URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
14. Juli 1997 (1)
„Sozialpolitik Europäischer Sozialfonds Zuschuß zur Finanzierung von
Maßnahmen der beruflichen Bildung Nichtigkeitsklage Übermittlung der
Genehmigungsentscheidung Entscheidung über den Antrag auf Restzahlung
Rechtssicherheit Berechtigtes Vertrauen Begründung“
In der Rechtssache T-81/95
Interhotel, Sociedade Internacional de Hotéis, SARL, Gesellschaft portugiesischen
Rechts mit Sitz in Lissabon, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte José Miguel
Alarcão Júdice, Nuno Morais Sarmento und Gabriela Rodrigues Martins, Lissabon,
Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Victor Gillen, 16, boulevard de la
Foire, Luxemburg,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater
António Caeiro und durch Günter Wilms, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre
Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C(94)1410/11 der Kommission vom 12.
Juli 1994 über einen Zuschuß des Europäischen Sozialfonds zu einer
Bildungsmaßnahme, der Klägerin zugestellt am 27. Dezember 1994 unter dem
Aktenzeichen 870840/P1,
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten A. Saggio sowie der Richterin V. Tiili und des
Richters R. M. Moura Ramos,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15.
Januar 1997,
folgendes
Urteil
Sachverhalt und Verfahren
- 1.
- Mit Entscheidung vom 30. April 1987 genehmigte die Kommission mit bestimmten
Änderungen ein Vorhaben, für das das Departamento para os Assuntos do Fundo
Social Europeu (Abteilung für Angelegenheiten des Europäischen Sozialfonds;
nachstehend: DAFSE) in Lissabon für das Haushaltsjahr 1987 zugunsten der
Klägerin einen Antrag auf Zuschuß gestellt hatte, der die Nummer 870840/P1
erhalten hatte. Während die Klägerin beim Europäischen Sozialfonds (nachstehend:
ESF) für die Ausbildung von 284 Personen einen Betrag von 152 466 071 ESC
beantragt hatte, wurde ihr vom ESF ein Zuschuß von 121 647 958 ESC für die
Ausbildung von 277 Personen gewährt.
- 2.
- Die Kommission übermittelte der DAFSE einen Vermerk mit der Überschrift
„Anhang <A1> zur Entscheidung C(87)0860 der Kommission“ (Anhang 1 der
Klagebeantwortung), der folgende Daten enthielt:
Zahl der betroffenen Personen
|
277
|
Beantragter Betrag
|
152 466 071 ESC
|
Bewilligter Betrag
|
121 647 958 ESC
|
Nicht zuschußfähig
|
27 766 349 ESC
|
Kürzung
|
3 051 763 ESC
|
Insgesamt abgelehnter Betrag
|
30 818 112 ESC
|
- 3.
- Die DAFSE unterrichtete am 27. Mai 1987 die Klägerin von dieser Entscheidung
mit einem Schreiben, in dem der bewilligte Betrag und die genehmigte
Personenzahl angegeben waren (Anhang 4 der Klageschrift). In diesem Schreiben
wurde darauf hingewiesen, daß die Zuschüsse des Europäischen Sozialfonds Mittel
seien, die unter der Bedingung vergeben würden, daß die Maßnahme unter
Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften durchgeführt werde, und daß die
Nichteinhaltung dieser Bedingung die Rückzahlung der Vorschüsse und die
Einbehaltung des Restbetrags nach sich ziehe. Außerdem war darin hervorgehoben,
daß jede Veränderung gegenüber den Angaben in den Antragsunterlagen der
DAFSE mitzuteilen sei.
- 4.
- Die Maßnahme wurde im Jahr 1987 durchgeführt. Mit dem Rundschreiben Nr.
10/87 vom 8. Januar 1987, das die Klägerin ihren Angaben zufolge am 29. Juni
1987 erhielt, forderte die DAFSE die Empfänger von ESF-Zuschüssen auf, die
Zeiten der praktischen Ausbildung auf eine der theoretischen Ausbildung
entsprechende Dauer zu kürzen. Um den Anforderungen des Rundschreibens
nachzukommen, kürzte die Klägerin die vorgesehene Zahl der Stunden praktischer
Ausbildung um 36,13 %. Sie behauptet, sie habe von sich aus auch die Kosten in
sämtlichen Ansätzen des Haushalts für die Maßnahme proportional um 36,13 %
gekürzt.
- 5.
- Die Klägerin erhielt einen Vorschuß von 50 % des ESF-Zuschusses, d. h. einen
Vorschuß von 60 823 979 ESC. Als die Maßnahme abgeschlossen war, reichte sie
einen Antrag auf Restzahlung ein, in dem sie vom ESF einen Betrag von
73 496 941 ESC verlangte, d. h. den Betrag des Vorschusses zuzüglich
12 672 962 ESC.
- 6.
- Am 19. Juli 1989 unterrichtete die DAFSE die Klägerin, daß der Zuschuß des ESF
gemäß einer dieser Mitteilung beiliegenden Entscheidung der Kommission im
Ergebnis 42 569 539 ESC nicht übersteigen könne, weil bestimmte Ausgaben
betreffend die Punkte 14.1, 14.2, 14.3, 14.6 und 14.8 des Formblatts nicht
zuschußfähig seien, „da eine der Herabsetzung der Bildungsstunden entsprechende
Kürzung nicht erfolgt ist und bestimmte Bedingungen des ursprünglichen
Vorschlags nicht eingehalten worden sind (14.1)“.
- 7.
- Auf Klage der Klägerin wurde diese Entscheidung der Kommission vom
Gerichtshof für nichtig erklärt, weil die Kommission der Portugiesischen Republik
vor Erlaß der endgültigen Entscheidung über die Kürzung des Zuschusses keine
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai
1991 in der Rechtssache C-291/89, Interhotel/Kommission, Slg. 1991, I-2257).
- 8.
- Zur Vorbereitung einer neuen Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf
Restzahlung übermittelte die Kommission der DAFSE am 6. August 1991 einen
ersten Entscheidungsentwurf. Mit Schreiben vom 26. August 1991 teilte ihr die
DAFSE mit, daß sie mit bestimmten der vorgeschlagenen Kürzungen nicht
einverstanden sei.
- 9.
- Am 9. Februar 1993 stellte die Klägerin bei der Kommission den Antrag, innerhalb
der im Vertrag vorgesehenen Fristen, d. h. innerhalb von zwei Monaten ab
Antragstellung, eine neue Entscheidung zu erlassen.
- 10.
- Nach der Stellungnahme der DAFSE und dem in der vorstehenden Randnummer
genannten Antrag der Klägerin führte die Kommission am 19. Februar 1993 eine
Prüfung durch, die am 18. März 1993 fortgesetzt wurde, um die Belege für die
Durchführung der Maßnahme an Ort und Stelle nachzuprüfen. Die Klägerin hatte
während dieser Prüfung Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Nach Angaben der
Kommission waren nur wenige Belege verfügbar, deren Auswertung schwierig
gewesen sei, insbesondere weil bestimmte Arbeiten von der Klägerin an einen
Unterauftragnehmer, Partex, vergeben worden seien, der seinerseits zwei
Unterauftragnehmer, Europraxis und Fortécnica, beauftragt habe. Daher seien die
Bücher der Unterauftragnehmer des von der Klägerin eingeschalteten
Unterauftragnehmers überprüft worden. Die Ergebnisse dieser Überprüfung seien
in der Zeit vom 24. bis 26. Mai 1993 von einer Arbeitsgruppe, in der die
Kommission und die DAFSE vertreten gewesen seien, untersucht worden.
- 11.
