Language of document : ECLI:EU:C:2013:431

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

27. Juni 2013(*)

„Elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste – Richtlinie 2002/20/EG – Art. 12 und 13 – Verwaltungsabgaben und Entgelte für Nutzungsrechte – Auf die Betreiber von Mobilfunknetzen anwendbares Entgelt – Nationale Rechtsvorschriften – Methode zur Berechnung des Entgelts – Prozentsatz der von den Nutzern entrichteten Gebühren“

In der Rechtssache C‑71/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Qorti Kostituzzjonali (Malta) mit Entscheidung vom 17. Januar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Februar 2012, in dem Verfahren

Vodafone Malta ltd.,

Mobisle Communications ltd.

gegen

Avukat Ġenerali,

Kontrollur tad-Dwana,

Ministru tal-Finanzi,

Awtorita’ ta’ Malta dwar il-Komunikazzjoni

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter E. Jarašiūnas (Berichterstatter), A. Ó Caoimh und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Vodafone Malta ltd., vertreten durch I. Refalo, M. Refalo, L. Hurst, J. Pavia und M. Borg, avukati, sowie durch M. Hall, QC,

–        der Mobisle Communications ltd., vertreten durch F. Galea Salomone als Bevollmächtigten im Beistand von I. Gauci und R. Tufigno, avukati,

–        der Awtorita’ ta’ Malta dwar il-Komunikazzjoni, vertreten durch L. Cassar Pullicino und P. Micallef, avukati,

–        der maltesischen Regierung, vertreten durch P. Grech, D. Mangion und V. Buttigieg als Bevollmächtigte,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte,

–        der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.‑S. Pilczer als Bevollmächtigte,

–        von Ungarn, vertreten durch Z. Fehér, K. Szíjjártó und Á. Szílágyi als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, K. Mifsud-Bonnici und L. Nicolae als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 12 und 13 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 21).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Vodafone Malta ltd. (im Folgenden: Vodafone Malta) und der Mobisle Communications ltd. (im Folgenden: Mobisle Communications) einerseits und dem Avukat Ġenerali (Generalanwalt), dem Kontrollur tad-Dwana (Zollkontrolleur), dem Ministru tal-Finanzi (Finanzminister) und der Awtorita’ ta’ Malta dwar il-Komunikazzjoni (maltesische Kommunikationsbehörde) andererseits wegen der Auferlegung einer Verbrauchsteuer.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Die Erwägungsgründe 30 und 31 der Genehmigungsrichtlinie lauten:

„(30)      Von Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste können Verwaltungsabgaben erhoben werden, um die Arbeit der nationalen Regulierungsbehörde bei der Abwicklung des Genehmigungsverfahrens und der Einräumung von Nutzungsrechten zu finanzieren. Diese Abgaben sollten sich auf das beschränken, was zur Deckung der tatsächlichen Verwaltungskosten für diese Arbeit notwendig ist. Zu diesem Zweck sollte bei den Einnahmen und Ausgaben der nationalen Regulierungsbehörden dadurch für Transparenz gesorgt werden, dass die insgesamt eingenommenen Abgaben und die angefallenen Verwaltungskosten jährlich offen gelegt werden. So können die Unternehmen prüfen, ob die Abgaben den Verwaltungskosten entsprechen.

(31)      Die Regelungen zur Erhebung von Verwaltungsabgaben sollten den Wettbewerb nicht verzerren und keine Schranken für den Marktzugang errichten. Mit einer Allgemeingenehmigungsregelung wird es, abgesehen von der Gewährung von Nutzungsrechten für Nummern und Funkfrequenzen und von Rechten für die Installation von Einrichtungen, nicht länger möglich sein, einzelnen Unternehmen administrative Kosten und somit Abgaben aufzuerlegen. Alle erhobenen Verwaltungsabgaben sollten mit den Grundsätzen einer Allgemeingenehmigungsregelung vereinbar sein. Ein Beispiel einer fairen, einfachen und transparenten Option für diese Kriterien zur Auferlegung von Abgaben könnte ein am Umsatz orientierter Verteilungsschlüssel sein. Sind die administrativen Kosten sehr gering, so sind möglicherweise Pauschalabgaben oder Abgaben, bei denen Pauschalbasis und umsatzbezogene Komponenten miteinander kombiniert werden, angemessen.“

4        Art. 1 („Ziel und Geltungsbereich“) der Genehmigungsrichtlinie bestimmt:

„(1)      Ziel dieser Richtlinie ist es, durch die Harmonisierung und Vereinfachung der Genehmigungsvorschriften und ‑bedingungen einen Binnenmarkt für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste zu errichten, damit deren Bereitstellung in der ganzen Gemeinschaft erleichtert wird.

