Language of document : ECLI:EU:C:2021:973

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

2. Dezember 2021(*)

„Rechtsmittel – Dumping – Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in der Volksrepublik China – Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 – Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c – Marktwirtschaftsbehandlung – Verweigerung – Begriff ‚infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems … nennenswert verzerrt‘ im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich – Steuervergünstigungen“

In den verbundenen Rechtssachen C‑884/19 P und C‑888/19 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. und 4. Dezember 2019,

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch L. Flynn, T. Maxian Rusche und A. Demeneix, dann durch L. Flynn und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Xinyi PV Products (Anhui) Holdings Ltd mit Sitz in Anhui (China), Prozessbevollmächtigte: Y. Melin und B. Vigneron, avocats,

Klägerin im ersten Rechtszug,

GMB Glasmanufaktur Brandenburg GmbH mit Sitz in Tschernitz (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: R. MacLean, Solicitor,

Streithelferin im ersten Rechtszug (C‑884/19 P),

und

GMB Glasmanufaktur Brandenburg GmbH mit Sitz in Tschernitz (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: R. MacLean, Solicitor,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Xinyi PV Products (Anhui) Holdings Ltd mit Sitz in Anhui (China), Prozessbevollmächtigte: Y. Melin und B. Vigneron, avocats,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch L. Flynn, T. Maxian Rusche und A. Demeneix, dann durch L. Flynn und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug (C‑888/19 P),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer K. Jürimäe (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter S. Rodin und N. Piçarra,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Juli 2021

folgendes

Urteil

1        Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die Europäische Kommission und die GMB Glasmanufaktur Brandenburg GmbH (im Folgenden: GMB) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 24. September 2019, Xinyi PV Products (Anhui) Holdings/Kommission (T‑586/14 RENV, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:668), mit dem die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 470/2014 der Kommission vom 13. Mai 2014 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 2014, L 142, S. 1, im Folgenden: streitige Verordnung) aufgehoben wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Antidumping-Übereinkommen

2        Mit Beschluss 94/800/EG vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1) hat der Rat der Europäischen Union das am 15. April 1994 in Marrakech unterzeichnete Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) sowie die Übereinkünfte in den Anhängen 1, 2 und 3 dieses Übereinkommens, darunter das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 103, im Folgenden: Antidumping-Übereinkommen), genehmigt.

3        In Art. 2 des Antidumping-Übereinkommens ist die „Feststellung des Dumpings“ geregelt.

 Unionsrecht

4        Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt war der Erlass von Antidumping-Maßnahmen durch die Europäische Union in der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, Berichtigung ABl. 2010, L 7, S. 22, im Folgenden: Grundverordnung) geregelt.

5        Im sechsten Erwägungsgrund der Grundverordnung heißt es:

„Bei der Ermittlung des Normalwerts für Länder ohne Marktwirtschaft erscheint es zweckmäßig, Regeln für die Wahl des geeigneten Drittlands mit Marktwirtschaft festzulegen, das zu diesem Zweck heranzuziehen ist, und für den Fall, dass ein angemessenes Drittland nicht ermittelt werden kann, vorzusehen, dass der Normalwert auf andere angemessene Weise bestimmt werden kann.“

6        In Art. 2 der Grundverordnung ist in den Abs. 1 bis 6 die Ermittlung des Normalwerts geregelt.

7        Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung bestimmt:

„a)      Im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft [(d)azu gehören Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Kirgisistan, Nordkorea, Moldau, die Mongolei, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan] erfolgt die Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft oder des Preises, zu dem die Ware aus einem solchen Drittland in andere Länder sowie in die Gemeinschaft verkauft wird; falls dies nicht möglich ist, erfolgt die Ermittlung auf jeder anderen angemessenen Grundlage, einschließlich des für die gleichartige Ware in der Gemeinschaft tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, der erforderlichenfalls um eine angemessene Gewinnspanne gebührend berichtigt wird.

….

b)      In Antidumpinguntersuchungen betreffend Einfuhren aus der Volksrepublik China, Vietnam und Kasachstan und aus Ländern ohne Marktwirtschaft, die zum Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung Mitglied der WTO sind, wird der Normalwert gemäß den Absätzen 1 bis 6 ermittelt, sofern auf der Grundlage ordnungsgemäß begründeter Anträge des oder der von der Untersuchung betroffenen Hersteller(s) und entsprechend den unter Buchstabe c) genannten Kriterien und Verfahren nachgewiesen wird, dass für diesen oder diese Hersteller bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware marktwirtschaftliche Bedingungen herrschen. Andernfalls findet Buchstabe a) Anwendung.

c)      Ein Antrag im Sinne des Buchstabens b) muss … ausreichendes Beweismaterial dahingehend enthalten, dass der Hersteller unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätig ist, d. h., wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

–        Die Unternehmen treffen ihre Entscheidungen über die Preise, Kosten und Inputs, einschließlich beispielsweise der Rohstoffe, der Kosten von Technologie und Arbeitskräften, Produktion, Verkäufen und Investitionen auf der Grundlage von Marktsignalen, die Angebot und Nachfrage widerspiegeln, und ohne nennenswerte diesbezügliche Staatseingriffe; dabei müssen die Kosten der wichtigsten Inputs im wesentlichen auf Marktwerten beruhen;

–        die Unternehmen verfügen über eine einzige klare Buchführung, die von unabhängigen Stellen nach internationalen Buchführungsgrundsätzen geprüft und in allen Bereichen angewendet wird;

–        die Produktionskosten und die finanzielle Lage der Unternehmen sind infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems nicht mehr nennenswert verzerrt, insbesondere im Hinblick auf Anlageabschreibungen, sonstige Abschreibungen, den Barterhandel und die Bezahlung durch Schuldenausgleich;

–        die Unternehmen unterliegen Eigentums- und Insolvenzvorschriften, die Rechtssicherheit und Stabilität für die Unternehmensführung sicherstellen, und

–        Währungsumrechnungen erfolgen zu Marktkursen.

…“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

8        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits, wie sie im angefochtenen Urteil dargestellt ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

9        Die Xinyi PV Products (Anhui) Holdings Ltd (im Folgenden: Xinyi PV) ist eine Gesellschaft mit Sitz in China, die dort Solarglas, das unter die streitige Verordnung fällt, herstellt und in die Union exportiert. Alleinaktionärin ist die an der Börse von Hong Kong (China) notierte Xinyi Solar (Hong Kong) Ltd mit Sitz in Hong Kong.

10      In dem Verfahren, das zum Erlass der streitigen Verordnung führte, stellte Xinyi PV am 21. Mai 2013 einen Antrag auf Zuerkennung des Status eines unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätigen Unternehmens (Marktwirtschaftsbehandlung, im Folgenden: MWB) im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung.

11      Nachdem ihr der von Xinyi PV beantwortete Antidumping-Fragebogen und die weiteren Auskünfte, um die sie diese Gesellschaft ersucht hatte, vorlagen, nahm die Kommission vom 21. bis zum 26. Juni 2013 am chinesischen Sitz von Xinyi PV eine Überprüfung der gemachten Angaben vor. In Abstimmung mit der Kommission erteilte Xinyi PV Ende Juni 2013 und im Juli 2013 weitere Auskünfte, die von ihr erbeten wurden.

12      Mit Schreiben vom 22. August 2013 teilte die Kommission Xinyi PV mit, dass ihrem MWB-Antrag nicht stattgegeben werden könne (im Folgenden: Schreiben vom 22. August 2013). Xinyi PV erfülle zwar die Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster, zweiter, vierter und fünfter Gedankenstrich der Grundverordnung, nicht aber das Kriterium gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung. Die Kommission forderte Xinyi PV auf, hierzu Stellung zu nehmen.

