Language of document : ECLI:EU:T:2013:41

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

29. Januar 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke nfon – Ältere Gemeinschaftsbildmarke fon und ältere nationale Wortmarke FON – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Ähnlichkeit der Zeichen – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Abänderungsantrag“

In der Rechtssache T‑283/11

Fon Wireless Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigter: zunächst Rechtsanwalt F. Brandolini Kujman, dann Rechtsanwältin L. Montoya Terán,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

nfon AG mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Schweyer,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 18. März 2011 (Sache R 1017/2009‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Fon Wireless Ltd und der nfon AG

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude (Berichterstatter),

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 23. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 15. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 2. Februar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts an die Verfahrensbeteiligten,

auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2012

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 17. August 2007 meldete die Streithelferin, die nfon AG, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen nfon.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 38 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 9: „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Telefone; Telefonanlagen; Telefonnetzwerke“;

–        Klasse 38: „Telekommunikation“.

4        Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 2/2008 vom 14. Januar 2008 veröffentlicht.

5        Am 14. April 2008 erhob die Klägerin, die Fon Wireless Ltd, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle oben in Randnr. 3 genannten Waren und Dienstleistungen.

6        Der Widerspruch wurde auf folgende ältere Marken gestützt:

–        die am 15. November 2005 angemeldete und am 1. Juni 2007 unter der Nr. 4719738 eingetragene Gemeinschaftsbildmarke für „Software für ein Drahtlosnetzgerät zum Anschluss an ein großes Netzwerk, um es für andere angeschlossene Teilnehmer und Drittabonnenten erreichbar zu machen“ der Klasse 9 und für Dienstleistungen der „Sprachtelekommunikationstechnik über das Internet“ der Klasse 38, die im Folgenden wiedergegeben wird:

Image not found

–        die am 15. Mai 2006 angemeldete und am 18. Mai 2007 im Vereinigten Königreich unter der Nr. 2421827 eingetragene nationale Wortmarke FON für „Kommunikationssoftware; drahtlose Kommunikationssysteme und ‑geräte, Übertragungsgeräte für Kommunikation über das Internet, online oder über ein Computernetzwerk“ der Klasse 9, für „Kommunikationsdienstleistungen“ der Klasse 38 und für „Design und Entwicklung von Kommunikationssoftware und ‑geräten“ der Klasse 42.

7        Der Widerspruch wurde mit dem Bestehen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) begründet.

8        Am 15. Juli 2009 gab die Widerspruchsabteilung des HABM dem Widerspruch mit der Begründung statt, dass für die oben in Randnr. 3 genannten Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr zwischen der älteren Gemeinschaftsbildmarke und der angemeldeten Marke bestehe.

9        Am 31. August 2009 legte die Streithelferin beim HABM gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 18. März 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Vierte Beschwerdekammer des HABM der Beschwerde der Streithelferin statt, hob die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf und wies den Widerspruch insgesamt zurück.

11      Zunächst führte die Beschwerdekammer aus, das relevante Publikum, aus dessen Sicht das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zu beurteilen sei, setze sich aus Endverbrauchern im Allgemeinen sowie aus Fachleuten im Bereich der Telekommunikationsindustrie in der gesamten Europäischen Union zusammen. Da der Preis der betreffenden Waren und Dienstleistungen höher sei als jener von Alltagsprodukten, sei der Aufmerksamkeitsgrad des Publikums überdurchschnittlich.

12      Sodann seien die Waren und Dienstleistungen, die von den älteren Marken und von der angemeldeten Marke erfasst seien, hochgradig komplementär und daher hinsichtlich der Waren der Klasse 9 hochgradig ähnlich und hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 38 identisch.

