Language of document : ECLI:EU:T:2013:421

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

12. September 2013(*)

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke mit der Darstellung eines Menstruationstampons – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑492/11

„Rauscher“ Consumer Products GmbH mit Sitz in Wien (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Stütz,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des HABM vom 20. Juli 2011 (Sache R 2168/2010‑1) über die Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke, die einen Menstruationstampon darstellt,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richter V. Vadapalas und K. O’Higgins (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 21. September 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 12. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 1. Juli 2012 meldete die Klägerin, die „Rauscher“ Consumer Products GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Dabei handelte es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde u. a. für die Waren „Damenhygieneartikel; Binden und Bandagen für gesundheitliche Zwecke, Damenbinden, Monatsbinden, Slipeinlagen, Menstruationstampons; Verbandmaterial; Watte für medizinische Zwecke“ der Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Mit Entscheidung vom 8. Oktober 2010 wies der Prüfer die Anmeldung für die Waren „Damenhygieneartikel“ und „Menstruationstampons“ gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zurück, da es der angemeldeten Marke in Bezug auf diese Waren an Unterscheidungskraft fehle.

5        Am 5. November 2010 erhob die Klägerin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers, soweit damit die Anmeldung für einen Teil der beanspruchten Waren zurückgewiesen worden war.

6        Mit Entscheidung vom 20. Juli 2011 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, der angemeldeten Marke fehle es an Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009. Sie vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass Gegenstand der Anmeldung die Darstellung eines Menstruationstampons und seiner Wirkweise sei, die durch einen Pfeil veranschaulicht werde, der von dem spitzen Ende in Richtung des Inneren des Tampons zeige und damit verdeutliche, wie die Flüssigkeit in den Tampon eindringe. Die maßgeblichen Verkehrskreise, bei denen es sich um die Durchschnittsverbraucherinnen handele, würden das Zeichen als eine schematische Darstellung eines Menstruationstampons auffassen. Zudem sei die dargestellte Form für diese Warengattung üblich, und die Kombination der funktionellen Elemente verleihe der angemeldeten Marke keine Unterscheidungskraft. Daher werde es das Zeichen nicht erlauben, die Damenhygieneartikel und Menstruationstampons der Klägerin von Waren anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

8        Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend macht.

10      Zunächst trägt die Klägerin vor, dass der Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen Verkehrskreise wegen der Art und Verwendung der fraglichen Waren, die das Intimleben berührten, überdurchschnittlich sei. Sodann wendet sie sich gegen die Auffassung der Beschwerdekammer, die angemeldete Marke bestehe aus dem bloßen Erscheinungsbild der Ware, während sie im Gegenteil die Oberflächendarstellung der Ware mit einer Schnittansicht kombiniere und darüber hinaus durch den „willkürlich gesetzten“ Pfeil die Funktionsweise dieser Ware andeute. Das Zeichen sei eine grafische Darstellung, die über die einfache Darstellung eines Menstruationstampons hinausgehe und auf die technische Innovation der fraglichen Waren hinweise, weshalb die maßgeblichen Verkehrskreise ihre betriebliche Herkunft ohne Probleme feststellen könnten. Schließlich habe die Beschwerdekammer, indem sie die Erheblichkeit der Eintragung der Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 ohne eine klare Begründung verneint habe, ihre Pflicht verletzt, zu ähnlichen Anträgen bereits ergangene Entscheidungen zu berücksichtigen und ein besonderes Augenmerk auf die Frage zu richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden sei.

11      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

12      Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne dieses Artikels, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wurde, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Procter & Gamble/HABM, C‑473/01 P und C‑474/01 P, Slg. 2004, I‑5173, Randnr. 32, und vom 21. Oktober 2004, HABM/Erpo Möbelwerk, C‑64/02 P, Slg. 2004, I‑10031, Randnr. 42).

13      Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (Urteile des Gerichtshofs Procter & Gamble/HABM, oben in Randnr. 12 angeführt, Randnr. 33, und vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, Slg. 2006, I‑5719, Randnr. 25).