13      Xinyi PV nahm am 1. September 2013 Stellung. Sie vermochte die Auffassung der Kommission nicht zu teilen.

14      Mit Schreiben vom 13. September 2013 teilte die Kommission Xinyi PV mit, dass sie nun endgültig beschlossen habe, ihren MWB-Antrag abzulehnen (im Folgenden: Schreiben vom 13. September 2013).

15      Aus den Schreiben vom 22. August und vom 13. September 2013, die in den Rn. 63 bis 65 des angefochtenen Urteils auszugsweise wiedergegeben sind, geht hervor, dass der MWB-Antrag von Xinyi PV mit der Begründung abgelehnt wurde, dass diese Gesellschaft das für die Gewährung der MWB erforderliche Kriterium, dass die Produktionskosten und die finanzielle Lage der Unternehmen infolge des früheren nicht marktwirtschaftlichen Systems nicht mehr nennenswert verzerrt sein dürfen (Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung, im Folgenden: MWB-Kriterium 3), nicht erfüllt habe. Xinyi PV habe nämlich zwei Steuervergünstigungen in Anspruch genommen, zum einen das Programm „2 Free 3 Halve“, das es Gesellschaften mit ausländischem Kapital ermögliche, für zwei Jahre eine vollständige Befreiung (0 %) und während der drei folgenden Jahre einen Steuersatz von 12,5 % statt des normalen Steuersatzes in Höhe von 25 %, in Anspruch zu nehmen, und zum anderen die Steuerregelung für Hochtechnologieunternehmen, wonach die Gesellschaft einem ermäßigten Steuersatz von 15 % statt des Normalsteuersatzes von 25 % unterliege.

16      Am 26. November 2013 erließ die Kommission die Verordnung (EU) Nr. 1205/2013 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Solarglas mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. 2013, L 316, S. 8, im Folgenden: vorläufige Verordnung).

17      In den Rn. 34 bis 47 dieser Verordnung hat die Kommission noch einmal begründet, warum den vier mitarbeitenden Gesellschaften oder Konzernen, darunter Xinyi PV, keine MWB gewährt worden sei. In Rn. 43 der Verordnung wird ausgeführt:

„… [K]einer der vier ausführenden Hersteller [konnte] entweder einzeln oder als Gruppe nachweisen, dass keine nennenswerten Verzerrungen infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems bestehen. Folglich erfüllten diese Unternehmen oder Unternehmensgruppen das MWB-Kriterium 3 nicht. Konkret nahmen alle vier ausführenden Hersteller oder Gruppen ausführender Hersteller Steuervergünstigungen in Anspruch.“

18      Am 13. Mai 2014 erließ die Kommission die streitige Verordnung, mit der ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren von von Xinyi PV hergestellten Solarglaswaren eingeführt wurde.

19      Im 34. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung wird die Feststellung bestätigt, dass, wie in den Erwägungsgründen 34 bis 47 der vorläufigen Verordnung ausgeführt, alle MWB-Anträge abgelehnt werden sollten. Im 33. Erwägungsgrund der streitigen Verordnung heißt es:

„[Xinyi PV] machte geltend, Steuervergünstigungen und Zuschüsse machten nur einen unerheblichen Teil [ihres] Umsatzes aus. Hierzu sei daran erinnert, dass auf dieses Argument sowie auf andere Argumente bereits in [dem] Schreiben … vom 13. September 2013 eingegangen wurde, in dem die Kommission die Partei über ihre MWB-Ermittlung unterrichtete. Insbesondere wurde betont, dass die absolute Höhe des im [Untersuchungszeitraum] gewährten Vorteils aufgrund seiner Natur irrelevant für die Beurteilung ist, ob die Verzerrung ‚von Bedeutung‘ ist. Das Vorbringen wird daher zurückgewiesen.“

 Verfahren vor den Rechtsmitteln und angefochtenes Urteil

20      Mit Klageschrift, die am 7. August 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte Xinyi PV, die streitige Verordnung, soweit sie sie betrifft, für nichtig zu erklären. Xinyi PV machte vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten, aus zwei Teilen bestehenden Klagegrund wurde ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung gerügt.

21      Mit Urteil vom 16. März 2016, Xinyi PV Products (Anhui) Holdings/Kommission (T‑586/14, EU:T:2016:154), gab das Gericht dem ersten Teil des ersten Klagegrundes statt. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass der Kommission dadurch ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, dass sie angenommen habe, dass die Verzerrung wegen Steuervergünstigungen, die Xinyi PV durch die chinesischen Behörden gewährt worden seien, „infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems“ bestehe. Entsprechend erklärte das Gericht die streitige Verordnung, soweit sie Xinyi PV betrifft, für nichtig, ohne auf den zweiten Teil des ersten Klagegrundes einzugehen.

22      Dieses Urteil wurde mit dem Urteil des Gerichtshofs vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products (Anhui) Holdings (C‑301/16 P, EU:C:2018:132), mit der Begründung aufgehoben, dass dem Gericht bei der Auslegung des Kriteriums des Vorliegens einer Verzerrung „infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems“ gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung mehrere Rechtsfehler unterlaufen seien. Der Gerichtshof verwies die Rechtssache an das Gericht zurück. Die Kostenentscheidung wurde vorbehalten.

23      Nach der Zurückverweisung an das Gericht wurde das Verfahren dort fortgeführt. Xinyi PV, die Kommission und GMB nahmen zu der Frage Stellung, welche Schlussfolgerungen aus dem Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products (Anhui) Holdings (C‑301/16 P, EU:C:2018:132), für die Entscheidung des Rechtsstreits zu ziehen seien, und beantworteten schriftlich Fragen des Gerichts. Es fand eine neue mündliche Verhandlung statt.

24      Mit dem angefochtenen Urteil gab das Gericht dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes mit der Begründung statt, dass der Kommission bei der Ablehnung des MWB-Antrags von Xinyi PV hinsichtlich des Vorliegens einer Verzerrung der Produktionskosten und der finanziellen Lage dieses Unternehmens ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei. Entsprechend erklärte das Gericht die streitige Verordnung für nichtig, ohne auf die drei übrigen Klagegründe einzugehen.

 Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

25      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑884/19 P beantragt die Kommission,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        den ersten Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen;

–        die Rechtssache zur Entscheidung über den zweiten, dritten und vierten Klagegrund an das Gericht zurückzuverweisen;

–        die Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Rechtszugs und der früheren Rechtszüge, die mit ihm zusammenhängen, d. h. der Verfahren im ersten Rechtszug und des vorausgegangenen Rechtsmittelverfahrens, vorzubehalten.

26      Mit seinem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑888/19 P beantragt GMB,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        den zweiten Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen;

–        die Rechtssache zur Entscheidung über die übrigen Klagegründe an das Gericht zurückzuverweisen;

–        Xinyi PV die ihr im vorliegenden Verfahren und die im erstinstanzlichen Verfahren und im vorausgegangenen Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

27      In der beide Rechtsmittel betreffenden Rechtsmittelbeantwortung beantragt Xinyi PV,

–        die beiden Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Kommission und GMB die Kosten aufzuerlegen.

28      Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 11. März 2020 sind die Rechtssachen C‑884/19 P und C‑888/19 P zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden worden.

 Zu den Rechtsmitteln

29      Die Kommission und GMB machen jeweils drei Rechtsmittelgründe geltend, die sich im Großen und Ganzen decken. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund werden jeweils Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung und der Verteilung der Beweislast gerügt, mit dem zweiten Rechtsmittelgrund Rechtsfehler bei der Anwendung dieser Bestimmung und mit dem dritten Rechtsmittelgrund Verfahrensfehler.