13      Bei einem Vergleich der Zeichen sei festzustellen, dass diese in visueller und klanglicher Hinsicht nur geringfügig ähnlich seien. In begrifflicher Hinsicht werde der Begriff „fon“ vom relevanten Publikum als Hinweis auf „Telefon“ und daher als die betreffenden Waren und Dienstleistungen beschreibend verstanden. Dagegen habe der Begriff „nfon“ in den Sprachen der Mitgliedstaaten keine Bedeutung, so dass ein begrifflicher Vergleich zwischen den Marken unbeachtlich sei. Selbst wenn das relevante Publikum den Begriff „fon“ in dem Zeichen nfon isolieren sollte, könnte jedenfalls diesem Begriff, weil er in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen beschreibend sei, kein Gewicht beigemessen werden. Unter diesen Voraussetzungen habe eine mögliche begriffliche Übereinstimmung bei einem Vergleich der Zeichen keine rechtliche Relevanz.

14      Schließlich sei im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der Verwechslungsgefahr festzustellen, dass die Identität oder die starke Ähnlichkeit der betreffenden Waren und Dienstleistungen durch die schwache visuelle und klangliche Ähnlichkeit der Zeichen und die schwache Kennzeichnungskraft der älteren Marken ausgeglichen werde. Die Übereinstimmung bezüglich des Begriffs „fon“ könne in visueller und klanglicher Hinsicht nicht als entscheidend erachtet werden, da es sich dabei wegen des beschreibenden Charakters nicht um einen Bestandteil handle, an den sich das Publikum erinnern werde. Der Umstand allein, dass der Wortbestandteil „fon“ im Vereinigten Königreich als Marke habe eingetragen werden können, ändere nichts daran, dass diese Marke hinsichtlich der betreffenden Waren und Dienstleistungen weitgehend beschreibend oder zumindest hochgradig anspielend sei und daher eine schwache Kennzeichnungskraft habe. Auf dieser Grundlage sei der Schluss zu ziehen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

15      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die angemeldete Marke von der Eintragung auszuschließen;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

16      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

1.     Zum Aufhebungsantrag

17      Die Klägerin führt zwei Klagegründe an. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009. Mit dem zweiten macht sie geltend, dass es aufgrund von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht möglich sei, die angemeldete Marke einzutragen.

 Zur Zulässigkeit des zweiten Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, dass es aufgrund von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht möglich sei, die angemeldete Marke einzutragen

18      Die Klägerin macht im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes geltend, dass die Eintragung der angemeldeten Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 auf eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der älteren Marken abziele oder deren Beeinträchtigung bewirken könne.

19      Wie das HABM und die Streithelferin zu Recht vorgebracht haben, hat die Klägerin ihren Widerspruch vor dem HABM ausschließlich auf das Bestehen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt und weder in ihrer Widerspruchsschrift noch vor der Beschwerdekammer einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung gerügt.

20      Wie sich jedoch aus Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und aus Art. 135 § 4 der Verfahrensordnung ergibt, ist die Klägerin nicht befugt, vor dem Gericht die Vorgaben des Rechtsstreits zu ändern, wie sie sich aus den vor dem HABM vorgetragenen Anträgen und Darlegungen der Parteien ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, Slg. 2007, I‑3569, Randnrn. 43 bis 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Der zweite Klagegrund ist daher für unzulässig zu erklären.

 Zu den erstmals vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen

22      Das HABM und die Streithelferin halten bestimmte von der Klägerin erstmals vor dem Gericht vorgelegte Beweismittel für unzulässig. Dabei handelt es sich um die Anlagen 11 bis 17 zur Klageschrift, mit denen die Bekanntheit der älteren Marken nachgewiesen werden soll und die tatsächlich nicht zu den Akten vor dem HABM gegeben wurden.

23      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Klage beim Gericht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet ist, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Beweismittel den Sachverhalt zu überprüfen. Somit sind die genannten Dokumente zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, Slg. 2005, II‑4891, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

24      Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, da zwischen den älteren Marken und der angemeldeten Marke eine Verwechslungsgefahr bestehe. Hierzu bringt sie vor, dass zwischen der angemeldeten Gemeinschaftsmarke und den älteren Marken in visueller Hinsicht ein hoher Grad an Ähnlichkeit bestehe und dass die Marken identische oder hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen erfassten. Ferner seien die älteren Marken bekannt. Daher sei ihre Unterscheidungskraft groß, was die Verwechslungsgefahr erhöhe.

