Language of document : ECLI:EU:T:2010:201

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

19. Mai 2010(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Geldbußen – Kupfer-Installationsrohrbranche – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Fortgesetzte und vielgestaltige Zuwiderhandlung – Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen – Grundsatz ne bis in idem – Geldbußen – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Größe des betreffenden Marktes – Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände“

In der Rechtssache T‑11/05

Wieland-Werke AG mit Sitz in Ulm (Deutschland),

Buntmetall Amstetten GmbH mit Sitz in Amstetten (Österreich),

Austria Buntmetall AG mit Sitz in Enzesfeld (Österreich),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Bechtold und U. Soltész,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und É. Gippini Fournier als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwältin G. Eickstädt,

Beklagte,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Huber und G. Kimberley als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

betreffend erstens einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung K (2004) 2826 der Kommission vom 3. September 2004 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.069 – Kupfer-Installationsrohre), zweitens hilfsweise, einen Antrag auf Herabsetzung der in dieser Entscheidung gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen und drittens eine Widerklage der Kommission auf Erhöhung der Geldbußen

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas und N. Wahl (Berichterstatter),

Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2008

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Wieland-Werke AG (im Folgenden: Wieland) ist ein hauptsächlich in der Herstellung, dem Verkauf und dem Vertrieb von Halbfertigerzeugnissen und Spezialerzeugnissen aus Kupfer und Kupferlegierungen tätiges deutsches Unternehmen. Wieland beherrscht mehrere Gesellschaften und bildet insbesondere seit dem 9. Juli 1999 mit der Austria Buntmetall AG und der Buntmetall Amstetten GmbH die Wieland-Gruppe (im Folgenden zusammen: Buntmetall-Gruppe).

1.     Verwaltungsverfahren

2        Auf die Mitteilung von Informationen der Mueller Industries Inc. (im Folgenden: Mueller) im Januar 2001 hin führte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften im März 2001 in den Räumlichkeiten mehrerer auf dem Kupferrohrmarkt tätiger Unternehmen unangemeldete Nachprüfungen nach Art. 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), durch.

3        Am 9. und 10. April 2001 wurden weitere Nachprüfungen in den Räumlichkeiten der KME Germany AG (vormals KM Europa Metal AG) sowie der Outokumpu Oyj und der Luvata Oy (vormals Outokumpu Copper Products Oy) (im Folgenden zusammen: Outokumpu-Gruppe) durchgeführt. Am 9. April 2001 machte die Outokumpu-Gruppe der Kommission sowohl in Bezug auf Industrierohre als auch in Bezug auf Installationsrohre ein Angebot zur Zusammenarbeit gemäß der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996). Im Anschluss an die weiteren Nachprüfungen teilte die Kommission ihre den Kupferrohrmarkt betreffenden Ermittlungen in drei verschiedene Verfahren auf, nämlich die Sache COMP/E‑1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre), die Sache COMP/E‑1/38.121 (Fittings) und die Sache COMP/E‑1/38.240 (Industrierohre).

4        Am 30. Mai 2001 übermittelte die Outokumpu-Gruppe der Kommission ein mit mehreren Anhängen versehenes Schreiben mit einer Beschreibung der Kupferrohrbranche und der sich auf diese beziehenden Kartellvereinbarungen.

5        Am 5. Juni 2002 fanden auf Initiative der Kommission im Rahmen der Sache COMP/E-1/38.240 (Industrierohre) in Bezug auf die von der Outokumpu-Gruppe geäußerte Bereitschaft zur Zusammenarbeit Befragungen von Vertretern dieses Unternehmens statt. Dieses hatte sich auch mit der Befragung seiner an den Vereinbarungen in der Sache COMP/E-1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre) beteiligten Beschäftigten durch die Kommission einverstanden erklärt.

6        In der Sache COMP/E-1/38.240 (Industrierohre) richtete die Kommission im Juli 2002 Auskunftsverlangen nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 an Wieland und an die KME-Gruppe (bestehend aus KME Germany, der KME France SAS [vormals Tréfimétaux SA] und der KME Italy SpA [vormals Europa Metalli SpA]) und forderte die Outokumpu-Gruppe zur Übermittlung weiterer Angaben auf. Am 15. Oktober 2002 beantwortete die KME-Gruppe das Auskunftsverlangen. Diese Antwort beinhaltete auch eine Erklärung und einen Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 in der Sache COMP/E-1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre). Darüber hinaus ermächtigte KME die Kommission, alle im Rahmen der Sache COMP/E-l/38.240 (Industrierohre) gelieferten Informationen in der Sache COMP/E-1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre) zu verwenden.

7        Am 23. Januar 2003 übermittelte Wieland der Kommission eine Erklärung mit einem Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 in der Sache COMP/E‑1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre).

8        Im Rahmen der Sache COMP/E-1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre) richtete die Kommission am 3. März 2003 an die Boliden-Gruppe (bestehend aus der Boliden AB, der Outokumpu Copper Fabrication AB [vormals Boliden Fabrication AB] und der Outokumpu Copper BCZ SA [vormals Boliden Cuivre & Zinc SA]), an die HME Nederland BV (im Folgenden: HME) und an die Chalkor AE Epexergasias Metallon (im Folgenden: Chalkor) und am 20. März 2003 an die IMI‑Gruppe (bestehend aus der IMI plc, der IMI Kynoch Ltd und Yorkshire Copper Tube) Auskunftsverlangen.

9        Am 9. April 2003 trafen Vertreter von Chalkor mit Vertretern der Kommission zusammen und beantragten in Bezug auf die Sache COMP/E‑1/38.069 (Installationsrohre) die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996.

10      Am 29. August 2003 erließ die Kommission im Rahmen der Sache COMP/E‑1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre) eine an die betreffenden Gesellschaften gerichtete Mitteilung der Beschwerdepunkte. Nachdem diese Gesellschaften Akteneinsicht in elektronischer Form erhalten und schriftliche Erklärungen abgegeben hatten, nahmen sie, mit Ausnahme von HME, an einer Anhörung am 28. November 2003 teil.

11      Am 16. Dezember 2003 erließ die Kommission die Entscheidung K (2003) 4820 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.240 – Industrierohre) (im Folgenden: Industrierohr-Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. April 2004 (ABl. L 125, S. 50) veröffentlicht wurde. Diese Entscheidung war Gegenstand einer von Wieland erhobenen Klage, die mit dem Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, Wieland-Werke/Kommission (T‑116/04, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) abgewiesen wurde.

2.     Angefochtene Entscheidung

12      Am 3. September 2004 erließ die Kommission die Entscheidung K (2004) 2826 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.069 – Kupfer-Installationsrohre) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 13. Juli 2006 (ABl. L 192, S. 21) veröffentlicht wurde.

13      Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen:

„Artikel 1

Die folgenden Unternehmen haben durch ihre Beteiligung, während der angegebenen Zeiträume, an einer Reihe von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen in Form von Preisabsprachen und Marktaufteilung in der Kupferinstallationsrohrbranche gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] und – ab 1. Januar 1994 – gegen Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstoßen:

(a)      Boliden …, zusammen mit [Outokumpu Copper Fabrication] und [Outokumpu Copper BCZ], vom 3. Juni 1988 bis 22. März 2001;

(b)      [Outokumpu Copper Fabrication], zusammen mit Boliden … und [Outokumpu Copper BCZ], vom 3. Juni 1988 bis 22. März 2001;

(c)      [Outokumpu Copper BCZ], zusammen mit Boliden … und [Outokumpu Copper Fabrication], vom 3. Juni 1988 bis 22. März 2001;

(d)      Austria Buntmetall AG:

(i)      zusammen mit Buntmetall Amstetten [GmbH] spätestens vom 29. August 1998 bis 8. Juli 1999 und

(ii)      zusammen mit [Wieland] und Buntmetall Amstetten … vom 9. Juli 1999 bis 22. März 2001;

(e)      Buntmetall Amstetten …:

(i)      zusammen mit Austria Buntmetall … spätestens vom 29. August 1998 bis 8. Juli 1999 und

(ii)      zusammen mit [Wieland] und Austria Buntmetall … vom 9. Juli 1999 bis 22. März 2001,

(f)      [Chalkor] spätestens vom 29. August 1998 bis zumindest Anfang September 1999;

(g)      [HME] spätestens vom 29. August 1998 bis 22. März 2001;

(h)      IMI …, zusammen mit IMI Kynoch … und Yorkshire Copper Tube …, vom 29. September 1989 bis 22. März 2001;

(i)      IMI Kynoch …, zusammen mit IMI … und Yorkshire Copper Tube …, vom 29. September 1989 bis 22. März 2001;

(j)      Yorkshire Copper Tube …, zusammen mit IMI … und IMI Kynoch …, vom 29. September 1989 bis 22. März 2001;

(k)      [KME Germany]:

(i)      allein vom 3. Juni 1988 bis 19. Juni 1995 und

(ii)      zusammen mit [KME France] und [KME Italy] vom 20. Juni 1995 bis 22. März 2001;

(l)      [KME Italy]:

(i)      zusammen mit [KME France] vom 29. September 1989 bis 19. Juni 1995 und

(ii)      zusammen mit [KME Germany] und [KME France] vom 20. Juni 1995 bis 22. März 2001;

(m)      [KME France]:

(i)      zusammen mit [KME Italy] vom 29. September 1989 bis 19. Juni 1995, und

(ii)      zusammen mit [KME Germany] und [KME Italy] vom 20. Juni 1995 bis 22. März 2001;

(s)      Outokumpu …, zusammen mit [Luvata], vom 29. September 1989 bis 22. März 2001;

(t)      [Luvata], zusammen mit Outokumpu …, vom 29. September 1989 bis 22. März 2001;

(u)      Wieland-Werke AG:

(i)      allein vom 29. September 1989 bis 8. Juli 1999 und

(ii)      zusammen mit Austria Buntmetall … und Buntmetall Amstetten … vom 9. Juli 1999 bis 22. März 2001.

Artikel 2

Für die in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlungen werden folgende Geldbußen festgesetzt:

(a)      Boliden …, [Outokumpu Copper Fabrication] und [Outokumpu Copper BCZ] gesamtschuldnerisch 32,6 Mio. EUR.

(b)      Austria Buntmetall … und Buntmetall Amstetten … gesamtschuldnerisch 0,6695 Mio. EUR.

(c)      Austria Buntmetall …, Buntmetall Amstetten … und [Wieland] gesamtschuldnerisch 2,43 Mio. EUR.

(d)      [Chalkor] 9,16 Mio. EUR.

(e)      [HME] 4,49 Mio. EUR.

(f)      IMI …, IMI Kynoch … und Yorkshire Copper Tube … gesamtschuldnerisch 44,98 Mio. EUR.

(g)      [KME Germany] 17,96 Mio. EUR.

(h)      [KME Germany], [KME France] und [KME Italy] gesamtschuldnerisch 32,75 Mio. EUR.

(i)      [KME Italy] und [KME France] gesamtschuldnerisch 16,37 Mio. EUR;

(j)      Outokumpu … und [Luvata] gesamtschuldnerisch 36,14 Mio. EUR.

(k)      [Wieland] allein haftend 24,7416 Mio. EUR.

…“

14      Die Kommission führte aus, die betreffenden Unternehmen hätten sich an einer einzigen, fortgesetzten, komplexen und – im Fall der Boliden-Gruppe, der KME-Gruppe und von Wieland – vielgestaltigen Zuwiderhandlung (im Folgenden: Kartell oder in Rede stehende Zuwiderhandlung) beteiligt. Nationale Vereinbarungen als solche seien nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 2 und 106 der angefochtenen Entscheidung).

 Relevante Produkte und relevanter Markt

15      Die betroffene Branche der Kupferrohrherstellung umfasst zwei Gruppen von Produkten, nämlich zum einen die Industrierohre, die nach ihrer Verwendung in verschiedene Untergruppen (Kälte- und Klimatechnik, Fittings, Wassererhitzer, Filtertrockner und Rohre für die Fernmeldeindustrie) eingeteilt werden, und zum anderen die Installationsrohre, auch als „Hausinstallations-, Wasser- oder Sanitärrohre“ bezeichnet, die in der Bauindustrie für Wasser-, Öl-, Gas- und Heizungsinstallationen verwendet werden (Randnr. 3 der angefochtenen Entscheidung).

16      Nach Auffassung der Kommission betreffen die Sachen COMP/E-1/38.069 (Installationsrohre) und COMP/E-1/38.240 (Industrierohre) zwei verschiedene Zuwiderhandlungen. Insoweit stützte sie sich vor allem auf die Tatsache, dass „die Vereinbarungen, die sich auf Installationsrohre bzw. Industrierohre bezogen, verschiedene Unternehmen (und Mitarbeiter) betrafen und unterschiedlich organisiert waren“. Darüber hinaus unterscheide sich die Installationsrohrbranche von der Industrierohrbranche auch hinsichtlich der angesprochenen Kunden, des Endverbrauchs und der technischen Spezifikation der Produkte (Randnrn. 4 und 5 der angefochtenen Entscheidung).

17      Die Produktgruppe der Kupfer-Installationsrohre umfasse zwei Produkt-„Untergruppen“: die blanken Kupfer-Installationsrohre und die kunststoffummantelten Kupfer-Installationsrohre. Hierzu bemerkte die Kommission, „dass blanke und kunststoffummantelte Kupfer-Installationsrohre nicht unbedingt austauschbar sind und auf der Grundlage der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts möglicherweise unterschiedliche Produktmärkte darstellen“ (ABl. 1997, C 372, S. 5). Jedoch sind nach Auffassung der Kommission für die Zwecke der angefochtenen Entscheidung diese beiden Produkt-Untergruppen „als eine Produktgruppe zu betrachten, weil die sich auf die beiden Produkt-Untergruppen beziehenden Vereinbarungen im Wesentlichen die gleichen Unternehmen (und Mitarbeiter) betrafen und ähnlich organisiert waren“ (Randnrn. 13 und 459 der angefochtenen Entscheidung).

