SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
TAMARA ĆAPETA
vom 6. Juni 2024(1)
Verbundene Rechtssachen C‑256/23 und C‑290/23
Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
gegen
Hallertauer Hopfenveredelungsges. m.b.H.,
Beteiligte:
Regierung von Niederbayern
(Vorabentscheidungsersuchen des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg, Deutschland)
und
Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
gegen
B. GmbH
(Vorabentscheidungsersuchen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt, Deutschland)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) – Verordnung (EG) Nr. 340/2008 der Kommission – An die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu entrichtende Gebühren und Entgelte – Entscheidung der ECHA, mit der ein Verwaltungsentgelt auferlegt wird – Vollstreckung – Art. 299 AEUV“
I. Einleitung
1. Was passiert, wenn eine Entscheidung einer Agentur der Union ergeht, mit der einer privaten Partei Entgelte auferlegt werden, und diese Partei sich weigert zu zahlen? Kann die Agentur der Union ihre sich aus dieser Entscheidung ergebende Zahlungsforderung gerichtlich durchsetzen und, wenn ja, wie?
2. Dies sind im Wesentlichen die Fragestellungen, die durch die Vorlagefragen der beiden deutschen Gerichte in den vorliegenden Rechtssachen aufgeworfen werden.
II. Vorgeschichte der vorliegenden Rechtssachen und Vorlagefragen
A. Die ECHA und der REACH-Rahmen für Gebühren und Entgelte
3. Den vorliegenden Rechtssachen liegen Rechtsstreitigkeiten vor zwei verschiedenen deutschen Verwaltungsgerichten zugrunde, mit denen die Europäische Chemikalienagentur (im Folgenden: ECHA) ihre Zahlungsforderungen gegen zwei verschiedene Unternehmen durchzusetzen begehrt.
4. Die ECHA ist eine von über 30 dezentralen Agenturen der Europäischen Union, die an der Umsetzung der Unionspolitiken beteiligt sind. Sie wurde nach der REACH-Verordnung(2) errichtet, die umfassende Rechtsvorschriften zur Regelung chemischer Stoffe in der Union beinhaltet. Es handelt sich um eine unabhängige Stelle mit der Aufgabe, eine wirksame Handhabung bestimmter administrativer, technischer und wissenschaftlicher Aspekte der Verordnung sicherzustellen(3).
5. Nach den Bestimmungen der REACH-Verordnung sind Hersteller und Importeure verpflichtet, der ECHA Registrierungsdossiers für chemische Stoffe einzureichen. Hierfür haben sie die in der Verordnung 340/2008 der Kommission, mit der die REACH-Verordnung umgesetzt wird, festgelegten Gebühren zu entrichten(4).
6. Nach diesem Rahmen gibt es ermäßigte Gebühren für Kleinstunternehmen sowie kleine oder mittlere Unternehmen (im Folgenden: KMU); die ECHA überprüft den KMU-Status, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Gebührenermäßigung aufgrund dieses Status erfüllt sind.
7. Hat eine Person den Anspruch auf eine Gebührenermäßigung für KMU zu Unrecht geltend gemacht, entscheidet die ECHA, dass sie keinen Anspruch auf eine solche Ermäßigung hat, und erhebt von ihr die Gebühr in voller Höhe sowie ein Verwaltungsentgelt.
8. Die einschlägige Bestimmung, die die ECHA ermächtigt, die restlichen Gebühren und Verwaltungsentgelte zu erheben, ist Art. 13 Abs. 4 der Verordnung 340/2008(5); dieser bestimmt, soweit vorliegend relevant:
„Wenn eine natürliche oder juristische Person, die eine Ermäßigung oder einen Gebührenverzicht beanspruchen kann, diesen Anspruch nicht belegen kann, erhebt die Agentur die Gebühr oder das Entgelt in voller Höhe sowie ein Verwaltungsentgelt.
Wenn eine natürliche oder juristische Person, die einen Anspruch auf Ermäßigung geltend macht, bereits eine ermäßigte Gebühr oder ein ermäßigtes Entgelt entrichtet hat, diesen Anspruch jedoch nicht belegen kann, so stellt die Agentur die Differenz zur vollen Gebühr oder zum vollen Entgelt sowie ein Verwaltungsentgelt in Rechnung.“
9. Die Entscheidung der ECHA, mit der die Zahlung eines solchen Verwaltungsentgelts verlangt wird, ist für den Adressaten verbindlich; er kann sie mit einer Nichtigkeitsklage vor den Unionsgerichten anfechten(6). Wird die Klage nicht fristgerecht erhoben, wird die Entscheidung bestandskräftig und die Gültigkeit der Zahlungspflicht kann nicht mehr angefochten werden.
