Language of document : ECLI:EU:T:2024:313

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

15. Mai 2024(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke CellCompDx – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑512/23,

Cellphenomics GmbH mit Sitz in Berlin (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt C. Adori,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Ringelhann als Bevollmächtigten,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli sowie der Richter J. Schwarcz und R. Norkus (Berichterstatter),

Kanzler: V. Di Bucci,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und der Entscheidung gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, die Cellphenomics GmbH, die Aufhebung und Abänderung der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 23. Mai 2023 (Sache R 2571/2022-2) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 13. April 2022 meldete die Klägerin beim EUIPO das Wortzeichen CellCompDx als Unionsmarke an.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 5, 9, 41, 42 und 44 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 1: „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Chemische Erzeugnisse für wissenschaftliche Zwecke; Biologische Gewebekulturen, ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Biologische Mittel für Labors [ausgenommen für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke]; Rekonstituierte Zellen zur Prüfung der Verträglichkeit pharmazeutischer Erzeugnisse; Rekonstituierte Zellen zur Prüfung der Wirksamkeit pharmazeutischer Erzeugnisse“;

–        Klasse 5: „Biologische Gewebekulturen für medizinische Zwecke; Biologische Gewebekulturen für veterinärmedizinische Zwecke; Pharmazeutische Erzeugnisse zur Behandlung von immunsystembezogenen Erkrankungen und Störungen; Chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse; Pharmazeutische Erzeugnisse; Veterinärmedizinische Erzeugnisse; Biologische Präparate für die Krebsbehandlung; Biologische Präparate für veterinärmedizinische Zwecke; Biologische Präparate für medizinische Zwecke“;

–        Klasse 9: „Interaktive elektronische Publikationen“;

–        Klasse 41: „Herausgabe von medizinischen Veröffentlichungen; Veröffentlichung von wissenschaftlichen Schriften im Bereich der medizinischen Technik; Veröffentlichung und Herausgabe von wissenschaftlichen Abhandlungen in Bezug auf Medizintechnik“;

–        Klasse 42: „Qualitätsprüfung für pharmazeutischer Erzeugnisse; Medizinische Forschung im Bereich der Onkologie; Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; Auskünfte zu medizinischen und wissenschaftlichen Forschungsergebnissen über Arzneimittel und klinischen Prüfungen; Durchführen von technischen Test[s] bezüglich Arzneimitteln; Dienstleistungen zur Bewertung der Wirksamkeit von Pharmazeutika; Durchführung klinischer Studien für pharmazeutische Produkte; Biomedizinische Forschung; Beratung hinsichtlich pharmazeutischer Forschung und Entwicklung; Durchführung von Analysen von menschlichem Gewebe für die medizinische Forschung; Laborforschungsdienstleistungen in Bezug auf Pharmazeutika; Wissenschaftliche Forschungen zu medizinischen Zwecken auf dem Gebiet von Krebserkrankungen; Zellkulturdienstleistungen für wissenschaftliche und Forschungszwecke für Dritte; Entwurf und Entwicklung von Medizintechnik; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware für die Medizintechnik; Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen; Bewertung von pharmazeutischen Erzeugnissen; Computergestützte diagnostische Prüfungsdienstleistungen; Entwicklung von Mess- und Prüfmethoden; Erstellung von Gutachten bezüglich wissenschaftlicher Forschung; Dienstleistungen eines medizinischen Labors; Wissenschaftliche Dienstleistungen eines veterinärmedizinischen Labors“;

–        Klasse 44: „Medizinische Dienstleistungen in Bezug auf die Entnahme, Behandlung und Verarbeitung von menschlichen Zellen; Medizinische Behandlung mit kultivierten Zellen; Medizinische Dienstleistungen im Bereich Onkologie; Erteilen von Online-Auskünften in Bezug auf Onkologie; Medizinische Labordienstleistungen für die Analyse von Proben von Patienten; Dienstleistungen zur Erstellung medizinischer Berichte; Medizinische Dienstleistungen für die Behandlung von Hautkrebs; Medizinische Labordienstleistungen für die Analyse von Blutproben von Patienten; Medizinische Untersuchungsdienstleistungen; Veterinärmedizinische Dienstleistungen; Durchführung von RNA- und DNA-Analysen für die Diagnose und Prognose von Krebserkrankungen“.

