Language of document : ECLI:EU:T:2009:238

Rechtssache T-419/07

Okalux GmbH

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Verfahren der Erklärung des Verfalls – Gemeinschaftswortmarke OKATECH – Teilweiser Widerruf – Beschwerdefrist – Art. 57 und 77a der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 und 80 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009) – Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit – Anspruch auf rechtliches Gehör“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Löschung oder Widerruf

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 77a)

2.      Verfahren – Fristen – Präklusion – Möglichkeit, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen – Voraussetzung

1.      Ein teilweiser Widerruf ist in Art. 77a der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, ist durch dessen Wortlaut aber auch nicht ausgeschlossen. Außerdem bestimmt Regel 53a der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vor dem Widerruf „die betroffene Partei von dem beabsichtigten Widerruf bzw. der beabsichtigten Löschung [unterrichtet]“. Die betroffene Partei kann „zu dem beabsichtigten Widerruf bzw. der beabsichtigten Löschung“ Stellung nehmen. Stimmt die betroffene Partei dem beabsichtigten Widerruf bzw. der beabsichtigten Löschung nicht zu, so „entscheidet das [Harmonisierungsamt]“. Das anwendbare Verfahren erlaubt es demnach, den Widerruf gegebenenfalls auf einen Teil der Entscheidung zu beschränken, sofern der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens gewahrt bleibt.

Die Auslegung, nach der ein teilweiser Widerruf möglich ist, entspricht dem Geist der Verordnungen Nrn. 40/94 und 2868/95, die u. a. in Art. 60a der Verordnung Nr. 40/94 bezüglich der Abhilfe, in Regel 53 der Verordnung Nr. 2868/95 in Bezug auf die Berichtigung von Fehlern und in Regel 53a der Verordnung Nr. 2868/95 bezüglich des Widerrufs die Möglichkeit vorsehen, Entscheidungen des Harmonisierungsamts zu korrigieren, bevor die Beschwerdeinstanz über die Streitigkeit entschieden hat.

(vgl. Randnrn. 37, 39)

2.      Um sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen zu können, um der Präklusion wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu entgehen, muss der Beschwerdeführer auf Erwartungen verweisen können, die sich auf genaue Zusicherungen oder ein Verhalten der Gemeinschaftsverwaltung gründen, durch das bei einem gutgläubigen Bürger, der die erforderliche Sorgfalt eines durchschnittlich informierten Wirtschaftsteilnehmers an den Tag legt, eine verständliche Verwirrung hervorgerufen werden konnte.

(vgl. Randnr. 52)