Language of document : ECLI:EU:C:2019:151

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 28. Februar 2019(1)

Rechtssache C677/17

Herr Çoban

gegen

Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen (Uwv)

(Vorabentscheidungsersuchen des Centrale Raad van Beroep [Instanzgericht für den Bereich der sozialen Sicherheit, Niederlande])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Assoziierungsabkommen EWG–Türkei – Zusatzprotokoll – Art. 59 – Beschluss Nr. 3/80 – Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Art. 6 Abs. 1 – Aufhebung der Wohnortklauseln – Nach nationalem Recht gewährte Aufstockungsleistungen – Entzug“






1.        Es liegt in der menschlichen Natur, in die Heimat zurückkehren zu wollen, nachdem man zum Arbeiten oder wegen eines Auftrags lange Zeit von zu Hause weg war. Odysseus zog die Rückkehr nach Ithaka möglichem Reichtum und sogar der Unsterblichkeit vor(2). Nüchterner ausgedrückt hat der Unionsgesetzgeber dieses Verlangen nach der Heimat als Ausgangspunkt genommen, als er Bestimmungen erließ, die einen Arbeitnehmer berechtigen, bestimmte Sozialleistungen ins Ausland auszuführen, wenn er den Mitgliedstaat, in dem der zuständige Leistungsträger seinen Sitz hat, verlässt.

2.        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige(3), in Verbindung mit Art. 59 des Zusatzprotokolls, unterzeichnet in Brüssel am 23. November 1970(4). Der Beschluss verbietet unter anderem die Anwendung von Wohnortklauseln im Zusammenhang mit der Zahlung von bestimmten Arten von Sozialleistungen an türkische Arbeitnehmer.

3.        Der Centrale Raad van Beroep (Instanzgericht für den Bereich der sozialen Sicherheit, Niederlande, im Folgenden: vorlegendes Gericht) fragt nach dem Verhältnis dieses Verbots und der Vorschrift, die einer „bevorzugten Behandlung“ türkischer Arbeitnehmer im Vergleich zu Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach Artikel 59 des Zusatzprotokolls entgegensteht.

 Unionsrecht

 Assoziierungsabkommen und Zusatzprotokoll

4.        Die Vertragsparteien schlossen 1963 das Assoziierungsabkommen(5) ab. Nach dessen Art. 2 Abs. 1 bezweckt das Assoziierungsabkommen, „eine beständige und ausgewogene Verstärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter voller Berücksichtigung der Notwendigkeit zu fördern, dass hierbei der beschleunigte Aufbau der türkischen Wirtschaft sowie die Hebung des Beschäftigungsstandes und der Lebensbedingungen des türkischen Volkes gewährleistet werden“.

5.        Art. 12 ist Teil von Kapitel 3 des Abkommens mit dem Titel „Sonstige Bestimmungen wirtschaftlicher Art“. Er sieht vor, dass „[d]ie Vertragsparteien vereinbaren, sich von den Artikeln [45, 46 und 47 AEUV] leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen“.

6.        Das Zusatzprotokoll enthält einen Titel II „Freizügigkeit und Dienstleistungsverkehr“, dessen Kapitel I „Arbeitskräfte“ betrifft.

7.        Der (zu diesem Kapitel gehörende) Art. 39 bestimmt: „Der Assoziationsrat erlässt vor dem Ende des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Protokolls Bestimmungen auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu- oder abwandern, sowie für deren in der [Union] wohnende Familien.“ Diese Bestimmungen „müssen es ermöglichen, dass für Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit die in den einzelnen Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten in Bezug auf Alters‑, Hinterbliebenen- und Invaliditätsrenten sowie auf die Krankheitsfürsorge für den Arbeitnehmer und seine in der [Union] wohnende Familie … zusammengerechnet werden“(6). Nach Art. 39 Abs. 4 „[muss] [f]ür die Alters‑, Hinterbliebenen- und Invaliditätsrenten, die aufgrund von nach Absatz 2 erlassenen Bestimmungen erworben wurden, … die Möglichkeit einer Ausfuhr in die Türkei bestehen“.

8.        Titel IV des Zusatzprotokolls (Allgemeine und Schlussbestimmungen) umfasst Art. 59, der Folgendes vorsieht: „In den von diesem Protokoll erfassten Bereichen darf der Türkei keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander auf Grund des Vertrags zur Gründung der Gemeinschaft einräumen.“

9.        Das Zusatzprotokoll ist Bestandteil des Assoziationsabkommens(7).

 Beschluss Nr. 1/80

10.      Der Beschluss Nr. 1/80 wurde vom Assoziationsrat angenommen, um die Arbeitnehmerfreizügigkeit zu fördern(8). Art. 6 legt die Voraussetzungen für den Zugang zur Beschäftigung für türkische Staatsangehörige fest, die dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehören. Nach ständiger Rechtsprechung genießt ein türkischer Arbeitnehmer, solange er sein Recht auf Beschäftigung nach dem Assoziierungsabkommen und dem Beschluss Nr. 1/80 ausübt, ein begleitendes Aufenthaltsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat(9). Allerdings verliert er dieses Recht, wenn er den Arbeitsmarkt endgültig verlässt – z. B., weil er erwerbsunfähig geworden ist(10).

 Beschluss Nr. 3/80

11.      Der Beschluss Nr. 3/80, der gestützt auf Art. 39 des Zusatzprotokolls angenommen wurde, soll durch Maßnahmen der sozialen Sicherung die Freizügigkeit von türkischen Arbeitnehmern gewährleisten, die in einem oder mehreren Mitgliedstaaten beschäftigt sind oder waren(11). Der Beschluss Nr. 3/80 verweist vielfach auf die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern(12).

12.      Art. 2 des Beschlusses Nr. 3/80 mit dem Titel „Persönlicher Geltungsbereich“ bestimmt, dass der Beschluss für Arbeitnehmer, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten und die türkische Staatsangehörige sind, für die Familienangehörigen dieser Arbeitnehmer, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, und für Hinterbliebene dieser Arbeitnehmer gilt.

13.      Art. 3 Abs. 1 mit der Überschrift „Gleichbehandlung“ sieht vor, dass „Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats [haben] wie die Staatsangehörigen dieses Staates“.

14.      Art. 4 („Sachlicher Geltungsbereich“) bestimmt:

„(1)      Dieser Beschluss gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:

b)      Leistungen bei Invalidität einschließlich der Leistungen, die zur Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sind,

(2)      Dieser Beschluss gilt für die allgemeinen und die besonderen, die auf Beiträgen beruhenden und die beitragsfreien Systeme der sozialen Sicherheit …

(4)      Dieser Beschluss ist weder auf die Sozialhilfe noch auf Leistungssysteme für Opfer … anzuwenden.“

15.      Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 mit der Überschrift „Aufhebung der Wohnortklauseln – …“ bestimmt: „Die Geldleistungen bei Invalidität, Alter oder für die Hinterbliebenen sowie die Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten, auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten Anspruch erworben worden ist, dürfen, sofern in diesem Beschluss nichts anderes bestimmt ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte in der Türkei oder im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.“

 Verordnung Nr. 1408/71

16.      Die Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt den in Art. 1 Buchst. t verwendeten Begriff „Leistungen“ und „Renten“ als „sämtliche Leistungen … einschließlich aller ihrer Teile aus öffentlichen Mitteln, aller Zuschläge, Anpassungsbeträge und Zulagen, soweit Titel III nichts anderes vorsieht; ferner [sic] die Kapitalabfindungen, die an die Stelle der Renten treten können, sowie Beitragserstattungen“(13). Art. 4 dieser Verordnung legt den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung dahin fest, dass sie für alle Rechtsvorschriften über „Zweige der sozialen Sicherheit“ gilt, die eines der in Art. 4 Abs. 1 aufgeführten Risiken betreffen – darunter die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b genannten „Leistungen bei Invalidität“ – sie ist jedoch weder „auf die Sozialhilfe noch auf Leistungssysteme für Opfer des Krieges und seiner Folgen noch auf Sondersysteme für Beamte und ihnen Gleichgestellte anzuwenden“ (Art. 4 Abs. 4); auch unterscheidet sie nicht zwischen auf Beiträgen beruhenden und beitragsfreien Systemen [der sozialen Sicherheit] (Art. 4 Abs. 2).

17.      Art. 10 Abs. 1 sieht vor, dass „Die Geldleistungen bei Invalidität, …, auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten Anspruch erworben worden ist, …, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden [dürfen], weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat“. Sein Wortlaut diente somit eindeutig als Vorbild für den Art. 6 Abs. 1 erster Unterabsatz des Beschlusses Nr. 3/80.

18.      Liest man Art. 4 Abs. 2a Buchst. a und Art. 10a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71, beide eingefügt durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates(14), zusammen, gilt dieses Verbot nicht für bestimmte besondere beitragsunabhängige Geldleistungen (im Folgenden: besondere beitragsunabhängige Geldleistungen). Sofern eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung in Anhang IIa der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführt ist, kann der Bezug dieser Leistung auf das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats beschränkt werden, in dem der Empfänger wohnt. Mit anderen Worten können besondere beitragsunabhängige Geldleistungen nicht ausgeführt werden. Der Anhang IIa umfasst für die Niederlande die Toeslagenwet vom 6. November 1986 (Zuschlägegesetz; im Folgenden: TW)(15).

19.      In den Beschluss Nr. 3/80 wurde keine dem Art. 10a Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 entsprechende Bestimmung eingefügt.

 Verordnung Nr. 883/2004

20.      Die Verordnung Nr. 883/2004 beabsichtigt Koordinierungsmaßnahmen zur Sicherstellung, dass das Recht auf Freizügigkeit wirksam ausgeübt werden kann(16).

21.      Art. 2 legt den persönlichen Anwendungsbereich der Verordnung dahin fest, dass diese „für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen“ gilt.