(2)      Diese Richtlinie gilt für Genehmigungen, die für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste erteilt werden.“

5        Art. 2 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie enthält folgende Begriffsbestimmung:

„‚Allgemeingenehmigung‘: der in einem Mitgliedstaat errichtete rechtliche Rahmen, mit dem gemäß dieser Richtlinie Rechte für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste gewährleistet werden und in dem sektorspezifische Verpflichtungen festgelegt werden, die für alle oder für bestimmte Arten von elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten gelten können.“

6        Art. 12 („Verwaltungsabgaben“) der Richtlinie lautet:

„(1)      Verwaltungsabgaben, die von Unternehmen verlangt werden, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung einen Dienst oder ein Netz bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht gewährt wurde,

a)      dienen insgesamt lediglich zur Deckung der administrativen Kosten für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung von Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten sowie der in Artikel 6 Absatz 2 genannten besonderen Verpflichtungen, die die Kosten für internationale Zusammenarbeit, Harmonisierung und Normung, Marktanalyse, Überwachung der Einhaltung und andere Marktkontrollmechanismen sowie für Regulierungstätigkeiten zur Ausarbeitung und Durchsetzung des abgeleiteten Rechts und von Verwaltungsbeschlüssen, beispielsweise von Beschlüssen über den Zugang und die Zusammenschaltung, einschließen können, und

b)      werden den einzelnen Unternehmen in einer objektiven, verhältnismäßigen und transparenten Weise auferlegt, bei der die zusätzlichen Verwaltungskosten und zugehörigen Aufwendungen auf ein Mindestmaß reduziert werden.

(2)      Erheben die nationalen Regulierungsbehörden Verwaltungsabgaben, so veröffentlichen sie einen jährlichen Überblick über ihre Verwaltungskosten und die insgesamt eingenommenen Abgaben. Entsprechend der Differenz der Gesamtsumme der Abgaben und der Verwaltungskosten werden entsprechende Berichtigungen vorgenommen.“

7        Art. 13 („Entgelte für Nutzungsrechte und für Rechte für die Installation von Einrichtungen“) der Genehmigungsrichtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können der zuständigen Behörde gestatten, bei Nutzungsrechten für Funkfrequenzen oder Nummern oder bei Rechten für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz Entgelte zu erheben, die eine optimale Nutzung dieser Ressourcen sicherstellen sollen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entgelte objektiv gerechtfertigt, transparent, nichtdiskriminierend und ihrem Zweck angemessen sind, und tragen den in Artikel 8 der Richtlinie 2002/21/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ­dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33)] genannten Zielen Rechnung.“

 Maltesisches Recht

8        Das Att Numru II ta’1‑2005 – Att biex jimplimenta diversi miżuri ta’ l‑Estmi u biex jipprovdi għal miżuri amministrattivi oħra (Gesetz zur Durchführung bestimmter budgetärer Maßnahmen und anderer administrativer Maßnahmen) (Gazzetta tal-Gvern ta’ Malta Nr. 17,734 vom 1. März 2005, im Folgenden: Gesetz Nr. II von 2005) führt in seinem Art. 40 für Mobilfunkdienstleistungen (Mobilfunkverträge und aufladbare Guthabenkarten) eine Verbrauchsteuer in Höhe von 3 % ein und legt in seinem Art. 41 Regeln für diese Dienstleistungen fest.

9        Art. 41 des Gesetzes Nr. II von 2005, der diese Regeln betrifft, lautet:

„Abschnitt G

Regeln für Mobilfunkdienstleistungen

1.      Der Titel dieser Regeln lautet ‚Regeln für Mobilfunkdienstleistungen‘. 

2.      Diese Regeln gelten für alle Einnahmen, die durch Mobilfunkdienstleistungen im Sinne von Regel 4 erzielt werden.

3.      Betreiber von Mobilfunknetzen müssen sich gemäß dem Verbrauchsteuergesetz (im Folgenden: Gesetz) beim Kontrollur tad-Dwana registrieren lassen.

4.      Auf alle von Betreibern von Mobilfunknetzen für ihre Dienstleistungen erhobenen Gebühren sind Verbrauchsteuern zu zahlen, auch auf Mobilfunkverträge und aufladbare Karten.