10. Werden die Gebühren für die Registrierung nicht gezahlt, lehnt die ECHA die Registrierung ab(7).
11. Der unionsrechtliche Rechtsrahmen enthält jedoch keine Regelung in Bezug auf die Folgen der Nichtzahlung des Verwaltungsentgelts.
12. Die ECHA wird nicht nur aus dem Gesamthaushaltsplan der Union, sondern zum Teil auch aus solchen Gebühren und Entgelten finanziert(8).
13. Weder die REACH-Verordnung noch die Verordnung 340/2008 enthalten Bestimmungen über die Durchsetzung der Entscheidung der ECHA für den Fall, dass die private Partei die Entscheidung weder vor den Unionsgerichten anficht noch das Verwaltungsentgelt entrichtet. Daher versucht die ECHA in diesen Fällen, ihre Zahlungsforderung aufgrund einer bestandskräftigen Entscheidung über die Erhebung eines Verwaltungsentgelts vor den nationalen Gerichten durchzusetzen.
14. Genau dies ist in den vorliegenden Rechtssachen geschehen. In den folgenden Abschnitten werde ich den Sachverhalt, der den beiden Rechtssachen zugrunde liegt, kurz darstellen.
B. Rechtssache C‑256/23
15. Die Hallertauer Hopfenveredelungsges. m.b.H. (im Folgenden: Hallertauer) ist eine deutsche Gesellschaft. Sie reichte bei der ECHA 2010 ein Registrierungsdossier für einen chemischen Stoff ein und machte einen Anspruch auf ermäßigte Gebühren als Kleinstunternehmen geltend.
16. Die ECHA überprüfte 2013 den KMU-Status Hallertauers und forderte diese Gesellschaft auf, ihr schriftliche Nachweise vorzulegen(9). Hallertauer legte solche Nachweise nicht vor. Hallertauer übermittelte der ECHA jedoch eine Erklärung, wonach sie ihre Unternehmensgröße zu Unrecht mit der eines Mikrounternehmens angegeben habe und die zutreffende Größenkategorie vielmehr die eines großen Unternehmens sei.
17. Die ECHA erließ im weiteren Verlauf des Jahres 2013 eine Entscheidung über die KMU-Überprüfung in Bezug auf Hallertauer(10). In dieser Entscheidung kam die ECHA zu dem Ergebnis, dass dieses Unternehmen keine Gebührenermäßigung für KMU beanspruchen könne und zur Zahlung der Differenz zur Standardgebühr für die Registrierung sowie eines Verwaltungsentgelts in Höhe von 9 950 Euro verpflichtet sei. Diese Entscheidung enthielt auch Informationen über das Recht, sie mit einer Nichtigkeitsklage vor den Unionsgerichten anzufechten.
18. Hallertauer zahlte weder das Verwaltungsentgelt, noch erhob sie gegen diese Entscheidung Klage vor den Unionsgerichten. Die Entscheidung der ECHA wurde somit im Hinblick auf die Zahlungsverpflichtung bestandskräftig.
19. Die ECHA erhob 2019 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Deutschland), dem vorlegenden Gericht, Klage gegen Hallertauer auf Zahlung des Verwaltungsentgelts.
20. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob eine solche Klage in die Zuständigkeit der Unionsgerichte nach Art. 94 Abs. 1 der REACH-Verordnung fällt. Hilfsweise möchte es ferner wissen, ob die Entscheidung der ECHA in den Anwendungsbereich von Art. 299 AEUV fällt. Für den Fall, dass dies zu bejahen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der in dieser Bestimmung enthaltene Verweis auf das Zivilprozessrecht weit auszulegen ist und somit nicht nur das Verfahren der Durchführung der Vollstreckung, sondern auch die Regelungen über das zuständige Vollstreckungsorgan erfasst.
21. Vor diesem Hintergrund hat das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 94 Abs. 1 der REACH-Verordnung, wonach gegen eine Entscheidung der Agentur Klage zum Gericht der Europäischen Union erhoben werden kann, dahin auszulegen, dass auch die Vollstreckbarkeit von Entscheidungen der Agentur Gegenstand einer Klage sein kann?
