Language of document : ECLI:EU:T:2015:892

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

26. November 2015(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke TURBO DRILL – Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑50/14

Demp BV mit Sitz in Vianen (Niederlande), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Gehweiler,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Schifko als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 22. November 2013 (Sache R 1254/2013‑4) über die Anmeldung des Wortzeichens TURBO DRILL als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz (Berichterstatter) und A. Popescu,

Kanzler: I. Dragan, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 20. Januar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 2. April 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund der am 3. Juni 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund der am 27. August 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Gegenerwiderung,

auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2015

folgendes

Urteil

 Sachverhalt

1        Am 27. März 2013 meldete die Klägerin, die Demp BV, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen TURBO DRILL.

3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 6, 7, 19 und 20 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 6: „Baumaterial aus Metall, Schlosserwaren, Kleineisenwaren, Teile und Zubehör für alle vorstehenden Waren; sämtliche vorstehenden Waren aus Metall“;

–        Klasse 7: „Maschinen und Werkzeugmaschinen; Baumaschine[n]; Bohrmaschinen, Akkuschrauber; Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge); Kupplungen und Vorrichtungen zur Kraftübertragung (ausgenommen solche für Landfahrzeuge); [n]icht handbetätigte landwirtschaftliche Geräte; Teile und Zubehör für alle vorstehenden Waren, insbesondere Bohrer“;

–        Klasse 19: „Baumaterial nicht aus Metall“;

–        Klasse 20: „Befestigungsmaterial, Montagematerial, Schrauben“.

4        Mit Entscheidung vom 11. Juni 2013 wies der Prüfer die Anmeldung für die oben in Rn. 3 aufgeführten Waren gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 zurück.

5        Am 4. Juli 2013 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers Beschwerde ein, in der sie darauf hinwies, dass sie die Zurückweisung der Anmeldung im Hinblick auf „Bohrmaschinen und Bohrer“ in Klasse 7 nicht bestreite.

6        Mit Entscheidung vom 22. November 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie war der Ansicht, die Wortkombination „turbo drill“ bedeute „Turbobohrer“ oder „Turbodrillmaschine“ und sei daher als Hinweis auf einen Bohrer oder eine Drillmaschine von besonderer Leistungsstärke zu verstehen. Das angemeldete Zeichen sei für die verfahrensgegenständlichen Waren, bei denen es sich um Maschinen, Werkzeugmaschinen, landwirtschaftliche Geräte und deren Teile sowie um Zubehör zum Bohren und Säen handele, beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, da es zur Bezeichnung ihrer Bestimmung und Beschaffenheit geeignet sei. Ferner komme dem angemeldeten Zeichen für die genannten Waren auch keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zu.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

8        Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009. Mit dem zweiten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009.

10      Nach der Beschränkung des Warenverzeichnisses der angemeldeten Marke im Verfahren vor der Beschwerdekammer (siehe oben, Rn. 5) nahm die Klägerin auch davon Abstand, gegen die Zurückweisung ihrer Anmeldung in Bezug auf die übrigen Waren der Klasse 7, d. h. die Waren dieser Klasse mit Ausnahme von Bohrmaschinen und Bohrern, vorzugehen.

11      Zum ersten Klagegrund macht sie geltend, die Beschwerdekammer habe fälschlich festgestellt, dass das in Rede stehende Zeichen für die Waren der Klassen 6, 19 und 20 beschreibend sei.

12      Nach der Rechtsprechung verhindert Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, dass die von ihm erfassten Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden. Diese Vorschrift verfolgt somit ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, das darin besteht, dass solche Zeichen oder Angaben von allen frei verwendet werden können (Urteile vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, Slg, EU:C:2003:579, Rn. 31, vom 27. Februar 2002, Ellos/HABM [ELLOS], T‑219/00, Slg, EU:T:2002:44, Rn. 27, und vom 7. Juli 2011, Cree/HABM [TRUEWHITE], T‑208/10, EU:T:2011:340, Rn. 12).