25      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

26      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Ferner gehören zu den älteren Marken nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

27      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist die Verwechslungsgefahr umfassend, entsprechend der Wahrnehmung der Zeichen und der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM − Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich Identität oder Ähnlichkeit zwischen den mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg. 2009, II‑43, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Wenn sich der Schutz der älteren Marke auf die gesamte Union erstreckt, ist die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch den Verbraucher der fraglichen Waren in diesem Gebiet zu berücksichtigen. Eine Gemeinschaftsmarke ist jedoch bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nur in einem Teil der Union vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.

31      Vorab ist festzuhalten, dass die Verfahrensbeteiligten der von der Beschwerdekammer in den Randnrn. 16 und 17 der angefochtenen Entscheidung aufgestellten Definition der maßgeblichen Verkehrskreise, nach der diese Kreise sich aus Fachleuten im Bereich der Telekommunikationsindustrie sowie aus Endverbrauchern im Allgemeinen in der gesamten Union zusammensetzten, die einen überdurchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad hätten, in ihren Schriftsätzen nicht entgegengetreten sind. Da diese Definition keinen Fehler enthält, ist sie bei der Prüfung des vorliegenden Klagegrundes zu berücksichtigen.

 Zum Vergleich der Waren und Dienstleistungen

32      Die Streithelferin rügt die von der Klägerin und dem HABM geteilte Beurteilung der Beschwerdekammer, wonach die von den älteren Marken und die von der angemeldeten Marke erfassten Waren und Dienstleistungen hochgradig komplementär und daher hinsichtlich der Waren der Klasse 9 hochgradig ähnlich und hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 38 identisch sind. Die Streithelferin ist der Ansicht, die Ähnlichkeit sei bei den Waren der Klasse 9 eher unterdurchschnittlich, und bei den Dienstleistungen der Klasse 38 bestehe keine Identität, sondern vielmehr eine Ähnlichkeit.

33      Soweit das Vorbringen der Streithelferin als selbständiges Verteidigungsmittel gemäß Art. 134 § 2 Abs. 2 der Verfahrensordnung anzusehen sein sollte, ist festzustellen, dass das Verteidigungsmittel mit den eigenen Anträgen der Streithelferin unvereinbar ist und daher zurückzuweisen ist, weil sie nicht die Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach Art. 134 § 3 der Verfahrensordnung beantragt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2008, Aventis Pharma/HABM – Nycomed [PRAZOL], T‑95/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Jedenfalls sind die Einwände der Streithelferin in Bezug auf den von der Beschwerdekammer vorgenommenen Vergleich der Waren und Dienstleistungen unbegründet.

35      Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind nach ständiger Rechtsprechung alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. Es können auch andere Faktoren wie die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM – Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg. 2007, II‑2579, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      In Bezug auf die Waren der Klasse 9 hat die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten, dass die von den älteren Marken erfassten Waren, die Kommunikationssoftware umfassen, und die von der angemeldeten Marke erfassten Kommunikationsgeräte und ‑vorrichtungen hochgradig ähnlich sind. Zwar unterscheiden sich diese Waren ihrer Art nach, da es sich bei den einen um Software und bei den anderen um Hardware handelt, jedoch sind sie komplementär und dienen dem Zweck, Kommunikation zu ermöglichen. Die Tatsache, dass die ältere Gemeinschaftsmarke ausschließlich für Software für ein Drahtlosnetzgerät eingetragen wurde, ändert nichts an dieser Feststellung. Darüber hinaus werden die Waren im Allgemeinen über dieselben Vertriebswege verkauft. Diese Gesichtspunkte reichen aus, um die hochgradige Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren zu belegen.