22.      Art. 3 bestimmt den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung wie folgt:

„(1)      Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:

c)      Leistungen bei Invalidität;

(2)      Sofern in Anhang XI nichts anderes bestimmt ist[(17)], gilt die [Verordnung Nr. 883/2004] für die allgemeinen und die besonderen, die auf Beiträgen beruhenden und die beitragsfreien Systeme der sozialen Sicherheit sowie für die Systeme betreffend die Verpflichtungen von Arbeitgebern und Reedern.

(3)      [Die Verordnung Nr. 883/2004] gilt auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gemäß Artikel 70.

…“

23.      Art. 7 über die Aufhebung der Wohnortklauseln entspricht dem Art. 10 der Verordnung Nr. 1408/71 und bestimmt, dass „[s]ofern in d[ies]er Verordnung [Nr. 883/2004] nichts anderes bestimmt ist, … Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden [dürfen], dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat“.

24.      Art. 70 (der Eingangsartikel des Kapitels 9, das den Titel „Besondere beitragsunabhängige Geldleistungen“ trägt) enthält eine ausführlichere Fassung des Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71 und lautet:

„(1)      Dieser Artikel gilt für besondere beitragsunabhängige Geldleistungen, die nach Rechtsvorschriften gewährt werden, die aufgrund ihres persönlichen Geltungsbereichs, ihrer Ziele und/oder ihrer Anspruchsvoraussetzungen sowohl Merkmale der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit als auch Merkmale der Sozialhilfe aufweisen.

(2)      Für die Zwecke dieses Kapitels bezeichnet der Ausdruck ‚besondere beitragsunabhängige Geldleistungen‘ die Leistungen:

a)      die dazu bestimmt sind,

i)      einen zusätzlichen, ersatzweisen oder ergänzenden Schutz gegen die Risiken zu gewähren, die von den in Artikel 3 Absatz 1 genannten Zweigen der sozialen Sicherheit gedeckt sind, und den betreffenden Personen ein Mindesteinkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts garantieren, das in Beziehung zu dem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld in dem betreffenden Mitgliedstaat steht,

oder

ii)      allein dem besonderen Schutz des Behinderten zu dienen, der eng mit dem sozialen Umfeld dieser Person in dem betreffenden Mitgliedstaat verknüpft ist,

und

b)      deren Finanzierung ausschließlich durch obligatorische Steuern zur Deckung der allgemeinen öffentlichen Ausgaben erfolgt und deren Gewährung und Berechnung nicht von Beiträgen hinsichtlich der Leistungsempfänger abhängen. Jedoch sind Leistungen, die zusätzlich zu einer beitragsabhängigen Leistung gewährt werden, nicht allein aus diesem Grund als beitragsabhängige Leistungen zu betrachten,

und

c)      die in Anhang X aufgeführt sind.

(3)      Artikel 7 und die anderen Kapitel dieses Titels gelten nicht für die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Leistungen.

(4)      Die in Absatz 2 genannten Leistungen werden ausschließlich in dem Mitgliedstaat, in dem die betreffenden Personen wohnen, und nach dessen Rechtsvorschriften gewährt. Die Leistungen werden vom Träger des Wohnorts und zu seinen Lasten gewährt.“

25.      Abweichend von der in Art. 7 niedergelegten allgemeinen Regel ist eine in Anhang X aufgeführte besondere beitragsunabhängige Geldleistung daher gemäß der Verordnung Nr. 883/2004 so, wie dies bereits nach Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71 der Fall war, nicht exportierbar.

26.      Art. 90 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt, dass die Verordnung Nr. 1408/71 mit Beginn der Anwendung der erstgenannten Verordnung aufgehoben wird, jedoch „in Kraft bleibt und ihre Rechtswirkung behält“ für die Zwecke „… c) … sowie anderer Abkommen, die auf die Verordnung Nr. 1408/71 Bezug nehmen, solange diese Abkommen nicht infolge der vorliegenden Verordnung geändert worden sind“.

27.      In Anhang X zur Verordnung Nr. 883/2004 sind die verschiedenen besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen aufgeführt, darunter für die Niederlande die TW.

28.      Im Jahr 2012 nahm der Rat den Beschluss 2012/776/EU zwecks Aktualisierung des Beschlusses Nr. 3/80 an. Diesem Beschluss war ein neuer „Entwurf eines Beschlusses des Assoziationsrats im Hinblick auf die Annahme von Vorschriften für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit“ beigefügt(18). Soweit mir bekannt ist, hat der Assoziationsrat diesen im Entwurf vorliegenden Beschluss jedoch nicht angenommen. Folglich ist der Beschluss Nr. 3/80 bisher nicht durch eine dem Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004 gleichwertige Bestimmung ergänzt worden.

 Verordnung (EU) Nr. 1231/2010

29.      Die Verordnung Nr. 1231/2010 dehnt die gemäß der Verordnung Nr. 883/2004 geltenden Regelungen auf Drittstaatsangehörige sowie auf ihre Familienangehörigen und ihre Hinterbliebenen aus, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben und sich in einer Lage befinden, die nicht ausschließlich einen einzigen Mitgliedstaat betrifft(19).

 Niederländisches Recht

 TW

30.      Nach der TW besteht Anspruch auf eine Aufstockungsleistung zur Erhöhung des Einkommens bis (maximal) zu dem betraglichen Niveau, das dem in den Niederlanden geltenden Mindestlohn entspricht (im Folgenden: Aufstockungsleistung). Die Gewährung dieser Aufstockungsleistung ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die betreffende Person als Arbeitnehmer in einem System der sozialen Sicherheit versichert ist, wie etwa gegen das Risiko der Erwerbsunfähigkeit(20).

31.      Art. 4a, dieser eingefügt in die TW durch die Wet beperking export uitkeringen vom 27. Mai 1999 (Gesetz über die Beschränkung der Zahlung von Sozialleistungen ins Ausland: im Folgenden: Wet BEU) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2000, sieht Folgendes vor:

„1.      Kein Recht auf Zuschlag hat die in Art. 2 genannte Person während des Zeitraums, in dem sie nicht in den Niederlanden wohnt.

2.      Die in Art. 2 genannte Person, die nach Abs. 1 kein Recht auf Zuschlag hat, kann den Zuschlag ab dem Tag beanspruchen, an dem sie in den Niederlanden wohnt, sofern sie die in Art. 2 Abs. 1, 2 oder 3 genannten Voraussetzungen erfüllt.“

 Remigratiewet

32.      Die Remigratiewet (Remigrationsgesetz) sieht unter anderem die finanzielle Unterstützung bestimmter Kategorien von Personen vor, die die Niederlande verlassen und ihren Wohnsitz in ihrem jeweiligen Herkunftsland nehmen möchten. Art. 8 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt, dass Personen, die die Niederlande zwecks Rückkehr in ihr Herkunftsland verlassen haben, bis spätestens ein Jahr nach dem Zeitpunkt, zu dem sie ihren Wohnsitz im Bestimmungsland genommen haben, in die Niederlande zurückkehren können.

 Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

33.      Herr Çoban wurde am 20. Februar 1951 geboren und ist ein türkischer Staatsangehöriger, der dem regulären Arbeitsmarkt der Niederlande im Sinne des Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 angehörte. Am 11. September 2006 gab er seine Tätigkeit als Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr krankheitsbedingt auf. Seit dem 18. Dezember 2006 ist er im Besitz einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung – EU.

34.      Zum 8. September 2008 wurde ihm nach dem Wet werk en inkomen naar arbeidsvermogen (Gesetz über Arbeit und Einkommen nach der Erwerbsfähigkeit) unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 45 % bis 55 % nach Maßgabe der einschlägigen nationalen Leistungstabelle eine Geldleistung bewilligt. Um Herrn Çoban ein Mindesteinkommen in Höhe des in den Niederlanden geltenden Mindestlohns zu gewährleisten, wurde ihm ab Januar 2012 eine Aufstockungsleistung nach der TW in Höhe von 940,25 Euro brutto pro Monat bewilligt. Zu der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit bestand nach Art. 4a der TW ein individueller Anspruch auf diese Leistung, dies jedoch nur, wenn er in den Niederlanden wohnte.

35.      Am 10. Februar 2014 setzte Herr Çoban den Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen (Verwaltungsrat der Durchführungseinrichtung für Arbeitnehmerversicherungen Schemes, im Folgenden: Uwv) davon in Kenntnis, dass er beabsichtige, seinen Wohnsitz zum 1. April 2014 in der Türkei zu nehmen. Das Uwv stellte daraufhin mit Bescheid vom 12. Februar 2014 die Gewährung der Aufstockungsleistung nach der TW an Herrn Çoban zum Datum seiner Ausreise ein. Gegen diesen Bescheid legte er keinen Rechtsbehelf ein, so dass der Bescheid bestandskräftig wurde.

36.      Im Zusammenhang mit seiner Rückkehr in die Türkei beantragte und erhielt Herr Çoban bestimmte Remigrationsleistungen. Am 18. März 2014 verzog er in die Türkei. Er besaß damals noch eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU.

37.      Am 9. Juli 2014 beantragte Herr Çoban von der Türkei aus erneut die Gewährung einer Aufstockungsleistung nach der TW. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht nicht eindeutig hervor, ob es sich um einen „neuen“ Antrag auf Bewilligung dieser Leistung oder um einen Antrag auf Anerkennung des von ihm erworbenen Leistungsanspruchs und um eine Wiederaufnahme der Leistungsgewährung handelte(21). Mit Bescheid vom 1. August 2014 lehnte das Uwv den Antrag ab. Am 20. Oktober 2014 bestätigte das Uwv diesen Bescheid mit der Begründung, Herr Çoban sei nicht mehr zum Bezug der Aufstockungsleistung berechtigt: Er wohne nicht in den Niederlanden und erfülle daher nicht das in Art. 4a der TW niedergelegte Wohnsitzerfordernis.

38.      Die von Herrn Çoban gegen den Bescheid des Uwv erhobene Klage wurde von der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam, Niederlande) abgewiesen.

