Language of document : ECLI:EU:T:2016:176

BESCHLUSS DES GERICHTS (Erste Kammer)

16. März 2016(*)

„Verfahren – Kostenfestsetzung“

In der Rechtssache T‑173/11 DEP

Kurt Hesse, wohnhaft in Nürnberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Krogmann,

Lutter & Partner GmbH mit Sitz in Garching (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin H. Lindner und Rechtsanwalt T. Kiphuth,

Kläger,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt E. Stolz,

wegen Festsetzung der Kosten, die die Kläger der Streithelferin im Anschluss an das Urteil vom 27. November 2014, Hesse und Lutter & Partner/HABM – Porsche (Carrera) (T‑173/11, EU:T:2014:1001) zu erstatten haben,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter), der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Parteien

1        Mit Klageschrift, die am 22. März 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragten die Kläger, Kurt Hesse und die Lutter & Partner GmbH, die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 11. Januar 2011 (Sache R 306/2010-4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG und Herrn Hesse aufzuheben und dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

2        Die Streithelferin, die Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG, trat dem Rechtsstreit bei und beantragte, die Klage abzuweisen und den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

3        Mit Urteil vom 27. November 2014, Hesse und Lutter & Partner/HABM – Porsche (Carrera) (T‑173/11, EU:T:2014:1001, im Folgenden: Urteil des Gerichts), wies das Gericht die Klage ab und verurteilte die Kläger auf der Grundlage von Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991, ihre eigenen Kosten sowie jeweils die Hälfte der Kosten des HABM und der Streithelferin zu tragen.

4        Mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 forderte die Streithelferin die Erstattung der von ihr mit 8 293,04 Euro bezifferten Kosten durch die Kläger, also durch jeden Kläger 4 146,52 Euro. Herr Hesse antwortete nicht. Rechtsanwalt T. Kiphuth, der derselben Kanzlei wie Rechtsanwältin H. Lindner, eine der Prozessbevollmächtigten von Lutter & Partner im Hauptsacheverfahren, angehört, antwortete, dass die Kanzlei nicht mehr von Lutter & Partner mandatiert sei, und bat die Streithelferin, sich direkt an Lutter & Partner zu wenden. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 wandte sich die Streithelferin an Rechtsanwalt H. Ampferl, den anderen Prozessbevollmächtigten von Lutter & Partner im Hauptsacheverfahren, und forderte diesen zur Erstattung der Kosten in Höhe von 4 146,52 Euro auf. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

5        Mit Rechtsmittelschrift, die am 5. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist und unter der Nr. C‑50/15 P eingetragen wurde, legte Herr Hesse nach Art. 56 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein.

6        Mit Antragsschrift, die am 11. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Streithelferin gemäß Art. 92 § 1 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt, mit dem sie das Gericht ersuchte, den Betrag der auf das Verfahren vor dem Gericht entfallenden, von den Klägern zu tragenden erstattungsfähigen Kosten auf 8 293,04 Euro festzusetzen.

7        Mit Schriftsatz, der am 9. April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, ist Herr Hesse diesem Antrag entgegengetreten, wobei er die zu erstattenden Kosten als überhöht rügte. Lutter & Partner hat sich nicht geäußert.

8        Mit Beschluss vom 31. Juli 2015 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache bis zur abschließenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑50/15 P ausgesetzt.

9        Mit Urteil vom 21. Januar 2016, Hesse/HABM (C‑50/15 P, Slg, EU:C:2016:34), hat der Gerichtshof das von Herrn Hesse eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen und ihm die Kosten auferlegt.

 Rechtliche Würdigung

10      Die Streithelferin ersucht das Gericht, den Betrag der von Herrn Hesse und von Lutter & Partner jeweils zur Hälfte zu tragenden erstattungsfähigen Kosten auf 8 293,04 Euro festzusetzen; dieser Betrag entspreche zum einen den Rechtsanwaltskosten in Höhe von 8 000 Euro und zum anderen den für die Übermittlung der Schriftsätze an das Gericht entstandenen Kosten von 293,04 Euro.