37      In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 38 hat die Beschwerdekammer ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Dienstleistungen „Telekommunikation“ der angemeldeten Marke die von den älteren Marken erfassten Dienstleistungen „Sprachtelekommunikationstechnik über das Internet“ und „Kommunikationsdienstleistungen“ beinhalten.

38      Insoweit kann sich die Streithelferin nicht darauf berufen, dass ihre Anmeldung sich in Wirklichkeit auf Telefone und Telefonanlagen und nicht auf Dienstleistungen der „Telekommunikation“ im Allgemeinen beziehe. Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich das HABM im Widerspruchsverfahren nur das Verzeichnis der angemeldeten Waren in der Fassung berücksichtigen, wie es sich aus dem Anmeldungsantrag für die betreffende Marke – vorbehaltlich eventueller Änderungen dieses Antrags – ergibt (vgl. Urteil des Gerichts vom 22. März 2007, Saint-Gobain Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, Slg. 2007, II‑757, Randnr. 89). Im vorliegenden Fall hat die Streithelferin das Warenverzeichnis ihrer Gemeinschaftsmarkenanmeldung aber nicht geändert.

39      Nach alledem hat die Beschwerdekammer in den Randnrn. 18 und 19 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass bei den Waren der Klasse 9 hochgradige Ähnlichkeit und bei den Dienstleistungen der Klasse 38 Identität besteht.

 Zum Zeichenvergleich

40      Es ist daran zu erinnern, dass bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken nach Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen wird. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Allgemein gesagt sind zwei Marken ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte mindestens teilweise übereinstimmen (Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg. 2002, II‑4335, Randnr. 30).

42      Die Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht ist auf der Grundlage dieser Grundsätze zu prüfen.

–       Zur bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit

43      Die Beschwerdekammer hat in den Randnrn. 23 und 24 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass die in Rede stehenden Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht eine geringe Ähnlichkeit aufwiesen. Die Beschwerdekammer hat dazu ausgeführt, dass die Zeichen zwar den gemeinsamen Wortbestandteil „fon“ enthielten, aber sich durch den Anfangsbuchstaben „n“ der angemeldeten Marke voneinander unterschieden. Bei kurzen Zeichen würden jedoch alle Buchstaben von den maßgeblichen Verkehrskreisen wahrgenommen, besonders jene am Zeichenanfang. Außerdem werde der Buchstabe „n“ im Zeichen nfon, wenn er ausgesprochen werde, zu einer selbständigen Silbe („en“) oder sogar zu zwei Silben („e-ne“). Im Übrigen verstärkten die grafischen Elemente der älteren Gemeinschaftsbildmarke die Unterschiede zwischen den Zeichen.

44      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die angemeldete Marke und die älteren Marken sowohl in visueller als auch in klanglicher Hinsicht sehr ähnlich seien, da dem Buchstaben „n“ beim Vergleich keine Bedeutung zukomme. Zudem sei die von der Streithelferin im Rahmen der Benutzung der angemeldeten Marke gewählte Form mit der grafischen Darstellung der älteren Gemeinschaftsbildmarke identisch.

45      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

46      Zunächst ist in Übereinstimmung mit dem HABM festzustellen, dass das Argument der Klägerin in Bezug auf die besondere Benutzung der angemeldeten Marke durch die Streithelferin nicht relevant ist, da bei der Prüfung auf die Marke abzustellen ist, wie sie eingetragen ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der angemeldeten Marke aber um eine Wortmarke. Der Schutz, der sich aus der Eintragung einer Wortmarke ergibt, erstreckt sich auf das in der Anmeldung angegebene Wort und nicht auf die besonderen bildlichen oder gestalterischen Aspekte, die diese Marke möglicherweise annehmen kann. Bei der Prüfung der Ähnlichkeit ist daher die grafische Darstellung, die die angemeldete Marke in der Zukunft annehmen kann, nicht zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. März 2012, EyeSense/HABM – Osypka Medical [ISENSE], T‑207/11, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Sodann ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer, wie von der Klägerin vorgetragen worden ist, zu Unrecht eine geringe Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht festgestellt hat.