39.      Herr Çoban legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel zum vorlegenden Gericht ein. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass Herr Çoban die Niederlande auf eigenen Wunsch und zu einem Zeitpunkt verlassen habe, als das Wohnsitzerfordernis nach Art. 4a der TW bereits eingeführt gewesen sei. Zu dem Zeitpunkt, als Herr Çoban die Aufstockungsleistung von der Türkei aus beantragt habe, und zu dem Zeitpunkt, als die Bewilligung dieser Leistung abgelehnt worden sei, habe er auf der Grundlage seiner Aufenthaltsberechtigung – EU noch immer in die Niederlande zurückkehren können(22). Vor diesem Hintergrund ist sich das vorlegende Gericht nicht sicher, wie die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs auf den Fall von Herrn Çoban anzuwenden ist(23). Es hat daher folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 unter Berücksichtigung von Art. 59 des Zusatzprotokolls dahin auszulegen, dass er einer gesetzlichen Regelung eines Mitgliedstaats wie Art. 4a der TW entgegensteht, aufgrund deren eine bewilligte Aufstockungsleistung entzogen wird, sofern der Begünstigte in die Türkei umzieht, auch wenn er das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats von sich aus verlassen hat? Ist dabei von Belang, dass der Betroffene zum Zeitpunkt seines Wegzugs kein Aufenthaltsrecht aufgrund des Assoziationsrechts mehr hat, aber eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU besitzt? Ist dabei von Belang, dass der Betroffene aufgrund der nationalen Vorschriften innerhalb eines Jahres nach dem Wegzug die Möglichkeit hat, zurückzukehren und damit den Zuschlag wiederzuerlangen, und dass diese Möglichkeit fortbesteht, solange er die langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU besitzt?

40.      Das Uwv, die niederländische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 3. Oktober 2018 haben Herr Çoban, das Uwv, die niederländische Regierung und die Kommission mündliche Erklärungen abgegeben.

 Vorbemerkungen

41.      Die Aufstockungsleistung nach der TW ist eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne des Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004 und in Anhang X zu dieser Verordnung aufgeführt. Es handelt sich bei ihr daher abweichend von der allgemeinen Regel des Art. 7 um eine nicht exportierbare Leistung im Sinne dieser Verordnung. Die Verordnung Nr. 883/2004 erhält somit die zunächst durch Art. 10a und den Anhang IIa der Verordnung Nr. 1408/71 „als Ausnahme etablierte“ Nichtexportierbarkeit der TW aufrecht. Diese Regelung erstreckt sich kraft Art. 1 der Verordnung Nr. 1231/2010 auch auf in der Union wohnhafte Drittstaatsangehörige und deren Familienangehörige(24).

42.      Die Sonderregelungen für besondere beitragsunabhängige Geldleistungen sind dadurch entstanden, dass der Gerichtshof in der Vergangenheit den Standpunkt eingenommen hat, die Gewährung von Leistungen, die eine enge Verbindung zum sozialen Umfeld aufwiesen, dürften von dem Erfordernis eines Wohnsitzes in dem Mitgliedstaat abhängig gemacht werden, in dem der zuständige Träger seinen Sitz hat(25). Die Schlussanträge des Generalanwalts Léger in der Rechtssache Snares, auf die ich hier dankend Bezug nehme, enthalten eine genaue Analyse der den Vorschriftenänderungen zu Grunde liegenden Erwägungen und der Veränderungen, die sich hieraus entwickelt haben(26).

43.      Die in dem Beschluss Nr. 3/80 enthaltenen Verweise auf die Verordnung Nr. 1408/71 wurden nicht aktualisiert oder geändert. Dies gilt insbesondere für Art. 1 Buchst. a des Beschlusses Nr. 3/80, der eine Reihe von Begriffen, darunter den der „Leistungen“, durch Verweis auf diese Verordnung bestimmt. Aufgrund des Art. 90 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 sollte der Beschluss Nr. 3/80 daher weiterhin durch Bezugnahme auf die Verordnung Nr. 1408/71 ausgelegt werden(27). Von entscheidender Bedeutung ist außerdem, dass der Beschluss Nr. 3/80 keine – den Art. 4 Abs. 2 Buchst. a und Art. 10a der Verordnung Nr. 1408/71, diese durch Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 der Verordnung Nr. 883/2004 beibehalten, gleichwertige – Bestimmungen enthält, die besondere beitragsunabhängige Geldleistungen ausdrücklich erwähnen, solche Bestimmungen in den Geltungsbereich der Verordnung einbeziehen und ihre Exportierbarkeit im Wege einer Ausnahme von der Grundregel ausschließen. Der Beschluss Nr. 3/80 enthält nur die Grundregel, dass die darin angegebenen Leistungen exportierbar sind.

44.      Schließlich, dies möchte ich hier anmerken, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 unmittelbare Wirkung entfaltet, so dass türkische Staatsangehörige, für die diese Bestimmung gilt, sich vor den Gerichten der Mitgliedstaaten unmittelbar mit der Folge auf sie berufen können, dass abweichende Vorschriften des innerstaatlichen Rechts unangewendet bleiben müssen. Art. 6 Abs. 1 regelt mit seinem klaren, präzisen und bedingungsfreien Wortlaut, dass bestimmte Leistungen von den Mitgliedstaaten nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden dürfen, weil der Berechtigte in der Türkei oder im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt(28).

 Würdigung

45.      Steht Art. 6 Abs. 1 erster Unterabsatz des Beschlusses Nr. 3/80 auch dann, wenn er in Verbindung mit Art. 59 des Zusatzprotokolls gelesen wird, einer nationalen Regelung entgegen, die eine Leistung wie die gemäß der TW entzieht, wenn der Begünstigte seinen Wohnsitz auf eigenen Wunsch in der Türkei nimmt, jedoch eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU besitzt, die ihn zur Rückkehr in die Niederlande und zum erneuten Bezug dieser Leistung berechtigt?

 Zur Tragweite des in Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 niedergelegten Verbots

46.      Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 bezweckt, die Situation türkischer Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat schrittweise zu festigen. In dieser Hinsicht ergänzt er den Beschluss Nr. 1/80, dessen wesentliches Ziel die schrittweise Integration dieser Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats ist(29).

47.      Der persönliche Geltungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 umfasst Arbeitnehmer mit türkischer Staatsangehörigkeit, für die die Rechtsvorschriften einer der Mitgliedstaaten gelten oder gegolten haben(30). Der Gerichtshof hat im Urteil Akdas u. a. bereits entschieden, dass hierzu auch türkische Arbeitnehmer gehören, „die jetzt in der Türkei wohnen“ und „Geldleistungen bei Invalidität beziehen, auf die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Anspruch erworben worden ist“(31). Es ist unstreitig, dass Herr Çoban in den persönlichen Geltungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 und damit auch unter Art. 6 Abs. 1 fällt.

48.      Sodann werde ich kurz den sachlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung prüfen.

49.      Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass die durch Herrn Çobans Erwerbsunfähigkeit begründete Grundleistung nicht entzogen worden ist. Entzogen wurde dagegen die ihm früher gewährte Aufstockungsleistung nach der TW, mittels derer sein Einkommen auf das Niveau des in den Niederlanden geltenden Mindestlohns angehoben werden sollte.

50.      Ist eine Aufstockungsleistung nach der TW eine „Leistung bei Invalidität“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80?

51.      Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass die Aufstockungsleistung eine Leistung bei Invalidität im Sinne der genannten Vorschrift ist. Denn die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen Akdas und Demirci, die sich auch mit der Auslegung des Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 befassten, betrafen genau die gleichen Leistungen(32).

52.      Zugegebenermaßen bin ich mir allerdings nicht so sicher, dass die Aufstockungsleistung nach der TW tatsächlich unter den Beschluss Nr. 3/80 fällt.

53.      Erstens möchte ich daran erinnern, dass besondere beitragsunabhängige Geldleistungen durch die mit der Verordnung Nr. 1247/92 eingeführten Rechtsänderungen in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 einbezogen wurden. Diese Änderungen umfassten sowohl Art. 4 Abs. 2a Buchst. a (mit dem besondere beitragsunabhängige Geldleistungen ausdrücklich in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 einbezogen und als darauf abzielend charakterisiert wurden, „ersatzweise, ergänzend oder zusätzlich gewährt [zu] werden“) als auch Art. 10a (die Regelung über die Nichtexportierbarkeit von besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen). Allerdings wurden keine entsprechenden Änderungen im Beschluss Nr. 3/80 vorgenommen, um besondere beitragsunabhängige Geldleistungen in dessen Geltungsbereich einzubeziehen.

54.      Zweitens bestimmt Art. 4 des Beschlusses Nr. 3/80 die von diesem Beschluss erfassten Leistungsarten und legt in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b fest, dass Leistungen bei Invalidität „Leistungen, die zur Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sind“, umfassen. Genau hierfür ist die Aufstockungsleistung nach der TW jedoch nicht vorgesehen. Sie hat keinen Bezug zur Erwerbsfähigkeit. Sie soll das Einkommen des Empfängers aufstocken.

55.      Drittens sieht Art. 4 Abs. 4 des Beschlusses Nr. 3/80 ausdrücklich vor, dass der Beschluss „nicht auf Sozialhilfe anzuwenden ist“ – der Zweck einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung wie der Aufstockungsleistung nach der TW ist jedoch (im Unterschied zu der Leistung bei Invalidität als solcher) zumindest teilweise ein sozialer.

56.      Diese Argumente könnten dagegensprechen, dass eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung überhaupt in den Geltungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 fällt. Da der Gerichtshof jedoch genau diese Leistung nach der TW in den Urteilen Akdas und Demirci bereits als in den Geltungsbereich des Beschlusses Nr. 3/80 fallend angesehen hat, gehe ich im Weiteren davon aus, dass es sich tatsächlich um eine „Leistung bei Invalidität“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 handelt(33).

57.      Fällt ein Antrag auf Bewilligung der Aufstockungsleistung nach der TW unter Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80, wenn er nach einem Umzug in die Türkei entweder als ein Neuantrag auf Gewährung der Leistung oder als ein Antrag auf ihre Wiederzuerkennung gestellt wird?

