission, T‑109/01, Slg. 2004, II‑127, Randnrn. 48 und 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85      Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen ist aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte. Niemand kann sich vor dem Gemeinschaftsrichter auf Tatsachen berufen, die im vorgerichtlichen Verfahren nach Art. 88 EG nicht vorgetragen wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil Fleuren Compost/Kommission, oben in Randnr. 84 angeführt, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Die Kommission hat im vorliegenden Fall in den Erwägungsgründen 26 und 27 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass sich die Italienische Republik im Verwaltungsverfahren zur Begründung ihres Antrags auf Genehmigung der angemeldeten Maßnahme auf die Verordnung Nr. 1177/2002 sowie die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung berufen habe. Im Übrigen ergibt sich aus den Erwägungsgründen 25 bis 36 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission die von der Italienischen Republik in diesem Zusammenhang vorgetragenen Argumente und die von ihr angeführte Rechtsprechung tatsächlich geprüft und für unmaßgeblich gehalten hat.

87      In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Italienische Republik gebeten, anzugeben, welche zusätzlichen einschlägigen Gesichtspunkte sie der Kommission im Verwaltungsverfahren vorgetragen habe, ohne dass diese von der Kommission geprüft worden seien. Die Italienische Republik hat jedoch keine anderen Argumente anführen können als die, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung geprüft und zurückgewiesen hat.

88      Nach alledem ist der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Vierter Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung

 Vorbringen der Parteien

89      Die Italienische Republik macht geltend, dass die Kommission die angemeldete Maßnahme gemäß der Rechtsprechung, selbst wenn sie mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar wäre, nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung hätte genehmigen müssen.

90      Da nämlich die Höhe der Beihilfen für die Werften bei der Genehmigungsentscheidung von 2004 keine Rolle gespielt habe, hätten die Italienische Republik und die Beihilfeempfänger davon ausgehen können, dass die Kommission die angemeldete Maßnahme genehmigen werde, da sie sich in die Regelung von 2004 eingefügt und lediglich eine Aufstockung des Gesamtbudgets vorgesehen habe, ohne die Voraussetzungen für die Anwendung der genannten Regelung zu ändern.

91      Die Kommission habe auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, weil die angefochtene Entscheidung dazu führe, dass die Beihilferegelung bestimmten Werften nicht habe zugutekommen können, obwohl die Sach‑ und Rechtslage für sie dieselbe gewesen sei wie für diejenigen, die von der Beihilferegelung tatsächlich begünstigt worden seien.

92      Die Italienische Republik habe mit der angemeldeten Maßnahme gerade den Grundsatz der Gleichbehandlung sicherstellen wollen. Sie habe das für die Beihilferegelung vorgesehene Gesamtbudget aufgestockt, damit keine Werft, die einen Vertrag über den Bau eines Schiffes geschlossen habe, für den die genannte Beihilferegelung in Betracht gekommen sei, ihren Anspruch wegen unzureichender finanzieller Deckung verliere.

93      Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

94      Zunächst ist hervorzuheben, dass die diesem Klagegrund der Italienischen Republik zum Teil zugrunde liegende Prämisse, dass die Höhe der Beihilfen für die Werften bei der Genehmigungsentscheidung von 2004 keine Rolle gespielt habe, bereits oben in Randnr. 42 verworfen worden ist.

95      Demzufolge kann das Vorbringen, die Kommission habe gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen, keinen Erfolg haben, denn niemand kann eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem das betreffende Organ keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, Innova Privat-Akademie/Kommission, T‑273/01, Slg. 2003, II‑1093, Randnr. 26).

96      Im Übrigen ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 weder Bestimmungen enthält, die die Mitgliedstaaten von der ihnen nach Art. 88 Abs. 3 EG obliegenden Meldepflicht entbinden, noch Bestimmungen zur Änderung der Definition einschlägiger Begriffe wie des Begriffs der Änderung einer bestehenden Beihilfe. Diese Verordnung sieht vielmehr vor, dass sie vorbehaltlich der Einhaltung der Bestimmungen des Art. 88 EG und der Verordnung Nr. 659/1999 zur Anwendung kommt. Die Genehmigungsentscheidung von 2004, die auf der Verordnung Nr. 1177/2002 beruht, konnte daher kein Vertrauen begründen, das über das in der genannten Entscheidung ausdrücklich Gesagte, d. h. die der Italienischen Republik erteilte Genehmigung zur Gewährung von Beihilfen in Höhe von insgesamt 10 Millionen Euro, hinausginge.

