Language of document : ECLI:EU:T:2023:406


 


 



Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 19. Juli 2023 –
Mazepin/Rat

(Rechtssache T743/22 RII)

„Vorläufiger Rechtsschutz – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen Russlands, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen – Einfrieren von Geldern – Antrag auf einstweilige Anordnungen – Fumus boni iuris – Dringlichkeit – Interessenabwägung“

1.      Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung der Vollziehung – Einstweilige Anordnungen – Voraussetzungen für die Gewährung – Fumus boni iuris – Dringlichkeit – Schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden – Kumulativer Charakter – Abwägung sämtlicher betroffener Belange – Reihenfolge und Art und Weise der Prüfung – Ermessen des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters

(Art. 256 Abs. 1, Art. 278 und 279 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 156 Abs. 4)

(vgl. Rn. 34-37)

2.      Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung der Vollziehung – Einstweilige Anordnungen – Voraussetzungen für die Gewährung – Fumus boni iuris – Prima-facie-Prüfung der zur Stützung der Klage angeführten Gründe – Klage gegen restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen Russlands, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen – Klagegründe, mit denen ein Beurteilungsfehler des Rates gerügt wird – Auf den ersten Blick nicht jeglicher Grundlage entbehrende Klagegründe

(Art. 278 AEUV und 279 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Beschluss 2014/145/GASP des Rates in der durch den Beschluss [GASP] 2023/572 geänderten Fassung, Anhang; Verordnungen des Rates Nr. 269/2014 und Nr. 2023/571, Anhang)

(vgl. Rn. 40, 41, 56, 66-70, 74-78, 82, 83)

3.      Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung der Vollziehung – Einstweilige Anordnungen – Voraussetzungen für die Gewährung – Dringlichkeit – Schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden – Beweislast des Antragstellers

(Art. 256 Abs. 1, Art. 278 und 279 AEUV; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 156 Abs. 4)

(vgl. Rn. 84)

4.      Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung der Vollziehung – Voraussetzungen für die Gewährung – Abwägung sämtlicher betroffener Belange – Restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in der Ukraine – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Führende Geschäftsleute, die in Wirtschaftssektoren tätig sind, die der Regierung der Russischen Föderation als wesentliche Einnahmequelle dienen, und mit diesen in Verbindung stehende Personen – Vorrang des Interesses des Klägers an Verhandlungen über seine Beschäftigung, Teilnahme an den nächsten Motorsportmeisterschaften und Fortsetzung seiner beruflichen Laufbahn gegenüber dem des Rates

(Art. 278 und 279 AEUV; Beschluss 2014/145/GASP des Rates in der durch den Beschluss [GASP] 2023/572 geänderten Fassung, Anhang; Verordnungen Nr. 269/2014 und Nr. 2023/571 des Rates, Anhang)

(vgl. Rn. 102, 112-123)

Tenor

1.

Die Vollziehung des Beschlusses (GASP) 2023/572 des Rates vom 13. März 2023 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, der Durchführungsverordnung (EU) 2023/571 des Rates vom 13. März 2023 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen und des Rechtsakts des Rates vom 14. März 2023, mit dem der Name von Herrn Nikita Dmitrievich Mazepin auf der Liste der Personen, Organisationen oder Einrichtungen belassen wird, die restriktiven Maßnahmen im Sinne des Beschlusses 2014/145/GASP des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, in geänderter Fassung, unterliegen, und der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, in geänderter Fassung, wird ausgesetzt, soweit der Name von Herrn Mazepin auf der Liste der Personen, Organisationen oder Einrichtungen belassen wurde, die diesen restriktiven Maßnahmen unterliegen, und lediglich soweit dies erforderlich ist, um es ihm zu ermöglichen, seine Beschäftigung als professioneller Formel-1-Fahrer oder als Fahrer bei anderen Motorsportmeisterschaften, die auch oder ausschließlich auf dem Gebiet der Europäischen Union stattfinden, zu verhandeln und an Grand Prix, Testfahrten, Trainings und freien Trainings der Formel-1 und an anderen Motorsportmeisterschaften, Rennen, Testfahrten, Trainings und freien Trainings des Motorsports, die im Gebiet der Europäischen Union stattfinden, teilzunehmen. Zu diesem Zweck hat Herr Mazepin lediglich die Erlaubnis, erstens, in das Unionsgebiet einzureisen, um Verträge mit einem Rennteam oder mit Sponsoren zu verhandeln und abzuschließen, die weder mit den Tätigkeiten von Herrn Dmitry Arkadievich Mazepin noch von natürlichen oder juristischen Personen, deren Name in den Listen der Anhänge des Beschlusses 2014/145 und der Verordnung Nr. 269/2014 aufgeführt ist, im Zusammenhang stehen, zweitens, in das Unionsgebiet einzureisen, um als Fahrer oder Ersatzfahrer an Formel-1-Meisterschaften des Internationalen Automobilverbands (FIA) oder an anderen Meisterschaften, Testfahrten, Trainings und freien Trainings, auch im Hinblick auf die Erneuerung seiner Superlizenz teilzunehmen, drittens, in das Unionsgebiet einzureisen, um sich den medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, die von der FIA oder seinem Rennteam vorgeschrieben sind, viertens, in das Unionsgebiet einzureisen, um ärztliche Untersuchungsprogramme und Trainingsprogramme (auch auf einem Simulator) zu absolvieren, fünftens, in das Unionsgebiet einzureisen, um an Renn‑, Sponsoring- und Werbeaktivitäten auf Wunsch seines Rennteams oder seiner Sponsoren teilzunehmen, sechstens, ein Bankkonto zu eröffnen, auf das ihm ein Gehalt, Prämien, Vergünstigungen seines Rennteams und finanzielle Beiträge von Sponsoren, die von seinem Rennstall akzeptiert wurden, gezahlt werden können, siebtens, das Bankkonto und eine Kreditkarte ausschließlich zur Deckung der Kosten zu verwenden, die es einem professionellen Fahrer ermöglichen, im Unionsgebiet zu reisen, Verträge mit einem Rennteam oder Sponsoren zu verhandeln und abzuschließen und an Meisterschaften, Grand Prix, Rennen, Testfahrten, Trainings und freien Trainings in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union teilzunehmen sowie ein ärztliches Untersuchungsprogramm und ein Trainingsprogramm zu absolvieren.Im Fall der Beschäftigung als Formel-1-Fahrer oder Fahrer anderer Motorsportmeisterschaften, die auch oder ausschließlich auf dem Gebiet der Europäischen Union stattfinden, muss sich Herr Mazepin verpflichten, unter neutraler Flagge zu fahren und die von der FIA dafür vorgesehene Verpflichtungserklärung der Fahrer zu unterschreiben.

2.

Der Beschluss vom 5. April 2023, Mazepin/Rat (T‑743/22 R II) wird aufgehoben.

3.

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.