58.      Aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 geht eindeutig hervor, dass Leistungen, die in den sachlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen und „auf die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten Anspruch erworben worden ist“ (Hervorhebung nur hier), nicht „gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden [dürfen]“, weil der Berechtigte in der Türkei oder im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt.

59.      Ferner erwähnt Art. 39 Abs. 4 des Zusatzprotokolls (d. h. der Rechtsgrundlage des Beschlusses Nr. 3/80(34)) lediglich die Möglichkeit einer „Ausfuhr in die Türkei … für die … Invaliditätsrenten, die auf Grund von … erlassenen Bestimmungen erworben wurden …“ (Hervorhebung nur hier).

60.      Logisch folgt hieraus, dass ein Antrag auf Wiederzuerkennung eines zuvor erworbenen Anspruchs unter Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 fallen würde, dass dies jedoch umgekehrt bei einem Neuantrag auf Feststellung eines Leistungsanspruchs nicht der Fall wäre. Es ist Sache des nationalen Gerichts als dem alleinigen Tatsachenrichter verbindlich festzustellen, in welche der beiden obigen Kategorien der von Herrn Çoban am 9. Juli 2014 von der Türkei aus gestellte Antrag fällt. Ich möchte hier lediglich hinzufügen, dass ein Antrag auf Wiederzuerkennung insoweit zwingend unter den Beschluss Nr. 3/80 fallen muss, als die Wiederzuerkennung die naheliegende Abhilfe für eine rechtswidrige Einstellung der Leistungsgewährung darstellt.

61.      Es muss jedoch noch ein weiterer Problempunkt behandelt werden. Aus dem Vorlagebeschluss geht eindeutig hervor, dass Herr Çoban die Aufstockungsleistung nach der TW tatsächlich von Januar 2012 bis zu ihrem Entzug mit Bescheid vom 12. Februar 2014 mit Wirkung zum 1. April 2014 (dem Zeitpunkt, den Herr Çoban dem Uwv als den Zeitpunkt seiner Wohnsitznahme in der Türkei mitgeteilt hatte) erhalten hat. Herr Çoban legte gegen diesen Bescheid keinen Rechtsbehelf ein, weshalb er bestandskräftig wurde.

62.      Das vorlegende Gericht vertritt trotzdem die Ansicht, dass, soweit die vorliegende Klage von Herrn Çoban als ein Begehren verstanden werden kann, die Aufstockungsleistung nach der TW wieder zuerkannt zu erhalten, er seinen erworbenen Anspruch auf diese Leistung erneut geltend macht (und das Uwv somit um Rücknahme seines Bescheides vom 12. Februar 2014 ersucht, mit dem die Zahlung dieser Leistung eingestellt wurde)(35). Wiederum ist es Sache des nationalen Gerichts, nach innerstaatlichem Recht darüber zu entscheiden, ob das Unterlassen von Herrn Çoban, gegen den Bescheid des Uwv vom 12. Februar 2014 einen Rechtsbehelf einzulegen, der Beurteilung entgegensteht, dass seine vorliegende Klage einen erworbenen Leistungsanspruch zum Gegenstand hat. Aus dem Vorlagebeschluss scheint hervorzugehen, dass insoweit nach innerstaatlichem Recht kein Hindernis besteht und dass Herr Çoban seine Klage tatsächlich hierauf stützen kann.

63.      Aus dem Obigen folgt, dass der Sachverhalt der Rechtssache von Herrn Çoban unter das in Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 niedergelegte Verbot fällt.

64.      Ich wende mich nun den übrigen (wichtigen) Fragen zu, mit denen sich der Gerichtshof genauer zu befassen haben wird. Wird das Recht von Herrn Çoban, sich unmittelbar auf Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 zu berufen, durch die beiden folgenden Umstände in Frage gestellt, nämlich dass er über eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU verfügte und dass seine Wohnsitznahme in der Türkei auf seinen eigenen Wunsch erfolgte? Entfaltet Art. 59 des Zusatzprotokolls außerdem Wirkung dahin, dass dieses Recht außer Kraft gesetzt wird?

65.      Zur Beantwortung dieser Fragen müssen zunächst die beiden voneinander abweichenden Urteile in den Rechtssachen Akdas und Demirci sorgfältig untersucht werden.

 Die Urteile in den Rechtssachen Akdas und Demirci

66.      In der Rechtssache Akdas handelte es sich bei den Klägern sämtlich um türkische Staatsangehörige, die erwerbsunfähig geworden waren und noch während der Dauer ihres Wohnsitzes in den Niederlanden die Zahlung sowohl der Leistung bei Invalidität (nach der Wet op de arbeidsongeschiktheidsverzekering; Erwerbsunfähigkeitsversicherungsgesetz, im Folgenden abgekürzt: WAO) als auch eine Aufstockungsleistung nach der vor dem Jahr 2000 gültigen Fassung der TW beantragt und bewilligt erhalten hatten. Um ihren Familien nah zu sein, kehrten sie in die Türkei zurück, wobei ihr jeweiliger Anspruch auf die beiden betreffenden Leistungen gemäß Art. 39 Abs. 4 des Zusatzprotokolls aufrechterhalten blieb. Nachdem jedoch die geänderte Fassung der TW am 1. Januar 2000 in Kraft getreten war, stellten die zuständigen nationalen Behörden die Zahlung der Aufstockungsleistung nach der TW ein.

67.      Der Gerichtshof prüfte den in die Verordnung Nr. 1408/71 eingefügten Art. 10a und die sich aus ihm ergebende Regelungen zur Nichtexportierbarkeit von besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen wie etwa einer nach der TW zu zahlenden Aufstockungsleistung(36). Er gelangte zu dem Ergebnis, dass eine Fortsetzung des Bezugs dieser Leistung durch die Kläger nicht mit Art. 59 des Zusatzprotokolls unvereinbar sei.

68.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass Art. 39 Abs. 4 des Zusatzprotokolls ausdrücklich die Exportierbarkeit von Leistungen vorsah (und Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 diese Bestimmung konsequent widerspiegelte). Zweitens fielen die Kläger als türkische Arbeitnehmer in den Geltungsbereich des Art. 2 des Beschlusses Nr. 3/80. Drittens würde die Anwendung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 betreffend besondere beitragsunabhängige Geldleistungen im Zusammenhang mit dem Beschluss Nr. 3/80 auf eine Änderung dieses Beschlusses hinauslaufen, eine Maßnahme, die nach den Art. 8 und 22 des Assoziierungsabkommens dem Assoziationsrat vorbehalten ist. Viertens kann die Situation der Kläger von der Ausgangslage her nicht mit der von Unionsbürgern verglichen werden, da Letztere Freizügigkeit und ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten genossen sowie die Freiheit hatten, einen Mitgliedstaat nicht nur zu verlassen, sondern auch in ihn zurückzukehren(37).

69.      Im Gegensatz hierzu hat der Gerichtshof im Urteil Demirci den Standpunkt vertreten, Herr Demirci und seine Kollegen könnten sich nicht auf den Beschluss Nr. 3/80 berufen, um sich gegen das Wohnsitzerfordernis zu verteidigen, welches das innerstaatliche Recht zur Voraussetzung für den Bezug einer Aufstockungsleistung nach der TW macht.

70.      Die Kläger in dieser Rechtssache besaßen alle die doppelte türkische und niederländische Staatsangehörigkeit. Wie Herr Akdas und seine Kollegen wurden auch diese Kläger erwerbsunfähig und mussten ihre Arbeit aufgeben. Auch ihnen wurde sowohl die Grundleistung bei Invalidität nach der WAO als auch die Aufstockungsleistung nach der im Jahr 2000 geltenden Fassung der TW bewilligt. Ferner kehrten sie ebenfalls in die Türkei zurück, um ihren Familien nahe zu sein, wobei ihr Anspruch auf diese beiden Leistungen gemäß Art. 39 Abs. 4 des Zusatzprotokolls aufrechterhalten blieb. Nachdem jedoch die geänderte Fassung der TW am 1. Januar 2000 in Kraft getreten war, stellten die zuständigen nationalen Behörden die Zahlung der Aufstockungsleistung nach der TW an sie ein. Gegen die betreffenden Bescheide legten sie Rechtsbehelfe ein.

71.      In Abgrenzung zu der Rechtssache Akdas führte der Gerichtshof aus, der Umstand, dass Herr Demirci und seine Kollegen als türkische Arbeitnehmer die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats erworben hätten, „[versetzte] sie speziell im Hinblick auf die Ziele des Rechts der Assoziation EWG–Türkei in eine ganz besondere Lage“. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats stellt grundsätzlich die höchste Stufe der Integration der türkischen Arbeitnehmer in den Aufnahmemitgliedstaat dar. Der Erwerb dieser zweiten Staatsangehörigkeit bringt nicht nur die Rechtsfolgen, die an den Besitz dieser Staatsangehörigkeit geknüpft sind, sondern auch die weiteren Rechtsfolgen mit sich, die mit der Unionsbürgerschaft insbesondere in Bezug auf das Aufenthaltsrecht und die Freizügigkeit verbunden sind. Daher war es „durch nichts gerechtfertigt, dass ein türkischer Staatsangehöriger, dessen Rechtsstatus sich mit dem Erwerb der Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats zwangsläufig geändert hat, von diesem Staat, was die Gewährung einer Leistung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden betrifft, nicht ausschließlich als Angehöriger dieses Staats behandelt wird“(38).