97      Das Argument, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend gemacht wird, ist offensichtlich unbegründet. Dass die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht für die angemeldete Maßnahme gilt, ergibt sich aus der Anwendung einer Rechtsvorschrift und nicht aus der Ausübung eines Ermessens. Der Grund, weshalb den von der angemeldeten Maßnahme betroffenen Verträgen keine Beihilfen nach der Verordnung Nr. 1177/2002 zugutekamen, hängt daher ausschließlich mit dem vorübergehenden Charakter dieser Verordnung und der Tatsache zusammen, dass die Italienische Republik es unterlassen hat, die fragliche Maßnahme anzumelden, so dass die Kommission vor Ablauf der Geltungsdauer der genannten Verordnung eine Entscheidung hätte treffen können.

98      Deshalb ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

 Fünfter Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens

 Vorbringen der Parteien

99      Die Italienische Republik rügt, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung die Empfehlung des SBG zur Verordnung Nr. 1177/2002 berücksichtigt, ohne dies vorher mit den italienischen Behörden im Verwaltungsverfahren erörtert zu haben. Demzufolge habe die Kommission ihre Entscheidung nicht auf das Verfahren vor dem SBG und die dort erzielten Ergebnisse stützen können. Dass die Italienische Republik im Verwaltungsverfahren die Frage nach dem Verfahren vor dem SBG aufgeworfen habe, sei unerheblich, denn sie habe das nur nebenbei getan, um zu verdeutlichen, dass das Verfahren vor dem SBG im Hinblick auf die Anwendung der Verordnung Nr. 1177/2002 und die angemeldete Maßnahme keine aufschiebende Wirkung habe.

100    Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

101    Die Italienische Republik hat in ihrem Schreiben vom 7. Juli 2008 an die Kommission die Ansicht vertreten, dass das die Verordnung Nr. 1177/2002 betreffende Verfahren vor dem SBG dem nicht entgegenstehe, dass die Beihilfe nach der Verordnung Nr. 1177/2002 und der Regelung von 2004 Werften gewährt werde, die vor Abschluss des genannten Verfahrens einen Beihilfeantrag gestellt hätten.

102    Die Kommission hat dazu in den Erwägungsgründen 35 bis 37 der angefochtenen Entscheidung bemerkt, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 gemäß der Rechtsprechung nach Möglichkeit im Licht der Verpflichtungen der Gemeinschaft im Rahmen der WTO auszulegen sei. Das SBG habe in dem Verfahren, auf das die Italienische Republik in ihrem Schreiben vom 7. Juli 2008 hingewiesen habe, am 20. Juni 2005 entschieden, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 und die einzelnen auf ihrer Grundlage erlassenen nationalen Regelungen gegen die WTO-Regeln verstießen. Außerdem habe die Gemeinschaft der WTO am 20. Juli 2005 mitgeteilt, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 am 31. März 2005 ausgelaufen sei und dass die Mitgliedstaaten daher keine Beihilfen mehr nach dieser Verordnung gewähren könnten. Folglich habe sich die Gemeinschaft mit ihrer Mitteilung an die WTO dieser gegenüber verpflichtet, die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht mehr anzuwenden.

103    Angesichts dieses Sachverhalts kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verletzt zu haben. Sie ist vielmehr auf ein Vorbringen der Italienischen Republik eingegangen und hat dadurch deren Verteidigungsrechte, insbesondere deren Anspruch auf rechtliches Gehör, gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass diese Antwort die Schlussfolgerung enthält, die die Kommission aus dem Ergebnis des Verfahrens vor dem SBG gezogen hatte, denn es war die Italienische Republik, die in ihrem Schreiben vom 7. Juli 2008 die Frage nach den Auswirkungen des genannten Verfahrens auf die Anwendung der Verordnung Nr. 1177/2002 aufgeworfen hatte.

104    Deshalb ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

 Sechster Klagegrund: Berücksichtigung der WTO-Regeln bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt

 Vorbringen der Parteien

105    Die Italienische Republik macht mit diesem Klagegrund geltend, dass die Kommission dadurch rechtsfehlerhaft gehandelt habe, dass sie die Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit den WTO-Regeln geprüft habe. Die Kommission könne sich nämlich bei der Beurteilung eines Vorhabens staatlicher Beihilfen nach Art. 88 Abs. 3 EG, wie es hier in Rede stehe, nicht auf andere Kriterien als die in Art. 87 EG genannten stützen.

106    Die Frage, ob eine Beihilferegelung möglicherweise mit den WTO-Regeln unvereinbar sei, sei vom Gerichtshof im Rahmen des Verfahrens nach Art. 226 EG zu prüfen.

107    Nach alledem habe die Kommission dadurch, dass sie die Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit den WTO-Regeln geprüft habe, ihre Befugnisse überschritten und gegen Art. 88 Abs. 3 EG sowie die Art. 87 EG und 226 EG verstoßen.