2. Sofern die erste Frage zu verneinen ist: Ist Art. 299 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er nicht nur auf Rechtsakte anzuwenden ist, die durch den Rat, die Kommission oder die Europäische Zentralbank erlassen wurden, sondern auch auf Entscheidungen der ECHA, mit denen ein Verwaltungsentgelt auferlegt wurde?
3. Sofern die zweite Frage zu bejahen ist: Ist Art. 299 Abs. 2 AEUV dahin auszulegen, dass sich der Verweis auf Vorschriften des Zivilprozessrechts des Mitgliedstaats nicht nur auf die Verfahrensvorschriften, sondern auch auf die Zuständigkeitsregelungen bezieht?
C. Rechtssache C‑290/23
22. Die B. GmbH (im Folgenden: B) ist eine deutsche Gesellschaft. Sie reichte der ECHA 2010 ein Registrierungsdossier für einen chemischen Stoff ein und machte einen Anspruch auf ermäßigte Gebühren als mittleres Unternehmen geltend.
23. Die ECHA überprüfte 2013 den KMU-Status von B und forderte diese Gesellschaft auf, ihr schriftliche Nachweise vorzulegen(11). B legte auf diese Aufforderung hin Unterlagen vor.
24. Die ECHA übersandte B 2014 eine Aufforderung zur Vorlage weiterer Unterlagen. Auf diese Aufforderung erhielt die ECHA jedoch keine Antwort.
25. Die ECHA erließ 2016 eine Entscheidung über die KMU-Überprüfung in Bezug auf B(12). In dieser Entscheidung kam die ECHA zu dem Ergebnis, dass dieses Unternehmen keine Gebührenermäßigung für KMU beanspruchen könne und zur Zahlung der Differenz zur Standardgebühr für die Registrierung sowie eines Verwaltungsentgelts in Höhe von 17 437 Euro verpflichtet sei. Diese Entscheidung enthielt auch Informationen über das Recht auf Rechtsschutz vor den Unionsgerichten.
26. B zahlte weder das Verwaltungsentgelt, noch erhob sie gegen diese Entscheidung Klage vor den Unionsgerichten. Die Entscheidung der ECHA wurde somit im Hinblick auf die Zahlungsverpflichtung bestandskräftig.
27. Die ECHA erhob 2019 beim Verwaltungsgericht Halle (Deutschland) Klage gegen B auf Zahlung des Verwaltungsentgelts. Dieses Gericht wies die Klage als unzulässig ab, da der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei.
28. Gegen dieses Urteil legte die ECHA Berufung beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (Deutschland), dem vorlegenden Gericht, ein.
29. Das vorlegende Gericht ist, anders als das Gericht des ersten Rechtszugs, der Auffassung, dass die ECHA ihre Forderung vor den Verwaltungsgerichten geltend machen könne, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele. Das vorlegende Gericht möchte jedoch wissen, ob die Entscheidung der ECHA in den Anwendungsbereich von Art. 299 AEUV fällt. Das vorlegende Gericht möchte ferner wissen, ob Art. 13 Abs. 4 Unterabs. 3 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 340/2008 die Folgen der Nichtzahlung von Gebühren und Entgelten abschließend regelt und danach somit möglicherweise eine Klageerhebung durch die ECHA zur Durchsetzung der Zahlung des Verwaltungsentgelts vor einem Gericht als ausgeschlossen anzusehen ist.
30. Vor diesem Hintergrund hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 299 Abs. 1 Halbsatz 1 AEUV dahin auszulegen, dass er ausschließlich auf Entscheidungen anzuwenden ist, die durch den Rat, die Kommission oder die Europäische Zentralbank erlassen wurden, oder gilt er auch für Entscheidungen der ECHA, mit denen ein Verwaltungsentgelt nach Art. 13 Abs. 4 der Verordnung Nr. 340/2008 erhoben wurde?
2. Falls die Entscheidung der ECHA über die Erhebung eines solchen Verwaltungsentgelts keinen vollstreckbaren Titel darstellt:
Ist Art. 13 Abs. 4 Unterabs. 3 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 340/2008 dahin auszulegen, dass eine auf Zahlung des Verwaltungsentgelts gerichtete Leistungsklage ausgeschlossen sein soll?
III. Verfahren vor dem Gerichtshof
31. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 28. Juni 2023 sind die Rechtssachen C‑256/23 und C‑290/23 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamer verfahrensbeendender Entscheidung verbunden worden.
32. Die ECHA, Hallertauer, die griechische und die polnische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht.
33. Am 20. März 2024 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der die ECHA, die griechische Regierung und die Kommission mündliche Ausführungen gemacht haben.