18      Die Kommission wies in der angefochtenen Entscheidung auch darauf hin, dass der relevante geografische Markt der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) sei. Nach ihrer Schätzung belief sich im Jahr 2000 der EWR-Marktwert der blanken Kupfer-Installationsrohre auf etwa 970,1 Millionen Euro und der der kunststoffummantelten Kupfer-Installationsrohre auf 180,9 Millionen Euro. Der Wert beider Märkte zusammen im Jahr 2000 auf EWR-Ebene betrage folglich schätzungsweise 1 151 Millionen Euro. (Randnrn. 17 und 23 der angefochtenen Entscheidung).

 Elemente der in Rede stehenden Zuwiderhandlung

19      Die Kommission stellte fest, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung in drei verschiedenen, aber miteinander verbundenen Formen in Erscheinung getreten sei (Randnrn. 458 und 459 der angefochtenen Entscheidung). Der erste Teil des Kartells, d. h. die SANCO-Vereinbarungen, bestehe in den zwischen den „SANCO-Herstellern“ getroffenen Vereinbarungen, wobei es sich bei SANCO um eine Marke für von der KME-Gruppe, Wieland und der Boliden-Gruppe hergestellte blanke Kupfer-Installationsrohre handele (Randnrn. 115 bis 118, 125 bis 146 und 456 der angefochtenen Entscheidung).

20      Der zweite Teil der in Rede stehenden Zuwiderhandlung, nämlich die WICU- und Cuprotherm-Vereinbarungen, umfasse die zwischen den „WICU- und Cuprotherm-Herstellern“ getroffenen Vereinbarungen, wobei es sich bei WICU und Cuprotherm um Marken für von der KME-Gruppe und Wieland hergestellte kunststoffummantelte Kupfer-Installationsrohre handele (Randnrn. 121 und 149 der angefochtenen Entscheidung).

21      Der dritte Teil des Kartells, d. h. die umfassenderen europäischen Vereinbarungen, betreffe die innerhalb einer größeren Gruppe von Herstellern von blanken Kupfer-Installationsrohren getroffenen Vereinbarungen. Er umfasse die vorstehend in den Randnrn. 19 und 20 angeführten Unternehmen sowie die Buntmetall-Gruppe (bestehend aus Austria Buntmetall und Buntmetall Amstetten), Chalkor, HME, die IMI‑Gruppe, Mueller und die Outokumpu-Gruppe (Randnrn. 147, 148, 192, 459 bis 462 der angefochtenen Entscheidung).

 Dauer und Kontinuität der in Rede stehenden Zuwiderhandlung

22      Die Kommission stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung am 3. Juni 1988 begonnen habe, was die KME-Gruppe und die Boliden-Gruppe betreffe, am 29. September 1989, was die IMI‑Gruppe, die Outokumpu-Gruppe und Wieland betreffe, am 21. Oktober 1997, was Mueller betreffe, und spätestens am 29. August 1998, was Chalkor, die Buntmetall-Gruppe und HME betreffe. Als Zeitpunkt für das Ende der Zuwiderhandlung nannte die Kommission den 22. März 2001, außer in Bezug auf Mueller und Chalkor, deren Teilnahme am Kartell am 8. Januar 2001 bzw. im September 1999 geendet habe (Randnr. 597 der angefochtenen Entscheidung).

23      Was die Kontinuität der in Rede stehenden Zuwiderhandlung betrifft, führte die Kommission in Bezug auf die Boliden-Gruppe, die IMI‑Gruppe, die KME-Gruppe, die Outokumpu-Gruppe und Wieland in der angefochtenen Entscheidung aus, dass es zwar zwischen 1990 und Dezember 1992 sowie zwischen Juli 1994 und Juli 1997 Zeiten mit geringerer Aktivität des Kartells gegeben habe, die beanstandeten Handlungen aber nie ganz beendet worden seien, so dass es sich bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung tatsächlich um eine einzige und nicht verjährte Zuwiderhandlung handele (Randnrn. 466, 471, 476, 477 und 592 der angefochtenen Entscheidung).

 Festsetzung des Betrags der Geldbußen

24      Mit der angefochtenen Entscheidung verhängte die Kommission Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABI. 2003, L 1, S. 1) und Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 gegen die Boliden-Gruppe, die Buntmetall-Gruppe, Chalkor, HME, die IMI‑Gruppe, die KME-Gruppe, die Outokumpu-Gruppe und Wieland (Randnr. 842 und Art. 2 der angefochtenen Entscheidung).

25      Die Beträge der Geldbußen wurden von der Kommission nach der Schwere und der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung bestimmt, also anhand der beiden Kriterien, die in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17, der zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Zuwiderhandlung anwendbar war, ausdrücklich genannt werden (Randnrn. 601 bis 603 der angefochtenen Entscheidung).

26      Bei der Festsetzung des Betrags der gegen die Unternehmen jeweils verhängten Geldbuße folgte die Kommission der in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABI. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), vorgesehenen Methode, auch wenn sie nicht systematisch darauf Bezug nahm. Ferner prüfte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auch, ob und inwiefern die betreffenden Unternehmen die in der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 geregelten Voraussetzungen erfüllten.

 Ausgangsbeträge der Geldbußen

–       Schwere

27      Bei der Beurteilung der Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung berücksichtigte die Kommission die Art der Zuwiderhandlung, ihre konkreten Auswirkungen auf den Markt sowie den Umfang des betreffenden räumlichen Marktes (Randnrn. 605 und 678 der angefochtenen Entscheidung).

28      Sie machte geltend, dass es sich bei der Aufteilung von Märkten und der Festsetzung von Preisen, um die es im vorliegenden Fall gehe, um eine ihrer Art nach besonders schwere Zuwiderhandlung handele und dass der geografische Markt, auf den sich das Kartell bezogen habe, dem Gebiet des EWR entspreche. Die Kommission berücksichtigte auch, dass der Markt für Kupfer-Installationsrohre einen sehr wichtigen Industriezweig darstelle, dessen Wert im EWR im Jahr 2000, dem letzten vollen Jahr des Kartells, mit 1 151 Millionen Euro veranschlagt werde (Randnrn. 606 und 674 bis 678 der angefochtenen Entscheidung).

29      Zu den konkreten Auswirkungen auf den Markt führte die Kommission aus, es lägen hinreichende Beweise dafür vor, dass das Kartell unter dem Strich Wirkungen auf dem betreffenden Markt gezeitigt habe, auch wenn diese nicht genau quantifiziert werden könnten (Randnrn. 670 und 673 der angefochtenen Entscheidung). Für diese Feststellung stützte sie sich auf mehrere Anhaltspunkte. Erstens berücksichtigte sie in Bezug auf die Umsetzung der Vereinbarung, dass die Teilnehmer Informationen über Absatzzahlen und Preisniveaus ausgetauscht hätten (Randnrn. 629 und 630 der angefochtenen Entscheidung).

30      Zweitens berücksichtigte sie, dass die Mitglieder des Kartells einen großen Anteil, nämlich 84,6 %, des EWR-Marktes innehatten (Randnr. 635 der angefochtenen Entscheidung).

31      Drittens stützte sich die Kommission auf Tabellen, Aufzeichnungen und Vermerke, die im Zusammenhang mit den Kartelltreffen von den Mitgliedern des Kartells selbst verfasst worden waren. Diese Dokumente belegten, dass die Preise während bestimmter Zeiträume des Kartells gestiegen seien und dass die Kartellmitglieder zusätzliche Einnahmen gegenüber den vorausgegangenen Zeiträumen erzielt hätten. Aus einigen dieser Dokumente sei hervorgegangen, dass die an dem Kartell beteiligten Personen davon ausgegangen seien, dass das Kartell den betreffenden Unternehmen erlaubt habe, ihre Preisziele zu erreichen. Zudem stützte sich die Kommission auf die von Herrn M., einem ehemaligen Direktor einer der Gesellschaften der Boliden-Gruppe, sowie von Wieland, der Boliden-Gruppe und Mueller im Rahmen ihrer jeweiligen Zusammenarbeit abgegebenen Erklärungen (Randnrn. 637 bis 654 der angefochtenen Entscheidung).

32      Schließlich stellte die Kommission fest, dass die jeweiligen Marktanteile der Kartellteilnehmer – trotz der Kundenfluktuation zwischen ihnen – während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung relativ stabil geblieben seien (Randnr. 671 der angefochtenen Entscheidung).

33      Die Kommission zog hieraus den Schluss, dass die betreffenden Unternehmen eine besonders schwere Zuwiderhandlung begangen hätten (Randnr. 680 der angefochtenen Entscheidung).

–       Differenzierte Behandlung

34      Die Kommission bildete in der angefochtenen Entscheidung vier Gruppen von Unternehmen, die ihrer Ansicht nach der relativen Bedeutung der Unternehmen bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung entsprechen. Die Aufteilung der Kartellmitglieder in mehrere Kategorien basiert auf den jeweiligen Marktanteilen der Kartellteilnehmer gemessen am Absatz der betreffenden Produkte im EWR im Jahr 2000. Folglich wurde die KME-Gruppe als größter Akteur auf dem betroffenen Markt angesehen und der ersten Kategorie zugeordnet. Die Wieland-Gruppe, die IMI‑Gruppe und die Outokumpu-Gruppe wurden als mittelgroße Marktteilnehmer angesehen und der zweiten Kategorie zugeordnet. Die Boliden-Gruppe wurde der dritten Kategorie zugeordnet. Zur vierten Kategorie gehören HME und Chalkor (Randnrn. 681 bis 692 der angefochtenen Entscheidung).

35      Die Marktanteile wurden anhand der Umsätze jedes Zuwiderhandelnden mit Installationsrohren auf dem kombinierten Gesamtmarkt für blanke und kunststoffummantelte Kupfer-Installationsrohre bestimmt. Somit wurden auch die Marktanteile der Unternehmen, die keine WICU- und Cuprotherm-Rohre verkauften, berechnet, indem ihre Umsätze mit blanken Kupfer-Installationsrohren durch die Größe des kombinierten Marktes für blanke und kunststoffummantelte Kupfer-Installationsrohre geteilt wurden (Randnrn. 683 und 692 der angefochtenen Entscheidung).

36      Die Kommission setzte folglich den Ausgangsbetrag der Geldbußen für die KME-Gruppe auf 70 Millionen Euro, für Wieland, die IMI‑Gruppe und die Outokumpu-Gruppe auf 23,8 Millionen Euro, für die Boliden-Gruppe auf 16,1 Millionen Euro und für Chalkor und HME auf 9,8 Millionen Euro fest (Randnr. 693 der angefochtenen Entscheidung).

37      Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Wieland und die Buntmetall-Gruppe nach Juli 1999 ein einziges Unternehmen bildeten und dass KME France und KME Italy bis Juni 1995 ein von KME Germany verschiedenes Unternehmen bildeten, wurde der Ausgangsbetrag der ihnen jeweils auferlegten Geldbuße wie folgt festgesetzt: 35 Millionen Euro für die KME-Gruppe (KME Germany, KME France und KME Italy gesamtschuldnerisch haftend); 17,5 Millionen Euro für KME Germany; 17,5 Millionen Euro für KME Italy und KME France gesamtschuldnerisch haftend; 3,25 Millionen Euro für die Wieland-Gruppe; 19,52 Millionen Euro für Wieland und 1,03 Millionen Euro für die Buntmetall-Gruppe (Randnrn. 694 bis 696 der angefochtenen Entscheidung).

38      Um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Geldbuße in einer Höhe festzusetzen, die ihre abschreckende Wirkung sicherstellt, erhöhte die Kommission den Ausgangsbetrag der gegen die Outokumpu-Gruppe verhängten Geldbuße um 50 % auf 35,7 Millionen Euro, da der weltweite Gesamtumsatz von Outokumpu von über 5 Milliarden Euro auf eine diese Erhöhung rechtfertigende Größe und Wirtschaftskraft hindeute (Randnr. 703 der angefochtenen Entscheidung).

 Grundbetrag der Geldbußen

39      Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission die Ausgangsbeträge der Geldbußen um 10 % für jedes volle Jahr der Zuwiderhandlung und um 5 % für jeden zusätzlichen Zeitraum von sechs oder mehr Monaten, aber weniger als einem Jahr, erhöhte. So wurde entschieden, dass

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 23,8 Millionen Euro für die IMI‑Gruppe wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von elf Jahren und fünf Monaten um 110 % zu erhöhen sei;

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße für die Outokumpu-Gruppe, der nach seiner Erhöhung zu Abschreckungszwecken auf 35,7 Millionen Euro festgesetzt worden war, wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von elf Jahren und fünf Monaten um 110 % zu erhöhen sei;

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 16,1 Millionen Euro für die Boliden-Gruppe wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von zwölf Jahren und neun Monaten um 125 % zu erhöhen sei;

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 9,8 Millionen Euro für Chalkor wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von zwölf Monaten um 10 % zu erhöhen sei;

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 9,8 Millionen Euro für HME wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten um 25 % zu erhöhen sei;

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 35 Millionen Euro für die KME-Gruppe wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von fünf Jahren und sieben Monaten um 55 % zu erhöhen sei;

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 17,5 Millionen Euro für KME Germany wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von sieben Jahren und zwei Monaten um 70 % zu erhöhen sei;

–        der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 17,5 Millionen Euro für KME France und KME Italy wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von fünf Jahren und zehn Monaten um 55 % zu erhöhen sei;

–        zum einen der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 19,52 Millionen Euro für Wieland allein wegen der Teilnahme am Kartell für die Dauer von neun Jahren und neun Monaten, die Wieland allein zu vertreten habe, um 95 %, und zum anderen der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 3,25 Millionen Euro, für den Wieland und die Buntmetall-Gruppe gesamtschuldnerisch haften, wegen der von Wieland und der Buntmetall-Gruppe gemeinsam zu vertretenden zusätzlichen Teilnahmedauer von einem Jahr und acht Monaten um 15 % zu erhöhen sei (Randnrn. 706 bis 714 der angefochtenen Entscheidung).

