Language of document : ECLI:EU:T:2012:143

Rechtssache T‑174/11

Modelo Continente Hipermercados, SA, Zweigniederlassung in Spanien

gegen

Europäische Kommission

„Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Beihilferegelung, die eine steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts oder Firmenwerts bei Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen ermöglicht – Entscheidung, die die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und nicht die Rückforderung der Beihilfen anordnet – Keine individuelle Betroffenheit – Unzulässigkeit“

Beschluss des Gerichts (Achte Kammer) vom 21. März 2012 ?II ‑ 0000

Leitsätze des Beschlusses

1.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Entscheidung der Kommission, mit der eine sektorielle Beihilferegelung verboten wird – Klage eines Unternehmens, das eine nach dieser Regelung gewährte individuelle Beihilfe erhalten hat, ohne von der Rückforderungsverpflichtung betroffen zu sein – Unzulässigkeit

(Art. 263 Abs. 4 AEUV)

2.      Unionsrecht – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen, die das Gericht als unzulässig abgewiesen hat – Möglichkeit, vor den nationalen Gerichten die Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens anzuregen

1.      Ein Unternehmen kann eine Entscheidung der Kommission, mit der eine sektorielle Beihilferegelung verboten wird, grundsätzlich nicht mit einer Nichtigkeitsklage anfechten, wenn es von ihr nur wegen seiner Zugehörigkeit zum fraglichen Sektor und seiner Eigenschaft als durch diese Regelung potenziell Begünstigter betroffen ist. Eine solche Entscheidung ist nämlich für dieses Unternehmen eine generelle Rechtsnorm, die für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt. Wenn jedoch das klagende Unternehmen nicht nur als Unternehmen des fraglichen Sektors und damit als durch die Beihilferegelung potenziell Begünstigter, sondern auch in seiner Eigenschaft als tatsächlich Begünstigter einer nach dieser Regelung gewährten individuellen Beihilfe, deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat, betroffen ist, ist es von dieser Entscheidung individuell betroffen und seine gegen diese gerichtete Klage zulässig. Aus dieser Formulierung, die die Rückforderungsverpflichtung auf die gleiche Ebene wie die Eigenschaft des Klägers als tatsächlich Begünstigter stellt, kann nicht abgeleitet werden, dass das Erfordernis einer solchen Verpflichtung von untergeordneter Bedeutung oder sogar überflüssig wäre.

Da das klagende Unternehmen keine Rückzahlungspflicht hatte, kann es folglich nicht als von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen angesehen werden.

(vgl. Randnrn. 22‑23, 27, 31)

2.      Die Union ist eine Rechtsunion, in der die Handlungen ihrer Organe der Kontrolle daraufhin unterliegen, ob sie mit dem Vertrag und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, zu denen auch die Grundrechte gehören, vereinbar sind. Die Einzelnen müssen daher einen wirksamen gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch nehmen können, die sie aus der Unionsordnung herleiten.

Wenn eine Nichtigkeitsklage eines Unternehmens gegen eine Entscheidung der Kommission, die eine Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und nicht die Rückforderung der Beihilfen anordnet, vom Gericht für unzulässig erklärt wird, ist dieses Unternehmen nicht daran gehindert, im Rahmen etwaiger Rechtsstreitigkeiten vor den nationalen Gerichten die Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV anzuregen, um die Gültigkeit der Entscheidung der Kommission überprüfen zu lassen, soweit diese die Unvereinbarkeit der streitigen Regelung feststellt. In einem solchen Fall ist dem Unternehmen ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz keineswegs abgeschnitten.

(vgl. Randnr. 32)