13      Außerdem werden Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Ware oder Dienstleistung dienen können, für die die Eintragung beantragt wird, gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, damit zu ermöglichen, bei einem späteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile HABM/Wrigley, oben in Rn. 12 angeführt, EU:C:2003:579, Rn. 30, und TRUEWHITE, oben in Rn. 12 angeführt, EU:T:2011:340, Rn. 13).

14      Folglich fällt ein Zeichen nur dann unter das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend unmittelbaren und konkreten Bezug aufweist, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, sofort und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung dieser Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale, etwa der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung, zu erkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil TRUEWHITE, oben in Rn. 12 angeführt, EU:T:2011:340, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Ob ein Zeichen beschreibend ist, kann ferner nur im Hinblick auf seine Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise und in Bezug auf die erfassten Waren oder Dienstleistungen beurteilt werden (Urteile vom 27. Februar 2002, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], T‑34/00, Slg, EU:T:2002:41, Rn. 38, und TRUEWHITE, oben in Rn. 12 angeführt, EU:T:2011:340, Rn. 17).

16      Vorliegend ging die Beschwerdekammer zutreffend davon aus, dass die streitigen Waren sich im Wesentlichen an Gewerbetreibende, insbesondere des Baugewerbes und der Landwirtschaft, sowie an Heimwerker richteten. Da sich das fragliche Zeichen aus englischen Wörtern zusammensetze, sei das Verständnis der Verbraucher englischsprachiger Mitgliedstaaten der Union (Irland und Vereinigtes Königreich) zu berücksichtigen. Die Klägerin beanstandet diese Beurteilung im Übrigen nicht. Außerdem ist hinzuzufügen, dass sich bestimmte der erfassten Waren, etwa Teile und Zubehör von Bohr- oder Drillmaschinen, an die Hersteller dieser Geräte oder Maschinen richten.

17      Die Beschwerdekammer ging sodann auch zutreffend davon aus, dass der Bestandteil „turbo“ des Zeichens in verschiedenen Sprachen, u. a. im Englischen, eine Abkürzung für das Wort „Turbine“ sei, das in zusammengesetzten Ausdrücken verschiedenste Maschinen bezeichne, die durch eine Turbine angetrieben würden oder an diese angeschlossen seien. Eine solche Turbine werde in der Regel bei Maschinen und Geräten verwendet, wenn eine besonders starke Leistung erreicht werden solle. Hinzuzufügen ist, dass der Begriff „turbo“ im Englischen auch umgangssprachlich verwendet wird, um allgemein auf eine hohe Leistung zu verweisen, und daher generell einen lobenden Gehalt hat, insbesondere bei komplexen Geräten und Maschinen.

18      Die Beschwerdekammer hat ferner zutreffend festgestellt, dass der Zeichenbestandteil „drill“ einen Bohrer oder eine Bohrmaschine sowie eine Maschine zur Aussaat von Saatgut bezeichne.

19      Somit ist die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung zu bestätigen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Wortkombination TURBO DRILL insgesamt als Bezeichnung für „Turbobohrer“ oder „Turbodrillmaschinen“, also als Hinweis auf einen Bohrer oder eine Drillmaschine mit besonders starker Leistung verstehen werden. Diese Erwägungen der Beschwerdekammer werden von der Klägerin im Übrigen nicht beanstandet.

20      Außerdem konzentriert sich der durch den fraglichen Hinweis bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorgerufene Eindruck mehr auf den Begriff „drill“, durch den speziell die Bohrtätigkeit oder die hierzu verwendeten Geräte bezeichnet werden, während der Bestandteil „turbo“ auf die Verbindung einer Turbine mit einem solchen Gerät hindeutet oder einfach als allgemein lobender Begriff auf hohe Leistung, Umdrehungszahl oder Geschwindigkeit verweist.

21      Wie bereits ausgeführt, bestreitet die Klägerin vor dem Gericht nicht mehr, dass das Zeichen TURBO DRILL in Bezug auf die Waren der Klasse 7 tatsächlich beschreibend ist (siehe oben, Rn. 5 und 10).

22      Somit ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, wonach die Beschwerdekammer fälschlich festgestellt habe, dass das fragliche Zeichen in Bezug auf die Waren der Klassen 6, 19 und 20 (im Folgenden: streitige Waren) beschreibend sei.