40      Hieraus ergeben sich die folgenden Grundbeträge der den in Rede stehenden Unternehmen auferlegten Geldbußen:

–        KME-Gruppe: 54,25 Millionen Euro;

–        KME Germany: 29,75 Millionen Euro;

–        KME France und KME Italy (gesamtschuldnerisch): 27,13 Millionen Euro;

–        Buntmetall-Gruppe: 1,03 Millionen Euro;

–        Wieland-Gruppe: 3,74 Millionen Euro;

–        Wieland: 38,06 Millionen Euro;

–        IMI‑Gruppe: 49,98 Millionen Euro;

–        Outokumpu-Gruppe: 74,97 Millionen Euro;

–        Chalkor: 10,78 Millionen Euro;

–        HME: 12,25 Millionen Euro;

–        Boliden-Gruppe: 36,225 Millionen Euro (Randnr. 719 der angefochtenen Entscheidung).

 Erschwerende und mildernde Umstände

41      Der Grundbetrag der gegen die Outokumpu-Gruppe verhängten Geldbuße wurde um 50 % erhöht, weil diese eine wiederholte Zuwiderhandlungen begangen habe, da sie Adressat der Entscheidung 90/417/EGKS der Kommission vom 18. Juli 1990 in einem Verfahren nach Artikel 65 [KS] betreffend eine Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von europäischen Herstellern von kaltgewalzten, nichtrostenden, flachen Stahlerzeugnissen (ABl. L 220, S. 28) gewesen sei (Randnrn. 720 bis 726 der angefochtenen Entscheidung).

42      Als mildernde Umstände berücksichtigte die Kommission, dass ihr die KME-Gruppe und die Outokumpu-Gruppe im Rahmen ihrer jeweiligen Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 Informationen geliefert hatten.

43      Sie ermäßigte daher den Grundbetrag der gegen die Outokumpu-Gruppe verhängten Geldbuße um einen Betrag von 40,17 Millionen Euro, der der Geldbuße entspricht, die für die Zuwiderhandlung im Zeitraum von September 1989 bis Juli 1997, deren Nachweis erst durch die der Kommission von Outokumpu gelieferten Informationen ermöglicht worden war, gegen diese verhängt worden wäre (Randnrn. 758 und 759 der angefochtenen Entscheidung).

44      Der Grundbetrag der gegen die KME-Gruppe verhängten Geldbuße wurde um 7,93 Millionen Euro ermäßigt, weil es der Kommission dank deren Kooperation möglich war, nachzuweisen, dass die Zuwiderhandlung auch kunststoffummantelte Kupfer-Installationsrohre umfasste (Randnrn. 760 und 761 der angefochtenen Entscheidung).

 Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996

45      Die Kommission ermäßigte gemäß Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 den Betrag der Geldbußen für die Outokumpu-Gruppe um 50 %, für die Wieland-Gruppe und die Buntmetall-Gruppe um 35 %, für Chalkor um 15 %, für die Boliden-Gruppe und die IMI‑Gruppe um 10 % sowie für die KME-Gruppe um 35 %. HME wurde keine Ermäßigung nach dieser Mitteilung gewährt (Randnr. 815 der angefochtenen Entscheidung).

 Endgültiger Betrag der Geldbußen

46      Die Kommission setzte die Beträge der verhängten Geldbußen für die Unternehmen, an die sich die angefochtene Entscheidung richtete, gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wie folgt fest:

–        Boliden-Gruppe: 32,6 Millionen Euro;

–        Buntmetall-Gruppe: 0,6695 Millionen Euro;

–        Chalkor: 9,16 Millionen Euro;

–        HME: 4,49 Millionen Euro;

–        IMI‑Gruppe: 44,98 Millionen Euro;

–        KME-Gruppe: 32,75 Millionen Euro;

–        KME Germany: 17,96 Millionen Euro;

–        KME France und KME Italy (gesamtschuldnerisch): 16,37 Millionen Euro;

–        Outokumpu-Gruppe: 36,14 Millionen Euro;

–        Wieland-Gruppe: 2,43 Millionen Euro;

–        Wieland: 24,7416 Millionen Euro (Randnr. 842 der angefochtenen Entscheidung).

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

47      Mit am 18. Januar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift haben die Klägerinnen, Wieland, Buntmetall Amstetten und Austria Buntmetall, die vorliegende Klage erhoben.

48      Mit Beschluss vom 10. Juni 2005 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts den Rat der Europäischen Union als Streithelfer zu Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

49      Durch Änderungen in der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Achten Kammer zugewiesen worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb verwiesen worden ist.

50      Die Klägerinnen beantragen,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, den Betrag der gegen sie verhängten Geldbußen zu ermäßigen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

51      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Betrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen zu erhöhen;

–        dem Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

52      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        eine angemessene Kostenentscheidung zu treffen.

53      Die Klägerinnen und die Kommission haben in der Sitzung vom 19. November 2008 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. Bei dieser Gelegenheit ist die Kommission aufgefordert worden, eine der Fragen des Gerichts später schriftlich zu beantworten; sie ist dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.

54      Mit am 10. Dezember 2008 eingegangenem Schreiben haben die Klägerinnen vor Abschluss des mündlichen Verfahrens zur Antwort der Kommission Stellung genommen.

 Rechtliche Würdigung

1.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

55      Zur Stützung dieses Antrags machen die Klägerinnen zunächst die Rechtswidrigkeit von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 geltend. Ferner bringen sie zwei Klagegründe vor, die auf einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und eine rechtswidrige Verfahrenstrennung gestützt sind.

 Zur Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

 Vorbringen der Parteien

56      Die Klägerinnen sind der Auffassung, Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen und sei daher nichtig. In dieser Vorschrift seien die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Wettbewerbsvorschriften nicht hinreichend vorhersehbar und klar bestimmt. Die Kommission habe daher einen zu großen Ermessensspielraum, was mit den Erfordernissen der Klarheit und Vorhersehbarkeit einer Strafvorschrift unvereinbar sei.

57      Die Kommission und der Rat beantragen, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

58      Nach der Rechtsprechung folgt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, bei dem es sich um einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts handelt und der insbesondere verlangt, dass jede Gemeinschaftsregelung, insbesondere wenn sie die Verhängung von Sanktionen vorschreibt oder gestattet, klar und bestimmt ist, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und sich darauf einstellen können (vgl. Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Dieser Grundsatz, der zu den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gehört und in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen, u. a. in Art. 7 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), verankert ist, ist sowohl bei Normen mit strafrechtlichem Charakter als auch bei spezifischen verwaltungsrechtlichen Instrumenten zu beachten, die die Verhängung von Sanktionen durch die Verwaltung vorschreiben oder gestatten. Er gilt nicht nur für Normen, die die Bestandteile einer Zuwiderhandlung festlegen, sondern auch für diejenigen, die die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen Erstere regeln (vgl. Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Art. 7 Abs. 1 EMRK lautet:

„Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.“

61      Dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) zufolge geht aus dieser Bestimmung hervor, dass die Zuwiderhandlungen und die Strafen, mit denen sie bedroht sind, gesetzlich klar definiert sein müssen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Bürger dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmung und gegebenenfalls ihrer Auslegung durch die Gerichte entnehmen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Haftung auslösen (EGMR, Urteil Coëme/Belgien vom 22. Juni 2000, Recueil des arrêts et décisions 2000-VII, § 145).

62      Jedoch ist es zur Erfüllung der Anforderungen dieser Bestimmung nicht erforderlich, dass die Vorschriften, aufgrund deren die Sanktionen verhängt werden, so genau formuliert sind, dass die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen sie mit absoluter Gewissheit vorhersehbar sind (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 71).

63      Nach der Rechtsprechung des EGMR führt die Existenz vager Begriffe in einer Bestimmung nicht zwangsläufig zu einem Verstoß gegen Artikel 7 EMRK, und die Tatsache, dass ein Gesetz ein Ermessen verleiht, verletzt als solche nicht das Erfordernis der Vorhersehbarkeit, sofern der Umfang und die Modalitäten der Ausübung eines solchen Ermessens im Hinblick auf das verfolgte legitime Ziel hinreichend deutlich festgelegt sind, um dem Einzelnen angemessenen Schutz vor Willkür zu gewähren (EGMR, Urteil Margareta und Roger Andersson/Schweden, Serie A, Nr. 226, § 75). Dabei berücksichtigt der EGMR neben dem Wortlaut des Gesetzes die Frage, ob die verwendeten unbestimmten Begriffe durch eine ständige und veröffentlichte Rechtsprechung präzisiert wurden (Urteil G./Frankreich vom 27. September 1995, Serie A, Nr. 325-B, § 25).

64      Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ist, was die Gültigkeit dieser Vorschrift im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen betrifft, in Verbindung mit deren Art. 23 Abs. 3 zu lesen, da diese beiden Vorschriften das Ermessen der Kommission begrenzen.

65      Indem er bestimmt, dass die „Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung … 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen [darf]“, sieht Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 eine Obergrenze der Geldbußen anhand des Umsatzes der betreffenden Unternehmen, d. h. anhand eines objektiven Kriteriums, vor. Auch wenn es somit keine für alle Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln geltende absolute Obergrenze gibt, besteht für die mögliche Geldbuße doch eine bezifferbare und absolute Obergrenze, die bei jedem Unternehmen für jeden Fall der Zuwiderhandlung in einer Weise berechnet wird, bei der der Höchstbetrag der möglichen Geldbuße im Voraus bestimmbar ist (vgl. entsprechend Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 75).

66      Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 schreibt der Kommission vor, bei der Festsetzung der Geldbußen in jedem Einzelfall sowohl „die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen“. Zwar belassen diese beiden Kriterien der Kommission ein weites Ermessen, doch handelt es sich um Kriterien, die von anderen Gesetzgebern bei vergleichbaren Bestimmungen herangezogen wurden und die es der Kommission erlauben, Sanktionen unter Berücksichtigung des Grades der Rechtswidrigkeit des fraglichen Verhaltens zu verhängen. Daher ist in diesem Stadium davon auszugehen, dass Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, auch wenn er der Kommission ein gewisses Ermessen belässt, die Kriterien und Grenzen festlegt, die sie bei der Ausübung ihrer Befugnis im Bereich der Geldbußen zu beachten hat (vgl. entsprechend Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 76).

67      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Festlegung von Geldbußen gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat, wie sie von der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts entwickelt wurden (vgl. entsprechend Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 77).

68      Hinzuzufügen ist noch, dass der Richter nach Art. 229 EG und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 mit einer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über Klagen gegen die Entscheidungen befindet, mit denen die Kommission Geldbußen festsetzt, und somit nicht nur die Entscheidungen der Kommission für nichtig erklären, sondern auch die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen kann. Die Verwaltungspraxis der Kommission unterliegt mithin der unbeschränkten Kontrolle durch den Richter, der sie unter Beachtung der in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgestellten Kriterien ausübt. Demgemäß hat es die vom Richter ausgeübte Kontrolle ermöglicht, durch eine ständige und veröffentlichte Rechtsprechung etwaige unbestimmte Begriffe in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 zu präzisieren (vgl. entsprechend Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 79).

69      Außerdem kann die Kommission nach ständiger Rechtsprechung das Niveau der Geldbußen jederzeit anheben, wenn die wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln dies verlangt (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 109, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnrn. 236 und 237), so dass eine solche Änderung einer Verwaltungspraxis als durch das Ziel, Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft generell zu verhindern, objektiv gerechtfertigt angesehen werden kann. Die Erhöhung des Niveaus der Geldbußen in jüngster Zeit kann daher als solche nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen angesehen werden, da sie nicht über den in Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 in seiner Auslegung durch die Gemeinschaftsgerichte festgelegten Rahmen hinausgeht (vgl. entsprechend Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 81).

70      Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Kommission dadurch, dass sie die Leitlinien erlassen und durch deren Veröffentlichung angekündigt hat, dass sie die darin dargestellte Methode künftig auf die von diesen Leitlinien erfassten Fälle anwenden werde, selbst die Ausübung ihres Ermessens beschränkt hat (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 82).

71      Somit kann ein verständiger Wirtschaftsteilnehmer im Hinblick auf die verschiedenen vorstehend genannten Anhaltspunkte – falls erforderlich mit Hilfe eines Rechtsberaters – in hinreichend genauer Weise die Methode und die Größenordnung der Geldbußen vorhersehen, die ihm bei einem bestimmten Verhalten drohen. Dass dieser Wirtschaftsteilnehmer das Niveau der Geldbußen, die die Kommission in jedem Einzelfall verhängen wird, nicht im Voraus genau erkennen kann, stellt keine Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Strafen dar, da aufgrund der Schwere der von der Kommission zu ahndenden Zuwiderhandlungen die Ziele der Repression und der Abschreckung es rechtfertigen, dass die Unternehmen daran gehindert sind, den Nutzen einzuschätzen, den sie aus ihrer Beteiligung an einer Zuwiderhandlung ziehen würden, indem sie im Voraus die Höhe der Geldbuße berücksichtigen, die ihnen aufgrund dieses rechtswidrigen Verhaltens auferlegt würde (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 83).

72      Auch wenn die Unternehmen nicht in der Lage sind, das Niveau der Geldbußen, die die Kommission in jedem Einzelfall verhängen wird, im Voraus genau zu erkennen, ist insoweit darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 253 EG verpflichtet ist, in der Entscheidung, mit der eine Geldbuße festgesetzt wird, ungeachtet des allgemein bekannten Kontextes der Entscheidung eine Begründung u. a. für die Höhe der verhängten Geldbuße und die dabei angewandte Methode zu geben. Diese Begründung muss die Überlegungen der Kommission so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass es den Betroffenen möglich ist, Kenntnis von den Gründen für die getroffene Maßnahme zu erlangen, damit sie die Zweckmäßigkeit der Anrufung des Gemeinschaftsrichters beurteilen können, und dass dieser gegebenenfalls die ihm obliegende Kontrolle wahrnehmen kann (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 84).

