Language of document : ECLI:EU:T:2021:817


 


 



Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 24. November 2021 –
LTTE/Rat

(Rechtssache T160/19)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Einfrieren von Geldern – Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden – Beibehaltung des Namens des Klägers auf der Liste – Grundlage der Beschlüsse über das Einfrieren von Geldern – Beurteilungsfehler – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz“

1.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Klagebefugnis – Klage einer Organisation ohne Rechtspersönlichkeit, die restriktiven Maßnahmen unterliegt – Zulässigkeit

(Art. 263 Abs. 4 AEUV; Beschlüsse [GASP] 2019/25, [GASP] 2019/1341 und [GASP] 2020/1132 des Rates; Verordnungen des Rates 2020/19 und 2020/1128)

(vgl. Rn. 57, 59)

2.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Zulässigkeitsvoraussetzungen – Rechtsschutzinteresse – Klage, die geeignet sein muss, dem Kläger einen Vorteil zu verschaffen

(Art. 263 AEUV)

(vgl. Rn. 6870, 75)

3.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Beschluss zur Überprüfung der Liste der betroffenen Personen, Vereinigungen oder Körperschaften – Klage eines Teils einer in der Entscheidung genannten Einrichtung – Zulässigkeit

(Art. 263 Abs. 4 AEUV; Beschlüsse [GASP] 2019/25, [GASP] 2019/1341 und [GASP] 2020/1132 des Rates; Verordnungen des Rates 2020/19 und 2020/1128)

(vgl. Rn. 76-78, 80, 83-86)

4.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Klage von Personen, die in die Liste der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen und Organisationen aufgenommen wurden – Handlungen mit allgemeiner Geltung und Bündel von Einzelfallentscheidungen – Zulässigkeit

(Art. 263 AEUV)

(vgl. Rn. 81)

5.      Gerichtliches Verfahren – Beschluss oder Verordnung, der bzw. die den angefochtenen Rechtsakt während des Verfahrens ersetzt – Neue Tatsache – Erweiterung der ursprünglichen Anträge und des ursprünglichen Vorbringens – Voraussetzung – Ursprüngliche Anträge, die sich gegen die ersetzte Handlung richten – Fehlen – Unzulässigkeit

(Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 86 Abs. 1; Beschluss [GASP] 2020/1132 des Rates; Verordnung 2020/19 des Rates)

(vgl. Rn. 89-92, 96)

6.      Gerichtliches Verfahren – Unzulässigkeit der Klagen – Beurteilung nach der Lage zum Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift – Beschluss, der den angefochtenen Beschluss während des laufenden Verfahrens ersetzt – Anpassung der ursprünglichen Anträge und Klagegründe – Von der Zulässigkeit des ursprünglichen Antrags abhängende Möglichkeit

(Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 86)

(vgl. Rn. 94, 95)

7.      Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Erlass oder Aufrechterhaltung aufgrund eines nationalen Beschlusses über die Aufnahme von Ermittlungen, Strafverfolgung oder eine Verurteilung – Für den Erlass dieses nationalen Beschlusses zuständige Behörde – Begriff – Verwaltungsbehörde – Einbeziehung – Voraussetzungen

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates, Art. 1 Abs. 4)

(vgl. Rn. 112, 114-118)

8.      Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Erlass oder Aufrechterhaltung aufgrund eines nationalen Beschlusses über die Aufnahme von Ermittlungen, Strafverfolgung oder eine Verurteilung – Kein Erfordernis eines nationalen Beschlusses, der im Rahmen eines Strafverfahrens im engeren Sinne ergeht – Voraussetzungen

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates, Art. 1 Abs. 4)

(vgl. Rn. 119, 120)

9.      Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Organen der Europäischen Union – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Erlass oder Aufrechterhaltung aufgrund eines nationalen Beschlusses über die Aufnahme von Ermittlungen, Strafverfolgung oder eine Verurteilung – Begründungspflicht – Umfang – Nationaler Beschluss über eine Verurteilung – Keine Pflicht zur Angabe der ernsthaften und schlüssigen Beweise oder Indizien, auf die sich der nationale Beschluss stützt

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates, Art. 1 Abs. 4; Beschlüsse [GASP] 2019/25 und [GASP] 2019/1341 des Rates)

(vgl. Rn. 148-156, 158, 165)