48      Erstens ist der Wortbestandteil „fon“ der älteren Marken vollständig in der angemeldeten Marke wiedergegeben und erzeugt somit eine starke bildliche und klangliche Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen.

49      Zweitens kann diese Ähnlichkeit entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer nicht durch den Buchstaben „n“ am Anfang der angemeldeten Marke ausgeglichen werden. In bildlicher Hinsicht wird der als Kleinbuchstabe wiedergegebene Buchstabe „n“ nur als ein dem gemeinsamen Wortbestandteil „fon“ hinzugefügter untergeordneter Bestandteil aufgefasst werden. In klanglicher Hinsicht erzeugt die Aussprache der Silbe „fon“ im Zeichen nfon einen starken Laut, so dass die Betonung und die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auf diesem Bestandteil des Zeichens liegen werden.

50      Drittens ist, was die grafischen Elemente der älteren Gemeinschaftsbildmarke (orange Farbe und Gestaltung der Buchstaben) angeht, darauf hinzuweisen, dass einer Prüfung, ob zwischen einer Wortmarke und einer Bildmarke bildliche Ähnlichkeit besteht, nichts entgegensteht, da diese beiden Markenarten Gegenstand einer grafischen Gestaltung sind, die einen optischen Eindruck vermitteln kann (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2002, Vedial/HABM − France Distribution [HUBERT], T‑110/01, Slg. 2002, II‑5275, Randnr. 51).

51      Im vorliegenden Fall ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass die grafischen Elemente der älteren Gemeinschaftsbildmarke nur eine untergeordnete Bedeutung haben, da es sich um keine besonders originelle oder phantasievolle Darstellung handelt, die die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise anziehen könnte. Unter diesen Umständen sind diese Elemente beim bildlichen Vergleich der fraglichen Marken nicht entscheidend.

52      Nach alledem ist entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer festzustellen, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken eine hochgradige bildliche und klangliche Ähnlichkeit besteht.

–       Zur begrifflichen Ähnlichkeit

53      Die Beschwerdekammer hat in den Randnrn. 25 und 27 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass ein Vergleich der Marken in begrifflicher Hinsicht nicht relevant sei. Während nämlich der Begriff „fon“ auf „Telefon“ hinweise, habe der Begriff „nfon“ in den Sprachen der Mitgliedstaaten keine Bedeutung. Selbst wenn das relevante Publikum den Begriff „fon“ in dem Zeichen nfon isolieren sollte, könnte jedenfalls diesem Begriff, weil er in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen beschreibend sei, kein Gewicht beigemessen werden. Unter diesen Voraussetzungen habe eine mögliche begriffliche Übereinstimmung bei einem Vergleich der Zeichen keine rechtliche Relevanz.

54      Die Klägerin tritt dieser Beurteilung entgegen und macht geltend, dass der Begriff „fon“ in den meisten Ländern der Union keine Bedeutung habe.

55      Wie das HABM, ohne dass dem von der Klägerin widersprochen worden wäre, zu Recht vorgebracht hat, existiert das Wort „Telefon“ als solches oder in leicht abgewandelter Schreibweise in allen Sprachen der Union mit Ausnahme des Finnischen. Allerdings werden die maßgeblichen Verkehrskreise in Finnland mit dem in anderen Sprachen, insbesondere im Schwedischen und Englischen, verwendeten Wort für „Telefon“ vertraut sein.

56      Die Klägerin bestreitet auch nicht, dass die Benutzung der Kurzform „phone“ für „Telefon“ im Englischen gebräuchlich geworden ist und seither zum Grundwortschatz gehört, der auch im Ausland verstanden wird.