73      Nach alledem ist die in Bezug auf Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz ne bis in idem

 Vorbringen der Parteien

74      Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe die Sache COMP/E‑1/38.240 (Industrierohre) und die Sache COMP/E‑1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre) zu Unrecht als zwei verschiedene Zuwiderhandlungen angesehen. Indem sie das Verwaltungsverfahren getrennt und zwei Entscheidungen erlassen habe, mit denen Geldbußen verhängt worden sein, habe die Kommission gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen, da die wesentlichen Elemente, auf die sich die beiden Entscheidungen stützten, nämlich die Art der Absprachen und die Durchführungsmaßnahmen dazu, identisch seien.

75      Für ihre Behauptung, dass die wesentlichen Elemente, auf denen die Industrierohr-Entscheidung und die angefochtene Entscheidung beruhten, identisch sein, führen die Klägerinnen folgendes an:

–        Beide Verfahren beträfen weitgehend dieselben Unternehmen;

–        im Wesentlichen seien dieselben Personen in die Kartelle und deren Durchsetzung involviert gewesen;

–        die Treffen in Bezug auf die fraglichen Produkte (Industrierohre und Kupfer-Installationsrohre) hätten oftmals am gleichen Ort und zur gleichen Zeit stattgefunden;

–        die Kartelle seien von denselben verantwortlichen Stellen innerhalb der Unternehmen veranlasst oder zumindest geduldet worden;

–        die Kartelle hätten sich, mit Ausnahme eines Monats, über den gleichen Zeitraum erstreckt;

–        der Ausgangspunkt (Lizenzvereinbarungen) und die Funktionsweise der beiden Kartelle seien ähnlich;

–        beide Verfahren beruhten weitgehend auf denselben insbesondere von Mueller vorgelegten Beweisdokumenten.

76      In diesem Zusammenhang tragen die Klägerinnen vor, die Tatsache, dass die in Rede stehenden Produkte, nämlich Industrierohre und Kupfer-Installationsrohre, unterschiedliche Produktmärkte beträfen, sei entgegen der aus den Randnrn. 4, 80 und 717 der angefochtenen Entscheidung hervorgehenden impliziten Annahme der Kommission kein geeignetes Kriterium für die Bestimmung der Tatidentität. Diese Annahme laufe im Übrigen der Entscheidungspraxis der Kommission zuwider.

77      Die Kommission habe sich in der angefochtenen Entscheidung selbst widersprochen, indem sie angenommen habe, dass, obwohl blanke und kunststoffummantelte Kupfer-Installationsrohre zu unterschiedlichen Produktmärkten gehörten, die sie betreffenden Vereinbarungen einer einzigen Zuwiderhandlung zuzuordnen seien. Die hierzu von der Kommission in Randnr. 13 der angefochtenen Entscheidung angeführten Gründe, nämlich dass „die sich auf die beiden Produkt-Untergruppen beziehenden Vereinbarungen im Wesentlichen die gleichen Unternehmen (und Mitarbeiter) betrafen und ähnlich organisiert waren“, seien genau dieselben Kriterien, die die Vereinbarungen in Bezug auf Kupfer-Industrierohre und Kupfer-Installationsrohre miteinander verbänden.

78      Zudem habe die Kommission die Märkte fehlerhaft abgegrenzt. Da zwischen Kupfer-Industrierohren und Kupfer-Installationsrohren gewisse Überschneidungen bestünden, handele es sich bei diesen Produkten zumindest um sehr eng benachbarte Märkte. Daher wäre die Verfahrenstrennung selbst bei einer Berücksichtigung der Produktmarktabgrenzung als Kriterium nicht gerechtfertigt gewesen.

79      Die Klägerinnen weisen die Auffassung der Kommission zurück, dass es ihnen obliege, die Nachweise für die Sachverhaltsidentität zwischen den beiden Absprachen beizubringen. Die Kommission müsse den Grundsatz ne bis in idem von Amts wegen berücksichtigen, da es sich um eine Verfahrensgarantie handele. Jedenfalls hätten die Klägerinnen einer möglicherweise bestehenden Nachweispflicht genügt.

80      Die Kommission beantragt, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

81      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts abhängt (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 338).

82      Die Voraussetzung der Sachverhaltsidentität wäre im vorliegenden Fall nur dann erfüllt, wenn das Industrierohr-Kartell und das Kupfer-Installationsrohr-Kartell Teil eines umfassenden Plans zur Verfälschung des Wettbewerbs wären.

83      Hierzu ist vorab festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen aus der Rechtsprechung hervorgeht, dass die Existenz unterschiedlicher – wenn auch benachbarter – Produktmärkte ein relevantes Kriterium für die Bestimmung des Umfangs und damit der Identität der Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 118 bis 124, und vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 309 bis 314).

84      In der angefochtenen Entscheidung befand die Kommission, dass sich der Markt der Kupfer-Installationsrohre hinsichtlich der angesprochenen Abnehmer, des Endverbrauchs und der technischen Merkmale der Produkte von dem der Industrierohre unterscheide (Randnrn. 4 und 5 der angefochtenen Entscheidung). Hierzu nahm die Kommission auch auf das Ergebnis der Untersuchung Bezug, die sie im Rahmen ihrer Entscheidung vom 8. Dezember 2003 über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt durchgeführt hatte (Sache N IV/M.3284 – Outokumpu/Boliden auf der Grundlage der Verordnung [EWG] Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen [ABl. L 395, S. 1]).

85      Die Klägerinnen haben keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt vorgebracht, der geeignet wäre, die von der Kommission in Bezug auf die Bestimmung des relevanten Marktes eingenommene Position in Frage zu stellen. Insbesondere haben sie keine quantitative Angaben gemacht, um die Behauptung zu stützen, dass eine hinreichend große Kreuzelastizität zwischen der Nachfrage von Industrierohren einerseits und Kupfer-Installationsrohren andererseits bestehe, so dass diese Produkte als zu ein und demselben Produktmarkt gehörend angesehen werden könnten. Ebenso wenig haben sie quantitative Angaben zur Elastizität auf der Angebotsseite gemacht.

86      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Klägerinnen nicht dargetan haben, dass die Kommission zu Unrecht der Ansicht war, dass Industrierohre und Kupfer-Installationsrohre zu unterschiedlichen Märkten gehörten, um festzustellen, dass die in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zu unterschiedlichen Kartellen gehörten.

87      Trotzdem schließt die Tatsache, dass sich die beiden Kartelle auf zwei unterschiedliche Produktmärkte bezogen, nicht notwendigerweise aus, dass sie Teil desselben umfassenden Plans waren. Dies hätte der Fall sein können, wenn zwischen ihnen Beziehungen wechselseitiger Bedingtheit oder Koordinierung bestanden hätten.

88      Es ist jedoch festzustellen, dass, obwohl die Akte eine Reihe von Angaben in Bezug auf den Inhalt und die Umsetzung der kollusiven Vereinbarungen enthielt, die Klägerinnen keinen Umstand benennen konnten, mit dem hätte dargetan werden können, dass die kollusiven Vereinbarungen in Bezug auf die Kupfer-Installationsrohre mit den Vereinbarungen in Bezug auf die Industrierohre durch solche Beziehungen zu einer Einheit verbunden worden wären.

89      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass aus der Tatsache, dass sechs der für die Zuwiderhandlung in der Industrierohr-Entscheidung verantwortlich gemachten Unternehmen zu den 21 gehörten, die für die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wurden, und dass neun der 79 an den Treffen im Zusammenhang mit der zuletzt genannten Zuwiderhandlung beteiligten Personen zugleich in die kollusiven Kontakte in Bezug auf die Industrierohre verwickelt waren, nicht geschlossen werden kann, dass die beiden Kartelle zu demselben umfassenden Plan gehörten. Außerdem könnte, selbst wenn die Behauptungen der Klägerinnen zutreffen sollten, dass die beiden Kartelle sich über beinahe denselben Zeitraum erstreckt und die Geschäftsleitungen der beteiligten Unternehmen von der Existenz der beiden Vereinbarungen gewusst hätten, auch daraus nicht geschlossen werden, dass zwischen den beiden Vereinbarungen Beziehungen wechselseitiger Bedingtheit oder Koordinierung bestanden hätten.

90      Zur Behauptung der Klägerinnen, dass die im Rahmen der beiden Kartelle abgehaltenen Treffen zusammengefallen seien, ist festzustellen, dass sie hierzu mit Ausnahme der Erklärung von Herrn M., der allerdings bei den Treffen in Bezug auf die Industrierohre nie zugegen war, keinerlei Beweis vorgelegt haben. Dagegen hat die Kommission, indem sie sowohl auf die angefochtene Entscheidung als auch auf die Industrierohr-Entscheidung Bezug nahm, dargetan, dass es fast keine Überschneidungen der jeweiligen Treffen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht gab.

91      In Bezug auf die Ähnlichkeit der Funktionsweise der beiden Kartelle ist festzustellen, dass die von den Klägerinnen vorgebrachten Gesichtspunkte, nämlich die Aufteilung und die Stabilisierung der Marktanteile, die Festsetzung von Zielen für die Bestandteile des Preises, die die Parteien kontrollieren konnten, und der Austausch vertraulicher Informationen zur Überwachung der Absprachen für einen Großteil aller Kartelle kennzeichnend sind und nicht als den beiden in Rede stehenden Kartellen eigen angesehen werden können. Damit kann im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem mit diesen Gesichtspunkten im vorliegenden Fall die Sachverhaltsidentität nicht nachgewiesen werden.

92      Auch der Umstand, dass die beiden Kartelle aus Patentlizenzvereinbarungen hervorgegangen sein sollen, ist unerheblich, da es sich um unterschiedliche Lizenzen und Patente handelt und aus der Akte nicht hervorgeht, dass es zwischen den Lizenzen für die Industrierohre einerseits und denen für die Kupfer-Installationsrohre andererseits eine Wechselbeziehung gegeben hätte.

93      Was die Behauptung der Klägerinnen betrifft, die beiden Verfahren beruhten weitgehend auf denselben Beweisdokumenten, ist festzustellen, dass sie hierfür keine konkreten Tatsachen vorbringen. Die Tatsache, dass die Kommission sämtliche von Mueller im Rahmen von deren Kooperationsangebot vorgelegten Unterlagen sowohl zur Akte betreffend das Industrierohr-Kartell als auch zur Akte betreffend das Kupfer-Installationsrohr-Kartell genommen hat, reicht nicht aus, um nachzuweisen, dass die Feststellung der beiden Zuwiderhandlungen auf denselben Beweisdokumenten beruht.

94      Die Tatsache schließlich, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf blanke und auf kunststoffummantelte Kupfer-Installationsrohre als eine einzige Zuwiderhandlung ansah, obwohl sie einräumte, dass diese Produkte nicht zu demselben Markt gehörten, weist keinen Zusammenhang auf mit der Frage, ob zwischen der durch die Industrierohr-Entscheidung sanktionierten Zuwiderhandlung einerseits und den durch die angefochtene Entscheidung sanktionierten Vereinbarungen andererseits Beziehungen wechselseitiger Bedingtheit oder Koordinierung bestanden.

95      Aus alledem ergibt sich, dass die von den Klägerinnen vorgebrachten Argumente zum Teil unbegründet sind und zum Teil nicht ausreichen, um den Schluss zu rechtfertigen, dass die beiden Kartelle Teil desselben umfassenden Plans zur Verfälschung des Wettbewerbs waren. Daher ist der Klagegrund des Verstoßes gegen den Grundsatz ne bis in idem zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund der rechtswidrigen Verfahrenstrennung

 Vorbringen der Parteien

96      Die Klägerinnen machen geltend, dass bereits die Trennung des Verfahrens rechtswidrig gewesen sei und ihre Verteidigungsrechte verletzt habe. Das Verfahren und die Kompetenzen der Kommission seien für das Kartellbußgeldverfahren in der Verordnung Nr. 1/2003 abschließend geregelt. Die Aufspaltung eines Verfahrens sehe die Verordnung nicht vor. Die Verteidigungsrechte der Klägerinnen seien insofern verletzt worden, als sie erst am 19. Dezember 2002 von der Verfahrenstrennung informiert worden seien, also fast ein Jahr nach der Entscheidung über die Verfahrenstrennung und fast 21 Monate nach der Einleitung des Ermittlungsverfahrens am 23. März 2001.

97      Außerdem machen sie geltend, sie seien gegenüber Outokumpu diskriminiert worden, was die Möglichkeit betreffe, im Rahmen der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 eine Herabsetzung ihrer Geldbuße zu erreichen. Outokumpu sei von der Entscheidung über die Verfahrenstrennung am 15. Januar 2002 informiert worden, während sie diese Information erst am 19. Dezember 2002 erhalten hätten.

98      Schließlich habe die Kommission ihre Entscheidung über die Verfahrenstrennung nicht hinreichend begründet.

99      Die Kommission beantragt die Zurückweisung dieses Klagegrundes.

 Würdigung durch das Gericht

100    Einleitend ist festzustellen, dass die Rüge der unzureichenden Begründung der Entscheidung über die Verfahrenstrennung offensichtlich unbegründet ist. Aus den Randnrn. 80 und 717 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Kommission die Verfahren getrennt hat, weil sie der Auffassung war, sie hätten unterschiedliche Zuwiderhandlungen zum Gegenstand, die durch einen unterschiedlichen organisatorischen Rahmen, zum Teil unterschiedliche Teilnehmer und verschiedene Produkte gekennzeichnet seien.

101    Die Entscheidung über eine Verfahrenstrennung, die der Eröffnung eines oder mehrerer neuer Untersuchungsverfahren gleichkommt, fällt entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen in das Ermessen, über das die Kommission bei der Ausübung der ihr im Vertrag für den Bereich des Wettbewerbsrechts eingeräumten Befugnisse verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1989, Dow Benelux/Kommission, 85/87, Slg. 1989, 3137, Randnrn. 17 bis 19, und vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2001, I‑8375, Randnrn. 446 bis 449).