14      Dabei unterscheiden sich die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die in der Form einer Ware bestehen, nicht von den für die übrigen Kategorien von Marken geltenden. Im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien ist jedoch festzustellen, dass eine dreidimensionale Marke, die in der Form der Ware selbst besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wird wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist. Denn die Durchschnittsverbraucher schließen aus der Form der Waren oder der ihrer Verpackung, wenn grafische oder Wortelemente fehlen, gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren; daher kann es schwieriger sein, die Unterscheidungskraft einer solchen dreidimensionalen Marke nachzuweisen als diejenige einer Wort- oder Bildmarke (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, Slg. 2004, I‑9165, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Somit ist es, je mehr sich die angemeldete Form der Form annähert, in der die betreffende Ware am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt, umso eher zu erwarten, dass dieser Form die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlt. Nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Üblichkeit in der Branche abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion zu erfüllen vermag, besitzt auch Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung. Wenn eine dreidimensionale Marke in der Form der Ware besteht, für die sie angemeldet wird, reicht demnach der bloße Umstand, dass diese Form eine Variante der üblichen Formen dieser Warengattung ist, nicht aus, um zu belegen, dass es der genannten Marke nicht an Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fehlt. Es ist immer zu prüfen, ob diese Marke es dem durchschnittlich informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Ware erlaubt, diese – ohne eine Prüfung vorzunehmen und ohne besonders aufmerksam zu sein – von Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteil Mag Instrument/HABM, oben in Randnr. 14 angeführt, Randnrn. 31 und 32).

16      Um beurteilen zu können, ob die Kombination der Bestandteile einer Form von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Herkunftshinweis wahrgenommen werden kann, ist der von dieser Kombination hervorgerufene Gesamteindruck zu untersuchen, was nicht unvereinbar damit ist, die einzelnen verwendeten Gestaltungselemente nacheinander zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. September 2001, Procter & Gamble/HABM [Rechteckige Tablette mit Einlagerung], T‑129/00, Slg. 2001, II‑2793, Randnr. 54).

17      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die oben in den Randnrn. 14 bis 16 angeführte Rechtsprechung, die für dreidimensionale Marken entwickelt wurde, die aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst bestehen, ebenfalls einschlägig ist, wenn die angemeldete Marke, wie im vorliegenden Fall, eine Bildmarke ist, die aus der zweidimensionalen Darstellung der Ware besteht. Denn auch in einem solchen Fall besteht die Marke nicht aus einem Zeichen, das vom Erscheinungsbild der mit ihr gekennzeichneten Waren unabhängig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2007, Henkel/HABM, C‑144/06 P, Slg. 2007, I‑8109, Randnr. 38). Die Klägerin legt im Übrigen kein besonderes Gewicht auf die Einordnung des Zeichens als Bild-, dreidimensionales oder anderes Zeichen.

18      Anhand dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die angemeldete Marke im vorliegenden Fall eine Form ist, die für die fragliche Warengattung üblicherweise verwendet wird, oder ob sie es erlaubt, die betriebliche Herkunft der Waren zu erkennen.

19      Die Klägerin wendet sich erstens gegen die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise durch die Beschwerdekammer, wonach die von der angemeldeten Marke erfassten Waren gewöhnliche Verbrauchsgüter seien, die sich an die Durchschnittsverbraucherinnen richteten.

20      Hierzu ist festzustellen, dass entgegen der Auffassung der Klägerin Damenhygieneartikel und Menstruationstampons an Frauen gerichtete gewöhnliche Verbrauchsgüter sind. Obwohl es sich bei den fraglichen Waren um solche der Klasse 5 handelt, ist bei keiner von ihnen für ihren Erwerb die Hilfe medizinischen Fachpersonals erforderlich. Auch wenn nämlich diese Waren, wie die Klägerin vorträgt, den Intimbereich der Verbraucherinnen berühren, ist den Akten kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass sich die Verbraucherinnen über diese Waren mehr informieren als über andere Drogerieartikel, die sie regelmäßig erwerben. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich somit um die durchschnittlich informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucherin. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich der Durchschnittsverbraucherin nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Zeichen unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass sie sich auf das im Gedächtnis behaltene unvollkommene Bild verlassen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg. 1999, I‑3819, Randnr. 26).