23      Die Beschwerdekammer ist insoweit davon ausgegangen, dass auch für „Baumaterial aus Metall, Schlosserwaren, Kleineisenwaren, Teile und Zubehör für alle vorstehenden Waren; sämtliche vorstehenden Waren aus Metall“ der Klasse 6, „Baumaterial nicht aus Metall“ der Klasse 19 und „Befestigungsmaterial, Montagematerial, Schrauben“ der Klasse 20 ein beschreibender Bezug bestehe. Alle diese Waren seien für den Transport sowie die Befestigung und Sicherung von leistungsstarken Bohrern an ihrem Einsatzort notwendig. Die Waren der Klasse 6 erfassten etwa Gerüste, Beschläge, Rohre, Haken oder Griffe und anderes Befestigungsmaterial aus Metall, während zu den Waren der Klasse 19 etwa Holzbalken, ‑bretter oder ‑platten gehörten. Das Zeichen TURBO DRILL bezeichne die Art, Bestimmung und Beschaffenheit dieser Waren.

24      Nach Ansicht der Klägerin ist der Zusammenhang zwischen dem Sinngehalt des fraglichen Zeichens und den streitigen Waren zu entfernt, um die Ablehnung der Eintragung zu rechtfertigen. Sie weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung insoweit ein hinreichend unmittelbarer Bezug erforderlich sei.

25      Sie bestreitet, dass durch das fragliche Zeichen die Bestimmung der streitigen Waren angegeben werden könne, weil sie für den Transport, die Befestigung oder die Sicherung von Bohrern notwendig seien. Akkubohrer und ‑schrauber würden im Allgemeinen in Plastikhüllen oder in speziellen Koffern in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Maschinen selbst aufbewahrt. Selbst Spezialbohrer für den Bergbau, Bohrtürme oder sonstige mit Bohrköpfen versehene Maschinen würden nicht mittels Waren der Klassen 6, 19 oder 20 transportiert oder an ihrem Einsatzort befestigt. Üblicherweise verfügten diese Spezialwerkzeuge über eigene Fahrwerke. Sie würden weder vor Ort fest montiert oder verschraubt noch auf andere Weise mit den angemeldeten Waren fixiert, da es andernfalls unmöglich wäre, das Bohrgerät zu bewegen.

26      Darüber hinaus hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens eine Reihe von Waren der Klassen 6, 19 und 20 aufgezählt, bei denen ihrer Ansicht nach kein unmittelbarer Zusammenhang mit der Bohrtätigkeit hergestellt werden kann; dies gelte etwa für Stein, Zement, Fliesen oder Ziegel.

27      Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin sich vorliegend dafür entschieden hat, die Waren, die durch die angemeldete Marke geschützt werden sollten, durch die Beschreibung umfassender Warengruppen zu definieren, etwa „Baumaterial aus Metall“, „Kleineisenwaren“ (Klasse 6), „Baumaterial nicht aus Metall“ (Klasse 19) und „Befestigungsmaterial, Montagematerial, Schrauben“ (Klasse 20).

28      Bei bestimmten in diesen Gruppen enthaltenen Waren können die maßgeblichen Verkehrskreise einen unmittelbaren Bezug zum Zeichen TURBO DRILL herstellen, bei anderen dagegen nicht.

29      Zum einen ist insoweit festzustellen, dass komplexe, einen Bohrer oder eine Bohrmaschine enthaltende Geräte, wie sie etwa im Bergbau oder in der Erdölindustrie sowie in der Baubranche verwendet werden, aus zahlreichen Teilen bestehen. Selbst wenn es sich beim Herzstück eines solchen Geräts um einen Bohrkopf und den diesen antreibenden Motor handelt, bedarf es noch einer Vielzahl von anderen Teilen und Zubehör, um diese Geräte zu bauen, zu betreiben und zu transportieren; dazu gehören auch Bauteile wie Rohre oder Kleineisenwaren (der Klasse 6), Befestigungs- oder Montagematerial (der Klasse 20) sowie nichtmetallisches Baumaterial (der Klasse 19), die durchaus im Gehäuse oder in der Abdeckung eines solchen Geräts integriert sein können. Dasselbe gilt, für eine große Zahl der streitigen Waren, in Bezug auf Drillmaschinen.