- Danach, am 12. November 1993, übermittelte die Kommission der DAFSE mit
einem Vermerk Nr. 22917 einen neuen Entscheidungsentwurf, wonach der Zuschuß
des ESF auf 41 190 905 ESC festgesetzt würde, sofern die Stellungnahme der
DAFSE nicht zu einer Änderung dieses Betrages führe.
- 12.
- Dieser Vermerk enthält eine Reihe von Erläuterungen zu den vorgeschlagenen
Kürzungen. Zunächst wird darin darauf hingewiesen, daß die im Antrag auf
Restzahlung angegebenen Zeiten der Kurse von den Verzeichnissen über die
Anwesenheit der Auszubildenden und den Berichten des Lehrpersonals abwichen.
Es sei weiter nicht möglich gewesen, die Aufteilung der Ausbildungsdauer auf den
theoretischen und den praktischen Teil zu bestätigen. Schließlich habe nicht
festgestellt werden können, wann welche Kurse stattgefunden hätten.
Was die verschiedenen Rubriken des Antrags auf Restzahlung anbelangt, wurden
die Kürzungen im einzelnen wie folgt begründet:
14.1 Entgelte der Auszubildenden
Ausbildungsbeihilfen
3 180 878 ESC
Nach den Feststellungen haben 56 Auszubildende keine zuschußfähige
praktische Ausbildung erhalten, daher eine entsprechende Kürzung
gemäß beiliegender Berechnung.
14.2 Vorbereitung der Kurse
Einstellung und Auswahl der Auszubildenden
1 456 000 ESC
Nach den Feststellungen sind in der Rechnung der Partex ebenso wie
im Antrag auf Restzahlung 490 Tests zum Einheitspreis von
7 000 ESC genannt, während diese Arbeiten durch eine dritte
Einrichtung durchgeführt wurden, die der Partex die Durchführung
von 282 Tests zu Einheitskosten von 12 000 ESC in Rechnung stellte.
Folglich wurden, da die Partex keine zusätzliche Leistung erbracht
hatte, die Kosten für 282 Auszubildende auf 7 000 ESC pro Einheit
festgesetzt.
Vervielfältigung von Schriftstücken
1 183 680 ESC
Diese Ausgabe war durch die Genehmigungsentscheidung nicht
gedeckt, und sie war angesichts der für Lehrmaterial angemeldeten
Beträge und der Art der durchgeführten Maßnahme nicht
gerechtfertigt.
14.3 Ausführung und Verwaltung der Kurse
Lehrpersonal
21 705 954 ESC
Diese Rubrik betrifft die Arbeitsentgelte, sowie die Fahrt-,
Aufenthalts- und Verpflegungskosten des Lehrpersonals.
Der Betrag für das Lehrpersonal wurde von Partex in voller Höhe in
Rechnung gestellt; Partex wandte sich ihrerseits an einen
Unterauftragnehmer. Nach der bei dem Unterauftragnehmer
durchgeführten Überprüfung konnte festgestellt werden, daß Partex
einen Vertrag geschlossen hatte, nach dem der Unterauftragnehmer
Kurse im Rahmen der von Interhotel und von einem anderen
Unternehmen, Grão-Pará, übernommenen Maßnahmen ungeachtet
des Wertunterschieds durchzuführen hatte. Der zuschußfähige
Höchstbetrag für die Bildungsmaßnahmen wurde auf der Grundlage
der Kosten ermittelt, die dem Unterauftragnehmer für Lehrkräfte
entstanden waren, die Kurse für die Auszubildenden von Interhotel
gehalten hatten, zuzüglich einer Brutto-Gewinnspanne von 50 %. Der
zuschußfähige Höchstbetrag für die Bildungsmaßnahmen belief sich
somit auf 10 613 646 ESC.
In bezug auf die Aufenthalts- und Verpflegungskosten des
Lehrpersonals waren in dem ursprünglichen Antrag zwei Fachkräfte
und ein Direktor genannt. Die Kosten für die beiden Fachkräfte
waren in der Genehmigungsentscheidung abgelehnt worden, so daß
für die Restzahlung als zuschußfähig nur die Kosten für eine
Führungskraft angesehen wurden. Der zuschußfähige Betrag von
462 000 ESC wurde auf der Grundlage der vorgesehenen und
genehmigten Kosten von 700 ESC pro Tag berechnet.
Verwaltungspersonal
2 912 955 ESC
Die im Antrag auf Restzahlung genannten Ausgaben bezogen sich auf
die Arbeit einer Fachkraft und zweier Sekretärinnen, während in der
Genehmigungsentscheidung nur der Betrag für eine Sekretärin
bewilligt worden war.
Aufenthalts-, Verpflegungs- und Fahrtkosten für nicht unterrichtendes
Personal
2 409 940 ESC
Die Ausgaben für Verwaltungspersonal und technisches nicht
unterrichtendes und nichtzuschußfähiges Personal (11 Personen)
wurden in der Genehmigungsentscheidung in vollem Umfang
abgelehnt.
Verwaltung und Haushaltskontrolle
2 241 136 ESC
Ungerechtfertigte und von der Genehmigungsentscheidung nicht
gedeckte Ausgabe.
Besondere Arbeiten
2 363 000 ESC
Ungerechtfertigte und von der Genehmigungsentscheidung nicht
gedeckte Ausgabe.
Miete und Raumkosten
4 841 969 ESC
Entsprechend den in der Genehmigungsentscheidung vorgesehenen
und bewilligten Ansätzen wurden nur tägliche Kosten von 8 000 ESC
für die Miete bereits ausgestatteter Unterrichtsräume anerkannt.
Material und nicht dauerhafte Güter
4 550 324 ESC
Entsprechend den in der Genehmigungsentscheidung vorgesehenen
und bewilligten Ansätzen wurden Einheitskosten von 2 500 ESC pro
Woche und pro Auszubildendem während der Zeit der praktischen
Ausbildung als zuschußfähig angesehen.
Andere Lieferungen und Dienstleistungen Dritter
1 777 183 ESC
Ungerechtfertigte und von der Genehmigungsentscheidung nicht
gedeckte Ausgabe.
14.6 Normale Abschreibung
3 668 700 ESC
In der Genehmigungsentscheidung war die vorzeitige Abschreibung
abgelehnt worden, und ihre Neueinstufung als normale Abschreibung
ist in der Phase des Antrags auf Restzahlung nicht akzeptiert worden.
14.8 Unterbringungs- und Verpflegungskosten für die Auszubildenden
5 673 000 ESC
Diese Kosten waren in der Genehmigungsentscheidung weder vorgesehen
noch anerkannt worden.
- 13.
- Auf Verlangen der DAFSE reichte die Klägerin zu diesem Entscheidungsvorschlag
am 17. Dezember 1993 ihre Stellungnahme ein. Die DAFSE ihrerseits übersandte
der Kommission ihre Stellungnahme mit Schreiben vom 7. Februar 1994, in dem
sie anerkannte, daß die von der Kommission vorgeschlagenen Kürzungen
gerechtfertigt seien.
- 14.
- Nachdem die Portugiesische Republik auf diese Weise gemäß Artikel 6 Absatz 1
der Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur
Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG über die Aufgaben des Europäischen
Sozialfonds (ABl. L 289, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3823/85 des
Rates vom 20. Dezember 1985 (ABl. L 370, S. 23) im Hinblick auf den Beitritt
Spaniens und Portugals geänderten Fassung gehört worden war, erließ die
Kommission am 12. Juli 1994 eine neue Entscheidung (C[94]1410/11), durch die der
Zuschuß des ESF auf 41 190 905 ESC herabgesetzt wurde (nachstehend: streitige
Entscheidung). Nach dieser Entscheidung hatte die Überprüfung des Antrags auf
Restzahlung ergeben, daß aus den in dem Vermerk Nr. 22917 dargelegten Gründen
ein Teil des Zuschusses des ESF nicht entsprechend den in der
Genehmigungsentscheidung festgesetzten Bedingungen verwendet worden war.