4        Mit Entscheidung vom 8. November 2022 wies die Prüferin die Anmeldung der Marke für alle oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) zurück.

5        Am 28. Dezember 2022 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Prüferin beim EUIPO Beschwerde ein.

6        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Zum einen könne das angemeldete Zeichen, da aus Sicht des betroffenen englischsprachigen Publikums ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen der Bedeutung des angemeldeten Zeichens und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe, wegen seines beschreibenden Charakters im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 nicht eingetragen werden. Zum anderen scheide eine Eintragung der angemeldeten Marke aufgrund des Eintragungshindernisses nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung aus, da das angemeldete Zeichen nicht geeignet sei, die Waren und Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und abzuändern;

–        das EUIPO zu verurteilen, unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts erneut über die Eintragung der angemeldeten Marke zu entscheiden;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

9        Die Klägerin stützt sich auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung geltend macht.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001

10      Die Klägerin macht geltend, dass der angemeldeten Marke entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung nicht das absolute Eintragungshindernis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 für alle oben in Rn. 3 genannten Waren und Dienstleistungen entgegenstehe.

11      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

12      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen. Gemäß Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung finden die Vorschriften von Art. 7 Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.

13      Ein Zeichen fällt dann unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 aufgestellte Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Bezug zu den in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2020, BSH Hausgeräte/EUIPO [Home Connect], T‑152/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:584, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

14      Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich zum einen nur in Bezug auf die betroffenen Waren oder Dienstleistungen beurteilen und zum anderen nur in Bezug darauf, was die maßgeblichen Verkehrskreise darunter verstehen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Ferner setzt die Zurückweisung einer Anmeldung auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 durch das EUIPO nicht voraus, dass das in Rede stehende Zeichen tatsächlich beschreibend verwendet wird, sondern es genügt, dass es zu diesem Zweck verwendet werden kann. Ein Wortzeichen ist daher nach dieser Bestimmung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. Urteil vom 4. Mai 2022, Sturz/EUIPO – Clatronic International [STEAKER], T‑261/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:269, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Im vorliegenden Fall wendet sich die Klägerin nicht gegen die Beurteilungen der Beschwerdekammer, wonach sich die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowohl an die breite Öffentlichkeit, die diese zu privaten Zwecken nutze, als auch an Fachverbraucher richteten, wobei der Aufmerksamkeitsgrad dementsprechend von durchschnittlich bis hoch variiere, und die Marke aus englischen Begriffen zusammengesetzt sei, so dass bei der Prüfung auf die Wahrnehmung der englischsprachigen Verkehrskreise, insbesondere des Publikums in Irland, Malta und Zypern, abzustellen sei. Im Übrigen enthalten die Akten keinen Anhaltspunkt, der diese Beurteilungen in Frage stellen könnte.

17      Ausgehend von diesen Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen.

 Zur Bedeutungsvielfalt der Bestandteile des angemeldeten Zeichens

18      Die Klägerin macht geltend, dass der Ausdruck „cellcompdx“ zu vielschichtig und komprimiert sei, als dass er allein in dem engen Sinne verstanden werden könne, der ihm in der angefochtenen Entscheidung beigemessen werde. Die sehr knapp gehaltene Buchstabenkombination lasse nämlich viel zu viele Deutungsvarianten zu, als dass die angesprochenen Verkehrskreise mehr oder weniger eindeutig darauf schließen würden, dass das angemeldete Zeichen auf eine „Diagnostik der Zellzusammensetzung“ verweise, zumal jeder der Bestandteile „cell“, „comp“ und „dx“ verschiedene Bedeutungen umfassen könne. Tatsächlich könnten diese Verkehrskreise dem Zeichen keine Waren oder Dienstleistungen zuordnen.

