Language of document : ECLI:EU:T:2024:312

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

15. Mai 2024(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke CETOS – Ältere nationale Wortmarke CHITOS – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑308/23,

Elif Korkmaz, wohnhaft in Köln (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt C. Weil,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Eberl als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Intersnack Deutschland SE mit Sitz in Köln,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann, der Richterin M. Brkan (Berichterstatterin) und des Richters S. L. Kalėda,

Kanzler: V. Di Bucci,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, Frau Elif Korkmaz, die Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 5. April 2023 (Sache R 2031/2022-1) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 15. Juli 2021 meldete die Klägerin beim EUIPO das Wortzeichen CETOS als Unionsmarke an.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 29 und 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 29: „Molkereiprodukte und deren Ersatzprodukte; Speiseöle und ‑fette; Verarbeitete Früchte, Pilze, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte; Apfelchips; Bananenchips; Bio-Snackriegel auf Nuss- und Samenbasis; Chips auf Gemüsebasis; Dolmas [orientalisches Gericht]; Fettarme Kartoffelchips; Kartoffelchips; Nuss-Snacks; Nussriegel als Mahlzeitenersatz; Snackmischungen aus getrockneten Früchten und verarbeiteten Nüssen; Snackmischungen, bestehend aus verarbeiteten Früchten und verarbeiteten Nüssen; Snackriegel auf Frucht- und Nussbasis; Snacks auf der Basis von Nüssen; Nährriegel auf Nussbasis; Snackriegel auf Nuss- und Samenbasis; Snacks auf Basis von Kokosnüssen; Snacks auf Basis von Käse; Snacks auf Basis von Zuckermais; Snacks auf der Basis von Kartoffeln“;

–        Klasse 30: „Kaffee, Tee, Kakao und Ersatzstoffe hierfür; Speisesalz, Würzmittel, Gewürze, Aromastoffe für Getränke; Verarbeitetes Getreide und Stärken für Nahrungsmittel sowie Waren hieraus, Backzubereitungen und Hefe; Zucker, natürliche Süßungsmittel, süße Glasuren und Füllungen sowie Bienenprodukte zu Speisezwecken; Eis, Eiscreme, gefrorener Joghurt, Sorbets; Müsliriegel und Energieriegel; Süßwaren [Bonbons], Schokoriegel und Kaugummi; Gebäck, Kuchen, Torten und Kekse; Brot; Backwaren; Brotaufstriche aus Schokolade mit Nüssen; Käsekracker; Lokum [türkische Süßware]; Nougat; Nougatriegel mit Schokoladenüberzug; Nüsse mit Schokoladenüberzug; Salzcracker; Salzgebäck; Süßwaren aus Kartoffelmehl; Süßwarenchips aus Erdnussbutter; Süßwarenchips zum Backen; Überzogene Nüsse [Süßwaren]; Waffeln; Waffeln mit Schokolade; Waffeln mit Schokoladenüberzug; Salziges Kleingebäck; Aromatisiertes Popcorn; Aus Kartoffelmehl zubereitete Snacks; Aus Mais zubereitete Snacks; Aus Müsli hergestellte Snacks; Chips auf Getreidebasis; Chips aus Getreide; Gerösteter Mais; Geröstetes Maiskorn; Gerichte auf Reisbasis; Gerichte, vorwiegend bestehend aus Teigwaren; Getreideflocken; Maischips; Maischips mit Gemüsegeschmack; Mikrowellenpopcorn; Mit Karamell überzogenes Popcorn; Nachos; Pikante Snacks auf Getreidebasis; Pikante Snacks auf Maisbasis; Pita-Chips; Reissnacks; Reiswaffeln mit Schokoladenüberzug; Snacks auf Mehrkornbasis; Snacks aus Getreidestärke; Snacks aus Maismehl; Snacks aus Semmelmehl; Snacks aus geröstetem Mais mit Käsegeschmack; Snacks aus Weizenvollkorn; Taco Chips; Tortilla-Snacks; Tortillachips; Tortillas; Verarbeitetes, nicht gepufftes Popcorn; Verzehrfertige pikante Snacks aus extrudiertem Maismehl“.

4        Am 12. Oktober 2021 legte die andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer, die Intersnack Deutschland SE, Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren ein.