Diese Entscheidung wurde der Klägerin am 27. Dezember 1994 mit einem
Begleitschreiben der DAFSE zugestellt.
- 15.
- Daraufhin hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 9. März 1995 in das Register
der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, die vorliegende Klage erhoben.
Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen.
- 16.
- Die Parteien haben in der Sitzung vom 15. Januar 1997 mündlich verhandelt und
die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge
- 17.
- Die Klägerin beantragt,
die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;
der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
- 18.
- Die Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen;
der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Gründe
- 19.
- Die Klägerin macht zwei Klagegründe geltend. Sie rügt zum einen eine Verletzung
allgemeiner Rechtsgrundsätze, und zwar der Grundsätze des Schutzes
wohlerworbener Rechte, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie
eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der
Sorgfaltspflicht. Zum anderen rügt sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht.
Zum Klagegrund einer Verletzung allgemeiner Rechtsgrundsätze sowie einer Verletzung
des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfaltspflicht
Zusammenfassung des Parteivorbringens
- 20.
- Nach Auffassung der Klägerin ist die streitige Entscheidung wegen einer Verletzung
allgemeiner Rechtsgrundsätze, und zwar der Grundsätze des Schutzes
wohlerworbener Rechte, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, sowie
einer Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und der
Sorgfaltspflicht durch die Kommission für nichtig zu erklären. Sie weist auf die
Bedeutung hin, die den allgemeinen Grundsätzen im Rahmen der Maßnahmen des
ESF zukomme, insbesondere wenn es um Maßnahmen gehe, die zum Verlust der
Zahlung einer von einem Mitgliedstaat oder einem einzelnen beantragten
finanziellen Unterstützung führen könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 26. Mai
1982 in der Rechtssache 44/81, Deutschland/Kommission, Slg. 1982, 1855).
- 21.
- Sie macht vorab geltend, daß ihr und der DAFSE im Jahr 1987, kurz nach dem
Beitritt Portugals zu den Europäischen Gemeinschaften, die Erfahrung auf diesem
Gebiet gefehlt habe. Ferner hätte die Kommission die damals in Portugal
bestehenden Probleme der Anpassung der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen
Lage berücksichtigen müssen. Sie verweist insoweit auf den Beschluß 86/221/EWG
der Kommission vom 30. April 1986 über die Leitlinien für die Verwaltung des
Europäischen Sozialfonds in den Haushaltsjahren 1987 bis 1989 (ABl. L 153, S. 59).
Selbst unter diesen Umständen habe sie aber die geltende Regelung und die
anwendbaren Anordnungen eingehalten, und ihre Maßnahme habe den Zielen des
ESF entsprochen. Sie verweist insoweit auf den Beschluß 83/516/EWG des Rates
vom 17. Oktober 1983 über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl.
L 289, S. 38) und auf die Verordnung Nr. 2950/83.
- 22.
- Die Genehmigungsentscheidung der Kommission, wie sie der Klägerin mitgeteilt
worden sei, sei nur mit der Festsetzung des ESF-Zuschusses auf 121 647 958 ESC
und der Zahl der Auszubildenden auf 277 verknüpft gewesen. Es habe keinen
Grund gegeben, anzunehmen, daß irgendeine zusätzliche Überprüfung erforderlich
sein werde. Unter diesen Umständen habe sie die Differenz zwischen dem in dem
Antrag auf Zuschuß angemeldeten und dem in der Genehmigungsentscheidung, wie
sie ihr übermittelt worden sei, genehmigten Betrag linear bzw. proportional auf
sämtliche Rubriken aufgeteilt.
- 23.
- Die von ihr bei der Aufteilung dieser Kürzungen angewandte Methode habe sie in
ihrem Antrag auf Zahlung eines Vorschusses dargelegt; diesem Antrag habe sie ein
Schriftstück mit der Überschrift „Überblick über die Situation“ beigelegt, in dem
die durchzuführenden Bildungsstunden angegeben gewesen seien. Die angewandte
Methode ergebe sich auch aus dem zusammen mit dem Antrag auf Restzahlung
eingereichten quantitativen und qualitativen Bewertungsbericht. Weder die
Kommission noch die DAFSE hätten diesen Punkt beanstandet oder sich dazu
geäußert. Die DAFSE habe sogar die sachliche und rechnerische Richtigkeit der
in dem Bewertungsbericht enthaltenen Angaben bescheinigt.
- 24.
- Sie habe also in der berechtigten Überzeugung gehandelt, daß die in dem
ursprünglichen Antrag auf Zuschuß enthaltenen Ausgaben, vorbehaltlich der nach
der Genehmigungsentscheidung und dem Rundschreiben der DAFSE
vorgenommenen linearen Kürzung, ordnungsgemäß getätigt, anerkannt und damit
zuschußfähig seien. Jede andere Auslegung führe zu einer Verletzung der
Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie des Beschlusses
86/221.
- 25.
- Die Entscheidung, mit der die DAFSE ihr die Bedingungen für die Genehmigung
ihres Vorhabens übermittelt habe, sei ein Verwaltungsakt, der ihr bestimmte
Ansprüche gewähre und der auch dann gültig sei, wenn er Teil eines
umfassenderen und seitens der Kommission nicht abgeschlossenen
Entscheidungsfindungsprozesses sei. Die Rücknahme eines solchen Verwaltungsakts
verletze ihre rechtmäßigen Erwartungen und erworbenen Ansprüche.
- 26.
- Zum angeblich fehlenden Nachweis bestimmter Ausgaben führt die Klägerin
erstens aus, daß die in Rechnung gestellten Beträge den seinerzeit üblichen
Marktwerten entsprächen, zweitens seien die in Rechnung gestellten
Dienstleistungen tatsächlich erbracht worden, und drittens entsprächen die in dem
Antrag auf Restzahlung angegebenen Beträge den ihr wirklich entstandenen
Kosten. In der Sitzung hat sie hinzugefügt, daß es 1987 aufgrund der damals
geltenden nationalen Rechtsvorschriften ausgereicht habe, als Nachweis den
Vertrag vorzulegen, und daß erst seit 1988 Rechnungen mit Quittung verlangt
würden.
- 27.
- Was im einzelnen den Nachweis der Kosten in der Rubrik „Ausführung und
Verwaltung der Kurse, Lehrpersonal“ angehe, sei der ursprünglich genehmigte
Betrag nicht überschritten worden. Auch habe die Kommission in bezug auf die
Kosten der Vorbereitung der Kurse nur die von der Partex der Klägerin vorgelegte
Rechnung beanstandet. Die Tests zur Auswahl der Auszubildenden seien
tatsächlich so durchgeführt worden, wie sie in Rechnung gestellt worden seien. Der
in der Rubrik „Material und nicht dauerhafte Güter“ angegebene Betrag
entspreche den tatsächlichen Kosten und habe als solcher berücksichtigt werden
müssen. Zu der Rubrik „Normale Abschreibung“ wirft die Klägerin der
Kommission vor, daß sie in der Phase des Antrags auf Restzahlung die Berichtigung
des in dem Antrag auf Zuschuß enthaltenen Fehlers nicht zugelassen habe.
- 28.
- Jedenfalls obliege es der Kommission, eine etwaige Unrichtigkeit der angegebenen
Beträge bzw. der Belege nachzuweisen, was sie nicht getan habe.
- 29.