19      In Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, dass der Ausdruck „cellcompdx“ lediglich eine Kombination der Bestandteile „cell“, „comp“ und „dx“ ohne jeglichen weiteren Zusatz sei. Der Wortbestandteil „cellcomp“ bedeute Zellzusammensetzung, und der Bestandteil „dx“ gebe an, dass aus der Zellzusammensetzung eine Diagnose abgeleitet werden könne, d. h., dass das Ziel der Analyse der Zellzusammensetzung die Erstellung einer Diagnose sei.

20      Nach der oben in Rn. 15 angeführten Rechtsprechung ist die Eintragung eines Wortzeichens nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 zurückzuweisen, wenn dieses Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet.

21      Daher kann im vorliegenden Fall der Umstand, dass die Bestandteile „cell“, „comp“ und „dx“ auf unterschiedliche Weise verstanden werden können und der Ausdruck „cellcompdx“ somit mehrere Bedeutungen haben kann, nichts daran ändern, dass ihn die maßgeblichen Verkehrskreise im Sinne einer „Diagnostik der Zellzusammensetzung“ verstehen könnten. Die Klägerin stellt im Übrigen nicht in Frage, dass der Ausdruck „cellcompdx“ für die Verkehrskreise diese Bedeutung haben kann.

22      Das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer sei in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen CellCompDx gedanklich mit einer „Diagnostik der Zellzusammensetzung“ in Verbindung bringen könnten, ist deshalb zurückzuweisen.

 Zum Zusammenhang zwischen der Bedeutung des angemeldeten Zeichens und den betroffenen Waren und Dienstleistungen

23      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es die Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung für zweckmäßig gehalten hat, die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen in folgende Gruppen aufzuteilen:

„a) Chemische Erzeugnisse und deren Bestandteile … (Klasse 1)

b) Erzeugnisse, Gewebekulturen und biologische Präparate für medizinische und veterinärmedizinische Zwecke … (Klasse 5)

c) Interaktive elektronische Publikationen und Herausgabe und Veröffentlichung von medizinischen und wissenschaftlichen Publikationen … (Klassen 9 und 41)

d) Allgemeine wissenschaftliche, medizinische, veterinärmedizinische und technologische Dienstleistungen … (Klassen 42 und 44)

e) Medizinische und wissenschaftliche Forschungsdienstleistungen, inkl. Produktentwicklung … (Klasse 42)

f) Beratungs- und Informationsdienstleistungen … (Klassen 42 und 44)

g) Medizinische Dienstleistungen in Bezug auf biologische Proben … (Klasse 44)“.

24      Erstens sind nach Auffassung der Klägerin die Waren und Dienstleistungen der angemeldeten Marke bei der Prüfung der Wahrnehmung des beschreibenden Charakters des in Rede stehenden Zeichens zu Unrecht berücksichtigt worden. So sei in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (Deutschland) hervorgehoben worden, dass die Frage, ob die angesprochenen Verkehrskreise eine Marke als beschreibende Angabe oder Abkürzung erkenne, anhand der Marke selbst zu beurteilen sei, während der Inhalt des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zur Ermittlung des Verkehrsverständnisses nicht herangezogen werden könne.

25      Was den Verweis der Klägerin auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs anbelangt, so kann dieser Verweis, da die Unionsregelung für Marken ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und Zielsetzungen verfolgt, die ihm eigen sind, und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteil vom 25. Oktober 2007, Develey/HABM, C‑238/06 P, EU:C:2007:635, Rn. 65), jedenfalls nicht relevant sein.

26      Außerdem lässt sich, wie oben in Rn. 14 ausgeführt, der beschreibende Charakter eines Zeichens zum einen nur in Bezug auf die betroffenen Waren oder Dienstleistungen beurteilen und zum anderen nur in Bezug darauf, was die angesprochenen Verkehrskreise darunter verstehen.

