Language of document : ECLI:EU:F:2007:83

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ATHANASIOS RANTOS

vom 6. Juni 2024(1)

Rechtssache C255/22 P

Orlen S.A., vormals Polski Koncern Naftowy Orlen S.A., vormals Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo S.A.

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Art. 102 AEUV – Art. 54 des EWR-Abkommens – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Gasmärkte in Mittel- und Osteuropa – Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Beschluss der Kommission, mit dem die von einem Unternehmen angebotenen individuellen Verpflichtungszusagen für bindend erklärt werden – Nichtigkeitsklage – Angemessenheit der Verpflichtungszusagen angesichts der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken – Art der Kontrolle durch den Unionsrichter – Verzicht der Kommission, Verpflichtungszusagen in Bezug auf einige ursprüngliche Bedenken zu verlangen – Begründungspflicht – Ziele der Energiepolitik der Union – Art. 194 AEUV – Grundsatz der Energiesolidarität – Anwendbarkeit“






I.      Einleitung

1.        Mit dem vorliegenden Rechtsmittel beantragt die Orlen S.A. (im Folgenden: Orlen oder Rechtsmittelführerin), Rechtsnachfolgerin der Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo S.A., die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 2. Februar 2022, Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo/Kommission (Verpflichtungszusagen von Gazprom) (T‑616/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:43), mit dem dieses Gericht seine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 3106 final der Kommission vom 24. Mai 2018 in einem Verfahren nach Artikel 102 AEUV und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39816 – Vorgelagerte Gasversorgungsmärkte in Mittel- und Osteuropa)(2) (im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat. Mit diesem Beschluss wurden die von der Gazprom PJSC und der Gazprom export LLC (im Folgenden zusammen: Gazprom) vorgelegten Verpflichtungszusagen für bindend erklärt und das von der Kommission durchgeführte Verwaltungsverfahren abgeschlossen, in dem im Hinblick auf das in Art. 102 AEUV vorgesehene Verbot des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung die Wettbewerbskonformität bestimmter Praktiken von Gazprom geprüft wurde, die den Gassektor in bestimmten mittel- und osteuropäischen Staaten (im Folgenden: MOEL), nämlich in Bulgarien, der Tschechischen Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen und der Slowakei, beeinträchtigen.

2.        Parallel dazu wurde durch die Overgas Inc., einer Streithelferin im ersten Rechtszug (im Folgenden: Streithelferin und Anschlussrechtsmittelführerin), ein Anschlussrechtsmittel eingelegt, mit dem ebenfalls die Aufhebung des angefochtenen Urteils begehrt wird.

3.        Die vorliegende Rechtssache gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu Rechtsstreitigkeiten weiterzuentwickeln, die sich aus Entscheidungen ergeben, mit denen Verpflichtungszusagen für die Unternehmen nach Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003(3) für bindend erklärt werden. Zwar wirft diese Rechtssache die dem Gerichtshof bereits bekannte Problematik der gerichtlichen Überprüfung von Beschlüssen der Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts, insbesondere nach dem genannten Art. 9, im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf, sie wirft aber auch neuere Fragen auf, die einerseits die Vereinbarkeit eines nach Art. 9 dieser Verordnung erlassenen Beschlusses mit dem in Art. 194 AEUV verankerten Grundsatz der Energiesolidarität und andererseits die Verfahrensvorschriften über den Inhalt der Mitteilungen der Beschwerdepunkte betreffen, insbesondere soweit es um das etwaige Fehlen einer Begründung für den Verzicht auf einen oder mehrere Beschwerdepunkte während des Verfahrens geht, das zum Erlass eines Beschlusses nach Art. 9 der Verordnung führt.

4.        Entsprechend der Aufforderung des Gerichtshofs zielen die vorliegenden Schlussanträge auf die Prüfung des dritten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes sowie des zweiten und des dritten Rechtsmittelgrundes, die im Wesentlichen die beiden oben genannten Problemstellungen behandeln. Die vorliegenden Schlussanträge enthalten ebenfalls einige Klarstellungen zur Auslegung des Begriffs „offensichtlicher Beurteilungsfehler“, der im Mittelpunkt des ersten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes sowie des zweiten Anschlussrechtsmittelgrundes steht.

II.    Rechtlicher Rahmen

5.        Art. 9 („Verpflichtungszusagen“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet:

„Beabsichtigt die Kommission, eine Entscheidung zur Abstellung einer Zuwiderhandlung zu erlassen, und bieten die beteiligten Unternehmen an, Verpflichtungen einzugehen, die geeignet sind, die ihnen von der Kommission nach ihrer vorläufigen Beurteilung mitgeteilten Bedenken auszuräumen, so kann die Kommission diese Verpflichtungszusagen im Wege einer Entscheidung für bindend für die Unternehmen erklären. Die Entscheidung kann befristet sein und muss besagen, dass für ein Tätigwerden der Kommission kein Anlass mehr besteht.“

III. Vorgeschichte des Rechtsstreits

6.        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits und der Inhalt des streitigen Beschlusses sind in den Rn. 1 bis 36 des angefochtenen Urteils dargestellt und lassen sich für die Zwecke der vorliegenden thematisch eingegrenzten Schlussanträge wie folgt zusammenfassen.

A.      Das Verwaltungsverfahren

7.        Zwischen 2011 und 2015 traf die Kommission mehrere Maßnahmen zur Untersuchung des Funktionierens der Gasmärkte in Mittel- und Osteuropa. Insbesondere richtete die Kommission gemäß den Art. 18 und 20 der Verordnung Nr. 1/2003 Auskunftsersuchen an verschiedene Marktteilnehmer, u. a. Gazprom und einige von deren Kunden, darunter die Rechtsmittelführerin, und nahm Nachprüfungen vor, im Lauf des Jahres 2011 auch in den Räumlichkeiten der Rechtsmittelführerin(4).

8.        In diesem Rahmen leitete die Kommission am 31. August 2012 förmlich ein Verfahren ein, um gemäß Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 (5) einen Beschluss gemäß Kapitel III der Verordnung Nr. 1/2003 zu erlassen.

9.        Am 22. April 2015 übersandte die Kommission Gazprom gemäß Art. 10 der Verordnung Nr. 773/2004 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte (im Folgenden: MB), in der sie vorläufig zu dem Schluss kam, dass Gazprom eine beherrschende Stellung auf den vorgelagerten nationalen Märkten für die Lieferung von Gas auf Großhandelsebene in den betroffenen MOEL eingenommen und diese missbraucht habe, indem sie eine wettbewerbswidrige Strategie angewandt habe, um diese Märkte zu fragmentieren und zu isolieren und so einen ungehinderten Gastransport unter Verstoß gegen Art. 102 AEUV zu verhindern.

10.      Nach Ansicht der Kommission umfasste die Strategie von Gazprom drei Gruppen wettbewerbswidriger Praktiken, die ihre Kunden in den betroffenen MOEL und deren mit Gazprom geschlossene Verträge beeinträchtigt hätten.

11.      Gazprom habe erstens im Rahmen seiner Gaslieferverträge mit Großhändlern sowie mit bestimmten Industriekunden in den betroffenen MOEL territoriale Beschränkungen auferlegt, die sich aus Vertragsklauseln ergäben, die die Ausfuhr aus dem Liefergebiet untersagten oder die Verwendung des gelieferten Gases in einem bestimmten Gebiet anordneten. Darüber hinaus habe Gazprom andere Maßnahmen angewandt, die grenzüberschreitende Gasflüsse verhinderten.

12.      Zweitens hätten diese territorialen Beschränkungen es Gazprom ermöglicht, in fünf der betroffenen MOEL, nämlich Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen und Polen, eine unlautere Preispolitik zu betreiben, indem sie überhöhte Preise oktroyiert habe, die deutlich höher gewesen seien als ihre Kosten oder bestimmte als Referenzpreise angesehene Preise.

13.      Drittens habe Gazprom, was Bulgarien und Polen anbelange, ihre Gaslieferungen davon abhängig gemacht, dass Großhändler bestimmte Zusicherungen in Bezug auf die Gastransportinfrastruktur gegeben hätten. Diese Zusicherungen hätten sich zum einen auf Investitionen des bulgarischen Großhändlers in das Projekt der Gasfernleitung South Stream und zum anderen auf die Zustimmung des polnischen Großhändlers, d. h. der Rechtsmittelführerin, zur Stärkung der Kontrolle von Gazprom über die Verwaltung des polnischen Abschnitts der Jamal-Gasfernleitung, einer der wichtigsten Transit-Gasfernleitungen in Polen, bezogen (im Folgenden: Jamal-Beschwerdepunkte).

14.      Am 29. September 2015 antwortete Gazprom auf die MB, wobei sie sich gegen die von der Kommission geäußerten wettbewerbsrechtlichen Bedenken wandte, und am 15. Dezember 2015 erfolgte ihre Anhörung gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 773/2004. Am 14. Februar 2017 legte Gazprom, obwohl sie sich weiterhin gegen die in der MB enthaltenen wettbewerbsrechtlichen Bedenken wandte, gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 einen förmlichen Entwurf für Verpflichtungszusagen vor (im Folgenden: ursprüngliche Verpflichtungszusagen), dem informelle Verpflichtungszusagen vorausgegangen waren.

15.      Am 16. März 2017 veröffentlichte die Kommission, um die Stellungnahmen interessierter Parteien zu den ursprünglichen Verpflichtungszusagen einzuholen, nach Art. 27 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Mitteilung, die eine Zusammenfassung der Sache AT.39816 sowie den wesentlichen Inhalt der ursprünglichen Verpflichtungszusagen enthielt.

16.      Am 15. März 2018 legte Gazprom nach Erhalt der nicht vertraulichen Fassungen der Stellungnahmen der interessierten Parteien zu den ursprünglichen Verpflichtungszusagen einen geänderten Entwurf für Verpflichtungszusagen vor (im Folgenden: endgültige Verpflichtungszusagen).