- In der Sitzung hat die Klägerin außerdem erklärt, daß sie im Bereich der
Unterbringung und Verpflegung der Auszubildenden zwar nichtvorgesehene
Ausgaben gehabt habe; der Grund dafür sei jedoch, daß sie die Maßnahme wegen
der Verpflichtung zur Kürzung der Stundenzahl in der Hauptsaison habe
durchführen müssen und die Auszubildenden nicht, wie dies vorgesehen gewesen
sei, in Hotels habe unterbringen können.
- 30.
- Zwischen der Eröffnung des Verfahrens und dem Erlaß der streitigen Entscheidung
lägen etwa acht Jahre. Dadurch sei ihr ein beträchtlicher Schaden entstanden, weil
sie bis zu diesem Tag eine erhöhte finanzielle Belastung habe tragen müssen, von
der sie geglaubt habe, erwarten zu dürfen, daß sie die Kommission tragen würde.
Das Gericht möge beurteilen, inwieweit diese Zeitspanne möglicherweise eine
Verletzung der Grenzen und der Grundsätze darstelle, die für die Ausübung des
Ermessens der Kommission gälten. Außerdem sei es nach einer so langen Zeit
offensichtlich unmöglich, den Sachverhalt völlig zu rekonstruieren, da die
Verantwortlichen, die für die Durchführung der Ausbildung zuständig gewesen
seien, nicht mehr zur Verfügung stünden, um Informationen zu liefern. Was ihre
Verpflichtung zur Aufbewahrung von Belegen angehe, habe bis zum 1. Januar 1989
eine Frist von fünf Jahren gegolten, die erst auf zehn Jahre verlängert worden sei,
als die Bildungsmaßnahmen bereits abgeschlossen gewesen seien, auch wenn diese
Änderung tatsächlich vor der Durchführung der Prüfung an Ort und Stelle erfolgt
sei.
- 31.
- In ihrer Erwiderung macht die Klägerin außerdem geltend, daß die streitige
Entscheidung nicht in der durch den Vertrag vorgesehenen Frist erlassen worden
sei, nämlich binnen zwei Monaten nach Einreichung des darauf gerichteten
Antrags.
- 32.
- Die Beklagte macht geltend, daß sie es nicht versäumt habe, die
Ordnungsmäßigkeit und tatsächliche Entstehung von in dem Antrag auf
Restzahlung aufgeführten Ausgaben nachzuprüfen. Hinsichtlich der Ausgaben, die
sie in der streitigen Entscheidung abgelehnt habe, weil sie bereits in der
Genehmigungsentscheidung als nicht zuschußfähig angesehen worden seien, sei sie
erneut zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Ausgaben nicht zuschußfähig seien. Was
die übrigen von ihr vorgenommenen Kürzungen betreffe, seien bestimmte in der
Genehmigungsentscheidung genehmigte Ausgaben in dem Antrag auf Restzahlung
nicht ausreichend nachgewiesen und folglich in der Phase der Schlußprüfung nicht
gerechtfertigt gewesen.
- 33.
- Nach Auffassung der Beklagten, die darauf hinweist, daß die vorgeschlagene
Maßnahme gar nicht genehmigt worden wäre, wenn sie nicht den Zielen des ESF
entsprochen hätte, geht es in der vorliegenden Rechtssache um die Frage, ob der
Träger der Maßnahme alle für ihre Durchführung geltenden Vorschriften,
insbesondere über den Nachweis der in dem Antrag auf Restzahlung aufgeführten
Ausgaben, beachtet hat. Dies sei nicht der Fall.
- 34.
- Zur Art und Weise der Durchführung der Kürzungen und zu den von diesen
betroffenen Punkten erläutert die Beklagte, daß die Klägerin nur die Kosten der
vorgeschlagenen Maßnahme durch die in dem Vorschlag angegebene Zahl der
Auszubildenden hätte zu teilen und dieses Ergebnis mit dem hätte zu vergleichen
brauchen, das bei der Teilung der Kosten der genehmigten Maßnahme durch die
genehmigte Zahl der Auszubildenden herausgekommen wäre, um festzustellen, daß
die von der Kommission in der Genehmigungsentscheidung insgesamt vorgesehene
Kürzung nicht einer bloßen linearen Kürzung entsprochen habe. Wenn nämlich die
Kosten pro Auszubildendem niedriger gewesen seien, bedeute dies, daß bestimmte
Ausgaben von der Kommission nicht als zuschußfähig angesehen worden seien. Die
Beklagte macht unter Hinweis auf die Schlußanträge des Generalanwalts Darmon
in der Rechtssache C-291/89 (Nr. 28) geltend, daß es Sache des Trägers sei, voreiner Tätigung von Ausgaben nachzuprüfen, ob die entsprechende Rubrik von der
Kommission genehmigt worden sei, wolle er nicht selbst für die Folgen einstehen
müssen. Überdies sei weder sie noch die DAFSE über die von der Klägerin
vorgenommene lineare Kürzung der in dem ursprünglichen Antrag vorgesehenen
Ausgaben unterrichtet gewesen. Der Bewertungsbericht sei der Kommission nicht
vollständig zugesandt worden.
- 35.
- In der der DAFSE übermittelten Genehmigungsentscheidung seien der beantragte
Betrag, der bewilligte Betrag, der Betrag der als nichtzuschußfähig angesehenen
Ausgaben, die Kürzung und der insgesamt abgelehnte Betrag klar angegeben. Diese
Beträge hätten den Finanzierungsanteil des ESF, d. h. 49,5 % der in dem Antrag
auf Zuschuß vorgesehenen Gesamtkosten, gebildet. Der Kommission sei nicht
bekannt, ob die DAFSE der Klägerin diese Entscheidung in allen Einzelheiten oder
nur den in Anhang 4 der Klageschrift enthaltenen Vermerk (siehe oben, Randnr. 3)
übermittelt habe.
- 36.
- Falls die Klägerin nicht geprüft habe, ob die entsprechende Rubrik in der
Genehmigungsentscheidung bewilligt worden sei, könne sie sich nicht auf eine
berechtigte Erwartung und schon gar nicht auf wohlerworbene Rechte hinsichtlich
der Zuschußfähigkeit einer in dem ursprünglichen Antrag auf Zuschuß
angemeldeten Ausgabe berufen.
- 37.
- Ferner macht die Beklagte unter Hinweis auf die Schlußanträge des Generalanwalts
Darmon in der Rechtssache C-291/89 (Nr. 38) geltend, daß, selbst wenn die
DAFSE die Kosten und die Finanzierung, wie sie in der Akte aufgeführt seien,
bestätigt habe, „diese rasche Überprüfung seitens der innerstaatlichen Behörden
nicht zu einer Verfestigung der Rechte führen kann, die die Klägerin erst nach
Abschluß der vertieften Prüfung durch die Dienststellen der Kommission ...
erwirbt“, und daß „die der Übermittlung des Zahlungsantrags an die Kommission
vorangehende Prüfung der innerstaatlichen Behörden in keiner Weise der
Entscheidung dieses Organs vorgreifen kann“.
- 38.
- Im übrigen könne sich ein gewerbliches Unternehmen, das nach innerstaatlichem
Recht verpflichtet sei, seine Unterlagen 10 Jahre lang aufzubewahren, nicht auf
seine eigene oder die Nachlässigkeit Dritter bei der Aufbewahrung von Unterlagen
innerhalb dieser Frist berufen und der Kommission eine Verletzung ihrer
Sorgfaltspflicht vorwerfen.
- 39.
- Das Verfahren der Entscheidung sei ordnungsgemäß abgelaufen, habe nicht zu
lange gedauert; und Interessen des Trägers der Maßnahme seien peinlich genau
beachtet worden.