27      Die Klägerin macht daher zu Unrecht geltend, dass die Beschwerdekammer bei der Prüfung des beschreibenden Charakters des angemeldeten Zeichens die betroffenen Waren und Dienstleistungen nicht hätte berücksichtigen dürfen.

28      Zweitens kann der Klägerin zufolge, „[s]elbst wenn man den angesprochenen Verkehrskreisen unterstellen sollte, von dem Kennzeichen C[e]llCompDx auf bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu schließen“, dieselbe Begrifflichkeit nicht gleichzeitig eine Ware und eine Dienstleistung eindeutig beschreiben. Die Feststellung der Beschwerdekammer, wonach der Wortbestandteil „dx“ für die angesprochenen Verkehrskreise sowohl auf eine „Diagnose“ als auch auf Waren schließen lasse, sei daher fernliegend, da eine Diagnose nur im Rahmen einer Dienstleistung erstellt werden könne.

29      Es lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass ein Zeichen sowohl im Hinblick auf die betroffenen Waren als auch in Bezug auf die betroffenen Dienstleistungen beschreibend sein kann. Wie das Gericht bereits festgestellt hat, können nämlich, wenn Waren für die Erbringung von Dienstleistungen von wesentlicher Bedeutung sind, diese Waren und Dienstleistungen aufgrund desselben Zwecks in einem engen Zusammenhang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2022, Brand Energy Holdings/EUIPO [RAPIDGUARD], T‑573/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:450, Rn. 62).

30      Ferner lässt das Vorbringen der Klägerin, wonach eine Diagnose nur im Rahmen einer Dienstleistung erstellt werden könne, außer Acht, dass zum einen Waren für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen von wesentlicher Bedeutung sein können und zum anderen Waren und Dienstleistungen, z. B. aufgrund des gemeinsamen Zwecks, einen engen Zusammenhang aufweisen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2022, RAPIDGUARD, T‑573/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:450, Rn. 62).

31      Im vorliegenden Fall konnte die Beschwerdekammer daher in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung davon ausgehen, dass das Zeichen CellCompDx in Bezug auf die Waren der Gruppen a) und b), d. h. chemische, biologische, medizinische oder veterinärmedizinische Erzeugnisse, Gewebekulturen und Präparate, angebe, dass diese Waren entweder durch eine Analyse der Zellzusammensetzung eine Diagnostik ermöglichten oder dass sie durch eine solche Analyse zustande gekommen seien (z. B. „biologische Präparate“ oder „Gewebekulturen“) und nun diagnostischen Zwecken dienten.

32      Drittens trägt die Klägerin vor, dass, selbst wenn die maßgeblichen Verkehrskreise den Ausdruck „cellcompdx“ als „Diagnostik der Zellzusammensetzung“ verstünden, die Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung unzutreffend sei, wonach die Dienstleistungen in den Gruppen e) und g) den Zweck und die Bestimmung dieser Diagnostik beschrieben. So verfolgten beispielsweise die Dienstleistungen „Durchführen von technischen Test[s] bezüglich Arzneimitteln“, „Dienstleistungen zur Bewertung der Wirksamkeit von Pharmazeutika“, „Medizinische Forschung im Bereich Onkologie“, „Entwurf und Entwicklung von Medizintechnik“, „Entwicklung von Mess- und Prüfmethoden“, „Entwurf und Entwicklung von Computersoftware für die Medizintechnik“ oder „Erstellung von Gutachten bezüglich wissenschaftlicher Forschung“ der Gruppe e) nicht den Zweck einer „Diagnostik der Zellzusammensetzung“.

