Language of document : ECLI:EU:T:2015:428

Rechtssache T‑847/14

GHC Gerling, Holz & Co. Handels GmbH

gegen

Europäische Kommission

„Umwelt – Schutz der Ozonschicht – Fluorierte Treibhausgase – Verordnung (EU) Nr. 517/2014 – Inverkehrbringen von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen – Bestimmung eines Referenzwerts – Quotenzuweisung – Begründungspflicht – Berechnungsmethode“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 24. Juni 2015

1.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang

(Art. 296 AEUV)

2.      Handlungen der Organe – Verordnungen – Begründungspflicht – Durchführungsverordnung – Verweis auf die Grundverordnung

(Art. 296 AEUV)

3.      Umwelt – Schutz der Ozonschicht – Verordnung Nr. 517/2014 – Reichweite – Inverkehrbringen von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen – Bestimmung eines Referenzwerts – Berechnungsmethode

(Verordnung Nr. 517/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 2 Nr. 10 und Anhang V; Beschluss 2014/774 der Kommission)

1.      Die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts entsprechen und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere vom Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.

(vgl. Rn. 30, 31)

2.      Ein Durchführungsrechtsakt genügt der Begründungspflicht, wenn er eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorschriften der Verordnung, auf die er sich stützt, enthält und so erkennen lässt, welche Kriterien seinem Erlass zugrunde lagen.

(vgl. Rn. 32)

3.      Nach Art. 1 Abs. 2 und dem Anhang des Beschlusses 2014/774 zur Bestimmung – gemäß der Verordnung Nr. 517/2014 – der Referenzwerte für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2017 für jeden Hersteller oder Einführer, der nach Maßgabe der Verordnung Nr. 842/2006 das Inverkehrbringen von teilfluorierten Kohlenwasserstoffen mitgeteilt hat, wurden die von den Herstellern oder Einführern im Referenzzeitraum in Verkehr gebrachten Mengen an teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFKW) berechnet, indem die hergestellten Mengen, die eingeführten Mengen und der Saldo der jährlichen Lagerbestandsentwicklung addiert und die ausgeführten Mengen abgezogen wurden.

Zum einen ist jedoch in keiner Vorschrift der Verordnung Nr. 517/2014 ausdrücklich vorgesehen, dass der Saldo der jährlichen Lagerbestandsentwicklung bei der Bestimmung des Referenzwerts zu berücksichtigen wäre. Zum anderen ist nicht dargetan, dass der Saldo der jährlichen Lagerbestandsentwicklung ein für die Bestimmung der im Sinne von Art. 2 Nr. 10 dieser Verordnung „in Verkehr gebrachten“ HFKW-Mengen maßgebliches Kriterium darstellt. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die keine HFKW herstellen oder verwenden, sondern diese lediglich einführen, um sie anschließend weiterzuverkaufen oder aus der Union auszuführen.

In Anhang V der Verordnung Nr. 517/2014, der zur Erläuterung der Berechnung des Referenzwerts dient, wird darauf hingewiesen, dass der Referenzwert auf der Grundlage der HFKW-Mengen berechnet wird, die die Hersteller und Einführer während eines Referenzzeitraums oder eines Zuweisungszeitraums in der Union in Verkehr gebracht haben, und zwar „auf der Grundlage der verfügbaren Daten“. Aus dem Umstand, dass die Berechnung des Referenzwerts nach Anhang V der Verordnung Nr. 517/2014 auf der Grundlage der verfügbaren Daten erfolgen muss und dass es sich bei ihm nach Art. 16 Abs. 1 dieser Verordnung um einen Wert handelt, der „auf der Grundlage des Jahresdurchschnitts der von [dem Hersteller oder Einführer] gemeldeten Mengen [an HFKW], die er … in Verkehr gebracht hat“, bestimmt wird, folgt nicht, dass die Berechnung des Referenzwerts zwangsläufig allein auf der Grundlage der nach Art. 6 der Verordnung Nr. 842/2006 über bestimmte fluorierte Treibhausgase übermittelten Daten erfolgen musste.

Zum einen wäre es nämlich nicht vereinbar mit dem Ziel der Verordnung Nr. 517/2014, das darin besteht, die Menge an HFKW, die auf dem Unionsmarkt „in Verkehr gebracht werden“, allmählich zu verringern, im Rahmen der Berechnung des Referenzwerts Daten heranzuziehen, die für die Bestimmung der in Verkehr gebrachten HFKW-Mengen nicht erheblich sind, insbesondere allein deshalb, weil es sich um „verfügbare Daten“ handelt. Dass die gelagerten Mengen gemeldet wurden, bedeutet daher nicht zwangsläufig, dass sie berücksichtigt werden, wenn sie für die Bestimmung der in Verkehr gebrachten HFKW-Mengen nicht erheblich waren. Zum anderen darf die fehlende Verfügbarkeit von Daten, die für die Berechnung des Referenzwerts erheblich sind, nicht zur Folge haben, dass der Referenzwert nicht den in Verkehr gebrachten HFKW-Mengen entspricht. Es obliegt der Kommission, sich an die betroffenen Unternehmen zu wenden, um die fehlenden erheblichen Daten zu erheben.

Somit verstößt der Beschluss 2014/774 dadurch gegen die Verordnung Nr. 517/2014, dass darin bei der Berechnung des Referenzwerts für ein Unternehmen, das keine HFKW herstellt oder verwendet, die jährliche Lagerbestandsentwicklung berücksichtigt wird.

(vgl. Rn. 44, 51-53, 57, 59, 63, 69)