Würdigung durch das Gericht
- 40.
- Das Verfahren betreffend die Zuschüsse des ESF, das durch die Verordnung Nr.
2950/83 geregelt ist, umfaßt mehrere Abschnitte. Zunächst entscheidet die
Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 1 über die Anträge auf Zuschuß, die die
Mitgliedstaaten für Unternehmen stellen (Genehmigungsentscheidung). Nach
Artikel 5 Absätze 1 und 2 hat die Genehmigungsentscheidung zur Folge, daß ein
Vorschuß gezahlt wird. Wenn die Maßnahme abgeschlossen ist, reicht der
Empfänger einen Antrag auf Restzahlung ein, der eine eingehende Darstellung von
Inhalt, Ergebnissen und die finanziellen Aspekte der Maßnahme enthält. Nach
Artikel 5 Absatz 4 bestätigt der Mitgliedstaat, daß die in dem Antrag enthaltenen
Angaben sachlich und rechnerisch richtig sind.
- 41.
- Im übrigen deckt der Vorschuß, den der Empfänger erhält, höchstens 50 % der
bewilligten Ausgaben ab, so daß er selbst bis zur Zahlung des Restbetrags, auf die
er vertrauen darf, soweit er nachgewiesen hat, daß er den Zuschuß des Fonds
gemäß den in der Entscheidung über die Genehmigung festgelegten Bedingungen
verwendet hat, erhebliche Mittel verauslagen muß (Urteil des Gerichtshofes vom
4. Juni 1992 in der Rechtssache C-189/90, Cipeke/Kommission, Slg. 1992, I-3573,
Randnr. 17).
- 42.
- Bei der Prüfung des Antrags auf Restzahlung hat die Kommission nachzuprüfen,
ob die Bedingungen, unter denen die Maßnahme genehmigt worden war,
eingehalten wurden. Nach Artikel 6 Absatz 1 kann die Kommission, wenn ein
Zuschuß des Fonds nicht unter den Bedingungen der Entscheidung über die
Genehmigung verwandt wird, ihn aussetzen, kürzen oder streichen, nachdem sie
dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Aus
dieser Bestimmung geht klar hervor, daß die Gewährung des Zuschusses des ESF
von der Einhaltung der Bedingungen der Maßnahme abhängt, die von der
Kommission in der Genehmigungsentscheidung bzw. vom Empfänger im Antrag auf
Zuschuß, der Gegenstand dieser Genehmigungsentscheidung ist, genannt wurden.
- 43.
- Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, daß der Standpunkt, „daß es erst nach
Eingang eines detaillierten Berichts über die zwischenzeitlich durchgeführte
jeweilige Maßnahme möglich sei, die genaue Höhe der zuschußfähigen Ausgaben
zu berechnen“ nicht beanstandet werden kann (Urteil vom 1. Oktober 1987 in der
Rechtssache 84/85, Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1987, 3765,
Randnr. 23). Daraus ergibt sich die Befugnis der Kommission, sogar ursprünglich
genehmigte Ausgaben wegen fehlenden Nachweises zu streichen, ohne daß dies
wohlerworbene Rechte des Zuschußempfängers beeinträchtigte. Folglich muß die
Kommission bei der Prüfung des Antrags auf Restzahlung einen solchen
Ermessensspielraum haben, da sie erst zu diesem Zeitpunkt konkret die von dem
Unternehmen vorgelegten Nachweise nachprüfen kann (vgl. auch die Schlußanträge
des Generalanwalts Darmon in der Rechtssache C-291/89, Nrn. 35 und 36).
- 44.
- Im vorliegenden Fall lehnte die Kommission nach Einreichung des Antrags auf
Restzahlung durch die Klägerin eine Reihe von Ausgaben aus drei verschiedenen
Gründen ab (siehe oben, Randnr. 12). Erstens wurden Ausgaben abgelehnt, die
vom Empfänger in seinem Zuschußantrag nicht vorgesehen waren. Zweitens
erachtete die Kommission bestimmte Ausgaben als nicht ordnungsgemäß
nachgewiesen und deshalb nicht belegt. Drittens wies sie darauf hin, daß bestimmte
Ausgaben von der Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt seien. Folglich kürzte
sie nach Anhörung der DAFSE, die ihrerseits die Klägerin angehört hatte, durch
die streitige Entscheidung den Zuschuß des ESF auf einen Betrag, der unter dem
ursprünglich gewährten Betrag lag. Die DAFSE stimmte diesen Kürzungen
überdies zu.
- 45.
- Zunächst ist die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes
zu untersuchen. Jeder Wirtschaftsteilnehmer, bei dem ein Gemeinschaftsorgan
begründete Erwartungen geweckt hat, kann sich auf den Grundsatz des
Vertrauensschutzes berufen (Urteil des Gerichts vom 13. Juli 1995 in den
verbundenen Rechtssachen T-466/93, T-469/93, T-473/93, T-474/93 und T-477/93,
O'Dwyer u. a./Rat, Slg. 1995, II-2071, Randnr. 48). Zur Prüfung der Frage, ob die
streitige Entscheidung mit den Anforderungen des Grundsatzes des
Vertrauensschutzes in Einklang steht, sind die drei Kategorien von Kürzungen
getrennt zu untersuchen.
- 46.
- Aus den oben angeführten Regeln (Randnrn. 42 und 43) ergibt sich zum einen, daß
die Kommission berechtigt war, den Antrag der Beklagten auf Restzahlung, soweit
darin die Genehmigung von im Antrag auf Zuschuß nicht vorgesehenen Kosten
beantragt wurde, abzulehnen, ohne daß dadurch der Grundsatz des
Vertrauensschutzes beeinträchtigt worden wäre. Zum andern verstieße es auch
nicht gegen diesen Grundsatz, den Antrag auf Restzahlung insoweit abzulehnen,
als darin die Genehmigung von Ausgaben beantragt war, die nicht durch Belege
nachgewiesen waren, aus denen sich ihre tatsächliche Entstehung und ihr
Zusammenhang mit der Maßnahme, wie sie genehmigt worden war, ergab.
- 47.
- Es obliegt nämlich dem Empfänger, die tatsächliche Entstehung der Ausgaben und
ihren Zusammenhang mit der genehmigten Maßnahme nachzuweisen. Er ist dazu
am besten in der Lage, und er muß nachweisen, daß der Empfang von öffentlichen
Mitteln gerechtfertigt ist. Die Klägerin hat jedoch nur behauptet, daß die von der
Kommission verwendeten Berechnungsmethoden zur Ermittlung des Gesamtbetrags
der genehmigten Ausgaben willkürlich und die von ihr angegebenen Kosten
tatsächlich entstanden seien, ohne Belege oder auch nur den geringsten
Anhaltspunkt dafür zu liefern, daß die Auskünfte und Feststellungen, auf die die
Kommission sich stützte, falsch seien. Folglich kann dem Vorbringen der Klägerin
betreffend den Nachweis der im Antrag auf Restzahlung genannten Ausgaben nicht
gefolgt werden.
- 48.
- Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist also, was die ersten beiden Kategorien
von Kürzungen betrifft, nicht verletzt worden.
- 49.
- Zur dritten Kategorie von Kürzungen ist vorab festzustellen, daß in der Mitteilung
der Genehmigungsentscheidung der DAFSE nur der gewährte Gesamtbetrag und
die Zahl der zugelassenen Personen angegeben ist (siehe oben, Randnr. 3). Die von
der Kommission im Rahmen der Genehmigungsentscheidung vorgenommenen
Beurteilungen zur Zuschußfähigkeit der vorgeschlagenen Ausgaben wurden der
Klägerin also nicht vor Abschluß der Bildungsmaßnahme auf eine Weise zur
Kenntnis gebracht, die es ihr erlaubt hätte, ihre Aufteilung auf die einzelnen
Rubriken festzustellen. Die Klägerin konnte also bei der Durchführung der
Maßnahme nicht erkennen, welche Ansätze genehmigt, welche gestrichen und
welche gekürzt worden waren.