17.      Am 24. Mai 2018 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, dem die endgültigen Verpflichtungszusagen als Anhang beigefügt wurden. Mit diesem Beschluss billigte sie diese Verpflichtungszusagen, erklärte sie für bindend und schloss das Verwaltungsverfahren mit der Feststellung ab, dass kein Anlass mehr bestehe, bezüglich der ursprünglich in der MB angeführten potenziell missbräuchlichen Praktiken tätig zu werden.

B.      Zum streitigen Beschluss

18.      In dem streitigen Beschluss legte die Kommission zunächst eine vorläufige Beurteilung der Praktiken von Gazprom dar und stellte danach die ursprünglichen Verpflichtungszusagen, die Ergebnisse der Marktbefragung und die endgültigen Verpflichtungszusagen dar. Sodann legte sie ihre Beurteilung der endgültigen Verpflichtungszusagen und die Gründe dar, die sie dazu veranlasst hatten, diese Zusagen im Hinblick auf ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken als ausreichend anzusehen.

1.      Zur vorläufigen Beurteilung der in Rede stehenden Praktiken

19.      Als Erstes definierte die Kommission in Bezug auf die vorläufige Beurteilung der fraglichen Praktiken in Abschnitt 4 des streitigen Beschlusses als relevante Märkte die nationalen Märkte für die Lieferung von Großhandelsgas. In diesem Zusammenhang stellte sie auch fest, dass Gazprom auf den relevanten Märkten in den betroffenen MOEL eine beherrschende Stellung eingenommen habe.

20.      Die Kommission war der Ansicht, dass Gazprom ihre marktbeherrschende Stellung unter Verstoß gegen Art. 102 AEUV missbraucht haben könnte, indem sie eine wettbewerbswidrige Strategie verfolgt habe, um den ungehinderten Gastransport in den betroffenen MOEL zu verhindern und damit die relevanten Märkte dieser Länder zu isolieren. Genauer gesagt habe diese Strategie drei Gruppen wettbewerbswidriger Praktiken umfasst, die im Wesentlichen den in der MB angeführten wettbewerbsrechtlichen Bedenken entsprachen(6).

21.      In Bezug auf die Jamal-Beschwerdepunkte hatten zwar einige der interessierten Parteien im Rahmen der Marktbefragung auf das Fehlen von Verpflichtungszusagen hingewiesen, mit denen diesen Beschwerdepunkten entsprochen worden wäre, die Kommission vertrat im 138. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aber die Auffassung, dass ihre vorläufigen Wettbewerbsbedenken nach weiteren Nachforschungen nicht bestätigt worden seien. Zum einen wies sie darauf hin, dass die polnische Energieregulierungsbehörde zu dem Schluss gekommen sei, der unabhängige Netzbetreiber des polnischen Abschnitts der Jamal-Gasfernleitung habe eine entscheidende Kontrolle über die Investitionsentscheidungen bezüglich dieses Abschnitts und deren Umsetzung ausgeübt und Gazprom habe diese Gasfernleitung betreffende Entscheidungen nicht blockieren können. Zum anderen wies die Kommission auf den zwischenstaatlichen Charakter der Beziehungen zwischen den im Gassektor in Polen tätigen Parteien hin, insbesondere was den Bau und die Verwaltung des polnischen Abschnitts der Jamal-Gasfernleitung anbelangt, und gelangte zu dem Schluss, dass dieser Umstand in hohem Maß das Verhalten der betroffenen Parteien habe bestimmen können.

2.      Zum Inhalt der endgültigen Verpflichtungszusagen

22.      Als Zweites lässt sich der Inhalt der endgültigen Verpflichtungszusagen im Anhang des streitigen Beschlusses, mit denen die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission ausgeräumt werden sollten, wie folgt zusammenfassen.

23.      Was erstens die Verpflichtungszusagen in Bezug auf die Bedenken hinsichtlich der territorialen Beschränkungen betraf, verpflichtete sich Gazprom im Wesentlichen zunächst, in den Gaslieferverträgen mit ihren in den betroffenen MOEL niedergelassenen Kunden alle Klauseln aufzuheben, die den ungehinderten Gastransport zwischen diesen Ländern unmittelbar oder mittelbar untersagten oder behinderten. Um den Gasfluss zwischen Bulgarien und den baltischen Staaten einerseits und den anderen MOEL andererseits trotz der infrastrukturellen Isolation der erstgenannten Länder zu ermöglichen, verpflichtete sich Gazprom darüber hinaus, Maßnahmen zu ergreifen, um den betroffenen Kunden die Möglichkeit zu geben, zu verlangen, dass die gesamten oder ein Teil ihrer vertraglichen Gasmengen, die an bestimmte Lieferstellen in Ungarn, Polen und der Slowakei geliefert wurden, an eine andere Lieferstelle in Bulgarien oder in den baltischen Staaten geliefert würden. Nach der Marktbefragung bekräftigte Gazprom in den endgültigen Verpflichtungszusagen u. a. ihren Vorschlag zur Änderung der Lieferstellen.

24.      Was zweitens die Verpflichtungszusagen betrifft, die sich auf Bedenken hinsichtlich der Preise bezogen, verpflichtete sich Gazprom, in die Verträge mit ihren betroffenen Kunden in Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen und Polen neue Klauseln aufzunehmen oder die bestehenden Klauseln zu ändern.

25.      Drittens verpflichtete sich Gazprom in Bezug auf die Verpflichtungszusagen im Zusammenhang mit den wettbewerbsrechtlichen Bedenken, dass die Gasversorgung zu einem bestimmten Preis vom Erhalt einer Zusicherung des bulgarischen Großhändlers hinsichtlich der Investitionen in das Projekt der Gasfernleitung South Stream abhängig gemacht würde, den an diesem Projekt beteiligten bulgarischen Partnern zu gestatten, sich von diesem Projekt zurückzuziehen, ohne diese Partner zivilrechtlich in Haftung zu nehmen und ohne die Gaspreisnachlässe zurückzufordern, die sie als Gegenleistung für die Beteiligung an diesem Projekt gewährt hatte.

3.      Zur Beurteilung und Umsetzung der endgültigen Verpflichtungszusagen

26.      Als Drittes und Letztes gelangte die Kommission in Bezug auf die im streitigen Beschluss geschilderte Bewertung und Umsetzung der endgültigen Verpflichtungszusagen im Wesentlichen zu dem Schluss, dass die endgültigen Verpflichtungszusagen wirksam und erforderlich seien, ohne unverhältnismäßig zu sein, um ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen, wobei sie darauf hinwies, dass sie insoweit die Entwicklungen auf den Gasmärkten seit der Zustellung der MB berücksichtigt habe. Daher beschloss die Kommission, die endgültigen Verpflichtungszusagen gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 für bindend zu erklären.

C.      Zur Beschwerde betreffend die Jamal-Beschwerdepunkte

27.      Parallel zu dem von der Kommission eingeleiteten Verwaltungsverfahren, das zu dem streitigen Beschluss führte, reichte die Rechtsmittelführerin am 9. März 2017 gemäß Art. 5 der Verordnung Nr. 773/2004 eine Beschwerde ein, mit der sie angeblich missbräuchliche Praktiken von Gazprom beanstandete(7). Diese Praktiken, die sich zum großen Teil mit den bereits in der MB dargelegten wettbewerbsrechtlichen Bedenken überschnitten, enthielten u. a. Behauptungen zu durch Gazprom begangene Missbräuche im Zusammenhang mit dem polnischen Abschnitt der Jamal-Gasfernleitung.

28.      Da die Kommission der Ansicht war, dass mit dem streitigen Beschluss die Bedenken der Rechtsmittelführerin ausgeräumt worden seien und dass dieser Beschluss die Stellungnahme der Rechtsmittelführerin im Rahmen der in der Sache AT.40497 durchgeführten Marktbefragung berücksichtige, erließ sie am 17. April 2019 den Beschluss C(2019) 3003 final über die Abweisung einer Beschwerde (Sache AT.40497 – Polnische Gaspreise).

29.      Am 25. Juni 2019 erhob die Rechtsmittelführerin beim Gericht gegen diesen Beschluss über die Abweisung ihrer Beschwerde eine Klage, die unter der Rechtssachennummer T‑399/19 in das Register eingetragen wurde.

IV.    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

30.      Mit Klageschrift, die am 15. Oktober 2018 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte die Rechtsmittelführerin die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. Zur Stützung ihres Rechtsmittels machte sie sechs Klagegründe geltend, mit denen sie im Wesentlichen in den ersten dreien einen Verstoß gegen Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 102 AEUV und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rügte, da die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie unzureichende und unangemessene endgültige Verpflichtungszusagen angenommen habe. Mit dem vierten rügte sie einen Verstoß gegen Art. 194. Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 7 AEUV, da der streitige Beschluss den Zielen der Energiepolitik der Union zuwiderlaufe und die Kommission die negativen Auswirkungen dieses Beschlusses auf den europäischen Gasversorgungsmarkt nicht berücksichtigt habe. Der fünfte Klagegrund betraf die von der Kommission vorgenommene Diskriminierung zwischen Kunden von Gazprom in den westeuropäischen Mitgliedstaaten und ihren Kunden in den betroffenen MOEL. Der sechste Klagegrund betraf die Missachtung des von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 angestrebten Ziels durch die Kommission sowie die Grenzen ihrer Befugnisse bei der Durchführung des Verwaltungsverfahrens.

31.      Am 2. Februar 2022 erließ das Gericht das angefochtene Urteil, mit dem es alle diese Klagegründe zurück- und damit die Nichtigkeitsklage in vollem Umfang abwies.