10.    Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Aufrechterhaltung auf der Grundlage eines nationalen Beschlusses über das Einfrieren von Geldern – Nationaler Beschluss, der für sich allein nicht mehr die Schlussfolgerung erlaubt, dass die Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten fortbesteht – Pflicht des Rates, neuere Tatsachen zu berücksichtigen, die das Fortbestehen dieser Gefahr belegen

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates, Art. 1 Abs. 6; Beschlüsse [GASP] 2019/25 und [GASP] 2019/1341 des Rates)

(vgl. Rn. 168171, 176, 177, 185187, 191, 204, 208, 215217, 231, 276, 283)

11.    Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Beschluss über das Einfrieren von Geldern, der sich gegen bestimmte Personen und Organisationen richtet, die terroristischer Handlungen verdächtigt werden – Mindestanforderungen

(Art. 296 Abs. 2 AEUV; Beschlüsse [GASP] 2019/25 und [GASP] 2019/1341 des Rates)

(vgl. Rn. 173, 194-199, 273-275, 277)

12.    Europäische Union – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Aufrechterhaltung auf der Grundlage einer von einer zuständigen Behörde erlassenen nationalen Entscheidung – Umfang der Kontrolle – Kontrolle sämtlicher Angaben zum Beleg des Fortbestehens der Gefahr einer Beteiligung an terroristischen Aktivitäten – Angaben, von denen nicht alle einem innerstaatlichen Beschluss einer zuständigen Behörde entstammen – Keine Auswirkung

(Art. 296 AEUV; Beschlüsse [GASP] 2019/25 und [GASP] 2019/1341 des Rates)

(vgl. Rn. 174, 175)

13.    Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Einfrieren von Geldern – Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 – Geltungsbereich – Bewaffneter Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts – Einbeziehung

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates)

(vgl. Rn. 294, 295)

14.    Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Einfrieren von Geldern – Geltungsbereich – Grundsatz der Selbstbestimmung – Unterscheidung zwischen den mit der Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung verbundenen Zielen und den zur Erreichung dieses Rechts an den Tag gelegten Verhaltensweisen

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates, Erwägungsgründe 5 bis 7 und Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 Ziff. i bis iii; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates, Erwägungsgründe 3, 5 und 6)

(vgl. Rn. 296-300)

15.    Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Einfrieren von Geldern einer in den Terrorismus verwickelten Organisation – Beschränkungen des Eigentumsrechts, der Freiheit der Meinungsäußerung und des Versammlungsrechts – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates, Art. 1 Abs. 6; Beschlüsse [GASP] 2019/25 und [GASP] 2019/1341 des Rates; Verordnung Nr. 2580/2001 des Rates, Art. 5 und 6)

(vgl. Rn. 311-319)

16.    Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Verpflichtung zur Mitteilung der belastenden Umstände – Umfang

(Beschlüsse [GASP] 2019/25 und [GASP] 2019/1341 des Rates; Verordnung Nr. 2580/2001, Art. 2 Abs. 3)

(vgl. Rn. 352-355, 357, 358, 360-366)

17.    Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Beschluss über das Einfrieren von Geldern – Recht auf Zugang zu Dokumenten – Recht, das einen entsprechenden Antrag an den Rat voraussetzt – Kein Verstoß

(Gemeinsamer Standpunkt 2001/931 des Rates; Beschlüsse [GASP] 2019/25 und [GASP] 2019/1341 des Rates)

(vgl. Rn. 367-371, 380)

Gegenstand

Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung erstens des Beschlusses (GASP) 2019/25 des Rates vom 8. Januar 2019 zur Änderung und Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2018/1084 (ABl. 2019, L 6, S. 6), zweitens des Beschlusses (GASP) 2019/1341 des Rates vom 8. August 2019 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses 2019/25 (ABl. 2019, L 209, S. 15), drittens der Durchführungsverordnung (EU) 2020/19 des Rates vom 13. Januar 2020 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1337 (ABl. 2020, L 8 I, S. 1) sowie viertens der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1128 des Rates vom 30. Juli 2020 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung 2020/19 (ABl. 2020, L 247, S. 1) und des Beschlusses (GASP) 2020/1132 des Rates vom 30. Juli 2020 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2020/20 (ABl. 2020, L 247, S. 18)

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die europäische politische Unterdivision der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Rates der Europäischen Union.

3.

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.