IV. Würdigung
34. Die beiden vorlegenden Gerichte der vorliegenden Rechtssachen halten für klärungsbedürftig, ob die Durchsetzung der Zahlungsforderungen der ECHA in ihre Zuständigkeit fällt. Daher haben sie dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
35. Wie vom Gerichtshof erbeten, werde ich nur auf die Frage nach der Auslegung von Art. 299 AEUV eingehen (zweite Frage in der Rechtssache C‑256/23 und erste Frage in der Rechtssache C‑290/23).
36. Mit diesen Fragen soll im Wesentlichen geklärt werden, ob Art. 299 AEUV auf die ECHA anwendbar ist(13).
37. Meine Würdigung folgt folgendem Aufbau. Erstens werde ich einige Vorbemerkungen zu Art. 299 AEUV machen (A). Zweitens werde ich darlegen, warum Art. 299 AEUV dahin ausgelegt werden sollte, dass er sich nur auf die drei, darin ausdrücklich genannten Unionsorgane bezieht (B). Drittens werde ich zur Auslegung von Art. 299 AEUV auf den weiter gefassten Kontext des Sekundärrechts der Union eingehen (C). Schließlich werde ich mit einigen Worten erläutern, warum die von mir vorgeschlagene Auslegung von Art. 299 AEUV der Durchsetzung von Zahlungsforderungen der ECHA nicht entgegensteht (D).
A. Einordnung von Art. 299 AEUV im Rahmen des Vertrags
38. Art. 299 AEUV ist seit Gründung der Europäischen Union vor mehr als 70 Jahren Teil der Verträge(14). Trotz seiner Langlebigkeit scheint er, wie von einem Verfasser im Schrifttum angeführt, ein „Schattendasein“ zu führen(15). Er ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs kaum in Erscheinung getreten und hat in der wissenschaftlichen Literatur bisher wenig Beachtung gefunden.
39. Art. 299 AEUV bestimmt in seiner Gesamtheit:
„Die Rechtsakte des Rates, der Kommission oder der Europäischen Zentralbank, die eine Zahlung auferlegen, sind vollstreckbare Titel; dies gilt nicht gegenüber Staaten.
Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach den Vorschriften des Zivilprozessrechts des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet. Die Vollstreckungsklausel wird nach einer Prüfung, die sich lediglich auf die Echtheit des Titels erstrecken darf, von der staatlichen Behörde erteilt, welche die Regierung jedes Mitgliedstaats zu diesem Zweck bestimmt und der Kommission und dem Gerichtshof der Europäischen Union benennt.
Sind diese Formvorschriften auf Antrag der die Vollstreckung betreibenden Partei erfüllt, so kann diese die Zwangsvollstreckung nach innerstaatlichem Recht betreiben, indem sie die zuständige Stelle unmittelbar anruft.
Die Zwangsvollstreckung kann nur durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt werden. Für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen sind jedoch die einzelstaatlichen Rechtsprechungsorgane zuständig.“
40. Auch wenn ausgehend von der englischen Fassung gewisse Zweifel aufkommen könnten(16), regelt Art. 299 AEUV meines Erachtens nicht, dass die in seinen Anwendungsbereich fallenden Zahlungsforderungen vollstreckbar sind, sondern betrifft vielmehr die Frage, wie diese Forderungen zu vollstrecken sind(17).
41. Dieses Verständnis tritt bei Heranziehung weiterer Sprachfassungen von Art. 299 AEUV noch viel deutlicher hervor. So wird beispielsweise in der französischen Fassung der Begriff „titre exécutoire“ und in der niederländischen Fassung der Begriff „executoriale titel“ verwendet(18). Diese Sprachfassungen sprechen für eine unmittelbare Vollstreckbarkeit in dem Sinne, dass solchen Forderungen die Vollstreckbarkeit ohne weitere Anforderungen zuerkannt wird.
42. Insoweit beschränkt Art. 299 AEUV sich darauf, die Vollstreckbarkeit der in seinen Anwendungsbereich fallenden Rechtsakte leichter und zweckmäßiger zu gestalten, indem er sie für unmittelbar vollstreckbar erklärt, ohne dass es einer zusätzlichen Anerkennung in den Mitgliedstaaten bedarf(19).