5        Der Widerspruch war auf die deutsche Wortmarke CHITOS gestützt, die am 9. Juni 1980 unter der Nr. 1 003 236 u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 29 und 30 eingetragen worden war: „Fleisch- und Wurstwaren; getrocknete, geröstete, gesalzene und/oder gewürzte Erdnusskerne, Nüsse, Mandeln und Cashew-Kerne; Kartoffelchips und Kartoffelsticks; im Extrudierverfahren hergestellte Kartoffel‑, Weizen‑, Reis- und/oder Maisprodukte für Knabberzwecke; [frittiertes] Kartoffelgebäck; Konditorwaren; Backwaren, insbesondere Mürbe‑, Spritz‑, Waffel‑, Salz‑, Laugen‑, Zwiebel- und Käsegebäck, Waffeln, Oblaten, Biskuits, Zwieback, Leb- und Honigkuchen, Kräcker; im Toaster verzehrfertig zuzubereitende Backwaren, insbesondere süßes und salziges Sandwich-Gebäck, Muffins; Dauerbackwaren, insbesondere Hart- und Weichkeks; Schokolade, Zucker- und Schokoladewaren in Riegelform; Zuckerwaren, insbesondere Toffees, Bonbons, Fondants und Fondantwaren, Marzipan sowie Krokant; Brotaufstrich, nämlich eine überwiegend aus Nüssen und/oder Erdnüssen bestehende Creme; Puffmais, Maisflocken; Getreidepräparate für Nahrungszwecke, nämlich zubereitete Getreidekörner und Getreideflocken unter Beigabe von Nüssen, Rosinen, Früchten, Fruchtpulver, Weizenkeimen, Zucker und/oder Honig; verzehrfertig gebackene oder getrocknete, kleinstückige und halbfeste Erzeugnisse, die überwiegend aus Getreideprodukten hergestellt werden“.

6        Als Widerspruchsgrund wurde das in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) genannte Eintragungshindernis angeführt.

7        Am 14. Oktober 2022 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 mit der Begründung zurück, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe.

8        Am 18. Oktober 2022 legte die andere Beteiligte in dem Verfahren vor der Beschwerdekammer Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung beim EUIPO ein.

9        Mit der angefochtenen Entscheidung gab die Beschwerdekammer der Beschwerde teilweise statt. Sie hob die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf und gab dem Widerspruch auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 für alle in der Anmeldung genannten Waren mit Ausnahme der Waren „Molkereiprodukte und deren Ersatzprodukte; Speiseöle und ‑fette; Dolmas [orientalisches Gericht]“ der Klasse 29 und „Speisesalz, Würzmittel, Gewürze, Aromastoffe für Getränke; Eis, Eiscreme, gefrorener Joghurt, Sorbets“ der Klasse 30 statt, die sie als unähnlich zu den von der älteren Marke erfassten Waren ansah.

10      Die Beschwerdekammer ging im Wesentlichen davon aus, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus dem breiten deutschen Publikum zusammensetzten, dessen Aufmerksamkeitsgrad durchschnittlich sei. Zum Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen führte sie aus, dass diese bildlich eine durchschnittliche Ähnlichkeit und klanglich je nach der Art und Weise, in der die einander gegenüberstehenden Zeichen ausgesprochen würden, eine durchschnittliche bis hochgradige Ähnlichkeit aufwiesen. Begrifflich sei ein Vergleich nicht möglich, da keinem der Zeichen ein Sinngehalt zukomme. Die Beschwerdekammer kam daher zu dem Ergebnis, dass für die mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten identischen und ähnlichen Waren eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bestehe.

 Anträge der Beteiligten

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben,

–        der anderen Beteiligten im Verfahren vor der Beschwerdekammer die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Klägerin im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin macht im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 und mit dem zweiten einen Verstoß gegen Art. 47 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1).

14      Das Gericht hält es für zweckmäßig, zunächst den zweiten Klagegrund zu behandeln.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 47 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/625

15      Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass der Antrag auf Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke erstmals im Beschwerdeverfahren gestellt worden sei. Unter Berufung auf Art. 10 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/625 hat sie diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

16      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe den Antrag auf Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen. Es sei unerheblich, dass der Antrag in einem späteren Verfahrensstadium gestellt worden sei. Unter Bezugnahme auf den neunten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) vertritt die Klägerin die Auffassung, es sei „angebracht, [das] Recht des Anmelders einer Marke, den Nachweis der Benutzung [der älteren Marke] zu verlangen[,] nicht ungebührlich zu beschränken“.