V.      Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Beteiligten

32.      Am 8. April 2022 hat die Rechtsmittelführerin ein Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil eingelegt. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, hilfsweise, die Sache zur Entscheidung im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofs an das Gericht zurückzuverweisen, der Kommission die im vorliegenden Rechtszug entstandenen Kosten und die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

33.      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf vier Gründe. Mit diesen rügt sie erstens einen Verstoß gegen Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Energiesolidarität gemäß Art. 194 AEUV in Verbindung mit Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003, drittens einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 dieser Verordnung, indem das Gericht den Begriff „offensichtlicher Beurteilungsfehler“ bei seiner Prüfung der Beurteilung durch die Kommission der komplexen wirtschaftlichen und technischen Fragen im Zusammenhang mit der Prüfung der Angemessenheit der Verpflichtungen falsch ausgelegt habe, und viertens einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung, der das Gericht veranlasst habe, zu Unrecht davon auszugehen, dass der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler in Bezug auf die Angemessenheit der Verpflichtungszusagen unterlaufen sei.

34.      Die Kommission, unterstützt durch Gazprom, beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen. Overgas und die Republik Polen beantragen, dem Rechtsmittel stattzugeben.

35.      Am 3. August 2022 hat Overgas Anschlussberufung eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Die Kommission, unterstützt durch Gazprom, beantragt, das Anschlussrechtsmittel zurückzuweisen und Overgas die Kosten dieses Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Rechtsmittelführerin beantragt ihrerseits, dem ersten Rechtsmittelgrund der Anschlussberufung stattzugeben und das angefochtene Urteil aufzuheben.

VI.    Würdigung

36.      Die vorliegende Rechtssache wirft in erster Linie die Problematik der gerichtlichen Kontrolle wettbewerbsrechtlicher Beschlüsse der Kommission, u. a. derjenigen nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003, auf. Insbesondere wird die Prüfung der Rechtsmittelgründe und der Anschlussrechtsmittelgründe den Gerichtshof veranlassen, sich zu drei Hauptproblematiken zu äußern:

–        Die erste betrifft das Zusammenspiel zwischen dem in Art. 194 AEUV aufgestellten Grundsatz der Energiesolidarität und einem Beschluss nach Art. 9 dieser Verordnung, um Bedenken hinsichtlich eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV auszuräumen (B).

–        Die zweite betrifft die verfahrensrechtliche Behandlung einer MB im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung, das grundsätzlich keine Anwesenheit verlangt (C).

–        Die dritte betrifft die Intensität der gerichtlichen Kontrolle durch den Unionsrichter in Bezug auf Beschlüsse, die von der Kommission auf der Grundlage von Art. 9 der Verordnung(8) erlassen wurden, und folglich die Art und Weise der Auslegung des Begriffs „offensichtlicher Beurteilungsfehler“ (D).

37.      Bevor ich die ersten beiden Problemstellungen analysiere, die Gegenstand der vorliegenden thematisch eingegrenzten Schlussanträge sind(9), halte ich es für sinnvoll, kurz den rechtlichen Rahmen für die gerichtliche Überprüfung von Beschlüssen nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 zu erläutern und die folgenden einleitenden Bemerkungen zu machen (A).

A.      Einleitende Bemerkungen

38.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass der durch Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeführte Mechanismus von Erwägungen der Verfahrensökonomie geleitet ist und eine wirksame Anwendung der Wettbewerbsvorschriften sicherstellen soll, indem eine raschere Lösung für die von der Kommission identifizierten wettbewerbsrechtlichen Bedenken herbeigeführt wird, anstatt den Weg der förmlichen Feststellung einer Zuwiderhandlung zu beschreiten(10). Im Gegensatz zu Beschlüssen nach Art. 7 dieser Verordnung (mit dem die festgestellte Zuwiderhandlung abgestellt werden soll) ist die Kommission im Rahmen des Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung von der Verpflichtung befreit, die Zuwiderhandlung festzustellen und zu qualifizieren, da sich ihre Aufgabe darauf beschränkt, die von den beteiligten Unternehmen angebotenen Verpflichtungszusagen gemäß den in ihrer vorläufigen Beurteilung festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken und im Hinblick auf die von ihr verfolgten Ziele zu prüfen und gegebenenfalls zu akzeptieren(11).

39.      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Rahmen der Annahme von Verpflichtungszusagen nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügt, da sie dazu aufgerufen ist, eine vorausschauende Analyse durchzuführen, bei der sie zur Beurteilung der Angemessenheit der vom betreffenden Unternehmen angebotenen Verpflichtungszusagen zahlreiche wirtschaftliche Faktoren berücksichtigen muss(12). In Bezug auf die von der Kommission in ihrer vorläufigen Beurteilung geäußerten Bedenken ist daher das geeignete Kriterium die Frage, ob die Verpflichtungszusagen ausreichend sind, um die Bedenken auf angemessene Weise auszuräumen, ohne dass die Kommission verpflichtet wäre, selbst nach weniger belastenden oder maßvolleren Lösungen als den ihr angebotenen Verpflichtungszusagen zu suchen(13).

40.      Drittens geht in Bezug auf Art und Umfang der gerichtlichen Kontrolle in diesem Bereich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass es dadurch, dass die Kommission bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln und insbesondere des Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 über einen Beurteilungsspielraum in wirtschaftlichen Angelegenheiten verfügt, gerechtfertigt ist, dass die Kontrolle eines Beschlusses der Kommission über Verpflichtungszusagen durch den Unionsrichter auf das Fehlen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers beschränkt ist(14). Daraus folgt, dass der Unionsrichter im Rahmen der Kontrolle, die er in solchen komplexen wirtschaftlichen Situationen ausübt, die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen darf, indem er die komplexen wirtschaftlichen Umstände selbst beurteilt(15).

41.      Wie der Gerichtshof jedoch wiederholt im Zusammenhang mit Bereichen mit komplexen Beurteilungen wie dem Wettbewerbsrecht festgestellt hat, bedeutet der Beurteilungsspielraum, über den die Kommission verfügt, nicht, dass der Unionsrichter davon absehen müsste, die von diesem Organ vorgenommene Auslegung von Daten wirtschaftlicher Art zu überprüfen(16). Nach den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Grundsätzen muss der Unionsrichter nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen sind, und ob sie die daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu stützen vermögen(17).

42.      Daraus folgt, dass die gerichtliche Kontrolle von Beschlüssen, die die Kommission nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlässt, auf der Überprüfung durch den Unionsrichter beruht, ob die Verpflichtungszusagen ausreichen, um die von der Kommission festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, d. h. der Schwere der wettbewerbsrechtlichen Bedenken, ihres Umfangs und der Interessen Dritter, angemessen auszuräumen(18).

43.      Viertens und letztens ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Bereich relativ begrenzt ist(19) und sich in erster Linie auf die Prüfung der Angemessenheit und Hinlänglichkeit der Verpflichtungszusagen, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (20), sowie auf die Berücksichtigung und den Schutz der Interessen Dritter bei der Annahme der Verpflichtungszusagen durch die Kommission bezieht(21).

B.      Zum Zusammenspiel des in Art. 194 AEUV genannten Grundsatzes der Energiesolidarität mit einem Beschluss nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 (dritter Teil des ersten Rechtsmittelgrundes und zweiter Rechtsmittelgrund)

44.      Sowohl mit dem dritten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes als auch mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund, die zusammen zu prüfen sind, wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, einen Rechtsfehler bei der Kontrolle der Beurteilung der Angemessenheit der Verpflichtungszusagen durch die Kommission begangen zu haben, indem es die mit Art. 194 AEUV verfolgten Ziele, einschließlich insbesondere des Grundsatzes der Energiesolidarität, nicht berücksichtigt habe.

45.      Das Gericht habe ebenso wie die Kommission Art. 194 AEUV falsch ausgelegt, was im Widerspruch zu der vom Gerichtshof im Urteil vom 15. Juli 2021, Deutschland/Polen (C‑848/19 P, im Folgenden: Urteil Deutschland/Polen, EU:C:2021:598), vorgenommenen Auslegung stehe und dieser Bestimmung jede praktische Wirksamkeit gegenüber dem Vorgehen der Kommission nehme, das auf die Umsetzung sowohl der Ziele des Wettbewerbsrechts im weiteren Sinne als auch der Ziele im Zusammenhang mit dem reibungslosen Funktionieren des Energiemarkts der Union gerichtet sei.

46.      In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob das Gericht mit seiner Vorgehensweise nicht, wie die Rechtsmittelführerin meint, einen Rechtsfehler begangen hat. Bevor ich zur Analyse des Gerichts Stellung nehme, halte ich einige Vorbemerkungen zu Art. 194 AEUV und zum Zusammenspiel dieser Bestimmung mit der wettbewerbsrechtlichen Analyse, die die Kommission im Rahmen von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 vorzunehmen hat, für sachdienlich.

1.      Zum Grundsatz der Energiesolidarität und seiner Wechselwirkung mit dem Wettbewerbsrecht

47.      Zunächst sei daran erinnert, dass die Union nach Art. 7 AEUV auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen zu achten und dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung zu tragen hat.

48.      Erstens ist zu Art. 194 AEUV darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung in ihrem Abs. 1 die Hauptziele aufzählt, die mit der Energiepolitik der Union verfolgt werden, einschließlich des Ziels der Energiesolidarität(22). Insoweit geht aus dem Urteil Deutschland/Polen hervor, dass der Grundsatz der Energiesolidarität allen in Art. 194 Abs. 1 Buchst. a bis d AEUV aufgeführten Zielen, die mit der Energiepolitik der Union verwirklicht werden sollen, zugrunde liegt und sie umfasst, indem er sie zusammenführt und ihnen Kohärenz verschafft(23), und dass die Handlungen der Unionsorgane, einschließlich der der Kommission im Rahmen dieser Politik, im Licht des Grundsatzes der Energiesolidarität auszulegen sind und ihre Rechtmäßigkeit danach zu beurteilen ist(24).