11      Herr Hesse hält die Rechtsanwaltskosten von 8 000 Euro für nicht angemessen, da die Klagebeantwortung der Streithelferin weniger als sieben Seiten umfasse und sich darauf beschränke, bereits bekannte Argumente aus dem Widerspruchsverfahren zu wiederholen. Zudem enthalte der Kostenfestsetzungsantrag weder Angaben über den vom Rechtsanwalt der Streithelferin geleisteten Zeitaufwand noch zu seinen anwaltlichen Stundensätzen. Außerdem bestreitet Herr Hesse, dass die Streithelferin die geltend gemachten Kosten tatsächlich bezahlt hat.

12      Nach Art. 170 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung entscheidet das Gericht bei Streitigkeiten über die erstattungsfähigen Kosten auf Antrag der betroffenen Partei durch unanfechtbaren Beschluss, nachdem es der vom Antrag betroffenen Partei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

13      Nach Art. 140 Buchst. b der Verfahrensordnung gelten als erstattungsfähige Kosten die Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte.

14      Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass das Gericht in Ermangelung einer unionsrechtlichen Gebührenordnung die Gegebenheiten des Falles frei zu würdigen hat, wobei es den Gegenstand und die Art des Rechtsstreits, seine Bedeutung aus unionsrechtlicher Sicht sowie die Schwierigkeiten des Falles, den Arbeitsaufwand der tätig gewordenen Bevollmächtigten oder Beistände im Zusammenhang mit dem Verfahren und das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten am Ausgang des Rechtsstreits berücksichtigt (Beschlüsse vom 28. Juni 2004, Airtours/Kommission, T‑342/99 DEP, Slg, EU:T:2004:192, Rn. 18, und vom 17. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM, T‑8/03 DEP, EU:T:2007:232, Rn. 15).

15      Im Licht dieser Erwägungen ist die Höhe der im vorliegenden Fall erstattungsfähigen Kosten zu beurteilen.

16      Erstens wies das Hauptsacheverfahren, anders als es die Streithelferin vorträgt, aufgrund seines Gegenstands und seiner Art keine besondere Komplexität auf. Die Rechtssache betraf nämlich einen Widerspruch, den die Streithelferin gegen die Eintragung der von Herrn Hesse angemeldeten Gemeinschaftsmarke eingelegt und auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009) gestützt hatte. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Rechtssache in unionsrechtlicher Hinsicht keine besondere Bedeutung aufwies.

17      Zweitens war die fragliche Rechtssache für die Streithelferin zwar von wirtschaftlichem Interesse, doch kann dieses, da von der Streithelferin keine konkreten Belege vorgelegt wurden, nicht als ungewöhnlich angesehen und auch nicht angenommen werden, dass es sich deutlich von dem unterscheidet, das jedem Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke zugrunde liegt.

18      Drittens hat der Unionsrichter bei der Bestimmung des Umfangs des dem Prozessbevollmächtigten der Streithelferin entstandenen Arbeitsaufwands grundsätzlich die Gesamtzahl der Arbeitsstunden zu berücksichtigen, die für das Verfahren vor dem Gericht objektiv erforderlich waren (vgl. Beschlüsse Airtours/Kommission, oben Rn. 14 angeführt, EU:T:2004:192, Rn. 30, und vom 22. März 2010, Mülhens/HABM – Spa Monopole [MINERAL SPA], T‑93/06 DEP, EU:T:2010:106, Rn. 21). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter den Wert der geleisteten Arbeit nur nach Maßgabe der Genauigkeit der gelieferten Informationen beurteilen kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss Airtours/Kommission, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2004:192, Rn. 30). Bei Fehlen solcher Informationen ist das Gericht zwar nicht daran gehindert, die Höhe der erstattungsfähigen Kosten nach billigem Ermessen festzusetzen, doch muss es in einem solchen Fall die Forderungen des Antragstellers zwangsläufig streng beurteilen (vgl. Beschlüsse vom 27. April 2009, Mülhens/HABM – Conceria Toska [TOSKA], T‑263/03 DEP, EU:T:2009:118, Rn. 18, und vom 24. Oktober 2011, Marcuccio/Kommission, T‑176/04 DEP II, EU:T:2011:616, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Streithelferin zur Stützung ihres Kostenfestsetzungsantrags weder eine Kostennote noch einen konkreten Beleg für die Berechnung des Anwaltshonorars vorgelegt hat. Sie beschränkt sich auf die Aussage, der Betrag von 8 000 Euro sei „bezüglich der Rechtsanwaltskosten … angemessen“. Dieses Fehlen von Informationen erschwert die Überprüfung der für das Verfahren vor dem Gericht gemachten Aufwendungen und ihrer Notwendigkeit erheblich.