30      Zunächst ist der erste Rechtsmittelgrund der beiden Rechtsmittel zu prüfen.

 Vorbringen der Parteien

31      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑884/19 P bzw. dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑888/19 P machen die Kommission bzw. GMB im Wesentlichen geltend, dass dem Gericht in den Rn. 55 bis 61, 67 und 68 des angefochtenen Urteils bei der Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung und nach Auffassung der Kommission auch bei der Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung Rechtsfehler unterlaufen seien. Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑888/19 P rügt GMB ferner, dass dem Gericht in den Rn. 68, 69 und 72 des angefochtenen Urteils ein Rechtsfehler hinsichtlich der Verteilung der Beweislast bei der Anwendung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung unterlaufen sei.

32      In einem ersten Schritt rügen die Kommission mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund und GMB mit dem ersten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes, dass das Gericht bei der Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung Gesichtspunkte berücksichtigt habe, die in Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung im Zusammenhang mit der Ermittlung des Normalwerts genannt würden, und einen Zusammenhang zwischen der nennenswerten Verzerrung der finanziellen Lage des Unternehmens und Faktoren betreffend die Fertigung und den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware hergestellt habe.

33      Als Erstes machen die Kommission und im Wesentlichen auch GMB geltend, dass das Gericht die logische Reihenfolge der Stufen der Ermittlung des Normalwerts bei einer China betreffenden Untersuchung zu Unrecht umgekehrt habe. Anders als das Gericht angenommen habe, sei Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung für die Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung nicht relevant. Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung komme bei einer China betreffenden Untersuchung erst zum Tragen, wenn die Voraussetzungen gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung, einer Vorschrift, die makro-und mikroökonomische Kennzahlen kombiniere, erfüllt seien. Von diesen verlange allein das Kriterium gemäß dem ersten Abschnitt von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich der Grundverordnung eine konkrete Auswirkung auf die Preise und Kosten.

34      Im Übrigen habe der Gerichtshof in dem Urteil vom 16. Juli 2015, Kommission/Rusal Armenal (C‑21/14 P, EU:C:2015:494, Rn. 47 bis 50 und 53), entschieden, dass Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung ein spezifisch unionsrechtlicher Ansatz zugrunde liege. Zwischen dieser Bestimmung und Art. 2 des Antidumping-Übereinkommens, der durch Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung in die Rechtsordnung der Union umgesetzt worden sei, könne daher kein Zusammenhang hergestellt werden.

35      Als Zweites machen die Kommission und GMB geltend, dass das Gericht seine Auslegung in den Rn. 58 und 59 des angefochtenen Urteils zu Unrecht mit der Aufzählung in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung gerechtfertigt habe, in der von Verzerrungen „insbesondere im Hinblick auf Anlageabschreibungen, sonstige Abschreibungen, den Barterhandel und die Bezahlung durch Schuldenausgleich“ die Rede sei.

36      Wie das Gericht in Rn. 59 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, habe diese Aufzählung lediglich Hinweischarakter.

37      Jedenfalls werde von den aufgezählten Gesichtspunkten allein der Barterhandel in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 2 der Grundverordnung genannt. Dieser gehöre aber nicht zu den Gesichtspunkten, die nach der Methode gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung bei der Ermittlung des Normalwerts herangezogen würden.

38      In der Rechtsmittelbeantwortung in der Rechtssache C‑884/19 P macht GMB insoweit ferner geltend, dass die in der Aufzählung mit Hinweischarakter genannten Gesichtspunkte Faktoren bezeichneten, die sich unmittelbar nicht auf die Produktionskosten, sondern auf die finanzielle Lage eines Unternehmens auswirkten. Sie könnten daher den Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung nicht rechtfertigen. Außerdem habe das Gericht nicht hinreichend begründet, warum es diese Bestimmung und Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung einander angenähert habe.

39      Als Drittes machen die Kommission und GMB geltend, dass dem Gericht in den Rn. 59 bis 61 des angefochtenen Urteils dadurch ein Rechtsfehler unterlaufen sei, dass es das Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group (C‑337/09 P, EU:C:2012:471, Rn. 79 bis 82), analog angewandt habe. In diesem Urteil habe der Gerichtshof lediglich den ersten Teil von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich der Grundverordnung ausgelegt. Diese Bestimmung unterscheide sich aber hinsichtlich ihres Wortlauts, ihres Zwecks und ihres Gegenstands von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung.

40      Als Viertes machen die Kommission und GMB im Wesentlichen geltend, dass Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung durch die Auslegung, die das Gericht vorgenommen habe, teilweise seine praktische Wirksamkeit genommen werde. Der Unionsgesetzgeber habe in dieser Bestimmung auf zwei verschiedene Kriterien abgestellt, nämlich zum einen auf das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen der Produktionskosten einer Gesellschaft, die die MWB beantrage, und zum anderen auf das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen der finanziellen Lage einer solchen Gesellschaft. Mit der vom Gericht vorgenommenen Auslegung werde das Vorliegen einer nennenswerten Verzerrung der finanziellen Lage aber letztlich davon abhängig gemacht, dass bewiesen werde, dass diese zu einer nennenswerten Verzerrung der Produktionskosten führe.

41      Die Kommission macht in diesem Zusammenhang geltend, dass das Kriterium der finanziellen Lage weit sei und eine Gesamtwürdigung erfordere, bei der nicht zwingend allein auf die Produktionskosten oder auf die Preise abzustellen sei. Der Unionsgesetzgeber sei somit davon ausgegangen, dass ein Unternehmen, dessen finanzielle Lage nennenswert verzerrt sei, nicht unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätig sei, so dass seine Kosten und Preise allgemein verzerrt sein könnten. Dies sei der Fall, wenn das Unternehmen von Steuern befreit sei.

42      Als Fünftes macht die Kommission geltend, dass ihre Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung durch Art. 2 Abs. 7 Buchst. c vierter und fünfter Gedankenstrich der Grundverordnung bestätigt werde. Zum einen seien die in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c vierter und fünfter Gedankenstrich der Grundverordnung genannten Kriterien abstrakt und verlangten keinerlei Beurteilung der tatsächlichen Auswirkungen auf die Möglichkeit der Ermittlung des Normalwerts gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung. Zum anderen würde die Berücksichtigung des Verhältnisses „Steuerbefreiung/Umsatz“ bei Begünstigten ein und derselben Steuermaßnahme zu ungerechtfertigten Diskriminierungen führen.

43      GMB stützt seine Auffassung, dass in den fünf Gedankenstrichen von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung spezifische Kriterien aufgestellt würden, auch auf die Struktur dieser Bestimmung. Danach stelle die finanzielle Lage einen Faktor dar, der mit der Fertigung und dem Verkauf der gleichartigen Ware zusammenhänge.

44      In einem zweiten Schritt macht GMB mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑888/19 P geltend, dass das Gericht in den Rn. 68, 69 und 72 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass die Kommission in dem Beschluss, mit dem sie den MWB-Antrag von Xinyi PV abgelehnt habe, hätte näher erläutern müssen, inwieweit sich die Verzerrungen der finanziellen Lage dieser Gesellschaft konkret ausgewirkt hätten. Damit habe das Gericht zu Unrecht der Kommission die Beweislast dafür auferlegt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der MWB erfüllt seien, obwohl nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Partei, die die MWB beantrage, insoweit die Beweislast trage. Anders als das Gericht in den Rn. 72 und 73 des angefochtenen Urteils angenommen habe, habe Xinyi PV zu beweisen, dass die in Rede stehenden Steuervergünstigungen nicht zu nennenswerten Verzerrungen ihrer finanziellen Lage geführt hätten, und nicht die Kommission das Gegenteil. Die Kommission habe lediglich die von Xinyi PV vorgelegten Beweise zu würdigen, was sie im vorliegenden Fall auch getan habe.