21      Zweitens ist festzustellen, dass die angemeldete Marke nur eine Variante der üblichen Formen der fraglichen Waren ist. Wie das HABM zutreffend geltend macht, hat der mit der angemeldeten Marke dargestellte Menstruationstampon die marktübliche, durch seine Funktion vorgegebene Form. Der Tampon ist mit Strichen unterschiedlicher Breite gezeichnet, die seinen leicht konkaven Boden, seine Längsrillen und den parabelförmigen Tamponkopf darstellen. Daher hat die Beschwerdekammer zu Recht den Schluss gezogen, dass die angemeldete Marke eine Bildmarke sei, bei der es sich um die Darstellung eines Menstruationstampons einschließlich der Darstellung der Wirkweise in seinem Inneren handele.

22      Die verschiedenen Elemente, auf die die Klägerin verweist, um darzutun, dass sich dieses Zeichen von den übrigen Tamponmodellen auf dem Markt unterscheide, sind rein technischer und funktioneller Natur. Das Argument der Klägerin, dass sich das fragliche Zeichen aus den überlagerten Elementen eines „grafisch durch Rahmenlinien dargestellte[n] Tampon[s], räumlich gezeichnet“, einer „Querschnittsansicht und damit [des Inneren] des Tampons“ und eines „sich ins Innere des Tampons in vier Richtungen verjüngenden Pfeil[s], der die Wirkweise des Produktes als deren charakteristische Eigenschaft darstellt“, zusammensetze, belegt nämlich, dass die Klägerin selbst das Zeichen als die grafische Darstellung der Ware und ihrer Wirkweise ansieht. Hinsichtlich dieses letztgenannten Elements widerspricht sich die Klägerin, wenn sie einerseits vorträgt, der Pfeil sei „willkürlich gesetzt“, aber andererseits behauptet, der Pfeil stelle „die Wirkweise des Produktes als deren charakteristische Eigenschaft“ dar.

23      Daher hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die Durchschnittsverbraucherin das fragliche Zeichen als nichts anderes als eine schematische Darstellung eines Menstruationstampons auffassen werde, dessen Funktion es sei, Flüssigkeiten zu absorbieren, weil sie es nicht gewöhnt sei, aus der Form dieser Waren auf ihre betriebliche Herkunft zu schließen, zumal die Form auch immer gleich sei. Demnach beschränkt sich der Gesamteindruck des Zeichens auf die Kombination seiner funktionellen Elemente.

24      Zu dem Argument der Klägerin, die angemeldete Marke bestehe nicht nur aus der äußeren Form der Ware, ist festzustellen, dass die oben in Randnr. 21 angesprochene Besonderheit, dass mehrere Aspekte der Ware dargestellt werden, kein hinreichendes Gewicht hat, da sie es den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht ermöglichen wird, die Menstruationstampons der Klägerin unmittelbar und mit Gewissheit von denen anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.

25      Dass die angemeldete Marke eine Variante der üblichen Formen dieser Warengattung ist, schließt drittens nicht aus, dass sie einige ästhetische Besonderheiten aufweisen kann, die geeignet sind, ihr einen neuen und individuellen Charakter zu verleihen, und es somit erleichtern, sie im Gedächtnis zu behalten, ohne dass diese Besonderheiten jedoch genügten, um die Waren der Klägerin von denen anderer Unternehmen eindeutig zu unterscheiden. Im vorliegenden Fall reicht die Besonderheit, dass die Ware in technischer Weise dargestellt wird, wodurch ein Verständnis ihrer innovativen Wirkweise ermöglicht wird, nicht aus, um der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen. Wie die Beschwerdekammer in Randnr. 16 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, ist der Pfeil ein übliches Symbol für die Bewegbarkeit in eine bestimmte Richtung. Zudem weisen weder die Form noch die Farbe des Pfeils ästhetische Besonderheiten auf. Wie die Klägerin selbst vorträgt, weist das Zeichen daher in seiner Gesamtheit auf die Wirkweise des Menstruationstampons hin, bei der die aufzunehmende Flüssigkeit nicht in erster Linie in den oberen Bereich des Tampons eindringt, sondern in der vom Pfeil angezeigten Richtung über einen Trichter am Tamponkopf in den im Tampon mittig verlaufenden Kanal einfließt und gleichzeitig nach außen diffundiert.

26      Dabei wird die Fähigkeit der maßgeblichen Verkehrskreise, in der angemeldeten Marke einen Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Waren zu sehen, nicht dadurch verstärkt, dass diese Verkehrskreise einen mittleren Aufmerksamkeitsgrad aufweisen.