102    Außerdem konnten die Klägerinnen nicht dartun, dass durch die Verfahrenstrennung Verteidigungsrechte verletzt wurden. Sie gehen nämlich von der Voraussetzung aus, dass die Kommission ihnen für die beiden Absprachen nicht zwei verschiedene Geldbußen auferlegen konnte. Wie jedoch vorstehend in den Randnrn. 81 bis 95 ausgeführt worden ist, verstößt die angefochtene Entscheidung nicht gegen den Grundsatz ne bis in idem, da die Kommission eine Zuwiderhandlung geahndet hat, die von der in der Industrierohr-Entscheidung geahndeten Zuwiderhandlung verschieden ist. Somit war die Kommission nicht daran gehindert, gegen die Klägerinnen für die beiden Kartelle getrennte Geldbußen zu verhängen (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, Randnr. 118).

103    Die Rüge in Bezug auf den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist jedenfalls nicht begründet. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission über die Verfahrenstrennung entschieden hat, nachdem ihr die Outokumpu-Gruppe ihr Angebot zur Zusammenarbeit gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 sowohl in Bezug auf das Industrierohr-Kartell als auch auf das Kupfer-Installationsrohr-Kartell unterbreitet hatte. Am 30. Mai 2001 übermittelte die Outokumpu-Gruppe der Kommission ein Schreiben mit einer Beschreibung der Kupferrohrbranche und der sich auf diese beziehenden Kartellvereinbarungen. Die Kommission informierte Outokumpu am 15. Januar 2002 über ihre Entscheidung, die Verfahren zu trennen. Die Klägerinnen begannen im September 2002, im Rahmen der Sache COMP/E‑1/38.240 (Industrierohre), mit der Kommission zusammen zu arbeiten.

104    Hieraus folgt, dass die vorherige Mitteilung der Entscheidung über die Verfahrenstrennung Outokumpu nicht dazu veranlasst hat, den Klägerinnen bei der Zusammenarbeit mit der Kommission zuvorzukommen.

105    Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

2.     Zum Antrag auf Herabsetzung des Betrags der Geldbuße

106    Die Klägerinnen stützen diesen Antrag auf mehrere Klagegründe, mit denen sie einen Verstoß gegen den „Billigkeitsgrundsatz“, die Festsetzung eines überhöhten Ausgangsbetrags der Geldbuße, eine unangemessene Differenzierung, eine rechtsfehlerhafte Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer des Kartells, eine rechtsfehlerhafte Anwendung der Regeln über die Verjährungsfristen, die Nichtberücksichtigung bestimmter mildernder Umstände und einen Rechenfehler in Bezug auf die Aufteilung des Betrags der Geldbuße zwischen ihnen geltend machen.

107    Vor der Prüfung der von den Klägerinnen geltend gemachten Klagegründe ist darauf hinzuweisen, dass aus den Randnrn. 601 und 842 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die von der Kommission wegen der Zuwiderhandlung auferlegten Geldbußen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängt wurden. Außerdem bestimmte die Kommission den Betrag der Geldbußen in Anwendung der in den Leitlinien und in der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 vorgesehenen Methode (siehe oben, Randnr. 26).

108    Die Leitlinien können zwar nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden, stellen aber eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Praxis enthält und von der die Kommission im Einzelfall nur unter Angabe von mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbarenden Gründen abweichen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Es ist somit Sache des Gerichts, im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der mit der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbußen zu prüfen, ob die Kommission ihr Ermessen gemäß der in den Leitlinien dargelegten Methode ausgeübt hat und, soweit es feststellt, dass sie davon abgewichen ist, ob diese Abweichung gerechtfertigt und rechtlich hinreichend begründet ist. Hierzu ist festzustellen, dass der Gerichtshof die Gültigkeit zum einen des Prinzips der Leitlinien selbst und zum anderen der darin angegebenen Methode bestätigt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 252 bis 255, 266 bis 267, 312 und 313).

110    Die aus dem Erlass der Leitlinien resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist nämlich nicht unvereinbar mit dem Fortbestand eines erheblichen Ermessens der Kommission. Die Leitlinien enthalten verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Vorschriften der Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof auszuüben (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, Randnr. 267).

111    Daher ist in den Bereichen, in denen die Kommission über einen Ermessensspielraum verfügt, z. B. in Bezug auf den Erhöhungssatz nach Maßgabe der Dauer oder den Satz der Erhöhung zum Zweck der Abschreckung, die Rechtmäßigkeitskontrolle dieser Beurteilungen auf die Prüfung beschränkt, dass kein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T‑241/01, Slg. 2005, II‑2917, Randnrn. 64 und 79).

112    Im Übrigen greifen das Ermessen der Kommission und die diesem von ihr selbst gezogenen Grenzen grundsätzlich nicht der Ausübung der dem Richter zustehenden Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung vor (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 538), die ihn ermächtigt, die von der Kommission verhängte Geldbuße aufzuheben, zu ermäßigen oder zu erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnrn. 60 bis 62, und Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T‑368/00, Slg. 2003, II‑4491, Randnr. 181).

 Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen den „Billigkeitsgrundsatz“

113    Zur Stützung dieses Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, dass, falls das Gericht den Grundsatz ne bis in idem im vorliegenden Fall nicht für anwendbar halten sollte, die in der Sache COMP/E‑1/38.240 (Industrierohre) verhängten Geldbußen doch im Hinblick auf das Gesamtstrafenprinzip in der Sache COMP/E‑1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre) berücksichtigt werden müssten. Zudem sei das Abschreckungserfordernis nach der Industrierohrentscheidung weggefallen.

114    Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass, wenn einmal festgestellt worden ist, dass unterschiedliche Zuwiderhandlungen vorliegen, die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen, jeweils innerhalb der durch die anwendbare Verordnung festgelegten Grenzen, unterschiedliche Geldbußen für jede der Zuwiderhandlungen verhängen darf (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, Randnrn. 117 und 118).

115    Finanzielle Sanktionen dienen im Wettbewerbsrecht nämlich in erster Linie einem abschreckenden Zweck und sollen die potenziellen Gewinne, die die Kartellteilnehmer durch dieses Kartell erzielen können, zumindest neutralisieren. Es liefe diesem Zweck zuwider und untergrübe die Wirksamkeit des Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft, wenn man die Kommission verpflichtete, Unternehmen, die sich gleichzeitig an mehreren Absprachen beteiligt haben, weniger hart zu bestrafen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C‑280/06, Slg. 2007, I‑10893, Randnr. 41).

116    Folglich ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen, da bereits vorstehend in den Randnrn. 81 bis 95 festgestellt worden ist, dass die Absprache in Bezug auf die Industrierohre und das in Rede stehende Kartell keine einheitliche Zuwiderhandlung darstellten.

 Zum Klagegrund des überhöhten Ausgangsbetrags der Geldbuße

 Vorbringen der Parteien

117    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe die Schwere der Zuwiderhandlung in unzutreffender Weise festgestellt. Die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der in Ziffer 1 A der Leitlinien genannten Kriterien, nämlich der Art der Zuwiderhandlung, ihrer konkreten Auswirkungen auf den Markt und ihrer räumlichen Ausdehnung, sei fehlerhaft gewesen. Insbesondere werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe die Tatsache, dass das Kartell nur geringe Auswirkungen auf die Preise gehabt habe, unberücksichtigt gelassen, die Bedeutung des Informationsaustauschsystems überbewertet, die Größe des Marktes übertrieben und das Verhältnis zwischen ihren Umsätzen auf dem Markt für Kupfer-Installationsrohre und ihrem Gesamtumsatz nicht berücksichtigt. Ferner habe das Kartell seinen Ursprung in rechtmäßigen Lizenzvereinbarungen zwischen den Unternehmen gehabt und sich nur langsam entwickelt und institutionalisiert.

118    Zudem erheben die Klägerinnen mehrere Verfahrensrügen gegen die Kommission.

119    Erstens seien ihre Verteidigungsrechte verletzt worden, da die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass sie die Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ qualifiziert habe. Wäre ihnen eindeutig mitgeteilt worden, dass die Kommission von einem „besonders schweren“ Verstoß ausgehe, hätten die Klägerinnen umfangreichere und aufwendigere Verteidigungsmöglichkeiten gewählt. Insbesondere hätte sie durch die Beauftragung eines Gutachters gegenüber der Kommission detaillierter und fundierter nachgewiesen, dass das Kartell – wenn überhaupt – nur geringe Auswirkungen auf den Markt gehabt habe.

120    Zweitens habe die Kommission nicht begründet, wie sie den Ausgangsbetrag von 70 Millionen Euro bestimmt habe. Es sei wertungswidersprüchlich, dass die Kommission den Endbetrag der Geldbuße bis auf 100 Euro präzise ausrechne, die Ausgangsbeträge hingegen ohne jede Begründung in Millionenhöhe festsetze.

121    Drittens werde in der in Randnr. 630 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Begründung auf nicht spezifizierte Beweismittel Bezug genommen, deren Urheber nicht genannt würden, was nicht der der Kommission gemäß Art. 253 EG obliegenden Verpflichtung genüge.

122    Die Kommission beantragt, den vorliegenden Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zum Begründungsmangel

123    Zu der Rüge, die Kommission habe nicht erläutert, wie sie die in Randnr. 693 der angefochtenen Entscheidung genannten Ausgangsbeträge bestimmt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission ihre Begründungspflicht erfüllt, wenn sie in ihrer Entscheidung die Gesichtspunkte angibt, die ihr die Ermittlung der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung ermöglichten (Urteile des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission, C‑291/98 P, Slg. 2000, I‑9991, Randnr. 73, und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Randnr. 463). Die Angabe der Zahlen, von denen sich die Kommission speziell hinsichtlich der angestrebten Abschreckungswirkung leiten ließ, als sie bei der Festsetzung der Geldbußen ihr Ermessen ausübte, ist eine Möglichkeit, deren Gebrauch durch die Kommission wünschenswert ist, die aber über die Erfordernisse der Begründungspflicht hinausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 214).

124    Im vorliegenden Fall geht aus den Randnrn. 605 bis 692 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die bei der Bestimmung der Ausgangsbeträge berücksichtigten Gesichtspunkte dargelegt hat, so dass die Klägerinnen von der Begründung dieses Betrags Kenntnis nehmen und ihre Rechte geltend machen konnten und der Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzt wurde, seine Kontrolle auszuüben. Die Kommission hat somit den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen genügt. Folglich ist die Rüge, die Kommission habe die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht erläutert, unbegründet.

125    Die Klägerinnen machen ferner geltend, in der in Randnr. 630 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Begründung werde auf nicht spezifizierte Beweismittel Bezug genommen, deren Urheber nicht genannt würden, was nicht der der Kommission gemäß Art. 253 EG obliegenden Verpflichtung genüge.

126    Es ist festzustellen, dass Randnr. 630 der angefochtenen Entscheidung eine von vielen Randnummern ist, in denen die Kommission ihre Schlussfolgerung in Bezug auf die Auswirkungen des Kartells auf die Preise begründet (vgl. auch Randnrn. 627 bis 666). Diese Randnummern zeigen, dass die These der Klägerinnen, die Kommission habe auf nicht spezifizierte Beweismittel Bezug genommen, deren Urheber unbekannt seien, offensichtlich unbegründet ist.

127    Somit sind sämtliche Rügen in Bezug auf einen Begründungsmangel zurückzuweisen.

–       Zum Verstoß gegen Verteidigungsrechte

128    Die Klägerinnen machen geltend, ihre Verteidigungsrechte seien verletzt worden, da die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass sie die Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ qualifiziert habe. Wäre ihnen eindeutig mitgeteilt worden, dass die Kommission von einem „besonders schweren“ Verstoß ausgehe, hätten sie umfangreichere und aufwendigere Verteidigungsmöglichkeiten gewählt.

129    Nach ständiger Rechtsprechung erfüllt die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte anführt, wie etwa Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie die Frage, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden ist. Damit macht sie gegenüber den Unternehmen die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen (Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 21, und LR AF 1998/Kommission, Randnr. 199).

130    Dagegen braucht die Kommission, wenn sie die tatsächlichen und rechtlichen Umstände angegeben hat, auf die sich ihre Berechnung der Geldbußen stützt, nicht zu erläutern, in welcher Weise sie jeden dieser Gesichtspunkte bei der Bemessung der Geldbuße heranziehen wird (Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnr. 369).

131    Folglich sind bei der Bemessung der Geldbußen die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen gegenüber der Kommission dadurch gewahrt, dass diese sich zu Dauer, Schwere und Wettbewerbswidrigkeit des ihnen zur Last gelegten Sachverhalts äußern können (Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, Slg. 1994, II‑755, Randnr. 235).

132    Im vorliegenden Fall hat die Kommission aber in den Randnrn. 648 und 657 der Mitteilung der Beschwerdepunkte ihre Absicht, den Unternehmen, die Adressaten dieses Rechtsakts waren, Geldbußen aufzuerlegen, eindeutig zum Ausdruck gebracht.

133    Die Kommission hat, in Randnr. 653 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, auch ihre Auffassung dargelegt, dass ein vorsätzlicher Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des EWR-Abkommens vorliege.