43. In ihren Schlussanträgen in der Rechtssache ADR Center/Kommission(20) war Generalanwältin Kokott der Ansicht, dass „der Sinn und Zweck dieser Bestimmung … einzig und allein darin [besteht], den Rechtsakten, welche die Unionsorgane gemäß Art. 288 AEUV annehmen und die eine Zahlung auferlegen, zur sofortigen Vollstreckbarkeit zu verhelfen. Mithin handelt es sich bei Art. 299 AEUV um eine reine Vollstreckungserleichterung, die … angesichts der Erfordernisse der effektiven Durchsetzung der Aufgaben der Unionsorgane und des Schutzes der finanziellen Interessen der Union durchaus gerechtfertigt ist.“
44. Daraus folgt, dass Art. 299 AEUV dahin zu verstehen ist, dass mit ihm ein besonderes Verfahren geschaffen wird, das eine schnellere und wirksamere Vollstreckung von Unionsrechtsakten, die privaten Parteien finanzielle Verpflichtungen auferlegen, ermöglichen soll(21).
45. Dies erklärt jedoch nicht, warum in Art. 299 AEUV nur drei Unionsorgane (der Rat der Europäischen Union, die Kommission und die EZB) genannt sind. Gleichwohl sprechen meines Erachtens mehrere Gründe für eine Auslegung dieser Bestimmung dahin, dass sie sich auf die Zahlungsforderungen dieser drei Organe beschränkt.
B. Art. 299 AEUV ist dahin auszulegen, dass er sich nur auf die drei dort ausdrücklich genannten Organe bezieht
46. Vor dem Vertrag von Lissabon bezog sich die heute in Art. 299 AEUV enthaltene Regelung auf Entscheidungen des Rates und der Kommission(22).
47. Nach dem Vertrag von Lissabon sind in Art. 299 AEUV Rechtsakte des Rates, der Kommission und der EZB(23) genannt; im Übrigen ist diese Bestimmung jedoch unverändert geblieben.
48. Der Wortlaut von Art. 299 AEUV ist recht eindeutig, und die Historie der Änderungen des AEU-Vertrags spricht nicht für eine weiter gefasste Auslegung dieser Bestimmung.
49. Wie von der Kommission vorgetragen, hätten die Verfasser der Verträge Art. 299 AEUV im Kontext des Vertrags von Lissabon dahin ändern können, dass er auf andere Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union anwendbar geworden wäre. Stattdessen wurde diese Bestimmung durch diesen Vertrag nur insoweit geändert, als die EZB aufgenommen wurde.
50. Es wurden weder die anderen Unionsorgane, einschließlich des Europäischen Parlaments, noch die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union aufgenommen. Gleichzeitig wurden andere Bestimmungen des Vertrags durch den Vertrag von Lissabon dahin geändert, dass Einrichtungen und sonstige Stellen der Union aufgenommen wurden(24).
51. Der Grund hierfür kann nicht darin liegen, dass die Verfasser der Verträge der Ansicht waren, dass andere Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union keine Zahlungsforderungen gegen private Parteien haben können. Beispielsweise kann das Parlament eindeutig Zahlungsforderungen gegen seine (ehemaligen) Mitglieder oder Mitarbeiter haben. Das Parlament ist jedoch in Art. 299 AEUV nicht genannt. Das Gericht hat in der Tat in einer Reihe von Rechtssachen die Auffassung vertreten, dass das Parlament nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung falle(25).
52. Die Kommission hat vorgebracht, dass die Verfasser der Verträge mit Art. 299 AEUV die unmittelbare Vollstreckbarkeit auf Rechtsakte der Unionsorgane, die über Exekutivbefugnisse oder typischerweise mit der Auferlegung finanzieller Verpflichtungen gegenüber Einzelpersonen verbundene Befugnisse verfügten, sowie auf Urteile der Unionsgerichte nach Art. 280 AEUV hätten beschränken wollen.
53. Heutzutage verfügen jedoch viele Einrichtungen und sonstige Stellen der Union über Exekutivbefugnisse und können Einzelpersonen finanzielle Verpflichtungen auferlegen, wie die vorliegenden Rechtssachen belegen. Daher dürfte die von der Kommission vertretene Erklärung mit dem Verweis auf Exekutivbefugnisse nicht viel weiterführen.