- 50.
- Es ist auch unstreitig, daß die Klägerin, nachdem sie die erwähnte kurze Mitteilung
erhalten hatte, sich nicht erkundigt, ob bestimmte Ausgaben als nichtzuschußfähig
angesehen worden seien, sondern den Unterschied zwischen dem beantragten und
dem bewilligten Betrag, d. h. die Summe der Kürzungen, proportional auf sämtliche
Rubriken ihres Zuschußantrags aufzuteilen. Außerdem nahm sie entsprechend dem
Rundschreiben der DAFSE (siehe oben, Randnr. 4) in allen Rubriken ihres
Zuschußantrags weitere Kürzungen vor. Der in ihrem Antrag auf Restzahlung
verlangte Betrag von 73 496 941 ESC war nämlich erheblich niedriger als der von
der Kommission in der Genehmigungsentscheidung bewilligte Betrag von
121 647 958 ESC.
- 51.
- Bei der Überprüfung der dritten Kategorie von Kürzungen ist zu berücksichtigen,
daß die Genehmigungsentscheidung der Klägerin nicht in allen ihren Einzelheiten
mitgeteilt worden war, so daß sie nicht rechtzeitig über die Kürzungen in den
einzelnen Rubriken unterrichtet war. Zu klären ist, ob die Nichteinhaltung von dem
Empfänger vor Abschluß der Maßnahme nicht mitgeteilten Bedingungen einer
Genehmigungsentscheidung zur Folge hat, wie die Kommission annimmt, daß die
im Zuschußantrag vorgesehenen, in der Genehmigungsentscheidung aber
abgelehnten Ausgaben nicht zuschußfähig sind, auch wenn der Empfänger Belege
für ihr tatsächliches Entstehen liefert.
- 52.
- Wenn im vorliegenden Fall auch die Mitteilung der Einzelheiten der
Genehmigungsentscheidung an den Betroffenen nicht vorgeschrieben war, so
konnte dieser doch in Wirklichkeit ohne ihre Kenntnis in bezug auf die Ausgaben,
von denen die Kommission behauptet, sie seien von der
Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt, die Bedingungen der Gewährung des
Zuschusses nicht einhalten.
- 53.
- Vom Empfänger eines Zuschusses kann nicht verlangt werden, daß er einer
Entscheidung in der Form, wie sie der Klägerin hier mitgeteilt worden ist,
entnimmt, daß die von der Kommission vorgenommenen Kürzungen sich auf
bestimmte Rubriken beziehen. Im Gegenteil darf er glauben und annehmen, daß
eine allgemeine Kürzung und folglich nur eine allgemeine Einschränkung der
Ausgaben erfolgt ist. Daher kann die Kommission bei der Prüfung des Antrags auf
Restzahlung Ausgaben, die in dem Antrag auf Zuschuß wohl vorgesehen, in der
Genehmigungsentscheidung aber angeblich abgelehnt worden waren, nur dann als
nicht zuschußfähig ansehen, wenn die Genehmigungsentscheidung dem Empfänger
mit hinreichender Genauigkeit zur Kenntnis gebracht wurde. Diese Voraussetzung
ist nur erfüllt, wenn die Mitteilung die Kürzungen für die einzelnen Rubriken
aufführt oder zumindest die Informationen enthält, die die Kommission im
vorliegenden Fall der DAFSE mitgeteilt hat, und zwar die Zahl der betroffenen
Personen, den bewilligten Betrag, den Betrag der nicht zuschußfähigen Ausgaben,
den Betrag der sonstigen Kürzungen und den insgesamt abgelehnten Betrag. Soll
der Empfänger verpflichtet sein, die Bedingungen der Genehmigungsentscheidung
hinsichtlich der Kürzungen für jede einzelne Rubrik einzuhalten, so muß er
insbesondere aufgrund des Grundsatzes der Rechtssicherheit bei der Durchführung
der Bildungsmaßnahme die bewilligten, die abgelehnten und die gekürzten Ansätze
kennen können.
- 54.
- Daher kann der Klägerin, die über den Erlaß einer sie teilweise begünstigenden
Entscheidung unterrichtet war, ohne daß ihr aber deren Inhalt vollständig
übermittelt worden wäre, nicht vorgeworfen werden, daß sie seinerzeit auf die
Genehmigungsentscheidung hin die DAFSE nicht um nähere Angaben über die
Aufteilung des bewilligten Betrages ersuchte.
- 55.
- Die Genehmigungsentscheidung in der der Klägerin mitgeteilten Form enthielt
keine Angabe über die Aufteilung der vorgenommenen Kürzungen. Diese
Entscheidung konnte daher bei der Klägerin begründete Erwartungen hervorrufen,
so daß diese annehmen durfte, es habe keine anderen Kürzungen gegeben und es
sei ihr gestattet, die Summe der Kürzungen auf alle Rubriken aufzuteilen, wie sie
es getan hat.
- 56.
- Zudem kann sich die Kommission nicht auf den Wortlaut einer Entscheidung
berufen, der dem Empfänger nicht übermittelt worden ist. Dabei ist unerheblich,
daß der Klägerin die Genehmigung des Vorhabens von der DAFSE mitgeteilt
wurde. Denn wenn die Kommission nicht alle Maßnahmen trifft, um sicherzustellen,
daß der Empfänger eines Zuschusses des ESF über die durch die
Genehmigungsentscheidung auferlegten Bedingungen unterrichtet wird, kann sie
nicht erwarten, daß dieser sie einhält.
- 57.
- Soweit durch Belege nachgewiesen wird, daß solche Ausgaben tatsächlich getätigt
wurden und daß sie mit der Maßnahme im Zusammenhang stehen, widerspricht es
dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, daß die Kommission in der Phase der
Prüfung des Antrags auf Restzahlung diesen insoweit zurückwies, als er Ausgaben
betraf, die in dem Antrag auf Zuschuß vorgesehen, in der
Genehmigungsentscheidung aber angeblich abgelehnt worden waren, ohne daß dies
dem Empfänger mitgeteilt worden wäre.
- 58.
- Soweit mit dem vorliegenden Klagegrund eine Verletzung des Grundsatzes des
Vertrauensschutzes gerügt wird, ist ihm folglich insoweit stattzugeben, als er die
Kürzungen betrifft, die von der Kommission allein deshalb vorgenommen worden
waren, weil die Kosten durch die Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt waren.
- 59.
- Damit ist die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission
die von der Klägerin in dem Antrag auf Restzahlung verlangten Beträge allein
deshalb gekürzt hat, weil die entsprechenden Kosten nicht durch die
Genehmigungsentscheidung gedeckt waren.
- 60.
- Die übrigen Kürzungen, die deshalb vorgenommen wurden, weil die
entsprechenden Kosten entweder nicht vorgesehen oder nicht durch Belege
nachgewiesen waren, verstoßen hingegen entgegen den Behauptungen der Klägerin
weder gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Schutzes
wohlerworbener Rechte noch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen
Verwaltung und die Sorgfaltspflicht.
- 61.
- Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt nämlich, daß eine
Gemeinschaftsregelung dem Betreffenden ermöglicht, seine Rechte und Pflichten
unzweideutig zu erkennen und somit seine Vorkehrungen zu treffen (vgl.
sinngemäß Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 1996 in der Rechtssache
C-143/93, Van Es Douane Agenten u. a., Slg. 1996, I-431, Randnr. 27). Dieser
Grundsatz ist zwar u. a. bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen
über die Rückforderung von Leistungen von Bedeutung; er ist jedoch nicht verletzt,
wenn die geltende Regelung wie im vorliegenden Fall klar die Möglichkeit der
Rückforderung des Zuschusses in den Fällen vorsieht, in denen die an die
Unterstützung geknüpften Bedingungen nicht eingehalten wurden. Zu diesen
Bedingungen gehört, wie bereits festgestellt, das Erfordernis, daß die Kosten
vorgesehen waren und ordnungsgemäß belegt sind.
- 62.
- Ebensowenig erwirbt der Empfänger eines Zuschusses, dessen Antrag von der
Kommission stattgegeben wurde, dadurch einen endgültigen Anspruch auf volle
Auszahlung des Zuschusses, wenn er die genannten Bedingungen nicht eingehalten
hat.
- 63.
- Dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfaltspflicht hat die
Kommission entsprochen, indem sie alle Gesichtspunkte des Vorgangs sorgfältig
geprüft hat und in diesem Zusammenhang mit den Unterauftragnehmern in
Kontakt getreten ist, um die Angaben und Belege zu erlangen, die ihr die Klägerin
nicht zur Verfügung stellen konnte. Zudem hat die Klägerin diese Rüge nicht
weiter ausgeführt; da sie nicht erläutert hat, worin die angeblichen Verletzungen
bestehen sollen, kann ihr kein Erfolg beschieden sein.
- 64.
- Für die Prüfung des Vorbringens, seit Verfahrensbeginn sei beträchtliche Zeit
verstrichen, ist die Zeit maßgeblich, die zwischen der Verkündung des
Nichtigkeitsurteils in der Rechtssache C-291/89 am 7. Mai 1991 und dem Erlaß der
streitigen Entscheidung am 12. Juli 1994 liegt, d. h. eine Zeit von 38 Monaten oder
mehr als drei Jahren. Da die Kommission nach der Nichtigerklärung der ersten
Entscheidung durch den Gerichtshof nämlich sämtliche bei ihrem Erlaß
verfügbaren Informationen erneut prüfen und eine neue Entscheidung über den
Antrag auf Restzahlung erlassen mußte, ist die vor der ersten Entscheidung der
Kommission über den Antrag auf Restzahlung verstrichene Zeit im Rahmen der
Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung ohne Bedeutung.
- 65.
- Ob eine Zeitdauer angemessen war, ist von Fall zu Fall zu beurteilen. Die
Kommission mußte jedoch nach der Nichtigerklärung der ersten Entscheidung
durch den Gerichtshof sämtliche bei ihrem Erlaß verfügbaren Informationen erneut
prüfen und eine neue Entscheidung über den Antrag auf Restzahlung erlassen.
Daher sind die verschiedenen Phasen des Entscheidungsverfahrens zu
berücksichtigen. Der Sachverhalt mußte neu ermittelt wwerden. Diese Arbeit, die
durch den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten geleitet und bestimmt war, umfaßte
die Durchführung einer Prüfung in Portugal, Besuche bei den
Unterauftragnehmern, die Auswertung der gesammelten Informationen und
mehrere Rücksprachen mit den portugiesischen Behörden. Die nationalen
Behörden hörten ferner die Klägerin zu den Entscheidungsentwürfen der
Kommission an. Unter den oben dargelegten besonderen Umständen war das
Verfahren zwar lang, doch ging seine Dauer nicht über das Angemessene hinaus.
- 66.
- Zudem kann im Rahmen eines Verfahrens wegen Nichtigerklärung selbst eine
unangemessen lange Dauer für sich genommen die streitige Entscheidung nicht
rechtswidrig machen und damit ihre Nichtigerklärung wegen Verstoßes gegen den
Grundsatz der Rechtssicherheit rechtfertigen. Eine Verzögerung während eines
Verfahrens zur Durchführung eines Urteils kann für sich allein die Gültigkeit des
aus diesem Verfahren hervorgegangenen Rechtsakts nicht beeinträchtigen, denn
wenn dieser Rechtsakt allein wegen seines späten Erlasses für nichtig erklärt würde,
wäre der Erlaß eines wirksamen Rechtsakts auf Dauer ausgeschlossen, da der
Rechtsakt, der den für nichtig erklärten Rechtsakt ersetzen soll, nicht eher ergehen
könnte als dieser (Urteil des Gerichts vom 18. Juni 1996 in der Rechtssache
T-150/94, Vela Palacios/WSA, Slg. ÖD 1996, II-877, Randnr. 44, analog).
- 67.
- Aus den gleichen Gründen ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen,
die streitige Entscheidung sei mit einem Mangel behaftet, weil sie nicht innerhalb
einer Frist von zwei Monaten ab Einreichung des darauf gerichteten Antrags der
Klägerin erlassen worden sei. Die Aufforderung der Klägerin, die Kommission solle
nach Artikel 175 Absatz 3 EG-Vertrag tätig werden, bewirkte nur, daß die Klägerin
eine Untätigkeitsklage erheben konnte, wenn das betreffende Gemeinschaftsorgan
nicht binnen zwei Monaten nach dieser im Artikel 175 Absatz 2 EG-Vertrag
vorgeschriebenen Aufforderung tätig würde. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin
nicht innerhalb der weiteren Frist von zwei Monaten nach Ablauf der für die
Stellungnahme durch das Organ gesetzten Frist Klage erhoben. Jedenfalls ist eine
spätere Entscheidung nicht allein aus dem Grund rechtswidrig, daß sie erst nach
Ablauf der genannten Frist erlassen wurde, da andernfalls in dieser Phase keine
gültige Entscheidung mehr erlassen werden könnte.
Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht
- 68.
- Nach den vorstehenden Ausführungen braucht der Klagegrund eines Verstoßes
gegen die Begründungspflicht nur insoweit geprüft zu werden, als der Klage nicht
bereits stattgegeben wurde, d. h. als sie die Kürzungen betrifft, die deshalb
vorgenommen wurden, weil die entsprechenden Kosten entweder nicht vorgesehen
oder nicht durch Belege nachgewiesen waren.
Zusammenfassung des Parteivorbringens
- 69.
- Nach Auffassung der Klägerin enthält die streitige Entscheidung keine
befriedigende Begründung der Kürzungen, die erfolgt seien, weil die Ausgaben
betreffend die Rubrik „Ausführung und Verwaltung der Kurse, Lehrpersonal“,
betreffend die Vorbereitung der Kurse, betreffend das Material und die nicht
dauerhaften Güter sowie betreffend die normale Abschreibung nicht gerechtfertigt
und damit nicht zuschußfähig seien. Die Kommission habe nämlich, was zunächst
die Rubrik „Ausführung und Verwaltung der Kurse, Lehrpersonal“ anbelangt, nicht
erläutert, aufgrund welchen willkürlichen Kriteriums sie den akzeptablen
Gesamtbetrag habe festsetzen können. Ebenso habe sie in bezug auf die
Vorbereitung der Kurse nur die von der Partex an die Klägerin gestellte Rechnung
beanstandet, ohne ausreichende Gründe anzugeben. In der Rubrik „Material und
nicht dauerhafte Güter“ entspreche der angegebene Betrag den tatsächlichen
Kosten und sei als solcher zu berücksichtigen gewesen. Die Kommission habe aber
ihren Standpunkt hierzu nicht gerechtfertigt.
- 70.