134    Was die Schwere der vorgeworfenen Handlungen betrifft, hat die Kommission, nachdem sie in Randnr. 651 der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen hatte, dass sie die Art der Zuwiderhandlung, ihre konkreten Auswirkungen auf den Markt und den Umfang des betreffenden räumlichen Marktes berücksichtige, die relevante Kriterien bei der Feststellung der Schwere der Zuwiderhandlung gemäß Nr. 1 A Abs. 1 der Leitlinien darstellen, in Randnr. 653 der Mitteilung der Beschwerdepunkte näher ausgeführt, dass die Aufteilung der Märkte und die Festsetzung von Preisen ihrem Wesen nach die schwerste Verletzung von Art. 81 Abs. 1 EG und 53 Abs. 1 EWR-Abkommen darstellten, dass den beteiligten Unternehmen die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens voll bewusst gewesen sei, dass sie sich verabredet hätten, ein geheimes und institutionalisiertes System aufzubauen, dessen Ziel die Einschränkung des Wettbewerbs in der Installationsrohrbranche gewesen sei, dass die wettbewerbswidrigen Absprachen die gesamte Installationsrohrindustrie betroffen habe, dass sie in den beteiligten Unternehmen auf höchster Ebene geleitet und vorangetrieben worden seien, dass sie so umgesetzt worden seien, dass sie ausschließlich diesen Unternehmen zugute gekommen seien, zum Nachteil ihrer Kunden und schließlich der Allgemeinheit, dass sie sich über die gesamte Gemeinschaft erstreckt hätten und dass schließlich die beteiligten Unternehmen während der Dauer der Zuwiderhandlung rund 80 % des EWR-Marktes kontrolliert hätten.

135    In Randnr. 649 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat die Kommission auch ihre Absicht zum Ausdruck gebracht, die Geldbußen in einer Höhe festzusetzen, die ausreicht, um deren abschreckenden Charakter sicherzustellen.

136    Aus alledem ergibt sich, dass die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angegeben hat, auf die sie sich bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen gestützt hat, so dass deren Anhörungsrecht insoweit gebührend beachtet wurde. Die Tatsache, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass sie die in Rede stehende Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ qualifizieren werde, vermag diese Schlussfolgerung nicht in Frage zu stellen, da sich diese Erwägung ohne Weiteres ergibt, wenn die Mitteilung der Beschwerdepunkte in Verbindung mit den Leitlinien gelesen wird, wozu die Klägerinnen angesichts der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel hätten in der Lage gewesen sein müssen.

137    Damit ist die Rüge der Klägerinnen zurückzuweisen.

–       Zur Art des Kartells

138    Im Wesentlichen stellen die Klägerinnen in Abrede, dass das Kartell seiner Art nach eine besonders schwere Zuwiderhandlung gewesen sei. Hierzu genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung horizontale Preisabsprachen und Absprachen über die Aufteilung von Märkten zu den schwersten Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft gehören und daher als solche als besonders schwere Verstöße eingestuft werden können (Urteile des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnrn. 173 und 174, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 147). Im vorliegenden Fall hat die Kommission dargetan, ohne dass dies von den Klägerinnen bestritten worden wäre, dass sich das Kartell auf die Festlegung von Preisen und die Aufteilung der Märkte bezog (vgl. Art. 1 der angefochtenen Entscheidung).

139    Zu der Frage, ob die Kommission bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße das Abdriften der streitigen Vereinbarungen in die Illegalität zu berücksichtigen hatte, ist festzustellen, dass das Abdriften in die Illegalität möglicherweise einen Einfluss auf die Beurteilung der Schwere einer fahrlässig begangenen Zuwiderhandlung haben könnte.

140    Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung um ein geheimes Kartell, das insbesondere die Aufteilung von Märkten und die Festsetzung von Preisen zum Gegenstand hatte. Diese Art von Kartell ist ausdrücklich gemäß Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und c EG verboten und stellt eine besonders schwere Zuwiderhandlung dar. Den Parteien musste die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens daher bewusst gewesen sein. Der geheime Charakter des Kartells zeigt, dass dies der Fall war. Folglich hat die Kommission zu Recht in Randnr. 603 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen worden war.

141    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission mit der Feststellung, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung ihrer Art nach besonders schwer gewesen sei, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat. Die Rüge der Klägerinnen ist somit zurückzuweisen.

–       Zu den Auswirkungen des Kartells auf die Preise

142    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe die Tatsache nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Kartell nur geringe Auswirkungen auf die Preise gehabt habe. In diesem Zusammenhang werfen sie der Kommission vor, sie habe die Wirkungen des Kartells auf den Markt nicht quantifiziert und sich auf nicht tragfähige Beweise gestützt, wie beispielsweise subjektive Schätzungen der in das Kartell involvierten Mitarbeiter. Da die Kommission die Auswirkungen des Kartells auf den Markt nicht bestimmt habe, sei davon auszugehen, dass es keine Auswirkungen gehabt habe.

143    Vorab ist festzustellen, dass, selbst wenn die Kommission nicht bewiesen haben sollte, dass das Kartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte, dies keinen Einfluss auf die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ und damit auf den Betrag der Geldbußen hätte.

144    Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Sanktionssystem für Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln, wie es von den Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 eingerichtet wurde und von der Rechtsprechung ausgelegt wird, ergibt sich nämlich, dass Absprachen wie Kartelle aufgrund ihres Wesens die schwersten Geldbußen verdienen. Die Frage nach ihren möglichen konkreten Auswirkungen auf den Markt, insbesondere die Frage, inwieweit die Wettbewerbsbeschränkung zu einem höheren Marktpreis geführt hat als dem, der ohne Kartell zu erzielen gewesen wäre, ist für die Bestimmung der Höhe der Geldbußen kein entscheidendes Kriterium (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnrn. 120 und 129, und vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925, Randnrn. 68 bis 77; vgl. ebenso Schlussanträge von Generalanwalt Mischo in der Rechtssache Mo och Domsjö/Kommission, C-283/98 P, Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Slg. 2000, I‑9855, I‑9858, Nrn. 95 bis 101).

145    Zudem ergibt sich aus den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die – wie im vorliegenden Fall – insbesondere auf die Festsetzung der Preise und die Aufteilung der Kunden abzielen, bereits aufgrund ihres Wesens als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass es erforderlich wäre, dass solche Verhaltensweisen durch eine Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sind. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der „schweren“ Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, die Beschreibung der „besonders schweren“ Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf ein besonderes geografisches Gebiet enthält (Urteil vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, Randnr. 150).

146    Jedenfalls stellt das Gericht fest, dass die Rügen der Klägerinnen im vorliegenden Fall nicht begründet sind.

147    Zu dem Vorbringen, die Kommission habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Kartell nur geringe Auswirkungen auf die Preise gehabt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die konkreten Auswirkungen eines Kartells auf den Markt nicht quantifizieren muss, sondern dass diese als hinreichend dargetan anzusehen sind, wenn die Kommission in der Lage ist, konkrete und glaubhafte Indizien dafür vorzulegen, dass das Kartell mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf den Markt hatte (Urteile des Gerichts Scandinavian Airlines System/Kommission, Randnr. 122, vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Randnrn. 159 bis 161, Jungbunzlauer/Kommission, Randnrn. 153 bis 155, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnrn. 176 bis 178, und Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnrn. 73 bis 75).

148    Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Kommission bei ihrer Feststellung, dass das Kartell unter dem Strich Marktwirkungen gezeitigt habe, auch wenn diese nicht genau quantifiziert werden könnten, die Tatsache berücksichtigt hat, dass die Preisziele nicht ganz erreicht wurden (vgl. Randnrn. 670 bis 673 der angefochtenen Entscheidung). Bei den Tatsachen, auf die sich die Kommission insofern hauptsächlich stützte, handelt es sich um ein System zum Austausch von Informationen über Absatzzahlen und Preisniveaus, die Existenz von im Zusammenhang mit den Kartelltreffen verfassten Dokumenten, die belegen, dass die Preise während bestimmter Zeiträume des Kartells gestiegen waren, und zeigen, dass das Kartell es den betreffenden Unternehmen erlaubte, ihre Preisziele zu erreichen, den bedeutenden Marktanteil, den die Teilnehmer an der Zuwiderhandlung insgesamt hielten, und die Tatsache, dass die jeweiligen Marktanteile dieser Teilnehmer während der gesamten Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung relativ stabil geblieben waren (siehe oben, Randnrn. 29 bis 32).

149    Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Kommission berechtigt ist, auf der Grundlage der in der vorstehenden Randnr. 148 genannten Indizien zu schließen, dass die Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteile Jungbunzlauer/Kommission, Randnr. 159, Roquette Frères/Kommission, Randnr. 78, vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Randnr. 165, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Randnr. 181, und Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, Randnrn. 285 bis 287).

150    Nach alledem sind daher die Rügen der Klägerinnen in Bezug auf die Auswirkungen des Kartells auf die Preise zurückzuweisen.

–       Zum Informationsaustauschsystem

151    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe im Rahmen ihrer Prüfung der konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt die Bedeutung des Informationsaustauschsystems überbewertet, da die in Rede stehenden Informationen öffentlich zugänglich gewesen seien und dieser Austausch als solcher den Wettbewerb nicht habe beschränken können.

152    Dieser Vorwurf entbehrt offensichtlich der Grundlage. Zunächst umfasste das Informationsaustauschsystem auch Daten, die nicht öffentlich zugänglich waren, wie beispielsweise die Preisnachlässe, die Produktionskosten und die Produktionskapazität jedes der Hersteller (vgl. insbesondere Randnrn. 210, 248, 348, 366, 403, 412, 449 und 450 der angefochtenen Entscheidung).

153    Sodann geht aus der Akte hervor, dass die Zahlen über die Absatzmengen, von denen die Klägerinnen behaupten, dass sie öffentlich und legal zugänglich seien, nicht so detailliert waren wie die Zahlen, die die Kartellmitglieder ausgetauscht haben. Beispielsweise waren die vom International Wrought Copper Council gelieferten Daten auf Jahres- oder Quartalsbasis aufgeschlüsselt, ohne den Absatz jedes einzelnen Herstellers anzugeben. Die von European Copper Water Tube Statistics und Intrastat veröffentlichten Informationen waren zwar auf monatlicher Basis erstellt worden, gaben aber auch nicht den Absatz jedes einzelnen Herstellers an.

154    Dagegen ergibt sich aus den in den Randnrn. 118, 127, 140 bis 143 und 155 bis 161 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Feststellungen, die von den Klägerinnen im Übrigen nicht bestritten werden, dass die zwischen den Kartellmitgliedern ausgetauschten Daten über die Absatzmengen, zumindest was die „SANCO-Hersteller“ und die „WICU- und Cuprotherm-Hersteller“ betrifft, häufig auf monatlicher Basis aufgeschlüsselt waren und der jeweilige Absatz jedes Teilnehmers angegeben war.

155    Hieraus folgt, dass die Klägerinnen zu Unrecht behaupten, das der Informationsaustausch zwischen den Kartellteilnehmern als solcher nicht zu einer Wettbewerbsbeschränkung habe führen können.

156    Soweit die Klägerinnen der Kommission vorwerfen, die konkreten Auswirkungen des Informationsaustauschsystems überbewertet zu haben, ist festzustellen, dass diese Schlussfolgerung sich nicht aus dem relevanten Abschnitt der angefochtenen Entscheidung ergibt (Randnrn. 627 bis 673 der angefochtenen Entscheidung). Da die Kommission nämlich das Informationsaustauschsystem nicht als einen selbständigen Verstoß gegen Art. 81 EG betrachtet hat, sondern als ein konstitutives Element des Kartells (Randnrn. 449 bis 457 der angefochtenen Entscheidung), hat sie die tatsächlichen Auswirkungen des Kartells insgesamt beurteilt (Randnrn. 627 bis 673 der angefochtenen Entscheidung).

157    Sollten die Klägerinnen dagegen geltend machen wollen, die Kommission habe das Informationsaustauschsystem zu Unrecht als rechtswidrig eingestuft, ist festzustellen, dass die Umsetzung dieses Systems offenkundig das Ziel hatte, den Wettbewerb zu beschränken, was für sich genommen einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG darstellt.

158    Die Rügen der Klägerinnen sind daher zurückzuweisen.

–       Zur Größe des Marktes

159    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, im Rahmen ihrer Prüfung der konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt in Bezug auf die Größe des vom Kartell betroffenen Marktes von einer zu großen Zahl ausgegangen zu sein. Die maßgebende Zahl hätte einzig die von den betroffenen Unternehmen erzielten Bearbeitungserlöse in den fünf schwerpunktmäßig von dem Kartell berührten Ländern, nämlich Frankreich, Spanien, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Deutschland enthalten dürfen.

160    Nach der Rechtsprechung kann die Kommission bei der Bestimmung der Höhe der Geldbuße im Rahmen der Leitlinien den Umsatz ihrer Wahl berücksichtigen, sofern dieser nach den Umständen des Falles nicht unangemessen erscheint (vgl. Urteil Scandinavian Airlines System/Kommission, Randnrn. 160 bis 166 und die dort angeführte Rechtsprechung).

161    Was die Frage betrifft, ob die Kommission nur den Umsatz in Bezug auf die Bearbeitungserlöse hätte berücksichtigen dürfen, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung keinen stichhaltigen Grund dafür gibt, dass bei der Berechnung des Umsatzes eines Marktes bestimmte Produktionskosten außer Betracht gelassen werden müssten. Es gibt nämlich in allen Industriezweigen Kosten des Endprodukts, die der Hersteller nicht beherrschen kann, die aber gleichwohl einen wesentlichen Bestandteil seiner Tätigkeit insgesamt bilden und daher im Rahmen der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht von seinem Umsatz ausgenommen werden dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 5030 und 5031). Der Umstand, dass der Kupferpreis einen bedeutenden Teil des Endpreises der Installationsrohre darstellt oder dass die Preisschwankungen bei Kupfer sehr viel höher sind als bei anderen Rohstoffen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

162    Den räumlichen Umfang des relevanten Marktes hat die Kommission gemäß Nr. 1 A der Leitlinien bei der Beurteilung der Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung berücksichtigt (Randnr. 605 der angefochtenen Entscheidung). In diesem Zusammenhang hat sie festgestellt, dass das Gebiet des EWR den relevanten räumlichen Markt für den Sektor der Kupfer-Installationsrohre bilde (Randnr. 17 der angefochtenen Entscheidung). Diese Feststellung wird von den Klägerinnen nicht bestritten. Daher können die Klägerinnen nicht geltend machen, dass die Kommission einzig die in den fünf schwerpunktmäßig von dem Kartell berührten Ländern erzielten Umsätze hätte berücksichtigen dürfen.