In der Erwägung, dass der Begriff ‚Betreiber‘ die in Art. 2 des Gesetzes (über die Regelung) in Bezug auf die elektronische Kommunikation festgelegte Bedeutung hat;

In der weiteren Erwägung, dass auf folgende Dienstleistungen keine Verbrauchsteuer erhoben wird:

a)      Inbound Roaming;

b)      Verbindungseinnahmen;

c)      Geldspenden, die der Spender dem Empfänger mittels Dienstleistungen übermittelt, die vom Mobilfunkbetreiber bereitgestellt werden;

d)      Freiminuten.

5.      Die Person, Firma, Personen- oder Kapitalgesellschaft, die beim Kontrollur tad-Dwana ordnungsgemäß registriert ist, ist dafür verantwortlich, dass die Verbrauchsteuer im Sinne von Art. 3 des Gesetzes zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit gezahlt wird.

6. (1)      Die Aufzeichnungen über Einnahmen aufgrund von Dienstleistungen, die nach diesen Regeln der Verbrauchsteuer unterliegen, sind dem Kontrollur tad-Dwana für alle erforderlichen Prüfungen zur Verfügung zu stellen.

(2)      In regelmäßigen, vom Kontrollur tad-Dwana festzulegenden Abständen ist diesem eine Aufstellung aller Einnahmen vorzulegen, die mit den Dienstleistungen, die nach diesen Regeln der Verbrauchsteuer unterliegen, erzielt worden sind.

(3)      Eine Abrechnungsperiode umfasst drei Monate oder einen vom Kontrollur tad-Dwana gebilligten oder in anderer Weise vorgeschriebenen oder vorgesehenen längeren Zeitraum, und dem Kontrollur tad-Dwana ist innerhalb von dreißig Tagen nach Ende jeder Abrechnungsperiode ein Bericht zu übermitteln.

(4)      Wer diesen Regeln zuwiderhandelt, begeht eine Rechtsverletzung und kann zu einer Geldstrafe von bis zu fünfhundert [maltesischen] Lire verurteilt werden.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

10      Vodafone Malta und Mobisle Communications sind Netzbetreiber im Bereich der Telekommunikation auf Malta; sie besitzen dort eine Allgemeingenehmigung zur Bereitstellung von Mobilfunkdienstleistungen.

11      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass Vodafone Malta und Mobisle Communications am 19. April 2005 bei der Prim’Awla tal‑Qorti Ċivili (Erste Kammer des Zivilgerichts) ein auf die Nichtigerklärung der Art. 40 und 41 des Gesetzes Nr. II von 2005 gerichtetes Verfahren einleiteten, wobei sie geltend machten, dass diese Bestimmungen, da sie die Auferlegung einer Verbrauchsteuer für bestimmte Mobilfunkdienstleistungen vorsähen, gegen die Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie verstießen.

12      Das Gericht des ersten Rechtszugs wies die Klagen von Vodafone Malta und Mobisle Communications ab. Es war zum einen der Ansicht, dass die Erhebung der beanstandeten Verbrauchsteuer nicht die Genehmigungsrichtlinie verletze, weil diese den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit nehme, für die von den Telekommunikationsbetreibern bereitgestellten Dienstleistungen andere als die in der Richtlinie genannten Abgaben zu erheben. Zum anderen vertrat es die Auffassung, dass der den Anspruch auf die Verbrauchsteuer begründende Tatbestand nicht die dem Betreiber erteilte Genehmigung für die Bereitstellung der Dienstleistung, sondern die Inanspruchnahme der Dienstleistung sei, da die Steuer nicht anhand des Umsatzes des Betreibers, sondern nur anhand des Preises bestimmter Dienstleistungen berechnet werde, die der Betreiber für die Nutzer bereitstelle.

13      Am 10. Dezember 2008 legten Vodafone Malta und Mobisle Communications bei der Qorti Kostituzzjonali Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein. Sie machten vor diesem Gericht erneut geltend, dass die fragliche Verbrauchsteuer wegen eines Verstoßes gegen die Genehmigungsrichtlinie für nichtig erklärt werden müsse, weil die Mitgliedstaaten keine anderen als die von dieser Richtlinie vorgesehenen Abgaben oder Entgelte sowie allgemein anwendbare Steuern erheben dürften.

14      Die fragliche Verbrauchsteuer für Mobilfunkdienstleistungen sei aber keine allgemeine, sondern eine speziell für die Betreiber von Mobilfunknetzen geltende Steuer.