45      Xinyi PV tritt diesem Vorbringen in vollem Umfang entgegen.

46      Als Erstes versteht Xinyi PV das Vorbringen der Kommission dahin, dass der in Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung verwendete Ausdruck „bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware“ nach deren Auffassung lediglich den ersten Teil des MWB-Kriteriums 1 (Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich der Grundverordnung) betreffe. Diese Auslegung sei aber bereits nicht mit dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung vereinbar, in dem es speziell um die Produktionskosten der gleichartigen Ware gehe. Außerdem sei die Kommission eine Erklärung dafür schuldig geblieben, wozu die übrigen vier MWB-Kriterien dienten, wenn danach nicht auf die während des Untersuchungszeitraums in China geltenden Kosten und Verkaufspreise abgestellt werden könne, sofern diese Kosten und Verkaufspreise für die Ermittlung des Normalwerts geeignet seien. Die Auslegung der übrigen vier MWB-Kriterien, wie sie die Kommission vorgenommen habe, sei vom Zweck von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung entkoppelt.

47      Als Zweites macht Xinyi PV im Wesentlichen geltend, dass das Gericht zu Recht eine Parallele zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache, in der das Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group (C‑337/09 P, EU:C:2012:471), ergangen sei, gezogen habe. In beiden Rechtssachen hätten die Unionsorgane es nämlich abgelehnt, die zur Stützung eines MWB-Antrags vorgelegten Beweise zu prüfen.

48      Außerdem müsse die Kommission wie bei der Anwendung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich der Grundverordnung auch bei Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung stets beurteilen, wie sich die Verzerrung oder Nichtverzerrung auf die Preise und die Kosten des Herstellers auswirke. Sie könne sich nicht auf eine abstrakte, pauschale Beurteilung beschränken.

49      Als Drittes erwidert Xinyi PV auf das Vorbringen zur praktischen Wirksamkeit des Ausdrucks „finanzielle Lage“ in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung, dass die vom Gericht vorgenommene Auslegung diesem Ausdruck in Fällen, in denen sich eine nennenswerte Verzerrung der finanziellen Lage einer Gesellschaft eher auf deren Preise als auf deren Kosten auswirke, nicht seine praktische Wirksamkeit nehme.

50      Als Viertes macht Xinyi PV zu Art. 2 Abs. 7 Buchst. c vierter und fünfter Gedankenstrich der Grundverordnung geltend, dass auf der Hand liege, dass der im Rahmen von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c vierter Gedankenstrich der Grundverordnung relevante Umstand, dass eine Gesellschaft keinem Insolvenzverfahren unterliege, deren Kosten und Preise verfälsche. Ebenso wirke sich der im Rahmen von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c fünfter Gedankenstrich relevante Umstand, dass eine Gesellschaft beim Kauf oder Verkauf von Devisen in den Genuss eines günstigeren Wechselkurses komme, auf deren Kosten bzw. die Preise aus.

51      In der in der Rechtssache C‑884/19 P eingereichten Erwiderung und Gegenerwiderung machen die Kommission bzw. GMB geltend, dass es kein allgemeines, den fünf MWB-Kriterien gemäß den fünf Gedankenstrichen von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung gemeinsames Erfordernis des Nachweises einer tatsächlichen Verfälschung der Produktionskosten gebe.

52      Insoweit macht die Kommission insbesondere geltend, dass nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung bei der Voraussetzung, dass für den betreffenden Hersteller bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware marktwirtschaftliche Bedingungen herrschen müssten, in keiner Weise auf die Produktionskosten und das Fehlen einer tatsächlichen Verzerrung dieser Kosten abgestellt werde. Die Kommission und GMB machen im Wesentlichen geltend, dass diese Voraussetzung mithin einfach den Kontext betreffe, in dem der Hersteller agiere, während die fünf Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung verschiedene Aspekte dieses Kontextes beträfen. Xinyi PV räume auch ein, dass die MWB-Kriterien 4 und 5 automatisch Auswirkungen auf die Kosten implizierten. Dasselbe müsse für das MWB-Kriterium 3 gelten.

53      Die Kommission macht ferner geltend, dass sich aus dem Zweck von Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung nichts anderes ergebe. Zweck dieser Bestimmung sei, zu verhindern, dass in einem Land ohne Marktwirtschaft geltende Preise und Kosten berücksichtigt würden, da diese Parameter dort normalerweise nicht das Ergebnis der auf den Markt einwirkenden Kräfte seien. Es handele sich mithin um eine Eingangsbestimmung, während mit den Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung bestimmt werden solle, ob eine Gesellschaft, die die MWB beantrage, ausschließlich den normalen Gesetzen des Marktes unterliege. Dieser Charakter als Eingangsbestimmung würde verfälscht, wenn, wie das Gericht angenommen habe, bei allen diesen Kriterien für jede spezielle Ware, die von der Gesellschaft hergestellt und ausgeführt werde, für jeden Untersuchungszeitraum tatsächliche Auswirkungen auf die Produktionskosten nachgewiesen werden müssten.

54      GMB ergänzt, dass die Entscheidungspraxis der Kommission bestätige, dass es möglich sei, die MWB gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung wegen Verzerrungen, die sich lediglich auf die finanzielle Lage des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers auswirkten, etwa wegen einer Steuervergünstigung, abzulehnen. Außerdem stellten Art. 2 Abs. 1 bis 6 und Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung nach der Rechtsprechung des Gerichts zwei gesonderte Regelungen dar.

 Würdigung durch den Gerichtshof

 Vorbemerkungen

55      Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung sieht im Einklang mit dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung eine besondere Regelung mit detaillierten Vorschriften für die Ermittlung des Normalwerts bei Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft vor (vgl. entsprechend Urteil vom 16. Juli 2015, Kommission/Rusal Armenal, C‑21/14 P, EU:C:2015:494, Rn. 47).

56      Nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung erfolgt die Ermittlung des Normalwerts im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft in Abweichung von Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung grundsätzlich auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft, d. h. nach der Vergleichslandmethode. Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung soll also die Berücksichtigung der in Ländern ohne Marktwirtschaft geltenden Preise und Kosten verhindern, da diese Parameter dort normalerweise nicht das Ergebnis der auf den Markt einwirkenden Kräfte sind (Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Dagegen wird der Normalwert in Antidumpinguntersuchungen betreffend Einfuhren u. a. aus China nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung und somit nicht nach der Vergleichslandmethode ermittelt, sofern auf der Grundlage ordnungsgemäß begründeter Anträge des oder der von der Untersuchung betroffenen Hersteller(s) und im Einklang mit den in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c genannten Kriterien und Verfahren nachgewiesen wird, dass für diesen oder diese Hersteller bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware marktwirtschaftliche Bedingungen herrschen (Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Wie sich aus den verschiedenen Verordnungen, aus denen Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung hervorgegangen ist, ergibt, sollen Hersteller, die den in den betreffenden Ländern, u. a. in China, entstandenen marktwirtschaftlichen Bedingungen unterliegen, dadurch einen Status beanspruchen können, der ihrer individuellen Situation und nicht der Situation in dem gesamten Land, in dem sie niedergelassen sind, entspricht (Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Die Beweislast trägt folglich der Hersteller, der die MWB gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung begehrt. Nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. c Unterabs. 1 der Grundverordnung muss sein Antrag nämlich, wie in dieser Vorschrift näher bestimmt, ausreichendes Beweismaterial dahin gehend enthalten, dass er unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätig ist. Daher ist es nicht Sache der Unionsorgane, nachzuweisen, dass der Hersteller die Voraussetzungen für die Gewährung der MWB nicht erfüllt. Sie haben vielmehr zu beurteilen, ob das von dem betreffenden Hersteller vorgelegte Material beweist, dass die MWB-Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c Unterabs. 1 bei ihm erfüllt sind, und der Unionsrichter hat zu prüfen, ob diese Beurteilung nicht offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Februar 2012, Brosmann Footwear [HK] u. a./Rat, C‑249/10 P, EU:C:2012:53, Rn. 32, und vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Im vorliegenden Fall wurde der MWB-Antrag von Xinyi PV allein deshalb abgelehnt, weil diese Gesellschaft nicht nachgewiesen hatte, dass sie das MWB-Kriterium 3 (Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung) erfüllte.