163    Folglich hat die Kommission die Schwere des Kartells und damit den Ausgangsbetrag im Rahmen ihres Ermessensspielraums zu Recht unter Berücksichtigung der Größe des gesamten relevanten Marktes, d. h. der Umsätze der Installationsrohrbranche im EWR, festgelegt.

164    Die Rügen der Klägerinnen sind daher zurückzuweisen.

–       Zum Verhältnis zwischen dem auf dem Markt für Kupfer-Installationsrohre erzielten Umsatz und dem Gesamtumsatz

165    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, sie habe bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht das Verhältnis berücksichtigt, in dem der auf dem Markt für Kupfer-Installationsrohre erzielte Umsatz der Klägerinnen zu ihrem Gesamtumsatz stehe. Diese Prüfung sei aber bei der Festsetzung der Geldbuße zwingend erforderlich (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnrn. 120 ff. und Urteil des Gerichts vom 14. Juli 1994, Parker Pen/Kommission, T‑77/92, Slg. 1994, II‑549, Randnrn. 87 ff.). Das Installationsrohrgeschäft habe nur eine untergeordnete Bedeutung innerhalb der Aktivitäten der Klägerinnen; der Anteil des darauf entfallenden Bearbeitungsumsatzes am Gesamtbearbeitungsumsatz der Klägerinnen im EWR betrage etwa 5,7 % und am Gesamtumsatz nur etwa 3 %.

166    Durch die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Festsetzung des Betrags der Geldbuße wird sichergestellt, dass die Kommission keine Geldbußen verhängt, die im Verhältnis zur Schwere der festgestellten Zuwiderhandlung oder im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der betreffenden Unternehmen unverhältnismäßig sind. Daher hat das Verhältnis zwischen dem auf dem relevanten Markt erzielten Umsatz eines Unternehmens und seinem Gesamtumsatz für sich genommen keinerlei Bedeutung für die Beurteilung, ob der Betrag der verhängten Geldbuße im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bestimmt worden ist. Die Rechtsprechung, auf die sich die Klägerinnen berufen, stellt diese Schlussfolgerung nicht in Frage.

167    Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Schwere der von den Klägerinnen begangenen Zuwiderhandlung und damit den Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße nach Maßgabe der Art des Kartells, seiner Auswirkungen auf den relevanten Markt, der Größe des relevanten Marktes und des von den Klägerinnen gehaltenen Anteils an diesem Markt beurteilt. Es ist festzustellen, dass die von der Kommission zur Beurteilung der Schwere der von den Klägerinnen begangenen Zuwiderhandlung berücksichtigten Gesichtspunkte relevant und ausreichend sind. Es kann ihr daher nicht vorgeworfen werden, sie habe das Verhältnis zwischen dem von den Klägerinnen auf dem relevanten Markt erzielten Umsatz und ihrem Gesamtumsatz nicht berücksichtigt.

168    Aus alledem ist der Schluss zu ziehen, dass auch diese letzte Rüge unbegründet ist.

169    Damit ist der Klagegrund des überhöhten Ausgangsbetrags der Geldbuße insgesamt zurückzuweisen.

170    Das Gericht ist schließlich im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung und im Licht der vorstehenden Erwägungen der Auffassung, dass die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des für die Klägerinnen festgesetzten Ausgangsbetrags der Geldbuße, d. h. 23,8 Millionen Euro, nicht in Frage zu stellen ist.

 Zum Klagegrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

 Vorbringen der Parteien

171    Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße den erheblichen Größenunterschied der verschiedenen Zuwiderhandelnden hätte widerspiegeln müssen. Außer für die Outokumpu-Gruppe habe die Kommission die Gesamtumsätze der Unternehmen überhaupt nicht berücksichtigt, was den Leitlinien und der Rechtsprechung zuwiderlaufe.

172    In diesem Zusammenhang weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Kommission den Ausgangsbetrag der gegen die Outokumpu-Gruppe verhängten Geldbuße mit einem Pauschalbetrag angepasst habe, bei dem bei ihnen angewandten Ausgangsbetrag und den Ausgangsbeträgen für die IMI‑Gruppe und die KME-Gruppe jedoch keine Anpassung vorgenommen habe. Die Umsätze der IMI‑Gruppe und der KME-Gruppe seien annähernd doppelt so hoch wie ihr eigener. Die Kommission habe also, indem sie keine Differenzierung zwischen dem bei ihnen angewandten Ausgangsbetrag und den Ausgangsbeträgen für die IMI‑Gruppe und die KME-Gruppe vorgenommen habe, gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie gegen den Grundsatz der individuellen Strafzumessung verstoßen.

173    Zudem habe die Kommission gegen Art. 253 EG verstoßen, indem sie weder für den bei der Outokumpu-Gruppe angewandten Erhöhungssatz noch für das Fehlen einer Anpassung bei den übrigen Unternehmen irgendeinen Grund angegeben habe.

174    Die Kommission beantragt die Zurückweisung dieses Klagegrundes.

 Würdigung durch das Gericht

175    Was erstens die Rüge der fehlenden Begründung angeht, ist hervorzuheben, dass die angefochtene Entscheidung, obgleich in Form einer einzigen Entscheidung abgefasst, ein Bündel von Einzelentscheidungen darstellt, mit denen gegenüber jedem der Unternehmen, die Adressaten der Entscheidung sind, festgestellt wird, welche Zuwiderhandlung oder Zuwiderhandlungen es begangen hat, und gegebenenfalls eine Geldbuße festgesetzt wird (Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T‑304/02, Slg. 2006, II‑1887, Randnrn. 59 und 60).

176    Hieraus folgt, dass die Klägerinnen im vorliegenden Fall nicht geltend machen können, dass die angefochtene Entscheidung nicht ausreichend begründet sei, was die Bestimmung der Ausgangsbeträge der gegen die Outokumpu-Gruppe, die KME-Gruppe und die IMI‑Gruppe verhängten Geldbußen betrifft.

177    Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Begründungspflicht genügt ist, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien angibt, die es ihr ermöglichten, Schwere und Dauer der begangenen Zuwiderhandlung zu ermessen (siehe oben, Randnr. 123). Dagegen ist die Kommission nicht verpflichtet, darin Zahlenangaben oder eingehendere Ausführungen zur Berechnungsweise der Geldbuße zu machen (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, Slg. 2000, I‑9693, Randnrn. 50 und 51).

178    Im vorliegenden Fall hat die Kommission indes in den Randnrn. 681 bis 683, 688 bis 697 und 701 bis 703 der angefochtenen Entscheidung die Gesichtspunkte genannt, die sie bei der Festsetzung der Ausgangsbeträge der gegen die Outokumpu-Gruppe, die KME-Gruppe und die IMI‑Gruppe verhängten Geldbußen berücksichtigt hat.

179    Schließlich ist, soweit das Vorbringen der Klägerinnen dahin verstanden werden kann, dass sie der Kommission vorwerfen, nicht die Gründe dafür angegeben zu haben, aus denen der Ausgangsbetrag, der ihnen gegenüber angewandt wurde, nicht unter dem Gesichtspunkt der Abschreckung ermäßigt wurde, festzustellen, dass Art. 253 EG gemäß der vorstehend in den Randnrn. 123 und 177 erwähnten Rechtsprechung nicht dahin ausgelegt werden kann, dass er die Kommission verpflichtet, in ihren Entscheidungen die Gründe dafür zu erläutern, aus denen sie in Bezug auf die Berechnung des Betrags der Geldbuße nicht anstelle des in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich verfolgten Ansatzes einen anderen Ansatz gewählt hat (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Fiskeby Board/Kommission, T‑319/94, Slg. 1998, II‑1331, Randnr. 127).

180    Hieraus folgt, dass die Rüge einer fehlenden Begründung zurückzuweisen ist.

181    Was zweitens die Begründetheit des Klagegrundes betrifft, ist festzustellen, dass die Klägerinnen die von der Kommission vorgenommene Differenzierung zwischen den Ausgangsbeträgen der gegen die Zuwiderhandelnden verhängten Geldbußen gemäß der in den Leitlinien dargelegten Methode rügen. Sie machen geltend, dass der Unternehmensgröße bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße eine besondere Bedeutung zukomme und dass im vorliegenden Fall der Ausgangsbetrag der gegen jedes der betroffenen Unternehmen festgesetzten Geldbuße hätte individualisiert werden müssen, um proportional zum Größenunterschied zwischen den Unternehmen zu sein.

182    Hierzu ist festzustellen, dass die Tatsache, dass die in den Leitlinien dargelegte Berechnungsmethode nicht auf dem Gesamtumsatz der betreffenden Unternehmen basiert und es daher erlaubt, dass Ungleichheiten zwischen den Unternehmen auftreten, was den Zusammenhang zwischen ihren Umsätzen und dem Betrag der ihnen auferlegten Geldbußen betrifft, für die Beurteilung der Frage, ob die Kommission gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der individuellen Zumessung von Strafen verstoßen hat, ohne Belang ist. Die Kommission ist nämlich bei der Ermittlung der Höhe der Geldbußen anhand von Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung nicht verpflichtet, für den Fall, dass gegen mehrere an derselben Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede in Bezug auf ihren Gesamtumsatz oder ihren relevanten Umsatz zum Ausdruck kommen (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnrn. 141 bis 147, und Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T‑62/02, Slg. 2005, II‑5057, Randnr. 159).

183    Hieraus folgt, dass die Kommission in keinem Stadium der Anwendung der Leitlinien verpflichtet ist, sicherzustellen, dass die festgesetzten Zwischenbeträge der Geldbußen jeden Unterschied zwischen den Gesamtumsätzen der betreffenden Unternehmen abbilden.

184    Im vorliegenden Fall geht aus den Randnrn. 681 bis 683, 688 bis 693 und 701 bis 705 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission eine zweistufige Differenzierung zwischen den betreffenden Unternehmen vorgenommen hat. Zunächst hat sie im Einklang mit Nr. 1 A Abs. 6 der Leitlinien eine Differenzierung nach Maßgabe des jeden Teilnehmer an der fraglichen Zuwiderhandlung treffenden Teils der Verantwortung vorgenommen. Danach hat sie gemäß Nr. 1 A Abs. 4 der Leitlinien eine Gewichtung vorgenommen, um eine ausreichend abschreckende Wirkung der verhängten Geldbußen zu gewährleisten.

185    Was den jeden Teilnehmer an der fraglichen Zuwiderhandlung treffenden Teil der Verantwortung betrifft, hat die Kommission den auf den EWR bezogenen Marktanteil jedes der auf dem Markt für Kupfer-Installationsrohre tätigen Unternehmen im Jahr 2000 berücksichtigt, dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung. Sie hat hieraus gefolgert, dass die KME-Gruppe der führende Akteur auf dem Markt und daher einer ersten Kategorie von Unternehmen zuzuordnen sei. Die Klägerinnen sowie die IMI‑ und die Outokumpu-Gruppe wurden als mittelgroße Teilnehmer auf dem fraglichen Markt angesehen und der zweiten Kategorie zugeordnet. Die Boliden-Gruppe wurde in die dritte Kategorie eingestuft, während HME und Chalkor zur vierten Kategorie gehören (siehe oben, Randnr. 34).

186    Auf dieser Grundlage hat die Kommission den Ausgangsbetrag der Geldbußen für die KME-Gruppe auf 70 Millionen Euro, für die Klägerinnen, die IMI‑Gruppe und die Outokumpu-Gruppe auf 23,8 Millionen Euro, für die Boliden-Gruppe auf 16,1 Millionen Euro und für Chalkor und HME auf 9,8 Millionen Euro festgesetzt (siehe oben, Randnr. 36).

187    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass nicht beanstandet werden kann, dass die Kommission auf der ersten Stufe der Gewichtung dieser Vorgehensweise gefolgt ist. Im Rahmen der Ermittlung der Geldbuße anhand der Schwere der Zuwiderhandlung ist nämlich, selbst wenn wegen der Einteilung in Gruppen für bestimmte Unternehmen trotz deren unterschiedlicher Größe der gleiche Ausgangsbetrag festgesetzt wird, diese unterschiedliche Behandlung objektiv gerechtfertigt, weil der Art der Zuwiderhandlung bei der Bestimmung ihrer Schwere ein sehr viel größeres Gewicht zukommt als der Unternehmensgröße (vgl. Urteil Degussa/Kommission, Randnr. 330 und die dort angeführte Rechtsprechung).

188    Auf der zweiten Stufe der Gewichtung war die Kommission in Anbetracht des Gesamtumsatzes der Outokumpu-Gruppe der Auffassung, dass der Ausgangsbetrag der gegen diese verhängten Geldbuße um 50 % erhöht werden müsse, um ihr unter Berücksichtigung der Größe des Unternehmens und seiner Gesamtressourcen eine ausreichende abschreckende Wirkung zu verleihen (siehe oben, Randnr. 34).

189    Die Klägerin kann der Kommission nicht zum Vorwurf machen, dass sie diese Abwägung vorgenommen hat. Die Erhöhung des Ausgangsbetrags der gegen Outokumpu verhängten Geldbuße, „um der Größe dieses Unternehmens und seinen Gesamtressourcen gerecht zu werden“ (Randnr. 703 der angefochtenen Entscheidung), hat nämlich nicht zur Folge, dass die Kommission den Ausgangsbetrag der Klägerinnen hätte verringern oder den der KME- und der IMI‑Gruppe hätte erhöhen müssen. Insoweit ist daran zu erinnern (siehe oben, Randnrn. 182 und 183), dass die Kommission im Rahmen einer Änderung des Ausgangsbetrags der Geldbußen zu Abschreckungszwecken nicht dazu verpflichtet ist, sicherzustellen, dass die für die verschiedenen Unternehmen festgesetzten Beträge jeden Unterschied hinsichtlich ihrer Gesamtumsätze abbilden.