17      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

18      Aus einer Gesamtbetrachtung von Art. 8 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 1 der Verordnung 2018/625 folgt, dass ein Antrag auf Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke, um zulässig zu sein, als unbedingter Antrag in einem gesonderten Dokument innerhalb der Frist gestellt werden muss, die das EUIPO für die Abgabe einer Stellungnahme im Anschluss an die Übermittlung der Vorlagen des Widersprechenden gesetzt hat.

19      Die Frage nach dem Benutzungsnachweis der älteren Marke muss nämlich ausdrücklich und rechtzeitig bei der Widerspruchsabteilung gestellt werden, wobei die Frage der ernsthaften Benutzung der älteren Marke, wenn sie vom Markenanmelder einmal aufgeworfen worden ist, vor der Entscheidung über den Widerspruch selbst beantwortet werden muss (vgl. Urteile vom 22. März 2007, Saint-Gobain Pam/HABM – Propamsa [PAM PLUVIAL], T‑364/05, EU:T:2007:96, Rn. 34 und 37, und vom 1. Dezember 2021, Team Beverage/EUIPO – Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung [Team Beverage], T‑359/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:841, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher kann diese Frage weder vor der Beschwerdekammer (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 2007, PAM PLUVIAL, T‑364/05, EU:T:2007:96, Rn. 39, und vom 1. Dezember 2021, Team Beverage, T‑359/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:841, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung) noch vor dem Gericht erstmals aufgeworfen werden (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2021, Team Beverage, T‑359/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:841, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin vor der Widerspruchsabteilung keinen Antrag auf Nachweis der Benutzung der älteren Marke gestellt hat, was im Übrigen von ihr nicht bestritten wird.

21      Daraus folgt, dass die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass der erstmals im Stadium der Beschwerde von der Klägerin vor ihr gestellte Antrag auf Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke unzulässig ist.

22      Folglich ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

23      Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Beschwerdekammer, dass für die maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bestehe. Insbesondere stellt sie die Beurteilungen der Beschwerdekammer zum Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen und zur umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr in Frage.

24      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

25      Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

26      Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und zugleich eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Wenn sich der Schutz der älteren Marke auf die gesamte Union erstreckt, ist die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch den Verbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen in diesem Gebiet zu berücksichtigen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es für die Ablehnung der Eintragung einer Unionsmarke bereits ausreicht, dass ein relatives Eintragungshindernis im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 in einem Teil der Union besteht (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Der vorliegende Klagegrund ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

30      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die ältere Marke in Deutschland eingetragen sei, so dass es für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die Auffassung der maßgeblichen deutschen Verkehrskreise ankomme, die sich im vorliegenden Fall aus dem breiten Publikum zusammensetzten. Diese Beurteilung wird von der Klägerin nicht beanstandet.

 Zur Ähnlichkeit der Waren

31      Im vorliegenden Fall war die Beschwerdekammer der Auffassung, dass einige der von der angemeldeten Marke erfassten Waren mit den von der älteren Marke erfassten Waren identisch seien, andere ihnen ähnlich seien und wiederum andere unähnlich zu ihnen seien.

32      Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Beurteilung der Beschwerdekammer in Bezug auf die unähnlichen Waren. In Bezug auf die Waren, die die Beschwerdekammer als identisch oder ähnlich angesehen hat, macht die Klägerin lediglich geltend, dass diese Waren im Wesentlichen keine Identität oder Ähnlichkeit aufwiesen. Es ist festzustellen, dass dieses Vorbringen durch kein Argument gestützt wird und daher zurückzuweisen ist.

 Zum Vergleich der Zeichen

33      Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Beurteilungen der Beschwerdekammer zur begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, sondern wirft ihr Fehler bei der Beurteilung der bildlichen und der klanglichen Ähnlichkeit dieser Zeichen vor.