108    Die Kommission tritt dem Vorbringen, dass sie die Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit den WTO-Regeln geprüft habe, entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

109    Die Kommission war dem 26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zufolge der Auffassung, dass die angemeldete Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, weil zum einen die Verordnung Nr. 1177/2002 ausgelaufen sei und es zum anderen keine sonstige Rechtsgrundlage gebe, auf die eine Vereinbarkeitsentscheidung hätte gestützt werden können.

110    Im 37. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung antwortete die Kommission auf das im 35. Erwägungsgrund dargelegte Argument der Italienischen Republik, wonach die Gemeinschaft der WTO am 20. Juli 2005 mitgeteilt habe, dass die Verordnung Nr. 1177/2002 am 31. März 2005 ausgelaufen sei und die Mitgliedstaaten daher keine Beihilfen mehr gemäß dieser Verordnung gewähren könnten. Sie stellte hierzu fest, dass diese Mitteilung eine Verpflichtung der Gemeinschaft gegenüber der WTO darstelle, die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht mehr anzuwenden.

111    Demnach ergibt sich aus den Erwägungsgründen 26 und 37 der angefochtenen Entscheidung zusammen gesehen, dass die Kommission der Auffassung war, dass eine etwaige Genehmigung der angemeldeten Maßnahme sowohl mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar wäre als auch gegen die Verpflichtungen der Gemeinschaft gegenüber der WTO verstoßen würde, wobei die Feststellung der Unvereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt eine gesonderte, eigenständige und der Beurteilung der Pflichten der Gemeinschaft gegenüber der WTO vorangehende Beurteilung war.

112    Daraus folgt, dass der sechste Klagegrund der Klägerin keinen Erfolg haben kann.

 Siebter Klagegrund: Die angefochtene Entscheidung sei auf die Mitteilung an die WTO gestützt

 Vorbringen der Parteien

113    Die Italienische Republik hält die angefochtene Entscheidung, mit der festgestellt worden sei, dass die Mitgliedstaaten keine Beihilfen mehr nach der Verordnung Nr. 1177/2002 gewähren könnten, weil sie am 31. März 2005 ausgelaufen sei, für rechtswidrig, da sie auf die Mitteilung an die WTO gestützt sei.

114    Sie macht in dieser Hinsicht erstens geltend, dass ihr die Mitteilung an die WTO niemals zur Kenntnis gebracht worden sei, so dass sie von der Kommission bei Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht hätte berücksichtigt werden dürfen.

115    Zweitens könne die Kommission die Genehmigung der angemeldeten Maßnahme jedenfalls nicht aufgrund der genannten Mitteilung verweigern. Die Kommission habe darin lediglich festgestellt, dass sie die Verordnung Nr. 1177/2002 nicht verlängern werde. Den Mitgliedstaaten sei es demzufolge verwehrt gewesen, Unternehmen, die nach dem 31. März 2005 Verträge über den Bau von Schiffen unterzeichnet hätten, Beihilfen zu gewähren. Die Mitteilung an die WTO habe sie jedoch nicht von der Verpflichtung entbunden, Beihilfeansprüche, die die Unternehmen aufgrund von Verträgen erworben hätten, die vor dem 31. März 2005 unterzeichnet worden seien, zu berücksichtigen.

116    Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

117    In Art. 1 der angefochtenen Entscheidung wird festgestellt, dass die angemeldete Maßnahme nicht durchgeführt werden dürfe, weil sie mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei.

118    Die Bezugnahme in der angefochtenen Entscheidung auf die Mitteilung an die WTO hatte also, wie vorstehend in Randnr. 111 dargelegt, keinen anderen Zweck, als in Beantwortung der von der Italienischen Republik aufgeworfenen Fragen ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine etwaige Genehmigung der angemeldeten Maßnahme im Übrigen den Verpflichtungen der Gemeinschaft gegenüber der WTO zuwidergelaufen wäre. Aus dem 26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung folgt nämlich, dass sich die Kommission bei ihrer Feststellung, dass die angemeldete Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, keineswegs auf die Mitteilung an die WTO gestützt hat.

119    Daraus folgt, dass die Mitteilung an die WTO jedenfalls keine Auswirkungen auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung gehabt hat.

120    Nach alledem kann auch der siebte Klagegrund keinen Erfolg haben.

121    Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

 Kosten

122    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Italienische Republik unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Italienische Republik trägt die Kosten.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Wahl

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Februar 2011.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Erster Klagegrund: unzutreffende Einstufung der angemeldeten Maßnahme als neue Beihilfe

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1177/2002

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 87 EG, 88 EG und 253 EG

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Vierter Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Fünfter Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Sechster Klagegrund: Berücksichtigung der WTO-Regeln bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Siebter Klagegrund: die angefochtene Entscheidung sei auf die Mitteilung an die WTO gestützt

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Italienisch.