27      Doch selbst wenn man unterstellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise mehr auf die verschiedenen technischen Details der Ware achten, bedeutet das nicht automatisch, dass sie diese so wahrnehmen, als hätten sie die Funktion einer Marke (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2008, Somm/HABM [Schatten spendende Abdeckung], T‑351/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Demnach kann die angemeldete Form, da sie sich nicht wesentlich von der üblichen Form der fraglichen Waren unterscheidet, nicht die Hauptfunktion der Marke erfüllen, nämlich auf die Herkunft der Ware hinzuweisen. Die Beschwerdekammer war daher zu Recht der Meinung, dass der angemeldeten Marke von Haus aus jegliche Unterscheidungskraft fehle.

29      Die Klägerin macht viertens geltend, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen habe, dass der Eintragung der Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 für die Feststellung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke keine Bedeutung zukomme.

30      Insoweit ist zu beachten, dass das HABM verpflichtet ist, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts auszuüben. Zwar muss das HABM nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch ist die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang zu bringen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Daher muss eine solche Prüfung in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Marke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, Slg. 2011, I‑1541, Randnrn. 73 bis 77).

31      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Randnr. 19 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die von der Klägerin angeführte Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 für die Feststellung der Unterscheidungskraft des fraglichen Zeichens unerheblich sei. Jede Anmeldung müsse aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls und nicht unter Bezugnahme auf andere Fälle ausschließlich in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 gewürdigt werden. Auch sei diese andere Marke nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens.

32      Es ist festzustellen, dass die Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722, deren Eintragungsurkunde der Klageschrift in Kopie als Anhang A 5 beigefügt ist, eine zweidimensionale Bildmarke eines Menstruationstampons ist, die der angemeldeten Marke sehr ähnelt. Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Marken liegt darin, dass der Pfeil, der in das Innere des Tampons zeigt, in der Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 in drei unterschiedliche Richtungen weist statt in vier wie bei der angemeldeten Marke. Die Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722 wurde zudem für mehrere Waren der Klasse 5 des Abkommens von Nizza, darunter die fraglichen Waren, eingetragen.

33      Nach der oben in Randnr. 30 angeführten Rechtsprechung musste die Beschwerdekammer des HABM die von der Klägerin angeführte Gemeinschaftsmarke berücksichtigen. Aus der obigen Randnr. 31 geht hervor, dass die Beschwerdekammer diese Marke geprüft hat, wenngleich der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen ist, dass sie ihr die besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat, die nach dem Urteil Agencja Wydawnicza Technopol (siehe oben, Randnr. 30) erforderlich ist. Die Beschwerdekammer hat sich nämlich in Randnr. 19 der angefochtenen Entscheidung auf die Feststellung beschränkt, dass die ältere Marke für die Eintragung der angemeldeten Marke unerheblich sei, ohne dies in irgendeiner Form sachdienlich zu erläutern. Wie sich aus dem genannten Urteil ergibt, hat die Beschwerdekammer außerdem zu Unrecht angenommen, dass Entscheidungen zu ähnlichen Anmeldungen im Rahmen ihrer Prüfung der vorliegenden Rechtssache nicht zu berücksichtigen seien. Es ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer dadurch gegen ihre Pflichten verstoßen hat, dass sie im Rahmen der Prüfung der fraglichen Anmeldung die bereits zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen, insbesondere die Entscheidung über die für die gleichen Waren eingetragene und der angemeldeten Marke sehr ähnlichen Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722, nicht berücksichtigt hat und kein besonderes Augenmerk auf die Frage gerichtet hat, ob im gleichen Sinne zu entscheiden war oder nicht.

34      Da jedoch die Beschwerdekammer unter den Umständen des vorliegenden Falles in Randnr. 18 der angefochtenen Entscheidung die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke zu Recht verneint hat, hat sie diese Marke nach den oben in Randnr. 30 angeführten Grundsätzen zu Recht von der Eintragung ausgeschlossen. Dass sie ihre Pflicht verletzt hat, im Rahmen der Prüfung der betreffenden Anmeldung die bereits zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen, insbesondere die Entscheidung über die Gemeinschaftsmarke Nr. 9216722, zu berücksichtigen, hat daher auf die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung keine Auswirkung.

35      Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

36      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM dessen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die „Rauscher“ Consumer Products GmbH trägt die Kosten.

Papasavvas

Vadapalas

O’Higgins

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. September 2013.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.