61      Nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung muss der betreffende Hersteller ausreichendes Beweismaterial dahin gehend vorbringen, dass seine Produktionskosten und seine finanzielle Lage infolge des früheren nicht marktwirtschaftlichen Systems nicht mehr nennenswert verzerrt sind, insbesondere im Hinblick auf Anlageabschreibungen, sonstige Abschreibungen, den Barterhandel und die Bezahlung durch Schuldenausgleich.

62      Nach dem Wortlaut der Bestimmung müssen somit zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: Es muss eine nennenswerte Verzerrung der Produktionskosten und der finanziellen Lage des in Rede stehenden Unternehmens vorliegen und diese Verzerrung muss infolge des früheren nicht marktwirtschaftlichen Systems bestehen (Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 70).

63      Das angefochtene Urteil betrifft nur die erste dieser beiden Voraussetzungen. Das Gericht hat angenommen, dass der Kommission insoweit ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei.

64      Hierzu hat das Gericht in Rn. 55 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung die Fertigung und den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware beträfen. Ausgehend davon, dass sich dies aus Art. 2 der Grundverordnung ergebe, der die Regeln für die Ermittlung des Normalwerts festlege, hat das Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung genannten Kriterien allesamt „verdeutlichen, dass geprüft werden soll, ob der Wirtschaftsteilnehmer, der [die MWB] beansprucht, bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware im Einklang mit den Grundsätzen handelt, die eine Berechnung des Normalwerts zulassen“.

65      Vor diesem Hintergrund hat das Gericht Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung in den Rn. 58 bis 61 des angefochtenen Urteils dahin ausgelegt, dass die Kommission bei Umständen oder Maßnahmen, die die finanzielle Lage des Unternehmens ganz allgemein beträfen, anhand der im Verwaltungsverfahren unterbreiteten Beweise noch zu prüfen habe, ob sie tatsächlich zu einer nennenswerten Verzerrung der für die Umstände der Fertigung und des Verkaufs der betreffenden gleichartigen Ware ausschlaggebenden Faktoren führten.

66      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 66 bis 72 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen angenommen, dass die Kommission nicht bereits deshalb habe feststellen können, dass das MWB-Kriterium 3 nicht erfüllt sei, weil Xinyi PV über eine Steuervergünstigung verfügt habe und diese habe Investoren anziehen können, die in das Kapital hätten investieren wollen. Hierzu wird in Rn. 67 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass sich diese Begründung allenfalls sehr abstrakt auf die finanzielle Lage von Xinyi PV beziehe, ohne dass ein Zusammenhang zu den in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung ausdrücklich genannten Gesichtspunkten oder zu anderen die Fertigung oder den Verkauf der gleichartigen Ware betreffenden Umständen hergestellt würde, deren sich aus dem in Rede stehenden Vorteil ergebende nennenswerte Verzerrung die Möglichkeit, den Normalwert gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung zutreffend zu berechnen, in Frage stellen würde.

67      Aus diesen Ausführungen des Gerichts ergibt sich, dass das Gericht Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung im Wesentlichen dahin ausgelegt hat, dass die Kommission einen MWB-Antrag des betreffenden Herstellers nur dann wegen des Vorliegens einer nennenswerten Verzerrung von dessen allgemeiner finanziellen Lage ablehnen könne, wenn sich die Verzerrung auf die Fertigung oder den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware auswirke, was die Kommission zu beurteilen habe.

68      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑884/19 P und mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑888/19 P wenden sich die Kommission und GMB gegen diese Auslegung, die ihrer Auffassung nach unter mehreren Rechtsfehlern leidet. Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑888/19 P rügt GMB ferner, dass das Gericht die Beweislast zu Unrecht umgekehrt habe.

69      Diese beiden Rügen werden nun nacheinander zu prüfen sein.

 Zu den Rechtsfehlern, die dem Gericht bei der Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung unterlaufen sein sollen

70      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 12. September 2019, Kommission/Kolachi Raj Industrial, C‑709/17 P, EU:C:2019:717, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Die Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung (MWB-Kriterium 3), insbesondere der Voraussetzung, dass keine nennenswerte Verzerrung der Produktionskosten und der finanziellen Lage des betreffenden Unternehmens vorliegen darf, hat nach Maßgabe dieser Rechtsprechung zu erfolgen.

72      Was als Erstes die wörtliche Auslegung dieser Voraussetzung angeht, ist festzustellen, dass der betreffende Hersteller nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung ausreichendes Beweismaterial dafür vorbringen muss, dass „die Produktionskosten und die finanzielle Lage … nicht mehr nennenswert verzerrt [sind]“ (siehe oben, Rn. 61).

73      Aus der Verwendung der Konjunktion „und“ geht eindeutig hervor, dass der betreffende Hersteller das Fehlen einer nennenswerten Verzerrung sowohl seiner Produktionskosten als auch seiner finanziellen Lage nachweisen muss. Die Voraussetzung besteht somit aus zwei gesonderten Untervoraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen.

74      Die MWB kann mithin nicht gewährt werden, wenn eine dieser Untervoraussetzungen nicht erfüllt ist, sei es die Untervoraussetzung, dass die Produktionskosten des betreffenden Herstellers infolge des früheren nicht marktwirtschaftlichen Systems nicht mehr nennenswert verzerrt sein dürfen, oder die Untervoraussetzung, dass die finanzielle Lage des betreffenden Herstellers nicht mehr nennenswert verzerrt sein darf.

75      Indem es die Möglichkeit der Ablehnung eines MWB-Antrags wegen des Vorliegens einer nennenswerten Verzerrung der finanziellen Situation des betreffenden Herstellers im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung von der Feststellung abhängig macht, dass sich die Verzerrung auf die Fertigung und den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware auswirkt, vermengt das Gericht mit der von ihm vorgenommenen Auslegung (siehe oben, Rn. 64 bis 67) jedoch diese beiden gesonderten Untervoraussetzungen, die kumulativ zu erfüllen sind, und nimmt der Nennung der nennenswerten Verzerrung der finanziellen Situation des betreffenden Herstellers jegliche Bedeutung.

76      Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung Parameter aufgezählt sind, die in seinen Anwendungsbereich fallende Verzerrungen hervorrufen können, „insbesondere im Hinblick auf Anlageabschreibungen, sonstige Abschreibungen, den Barterhandel und die Bezahlung durch Schuldenausgleich“.

77      Denn abgesehen davon, dass die Verwendung des Adverbs „insbesondere“, wie das Gericht in Rn. 59 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt hat, zeigt, dass diese Aufzählung lediglich Hinweischarakter hat, wird durch die Aufzählung kein ausdrücklicher Zusammenhang zwischen den aufgezählten Parametern und den bei der Bestimmung des Normalwerts gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung maßgeblichen Faktoren hergestellt.