49.      In diesem Urteil stellte der Gerichtshof in Rn. 69 auch klar, dass dieser Grundsatz „von den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts und insbesondere des Erdgasmarkts zu berücksichtigen [ist], indem sie dafür Sorge tragen, die Energieversorgungssicherheit in der Union zu gewährleisten, was nicht nur bedeutet, Notfallsituationen bei ihrem Eintreten zu bewältigen, sondern auch, Maßnahmen zur Vorbeugung von Krisensituationen zu erlassen“. Zu diesem Zweck sei es „erforderlich, das Vorliegen von Risiken für die Energieinteressen der Mitgliedstaaten und der Union, insbesondere für die Energieversorgungssicherheit, zu beurteilen“.

50.      Zweitens müssen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen der Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV mit anderen Bestimmungen des AEU‑Vertrags verfolgte Ziele berücksichtigt werden, wenn die Umstände dies erfordern. Die Wettbewerbsanalyse verlangt somit die Berücksichtigung des Kontexts und die Prüfung der Auswirkungen bei der Beurteilung einer Wettbewerbsbeschränkung im Licht der auf dem Markt bestehenden tatsächlichen Bedingungen unter Berücksichtigung aller insoweit relevanten Gesichtspunkte(25).

51.      Was drittens das Verfahren bei der Anwendung von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 angeht, ist nicht ausgeschlossen, dass die Kommission verpflichtet ist, wenn die Umstände dies erfordern, im Rahmen ihrer vorläufigen Beurteilung die mit anderen Bestimmungen des AEU‑Vertrags verfolgten Ziele zu berücksichtigen, insbesondere um vorläufig zu dem Ergebnis zu gelangen, dass kein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln vorliegt(26).

52.      Im Rahmen der vorliegenden Rechtssache wird der Gerichtshof ersucht, zu bestätigen, ob dies auch gilt, wenn nicht die Feststellung eines wettbewerbsrechtlich problematischen Verhaltens in Rede steht, sondern die Prüfung der Verpflichtungszusagen durch die Kommission und die Art und Weise, in der Erwägungen, die nicht mit dem Wettbewerbsrecht in Zusammenhang stehen, wie im vorliegenden Fall die von Art. 194 AEUV verfolgten Grundsätze und Ziele, im Rahmen der von der Kommission durchgeführten Analyse, die zur Annahme von Verpflichtungszusagen nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 führt, zu berücksichtigen sind.

2.      Zur Berücksichtigung von Art. 194 AEUV im Rahmen eines auf der Grundlage von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassenen Beschlusses

53.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Bezug auf die gerichtliche Kontrolle von Verpflichtungszusagen dem klassischen Beurteilungsmodell gefolgt ist, das sich aus der in den Nrn. 40 bis 42 der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, indem es in Rn. 420 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen hat, dass die Rolle der Kommission (und erst recht die des Unionsrichters im Rahmen der Prüfung eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers) darin bestehe, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, d. h. der Schwere dieser Bedenken, ihres Umfangs und der Interessen Dritter, sicherzustellen, dass die Verpflichtungszusagen ausreichend seien, um die festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken angemessen auszuräumen(27).

54.      Zweitens hat das Gericht, obwohl es in Rn. 420 des angefochtenen Urteils bei der Prüfung der von Gazprom eingegangenen Verpflichtungszusagen nicht ausdrücklich auf den Grundsatz der Energiesicherheit Bezug nimmt, ausdrücklich festgestellt, dass die im Anschluss an ein Verfahren nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 eingegangenen Verpflichtungszusagen „nicht zu einem Ergebnis führen [dürfen], das zu den besonderen Vorschriften des Vertrags im Widerspruch steht“(28). Daraus folgt, dass das Gericht zum einen festgestellt hat, dass der Beurteilungsspielraum der Kommission durch die Verpflichtung begrenzt sei, im Einklang mit den Bestimmungen des AEU‑Vertrags und den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts tätig zu werden, und zum anderen die Zuständigkeit der Kommission für die Prüfung anerkannt hat, ob die Verpflichtungszusagen als solche nicht gegen andere Bestimmungen des Vertrags, einschließlich Art. 194 Abs. 1 AEUV, verstoßen.

55.      Drittens ist festzustellen, dass das Gericht in Rn. 422 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass die Kommission, soweit sie die von Gazprom eingegangenen Verpflichtungszusagen im Hinblick auf die festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken für ausreichend und angemessen hielt, „nicht verpflichtet [war], zur Berücksichtigung der  Ziele der Energiepolitik der Union mehr Praktiken von Gazprom zu untersuchen oder von Gazprom verbindlichere Verpflichtungszusagen zu verlangen“. Das Gericht ist daher im Rahmen der vorliegenden Rechtssache zu dem Schluss gelangt, dass die „etwaige Berücksichtigung dieser Ziele bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union … es nicht rechtfertigen [kann], der Kommission solche positiven Verpflichtungen aufzuerlegen“.

56.      Ich teile diese Auffassung.

57.      Der Umstand, dass der Beurteilungsspielraum der Kommission durch ihre Verpflichtung beschränkt ist, im Einklang mit den Bestimmungen der Verträge tätig zu werden, kommt nämlich im Wesentlichen in einer Verpflichtung der Kommission zum Ausdruck, bei ihren Handlungen im Rahmen des in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Verfahrens zu prüfen, dass die Verpflichtungszusagen, die sie annehmen will und die sie für angemessen hält, um die von ihr formulierten wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen, andere Bestimmungen des AEU‑Vertrags, darunter im vorliegenden Fall auch Art. 194 AEUV, nicht beeinträchtigen können.

58.      Daraus folgt, dass die Kommission keine Verpflichtungszusagen annehmen könnte, die einen Verstoß gegen Art. 194 AEUV mit sich bringen und auf diese Weise die mit dem Grundsatz der Energiesolidarität oder der Energieversorgungssicherheit der Union verfolgten Ziele gefährden könnten, auch wenn diese Verpflichtungszusagen die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auf dem betreffenden Markt ausräumen könnten(29). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Kommission, die im Rahmen des in der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Verfahrens als Wettbewerbsbehörde tätig wird, befugt wäre, unabhängige Maßnahmen aufzuerlegen, die über die Maßnahmen zur Behebung der bei ihrer Untersuchung festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken hinausgehen (und durch andere Politikbereiche als die des Wettbewerbsrechts begründet werden), indem sie auf dieser Grundlage verbindlichere Verpflichtungszusagen verlangt.

59.      Daher hat es das Gericht in Rn. 422 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei abgelehnt, die Anwendung des Grundsatzes der Energiesolidarität durch die Kommission mit der Auferlegung positiver, der Kommission zurechenbarer Verpflichtungen, die über den Rahmen der gegen Gazprom erhobenen Vorwürfe hinausgehen, oder mit der Auferlegung verbindlicherer Verpflichtungen gleichzusetzen.

60.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin, indem sie sowohl im Rahmen ihres Rechtsmittels als auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass der Grundsatz der Energiesolidarität nicht mit der Auferlegung positiver Verpflichtungen gleichgesetzt werden sollte, die über den Rahmen der wettbewerbspolitischen Befugnisse der Kommission hinausgehen, den vom Gericht in Rn. 422 des angefochtenen Urteils eingenommenen Standpunkt nicht in Frage zu stellen scheint. Die Rechtsmittelführerin weist zwar darauf hin, dass sowohl die Kommission als auch das Gericht den in Art. 194 Abs. 1 AEUV niedergelegten Grundsatz der Energiesolidarität außer Acht gelassen hätten, doch gibt sie weder eindeutig an, inwiefern der streitige Beschluss oder das angefochtene Urteil die spezifischen Ziele der Energiepolitik der Union missachten würden, noch, inwiefern die Verpflichtungszusagen gegen diese Bestimmung verstoßen oder als solche dem Grundsatz der Energiesicherheit zuwiderlaufen würden. Die Rechtsmittelführerin beschränkt sich nämlich darauf, auf die Bedeutung dieses Grundsatzes hinzuweisen und festzustellen, dass die Kommission und das Gericht diesen Grundsatz bei ihrer Prüfung der von Gazprom eingegangenen Verpflichtungszusagen hätten berücksichtigen müssen; dabei vermag sie den analytischen Rahmen und die genaue Auslegung nicht darzulegen, die die Kommission hätte zugrunde legen müssen, und wie dies zu einem anderen Ergebnis hätte führen können als zu demjenigen, zu dem die Kommission oder das Gericht gelangt sind.

61.      Das Gericht hat in den Rn. 423 und 424 des angefochtenen Urteils ebenfalls rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der streitige Beschluss und diese Verpflichtungszusagen die Unionsorgane oder die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, auf anderem Wege tätig zu werden, um den von der Rechtsmittelführerin festgestellten Problemen Rechnung zu tragen(30). Nichts hindert nämlich die Unionsorgane oder die nationalen Regulierungsbehörden, die im Übrigen über parallele Zuständigkeiten wie die Kommission im Bereich der Energiepolitik verfügen und daher per definitionem am besten dazu in der Lage sind, tätig zu werden, um die Regelung in diesem Sektor zu ändern, oder gegebenenfalls die Einhaltung der spezifischen Regelungen im Energiebereich zu gewährleisten(31).