34      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die betreffenden Marken auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

–       Zur bildlichen Ähnlichkeit

35      In Rn. 58 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, die einander gegenüberstehenden Zeichen stimmten in vier Buchstaben überein, nämlich dem ersten sowie den letzten drei Buchstaben, und der Unterschied zwischen diesen Zeichen, nämlich der Umstand, dass nach dem Anfangsbuchstaben „C“ im angemeldeten Zeichen der Buchstabe „e“ und im älteren Zeichen die Kombination der Buchstaben „h“ und „i“ folge, könne diese Ähnlichkeiten nicht aufwiegen. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass in bildlicher Hinsicht eine durchschnittliche Ähnlichkeit bestehe.

36      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe dadurch einen Beurteilungsfehler begangen, dass sie eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen festgestellt habe. Die einander gegenüberstehenden Zeichen seien nicht gleich lang, und die Wortanfänge dieser Zeichen wiesen gravierende Unterschiede auf, die das Publikum auch erkenne, da es im Allgemeinen dem Zeichenanfang größere Aufmerksamkeit schenke und es sich um kurze Zeichen handele.

37      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

38      Im vorliegenden Fall ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass das angemeldete Zeichen und das ältere Zeichen in vier ihrer fünf bzw. sechs Buchstaben übereinstimmen, nämlich in ihrem ersten Buchstaben „C“ und ihren drei letzten Buchstaben. Die Unterschiede zwischen diesen Zeichen befinden sich jeweils am Anfang, da das angemeldete Zeichen mit der Abfolge der Buchstaben „C“ und „e“ beginnt und das ältere Zeichen mit der Abfolge der Buchstaben „C“, „h“ und „i“.

39      Erstens ist zum Vorbringen der Klägerin, dass es sich bei den einander gegenüberstehenden Zeichen um kurze Zeichen handele, darauf hinzuweisen, dass die Einstufung als kurzes Zeichen solchen Zeichen vorbehalten ist, die aus höchstens drei Buchstaben oder Schriftzeichen bestehen. Darüber hinaus geht aus der Rechtsprechung auch hervor, dass auch in kurzen Marken gewisse Unterschiede nicht ausreichen, wenn sich diese nicht in einem bildlichen Unterschied niederschlagen, der geeignet ist, die Zeichen zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Oktober 2019, Biasotto/EUIPO – Oofos [OOF], T‑453/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:733, Rn. 33 und 34 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall bestehen die einander gegenüberstehenden Zeichen aus fünf bzw. sechs Buchstaben. Folglich können sie nicht als kurze Zeichen angesehen werden. Das Vorbringen der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

41      Zweitens ist zum Vorbringen der Klägerin, der Verbraucher widme dem Anfang eines Zeichens mehr Aufmerksamkeit als dessen Ende, zu bemerken, dass diese Erwägung nicht in allen Fällen gelten kann und jedenfalls nicht den Grundsatz zu entkräften vermag, dass die Prüfung der Ähnlichkeit der Marken den von diesen Marken hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtigen muss, da der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Oktober 2006, Armacell/HABM – nmc [ARMAFOAM], T‑172/05, EU:T:2006:300, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 27. Februar 2014, Advance Magazine Publishers/HABM – Nanso Group [TEEN VOGUE], T‑509/12, EU:T:2014:89, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Im vorliegenden Fall besteht der Unterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen darin, dass auf den Anfangsbuchstaben „C“ im angemeldeten Zeichen der Buchstabe „e“ und im älteren Zeichen die Buchstabenfolge „h“ und „i“ folgt. Wie das EUIPO geltend macht, stimmen diese Zeichen jedoch in ihren Anfängen überein, da sie beide mit dem Buchstaben „C“ beginnen. Sie enden zudem beide mit der Buchstabenfolge „t“, „o“ und „s“. Somit haben diese Zeichen vier Buchstaben in derselben Position gemeinsam. Folglich können in dem von diesen Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck die Unterschiede am Anfang dieser Zeichen die Aufmerksamkeit des Verbrauchers nicht stärker auf sich ziehen. Infolgedessen ist die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgegangen, dass diese Unterschiede die Ähnlichkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen nicht ausgleichen können, und zu dem Ergebnis gelangt, dass eine durchschnittliche bildliche Ähnlichkeit besteht.