15      Die Beklagten des Ausgangsverfahrens machen geltend, die im Gesetz Nr. II von 2005 vorgesehene Verbrauchsteuer unterscheide sich von den in den Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie beschriebenen Verwaltungsabgaben. Es handele sich um eine auf der Inanspruchnahme von Diensten durch den Nutzer beruhende Steuer, die das betreffende Unternehmen erhebe, und diese Verbrauchsteuer unterscheide sich von den Steuern, die im Urteil vom 18. September 2003, Albacom und Infostrada (C‑292/01 und C‑293/01, Slg. 2003, I‑9449), geprüft worden seien.

16      Im Licht des Urteils vom 8. September 2005, Mobistar und Belgacom Mobile (C‑544/03 und C‑545/03, Slg. 2005, I‑7723), äußert die Qorti Kostituzzjonali Zweifel hinsichtlich der Tragweite der Genehmigungsrichtlinie und wirft die Frage auf, ob es nach dieser Richtlinie ausgeschlossen ist, eine Steuer direkt auf bestimmte von den Betreibern mobiler Telekommunikationsdienste bereitgestellte Dienstleistungen zu erheben.

17      Unter diesen Umständen hat die Qorti Kostituzzjonali beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Hindern die Bestimmungen der Genehmigungsrichtlinie und insbesondere deren Art. 12 und 13 einen Mitgliedstaat daran, den Betreibern mobiler Telekommunikationsdienste eine finanzielle Belastung aufzuerlegen, und zwar

a)      eine als Verbrauchsteuer bezeichnete Steuer, die durch nationale Rechtsvorschriften eingeführt wird;

b)      die als Prozentsatz der Gebühren berechnet wird, die die Betreiber von Mobilfunknetzen von ihren Nutzern für die Dienstleistungen, die sie ihnen erbringen, verlangen, mit Ausnahme der durch Gesetz ausgenommenen Dienstleistungen;

c)      die den Betreibern von Mobilfunknetzen von ihren Nutzern auf individueller Basis gezahlt wird, wobei dieser Betrag in der Folge von allen Betreibern, die Mobilfunkdienstleistungen anbieten, an den Kontrollur tad-Dwana weitergeleitet wird und nur von den Betreibern, nicht aber von anderen Unternehmen einschließlich solcher, die andere elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste anbieten, abzuführen ist?

 Zur Vorlagefrage

18      Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage wissen, ob die Art. 12 und 13 der Genehmigungsrichtlinie dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach die Betreiber, die Mobilfunkdienstleistungen anbieten, eine „Verbrauchsteuer“ in Höhe eines Prozentsatzes der Gebühren abführen müssen, die sie von den Nutzern dieser Dienstleistungen erheben.

19      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie die Modalitäten der Erhebung von Entgelten bei Nutzungsrechten für Funkfrequenzen oder Nummern oder bei Rechten für die Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz betrifft. Dagegen knüpft, wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, die Erhebung einer als „Verbrauchsteuer“ bezeichneten Abgabe auf alle von den Betreibern von Mobilfunknetzen für ihre Dienstleistungen erhobenen Gebühren, wie dies bei der im Ausgangsverfahren streitgegenständlichen Abgabe der Fall ist, an die „Bereitstellung von Mobilfunkdienstleistungen“ an. Folglich ist Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie im Ausgangsverfahren nicht einschlägig.

20      Zu Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie ist darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie nicht nur Vorschriften über die Verfahren zur Erteilung von Allgemeingenehmigungen oder Nutzungsrechten an Funkfrequenzen oder Nummern sowie zum Inhalt dieser Genehmigungen vorsieht, sondern auch Vorschriften über die Natur bzw. das Ausmaß der finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit diesen Verfahren, die die Mitgliedstaaten den Unternehmen im Sektor der elektronischen Kommunikationsdienste auferlegen können (vgl. entsprechend Urteile Albacom und Infostrada, Randnrn. 35 und 36, sowie vom 21. Juli 2011, Telefónica de España, C‑284/10, Slg. 2011, I­6991, Randnr. 18).

21      Insoweit geht aus dem Wortlaut von Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie hervor, dass die Mitgliedstaaten von den Unternehmen, die aufgrund einer Allgemeingenehmigung einen Dienst oder ein Netz bereitstellen oder denen ein Nutzungsrecht für Funkfrequenzen oder Nummern gewährt wurde, nur Verwaltungsabgaben verlangen dürfen, die insgesamt zur Deckung der administrativen Kosten für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung von Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten sowie der in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie genannten besonderen Verpflichtungen dienen.

22      Die Verwaltungsabgaben im Sinne von Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie haben somit Entgeltcharakter, weil sie zum einen nur für die von den nationalen Regulierungsbehörden zugunsten der Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste u. a. aufgrund der Allgemeingenehmigung oder der Gewährung eines Nutzungsrechts für Funkfrequenzen oder Nummern erbrachten Verwaltungsdienstleistungen erhoben werden dürfen und zum anderen die durch diese Dienstleistungen verursachten administrativen Kosten decken müssen.