62.      Viertens und letztens ist auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, die Kommission habe den streitigen Beschluss hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit Art. 194 Abs. 1 AEUV nicht hinreichend begründet. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin kann somit der Umstand, dass dieses Organ nicht ausdrücklich auf Art. 194 AEUV und die mit dieser Bestimmung verfolgten Ziele Bezug genommen hat, nicht als Weigerung oder Versäumnis der Kommission ausgelegt werden, den Energiebereich zu berücksichtigen. Wie das Gericht in Rn. 427 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, kann von der Kommission nicht erwartet werden, dass sie systematisch die Gründe darlegt, aus denen ein Beschluss mit allen spezifischen Bestimmungen der Verträge im Einklang steht, die zwar nicht die Rechtsgrundlage des fraglichen Rechtsakts bilden, aber eventuell einen Zusammenhang mit dem tatsächlichen und rechtlichen Kontext dieses Rechtsakts haben.

63.      Nach alledem schlage ich vor, den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes und den zweiten Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

C.      Zur verfahrensrechtlichen Behandlung einer MB im Rahmen des Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003

64.      Die zweite Problematik, die auf Ersuchen des Gerichtshofs im Rahmen der vorliegenden thematisch eingegrenzten Schlussanträge zu behandeln ist, betrifft die verfahrensrechtliche Behandlung einer MB im Rahmen des Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 im Hinblick auf die diesbezüglichen Feststellungen des Gerichts, die kurz in Erinnerung zu rufen sind.

1.      Zum Ansatz des Gerichts

65.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der vorliegenden Rechtssache ursprünglich ein Verfahren nach den Art. 101 und 102 AEUV wegen des behaupteten Verstoßes gegen den letztgenannten Artikel durch Gazprom auf den Gasmärkten in Mittel- und Osteuropa eingeleitet hatte, was die Übersendung einer MB voraussetzte(32). Im vorliegenden Fall führte die Übermittlung der MB dazu, dass Gazprom der Kommission auf der Grundlage von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 Verpflichtungszusagen vorschlug. Es ist zudem festzustellen, dass die mit dem streitigen Beschluss genehmigten endgültigen Verpflichtungszusagen keinen Verweis auf die Jamal-Beschwerdepunkte enthielten, da die Kommission auf diese, obwohl ursprünglich in der MB enthalten, im Lauf des Verfahrens mit der Begründung verzichtet hatte, dass ihre vorläufigen wettbewerbsrechtlichen Bedenken nicht bestätigt worden seien(33).

66.      Im Rahmen der Klage vor dem Gericht hatte die Rechtsmittelführerin, unterstützt durch die Republik Polen, der Kommission den Verzicht auf die Jamal-Beschwerdepunkte und folglich das Fehlen von Verpflichtungszusagen in Bezug auf diese Beschwerdepunkte vorgeworfen(34). Diese Parteien waren außerdem der Ansicht, die Kommission sei entgegen dem von ihr verfolgten Ansatz verpflichtet, das Fehlen einer oder mehrerer Verpflichtungszusage/n, mit denen den Jamal-Beschwerdepunkten entsprochen worden wäre, zu begründen.

67.      Obwohl das Gericht die Klage der Rechtsmittelführerin abgewiesen hat, die sich auf die Begründetheit des Verzichts auf die ursprünglichen Beschwerdepunkte betreffend die Jamal-Gasfernleitung und das Fehlen einer oder mehrerer Verpflichtungszusage/n im Hinblick auf diese Beschwerdepunkte bezog, und festgestellt hat, dass die Kommission insoweit keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, ging es in Rn. 83 des angefochtenen Urteils davon aus, dass „die Kommission nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 unter den Umständen des vorliegenden Falles, insbesondere mangels einer überarbeiteten vorläufigen Beurteilung, entgegen ihrem Vorbringen verpflichtet [war], sich auf Gründe zu stützen, die das Fehlen einer Verpflichtungszusage, mit der den Jamal-Beschwerdepunkten entsprochen worden wäre, rechtfertigen“(35). Es hat jedoch in Rn. 85 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, dass die Kommission ihrer Begründungspflicht nachgekommen sei, indem sie im 138. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses die Gründe dargelegt habe, aus denen sie keine Verpflichtungszusage auferlegt habe, mit der den Jamal-Beschwerdepunkten entsprochen worden wäre.

68.      Die Kommission tritt zwar der Auslegung des Gerichts in diesem Punkt entgegen, macht aber geltend, dass der vom Gericht begangene Fehler nicht zur – auch nur teilweisen – Aufhebung des angefochtenen Urteils führen könne, da dieser Fehler sich nur auf die Gründe des Urteils beziehe und dessen Tenor auf andere rechtliche Erwägungen gestützt sei. Daher sei gegebenenfalls allein die Begründung im angemessenen Umfang zu ersetzen.

2.      Zu den allgemeinen Regeln für die verfahrensrechtliche Behandlung einer MB im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003

69.      Zunächst sei daran erinnert, dass die MB eine formale Phase der Untersuchungen der Kommission zu mutmaßlichen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht der Union darstellt, die dem Erlass eines Beschlusses vorausgeht, mit dem ein Verstoß gegen dieses Recht festgestellt wird. Im Rahmen des durch die Verordnung Nr. 1/2003 eingeführten Verwaltungsverfahrens besteht die MB in einer vorbereitenden Verfahrenshandlung, die den Gegenstand des von der Kommission eingeleiteten Verwaltungsverfahrens festlegt, mit der diese das betroffene Unternehmen schriftlich über die gegen es erhobenen Beschwerdepunkte unterrichtet(36).

70.      Als Vorstufe des Verfahrens greift die Übermittlung einer MB in keiner Weise dem Ergebnis einer Untersuchung durch die Kommission vor. Die MB hat daher vorläufigen Charakter und kann Gegenstand von Änderungen anlässlich der späteren Beurteilung sein, die die Kommission auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten Stellungnahme und weiterer Tatsachenfeststellungen vornimmt. Daraus folgt, dass die Kommission nicht an die tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilungen in der MB gebunden ist und dass es ihr daher völlig freisteht, auf bestimmte Beschwerdepunkte zu verzichten, die infolgedessen per definitionem nicht mehr angefochten werden können(37).

71.      Im Übrigen ist hervorzuheben, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs seit dem Urteil IBM/Kommission(38) eine MB ihrer Natur und ihren Rechtswirkungen nach nicht als eine Entscheidung im Sinne von Art. 263 AEUV angesehen werden kann, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann(39). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nur Maßnahmen sein können, die den Standpunkt des Organs zum Abschluss des fraglichen Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber Zwischenmaßnahmen, die der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung dienen, da nur die endgültigen Maßnahmen verbindliche Rechtswirkungen erzeugen können, die die Interessen der von dieser Untersuchung betroffenen Unternehmen beeinträchtigen können(40).

72.      Was zweitens die jeweiligen Rechte der Parteien des von der Kommission im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV geführten Verwaltungsverfahrens betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwar verpflichtet ist, die Rechte Dritter zu wahren, dieses Verfahren aber hauptsächlich das Unternehmen betrifft, gegen das die Untersuchung durchgeführt wurde, wobei dieses im Übrigen der einzige Adressat der MB (und später des endgültigen Beschlusses) ist. Die MB stellt somit eine grundlegende Verfahrensgarantie dar, die bezweckt, diese Partei über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren, um ihr die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte zu ermöglichen(41).

73.      So ist die Übersendung einer ergänzenden MB zwar geboten, wenn die Kommission neue Beschwerdepunkte in Betracht ziehen will, die in der ursprünglichen MB nicht genannt waren, um die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens dadurch zu gewährleisten und zu schützen, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, förmlich zu den neuen vorgebrachten Beweisen Stellung zu nehmen(42), doch besteht keine solche Verpflichtung im umgekehrten Fall, in dem die Kommission beabsichtigt, auf einen oder mehrere Beschwerdepunkte zu verzichten(43). Im Übrigen braucht die Kommission in ihrem endgültigen Beschluss den Verzicht auf die in der ursprünglichen MB enthaltenen Beschwerdepunkte nicht zu begründen(44).

3.      Zur verfahrensrechtlichen Behandlung einer MB im Rahmen des Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003

74.      In Bezug auf das Verpflichtungsverfahren sieht Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 vor, dass die von den Parteien angebotenen Verpflichtungszusagen geeignet sein müssen, die von der Kommission auf der Grundlage ihrer vorläufigen Beurteilung mitgeteilten Bedenken auszuräumen.

75.      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 79 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die MB in der vorliegenden Rechtssache als vorläufige Beurteilung gedient habe(45), und in Rn. 83 dieses Urteils ausgeführt, dass die Kommission mangels einer überarbeiteten vorläufigen Beurteilung, die den Verzicht auf die Jamal-Beschwerdepunkte bestätige, nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 das Fehlen von Verpflichtungszusagen in Bezug auf diese Beschwerdepunkte begründen müsse(46).

76.      Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 stellt zwar einen Zusammenhang zwischen den Verpflichtungszusagen und der vorläufigen Beurteilung der Kommission her, da diese die in dieser Beurteilung enthaltenen Bedenken ausräumen sollen, doch erscheint der vom Gericht befürwortete Ansatz schwerlich mit dem Wortlaut der Verordnung Nr. 1/2003(47) und der in Nr. 73 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf rechtliches Gehör vereinbar.

77.      Würde der Kommission eine Verpflichtung auferlegt, dem Adressaten des Beschlusses über die Verpflichtungszusagen zwischen der Übermittlung der MB und dem Erlass des endgültigen Beschlusses ein zusätzliches Schriftstück zu übermitteln, so würde dies, wie die Kommission vorträgt, von einem übertriebenen Formalismus zeugen, wenn sich dieses Schriftstück auf die Mitteilung beschränken würde, dass die Kommission auf einen Beschwerdepunkt verzichtet habe. Abgesehen davon, dass ein solches Vorgehen nicht erforderlich wäre, um die Verfahrensrechte des betroffenen Unternehmens zu gewährleisten, wäre es für dieses auch von keinerlei Interesse(48). Eine andere Auslegung von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 würde auch die Einstufung der MB als vorbereitendes Dokument in Frage stellen, obwohl diese naturgemäß vorläufig ist und unter bestimmten Umständen das Verpflichtungsverfahren hinfällig machen könnte, wie das Gericht in den Rn. 81 und 82 des angefochtenen Urteils selbst anerkennt(49).