72.      Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass Herr Demirci und seine Kollegen, sollten sie weiterhin die Aufstockungsleistung nach der TW beanspruchen können, in zweierlei Hinsicht ungerechtfertigt bevorzugt behandelt würden. Da sie die niederländische Staatsangehörigkeit hätten, würden sie bevorzugt behandelt werden gegenüber Arbeitnehmern, die nur die türkische Staatsangehörigkeit besäßen und kein Aufenthaltsrecht in den Niederlanden mehr hätten, weil sie nicht mehr dem regulären Arbeitsmarkt dieses Staates angehörten. Sie würden auch gegenüber den Angehörigen des Aufnahmemitgliedstaats oder eines anderen Mitgliedstaats begünstigt, denen zwar eine günstige Regelung in Bezug auf den Aufenthalt und die Freizügigkeit in der Union zugutekomme, für die aber weiterhin das Erfordernis eines Wohnsitzes im Gebiet des Königreichs der Niederlande gelte, wenn sie die Aufstockungsleistung erhalten wollten. Diesem Ergebnis steht Art. 59 des Zusatzprotokolls entgegen.

 Art. 59 des Zusatzprotokolls

73.      Das Zusatzprotokoll gehört innerhalb der Hierarchie des Assoziationsrechts EWG–Türkei zum Primärrecht (Art. 62 des Zusatzprotokolls). Vom Assoziationsrat angenommene Beschlüsse müssen daher so ausgelegt werden, dass sie mit dem im Zusatzprotokoll niedergelegten Grundsatz „keine günstigere Behandlung“ im Einklang stehen. Ich habe bereits an anderer Stelle vertreten, dass Art. 59 den Grundsatz zum Ausdruck bringt, dass die Unionsmitgliedschaft die weitgehendste und nachdrücklichste Beziehung ist, die ein Staat erwerben kann, und dass jedes andere Verhältnis zwischen einem Drittland und der Union folglich zwangsläufig weniger privilegiert sein muss(39).

74.      Wie sich aus seinem Wortlaut ergibt, betrifft Art. 59 des Zusatzprotokolls die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten und der Türkei. Er spricht jedoch nicht ausdrücklich die Rechte und Pflichten einzelner Bürger an. Dies vorausgeschickt kann Art. 59 jedoch zweifellos als Auslegungsgrundsatz dienlich sein, indem er den Gerichtshof bei der Prüfung von Vergleichsfällen anleitet und zu dem Ergebnis einer möglichen Auslegung des Wortlauts eines nachrangigen Rechtsakts (z. B. des Beschlusses Nr. 3/80) führt. Die die Anwendung des Art. 59 betreffende Rechtsprechung bestätigt diese Aufgabe des Artikels, wenn zwei Sachverhalte, an denen Unionsbürger und türkische Staatsangehörige beteiligt sind, sachgerecht verglichen werden sollen. Demgemäß hat der Gerichtshof im Zusammenhang der Arbeitnehmerfreizügigkeit und des Beschlusses Nr. 1/80 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, dass Art. 59 des Zusatzprotokolls es verbiete, türkischen Staatsangehörigen eine günstigere Behandlung als Unionsbürgern einzuräumen(40). In einer Reihe von Fällen hat der Gerichtshof es jedoch abgelehnt, die Situation von Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer, die Rechte aus Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 herleiten, mit der von Familienangehörigen von Unionsbürgern zu vergleichen, weil der Gerichtshof (nach Prüfung der jeweiligen Rechtslage) zu dem Ergebnis gelangt war, dass die betreffenden Fälle angesichts erheblicher Unterschiede von der Ausgangslage her nicht vergleichbar seien(41).

75.      Ich schließe mich daher vollumfänglich der Analyse meines Kollegen Generalanwalt Wahl in der Rechtssache Demirci an: „Die Erwägungen des Gerichtshofs in der Rechtssache Akdas machen deutlich, dass Art. 59 des Zusatzprotokolls als eine Art „letztes Mittel“ anzusehen ist, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass durch die Auslegung der Bestimmungen des Rechts der Assoziierung zwischen der EWG und der Türkei Unionsbürger nicht ohne sachlichen Grund weniger günstig behandelt werden als türkische Staatsangehörige. Art. 59 stellt jedoch keine übergeordnete Nichtdiskriminierungsklausel dar, die von Unionsangehörigen immer dann geltend gemacht werden kann, wenn türkischen Staatsangehörigen Rechte nach dem Recht der Assoziierung zwischen der EWG und der Türkei gewährt werden, die Unionsangehörigen nicht zustehen“(42).

76.      Ist die Situation von Herrn Çoban von der Ausgangslage her mit der der Kläger in der Rechtssache Akdas oder der der Kläger in der Rechtssache Demirci vergleichbar?

77.      Wie das vorlegende Gericht zutreffend ausführt(43), verlor Herr Çoban sein nach dem Assoziierungsabkommen bestehendes Recht zum Aufenthalt in den Niederlanden, als er dem Arbeitsmarkt endgültig nicht mehr angehörte(44). Er gab seine Erwerbstätigkeit am 11. September 2006 krankheitsbedingt auf. Allerdings erlangte er am 18. Dezember 2006 eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU, und er war im Besitz dieses Aufenthaltstitels, als er beschloss, seinen Wohnsitz mit Wirkung ab dem 1. April 2014 in der Türkei zu nehmen. Nach der Remigratiewet (Remigrationsgesetz) durfte er seine Meinung ändern und innerhalb eines Jahres seit seinem Umzug wieder in die Niederlande zurückkehren.

78.      Im Folgenden beschränke ich meine Prüfung auf die sich nach dem Unionsrecht aus einem solchen Aufenthaltstitel ergebenden Rechte und ihre Grenzen. Mir ist nicht bekannt, ob der Aufenthaltstitel von Herrn Çoban nach innerstaatlichem Recht weiter gehende Rechte gewährte; dies ist meines Erachtens auch ohne Belang. Hier kommt es darauf an, ob seine Situation aufgrund der ihm nach Unionsrecht eingeräumten Rechte von der Ausgangslage her mit der Situation eines niederländischen Staatsangehörigen und/oder eines anderen Unionsbürgers vergleichbar ist. Wenn ein solcher Vergleich gerechtfertigt ist, dann wird – wie im Falle der doppelten türkisch-niederländischen Staatsangehörigkeit der Kläger in der Rechtssache Demirci – sein Anspruch auf fortgesetzten Bezug der Leistung nach der TW (den er sonst geltend machen könnte) durch Art. 59 des Zusatzprotokolls außer Kraft gesetzt.

79.      Ich untersuche zunächst kurz die Situation eines freiwilligen Umzugs im Vergleich zu einem unfreiwilligen Umzug, bevor ich mich der Frage zuwende, ob die Situation eines langfristig in der Union Aufenthaltsberechtigten mit der eines niederländischen Staatsangehörigen und/oder anderen Unionsbürgers verglichen werden kann.

80.      Der Beschluss Nr. 3/80 differenziert nicht danach, warum ein Arbeitnehmer mit türkischer Staatsangehörigkeit, für den das Recht eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gilt oder gegolten hat, den Wunsch haben könnte, seinen Wohnsitz in der Türkei oder gar in einem anderen Mitgliedstaat zu nehmen(45). Er soll sicherstellen, dass der türkische Arbeitnehmer, seine in der Union wohnhaften Familienangehörigen und Hinterbliebenen unabhängig von Begleitumständen weiterhin den sozialversicherungsrechtlichen Schutz genießen, zu dem der betreffende türkische Arbeitnehmer während seines Arbeitslebens seinen Beitrag geleistet hat. Soweit dieser Beschluss nichts anderes bestimmt (und im Beschluss Nr. 3/80 gibt es keine einschlägige „abweichende“ oder „besondere“ Bestimmung) haben die türkischen Arbeitnehmer „die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates“ (Art. 3 Abs. 1).

81.      Art. 6 Abs. 1 geht erkennbar von der Möglichkeit aus, dass eine in den persönlichen Geltungsbereich des Beschlusses fallende Person (wie sie in Art. 2 aufgeführt ist), die eine der drei angegebenen Leistungen („Geldleistungen bei Invalidität, Alter oder für die Hinterbliebenen sowie die Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten“) bezieht, unter Umständen umziehen möchte oder muss. Genau solche Personen, die derartige Leistungen beziehen, sind möglicherweise erwerbsunfähig oder nicht in der Lage, ohne fremde Hilfe für sich selbst zu sorgen. Art. 6 Abs. 1 bestimmt daher ausdrücklich, dass diese Leistungen, auf die sie – offensichtlich – angewiesen sind, wenn sie tatsächlich umziehen, „nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden [dürfen], weil der Berechtigte [in der Türkei oder] im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat“.

82.      Mit anderen Worten darf ein Umzug nicht zu einem Verlust der betreffenden Leistung führen. Die naheliegende Schlussfolgerung ist dann, dass der Beschluss Nr. 3/80 ein breites Spektrum an möglichen Umzugsszenarien vor Augen hat und der Grund für den Umzug ohne Belang ist. Lassen Sie mich hier zur Veranschaulichung ein (durchaus nachvollziehbares) Szenario anführen. Nehmen wir an, dass der betreffende Arbeitnehmer im Ruhestand ist und allmählich alt und gebrechlich wird. Er ist nun bedauerlicherweise Witwer, und in dem Mitgliedstaat, in dem er wohnt, gibt es niemanden, der ihn darin unterstützen kann, für sich zu sorgen. In seiner türkischen Heimat hat er viele Familienangehörige, aber er hat auch eine Tochter, die mit ihrer Familie in einem benachbarten Mitgliedstaat wohnt. Er könnte nun isoliert und ohne Unterstützung an Ort und Stelle verbleiben. Oder er könnte bei seiner Tochter und ihrer Familie wohnen. Oder er könnte in die Türkei zurückkehren. Es erscheint mir sowohl weltfremd als auch mutwillig anzunehmen, dass er im Falle seines Umzugs in den anderen Mitgliedstaat oder in die Türkei (seine Wahlmöglichkeiten Nrn. 2 und 3) durch die „Freiwilligkeit“ seiner Entscheidung aus dem Geltungsbereich des Art. 6 – oder gar des Beschlusses Nr. 3/80 insgesamt – fiele. Dies kann nicht der Blickwinkel sein, unter dem Art. 6 Abs. 1 betrachtet werden sollte.

