Language of document : ECLI:EU:C:2013:203

Rechtssache C‑244/12

Salzburger Flughafen GmbH

gegen

Umweltsenat

(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs)

„Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten – Richtlinie 85/337/EWG – Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 – Unter Anhang II fallende Projekte – Erweiterung der Infrastruktur eines Flughafens – Prüfung anhand von Schwellenwerten oder Kriterien – Art. 4 Abs. 3 – Auswahlkriterien – Anhang III Nr. 2 Buchst. g – Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 21. März 2013

1.        Umwelt – Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten – Richtlinie 85/337 – Ermessen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten, die Flugplätze betreffen – Umfang und Grenzen – Änderungen der Infrastruktur eines vorhandenen Flugplatzes ohne Verlängerung der Start- und Landebahn, die nicht die vorhandene Struktur betreffen – Einschluss – Festlegung von Kriterien und Schwellenwerten, bei denen in der Praxis eine ganze Klasse von Projekten von der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgenommen wäre – Unvereinbarkeit mit der Richtlinie

(Richtlinie 85/337 des Rates in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3, Anhang II, Anhang III Nr. 2 Buchst. g)

2.        Umwelt – Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten – Richtlinie 85/337 – Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten, die Flugplätze betreffen – Kumulative Berücksichtigung der Auswirkungen des Projekts und der Auswirkungen bereits genehmigter und durchgeführter Projekte zur Gesamtbeurteilung der Auswirkungen der betreffenden Projekte auf die Umwelt – Beurteilung durch das nationale Gericht

(Richtlinie 85/337 des Rates in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 und 3, Anhänge II und III)

3.        Umwelt – Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten – Richtlinie 85/337 – Änderungen der Infrastruktur eines Flugplatzes – Festlegung eines Schwellenwerts, durch den ganze Projektklassen einer Umweltverträglichkeitsprüfung entzogen zu werden drohen – Unvereinbarkeit mit der Richtlinie – Verpflichtung der nationalen Stellen, die Prüfung vor einer Genehmigung durchzuführen – Unmittelbare Wirkung – Auswirkungen auf die Rechte eines Dritten – Keine Auswirkung

(Richtlinie 85/337 des Rates in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Buchst. a und b und Abs. 3, Anhänge II und III)

1.        Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 4 Abs. 2 Buchst. b und Abs. 3 der Richtlinie 85/337 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung stehen einer nationalen Regelung entgegen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Projekte zur Erweiterung der Infrastruktur eines Flughafens, die unter Anhang II dieser Richtlinie fallen, ausschließlich davon abhängig macht, dass durch diese Projekte eine Erhöhung der Anzahl der Flugbewegungen um mindestens 20 000 pro Jahr zu erwarten ist.

Ein Mitgliedstaat, der die Kriterien und/oder Schwellenwerte so festlegen würde, dass in der Praxis eine ganze Klasse von Projekten von vornherein von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen ausgenommen wäre, würde nämlich die Grenzen des Spielraums überschreiten, über den er nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 85/337 verfügt, sofern nicht aufgrund einer pauschalen Beurteilung aller ausgenommenen Projekte davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.

Außerdem trägt die betreffende nationale Regelung, indem sie einen solchen Schwellenwert festlegt, lediglich dem quantitativen Aspekt der Auswirkungen eines Projekts Rechnung, ohne die übrigen Auswahlkriterien des Anhangs III der Richtlinie, insbesondere das Kriterium der Bevölkerungsdichte des von dem Projekt betroffenen Gebiets in Nr. 2 Buchst. g dieses Anhangs, zu berücksichtigen.

(vgl. Randnrn. 27-35, 38, Tenor 1)

2.        Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Randnrn. 36, 37)

3.        Legt ein Mitgliedstaat gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 85/337 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/11 geänderten Fassung für Projekte im Sinne ihres Anhangs II einen mit den Verpflichtungen aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie unvereinbaren Schwellenwert fest, haben die Bestimmungen von Art. 2 Abs. 1 sowie von Art. 4 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 der Richtlinie unmittelbare Wirkung, so dass die zuständigen nationalen Behörden sicherstellen müssen, dass zunächst geprüft wird, ob die betreffenden Projekte möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, und, wenn ja, sodann eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird.

(vgl. Randnrn. 43-48, Tenor 2)