–       Zur klanglichen Ähnlichkeit

43      In den Rn. 59 und 60 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen dem angemeldeten Zeichen und dem älteren Zeichen eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit bestehe, da sie in Süddeutschland „Ke-tos“ bzw. „Ki-tos“ ausgesprochen würden und sich nur in ihrer ersten Silbe unterschieden. Außerdem ist die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis gelangt, dass eine durchschnittliche klangliche Ähnlichkeit vorliege, wenn diese Zeichen „Tsetos“ bzw. „Çitos“ ausgesprochen würden, da sie jeweils zwei Silben enthielten, von denen eine – die Endsilbe – identisch sei.

44      Die Klägerin wendet sich gegen die Beurteilung der Beschwerdekammer in Bezug auf die Aussprache der einander gegenüberstehenden Zeichen in Süddeutschland. Insoweit macht sie geltend, dass zwischen den Buchstaben „c“ und „k“ unterschieden werde und dass es bei Zeichen, die mit den Buchstabenfolgen „Chi“ oder „Ce“ begännen, ungewöhnlich wäre, den Buchstaben „c“ wie den Buchstaben „k“, d. h. die Buchstabenfolgen „Ki“ bzw. „Ke“, auszusprechen. Außerdem unterschieden sich die Zeichen selbst bei Zugrundelegung dieser Aussprache deutlich, da die erste Silbe unterschiedlich sei und die maßgeblichen Verkehrskreise dem Wortanfang besondere Aufmerksamkeit schenkten. Jedenfalls sei Süddeutschland verglichen mit dem Gesamtgebiet der Union und mit dem Gebiet Deutschlands ein zu vernachlässigendes Gebiet.

45      Schließlich werde das ältere Zeichen „Çitos“ ausgesprochen, während das angemeldete Zeichen „Tsetos“ oder „Ketos“ ausgesprochen werde. Daraus folge, dass die erste Silbe dieser Zeichen völlig unterschiedlich sei, was die maßgeblichen Verkehrskreise sofort wahrnähmen, da sie dem Zeichenanfang besondere Aufmerksamkeit schenkten. In klanglicher Hinsicht bestehe keinerlei Ähnlichkeit zwischen den Zeichen.

46      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

47      Wie sich aus Rn. 30 oben ergibt, bestehen die maßgeblichen Verkehrskreise aus dem breiten deutschen Publikum. Im Standarddeutschen gibt es jedoch verschiedene Aussprachevarianten. Unter diesen Varianten ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass die Buchstabenfolge „ch“ im Standarddeutschen, insbesondere in Süddeutschland, wie der Buchstabe „k“ ausgesprochen werden kann. Wie das EUIPO zu Recht hervorhebt, gilt dies insbesondere für das Wort „China“, das „Kina“ ausgesprochen wird. Außerdem kann, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, auch der Buchstabe „c“ am Anfang eines Wortes im Standarddeutschen wie der Buchstabe „k“ ausgesprochen werden, insbesondere in Fremdwörtern.

48      Somit hat die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass das ältere Zeichen „Kitos“ und das angemeldete Zeichen „Ketos“ ausgesprochen werden kann. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat der Umstand, dass die ersten Silben der einander gegenüberstehenden Zeichen sich voneinander unterscheiden, nicht zur Folge, dass sich diese Zeichen klanglich voneinander unterscheiden. Da der Buchstabe „c“ am Anfang dieser Zeichen wie der Buchstabe „k“ ausgesprochen werden kann und beide Zeichen mit der Silbe „tos“ enden, die jeweils gleich ausgesprochen wird, besteht der einzige Unterschied zwischen ihnen in dem Vokal „i“ im älteren Zeichen und dem Vokal „e“ im angemeldeten Zeichen, die sich jeweils in der ersten Silbe befinden.

49      In Anbetracht der Geringfügigkeit dieses Unterschieds und der oben in Rn. 41 angeführten Rechtsprechung hat die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei festgestellt, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht für diejenigen deutschen Verbraucher, die diese Zeichen „Kitos“ und „Ketos“ aussprechen, eine hochgradige Ähnlichkeit besteht.