33      Hierzu hat die Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Forschungsdienstleistungen der Gruppe e) mit den Waren der Gruppen a) und b) eng zusammenhingen, da die Entstehung oder Herstellung dieser Waren auf diese Dienstleistungen zurückgehe. Dasselbe gelte auch für die medizinischen Dienstleistungen der Gruppe g), da die biologischen Proben von medizinischem Fachpersonal entnommen, verarbeitet und analysiert werden müssten. Bezüglich der Dienstleistungen der Gruppen e) und g) beschreibe das angemeldete Zeichen deren Zweck und deren Bestimmung.

34      Die Beschwerdekammer ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen den zur Gruppe e) gehörenden Forschungsdienstleistungen und den Waren der Gruppen a) und b) ein enger Zusammenhang besteht, was die Klägerin im Übrigen auch nicht bestreitet. Wie die Beschwerdekammer in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, kommen nämlich die chemischen, biologischen, medizinischen und veterinärmedizinischen Erzeugnisse, Gewebekulturen und Präparate der Gruppen a) und b) durch die Forschungsdienstleistungen der Gruppe e) zustande. So werden z. B. die Dienstleistungen der Durchführung von technischen Tests bezüglich Arzneimitteln der Gruppe e) sowohl mit chemischen Erzeugnissen der Gruppe a) als auch mit Gewebekulturen der Gruppe b) durchgeführt.

35      Gleiches gilt für die medizinischen Dienstleistungen der Gruppe g). Diese Dienstleistungen stehen nämlich ebenfalls in engem Zusammenhang mit den Waren der Gruppen a) und b), da die zu diesen Gruppen gehörenden Waren mittels der medizinischen Dienstleistungen der Gruppe g) entnommen, verarbeitet und analysiert werden müssen.

36      Ferner ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin festzustellen, dass die oben in Rn. 32 genannten Dienstleistungen der Gruppen e) und g) Dienstleistungen bezeichnen können, deren Gegenstand die „Diagnostik der Zellzusammensetzung“ sei. Wie das EUIPO hervorhebt, „[könnte] [d]er maßgebliche Verbraucher … das … Zeichen [CellCompDx] als Hinweis darauf wahrnehmen, dass diese … Dienstleistungen für, durch, mit oder im Zusammenhang mit Zelldiagnostik durchgeführt werden“.

37      Folglich wendet sich die Klägerin zu Unrecht gegen die Feststellung der Beschwerdekammer in Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung, dass das Zeichen CellCompDx Zweck und Bestimmung der Dienstleistungen der Gruppen e) und g) beschreibe.

38      Drittens macht die Klägerin in Bezug auf Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung geltend, dass die Vermittlung einer Idee von einem Thema mittels eines Kennzeichens noch nicht bedeute, dass dieses Kennzeichen eine Publikations- oder Informationsdienstleistung beschreibe.

39      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung indessen zu Recht festgestellt, dass das Zeichen CellCompDx in Bezug auf interaktive elektronische Publikationen und die Herausgabe und Veröffentlichung von medizinischen und wissenschaftlichen Publikationen in der Gruppe c) sowie die Beratungs- und Informationsdienstleistungen in der Gruppe f) angibt, dass es bei diesen Waren und Dienstleistungen um die zelluläre Zusammensetzung zu diagnostischen Zwecken geht und das Zeichen somit Gegenstand und Inhalt der Waren und Dienstleistungen beschreibt.

40      Die maßgeblichen Verkehrskreise werden nämlich aus dem angemeldeten Zeichen ableiten, dass die betroffenen Publikationen oder die betroffene Beratung die Diagnostik der Zellzusammensetzung zum Thema haben.

41      Viertens vertritt die Klägerin in Bezug auf Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, dass die enge Auslegung, die die Beschwerdekammer dem Zeichen CellCompDx gegeben habe, nämlich dahin, dass es auf die Diagnostik der Zellzusammensetzung abziele, es nicht ermögliche, so weit gefasste Dienstleistungen wie die allgemeinen wissenschaftlichen, medizinischen, veterinärmedizinischen und technologischen Dienstleistungen der Gruppe d), auch nicht hinsichtlich des Zwecks dieser weit gefassten Dienstleistungen, zu beschreiben.