78.      Im Übrigen ergibt sich aus der in den Nrn. 72 und 73 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf rechtliches Gehör, dass eine zusätzliche Begründung der Gründe, aus denen die Kommission in dem endgültigen Beschluss letztlich einen Teil der früheren, zuvor in der MB mitgeteilten Beschwerdepunkte nicht aufrechterhält, nicht erforderlich ist. Die Begründungspflicht, die der Kommission in Bezug auf Beschlüsse nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 obliegt, verpflichtet sie nämlich nur, klar und eindeutig die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen darzulegen, die sie zu der Feststellung veranlasst haben, dass die Verpflichtungszusagen ausreichten, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen, die am Ende des mit dem Erlass ihres endgültigen Beschlusses abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens ausgeräumt wurden, ohne dass die Kommission etwaige Unterschiede gegenüber ihren in der MB formulierten vorläufigen Beurteilungen erläutern müsste(50).

79.      Es ist auch darauf hinzuweisen, dass das Fehlen sowohl einer überarbeiteten vorläufigen Beurteilung wie auch einer Begründung der Kommission für den Verzicht auf die Jamal-Beschwerdepunkte und das Fehlen von diese Beschwerdepunkte betreffenden Verpflichtungszusagen im Übrigen die Rechte Dritter nicht beeinträchtigen(51).

80.      Insoweit ist hervorzuheben, dass im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das zu dem streitigen Beschluss führte, nur Gazprom als „betroffene Partei“ im Sinne der Verordnung Nr. 1/2003 eingestuft werden kann, während alle anderen, einschließlich der Rechtsmittelführerin, nur über weniger weitgehende Verfahrensrechte verfügen als „interessierte Dritte“(52). Wie das Gericht in Rn. 78 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, ist nämlich das von der Untersuchung der Kommission betroffene Unternehmen der einzige Adressat der vorläufigen Beurteilung nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 (unabhängig davon, ob diese Beurteilung in Gestalt einer MB oder eines anderen Schriftstücks ergeht), die diesem als Grundlage für die Beurteilung dient, ob es zweckmäßig ist, geeignete Verpflichtungszusagen vorzuschlagen, um die von der Kommission festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen und es ihm zu ermöglichen, diese Verpflichtungszusagen besser abzufassen(53). Im Übrigen verpflichtet, wie das Gericht in Rn. 137 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, keine Bestimmung der Verordnungen Nr. 1/2003 oder Nr. 773/2004 die Kommission, interessierte Dritte förmlich zu informieren, wenn sie im Lauf des Verfahrens auf bestimmte Beschwerdepunkte gegen ein betroffenes Unternehmen verzichtet.

81.      Ferner ist festzustellen, dass die Kommission in Bezug auf das Verwaltungsverfahren, das zum Erlass des streitigen Beschlusses führte, der Rechtsmittelführerin, die im Übrigen als Beteiligte im Rahmen des in Art. 27 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Verfahrens der Marktbefragung angehört wurde, wobei diese Anhörung eine Vorbedingung dafür war, dass die Kommission die Verpflichtungszusagen durch einen Beschluss für bindend erklären konnte, eine nicht vertrauliche Fassung der MB mitteilte(54). Außerdem hat die Rechtsmittelführerin den streitigen Beschluss auf der Grundlage von Art. 263 AEUV angegriffen, und zwar auch hinsichtlich des Verzichts auf die Jamal-Beschwerdepunkte und des Fehlens diese betreffender Verpflichtungszusagen(55).

82.      Der Umstand, dass die MB im vorliegenden Fall als vorläufige Beurteilung im Sinne von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 diente, vermag die vorstehenden Feststellungen nicht in Frage zu stellen. Keine Bestimmung dieser Verordnung und im Übrigen auch nicht die durch den Gerichtshof vorgenommene Auslegung derselben rechtfertigt es nämlich, eine MB unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie als Grundlage eines Beschlusses dient, der nach Art. 7 oder nach Art. 9 der genannten Verordnung ergangen ist(56).

83.      Ungeachtet dieser Erwägungen ist die Kommission, wenn sie es in Anbetracht der besonderen Umstände eines Falles für erforderlich hält, durch nichts daran gehindert, die Gründe darzulegen, aus denen sie beschlossen hat, auf einen Beschwerdepunkt zu verzichten, und das Fehlen von Verpflichtungszusagen in Bezug auf diesen Beschwerdepunkt zu begründen, wie sie es in den Erwägungsgründen 184 und 185 des streitigen Beschlusses getan hat. Auch wenn sich eine solche Verpflichtung nicht ausdrücklich aus den Verordnungen Nr. 1/2003 oder Nr. 773/2004 und auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, bleibt es dabei, dass der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, einen solchen Ansatz in Anbetracht der Besonderheiten der jeweiligen Rechtssache rechtfertigen könnte(57).

84.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass der vom Gericht in Rn. 83 des angefochtenen Urteils befürwortete Ansatz, wonach die Kommission verpflichtet sei, die Tragweite der MB, die als vorläufige Beurteilung vor Erlass des endgültigen Beschlusses fungiere (auch im Fall des Verzichts auf einen Beschwerdepunkt), zu ändern oder gegebenenfalls den Verzicht auf Beschwerdepunkte zu begründen, die in diesem Beschluss nicht übernommen worden seien, fehlerhaft ist.

85.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts, wenn zwar dessen Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses Urteils führen kann und die Begründung durch eine andere zu ersetzen ist(58). In diesem Sinne ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Antrag auf Ersetzung der Begründung zulässig ist, wenn er eine Verteidigung gegen einen vom Beschwerdeführer erhobenen Klagegrund darstellt(59). Im vorliegenden Fall macht die Rechtsmittelführerin im Rahmen des dritten Rechtsmittelgrundes jedoch geltend, dass der Verzicht auf die Jamal-Beschwerdepunkte zum Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers der Kommission beigetragen habe, der vom Gericht nicht geahndet worden sei, so dass ein hinreichender Zusammenhang zwischen diesem Rechtsmittelgrund und dem von der Kommission gestellten Antrag auf Ersetzung der Begründung bestehe, dem in der vorliegenden Rechtssache stattzugeben sei.

86.      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass bei der gerichtlichen Kontrolle, ob die Kommission zu Recht angenommen hat, dass die Verpflichtungszusagen den von ihr festgestellten Bedenken entsprechen, die Bedenken zu berücksichtigen sind, die die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des das Verfahren abschließenden Beschlusses noch aufrechterhält, und nicht die Bedenken, auf die sie nach Anhörung des betroffenen Unternehmens und Kenntnisnahme von dessen Standpunkt verzichten konnte(60). Daraus folgt, dass die in der MB dargelegten wettbewerbsrechtlichen Bedenken entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht als Maßstab für die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses der Kommission (einschließlich eines Beschlusses nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003) herangezogen werden können. Wie in den Nrn. 69 bis 73 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, verstieße eine andere Auslegung, die darin bestünde, davon auszugehen, dass die Kommission an ihre in der MB zum Ausdruck gebrachten vorläufigen Bedenken gebunden sei, gegen das Recht des Adressaten auf rechtliches Gehör und insbesondere gegen die Funktion von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003.

87.      Daher ist ein großer Teil der von der Rechtsmittelführerin zur Stützung der ersten beiden Teile des ersten Rechtsmittelgrundes sowie ihres dritten Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Argumentation zurückzuweisen, die auf der falschen Prämisse beruht, dass die Angemessenheit der von Gazprom angebotenen Verpflichtungszusagen anhand der von der Kommission in der MB festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken zu beurteilen sei.

D.      Zur Überprüfung des Vorliegens eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers durch das Gericht (erster Teil des dritten Rechtsmittelgrundes)

88.      Mit dem ersten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Fehlen einer Gesamtanalyse der Angemessenheit der Verpflichtungszusagen durch das Gericht führe zu einer falschen Auslegung des Begriffs „offensichtlicher Beurteilungsfehler“. Das Gericht habe es versäumt, eine umfassende Prüfung vorzunehmen, und zwar zum einen der Gesamtheit der Umstände des Falles und insbesondere der verschiedenen Verpflichtungszusagen und der gegen sie erhobenen Beschwerdepunkte, unabhängig von der Einzelprüfung jeder von ihnen, und zum anderen der kumulativen Wirkung aller Unregelmäßigkeiten (oder nicht offensichtlichen Fehler), die das Gericht selbst im Rahmen seiner gerichtlichen Kontrolle der Angemessenheit der Verpflichtungen festgestellt habe.

89.      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass ein Kläger, der die Nichtigerklärung eines von der Kommission nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassenen Beschlusses beantragt, darzutun hat, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist(61). Zwar beschränkt sich die Rechtsmittelführerin auf die abstrakte Behauptung, dass eine Gesamtanalyse zu einem anderen Ergebnis führe als das Gericht, doch erbringt sie dafür keinen Beweis und weist vor allem nicht nach, dass das Gericht einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe(62).

90.      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin weder aus dem streitigen Beschluss noch aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, dass die Kommission oder das Gericht auf eine Gesamtanalyse der von Gazprom eingegangenen Verpflichtungszusagen verzichtet hätten.