50      Erstens wird diese Schlussfolgerung nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, dass die Region, in der die einander gegenüberstehenden Zeichen „Kitos“ und „Ketos“ ausgesprochen werden könnten, ein zu vernachlässigender Teil des Unionsgebiets und selbst Deutschlands sei. Wie oben in Rn. 30 ausgeführt, ist die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nämlich, da es sich bei der älteren Marke um eine deutsche Marke handelt, anhand der maßgeblichen deutschen Verkehrskreise zu beurteilen. Die deutschsprachigen Verkehrskreise könnten diese Zeichen, wie aus Rn. 47 oben hervorgeht, im Standarddeutschen „Kitos“ und „Ketos“ aussprechen. Zwar kommt diese Aussprache in Süddeutschland vor, es ist aber darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer diese Aussprache durch die Verwendung des Adverbs „insbesondere“ in Rn. 59 der angefochtenen Entscheidung nicht allein auf Süddeutschland beschränkt hat. Daher ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

51      Zweitens ist zum Vorbringen der Klägerin, es sei ungewöhnlich, am Anfang eines Zeichens die Buchstabenfolge „Chi“ als „Ki“ und die Buchstabenfolge „Ce“ als „Ke“ auszusprechen, festzustellen, dass die Klägerin zum einen selbst einräumt, dass das angemeldete Zeichen „Ketos“ ausgesprochen werden kann, so dass sie einräumt, dass die Buchstabenfolge „Ce“ als „Ke“ ausgesprochen werden kann. Zum anderen trägt sie nichts vor, was die oben in Rn. 47 gezogene Schlussfolgerung, dass die Buchstabenfolge „ch“ als „k“ ausgesprochen werden kann, in Frage stellen und einen Beurteilungsfehler der Beschwerdekammer belegen könnte.

52      Drittens ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, in Süddeutschland werde zwischen den Buchstaben „c“ und „k“ unterschieden. Eine solche Unterscheidung ist nämlich nicht geeignet, die Tatsache in Frage zu stellen, dass im Standarddeutschen die Buchstabenfolge „ch“ insbesondere in Süddeutschland als „k“ ausgesprochen werden kann.

53      Viertens geht das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie eine andere Aussprache der einander gegenüberstehenden Zeichen geltend macht, nämlich „Çitos“ für das ältere Zeichen und „Tsetos“ oder „Ketos“ für das angemeldete Zeichen, ins Leere. Der Umstand, dass andere Aussprachen dieser Zeichen möglich sind, ist nämlich nicht geeignet, in Frage zu stellen, dass das ältere Zeichen und das angemeldete Zeichen „Kitos“ bzw. „Ketos“ ausgesprochen werden können und dass für einen nicht zu vernachlässigenden Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit besteht.

54      Jedenfalls hat die Beschwerdekammer in Rn. 60 der angefochtenen Entscheidung auch einen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen für den Fall angestellt, dass das ältere Zeichen „Çitos“ und das angemeldete Zeichen „Tsetos“ ausgesprochen wird.

55      In diesem Zusammenhang trägt die Klägerin abermals vor, dass der Verbraucher dem Anfang eines Zeichens mehr Aufmerksamkeit widme als dessen Ende und sofort die Unterschiede zwischen der Aussprache „Çi“ und „Tse“ in Bezug auf die erste Silbe der einander gegenüberstehenden Zeichen wahrnehme.

56      Im vorliegenden Fall unterscheidet sich die Aussprache der ersten Silbe „Çi“ des älteren Zeichens zwar von der ersten Silbe „Tse“ des angemeldeten Zeichens. Die einander gegenüberstehenden Zeichen haben jedoch die gleiche Silbenstruktur, d. h. jeweils zwei Silben, und den gleichen Klangrhythmus. Beide Zeichen enden mit der Silbe „tos“, die jeweils gleich ausgesprochen wird. Sie haben daher die letzte Silbe gemeinsam. In Anbetracht der oben in Rn. 41 angeführten Rechtsprechung reicht der Unterschied, der sich aus der ersten Silbe ergibt, nicht aus, um in klanglicher Hinsicht die Feststellung eines durchschnittlichen Grades an Ähnlichkeit in dem von den einander gegenüberstehenden Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck auszuschließen, auch wenn sich dieser Unterschied am Anfang der Zeichen befindet.