54. Die Kommission hat weiter darauf hingewiesen, dass die unmittelbare Vollstreckbarkeit von Rechtsakten der Unionsorgane im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einen Eingriff in die Ausübung hoheitlicher Befugnisse darstelle. Diese Argumentation könnte zwar in der Tat die Absicht erklären, die Zahl der Einrichtungen, die solche Befugnisse anwenden können, zu begrenzen. Dies erklärt jedoch immer noch nicht die Auswahl der drei, in Art. 299 AEUV ausdrücklich genannten Organe; dies gilt insbesondere für den Rat, der selten Exekutivbefugnisse ausübt oder Einzelnen finanzielle Verpflichtungen auferlegt(26).
55. Die ECHA, Hallertauer, die polnische Regierung und die Kommission haben den Standpunkt vertreten, dass Art. 299 AEUV sich auf die drei, dort ausdrücklich genannten Organe beschränke. Nur die griechische Regierung hat die Ansicht vertreten, dass Art. 299 AEUV dahin ausgelegt werden könne, dass er auf die ECHA Anwendung finde.
56. Die griechische Regierung hat insoweit vorgebracht, dass Art. 299 AEUV auf Rechtsakte anderer Organe, Einrichtungen und sonstiger Stellen der Union erstreckt werden könne, und zwar unter drei Voraussetzungen, nämlich erstens, dass die Einrichtung exekutive Aufgaben ausübe und administrative Rechtsakte erlasse, mit denen Ziele des öffentlichen Interesses verfolgt würden, zweitens, dass die Zahlungsforderungen diesen exekutiven Aufgaben dienten, und drittens, dass den betroffenen natürlichen und juristischen Personen Rechtsschutz gewährt werde. Dieser Standpunkt stehe im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofs „Leerverkäufe“(27), in dem die Meroni-Rechtsprechung(28) ausgelegt werde; er werde zudem dadurch untermauert, dass es nach dem Vertrag von Lissabon zu einer Zunahme von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gekommen sei, dass diese Ziele des öffentlichen Interesses wahrnähmen und dass Bestimmungen, die Art. 299 AEUV entsprächen, im Sekundärrecht der Union zu finden seien, wie etwa durch die Bestimmungen über das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (im Folgenden: EUIPO) und den Einheitlichen Abwicklungsausschuss (im Folgenden: SRB) veranschaulicht werde.
57. Meines Erachtens können die im Urteil Meroni aufgestellten Grundsätze keine Grundlage dafür bieten, den Wortlaut von Art. 299 AEUV zu erweitern. Diese Grundsätze wurden mit Blick auf die Begrenzung der Übertragung von Befugnissen mit Ermessensspielraum innerhalb der Union entwickelt(29). In den vorliegenden Rechtssachen sind die Befugnisse der ECHA, privaten Parteien finanzielle Verpflichtungen aufzuerlegen, jedoch unstreitig. Die Frage ist vielmehr, ob eine solche Zahlungsforderung, nachdem sie in der Sache nicht mehr angefochten werden kann, in einem Mitgliedstaat unmittelbar vollstreckbar sein kann, ohne dass ein Verfahren zur Anerkennung durch ein Gericht oder eine andere zuständige Behörde eingeleitet werden muss.
58. Zusammenfassend sprechen der klare Wortlaut und die Entstehungsgeschichte von Art. 299 AEUV dafür, dass die drei Organe in dieser Bestimmung abschließend genannt sind(30). Daher kann die ECHA ihre Zahlungsforderungen nicht nach dieser Bestimmung vollstrecken.
C. Weiter gefasster rechtlicher Kontext
59. Die von mir vorgeschlagene Auslegung, die Art. 299 AEUV auf die drei, dort ausdrücklich genannten Organe beschränkt, wird durch den weiter gefassten rechtlichen Kontext untermauert, mit dem ich mich jetzt befassen werde.
60. Nach Ansicht der Kommission wird die Beschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 299 AEUV dadurch belegt, dass Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung 2018/1046(31) unter außergewöhnlichen Umständen die Möglichkeit zulässt, dass andere Unionsorgane, die selbst keinen vollstreckbaren Beschluss nach Art. 299 AEUV erlassen können, die Kommission ersuchen können, dies für bestimmte Forderungen zu ihren Gunsten zu tun. Ihrer Ansicht nach wäre diese Bestimmung überflüssig, wenn diese anderen Organe in den Anwendungsbereich von Art. 299 AEUV fielen.