57      Unter diesen Umständen konnte die Beschwerdekammer zu Recht feststellen, dass der Begriff „fon“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen in sämtlichen Ländern der Union als eine Kurzform des Wortes „Telefon“ aufgefasst werden kann.

58      Jedoch hat die Beschwerdekammer zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass der Begriff „nfon“ keinerlei Bedeutung in den Sprachen der Mitgliedstaaten habe.

59      Auch wenn der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. Urteil HABM/Shaker, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung), ändert dies nichts daran, dass er ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegen wird, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (vgl. Urteile des Gerichts vom 6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, Slg. 2004, II‑3445, Randnr. 51, und vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 57).

60      Im vorliegenden Fall werden daher die maßgeblichen Verkehrskreise die Silbe „fon“ im Zeichen nfon isolieren und auch diesen Begriff im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als Hinweis auf die Wörter „phone“ oder „Telefon“ auffassen.

61      Folglich ist entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer festzustellen, dass ein gewisser Grad an begrifflicher Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen besteht.

62      Nach alledem hat die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht geringfügig ähnlich seien und dass der begriffliche Vergleich nicht relevant sei. Vielmehr ist festzustellen, dass eine hochgradige bildliche und klangliche Ähnlichkeit und ein gewisser Grad an begrifflicher Ähnlichkeit vorliegen.

63      Somit ist zu prüfen, ob die soeben festgestellten Fehler Auswirkungen auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr und damit auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung hatten.

 Zur Verwechslungsgefahr

64      Im Rahmen ihrer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass die Identität oder Ähnlichkeit der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen durch die geringfügige bildliche und klangliche Ähnlichkeit und die geringe Unterscheidungskraft der älteren Marken ausgeglichen werde. Das Vorhandensein des gemeinsamen Bestandteils „fon“ könne nicht als entscheidend angesehen werden, da es sich aufgrund seines beschreibenden Charakters und seiner geringen Unterscheidungskraft nicht um einen Bestandteil handele, an den sich das Publikum erinnern werde. Der Umstand allein, dass der Wortbestandteil „fon“ als Marke im Vereinigten Königreich habe eingetragen werden können, ändere nichts daran, dass diese Marke hinsichtlich der fraglichen Waren und Dienstleistungen weitgehend beschreibend oder zumindest hochgradig anspielend sei und daher eine schwache Kennzeichnungskraft habe. Auf dieser Grundlage ist die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr vorliege.

65      Die Klägerin tritt dieser Beurteilung entgegen. Das Wort „fon“ genieße eine Unterscheidungskraft, die als vollwertig, eigenständig und einzigartig einzustufen sei. Die Klägerin weist insoweit darauf hin, dass das United Kingdom Intellectual Property Office (Amt für geistiges Eigentum des Vereinigten Königreichs) in einer Entscheidung vom 2. März 2011 die Gültigkeit der Eintragung der älteren nationalen Wortmarke FON mit der Begründung bestätigt habe, dass es sich bei dem Begriff „fon“ weder um einen beschreibenden Begriff noch um einen Gattungsbegriff für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen handele. Diese Gültigkeit wie auch die der älteren Gemeinschaftsbildmarke könnten aber durch die Beschwerdekammer nicht in Frage gestellt werden. Darüber hinaus hätten die älteren Marken aufgrund ihrer Benutzung und des Vorhandenseins einer Markenfamilie mit dem Wortbestandteil „fon“, deren Inhaberin die Klägerin sei, eine gewisse Bekanntheit erlangt. Unter diesen Umständen sei die Unterscheidungskraft der Marken groß, und es bestehe eine gesteigerte Verwechslungsgefahr. Zur Stützung dieses Vorbringens verweist die Klägerin auf bestimmte von ihr vor der Beschwerdekammer vorgelegte Unterlagen. Sie legt darüber hinaus vor dem Gericht weitere Beweismittel vor, die in diesem Stadium nicht berücksichtigt werden können (vgl. Randnrn. 22 und 23 des vorliegenden Urteils).