91.      Zunächst ist in Bezug auf die Kommission festzustellen, dass der umfassende Ansatz, den sie bei der Prüfung der Verpflichtungszusagen gewählt hat, in den Erwägungsgründen 160 bis 164 des streitigen Beschlusses bestätigt wird. Sodann ist hierzu klarzustellen, dass die Entscheidung der Kommission, die Verhältnismäßigkeit jeder Verpflichtungserklärung im Hinblick auf die von ihr gewählten Bedenken detailliert darzulegen, ihr Gesamtkonzept nicht in Frage stellen kann. In Anbetracht der verschiedenen von der Kommission festgestellten wettbewerbswidrigen Praktiken und der komplexen und technischen Natur der betreffenden Märkte kann der Kommission nämlich nicht vorgeworfen werden, sie habe versucht, der wettbewerbswidrigen Strategie von Gazprom entgegenzuwirken, indem sie schrittweise vorgegangen sei und Maßnahmen ergriffen habe, die spezifisch jede dieser Praktiken abstellen würden, um dieser Strategie ein Ende zu setzen(63). Dies bedeutet nicht, dass die Kommission bei einem solchen Vorgehen auf eine umfassende Analyse verzichtet hätte.

92.      Das Gleiche gilt für das Gericht, da sich aus den Rn. 195 bis 202 und 310 bis 319 des angefochtenen Urteils ergibt, dass das Gericht eine Gesamtwürdigung sowohl der tariflichen Verpflichtungszusagen als auch der Verpflichtungszusagen betreffend die territorialen Beschränkungen vorgenommen hat. Speziell zu den Verpflichtungszusagen betreffend die Lieferstellen (die zu den Verpflichtungszusagen betreffend die territorialen Beschränkungen gehören) ist festzustellen, dass das Gericht, nachdem es in den Rn. 322 bis 397 des angefochtenen Urteils die von der Rechtsmittelführerin, Overgas, der Republik Litauen und der Republik Polen erhobenen Rügen in Bezug auf ihre Wirksamkeit und ihre Verhältnismäßigkeit zurückgewiesen hatte, in Rn. 398 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass diese Rügen auch zusammengenommen nicht zu dem Schluss führen würden, dass ein offensichtlicher Fehler vorliege.

93.      Entgegen der Beanstandung der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass sich das Ergebnis einer Gesamtwürdigung nicht von demjenigen unterscheiden könne, das sich aus der Prüfung jeder einzelnen Rüge ergebe, ist der Ansatz des Gerichts frei von Rechtsfehlern.

94.      Sofern nämlich das Gericht nach einer individuellen und detaillierten Würdigung jedes der von den Parteien geäußerten Beschwerdepunkte keinen Fehler in der Würdigung der Kommission feststellt und die Angemessenheit der Verpflichtungszusagen im Hinblick auf die von der Kommission festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken bestätigt, kann eine Gesamtwürdigung dieser Verpflichtungszusagen nicht zu einem anderen Ergebnis führen als dem, das aus ihrer individuellen Analyse hervorgeht, und schon gar nicht zur Feststellung eines offensichtlichen Fehlers. Daraus folgt, dass ein offensichtlicher Beurteilungsfehler begrifflich nur dann vorliegen könnte, wenn das Gericht die Unangemessenheit mindestens einer der von der Kommission angenommenen Verpflichtungszusagen festgestellt hätte, was auch andere Verpflichtungszusagen in Frage stellen könnte, wenn nachgewiesen worden wäre, dass diese miteinander in Zusammenhang stehen. Das war hier aber nicht der Fall.

95.      Drittens ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, das Gericht habe den Begriff „offensichtlicher Beurteilungsfehler“ rechtsfehlerhaft ausgelegt, indem es die kumulative Wirkung aller Fehler außer Acht gelassen habe, die das Gericht bei der Beurteilung der Verpflichtungszusagen festgestellt habe.

96.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Rahmen seiner Prüfung der Angemessenheit der Verpflichtungszusagen betreffend die Lieferstellen tatsächlich bestimmte Unregelmäßigkeiten bei der Bewertung dieser Zusagen durch die Kommission festgestellt hat, ohne jedoch zu berücksichtigen, dass diese Umstände irgendeine Auswirkung auf die Wirksamkeit dieser Zusagen haben könnten. Es ist festzustellen, dass sich die kritischen Erwägungen zur Beurteilung der Kommission insbesondere in den Erwägungsgründen 295, 358 und 362 des streitigen Beschlusses eher auf den methodischen Ansatz beziehen, den die Kommission im Rahmen ihrer Analyse gewählt hat, als auf die Unzulänglichkeit der Verpflichtungszusagen.

97.      Es ist ferner daran zu erinnern, dass ein offensichtlicher Beurteilungsfehler, wie der Name schon sagt, das Vorliegen nicht irgendeiner Unregelmäßigkeit oder Unterlassung seitens der Kommission voraussetzt, sondern eines Fehlers, der eine gewisse Schwere erreicht, die geeignet ist, die Begründetheit der von dieser durchgeführten Analyse und damit die Rechtmäßigkeit eines von ihr erlassenen Beschlusses selbst in Frage zu stellen. Daraus folgt, dass die Kontrolle des offensichtlichen Beurteilungsfehlers nicht so sehr darauf abzielt, dass die Analyse der Kommission frei von jeglicher Unregelmäßigkeit ist, da ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt wurde, vorausgesetzt, die Schwelle des Offensichtlichen wird nicht überschritten(64).

98.      Da das Gericht festgestellt hat, dass diese Unregelmäßigkeiten die Angemessenheit der Verpflichtungszusagen oder die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses nicht in Frage stellten, kann ihm jedenfalls nicht vorgeworfen werden, nicht das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers festgestellt zu haben. Folglich gibt es entgegen dem Vorbringen von Orlen und Overgas keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine Kumulierung geringfügiger Fehler zusammen(genommen) einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zur Folge gehabt hätte.

99.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass das Gericht insoweit zu Recht einen offensichtlichen Fehler verneint hat.

VII. Ergebnis

100. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, den dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes, den zweiten Rechtsmittelgrund und den ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.


1      Originalsprache: Französisch.


2      ABl. 2018, C 258, S. 6. Die konsolidierte Fassung des Kommissionsbeschlusses (nur in englischer Sprache verfügbar) ist unter folgender Adresse verfügbar: https://ec.europa.eu/competition/antitrust/cases/dec_docs/39816/39816_10148_3.pdf.


3      Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Art. [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).


4      Das Verwaltungsverfahren zu dieser Untersuchung wurde unter dem Aktenzeichen „Sache AT.39816 – Vorgelagerte Gasversorgungsmärkte in Mittel- und Osteuropa“ (im Folgenden: Sache AT.39816) registriert.


5      Verordnung der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18).


6      Siehe Nrn. 10 bis 12 der vorliegenden Schlussanträge.


7      Das Verwaltungsverfahren zu dieser Untersuchung wurde unter dem Aktenzeichen „Sache AT.40497 – Polnische Gaspreise“ registriert.


8      Die Problematik der Intensität der gerichtlichen Kontrolle von auf der Grundlage von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassenen Beschlüssen anhand des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist nicht Gegenstand der vorliegenden thematisch eingegrenzten Schlussanträge.


9      In den vorliegenden Schlussanträgen werden in den Nrn. 88 bis 97 auch einige Erwägungen zur Auslegung des Begriffs „offensichtlicher Beurteilungsfehler“ angestellt, der in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist und im Mittelpunkt des ersten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes steht.


10      Vgl. Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, im Folgenden: Urteil Alrosa, EU:C:2010:377, Rn. 35).


11      Vgl. Urteil Alrosa, Rn. 40 und 41.


12      Vgl. Urteil Alrosa, Rn. 94.


13      Vgl. Urteil Alrosa, Rn. 61.


14      Vgl. Urteil Alrosa, Rn. 42, und entsprechend Urteil vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments (C‑376/20 P, EU:C:2023:561, Rn. 124).


15      Vgl. Urteile Alrosa, Rn. 60 und 67, vom 11. September 2014, CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 46), und entsprechend im Bereich der Zusammenschlüsse Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala (C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 145).


16      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 2023, Kommission/CK Telecoms UK Investments (C‑376/20 P, EU:C:2023:561, Rn. 126), und vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission (C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).


17      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission (C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 54), vom 6. November 2012, Otis u. a. (C‑199/11, EU:C:2012:684, Rn. 59), und vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission (C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 54).


18      Vgl. Urteile Alrosa, Rn. 60 bis 67, und vom 9. Dezember 2020, Groupe Canal +/Kommission (C‑132/19 P, im Folgenden Urteil Canal +, EU:C:2020:1007, Rn. 121 und 122).


19      Bisher wurden nur fünf Fälle vor den Unionsgerichten verhandelt, in denen es um Klagen ging, die sämtlich von Dritten gegen Beschlüsse der Kommission erhoben wurden. Vgl. in diesem Sinne Urteile Alrosa und Canal + sowie Urteile des Gerichts vom 6. Februar 2014, CEEES und Asociación de Gestores de Estaciones de Servicio/Kommission (T‑342/11, EU:T:2014:60), vom 15. September 2016, Morningstar/Kommission (T‑76/14, im Folgenden: Urteil Morningstar, EU:T:2016:481), und vom 2. Februar 2022, Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo/Kommission (Abweisung einer Beschwerde) (T‑399/19, EU:T:2022:44).


20      Vgl. in diesem Sinne Urteil Alrosa, Rn. 60 bis 67.


21      Vgl. Urteil Canal +, Rn. 121 und 122.


22      Zu diesen Zielen gehören insbesondere die Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union und die Förderung der Interkonnexion der Energienetze.


23      Urteil Deutschland/Polen, Rn. 43 und 47.


24      Urteil Deutschland/Polen, Rn. 44.


25      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. (Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks) (C‑252/21, EU:C:2023:537, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission (6/72, EU:C:1973:22, Rn. 24), und Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in den Rechtssachen Albany (C‑67/96, C‑115/97 und C‑219/97, EU:C:1999:28, Rn. 179).