61. Insoweit neige ich dazu, mich der Ansicht von Generalanwältin Kokott anzuschließen, die in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache ADR Center/Kommission(32) ausführt, dass Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung 2018/1046 unklar sei(33). Nach seinem Unterabs. 1 kann „ein Unionsorgan“ eine Forderung von privaten Parteien durch einen vollstreckbaren Titel gemäß Art. 299 AEUV einziehen, während nach seinem Unterabs. 2 die Kommission unter außergewöhnlichen Umständen einen solchen vollstreckbaren Beschluss zugunsten „anderer Unionsorgane“ auf ihren Antrag aufgrund von Forderungen, die sich in Bezug auf Bedienstete oder in Bezug auf Mitglieder oder ehemalige Mitglieder eines Unionsorgans ergeben, erlassen kann. Angesichts der weiten Definition des „Organs“ in dieser Verordnung(34) dürfte dies die Frage aufwerfen, warum Unterabs. 2 erforderlich ist, wenn diese „anderen Organe“ ohnehin von Unterabs. 1 erfasst sind.
62. Meines Erachtens liegt daher nahe, Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung 2018/1046 dahin auszulegen, dass mit „anderen Unionsorganen“ diejenigen gemeint sind, die in Art. 299 AEUV nicht genannt sind, da die Bestimmungen des Sekundärrechts der Union im Licht des Primärrechts der Union auszulegen sind, und nicht umgekehrt. Für dieses Verständnis sprechen auch Dokumente der Organe(35).
63. Daher stimme ich mit der Kommission darin überein, dass eine Auslegung von Art. 299 AEUV dahin, dass er alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union erfasst, dazu führen würde, dass die für „andere Unionsorgane“ nach Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung 2018/1046 bestehende Möglichkeit, die Kommission um den Erlass eines vollstreckbaren Beschlusses nach Art. 299 AEUV zu ersuchen, keinen Sinn ergäbe.
64. Demnach spricht Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung 2018/1046 für eine Auslegung von Art. 299 AEUV dahin, dass diese Bestimmung sich auf die drei dort ausdrücklich genannten Organe beschränkt.
65. Das Gleiche gilt für das Sekundärrecht der Union über andere Einrichtungen und sonstige Stellen der Union neben der ECHA.
66. Insbesondere gibt es für die Vollstreckung von Geldbußen und Zwangsgeldern, die von bestimmten Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union(36) auferlegt werden, in den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union offenbar bisweilen Bestimmungen, die Art. 299 AEUV entsprechen.
67. So bestimmt, im Hinblick beispielsweise auf den SRB, Art. 41 Abs. 3 der Verordnung 806/2014(37):
„Gemäß den Artikeln 38 und 39 verhängte Geldbußen und Zwangsgelder sind vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach dem geltenden Verfahrensrecht des teilnehmenden Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet. Der Vollstreckungstitel wird dem Vollstreckungsbeschluss nach einer Prüfung, die sich lediglich auf die Echtheit des Vollstreckungsbeschlusses erstrecken darf, von der Behörde ausgestellt, die die Regierung jedes teilnehmenden Mitgliedstaats zu diesem Zweck bestimmt und die sie dem Ausschuss und dem Gerichtshof benennt.
Sind diese Formvorschriften auf Antrag der die Vollstreckung betreibenden Partei erfüllt, so kann diese die Zwangsvollstreckung nach nationalem Recht betreiben, indem sie die zuständige Stelle unmittelbar anruft.
Die Zwangsvollstreckung kann nur durch eine Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt werden. Für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen sind jedoch die Rechtsprechungsorgane des betroffenen teilnehmenden Mitgliedstaats zuständig.“(38)
68. Der Umstand, dass der Unionsgesetzgeber für bestimmte Einrichtungen und sonstige Stellen der Union solche Bestimmungen nach dem Vorbild von Art. 299 AEUV aufnimmt, spricht dafür, dass deren Rechtsakte, die privaten Parteien finanzielle Verpflichtungen auferlegen, nicht in den Anwendungsbereich von Art. 299 AEUV fallen, denn, wenn dies der Fall wäre, bestände keine Notwendigkeit, diese Bestimmungen in Rechtsvorschriften der Union zu reproduzieren.
69. Im Gegensatz dazu enthalten die Rechtsvorschriften der Union, was die Vollstreckung von an bestimmte Einrichtungen und sonstige Stellen der Union zu entrichtende Gebühren und Entgelte angeht, im Allgemeinen offenbar keine Bestimmungen nach dem Vorbild von Art. 299 AEUV. Vielmehr sind die einschlägigen Bestimmungen offenbar darauf ausgerichtet, dass notwendige rechtliche Schritte zur Bewirkung der Zahlung ergriffen werden und der Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union ermöglicht wird, bestimmte Tätigkeiten zwecks Erwirkung der Zahlung einzustellen.
