Language of document : ECLI:EU:T:2016:69

Rechtssache T‑135/14

(auszugsweise Veröffentlichung)

Kicktipp GmbH

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke kicktipp – Ältere nationale Wortmarke KICKERS – Regel 19 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 – Regel 98 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 – Relatives Eintragungshindernis – Keine Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 5. Februar 2016

1.      Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Substanziierung des Widerspruchs – Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang einer eingetragenen älteren Marke – Teleologische Auslegung – Ausreichender Nachweis durch Verlängerungsurkunde – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1, Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii)

2.      Gemeinschaftsmarke – Sprachen des Amtes – Pflicht, innerhalb eines Monats nach Vorlage des Originalschriftstücks eine Übersetzung in die Verfahrenssprache vorzulegen – Notwendigkeit, das Originalschriftstück ausdrücklich zu bestimmen – Fehlen

(Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1, Regel 98 Abs. 1)

3.      Gemeinschaftsmarke – Bemerkungen Dritter und Widerspruch – Substanziierung des Widerspruchs – Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang einer älteren eingetragenen Marke – Nachweis der Verlängerung der älteren Marke – Bedeutung

(Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1, Regel 19 Abs. 2 Buchst. a)

1.      Gemäß Regel 19 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke muss der Widersprechende „einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke“ erbringen. In Regel 19 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 2868/95 sind die Nachweise aufgeführt, die der Widersprechende „[i]m Besonderen“ vorlegen muss. Aus dem ersten Teil von Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 geht insoweit hervor, dass ein Widersprechender die Eintragungsurkunde „et“ (und) gegebenenfalls die jüngste Verlängerungsurkunde einer älteren eingetragenen Marke, die keine Gemeinschaftsmarke ist, vorlegen muss. Gemäß Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii am Ende der Verordnung Nr. 2868/95 hat der Widersprechende auch die Möglichkeit, „gleichwertige Schriftstücke der Stelle, die die Markeneintragung vorgenommen hat“, vorzulegen.

Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass die Möglichkeit, ein gleichwertiges Schriftstück vorzulegen, nicht nur die Verlängerungsurkunde betrifft, sondern sowohl die Eintragungsurkunde als auch die Verlängerungsurkunde. Das Erfordernis, die Eintragungsurkunde vorzulegen, ist nämlich kein Selbstzweck, sondern soll ermöglichen, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt über einen zuverlässigen Nachweis für die Existenz der Marke verfügt, auf die sich der Widerspruch stützt. Es ist daher möglich, ein „gleichwertiges“ Schriftstück vorzulegen, das sowohl die Eintragungsurkunde als auch die Verlängerungsurkunde ersetzt.

Überdies ist es auch möglich, dass das zweite in Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 genannte Schriftstück, die Verlängerungsurkunde, zugleich ein dem ersten Schriftstück, der Eintragungsurkunde, „gleichwertiges Schriftstück“ darstellt. Wenn die Verlängerungsurkunde alle zur Beurteilung der Existenz, der Gültigkeit und des Schutzumfangs der Marke, auf die sich der Widerspruch stützt, erforderlichen Informationen enthält, stellt ihre Vorlage nämlich „einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang [der] älteren Marke“ im Sinne von Regel 19 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 2868/95 dar. Wie bereits ausgeführt, sind bei teleologischer Auslegung von Regel 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2868/95 der Inhalt des Schriftstücks sowie die Tatsache, dass es von der zuständigen Stelle stammt, entscheidend.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Vorlage einer Verlängerungsurkunde zum Nachweis der Existenz, der Gültigkeit und des Schutzumfangs der Marke, auf die sich der Widerspruch stützt, ausreicht, wenn sie alle zu diesem Zweck erforderlichen Informationen enthält.

(vgl. Rn. 57, 58, 60, 62, 64, 65)

2.      Wenn die Übersetzung eines Schriftstücks einzureichen ist, muss sie nach Regel 98 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke auf das Originalschriftstück Bezug nehmen und die Struktur und den Inhalt des Originalschriftstücks wiedergeben. Ein ausdrücklicher Hinweis ist jedoch zur Bestimmung des Schriftstücks, auf das eine Übersetzung Bezug nimmt, nicht erforderlich, wenn das Originalschriftstück und die Übersetzung zusammen vorgelegt werden. Wenn sich die Übersetzung unmittelbar hinter dem Originalschriftstück befindet, besteht nämlich kein Zweifel daran, auf welches Originalschriftstück die Übersetzung Bezug nimmt.

(vgl. Rn. 71, 72)

3.      Wenn die Verlängerung der älteren Marke, auf die sich ein Widerspruch stützt, rechtzeitig beantragt wurde, die zuständige Stelle über diesen Antrag aber noch nicht entschieden hat, reicht es aus, einen Beleg für den Antrag vorzulegen, wenn er von der zuständigen Stelle stammt und alle erforderlichen Informationen hinsichtlich der Eintragung der Marke enthält, wie sie sich aus einer Eintragungsurkunde ergeben würden. Solange diese Marke nicht verlängert wurde, vermag der Inhaber der Marke nämlich keine Verlängerungsurkunde vorzulegen, und er darf keinen Nachteil erleiden, weil die zuständige Stelle gewisse Zeit benötigt, um über seinen Antrag zu entscheiden. Derselbe Gedanke geht im Übrigen aus Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke hervor, wonach die Vorlage einer Abschrift der Anmeldebescheinigung ausreicht, wenn die Marke noch nicht eingetragen ist.

Ist die Marke, auf die sich ein Widerspruch stützt, eingetragen, genügt die Vorlage der Anmeldebescheinigung hingegen nach Regel 19 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 2868/95 nicht mehr. Dann muss die Eintragungsurkunde oder ein gleichwertiges Schriftstück vorgelegt werden. Nach demselben Gedanken reicht es nicht aus, einen Beleg für die Stellung eines Verlängerungsantrags vorzulegen, wenn die Verlängerung vorgenommen wurde.

(vgl. Rn. 74, 75)