66      Das HABM und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Was insbesondere das Argument der aufgrund ihrer Bekanntheit erhöhten Kennzeichnungskraft der älteren Marken betrifft, machen sie geltend, dass dieses Argument vor der Beschwerdekammer nicht vorgebracht worden sei, die daher zu diesen Gesichtspunkten nicht habe Stellung nehmen müssen.

67      Es ist daran zu erinnern, dass das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen ist (vgl. Urteil GIORGIO BEVERLY HILLS, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil VENADO mit Rahmen u. a., Randnr. 74).

68      Im vorliegenden Fall ist, wie oben in Randnr. 39 ausgeführt worden ist, die Feststellung der Beschwerdekammer zu bestätigen, dass die Waren und Dienstleistungen der älteren Marken und die der angemeldeten Marke hochgradig ähnlich sind, was die Waren der Klasse 9 betrifft, und identisch sind, was die Dienstleistungen der Klasse 38 betrifft.

69      Diese Feststellung impliziert gemäß der oben in Randnr. 67 angeführten Rechtsprechung, dass der Unterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Marken erheblich sein muss, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Wie jedoch aus Randnr. 62 des vorliegenden Urteils hervorgeht, besteht ein erhöhter Grad an visueller und klanglicher Ähnlichkeit und ein gewisser Grad an begrifflicher Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Marken.

70      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr vorliegt.

71      Diese Schlussfolgerung kann nicht durch die von der Beschwerdekammer getroffenen Feststellungen in Frage gestellt werden, wonach zum einen die älteren Marken eine schwache Kennzeichnungskraft hätten und zum anderen der gemeinsame Wortbestandteil „fon“, der auf „Telefon“ hinweise, aufgrund seines beschreibenden Charakters und seiner geringen Unterscheidungskraft von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht in signifikanter Weise berücksichtigt werden könne.

72      Erstens ist, was die älteren Marken betrifft, darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidungskraft der älteren Marke bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwar zu berücksichtigen ist (vgl. entsprechend Urteil Canon, Randnr. 24), aber nur einen Gesichtspunkt unter anderen bei dieser Beurteilung darstellt. Auch im Fall einer älteren Marke mit nur geringer Unterscheidungskraft kann deshalb insbesondere wegen der Ähnlichkeit der Zeichen und der betroffenen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg. 2007, II‑5213, Randnr. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Im vorliegenden Fall verweist die Klägerin auf die Bekanntheit der älteren Marken und stellt in Abrede, dass sie eine geringe Unterscheidungskraft hätten. Jedoch hätte die Beschwerdekammer, selbst wenn zu bestätigen wäre, dass die älteren Marken nur eine geringe Kennzeichnungskraft besitzen, im vorliegenden Fall feststellen müssen, dass eine Verwechslungsgefahr besteht. Wie sich aus den Randnrn. 39 und 62 des vorliegenden Urteils ergibt, besteht nämlich ein erhöhter Grad an bildlicher und klanglicher Ähnlichkeit sowie ein gewisser Grad an begrifflicher Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken. Darüber hinaus sind die Waren und Dienstleistungen der älteren Marken und die der angemeldeten Marke hochgradig ähnlich oder sogar identisch.

74      Unter diesen Umständen durfte sich die Beschwerdekammer nicht auf die geringe Unterscheidungskraft der älteren Marken stützen, um eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall auszuschließen.

75      Zweitens ist festzustellen, dass die geringe Unterscheidungskraft eines Bestandteils einer Marke nicht notwendigerweise bedeutet, dass dieser Bestandteil von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht berücksichtigt würde. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher Bestandteil insbesondere aufgrund seiner Stellung innerhalb des Zeichens oder seiner Größe in der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise eine selbständige Stellung in dem von der betreffenden Marke hervorgerufenen Gesamteindruck einnimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil PAGESJAUNES.COM, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Wie aus Randnr. 57 des vorliegenden Urteils hervorgeht – und entgegen der Auffassung der Klägerin –, hat die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall zu Recht angenommen, dass der gemeinsame Wortbestandteil „fon“ geeignet ist, von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf das Wort „Telefon“ aufgefasst zu werden. Daher ist die Feststellung der Beschwerdekammer zu bestätigen, dass der Begriff „fon“ zumindest eine starke Anspielung in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beinhaltet und damit eine geringe Unterscheidungskraft hat.