30      Folglich werden die maßgeblichen Verkehrskreise, zu denen auch die Hersteller und Nutzer von Bohr- oder Drillmaschinen gehören, sofort den Zusammenhang erkennen, der zwischen dem Zeichen TURBO DRILL und bestimmten, von den Gruppen, für die die Klägerin mit der angemeldeten Marke Schutz begehrt, erfassten Waren besteht, bei denen es sich um Teile oder Zubehör dieser Geräte oder Maschinen handeln kann. Zudem können bestimmte von diesen Gruppen erfasste Waren, z. B. Rohre sowie Montage- oder Befestigungsmaterial, sogar speziell für den Einbau in ein solches Gerät oder eine solche Maschine oder als Zubehör für sie konstruiert worden sein, so dass das Zeichen TURBO DRILL durchaus ihre Bestimmung beschreiben kann.

31      Zum anderen schließen, wie die Klägerin ausführt, die von der Anmeldung erfassten Warengruppen auch Waren ein, die nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Zeichen TURBO DRILL gebracht werden können; dies gilt etwa für Stein, Zement, Fliesen oder Ziegel, weil diese weder Teile noch Zubehör von Bohr- oder Drillmaschinen sind.

32      Somit hat das Gericht darüber zu entscheiden, ob das HABM in einer solchen Situation das angemeldete Zeichen zu Recht als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 zurückgewiesen hat.

33      Erstens ist der Kontext zu prüfen, in dem das Kriterium zu beurteilen ist, wonach das angemeldete Zeichen, um als beschreibend angesehen zu werden, mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend unmittelbaren und konkreten Zusammenhang aufweisen muss, der es den betreffenden Verkehrskreisen ermöglicht, sofort und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale wie Art, Beschaffenheit oder Bestimmung zu erkennen.

34      Insoweit ist hervorzuheben, dass ein potenzieller Käufer in der Praxis bestimmte Produkte, etwa Rohre sowie Montage- oder Befestigungsmaterialien einer bestimmten Art, die von einem bestimmten Hersteller stammen, prüft, nicht aber allgemeine Warengruppen. Somit ist es zum Nachweis des beschreibenden Charakters einer Marke für eine umfassende Warengruppe wie die von der Anmelderin der Marke definierte (z. B. „Baumaterial aus Metall“) nicht erforderlich, dass durch diese Gruppe ganz abstrakt ein Bild generiert wird, das in unmittelbaren und konkreten Zusammenhang mit der Bedeutung des angemeldeten Zeichens gebracht wird.

35      Nach der Rechtsprechung zur Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 ist es nämlich nicht erforderlich, dass alle Waren einer beanspruchten Warengruppe in unmittelbaren Zusammenhang mit dem angemeldeten Zeichen gebracht werden können. So hat das Gericht in seinem Urteil vom 12. Juli 2012, medi/HABM (medi) (T‑470/09, EU:T:2012:369, Rn. 38), entschieden, dass das Zeichen medi nicht nur im Hinblick auf pharmazeutische Erzeugnisse, sondern auch im Hinblick auf „Seifen“, „Babykost“ sowie „Datenverarbeitungsgeräte und Computer“ keine Unterscheidungskraft hat, obwohl nur ein kleiner Teil dieser Waren eine medizinische Zweckbestimmung hat. Diese Rechtsprechung ist entsprechend auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. c anwendbar und stützt die Feststellung des beschreibenden Charakters des Zeichens TURBO DRILL für die im vorliegenden Fall von der Klägerin definierten umfassenden Warengruppen, weil jede dieser Gruppen Waren enthält, deren Bestimmung das Zeichen angibt.

36      Zweitens ist hervorzuheben, dass das oben in Rn. 33 beschriebene Kriterium nicht unabhängig und entgegen der ratio legis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ausgelegt werden kann, die darin besteht, zu verhindern, dass Zeichen, die Beschaffenheit, Art oder Bestimmung der erfassten Waren beschreiben, aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden, damit der freie Wettbewerb nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt wird (siehe oben, Rn. 12). Ebenso nimmt der zweite Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 ausdrücklich Bezug auf das Ziel, ein System zur Eintragung von Gemeinschaftsmarken zu errichten, das einen unverfälschten Wettbewerb sicherstellt.