42      Jedoch hat die Beschwerdekammer in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die Dienstleistungen der Gruppe d) die zu den Gruppen e) und g) gehörenden Dienstleistungen umfassen. So sind z. B. sowohl die Dienstleistungen „Medizinische Forschung im Bereich Onkologie“ der Gruppe e) als auch „Medizinische Dienstleistungen in Bezug auf die Entnahme, Behandlung und Verarbeitung von menschlichen Zellen“ der Gruppe g) in den zur Gruppe d) gehörenden „Wissenschaftliche[n] und technologische[n] Dienstleistungen“ enthalten.

43      Die Feststellungen zu den Gruppen e) und g) (siehe oben, Rn. 33 bis 37) gelten daher auch für die Gruppe d).

44      Fünftens verweist die Klägerin auf eine Entscheidung einer Beschwerdekammer des EUIPO, in der es heiße: „Ist eine beschreibende Angabe dagegen nicht deutlich und unmissverständlich, sondern nur angedeutet und wird sie erst aufgrund gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar, so steht dies der Eintragung regelmäßig nicht entgegen“. Im vorliegenden Fall seien, abgesehen davon, dass sich die Anmeldung nach Ansicht der Klägerin auf ein aus mehreren Wörtern bestehendes Kennzeichen beziehe, die Wörter durch Abkürzung noch weiter aus dem Bereich der Eindeutigkeit in den Bereich der Andeutung verschoben worden.

45      Wie oben in Rn. 19 ausgeführt, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass der Wortbestandteil „cellcomp“ Zellzusammensetzung bedeute und der Bestandteil „dx“ angebe, dass aus der Zellzusammensetzung eine Diagnose abgeleitet werden könne, d. h., dass das Ziel der Analyse der Zellzusammensetzung die Erstellung einer Diagnose sei.

46      Aus diesem Grund und nicht etwa, wie die Klägerin geltend macht, aufgrund einer „Andeutung“, die mit den Abkürzungen der Wörter, aus denen dieses Zeichen bestehe, zum Ausdruck komme, ist die Beschwerdekammer in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass aus der Sicht des betroffenen englischsprachigen Publikums ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen der Bedeutung des angemeldeten Zeichens und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe. Eine aus mehreren Wörtern bestehende Marke kann nämlich als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 angesehen werden, wenn ein solcher Charakter auch für das durch die Wörter gebildete Ganze festgestellt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Dezember 2023, Transport Werk/EUIPO – Haus & Grund Deutschland [Haus & Grund], T‑779/22, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2023:854, Rn. 32).

47      Nach alledem ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

48      Die Klägerin macht geltend, dass dem angemeldeten Zeichen nicht die Unterscheidungskraft fehle, da es nicht beschreibend sei, und dass, im Wesentlichen, aus der Kombination, die aus einem Wort und aus Abkürzungen bestehe, auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen geschlossen werden könne.

49      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

50      Insofern geht nach ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 eindeutig hervor, dass ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen ist, wenn nur eines der dort genannten Eintragungshindernisse vorliegt (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2014, Larrañaga Otaño/HABM [GRAPHENE], T‑458/13, EU:T:2014:891, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Da die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, dass die angemeldete Marke beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 ist, braucht die Begründetheit des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung nicht geprüft zu werden.

52      Daraus folgt, dass die angefochtene Entscheidung an keinem Mangel leidet, der einen Grund für ihre Aufhebung oder Abänderung darstellen könnte.

53      Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit des zweiten Antrags der Klägerin (siehe oben, Rn. 7) entschieden zu werden braucht.

 Kosten

54      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

55      Im vorliegenden Fall ist die Klägerin zwar unterlegen, das EUIPO hat aber nur für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Tragung der Kosten durch die Klägerin beantragt. Da keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Marcoulli

Schwarcz

Norkus

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Mai 2024.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.