78      Der Wortlaut von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung bietet mithin keinen Ansatzpunkt dafür, dass bei der Beurteilung des Vorliegens einer nennenswerten Verzerrung der finanziellen Lage des betreffenden Herstellers auf dessen Produktionskosten oder auf die für die Bestimmung des Normalwerts gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung maßgeblichen Faktoren abzustellen wäre.

79      Der Wortlaut der Vorschrift spricht vielmehr dafür, dass das MWB-Kriterium 3 die finanzielle Lage des betreffenden Herstellers im weiteren Sinne betrifft, und nicht zwingend die Produktionskosten oder Preise im engeren Sinne.

80      Wie die Kommission und GMB im Wesentlichen geltend machen, ist die vom Gericht vorgenommene Auslegung mithin nicht mit dem eindeutigen Wortlaut von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung zu vereinbaren.

81      Als Zweites stehen auch der Kontext und die Systematik von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung der vom Gericht vorgenommenen Auslegung entgegen. Sie bestätigen die oben in Rn. 79 vorgenommene Auslegung.

82      Erstens ist zu der engen Verbindung, die das Gericht zwischen Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung und Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung hergestellt hat, festzustellen, dass Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung nach der oben in den Rn. 55 bis 57 dargestellten Rechtsprechung eine spezielle Regelung darstellt, die den allgemeinen Regeln der Ermittlung des Normalwerts, wie sie in Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung enthalten ist, vorgeht. Sie gilt für Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft.

83      Die spezielle Regelung beruht aber im Prinzip auf der Vergleichslandmethode gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. a der Grundverordnung, die nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung weiter standardmäßig Anwendung findet, und zwar auch bei Antidumpinguntersuchungen betreffend Einfuhren aus China. Die Vergleichslandmethode findet nur dann keine Anwendung, wenn ein chinesischer Hersteller rechtlich hinreichend nachweist, dass er die fünf Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung allesamt erfüllt. Und nur in diesem Fall ist die Kommission verpflichtet, den Normalwert bei diesem Hersteller nach der in Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung für Einfuhren aus Ländern mit Marktwirtschaft vorgesehenen Methode zu ermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 80).

84      Bei einer Antidumpinguntersuchung betreffend Einfuhren aus China kommen die allgemeinen Regeln gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung somit nur zum Tragen, wenn die Voraussetzungen gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung allesamt erfüllt sind.

85      Indem es die Anwendung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung in den Rn. 57 und 61 des angefochtenen Urteils davon abhängig gemacht hat, dass auf der Ebene des betreffenden Herstellers geprüft wird, ob er im Einklang mit den Grundsätzen handelt, die eine Berechnung des Normalwerts zulassen, oder ob die Anwendung dieser allgemeinen Regeln zu gekünstelten Resultaten führt, hat das Gericht die Regelungen gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 und gemäß Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung aber vermengt und somit deren systematischen Zusammenhang nicht richtig beurteilt.

86      Anders als das Gericht in Rn. 61 des angefochtenen Urteils angenommen hat, kann eine solche Auslegung auch nicht auf eine Analogie mit Rn. 82 des Urteils vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group (C‑337/09 P, EU:C:2012:471), gestützt werden, in der der Gerichtshof im Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich der Grundverordnung (MWB-Kriterium 1) entschieden hat, dass die Frage, ob ein staatlicher Eingriff in die Entscheidungen des betreffenden Herstellers über die Preise und die Kosten der Inputs nennenswert ist, anhand des Zwecks dieser Bestimmung beurteilt werden muss, die sicherstellen soll, dass der Hersteller unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätig ist, und insbesondere, dass die Kosten, die ihn treffen, und die Preise, die er festlegt, das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte sind.

87      Im Gegensatz zu dem MWB-Kriterium 3, um das es in den vorliegenden Rechtssachen geht, bezieht sich das MWB-Kriterium 1 (Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich der Grundverordnung) aber ausdrücklich auf die Entscheidungen des Herstellers über die Preise und die Kosten der Inputs (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group, C‑337/09 P, EU:C:2012:471, Rn. 79). Jedenfalls hat der Gerichtshof in dem Urteil vom 19. Juli 2012, Rat/Zhejiang Xinan Chemical Industrial Group (C‑337/09 P, EU:C:2012:471), keine unmittelbare Verbindung zwischen den MWB-Kriterien (Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung) und den Bestimmungen von Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung hergestellt.

88      Zweitens ergibt sich aus Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung, wie das Gericht in Rn. 54 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, zwar, dass die Gewährung der MWB voraussetzt, dass auf der Grundlage ordnungsgemäß begründeter Anträge des betroffenen Herstellers und entsprechend den in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung genannten Kriterien und Verfahren nachgewiesen wird, dass „für diesen … Hersteller bei der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware marktwirtschaftliche Bedingungen herrschen“.

89      Anders als das Gericht in den Rn. 55 und 57 des angefochtenen Urteils angenommen hat, kann daraus aber nicht gefolgert werden, dass die fünf Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung allesamt die Fertigung und den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware beträfen und Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung somit, wie das Gericht offenbar in Rn. 60 des angefochtenen Urteils annimmt, verlangen würde, dass bei Maßnahmen, die die finanzielle Lage des Unternehmens ganz allgemein betreffen, die Kommission auch noch prüfen müsste, ob die Maßnahmen tatsächlich eine nennenswerte Verzerrung hervorgerufen haben, die sich auf die Fertigung und den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware auswirkt.

90      Der Aufbau von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung bietet keinen Ansatzpunkt dafür, dass bei der Beurteilung der fünf Kriterien, die in dieser Bestimmung genannt werden, jeweils ausdrücklich auf die Faktoren abzustellen wäre, die sich unmittelbar auf die Fertigung und den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware auswirken. So finden sich, wie der Generalanwalt in Nr. 67 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, unter diesen Kriterien zum Beispiel in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c vierter und fünfter Gedankenstrich der Grundverordnung Kriterien, die den Umstand, dass ein Unternehmen Eigentums- und Insolvenzvorschriften unterliegt, und Währungsumrechnungen, betreffen. Bei diesen Kriterien besteht jedoch begriffsnotwendig kein unmittelbarer Zusammenhang mit der Fertigung und dem Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware, auch wenn – worüber sich im Übrigen alle Parteien der vorliegenden Rechtsmittel einig sind – davon ausgegangen werden kann, dass sich diese Faktoren mittelbar auf die Kosten oder die Preise des betreffenden Herstellers auswirken können.

91      Wie der Generalanwalt im Wesentlichen in Nr. 68 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, gilt Entsprechendes für das Kriterium des Vorliegens einer nennenswerten Verzerrung der finanziellen Lage des betreffenden Herstellers. Dieses Kriterium ist nach seinem Wortlaut und der Systematik von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung dahin zu verstehen, dass es ganz allgemein alle Maßnahmen betrifft, die zu einer nennenswerten Verzerrung der finanziellen Lage dieses Herstellers führen, auch Maßnahmen allgemeiner Art wie Steuervergünstigungen. Dies gilt umso mehr, als bei solchen Maßnahmen die durch den Hersteller widerlegbare Vermutung gilt, dass sie geeignet sind, die Kosten und die Preise des betreffenden Herstellers zu verfälschen.

92      Als Drittes entspricht eine solche Auslegung auch dem Zweck der speziellen Regelung gemäß Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung (siehe oben, Rn. 56 und 58).

93      Ziel dieser Vorschrift ist nämlich, die Berücksichtigung der in einem Land ohne Marktwirtschaft geltenden Preise und Kosten zu verhindern, da diese normalerweise nicht das Ergebnis der auf den Markt einwirkenden Kräfte sind, und zwar, wie der Generalanwalt in Nr. 69 seiner Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, unabhängig davon, ob sich die Maßnahmen, die zu Verzerrungen der für eine Marktwirtschaft typischen Parameter führen, unmittelbar oder mittelbar auf die Preise und Kosten der betreffenden gleichartigen Ware auswirken.