23      Dabei dürfen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs speziell die Verwaltungsabgaben, die die Mitgliedstaaten von den Betreibern, die im Besitz einer Allgemeingenehmigung im Sinne von Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie sind, erheben, nur die Deckung der Kosten für vier Verwaltungstätigkeiten, und zwar die Ausstellung, Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung der jeweiligen Allgemeingenehmigung, zum Gegenstand haben (vgl. entsprechend Urteil Telefónica de España, Randnr. 22).

24      Aus alledem ergibt sich, dass eine Steuer, deren Entstehungstatbestand an die Allgemeingenehmigung für den Zugang zum Markt für elektronische Kommunikationsdienste anknüpft, unter Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie fällt. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass eine solche Verwaltungsabgabe nur für die in Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie genannten Zwecke und unter den dort genannten Bedingungen erhoben wird.

25      Dagegen fällt eine Steuer, deren Entstehungstatbestand nicht an die Allgemeingenehmigung für den Zugang zum Markt für elektronische Kommunikationsdienste, sondern an die Nutzung der von den Betreibern bereitgestellten Mobilfunkdienstleistungen anknüpft und die letztlich von den Nutzern dieser Dienstleistungen getragen wird, nicht unter Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie.

26      In den Randnrn. 35 und 36 des Beschlusses vom 15. Dezember 2010, Agricola Esposito (C‑492/09), hat der Gerichtshof nämlich festgestellt, dass die Genehmigungsrichtlinie nicht auf eine Steuer anwendbar ist, die auf den Einsatz von Endgeräten für den öffentlichen terrestrischen Mobilfunk-Kommunikationsdienst erhoben wurde, da deren Besteuerungsgrundlage nicht in der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste bestand und die private Nutzung einer Mobilfunkdienstleistung durch einen Vertragskunden nicht die Bereitstellung eines elektronischen Kommunikationsnetzes oder ‑dienstes im Sinne dieser Richtlinie voraussetzte.

27      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Abgabe als „Verbrauchsteuer“ bezeichnet wird, dass sie nicht von allen Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste, die im Besitz einer Allgemeingenehmigung sind, sondern nur von den Betreibern verlangt wird, die Mobilfunkdienstleistungen bereitstellen, und dass sie als Prozentsatz der Gebühren berechnet wird, die diese Betreiber von den Nutzern dieser Dienstleistungen erheben. Ferner weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass diese Abgabe „den Betreibern von Mobilfunknetzen von ihren Nutzern auf individueller Basis gezahlt wird, wobei dieser Betrag in der Folge von allen Betreibern, die Mobilfunkdienstleistungen anbieten, an den Kontrollur tad-Dwana weitergeleitet wird und nur von den Betreibern, nicht aber von anderen Unternehmen einschließlich solcher, die andere elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste anbieten, abzuführen ist“.

28      Die im Ausgangsverfahren fragliche Abgabe scheint angesichts dieser Aspekte einer Verbrauchsteuer gleichzukommen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, fällt die Abgabe nicht unter Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie.

29      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 12 der Genehmigungsrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach die Betreiber, die Mobilfunkdienstleistungen anbieten, eine „Verbrauchsteuer“ in Höhe eines Prozentsatzes der Gebühren abführen müssen, die sie von den Nutzern dieser Dienstleistungen erheben, dann nicht entgegensteht, wenn der Entstehungstatbestand dieser Steuer nicht an die Allgemeingenehmigung für den Zugang zum Markt für elektronische Kommunikationsdienste, sondern an die Nutzung der von den Betreibern bereitgestellten Mobilfunkdienstleistungen anknüpft und wenn sie letztlich von den Nutzern dieser Dienstleistungen getragen wird; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 Kosten

30      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 12 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach die Betreiber, die Mobilfunkdienstleistungen anbieten, eine „Verbrauchsteuer“ in Höhe eines Prozentsatzes der Gebühren abführen müssen, die sie von den Nutzern dieser Dienstleistungen erheben, dann nicht entgegensteht, wenn der Entstehungstatbestand dieser Steuer nicht an die Allgemeingenehmigung für den Zugang zum Markt für elektronische Kommunikationsdienste, sondern an die Nutzung der von den Betreibern bereitgestellten Mobilfunkdienstleistungen anknüpft und wenn sie letztlich von den Nutzern dieser Dienstleistungen getragen wird; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Maltesisch.