70. So bestimmt beispielsweise im Hinblick auf die Europäische Arzneimittel-Agentur Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 297/95(39): „Wird eine gemäß dieser Verordnung geschuldete Gebühr nicht fristgerecht gezahlt, so kann der Verwaltungsdirektor der Agentur unbeschadet der Fähigkeit der Agentur, aufgrund von Artikel 71 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 ein Gericht anzurufen, beschließen, entweder die geforderten Leistungen nicht zu erbringen oder die Leistungen insgesamt oder die laufenden Verfahren bis zur Zahlung der Gebühr … einzustellen.“(40)
71. Wie erklärt sich diese unterschiedliche Behandlung der Vollstreckung von Geldbußen und Zwangsgeldern einerseits und Gebühren und Entgelten andererseits? Möglicherweise dadurch, dass Geldbußen und Zwangsgelder typischerweise dem Gesamthaushaltsplan der Union zugewiesen werden(41), so dass Bestimmungen, die Art. 299 AEUV reproduzieren, als Mittel zum Schutz der finanziellen Interessen der Union angesehen werden könnten, während Gebühren und Entgelte unmittelbar den betreffenden Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zufließen.
72. In jedem Fall spricht dieser, in den Rechtsvorschriften der Union gewählte Ansatz offenbar ebenfalls für eine Auslegung von Art. 299 AEUV dahin, dass diese Bestimmung sich auf die drei dort ausdrücklich genannten Organe beschränkt.
D. Die ECHA kann ihre Zahlungsforderungen vollstrecken
73. Der Umstand, dass die Zahlungsforderungen der ECHA nicht unter Art. 299 AEUV fallen, bedeutet nicht, dass sie nicht vollstreckbar sind. Vielmehr muss zur Vollstreckung auf die in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten vorgesehenen üblichen Verfahren zurückgegriffen werden.
74. Nach der REACH-Verordnung hat die ECHA Rechtspersönlichkeit und besitzt in den Mitgliedstaaten die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit(42).
75. Sieht das Unionsrecht, wie im Fall der Vollstreckung von Zahlungsforderungen der ECHA, die betreffenden Verfahren nicht vor, sind diese Sache der Mitgliedstaaten.
76. Bei der Festlegung angemessener Vollstreckungsverfahren verfügen die Mitgliedstaaten über eine Verfahrensautonomie, die vorbehaltlich der Einhaltung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität gilt(43). Nach dem Äquivalenzgrundsatz müssen sie der ECHA grundsätzlich ermöglichen, ihre Zahlungsforderungen in gleicher Weise zu vollstrecken, wie dies für die Vollstreckung entsprechender Forderungen im nationalen Recht gelten würde, und dürfen solche Forderungen nicht weniger günstig behandeln als entsprechende innerstaatliche Forderungen. Ferner dürfen sie nach dem Effektivitätsgrundsatz der ECHA die Vollstreckung ihrer Zahlungsforderungen nicht unmöglich machen oder übermäßig erschweren.
77. Es ist daher Sache der vorlegenden Gerichte, festzustellen, welches die vergleichbare Lage nach nationalem Recht wäre, und ausgehend hiervon zu entscheiden, ob diese Gerichte oder andere Arten von Gerichten für Zahlungsforderungen der ECHA zuständig sind.
78. Die Tatsache, dass die ECHA, kraft des Unionsrechts, nicht ohne Vollstreckungsmöglichkeiten in den Mitgliedstaaten bleiben darf, ist ein weiterer Grund dafür, dass der Wortlaut von Art. 299 AEUV nicht so weit ausgedehnt werden muss, dass er die ECHA einschließt. Für eine solche kreative Auslegung gibt es schlicht keine Rechtfertigung, da der wirksame Schutz der Rechte der ECHA durch die Unionsrechtsordnung bereits gewährleistet ist.
V. Ergebnis
79. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die zweite Vorlagefrage des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg (Deutschland) und die erste Vorlagefrage des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (Deutschland) wie folgt zu beantworten:
Art. 299 AEUV
ist dahin auszulegen, dass er nur auf Rechtsakte des Rates der Europäischen Union, der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank und nicht auf Rechtsakte der Europäischen Chemikalienagentur anwendbar ist, mit denen ein Verwaltungsentgelt nach Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 340/2008 der Kommission vom 16. April 2008 über die an die Europäische Chemikalienagentur zu entrichtenden Gebühren und Entgelte gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) erhoben wird.