83.      Ich gelange daher zu dem Ergebnis, dass der Gerichtshof, auch wenn er die selbstbestimmte Wahrnehmung von Freizügigkeitsrechten durch einen Unionsbürger zur Untermauerung seiner Argumentation im Urteil Demirci herangezogen hat, dies nicht in der Absicht getan haben kann, die „Freiwilligkeit der Ausreise“ aus dem Mitgliedstaat, der die Leistungen gewährt hat, zu dem entscheidenden Kriterium zu machen, das dem türkischen Bezieher von Sozialleistungen bei entsprechendem Nachweis diese Leistungen und somit den durch Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 gewährten Schutz nimmt.

84.      Daher wende ich mich nun der Frage nach der Stellung und den Rechten des Inhabers einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung im Vergleich zu den Rechten a) eines niederländischen Staatsangehörigen und b) des Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats und somit Unionsbürgers zu.

85.      Die Richtlinie 2003/109/EG soll Drittstaatsangehörigen, die sich für mindestens fünf Jahre rechtmäßig in der Union aufgehalten haben und einen langfristigen Aufenthaltstitel besitzen „eine Reihe einheitlicher Rechte gewähr[en], die denjenigen der Unionsbürger so nah wie möglich sind“ (zweiter Erwägungsgrund)(46). Laut dem siebten Erwägungsgrund sollten Drittstaatsangehörige, um die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu erlangen, „ausreichende Einkünfte und einen Krankenversicherungsschutz nachweisen, damit sie keine Last für den betreffenden Mitgliedstaat werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Drittstaatsangehörige über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, können die Mitgliedstaaten Faktoren wie die Entrichtung von Beiträgen in ein Alterssicherungssystem und die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen berücksichtigen“. Wirkung entfaltet dieser Erwägungsgrund durch Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b, indem die Fähigkeit zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts, d. h. eines Aufenthalts ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen und das Verfügen über eine Krankenversicherung zu Bedingungen für die Zuerkennung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten gemacht werden.

86.      Art. 8 Abs. 1 sieht vor, dass die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten vorbehaltlich des Art. 9 dauerhaft ist. Die in der letzteren Bestimmung aufgezählten Gründe für die Entziehung oder den Verlust einer solchen Rechtsstellung umfassen zusätzlich zu bestimmten staatspolitischen Gründen, dass „er sich während eines Zeitraums von 12 aufeinander folgenden Monaten nicht im Gebiet der [Union] aufgehalten hat (Art. 9 Abs. 1 Buchst. c). In Art. 11 ist das Recht auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats niedergelegt, diese Bestimmung enthält aber auch eine Reihe von Ausnahmen von diesem Grundsatz. Insbesondere sieht Art. 11 Abs. 4 vor, dass „die Mitgliedstaaten die Gleichbehandlung bei Sozialhilfe und Sozialschutz auf die Kernleistungen beschränken können“(47).

87.      Eigenartigerweise befasst sich die Richtlinie 2003/109 offenbar nicht mit der Frage, was passiert – d. h. worin die jeweiligen Rechte des Drittstaatsangehörigen und des Mitgliedstaats, in dem er Aufnahme gefunden hat, bestehen –, wenn die betreffende Person dauerhaft von um Aufstockungsleistungen erhöhte Sozialleitungen abhängig oder wenn sie gar mittellos wird.

88.      Es bestehen wohl keine Zweifel, dass Herr Çoban aufgrund seiner Tätigkeit als Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr die Voraussetzungen für eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU erfüllt hätte (und vermutlich sogar erfüllte). Er erlangte seinen entsprechenden Aufenthaltstitel kurze Zeit (etwa drei Monate), nachdem er erstmals das Arbeiten eingestellt hatte(48). Zu diesem Zeitpunkt waren seine Zukunftsaussichten – nicht zuletzt weil es fraglich war, ob er tatsächlich in der Lage sein würde, seine Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen – wohl ganz und gar nicht klar. Ich weise darauf hin, dass ihm erst fast zwei Jahre später (am 8. September 2008) eine Erwerbsminderung von 45 % bis 55 % attestiert und eine Leistung bei Invalidität gewährt wurde(49).

89.      Hatte Herr Çoban zu dem Zeitpunkt, als das Uwv ihm die Leistung nach der TW entzog, eine Rechtsstellung, die der eines niederländischen Staatsangehörigen (wie etwa der von Herrn Demirci und seinen Kollegen) oder eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats und damit Unionsbürgers gleichwertig ist?

90.      Es liegt auf der Hand, dass die Rechtsstellung von Herrn Çoban, was das Verhältnis zu den Niederlanden angeht, von der Ausgangslage her nicht mit der eines niederländischen Staatsangehörigen verglichen werden kann. Herr Demirci und seinen Kollegen hielten sich in dem (von ihnen angenommenen) Heimatland auf. Durch den Erwerb der niederländischen Staatsangehörigkeit hatten Sie „die höchste Stufe der Integration des türkischen Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat“ erreicht(50). Sie haben die niederländische Staatsangehörigkeit erworben. Herr Çoban ist diesen entscheidenden Schritt nicht gegangen.

91.      Oder sollte die Rechtsstellung von Herrn Çoban mit der eines Unionsbürgers, der ebenfalls über ein langfristiges Aufenthaltsrecht in den Niederlanden verfügt und seinen Anspruch auf Zahlung der Aufstockungsleistung nach der TW durch einen Umzug verliert, verglichen werden?

92.      Es ist ein fast unumstößlicher Grundsatz, dass, so vorteilhaft auch immer die Rechtsstellung eines Drittstaatsangehörigen, der den Status eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erlangt hat, im Vergleich zu der weniger gesicherten Stellung eines Drittstaatsangehörigen sein mag, der diesen Status noch nicht erreicht hat(51), auch diese Rechtsstellung nicht so gut sein kann wie die eines Unionsbürgers.

93.      Wie der Gerichtshof in einer langen Reihe von Fällen, die bis zu der Rechtssache Grzelczyk zurückreichen, entschieden hat, ist die Unionsbürgerschaft „dazu bestimmt, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein, der es denjenigen unter ihnen, die sich in der gleichen Situation befinden, erlaubt, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unbeschadet der insoweit ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen die gleiche rechtliche Behandlung zu genießen“(52). Herr Grzelczyk konnte während seines letzten Studienjahres das belgische „Minimex“ beanspruchen – eine „soziale Vergünstigung“ im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68(53) – und zwar nicht aufgrund (aus Gemeinschaftsrecht abgeleiteten) Sekundärrechts, sondern aufgrund der Unionsmitbürgern geschuldeten Solidarität. Ein in der gleichen Lage befindlicher belgischer Student hätte das „Minimex“ als finanzielle Unterstützung erhalten können. Daher wäre dies auch Herrn Grzelczyk möglich gewesen(54).

94.      Eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU eines Drittstaatsangehörigen gewährt kein auf den EG-Vertrag gestütztes Recht auf interpretatorische Auffüllung von Regelungslücken im Sekundärrecht. Es liegt daher im Wesen dieses Rechtsstatus, dass er dem Status eines Unionsbürgers schwerlich gleichwertig sein kann.

95.      Meines Erachtens muss die Rechtsstellung von Herrn Çoban am 1. April 2014 in mindestens zweierlei Hinsicht als unsicherer als die Rechtsstellung eines Unionsbürgers angesehen werden. Der erste Aspekt betrifft die fortdauernde finanzielle Absicherung, nachdem er dauerhaft erwerbsunfähig geworden war, der zweite Aspekt die befristete Aufrechterhaltung seiner langfristigen Aufenthaltsberechtigung – EU für den Fall, dass er die Niederlande verlassen und seinen Wohnsitz in der Türkei nehmen würde.

96.      Den ersten Aspekt betreffend folgt aus den Urteilen in Dano(55) und Alimanovic(56) , dass ein Mitgliedstaat unter bestimmten Umständen berechtigt ist, den Zugang zu besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen selbst für Unionsbürger zu beschränken, die sich rechtmäßig im Unionsgebiet aufhalten, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, in dem diese Bürger das dauerhafte Aufenthaltsrecht erwerben(57). Soweit mir bekannt ist, gibt es bisher noch keine Rechtsprechung des Gerichtshofs, die sich mit der Frage befasst, ob ein Drittstaatsangehöriger, der eine langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU erlangt hat und später hinsichtlich seines Lebensunterhalts finanziell vollständig von einer Kombination aus einer Sozialversicherungsleistung und einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung abhängig wird, sich auf den Fortbestand seines Aufenthaltsrechts und verbunden hiermit für den Rest seines Lebens auf die fortgesetzte Zahlung der besagten Leistungen verlassen kann. Es wäre kühn zu behaupten, dass dies offensichtlich der Fall ist(58).

97.      Den zweiten Aspekt betreffend folgt aus dem Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/109, dass ein Drittstaatsangehöriger „nicht mehr berechtigt [ist], die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn … er sich während eines Zeitraums von 12 aufeinander folgenden Monaten nicht im Gebiet der [Union] aufgehalten hat“. Nach diesem Zeitpunkt hat er dieselbe Rechtsstellung wie jeder andere Drittstaatsangehörige, der (wieder) in das Unionsgebiet einreisen möchte(59). Vermutlich kommt eine solche Person nach dem Sachverhalt des vorliegenden Falls (bei Herrn Çoban liegt eine Erwerbsminderung von 45 % bis 55 % vor) nicht in den Genuss der bevorzugten Behandlung, die einem türkischen Staatsangehörigen gewährt wird, der im Sinne des Assoziierungsabkommens (wieder) dem Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehören möchte (und der keinesfalls in gleicher Weise wie ein Unionsbürger zur Freizügigkeit innerhalb der Union berechtigt wäre)(60).