20      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Streithelferin am 4. April 2011 eine Stellungnahme von einem Absatz Länge zur Bestimmung der Verfahrenssprache sowie am 6. Februar 2013, 30. September 2013 und 25. März 2014 sehr kurze Stellungnahmen zum Antrag von Herrn Hesse auf Aussetzung des Verfahrens eingereicht hat. Ihre am 7. Juni 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangene Klagebeantwortung umfasste sieben Seiten und vier Anlagen. Am 19. Dezember 2012 legte die Streithelferin eine nur einen Satz umfassende Frage zu den Kosten vor. Schließlich reichte sie, wie oben in Rn. 6 angegeben, einen Kostenfestsetzungsantrag ein, der zwei Seiten lang war.

21      Sodann ist zu berücksichtigen, dass die Kanzlei, der der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin angehörte, bereits über eine umfassende Kenntnis des Falles verfügte, da sie diese vor der Erhebung der Klage im Hauptsacheverfahren bereits im Verfahren vor der Widerspruchsabteilung und der Beschwerdekammer des HABM vertreten hatte. Aufgrund dieses Umstands wurde ihr teilweise die Arbeit erleichtert, und die für die Vorbereitung der Klagebeantwortung erforderliche Zeit verkürzte sich (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 13. Januar 2006, IPK-München/Kommission, T‑331/94 DEP, Slg, EU:T:2006:11, Rn. 59, und vom 17. Juli 2012, Budĕjovický Budvar/HABM – Anheuser-Busch [BUD], T‑60/04 DEP bis T‑64/04 DEP, EU:T:2012:390, Rn. 19). In ihrer Klagebeantwortung sollte die Streithelferin zu zwei in der Klageschrift vorgebrachten Klagegründen Stellung nehmen, die einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 und 5 der Verordnung Nr. 207/2009 betrafen. Aus den Akten des HABM geht jedoch hervor, dass die Streithelferin vor der Beschwerdekammer rechtlich ähnlich argumentiert hatte.

22      Darüber hinaus ist die Klagebeantwortung der Streithelferin inhaltlich relativ summarisch. Der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin nimmt zwar zu mehreren Aspekten des Rechtsstreits Stellung, etwa zu den angeblich von den Klägern neu vorgetragenen Tatsachen, zur Verwechslungsgefahr betreffend die mobilen Navigationsgeräte, zur Bekanntheit der Widerspruchsmarken und zur unlauteren Ausnutzung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Marke CARRERA, doch geschieht dies nur in knapper Form, da die rechtlichen Ausführungen lediglich vier Seiten umfassen. Überdies waren die aufgeworfenen Fragen, wie oben in den Rn. 16 und 21 ausgeführt, weder neu noch komplex, so dass für die Vorbereitung der Klagebeantwortung der Streithelferin keine anspruchsvolle oder vertiefte Prüfung erforderlich war.

23      Außerdem hat der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin keine Gegenerwiderung eingereicht, und es fand keine mündliche Verhandlung statt.

24      Insoweit erscheint es angemessen, den Betrag des erstattungsfähigen Anwaltshonorars der Streithelferin auf 3 000 Euro festzusetzen.

25      Zu dem für die Übermittlung der Schriftsätze an das Gericht geltend gemachten Betrag von 293,04 Euro ist festzustellen, dass die Streithelferin ihrem Kostenfestsetzungsantrag keine entsprechende Rechnung beigelegt hat. Unter diesen Umständen ist der Pauschalbetrag von 100 Euro zugrunde zu legen.

26      Folglich werden die erstattungsfähigen Kosten der Streithelferin, die von den Klägern jeweils zur Hälfte zu tragen sind, auf insgesamt 3 100 Euro festgesetzt, wobei dieser Betrag allen Umständen der Rechtssache bis zu dem Zeitpunkt Rechnung trägt, zu dem der vorliegende Beschluss ergeht.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

beschlossen:

Herr Kurt Hesse und die Lutter & Partner GmbH erstatten der Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG jeweils die Hälfte des Betrags von 3 100 Euro.

Luxemburg, den 16. März 2016

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       H. Kanninen


* Verfahrenssprache: Deutsch.