94      Somit ist festzustellen, dass die vom Gericht vorgenommene Auslegung von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung insoweit rechtsfehlerhaft ist, als sie nicht mit dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung vereinbar ist und den Regelungszusammenhang, die Systematik und den Zweck dieser Bestimmung verkennt.

95      Folglich ist dem ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑884/19 P und dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑888/19 P stattzugeben.

 Zu dem Rechtsfehler, der dem Gericht hinsichtlich der Beweislast unterlaufen sein soll

96      Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht GMB geltend, dass dem Gericht bei der Verteilung der Beweislast hinsichtlich des MWB-Kriteriums 3 ein Rechtsfehler unterlaufen sei.

97      Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht in Rn. 60 des angefochtenen Urteils angenommen hat, dass es der Kommission bei Maßnahmen, die die finanzielle Lage des Unternehmens ganz allgemein beträfen, obliege, anhand der im Verwaltungsverfahren unterbreiteten Beweise zu prüfen, ob die Maßnahmen tatsächlich zu einer Verzerrung der finanziellen Lage des Unternehmens im Hinblick auf die Fertigung oder den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware führten.

98      Damit hat das Gericht der Kommission die Beweislast dafür auferlegt, dass sich eine nennenswerte Verzerrung der finanziellen Lage des betreffenden Herstellers auf die Fertigung oder den Verkauf der betreffenden gleichartigen Ware auswirkt.

99      Nach der oben in Rn. 59 dargestellten Rechtsprechung trägt die Beweislast dafür, dass die Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung allesamt erfüllt sind, aber der Hersteller, der die MWB gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Grundverordnung begehrt. Es ist nicht Sache der Kommission, zu beweisen, dass der Hersteller die MWB-Kriterien nicht erfüllt. Vielmehr hat sie zu prüfen, ob der betreffende Hersteller hinreichend dargetan hat, dass die MWB-Kriterien gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung bei ihm erfüllt sind.

100    Folglich hat das Gericht die Beweislast zu Unrecht umgekehrt, so dass auch dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑888/19 P stattzugeben ist.

101    Da somit bei beiden Rechtsmitteln jeweils der erste Rechtsmittelgrund begründet ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass auf die übrigen Rechtsmittelgründe eingegangen zu werden braucht.

 Zur Klage vor dem Gericht

102    Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof den Rechtsstreit im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

103    Im vorliegenden Fall hat Xinyi PV vier Klagegründe geltend gemacht: einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung (erster Klagegrund), einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung (zweiter Klagegrund), einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 8 und 9 der Grundverordnung (dritter Klagegrund) und Verletzungen der Verteidigungsrechte (vierter Klagegrund).

104    Da der erste Klagegrund vor dem Gericht streitig erörtert wurde und seine Prüfung keine weitere prozessleitende Maßnahme oder Beweisaufnahme erfordert, ist die Klage, was diesen Klagegrund angeht, entscheidungsreif, so dass insoweit endgültig über sie zu entscheiden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. September 2020, Kommission und Rat/Carreras Sequeros u. a., C‑119/19 P und C‑126/19 P, EU:C:2020:676, Rn. 130, und vom 16. September 2021, Kommission/Belgien und Magnetrol International, C‑337/19 P, EU:C:2021:741, Rn. 158).

 Zu dem Verstoß gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung

105    Mit dem ersten Klagegrund macht Xinyi PV geltend, dass die Kommission gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung verstoßen habe.

106    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 61 und 62), muss der betreffende Hersteller nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung ausreichendes Beweismaterial dafür vorbringen, dass seine Produktionskosten und seine finanzielle Lage infolge des früheren nicht marktwirtschaftlichen Systems nicht mehr nennenswert verzerrt sind. Es müssen somit zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: Es muss eine nennenswerte Verzerrung der Produktionskosten und der finanziellen Lage des in Rede stehenden Unternehmens vorliegen, und diese Verzerrung muss infolge des früheren nicht marktwirtschaftlichen Systems bestehen.

107    Mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes macht Xinyi PV geltend, dass die streitige Verordnung insoweit rechtswidrig sei, als die Kommission darin angenommen habe, dass es sich bei den Steuervergünstigungen, die sie in Anspruch genommen habe, um Verzerrungen infolge des früheren nicht marktwirtschaftlichen Systems im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung handele.

108    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in dem Schreiben vom 13. September 2013 im Wesentlichen angenommen, dass mit der Einkommensteuerregelung, zu der die in Rede stehenden Steuervergünstigungen gehörten, bestimmte Gesellschaften oder bestimmte Wirtschaftszweige, die von der chinesischen Regierung als strategisch angesehen würden, begünstigt würden. Die Regelung sei deshalb nicht marktwirtschaftlichen Ursprungs, sondern noch weitgehend auf eine staatliche Planung zurückzuführen.

109    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung dahin auszulegen, dass es dem Hersteller obliegt, rechtlich hinreichend darzutun, dass seine Produktionskosten und seine finanzielle Lage nicht infolge eines nicht marktwirtschaftlichen Systems nennenswert verzerrt sind, unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Staatshandelssystem oder um ein System handelt, das sich in einigen Sektoren bereits im Übergang zu einem marktwirtschaftlichen System befindet (Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 85 und 95).

110    Weiter ist festzustellen, dass bei einer Maßnahme, die in der Gewährung von Steuervergünstigungen für ausländische Investitionen in als strategisch angesehenen Wirtschaftssektoren wie dem Hochtechnologiesektor besteht, wegen der Beweislast des Herstellers bereits aufgrund ihrer Zuordnung zu verschiedenen in China umgesetzten Fünfjahresplänen angenommen werden kann, dass sie eine Verzerrung „infolge des früheren nichtmarktwirtschaftlichen Systems“ im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung darstellt. Denn selbst unterstellt, die chinesischen Fünfjahrespläne sähen künftig im Gegensatz zu der Zeit, als die Volksrepublik China noch ein Staatshandelsland war, nicht mehr für alle Wirtschaftssektoren festgelegte Produktionsziele vor, ist gleichwohl allgemein bekannt, dass diese Pläne auch nach den Reformen des chinesischen Wirtschaftssystems bei der Organisation der chinesischen Wirtschaft immer noch eine grundlegende Rolle spielen, da sie für eine Vielzahl von Sektoren genaue Ziele enthalten, die für alle Regierungsebenen bindend sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 94 und 95).

111    Im vorliegenden Fall ist aber unstreitig, dass die in Rede stehenden Steuervergünstigungen verschiedenen in China umgesetzten Plänen zugeordnet werden können und dass dieses Land trotz der Reformen seines Wirtschaftsmodells nach wie vor grundsätzlich als Staat ohne Marktwirtschaft angesehen wird, wie sich aus der Regelung gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c der Grundverordnung ergibt. Deshalb unterscheidet sich der Kontext, in dem die in Rede stehenden Steuervergünstigungen gewährt werden, grundlegend von dem Kontext etwaiger ähnlicher Maßnahmen in Ländern mit Marktwirtschaft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 104).

112    Die Annahme der Kommission, dass die in Rede stehenden Maßnahmen, nämlich Steuervergünstigungen, die gemäß einem Fünfjahresplan gewährt worden seien, wie er für Planwirtschaften kennzeichnend und in der chinesischen Wirtschaftsorganisation von grundlegendender Bedeutung sei, auf das frühere nicht marktwirtschaftliche System zurückgingen, ist daher nicht zu beanstanden.