98.      Im Gegensatz hierzu verliert ein Unionsbürger, der die Rechtsstellung eines langfristigen Aufenthaltsberechtigten hat und auf eigenen Wunsch die Niederlande verlässt (und somit seinen Leistungsanspruch nach der TW verliert) schließlich sein langfristiges Aufenthaltsrecht – nämlich nach zwei Jahren und nicht bereits nach zwölf Monaten(61) – er kann jedoch selbstverständlich in die Niederlande zurückkehren, wenn er dies wünscht(62).

99.      Im Urteil Demirci schickte der Gerichtshof seiner genauen Analyse, warum diese beiden Personen mit doppelter türkisch-niederländischer Staatsangehörigkeit – anders als die Kläger in der Rechtssache Akdas – sich wegen ihres fortgesetzten Bezugs von Leistungen nach der TW auf den Beschluss Nr. 3/80 berufen konnten, die Worte voraus: „… der Umstand, dass die Rechtsmittelgegner des Ausgangsverfahrens als türkische Arbeitnehmer die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats erworben haben, [versetzt] diese speziell im Hinblick auf die Ziele des Systems der Assoziation EWG–Türkei in eine ganz besondere Lage“(63).

100. Es steht jedoch außer Zweifel, dass Herr Çoban nicht in einer „ganz besonderen Lage“ ist. Er besitzt keine doppelte, d. h. türkische und niederländische, Staatsangehörigkeit. Er ist nicht Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats. Er besitzt nur eine einzige Staatsangehörigkeit: die türkische. Meines Erachtens geht aus den oben in den Nrn. 84 ff. angeführten Fundstellen hervor, dass seine Situation nicht mit der eines niederländischen Staatsangehörigen und/oder eines Unionsbürgers verglichen werden kann. Hieraus folgt, dass Art. 59 des Zusatzprotokolls keine Wirkung dahin entfaltet, dass ihm die unmittelbar wirksamen Rechte aus Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80, vorenthalten sind, auf die er sich anderenfalls berufen könnte.

 Nachtrag

101. Gemäß meiner vorstehenden Analyse liegt die Grundursache für die Ungewissheit, die zum vorliegenden Rechtsstreit geführt hat, darin, dass der Beschluss Nr. 3/80 die Fassung der Verordnung Nr. 1408/71 wiedergibt, die vor ihrer Änderung, durch welche die Nichtexportierbarkeit der besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen herbeigeführt werden sollte, in Kraft war(64). In den Urteilen Akdas und Demirci ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen unter den Beschluss Nr. 3/80 fallen(65).

102. Wenn auch Art. 59 des Zusatzprotokolls als ein wertvolles Hilfsmittel bei der Auslegung dienen(66) und daher bei Vorliegen besonderer Umstände in der Weise eingreifen kann, dass eine Berufung auf den Beschluss Nr. 3/80 ausgeschlossen ist, reicht seine Funktion und Wirkung doch nicht so weit, den Beschluss Nr. 3/80 mit der Folge uminterpretieren zu können, dass genau die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen „ausgenommen“ werden, zu denen der Gerichtshof ausgeführt hat, dass sie unter diesen Rechtsakt fallen. Die Befugnis zur Änderung oder Neufassung des Beschlusses Nr. 3/80 liegt beim Assoziationsrat(67). Sollte es aus politischen Gründen erwünscht sein, türkischen Staatsangehörigen ihren Anspruch auf fortgesetzte Zahlung einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung für den Fall zu entziehen, dass sie ihren Wohnsitz außerhalb des Aufnahmemitgliedstaats nehmen, bleibt zur Erreichung dieses Ziels, hier einmal ausgenommen die Konstellation, dass sich der Gerichtshof erneut mit einer Rechtssache zu befassen hat, dessen Sachverhalt dem der Rechtssachen Akdas und Demirci entspricht(68), nur der Weg der Rechtsetzung.

 Ergebnis

103. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Vorlagefragen des Centrale Raad van Beroep (Instanzgericht für den Bereich der sozialen Sicherheit, Niederlande) wie folgt zu beantworten:

Ein ehemaliger Arbeitnehmer, der neben seiner türkischen Staatsangehörigkeit nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt und der Bezieher einer Aufstockungsleistung nach der Toeslagenwet ist, kann sich zwecks Aufrechterhaltung seines Leistungsanspruchs im Fall eines Umzugs in die Türkei unmittelbar auf Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige berufen. Art. 59 des am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichneten Zusatzprotokolls steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Es ist ohne Belang, ob diese Person a) auf eigenen Wunsch in die Türkei umzieht und b) als Drittstaatsangehörige die Rechtsstellung eines langfristig in der Union Aufenthaltsberechtigten hat, so dass er innerhalb von zwölf Monaten in den Aufnahmemitgliedstaat zurückkehren und dort erneut seinen Wohnsitz nehmen könnte.


1      Originalsprache: Englisch.


2      In der Odyssee, V. Gesang, Vers 136, klagt Kalypso, sie hätte Odysseus Unsterblichkeit verleihen wollen, wenn er auf ihrer Insel geblieben wäre. In der Odyssee, VII. Gesang, Vers 313, stellt Alkinoos (der Herrscher der Phaiaken) Odysseus, wenn dieser sich zum Bleiben entschließen würde, Reichtum und die Hand seiner Tochter Nausikaa, d. h. die Stellung als Schwiegersohn, in Aussicht.


3      ABl. 1983, C 110, S. 60.


4      Zusatzprotokoll, am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnet und im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 über den Abschluss des Zusatzprotokolls und des Finanzprotokolls, die am 23. November 1970 unterzeichnet wurden und dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei als Anhänge beigefügt sind, und über die zu deren Inkrafttreten zu treffenden Maßnahmen (ABl. 1977, L 361, S. 60) (im Folgenden: Zusatzprotokoll).


5      Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, das am 12. September 1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits und den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Gemeinschaft andererseits (ABl. 1973, C 113, S. 1) unterzeichnet und im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 (ABl. 1964, C 217, S. 3685) geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde (im Folgenden: Assoziierungsabkommen).


6      Art. 39 Abs. 1 bzw. 2.


7      Art. 62 des Zusatzprotokolls.


8      Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation, angenommen aufgrund des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (im Folgenden: Beschluss Nr. 1/80). Der Beschluss wurde nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, findet sich jedoch in einer nützlichen Sammlung der einschlägigen Texte, die 1992 im Auftrag des Rates veröffentlicht wurde: siehe https://www.ab.gov.tr/files/ardb/evt/EEC‑Turkey_association_agreements_and_protocols_and_other_basic_texts.pdf.


9      Vgl. Urteil vom 20. September 1990, Sevince (C‑192/89, EU:C:1990:322, Rn. 29).


10      Vgl. Urteil vom 6. Juni 1995, Bozkurt (C‑434/93, EU:C:1995:168, Rn. 42).


11      Art. 39 Abs. 1 des Zusatzprotokolls und die Präambel des Beschlusses Nr. 3/80.


12      Verordnung des Rates vom 14. Juni 1971 (ABl., englische Sonderausgabe 1971[II], S. 416).


13      „as also“ („als auch“) in der englischen Fassung ist meines Erachtens eine falsche Übersetzung von „ainsi que“ („ferner“) in der französischen Fassung. Die Verordnung Nr. 1408/71 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1) im Wesentlichen aufgehoben. Zum im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt galt die Fassung der Verordnung Nr. 883/2004, geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1372/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2013 (ABl. 2013, L 346, S. 27). Ungeachtet ihrer weitgehenden Aufhebung wurde die Verordnung Nr. 1408/71 zuletzt durch Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Änderung der Verordnung Nr. 1408/71 (ABl. 2008, L 177, S. 1) geändert.


14      Verordnung des Rates vom 30. April 1992 (ABl. 1992, L 136, S. 1). Mit dem neuen Art. 4 Abs. 2a wurden besondere beitragsunabhängige Geldleistungen, die bisher den Regeln des Art. 10a unterlagen, in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 einbezogen. Im Urteil Snares (Urteil vom 4. November 1997 [C‑20/96, EU:C:1997:518]), der ersten Rechtssache, die sich mit dem neu eingefügten Art. 10a befasste, führte der Gerichtshof aus, dass eine Leistung, wenn sie in Anhang IIa der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführt sei, unter den Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 falle; außerdem „ergibt sich aus dem Wortlaut von Artikel 10a, dass diese Bestimmung voraussetzt, dass die von ihr erfassten Leistungen im Übrigen unter Artikel 4 Absatz 2a der Verordnung Nr. 1408/71 in der Fassung der Verordnung Nr. 1247/92 fallen“ und dass sie „ausschließlich den Koordinierungsregeln in Artikel 10a unterliegt“ (Rn. 30 bis 32).


15      Die TW wurde dieser Liste durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 zur Änderung der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 (ABl. 2005, L 117, S. 1) hinzugefügt.


16      45. Erwägungsgrund.


17      Dieser Anhang enthält besondere Vorschriften für die Anwendung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten.


18      Beschluss des Rates vom 6. Dezember 2012 über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union im Assoziationsrat, der im Rahmen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Türkei eingesetzt wurde, im Hinblick auf die Annahme von Vorschriften für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu vertreten ist (ABl. 2012, L 340, S. 19).


19      Art. 1 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Ausdehnung der Verordnung Nr. 883/2004 und der Verordnung Nr. 987/2009 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Verordnungen fallen (ABl. 2010, L 344, S. 1).


20      Art. 1 Abs. 1 Buchst. d der TW.


21      Siehe unten, Nr. 60 ff.


22      In diesem Zusammenhang führt das vorlegende Gericht aus, dass Herr Çoban sein Recht auf Aufenthalt in den Niederlanden nach dem Recht der Assoziation zwischen der EWG und der Türkei verloren habe, als er dem Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaats endgültig nicht mehr angehörte; er habe jedoch nach der Remigratiewet innerhalb eines Jahres zurückkehren können.


23      Urteile vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346) (im Folgenden: Akdas), und vom 14. Januar 2015, Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2015:8) (im Folgenden: Demirci).