77      Wie jedoch bereits in den Randnrn. 47 bis 52 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, bestimmt der gemeinsame Wortbestandteil „fon“ in starkem Maße den von den einander gegenüberstehenden Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck, ohne dass der Buchstabe „n“ am Anfang des Zeichens nfon oder die grafischen Elemente der älteren Gemeinschaftsbildmarke die Ähnlichkeit zwischen den Zeichen ausgleichen könnten.

78      Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass die Übereinstimmung, die sich aus dem Vorhandensein des gemeinsamen Bestandteils „fon“ in den fraglichen Zeichen ergibt, keinen Gesichtspunkt darstelle, der es verdiente, Berücksichtigung zu finden.

79      Daher ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer einen Fehler begangen hat, indem sie das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ausgeschlossen hat, ohne dass die zusätzlichen Argumente der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes geprüft zu werden brauchten, mit denen sie zum einen eine erhöhte Unterscheidungskraft der älteren Marken aufgrund ihrer Bekanntheit geltend macht und zum anderen rügt, dass die Beschwerdekammer die Gültigkeit der ordnungsgemäß eingetragenen älteren Marken in Frage gestellt habe.

2.     Zum Antrag auf Ablehnung der Eintragung der angemeldeten Marke

80      Mit ihrem zweiten Antrag beantragt die Klägerin, die angemeldete Marke von der Eintragung auszuschließen. Damit ersucht die Klägerin das Gericht im Wesentlichen darum, seine Abänderungsbefugnis auszuüben und die Entscheidung zu erlassen, die ihrer Auffassung nach das HABM hätte erlassen müssen.

81      Es ist darauf hinzuweisen, dass die dem Gericht gemäß Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 zustehende Abänderungsbefugnis nicht bewirkt, dass es dazu ermächtigt wäre, eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer noch nicht Stellung genommen hat. Die Ausübung der Abänderungsbefugnis ist folglich grundsätzlich auf die Fälle zu beschränken, in denen das Gericht nach einer Überprüfung der von der Beschwerdekammer vorgenommenen Beurteilung auf der Grundlage der erwiesenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu bestimmen vermag, welche Entscheidung die Beschwerdekammer hätte erlassen müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, Slg. 2011, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 72).

82      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr Stellung genommen, so dass das Gericht über die Befugnis verfügt, diese Entscheidung in diesem Punkt abzuändern (vgl. in diesem Sinne Urteil Edwin/HABM, Randnr. 72). Wie sich jedoch aus Randnr. 79 des vorliegenden Urteils ergibt, hätte die Beschwerdekammer feststellen müssen, dass aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr vorliegt.

83      Unter diesen Umständen ist in Abänderung der angefochtenen Entscheidung die von der Streithelferin bei der Beschwerdekammer eingelegte Beschwerde zurückzuweisen. Damit wird entsprechend dem Antrag der Klägerin die Entscheidung der Widerspruchsabteilung wirksam, mit der die Eintragung der angemeldeten Marke abgelehnt wurde.

 Kosten

84      Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

85      Da das HABM unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin deren Kosten aufzuerlegen.

86      Da die Streithelferin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, trägt sie ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 18. März 2011 (Sache R 1017/2009‑4) wird dahin abgeändert, dass die von der nfon AG bei der Beschwerdekammer eingelegte Beschwerde zurückgewiesen wird.

2.      Das HABM trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Fon Wireless Ltd.

3.      Die nfon AG trägt ihre eigenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

Van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. Januar 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.