- Die Beklagte weist die ihr von der Klägerin in bezug auf die Begründung
gemachten Vorwürfe zurück. Sie habe der DAFSE den genehmigten Gesamtbetrag
sowie für jeden Antrag auf Zuschuß den Betrag der vorgenommenen Kürzung
mitgeteilt. Im vorliegenden Fall habe sie ihr den oben in Randnummer 2 genannten
Vermerk mitgeteilt. Der Grund für diese Verfahrensweise liege in dem Umstand,
daß die Kommission innerhalb eines kurzen Zeitraums mehrere tausend
Zuschußanträge bearbeiten müsse und nicht innerhalb so kurzer Zeit näher
erläutern und rechtfertigen könne, warum sie bestimmte Ausgaben nicht für
zuschußfähig halte (Urteile des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1984 in der
Rechtssache 185/83, Rijksuniversiteit te Groningen, Slg. 1984, 3623, und vom 7.
Februar 1990 in der Rechtssache C-213/87, Gemeente Amsterdam und
VIA/Kommission, Slg. 1990, I-221). Als sie von der DAFSE 1988 um eine
Aufteilung der Kürzungen auf die Rubriken ersucht worden sei, sei sie diesem
Antrag sofort nachgekommen.
- 71.
- In ihren Schriftsätzen erläutert die Beklagte ausführlich, welche Kürzungen sie in
der streitigen Entscheidung vorgenommen habe. Diese Ausführungen wiederholen
im wesentlichen die in dem Vermerk Nr. 22917 enthaltene Argumentation.
Würdigung durch das Gericht
- 72.
- Nach ständiger Rechtsprechung hat die Pflicht zur Begründung von
Einzelfallentscheidungen den Zweck, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung
der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu ermöglichen und den Betroffenen
so ausreichend zu unterrichten, daß er erkennen kann, ob die Entscheidung
begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung
ermöglicht. Der Umfang der Begründungspflicht hängt von der Art des Rechtsakts
und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (Urteil Cipeke/Kommission,
a. a. O., Randnr. 14).
- 73.
- Zur Beurteilung der Frage, ob die Begründung der streitigen Entscheidung
ausreichend war und damit dem EG-Vertrag und der Rechtsprechung entspricht,
sind die Kürzungen, die vorgenommen wurden, weil die Ausgaben nicht im Antrag
auf Zuschuß vorgesehen waren, und die Kürzungen, die vorgenommen wurden, weil
die Ausgaben nicht durch Belege nachgewiesen waren, getrennt zu prüfen.
- 74.
- Was die Ablehnung der Ausgaben, die nicht in dem ursprünglichen Antrag auf
Zuschuß vorgesehen waren, also der der erstgenannten Gruppe, betrifft, war die
Klägerin, auf die der Antrag zurückgeht, nach Erhalt des Vermerks Nr. 22917 und
der streitigen Entscheidung über die Gründe der von der Kommission
vorgenommenen Kürzungen oder Streichungen hinreichend unterrichtet. Die in
diesen beiden Schriftstücken enthaltenen Informationen reichten nämlich aus, um
die Klägerin erkennen zu lassen, daß die Kommission in der streitigen
Entscheidung Kürzungen in den Rubriken „Miete und Raumkosten“, „Material und
nicht dauerhafte Güter“ sowie „Unterbringungs- und Verpflegungskosten [für die
Auszubildenden]“ auferlegt und die Rubrik „Normale Abschreibung“ ganz
gestrichen hatte, weil die entsprechenden Ausgaben in dem Antrag auf Zuschuß
nicht vorgesehen waren. Daher ist das Gericht in der Lage, auch diesen Teil der
streitigen Entscheidung zu überprüfen.
- 75.
- Soweit sich die Rüge der Klägerin gegen die Begründung dieser ersten Gruppe von
Kürzungen richtet, ist sie daher unbegründet.
- 76.
- Was die zweitgenannte Gruppe betrifft, d. h. die Kürzungen, die vorgenommen
wurden, weil die Ausgaben nicht durch Belege nachgewiesen waren, ist die streitige
Entscheidung ebenfalls ausreichend begründet. Aus dem Vermerk Nr. 22917 geht
nämlich eindeutig hervor, daß die Kürzungen betreffend die Rubriken „Entgelte
der Auszubildenden“, „Vorbereitung der Kurse, Einstellung und Auswahl der
Auszubildenden“, „Vervielfältigung von Schriftstücken“, „Verwaltung und
Haushaltskontrolle“, „Besondere Arbeiten“ und „Andere Lieferungen“ sowie ein
Teil der Rubrik „Ausführung und Verwaltung der Kurse Lehrpersonal“ deshalb
vorgenommen wurden, weil die vorgelegten Belege unzureichend waren. Die
angewandten Methoden und die Berechnungen waren so ausführlich dargelegt, daß
die Klägerin ihre Ordnungsgemäßheit beurteilen und sie gegebenenfalls durch
Vorlage angemessener Belege beanstanden konnte.
- 77.
- Die Rüge der Klägerin, soweit sie auf die Begründung dieser zweiten Gruppe von
Kürzungen abzielt, ist ebenfalls unbegründet.
- 78.
- Folglich ist der Klagegrund einer nicht ausreichenden Begründung, soweit er hier
zu prüfen war, insgesamt zurückzuweisen.
- 79.
- Der Antrag auf Nichtigerklärung ist daher im übrigen zurückzuweisen.
Kosten
- 80.
- Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag
zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
- 81.
- In der vorliegenden Rechtssache ist der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung
für teilweise begründet erklärt worden; die Klägerin hat beantragt, der Kommission
die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen. Die Klägerin ist zwar mit
ihrem Begehren teilweise unterlegen, doch ist für die Entscheidung über die Kosten
auch der oben beschriebene Ablauf des Entscheidungsverfahrens zu
berücksichtigen, aufgrund dessen die Klägerin für längere Zeit im Ungewissen über
ihren Anspruch auf den gesamten Betrag des ihr bewilligten Zuschusses verblieb.
Unter diesen Umständen kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, das Gericht
angerufen zu haben, damit dieses das Verhalten der Kommission beurteile. Daher
ist festzustellen, daß die Entstehung des Rechtsstreits durch das Verhalten der
Beklagten begünstigt wurde.
- 82.
- Somit ist neben Artikel 87 § 2 auch § 3 Absatz 2 der Verfahrensordnung
anzuwenden, wonach das Gericht der obsiegenden Partei auferlegen kann, der
Gegenpartei die Kosten eines Verfahrens, das durch ihr eigenes Verhalten
verursacht wurde, zu erstatten (vgl. analog Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar
1983 in der Rechtssache 263/81, List/Kommission, Slg. 1983, 103, Randnrn. 30
und 31, Urteil des Gerichts vom 16. Oktober 1996 in der Rechtssache T-336/94,
Efisol/Kommission, Slg. 1996, II-0000, Randnrn. 38 und 39); die Kommission ist zur
Tragung der gesamten Kosten zu verurteilen.
- 83.
- Folglich ist die Kommission zu verurteilen, außer ihren eigenen Kosten die
gesamten Kosten der Klägerin zu tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung C(94)1410/11 der Kommission vom 12. Juli 1994 über
einen Zuschuß des Europäischen Sozialfonds zu einer Bildungsmaßnahme,
der Klägerin zugestellt am 27. Dezember 1994 unter dem Aktenzeichen
870840/P1, wird für nichtig erklärt, soweit sie Kürzungen der von der
Klägerin in ihrem Antrag auf Restzahlung verlangten Beträge allein
deshalb vornimmt, weil die entsprechenden Kosten nicht durch die
Genehmigungsentscheidung gedeckt waren.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die gesamten Kosten der
Klägerin.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 1997.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
A. Saggio