24      Siehe oben, Nrn. 18, 23, 26 und 27.


25      Siehe Urteil vom 27. September 1988, Lenoir (313/86, EU:C:1988:452, Rn. 16), bestätigt im Urteil vom 4. November 1997, Snares (C‑20/96, EU:C:1997:518, Rn. 42 und 43).


26      Siehe Schlussanträge in der Rechtssache Snares (C‑20/96, EU:C:1997:227, Nrn. 11 bis 20).


27      Siehe oben, Nr. 26.


28      Urteil vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346, Rn. 67 bis 73).


29      Urteil vom 14. Januar 2015, Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2015:8, Rn. 48 und 49).


30      Art. 2 des Beschlusses Nr. 3/80.


31      Urteil vom 26. Mai 2011 (C‑485/07, EU:C:2011:346, Rn. 79).


32      Urteile vom 14. Januar 2015, Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2015:8, Rn. 38 und 39), und vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346, Rn. 47 und 48). Im Urteil Akdas u. a., dort in Nr. 54, zitiert der Gerichtshof die Auffassung des vorlegenden Gerichts, wonach die nach der TW gezahlte Aufstockungsleistung, deren Gewährung nicht von einer individuellen Prüfung der Bedürftigkeit des Antragstellers abhänge, als eine Leistung bei Invalidität im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses Nr. 3/80 behandelt werden müsse und in dessen sachlichen Geltungsbereich falle.


33      Im Urteil vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346) (dort in Rn. 77) hielt der Gerichtshof fest, „die Parteien [erkennen] an“, dass eine Leistung wie die Zusatzleistung nach der TW unter Art. 4 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses Nr. 3/80 falle und daher von dem in dessen Art. 6 Abs. 1 niedergelegten Verbot erfasst sei. Wahrscheinlich wurde diese Frage in der Rechtssache Demirci (Urteil vom 14. Januar 2015, C‑171/13, EU:C:2015:8) deshalb weder vom Generalanwalt noch vom Gerichtshof angesprochen.


34      Siehe Art. 39 Abs. 1 des Zusatzprotokolls und die Präambel des Beschlusses Nr. 3/80.


35      Diese Aussage (unter Nr. 5 des Vorabentscheidungsersuchens in dieser Rechtssache) wird von demselben Gericht in seinem späteren Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Güler (C‑257/18, anhängig), dort unter Nr. 4.4, nochmals so getroffen. Tatsächlich hebt das vorlegende Gericht darin hervor, der Umstand, dass Herr Çoban sehr wohl einen erworbenen Anspruch auf die Zusatzleistung habe, „während dies in der Rechtssache Güler zweifelhaft ist“ sei einer der Gründe dafür, dass weitere Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof gerichtet worden seien.


36      Urteil vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346, Rn. 84 bis 87).


37      Urteil vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346, Rn. 88 bis 95).


38      Urteil vom 14. Januar 2015, Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2015:8, Rn. 53 bis 57).


39      Siehe meine Schlussanträge in der Rechtssache Yön (C‑123/17, EU:C:2018:267, Nrn. 89 und 90).


40      Siehe u. a. Urteil vom 29. April 2010, Kommission/Niederlande (C‑92/07, EU:C:2010:228, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).


41      Siehe u. a. Urteile vom 18. Juli 2007, Derin (C‑325/05, EU:C:2007:442, Rn. 58 bis 69, insbesondere Rn. 68), und vom 22. Dezember 2010, Bozkurt (C‑303/08, EU:C:2010:800, Rn. 45). Siehe, in dieselbe Richtung gehend, meine Schlussanträge in der Rechtssache Pehlivan (C‑484/07, EU:C:2010:410, Nr. 63): Es ist erforderlich, das Gesamtbild im Blick zu behalten.


42      Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2014:2073, Nr. 43).


43      Siehe oben, Nr. 38, und den Wortlaut der Vorlagefrage.


44      Siehe oben, Nr. 9.


45      Siehe Art. 2 (persönlicher Geltungsbereich) in Verbindung mit Art. 6 (Aufhebung der Wohnortklauseln). In den persönlichen Geltungsbereich nach Art. 2 fallen auch die Familienangehörigen dieser Arbeitnehmer, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, und die Hinterbliebenen dieser Arbeitnehmer.


46      Richtlinie vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. 2004, L 16, S. 44).


47      Zu der Bedeutung des Begriffs „Kernleistungen“, siehe Urteil vom 24. April 2012, Kamberaj (C‑571/10, EU:C:2012:233, Rn. 91). Es ist den Mitgliedstaaten gestattet, „die Gleichbehandlung, auf die die Inhaber der von der Richtlinie 2003/109 eingeräumten Rechtsstellung Anspruch haben, zu beschränken, ausgenommen diejenigen von den Behörden, sei es auf nationaler, auf regionaler oder auf kommunaler Ebene, gewährten Leistungen der Sozialhilfe oder des Sozialschutzes, die dazu beitragen, es dem Einzelnen zu erlauben, seine Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wohnung und Gesundheit zu befriedigen“ (Hervorhebung nur hier).


48      Siehe oben, Nr. 33.


49      Siehe oben, Nr. 34.


50      Urteil vom 14. Januar 2015, Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2015:8, Rn. 53).


51      Dieser Status ist zweifellos sehr vorteilhaft. Generalanwalt Szpunar beschreibt dies in der Rechtssache P und S (C‑579/13, EU:C:2015:39, Nrn. 29 bis 31) wie folgt: „… führt die Richtlinie 2003/109 für Drittstaatsangehörige, die sich fünf Jahre lang rechtmäßig in der Union aufgehalten haben, eine Rechtsstellung ein, die ausschließlich auf dem Unionsrecht beruht, – nämlich die eines langfristig Aufenthaltsberechtigten. Die Einführung dieses Rechtsstatus erschafft eine zur Staatsangehörigkeit alternative Form der Teilnahme am Gesellschafts- und Wirtschaftsleben der Union für Ausländer – in der Literatur wird sie im Gegensatz zum „citizenship“ als „denizenship“ bezeichnet. Soweit das Unionsrecht keine Regelungen trifft, unterliegt die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen, die sich in der Union aufhalten, weiterhin dem innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten“ (Hervorhebung nur hier).


52      Urteil vom 20. September 2001, Grzelczyk (C‑184/99, EU:C:2001:458, Rn. 31).


53      Verordnung des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl., englische Sonderausgabe 1968[II], S. 475). Urteil vom 20. September 2001, Grzelczyk (C‑184/99, EU:C:2001:458, Rn. 27). Herr Grzelczyk fiel jedoch nicht unter diese Verordnung, weil er nicht als ein „Arbeitnehmer“ galt: siehe Rn. 15 und 16 des Urteils.


54      Urteil vom 20. September 2001, Grzelczyk (C‑184/99, EU:C:2001:458, Rn. 29). Zur Wirkung der nach dem EG-Vertrag mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte im Sinne einer Außerkraftsetzung von im Sekundärrecht niedergelegten Beschränkungen dieser Rechte siehe Rn. 30 bis 36 des Urteils.


55      Urteil vom 11. November 2014 (C‑333/13, EU:C:2014:2358).


56      Urteil vom 15. September 2015 (C‑67/14, EU:C:2015:597).


57      Siehe Urteil vom 11. November 2014, Dano (C‑333/13, EU:C:2014:2358, Rn. 68 bis 74). Frau Dano besaß einen (innerstaatlichen) unbefristeten Aufenthaltstitel, hatte jedoch noch kein Aufenthaltsrecht nach der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (im Folgenden: Unionsbürgerrichtlinie) (ABl. 2004, L 158, S. 77) erlangt (siehe Rn. 26 bzw. 44 des Urteils).


58      Siehe in diesem Zusammenhang Urteile vom 19. September 2013, Brey (C‑140/12, EU:C:2013:565, Rn. 64, 69 und 78), und vom 15. September 2015, Alimanovic (C‑67/14, EU:C:2015:597, Rn. 57 bis 59 und 62). Der Wortlaut der Richtlinie 2003/109 liefert keine Antwort auf diese Frage: siehe oben, Nr. 87.


59      Es dürfte kein Zufall sein, dass die Remigratiewet (Remigrationsgesetz) es einem türkischen Arbeitnehmer, der seinen Wohnsitz in der heimatlichen Türkei genommen hat, gestattet, seine Entscheidung zu überdenken und in die Niederlande zurückzukehren, vorausgesetzt dies geschieht innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt, in dem er sich im Bestimmungsland niedergelassen hat: siehe oben, Nr. 32.


60      Siehe Urteil vom 14. Januar 2015, Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2015:8, Rn. 56): „Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass türkische Staatsangehörige, anders als die Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten, keine Freizügigkeit innerhalb der Union genießen, sondern nur im Aufnahmemitgliedstaat bestimmte Rechte besitzen (siehe Urteile Tetik, C‑171/95, EU:C:1997:31, Rn. 29, und Derin, C‑325/05, EU:C:2007:442, Rn. 66)“.


61      Siehe Art. 16 Abs. 4 der Unionsbürgerrichtlinie.


62      Siehe Art. 5 Abs. 1 der Unionsbürgerrichtlinie.


63      Urteil vom 14. Januar 2015, Demirci u. a. (C‑171/13, EU:C:2015:8, Rn. 53).


64      Siehe oben, Nr. 53. In seinem Urteil vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346) war sich der Gerichtshof der Diskrepanz zwischen dem Beschluss Nr. 3/80 und der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 1408/71 sehr wohl bewusst: siehe Rn. 83 bis 86 des Urteils in dieser Rechtssache.


65      Siehe Urteil vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346, Rn. 77).


66      Siehe oben, Nrn. 73 ff.


67      Urteil vom 26. Mai 2011, Akdas u. a. (C‑485/07, EU:C:2011:346, Rn. 91).


68      Sollte der Gerichtshof beabsichtigen, diese Prämisse zu überprüfen und gegebenenfalls zur Disposition zu stellen, würde ich als geeigneten Ort für eine solche Abkehr von der gefestigten Rechtsprechung die Große Kammer vorschlagen.