26      Vgl. in diesem Sinne Urteil Canal +, Rn. 46 bis 54.


27      In diesem Zusammenhang verweist das Gericht insbesondere auf die Rn. 40 und 41 des Urteils Alrosa und Rn. 45 des Urteils Morningstar.


28      Das Gericht hatte im Übrigen zuvor in Rn. 418 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass „[n]ach Art. 7 AEUV … die Union auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen [achtet] und … dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung [trägt]“, die auch „die in Art. 194 Abs. 1 AEUV genannten Ziele, d. h. insbesondere die Ziele der Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union und der Förderung der Interkonnexion der Energienetze [umfassen]“.


29      Das Gleiche gilt insoweit für den umgekehrten Fall, als eine Verpflichtungszusage, die mit dem Grundsatz der Energiesicherheit in Einklang stünde, aber die wettbewerbsrechtlichen Bedenken nicht ausreichend und angemessen ausräumen würde, von der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 offensichtlich nicht akzeptiert werden könnte.


30      Vgl. in diesem Sinne auch den 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003.


31      Insoweit ist festzustellen, dass auf der Grundlage der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. 2009, L 211, S. 94) den nationalen Behörden spezifische Befugnisse übertragen wurden, um das reibungslose Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts zu fördern und zu gewährleisten. Im Übrigen zielt die Richtlinie (EU) 2019/692 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Änderung der Richtlinie 2009/73 (ABl. 2019, L 117, S. 1), wie das Gericht in Rn. 424 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, gemäß dem Wortlaut des dritten Erwägungsgrundes u. a. darauf ab, Hindernisse für die Vollendung des Erdgasbinnenmarkts zu beseitigen, die sich aus der Nichtanwendung der Marktvorschriften der Union auf Gasfernleitungen aus Drittländern und in Drittländer ergeben.


32      Vgl. Rn. 6 bis 13 des angefochtenen Urteils.


33      Vgl. 138. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses.


34      Diese Rüge wird im Rahmen des dritten Rechtsmittelgrundes aufgegriffen, mit dem die Rechtsmittelführerin, unterstützt durch die Republik Polen, geltend macht, dass der Verzicht auf diese Rügen dazu beigetragen habe, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, der vom Gericht nicht geahndet worden sei.


35      Das Gericht hat außerdem festgestellt, dass dieser Fehler „sehr wohl den verfügenden Teil dieses Beschlusses betrifft, da diese Beschwerdepunkte, auch wenn sie nicht von Art. 1 erfasst werden, der die endgültigen Verpflichtungszusagen für bindend erklärt, von Art. 2 erfasst werden, in dem festgestellt wird, dass kein Anlass mehr bestehe, in der Sache AT.39816 tätig zu werden“.


36      Vgl. Bekanntmachung der Kommission über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Artikel 101 und 102 des AEUV (ABl. 2011, C 308, S. 6, im Folgenden: bewährte Vorgehensweisen), insbesondere Rn. 81.


37      Vgl. Urteile vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala (C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 63), und vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (C‑466/19 P, EU:C:2021:76, Rn. 66).


38      Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264).


39      Vgl. Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264, Rn. 10 bis 12).


40      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission (60/81, EU:C:1981:264, Rn. 10).


41      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber bei der Festlegung des Rechts auf rechtliches Gehör in Art. 27 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie in den Art. 10 und 15 der Verordnung Nr. 773/2004 bewusst eine Abstufung zwischen den verschiedenen Personen eingeführt hat, die in irgendeiner Form an einem Verfahren zur Anwendung des Wettbewerbsrechts beteiligt sein können. Die Rechte der Parteien eines Verwaltungsverfahrens (auch als „betroffene Parteien“ bezeichnet) sind umfassender als die Rechte Dritter, die zwar ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben, aber nicht selbst Adressaten des von der Kommission zu erlassenden Beschlusses sein werden. Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2009:555, Nr. 173).


42      Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Kommission beabsichtigt, die Beweise für die beanstandeten Zuwiderhandlungen spürbar zu ändern. Vgl. in diesem Sinne bewährte Vorgehensweisen, Rn. 109 und 110.


43      Eine solche Verpflichtung ergibt sich nämlich weder aus der Verordnung Nr. 1/2003 noch aus den bewährten Vorgehensweisen und erst recht nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs.


44      Vgl. Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 192 und 193), und vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (C‑466/19 P, EU:C:2021:76, Rn. 66).


45      In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 zwar keine formalen und inhaltlichen Anforderungen an die vorläufige Beurteilung enthält, dass aber aus Rn. 121 der bewährten Vorgehensweisen hervorgeht, dass dieses Dokument die wichtigsten Fakten des Falles zusammenfassen und die Wettbewerbsprobleme aufzeigen soll, die eine Entscheidung rechtfertigen würden, in der die Einstellung der Zuwiderhandlung gefordert wird. Darüber hinaus heißt es in Rn. 123 der bewährten Vorgehensweisen, dass die MB in bestimmten Fällen als vorläufige Beurteilung dienen kann, sofern sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Fakten und eine Bewertung der festgestellten Wettbewerbsbedenken enthält.


46      Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass das Gericht in den Rn. 81 und 82 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen hat, dass es sich bei der MB um ein vorläufiges und vorbereitendes Schriftstück handele, sowie darauf, welche Folgen sich daraus im Hinblick auf die Rechtsprechung zum Recht auf rechtliches Gehör oder die Begründungspflicht ergäben.


47      Tatsächlich sieht keine Bestimmung der Verordnung Nr. 1/2003 vor, dass die Kommission ihre vorläufige Beurteilung überprüft, wenn sie beschließt, einen Beschwerdepunkt fallen zu lassen, im Übrigen wird der Ausdruck „überarbeitete vorläufige Beurteilung“ selbst weder in dieser Verordnung noch in der Verordnung Nr. 773/2004 verwendet.


48      Tatsächlich hätte diese Gesellschaft kein Interesse daran, ein solches Vorgehen anzufechten.


49      Das Gericht weist in Rn. 81 des angefochtenen Urteils zu Recht darauf hin, dass die Anforderungen im Zusammenhang mit der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht bedeuten können, dass alle in einer vorläufigen Beurteilung dargelegten wettbewerbsrechtlichen Bedenken, auch wenn eine solche Bewertung in Form einer MB erfolgt, zwangsläufig eine Antwort in den von den betroffenen Unternehmen angebotenen Verpflichtungszusagen erhalten müssen.


50      Vgl. in diesem Sinne Urteile Morningstar, Rn. 100 und 101, und vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (C‑466/19 P, EU:C:2021:76, Rn. 66), was insbesondere die Begründungspflicht im Rahmen des Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 betrifft.


51      Insoweit ist hervorzuheben, dass der in Rn. 83 des angefochtenen Urteils befürwortete Ansatz offenbar nicht mit Erwägungen im Zusammenhang mit dem Schutz der Rechte Dritter begründet wird.


52      Vgl. Urteil Alrosa, Rn. 91, und Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2009:555, Nrn. 172 bis 175).


53      Vgl. Rn. 122 der bewährten Vorgehensweisen.


54      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der Pressemitteilung, die der von der Kommission gemäß Art. 27 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Bekanntmachung der Marktbefragung beigefügt war, ihre Absicht bekundet hatte, die Jamal-Beschwerdepunkte angesichts der Umstände der Untersuchung, die ihr nach Übermittlung der MB zugegangen waren, nicht zu berücksichtigen.


55      Wie in Nr. 27 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, machte die Rechtsmittelführerin parallel zu dem von der Kommission eingeleiteten Verwaltungsverfahren, das zu dem streitigen Beschluss führte, auch von der ihr nach Art. 5 der Verordnung Nr. 773/2004 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, eine Beschwerde u. a. gegen Behauptungen in Bezug auf Missbräuche durch Gazprom im Zusammenhang mit dem polnischen Abschnitt der Jamal-Gasfernleitung einzulegen.


56      Wie sich aus den Nrn. 69 bis 73 der vorliegenden Schlussanträge ergibt, ist die Kommission im Rahmen eines nach Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 durchgeführten Verfahrens nicht verpflichtet, die Abweichungen zwischen der MB und dem die Zuwiderhandlung feststellenden Beschluss, mit dem das Verwaltungsverfahren abgeschlossen wird, zu rechtfertigen und insbesondere den Verzicht auf die ursprünglich in der MB angeführten Beschwerdepunkte, die im Beschluss aber nicht übernommen werden, zu begründen.


57      Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie, da interessierte Parteien sie zum Fehlen einer Verpflichtung in Bezug auf die Jamal-Gasfernleitung befragt hätten, gemäß den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Transparenz die Gründe einbezogen habe, aus denen ihre vorläufigen Bedenken nicht bestätigt worden seien.


58      Vgl. Urteil vom 18. Januar 2024, Jenkinson/Rat u. a. (C‑46/22 P, EU:C:2024:50, Rn. 264 und die dort angeführte Rechtsprechung).


59      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 2019, Canadian Solar Emea u. a./Rat (C‑236/17 P, EU:C:2019:258, Rn. 159), und vom 9. November 2017, TV2/Danmark/Kommission (C‑649/15 P, EU:C:2017:835, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).


60      Insgesamt besteht die angefochtene Handlung sehr wohl in dem Beschluss nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und nicht in der MB.


61      Vgl. Urteil vom 28. Januar 2021, Qualcomm und Qualcomm Europe/Kommission (C‑466/19 P, EU:C:2021:76, Rn. 107).


62      Es scheint nämlich, dass unter dem Deckmantel eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers bestimmte von der Rechtsmittelführerin vorgetragene Argumente in Wirklichkeit auf eine erneute Prüfung tatsächlicher Erwägungen gerichtet sind.


63      Vgl. in diesem Sinne Rn. 309 des angefochtenen Urteils.


64      Vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Arcelor Atlantique et Lorraine u. a (C‑127/07, EU:C:2008:292, Nr. 37).