57      Folglich hat die Beschwerdekammer in Rn. 60 der angefochtenen Entscheidung beurteilungsfehlerfrei festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen, wenn das ältere Zeichen „Çitos“ und das angemeldete Zeichen „Tsetos“ ausgesprochen wird, in klanglicher Hinsicht insgesamt eine durchschnittliche Ähnlichkeit aufweisen.

 Zur umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr

58      Die Beschwerdekammer ist zu der Auffassung gelangt, dass unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke, der durchschnittlichen bildlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und der durchschnittlichen bis hochgradigen klanglichen Ähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr für die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten identischen und ähnlichen Waren bestehe, dass aber für die unähnlichen Waren keine Verwechslungsgefahr bestehe.

59      Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr angenommen. Sie stützt ihre Argumentation auf eine Entscheidung des Bundespatentgerichts (Deutschland), aber auch auf vier Entscheidungen des HABM und auf das Urteil vom 22. Oktober 2003, Éditions Albert René/HABM– Trucco (Starix) (T‑311/01, EU:T:2003:280).

60      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

61      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

62      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Beurteilungen der Beschwerdekammer zum Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise, zur normalen Kennzeichnungskraft der älteren Marke und zum Vergleich der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren nicht bzw. nicht substantiiert bestreitet.

63      Außerdem ergibt sich aus den Rn. 42 und 57 oben, dass die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher Hinsicht eine durchschnittliche und in klanglicher Hinsicht eine durchschnittliche bis hochgradige Ähnlichkeit aufweisen, wobei die Beurteilungen der Beschwerdekammer zur begrifflichen Ähnlichkeit unstreitig sind.

64      Folglich ist nach einer umfassenden Beurteilung und unter Berücksichtigung aller oben genannten Umstände festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Rn. 64 der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen für die in den Rn. 45 und 50 der angefochtenen Entscheidung genannten identischen und ähnlichen Waren eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 besteht und dass für die in Rn. 51 der angefochtenen Entscheidung genannten unähnlichen Waren keine Verwechslungsgefahr besteht.

65      Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, die angefochtene Entscheidung stehe mit einem Urteil des Bundespatentgerichts, der früheren Entscheidungspraxis des EUIPO und der Rechtsprechung des Gerichts nicht im Einklang.

66      Zunächst ist zu dem von der Klägerin angeführten Urteil des Bundespatentgerichts festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Unionsregelungen für Marken ein autonomes System darstellen und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 zu beurteilen ist, so dass das EUIPO oder – im Fall einer Klage – das Gericht nicht zu den gleichen Ergebnissen gelangen müssen wie die nationalen Behörden und Gerichte in einem gleichartigen Fall (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2015, LTJ Diffusion/HABM – Arthur et Aston [ARTHUR & ASTON], T‑83/14, EU:T:2015:974, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67      Sodann ist in Bezug auf die von der Klägerin angeführten früheren Entscheidungen des EUIPO darauf hinzuweisen, dass die von den Beschwerdekammern des EUIPO gemäß der Verordnung 2017/1001 über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke zu treffenden Entscheidungen gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer früheren Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65). Jedenfalls ist festzustellen, dass die Entscheidungen des EUIPO, auf die sich die Klägerin beruft, Sachverhalte betreffen, die sich von dem Sachverhalt der angefochtenen Entscheidung unterscheiden.

68      Was schließlich das Urteil vom 22. Oktober 2003, Starix (T‑311/01, EU:T:2003:280), betrifft, auf das sich die Klägerin beruft, ist festzustellen, dass sich die Beurteilung des Gerichts in diesem Urteil nicht auf einander gegenüberstehende Zeichen bezog, sondern auf andere Zeichen, nämlich die Zeichen „Asterix“ und „Starix“. Folglich unterscheidet sich der Sachverhalt dieses Urteils von dem der angefochtenen Entscheidung.

69      In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

70      Nach alledem greift keiner der Klagegründe durch, auf die die Klägerin ihre Anträge stützt, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

 Kosten

71      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

72      Zwar ist die Klägerin unterlegen, doch das EUIPO hat nur für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt, sie zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da keine mündliche Verhandlung anberaumt worden ist, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Elif Korkmaz und das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) tragen ihre eigenen Kosten.

Spielmann

Brkan

Kalėda

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Mai 2024.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.