37      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht gewährt und der Inhaber damit Dritten verbieten darf, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein ähnliches oder identisches Zeichen für Waren zu benutzen, die denen, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, ähneln oder mit ihnen identisch sind. Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung kann der Markeninhaber insbesondere die Benutzung des Zeichens durch Dritte in den Geschäftspapieren und in der Werbung unter den in Art. 9 Abs. 1 genannten Voraussetzungen verbieten.

38      Aus diesen Regeln geht hervor, dass die Klägerin, wenn sie sich die Benutzung des Zeichens TURBO DRILL im geschäftlichen Verkehr für die umfassenden Warengruppen der Klassen 6, 19 und 20 vorbehielte, jede Benutzung des Zeichens durch Dritte im Geschäftsverkehr nicht nur in Bezug auf die von ihr genannten Waren (wie Stein, Zement, Fliesen oder Ziegel) verhindern könnte, sondern auch in Bezug auf Waren wie Rohre und verschiedene Kleineisenwaren, bei denen es sich um Teile oder Zubehör von Bohr- oder Drillmaschinen handelt.

39      Insbesondere könnte die Klägerin es dann den Herstellern von Teilen und Zubehör für diese Geräte und Maschinen verbieten oder erschweren, in ihren Geschäftspapieren und ihrer Werbung auf Englisch anzugeben, dass diese Teile und dieses Zubehör dazu bestimmt sind, in Verbindung mit Bohrern oder Bohrmaschinen, die eine Turbine enthalten, verwendet zu werden, da die Beschreibung einer solchen Bestimmung ohne die Verwendung der Wörter „turbo“ und „drill“ oder sehr ähnlicher Begriffe, deren Verwendung im geschäftlichen Verkehr der Klägerin vorbehalten wäre, kaum denkbar ist.

40      Ein solches Ergebnis wäre unvereinbar mit dem Ziel von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, das darin besteht, einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten (siehe oben, Rn. 12 und 36).

41      Es wäre für die Anmelder von Gemeinschaftsmarken zu einfach, diese Ziele und den Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 zu umgehen, wenn es zulässig wäre, sich die Benutzung eines Zeichens für umfassende Warengruppen vorzubehalten, die nicht nur Waren einschlössen, mit denen das Zeichen keinen unmittelbaren Zusammenhang aufweist, sondern auch andere Waren, auf deren Art, Beschaffenheit oder Bestimmung das Zeichen hinweist.

42      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Anmelderin der Gemeinschaftsmarke die Waren und Dienstleistungen, für die sie Schutz durch die angemeldete Marke anstrebt, völlig frei definieren kann. Vorliegend war die Klägerin beispielsweise durch nichts daran gehindert, lediglich „Stein, Zement, Fliesen oder Ziegel“ zu beanspruchen statt insgesamt „Baumaterial nicht aus Metall“, eine umfassende Gruppe, die auch nichtmetallische Rohre, Holzbalken, ‑bretter oder ‑platten und verschiedene Plastikteile umfasst, die in das Gehäuse einer großen Bohrmaschine eingebaut oder als Zubehör solcher Geräte verwendet werden können.

43      Aus dem Ziel von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009, auf das auch im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung hingewiesen wird (siehe oben, Rn. 12 und 36), ergibt sich, dass das HABM, wenn es mit einer Formulierung der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen konfrontiert wird, die aus umfassenden Gruppen besteht, die Möglichkeit haben muss, diese zu untergliedern, um zu prüfen, ob das angemeldete Zeichen nicht für bestimmte in diesen Gruppen enthaltene Waren oder Dienstleistungen auf deren Art, Beschaffenheit oder Bestimmung hinweist. Vorliegend folgte das HABM diesem Ansatz, als es in der angefochtenen Entscheidung feststellte, dass die von der Anmeldung erfassten Warengruppen Teile und Zubehör von Bohr- oder Drillmaschinen einschlössen.