113    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Argumenten, die Xinyi PV aus einem Vergleich der hier in Rede stehenden Steuervergünstigungen mit der Praxis der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen herleiten will.

114    Was die Mitgliedstaaten der Union angeht, sind solche Steuervergünstigungen nämlich grundsätzlich mit dem Binnenmarkt unvereinbar und daher verboten, wenn sie als „staatliche Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können, d. h., wenn die vier Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2018, Kommission/Xinyi PV Products [Anhui] Holdings, C‑301/16 P, EU:C:2018:132, Rn. 105).

115    Folglich ist der erste Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

116    Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht Xinyi PV geltend, dass die Feststellung der Kommission, dass die Verzerrungen im Hinblick auf ihre Produktionskosten und ihre finanzielle Lage im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung nennenswert seien, jedenfalls unter einem offensichtlichen Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts und einem Rechtsfehler leide.

117    Insoweit ist zum einen festzustellen, dass die Unionsorgane im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik, besonders im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen verfügen. Die gerichtliche Kontrolle einer solchen Beurteilung ist daher auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile vom 16. Februar 2012, Rat und Kommission/Interpipe Niko Tube und Interpipe NTRP, C‑191/09 P und C‑200/09 P, EU:C:2012:78, Rn. 63, und vom 11. September 2014, Gem-Year Industrial und Jinn-Well Auto-Parts [Zhejiang]/Rat, C‑602/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2203, Rn. 48).

118    Zum anderen ist das Kriterium des Vorliegens einer nennenswerten Verzerrung der finanziellen Lage des betreffenden Herstellers, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 79, 91 und 92), nach dem Wortlaut, dem Regelungszusammenhang und dem Zweck von Art. 2 Abs. 7 Buchst. c dritter Gedankenstrich der Grundverordnung dahin zu verstehen, dass es ganz allgemein alle Maßnahmen betrifft, die zu einer nennenswerten Verzerrung der finanziellen Lage des Herstellers führen, auch Maßnahmen allgemeiner Art.

119    Im vorliegenden Fall hat die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass Xinyi PV nicht dargetan habe, dass ihre finanzielle Lage nicht nennenswert verzerrt sei, wie sich aus den Schreiben vom 22. August und vom 13. September 2013 ergibt (siehe oben, Rn. 12, 14 und 15), auf die Feststellung gestützt, dass Xinyi PV zwei Steuervergünstigungen gewährt worden seien. Zum einen könnten Unternehmen mit ausländischem Kapital im Rahmen des Programms „2 Free 3 Halve“ für zwei Jahre eine vollständige Befreiung (0 %) und während der drei folgenden Jahre einen Steuersatz von 12,5 % statt des normalen Steuersatzes in Höhe von 25 % in Anspruch nehmen. Zum anderen unterliege ein Unternehmen nach der Steuerregelung für Hochtechnologieunternehmen einem ermäßigten Steuersatz von 15 % statt des Normalsteuersatzes von 25 %. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Anwendung dieser Steuerregelungen den Gewinn vor Steuern beeinflusse, den das Unternehmen erzielen müsse, um Investoren anzuziehen, und dass sich aus der Kombination der beiden Steuerregelungen die Anwendung eines gegenüber dem Normalsteuersatz erheblich ermäßigten Steuersatz ergebe, mit dem insbesondere das Ziel verfolgt werden könne, Kapital zu ermäßigten Sätzen anzuziehen, und mit dem so die finanzielle und gesamtwirtschaftliche Lage der Gesellschaft beeinflusst werden könne.

120    Wie der Generalanwalt in Nr. 84 seiner Schlussanträge ausgeführt hat und auch die Kommission festgestellt hat, stellt das Kapital einen Input der Gesellschaft dar, so dass Maßnahmen, die sich auf die Kosten des Kapitals auswirken, begriffsnotwendig geeignet sind, die finanzielle Lage der Gesellschaft nennenswert zu verzerren. Dies gilt insbesondere, wenn dem betreffenden Hersteller Steuervergünstigungen gewährt werden.

121    Xinyi PV, die nach der oben in Rn. 59 dargestellten Rechtsprechung die Beweislast trug, hat mit keinem der von ihr vorgebrachten Argumente dargetan, dass ihre finanzielle Lage trotz der Steuervergünstigungen nicht nennenswert verzerrt gewesen wäre.

122    Erstens macht Xinyi PV geltend, dass die in Rede stehenden Steueranreize lediglich 1,34 % ihrer gesamten Herstellungskosten und 1,14 % des Umsatzes, den sie im Untersuchungszeitraum erzielt habe, ausmachten. Xinyi PV bleibt jedoch eine Erklärung dafür schuldig, inwieweit es bei der Frage, wie sich die Steuervergünstigungen auf ihre finanzielle Lage ausgewirkt haben, auf ihre Produktionskosten und ihren Umsatz ankommen sollte.

123    Xinyi PV macht zweitens geltend, dass die beiden in Rede stehenden Steuervergünstigungen nicht dauernd gewährt würden. Nach den Angaben, die Xinyi PV im Untersuchungsverfahren gemacht hat, ist das Programm „2 Free 3 Halve“ auf einen Zeitraum von fünf Jahren beschränkt und wird die Steuerregelung für Hochtechnologieunternehmen zunächst für drei Jahre gewährt, kann auf Antrag des betreffenden Unternehmens aber verlängert werden, wie die Kommission geltend macht. Die Annahme der Kommission, dass zumindest eine der beiden Steuervergünstigungen, nämlich die Steuerregelung für Hochtechnologieunternehmen, quasi auf Dauer gewährt werde, ist daher nicht zu beanstanden. Der Kommission ist insoweit kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.

124    Somit ist festzustellen, dass Xinyi PV nicht dargetan hat, dass die Feststellungen der Kommission unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler litten.

125    Der zweite Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt sind demnach als unbegründet zurückzuweisen.

 Zu den übrigen Klagegründen

126    Im Gegensatz zu dem, was zum ersten Klagegrund festgestellt worden ist, ist der Rechtsstreit, was den zweiten, den dritten und den vierten Klagegrund angeht, nicht zur Entscheidung reif.

127    Das Gericht hat nämlich weder in dem Urteil vom 16. März 2016, Xinyi PV Products (Anhui) Holdings/Kommission (T‑586/14, EU:T:2016:154), noch im angefochtenen Urteil über diese Klagegründe entschieden. Es hat sich in beiden Urteilen darauf beschränkt, die streitige Verordnung auf der Grundlage des ersten bzw. zweiten Teils des ersten Klagegrundes für nichtig zu erklären. Es hat es nicht für erforderlich erachtet, über die übrigen Klagegründe zu entscheiden. Wie aus den Akten des Verfahrens vor dem Gericht hervorgeht, sind diese Klagegründe in den erstinstanzlichen Verfahren, in denen die genannten Urteile ergangen sind, aber offenbar weder untersucht noch eingehend erörtert worden. Hinzu kommt, dass bei diesen Klagegründen komplexe Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen sind und der Gerichtshof nicht über alle tatsächlichen Elemente verfügt, die hierfür erforderlich sind.

128    Die Rechtssache ist deshalb zur Entscheidung über den zweiten, dritten und vierten Klagegrund an das Gericht zurückzuverweisen.

 Kosten

129    Da die Rechtssache an das Gericht zurückverwiesen wird, ist die Entscheidung über die Kosten vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 24. September 2019, Xinyi PV Products (Anhui) Holdings/Kommission (T586/14 RENV, EU:T:2019:668), wird aufgehoben.

2.      Die Rechtssache wird zur Entscheidung über den zweiten, dritten und vierten Klagegrund an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3.      Die Entscheidung über die Kosten bleibt vorbehalten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.