44      In Anbetracht der Formulierung der von der Anmeldung erfassten Waren, die aus umfassenden Gruppen von Waren der Klassen 6, 19 und 20 bestehen und die Teile und Zubehör für Bohr- oder Drillmaschinen einschließen, liefe deshalb die Eintragung des Zeichens TURBO DRILL für diese Waren der ratio legis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 (siehe oben, Rn. 12 und 36) zuwider, da dadurch die Freiheit der Hersteller von solchen Teilen und solchem Zubehör beeinträchtigt würde, die genannte Angabe im Zusammenhang mit ihren Waren zu verwenden, um insbesondere klarzustellen, dass sie zum Einbau in solche Geräte oder Maschinen oder als Zubehör für sie bestimmt sind.

45      Folglich hat das HABM die Eintragung des Zeichens TURBO DRILL für die in Rede stehenden Waren zu Recht abgelehnt.

46      Dieses Ergebnis wird durch das auf das Urteil vom 27. Februar 2002, Streamserve/HABM [STREAMSERVE], T‑106/00, Slg, EU:T:2002:43), gestützte Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt. Das Gericht hat in diesem Urteil zunächst festgestellt, dass die Angabe STREAMSERVE auf eine Technik für die Übertragung digitaler Daten von einem Server aus verwies. Sodann hat es entschieden, dass diese Technik die Benutzung der Waren „Computer, Speicher für Datenverarbeitungsanlagen, Bildschirme, Tastaturen, Prozessoren, Drucker und Scanner“ einschloss oder sogar erforderte. Das Zeichen war mithin für diese erste Warengruppe, deren Bestimmung es angab, beschreibend. Dagegen hat das Gericht entschieden, dass diese Technik die Benutzung der Waren „Handbücher“ und „Veröffentlichungen“ weder voraussetzte noch einschloss, so dass die Angabe für diese zweite Warengruppe nicht beschreibend war (Urteil STREAMSERVE, EU:T:2002:43, Rn. 43 und 50).

47      Somit geht aus dem Urteil STREAMSERVE (oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 43 und 50) hervor, dass ein Zeichen für die zur Ausübung einer Tätigkeit oder zur Verwendung einer Technologie oder einer Ware, auf die das Zeichen verweist, notwendigen Waren beschreibend ist, weil es ihre Bestimmung angibt.

48      So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat sich nämlich in ihrer Anmeldung dafür entschieden, die erfassten Waren unter Bezugnahme auf umfassende Gruppen zu beschreiben, die eine breite Produktpalette umfassen. Jede Gruppe der streitigen Waren schließt Waren wie Teile oder Zubehör ein, die für die Benutzung leistungsstarker Bohr- oder Drillmaschinen notwendig oder dazu bestimmt sind, mit ihnen zusammen benutzt zu werden (siehe oben, Rn. 27, sowie die oben in Rn. 23 erwähnten Beispiele aus der angefochtenen Entscheidung). In Anwendung des Urteils STREAMSERVE (oben in Rn. 46 angeführt, Rn. 43 und 50) besteht somit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den streitigen Waren und dem durch das fragliche Zeichen zum Ausdruck gebrachten Hinweis, und die maßgeblichen Verkehrskreise werden ihre Bestimmung oder ihre Beschaffenheit sofort diesem Zeichen entnehmen.

49      Nach alledem ist der von der Beschwerdekammer getroffenen Feststellung, dass das Zeichen TURBO DRILL für die in Rede stehenden Waren beschreibend sei, beizupflichten, und der erste Klagegrund ist zurückzuweisen.

50      Überdies geht aus dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 hervor, dass der Ausschluss von der Eintragung bereits dann gerechtfertigt ist, wenn nur eines der dort genannten Eintragungshindernisse vorliegt. Da das Zeichen beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ist, bedarf es keiner Prüfung des zweiten Klagegrundes, mit dem die fehlende Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b bestritten wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg, EU:C:2002:506, Rn. 29).

 Kosten

51      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM dessen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Demp BV trägt die Kosten.

Berardis

Czúcz

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. November 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.