190    Im Gegenteil darf die Kommission aus den vorstehend in den Randnrn. 110 und 111 dargestellten Gründen den Betrag der Geldbußen im Rahmen ihres Ermessens in einer pauschalierenden Vorgehensweise anpassen, solange die Geldbußen nicht unter den Umständen des Einzelfalls unangemessen erscheinen.

191    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Geldbuße zur Berücksichtigung des Abschreckungszwecks angepasst wird, um der gewünschten Auswirkung auf das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, Rechnung zu tragen, damit sie im Einklang mit den Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben, im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens weder zu niedrig noch zu hoch ausfällt (Urteil Degussa/Kommission, Randnr. 283).

192    Darüber hinaus sind der Kommission bei der Wahl des Erhöhungssatzes für Großunternehmen dadurch Schranken gesetzt, dass der Ausgangsbetrag auf keinen Fall einen Betrag überschreiten darf, der in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht. Selbst in Fällen, in denen der Umsatz des größten Unternehmens sehr viel höher ist als der der anderen betroffenen Unternehmen, kann es daher möglich sein, dass die Kommission nach Maßgabe der Schwere der fraglichen Zuwiderhandlung den Ausgangsbetrag der gegen das größte Unternehmen verhängten Geldbuße nur geringfügig erhöhen kann.

193    Nach alledem und unter Berücksichtigung der Schwere der fraglichen Zuwiderhandlung, des Marktanteils der Klägerinnen im EWR sowie der Behauptung, dass ihre Größe insgesamt ungefähr der Hälfte der Größe der KME-Gruppe und der IMI‑Gruppe entsprochen habe, ist das Gericht der Auffassung, dass der Ausgangsbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße in Höhe von 23,8 Millionen Euro gerechtfertigt ist.

194    Demnach ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund der rechtsfehlerhaften Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße wegen der Dauer des Kartells

 Vorbringen der Parteien

195    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission bei der Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße wegen der Dauer einer Zuwiderhandlung nach Nr. 1 B der Leitlinien und nach der Rechtsprechung dazu verpflichtet sei, einen im Hinblick auf die besonderen Umstände des Kartells bestimmten Satz anzuwenden. Im vorliegenden Fall habe die Intensität der Zuwiderhandlung hohen Schwankungen unterlegen, insbesondere wenn man die Aussetzungen der Absprachen von 1994 bis 1997 berücksichtige.

196    Durch die mechanische Anwendung des Höchstsatzes von 10 % je Jahr der Zuwiderhandlung habe die Kommission gegen die Leitlinien und gegen die Rechtsprechung verstoßen. Zudem habe die Kommission denselben erschwerenden Umstand, nämlich die Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung von mehr als fünf Jahren, sowohl zur Begründung einer Erhöhung als auch zur Anwendung des Höchstsatzes der Erhöhung von 10 % herangezogen.

197    Ferner sei die von der Kommission in diesem Zusammenhang gegebene Begründung widersprüchlich und genüge nicht den Anforderungen des Art. 253 EG. Hierzu weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Kommission, obwohl sie in Randnr. 710 der angefochtenen Entscheidung angebe, eine Erhöhung um 10 % „für jedes Jahr jenseits des fünften Jahres der Zuwiderhandlung“ vornehmen zu wollen, die Erhöhung auch für die ersten fünf Jahre vorgenommen habe.

198    Die Kommission könne sich nicht darauf berufen, dass die angeführte Randnummer schlecht formuliert sei. Die Folgen einer fehlerhaften Formulierung gingen zu Lasten des Urhebers einer Entscheidung, und wenn eine Entscheidung widersprüchliche Angaben enthalte, gelte diejenige, die zu der für den Betroffenen günstigsten Sanktion führe.

199    Schließlich haben die Klägerinnen in ihrer Klageschrift der Kommission vorgeworfen, in Randnr. 714 der angefochtenen Entscheidung den Ausgangsbetrag der gegen die Buntmetall-Gruppe verhängten Geldbuße für den Zeitraum vor 1999 um 10 % erhöht zu haben. Wie sich jedoch aus Randnr. 706 der angefochtenen Entscheidung und den Leitlinien ergebe, gebe es für eine Erhöhung gegenüber der Buntmetall-Gruppe für diesen Zeitraum keinen Grund. Hierzu haben die Klägerinnen in Beantwortung von Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung gelieferten Erläuterungen sie zufrieden gestellt hätten und sie nicht mehr geltend machten, dass der Betrag der gegen sie verhängten Geldbußen fehlerhaft berechnet worden sei, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.

 Würdigung durch das Gericht

200    Was erstens die Rüge angeht, die sich auf die angeblich widersprüchliche Begründung stützt sowie auf die Behauptung, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung darauf verzichtet, den Ausgangsbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße für die ersten fünf Jahre der Zuwiderhandlung zu erhöhen, ist festzustellen, dass alle Entscheidungen, auf die die Kommission in der Fußnote Nr. 1028 der angefochtenen Entscheidung verweist, um ihre Praxis bei der Erhöhung wegen der Dauer zu illustrieren, Sachen betreffen, in denen die Ausgangsbeträge der Geldbußen um 10 % je Jahr erhöht wurden.

201    Daher lässt Randnr. 710 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit den dort zitierten Entscheidungen und Nr. 1 B der Leitlinien keinen Zweifel an der Absicht der Kommission, den Ausgangsbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße um 10 % je Jahr der Zuwiderhandlung zu erhöhen. Die von den Klägerinnen in dieser Hinsicht erhobenen Rügen sind daher zurückzuweisen.

202    Was zweitens die Begründetheit des Klagegrundes angeht, ist zu beachten, dass eine Erhöhung der Geldbuße nach Maßgabe der Dauer nicht auf den Fall beschränkt ist, dass zwischen der Dauer und einer erhöhten Schädigung der mit den Wettbewerbsregeln verfolgten Ziele ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 278 und die dort angeführte Rechtsprechung).

203    Aus den Leitlinien geht zudem hervor, dass die Kommission weder eine Überschneidung noch eine Wechselwirkung zwischen der Beurteilung der Schwere und der Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung hergestellt hat.

204    Im Gegenteil ergibt sich erstens aus dem Aufbau der Leitlinien, dass sie die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung als solcher vorsehen, um einen allgemeinen Ausgangsbetrag der Geldbuße zu bestimmen. Zweitens wird die Schwere der Zuwiderhandlung anhand der Merkmale des betreffenden Unternehmens, insbesondere seiner Größe und seiner Stellung auf dem relevanten Markt, geprüft; dies kann zur Gewichtung des Ausgangsbetrags, zur Einteilung der Unternehmen in Kategorien und zur Festsetzung eines spezifischen Ausgangsbetrags führen. Drittens wird die Dauer des Verstoßes bei der Festsetzung des Grundbetrags berücksichtigt, und viertens sehen die Leitlinien die Berücksichtigung erschwerender und mildernder Umstände vor, die es ermöglichen, die Geldbuße insbesondere nach Maßgabe der aktiven oder passiven Rolle der betreffenden Unternehmen bei der Durchführung der Zuwiderhandlung anzupassen.

205    Hieraus folgt, dass die bloße Tatsache, dass sich die Kommission bei Langzeitverstößen die Möglichkeit einer Erhöhung von bis zu 10 % des für die Schwere der Zuwiderhandlung festgestellten Betrags je Jahr der Zuwiderhandlung vorbehalten hat, sie nicht dazu verpflichtet, diesen Erhöhungssatz nach Maßgabe der Intensität oder der Wirkungen der Aktivitäten des Kartells oder der Schwere der Zuwiderhandlung festzusetzen. Es obliegt nämlich der Kommission, den Erhöhungssatz, den sie wegen der Dauer der Zuwiderhandlung anwenden will, im Rahmen ihres Ermessens (siehe oben, Randnrn. 110 und 111) zu bestimmen.

206    Was die Rüge betrifft, die Kommission habe denselben Umstand, nämlich die mehr als fünfjährige Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung, sowohl zur Begründung der Erhöhung als auch für die Festsetzung des Höchstsatzes von 10 % herangezogen, vermag das Gericht es nicht als rechtswidrig anzusehen, dass die Dauer einer Zuwiderhandlung nicht nur die Erhöhung des Grundbetrags als solche auslöst, sondern gegebenenfalls auch den endgültigen Erhöhungssatz bestimmt. Wie vorstehend in Randnr. 205 ausgeführt worden ist, ist die Kommission nicht verpflichtet, bei der Wahl des angewandten Erhöhungssatzes aufgrund der Dauer der Zuwiderhandlung die Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

207    Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die Ausgangsbeträge der Geldbußen um 10 % für jedes ganze Jahr der Zuwiderhandlung und um 5 % für jeden zusätzlichen Zeitraum von sechs oder mehr Monaten, der aber kürzer als ein Jahr war, erhöht hat. Damit ist die Kommission nicht von den Regeln abgewichen, die sie sich in den Leitlinien selbst gesetzt hat.

208    Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass die Erhöhung des Ausgangsbetrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße, die die Kommission vorgenommen hat, im vorliegenden Fall nicht offensichtlich unverhältnismäßig ist.

 Zum Klagegrund der rechtsfehlerhaften Anwendung der Regeln über die Verjährungsfristen

 Vorbringen der Parteien

209    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, dass das Kartell zwischen August 1994 und Juli 1997 unterbrochen gewesen sei. Folglich greife für den Zeitraum vor der Unterbrechung die Verfolgungsverjährung gemäß Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003. Die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie zu der Schlussfolgerung gelangt sei, dass in diesem Zeitraum eine Kontinuität des Kartells bestanden habe. Zur Stützung ihrer Position verweist Wieland zunächst auf die Akte, insbesondere auf die von der KME-Gruppe, Outokumpu und Mitarbeitern von Outokumpu im Verwaltungsverfahren abgegebenen Erklärungen. Aus diesen gehe hervor, dass die Kommission nicht rechtlich hinreichend habe nachweisen können, dass die Kartelltätigkeiten während des streitigen Zeitraums nicht unterbrochen gewesen seien.

210    Auch der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 127, 214, 485, 491 und 733) ließen sich zahlreiche Hinweise entnehmen, dass das Kartell zwischen August 1994 und Juli 1997 zum Erliegen gekommen sei.

211    Die Unterbrechung der Kontakte während des streitigen Zeitraums sei vor dem Hintergrund der Marktentwicklung auch plausibel. Aufgrund der Wiedervereinigung Deutschlands sei es zu einer sehr großen Nachfrage auf dem Markt für Kupfer-Installationsrohre gekommen, was die Koordinierung von Marktverhalten nicht nur überflüssig, sondern unmöglich gemacht habe.

212    Dem Treffen zwischen der KME-Gruppe, den Klägerinnen und einer dritten Partei vom 26. September 1995 sei kein wettbewerbswidriger Charakter zu unterstellen, da die dritte Partei nicht am Kartell teilgenommen habe.

213    Die Kommission beantragt die Zurückweisung dieses Klagegrundes.

 Würdigung durch das Gericht

214    Aus den Randnrn. 127, 141, 149, 154, 158, 159, 161, 484 und 494 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die „SANCO-Hersteller“ und die „WICU- und Cuprotherm-Hersteller“, zu denen die Klägerinnen gehörten, häufig detaillierte Informationen über die Absatzmengen der Kupfer-Installationsrohre während der gesamten Dauer des Kartells, einschließlich zwischen 1994 und 1997, untereinander ausgetauscht haben, was von den Klägerinnen nicht bestritten wird. Wie aus den vorstehenden Randnrn. 152 bis 157 hervorgeht, war dieser Austausch von Daten rechtswidrig und gehörte zu den Bestandteilen des Kartells.

215    Darüber hinaus stellen die Klägerinnen nicht die von der Kommission in den Randnrn. 288 und 289 der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen in Frage, wonach sie an Kartelltreffen im Mai 1996 und im Juni 1997 teilgenommen hätten. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die während des Treffens vom 26. September 1995 zwischen der KME-Gruppe und den Klägerinnen besprochenen Themen einen kollusiven Charakter hatten, wie aus Randnr. 172 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht. Die Tatsache, dass auch eine dritte Partei anwesend war und dass deren Verantwortlichkeit nicht festgestellt worden ist, nimmt diesem Treffen nicht seinen wettbewerbswidrigen Charakter.

216    Hieraus folgt, dass die Klägerinnen zu Unrecht geltend machen, dass das Kartell zwischen August 1994 und Juli 1997 unterbrochen gewesen sei. Demnach ist dieser Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund der Nichtberücksichtigung bestimmter mildernder Umstände

 Vorbringen der Parteien

217    Im Rahmen dieses Klagegrundes erheben die Klägerinnen vier Rügen.

218    Erstens habe die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße die schwierige Marktlage der Kupfer-Installationsrohrbranche und die Tatsache, dass in diesem Sektor nur sehr niedrige Umsatzrenditen erzielt würden, nicht berücksichtigt und damit gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen.

219    Zweitens habe die Kommission unter Verstoß gegen die Leitlinien die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerinnen die Teilnahme am Kartell nach den Nachprüfungen der Kommission freiwillig eingestellt habe.

220    Drittens habe die Kommission gegen den „Gleichheitsgrundsatz“ verstoßen, indem sie die gegenüber der Outokumpu- und der KME-Gruppe verhängten Geldbußen auf der Grundlage einer Kooperation außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 herabgesetzt habe, obwohl diese Ermäßigung den Klägerinnen hätte gewährt werden müssen. Hierzu machen die Klägerinnen geltend, dass sie und nicht Outokumpu als erste den entscheidenden Beweis für die Kontinuität des Kartells zwischen 1994 und 1997 geliefert hätten.

221    Jedenfalls ergebe sich aus den Randnrn. 194, 774, 785 und 786 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kooperationsleistung der Klägerinnen außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 den Kooperationsleistungen der KME-Gruppe und der Outokumpu-Gruppe zumindest gleichwertig gewesen sei. Die Kommission habe aber nicht in Betracht gezogen, die Geldbuße der Klägerinnen im Hinblick auf ihre Kooperation außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 zu ermäßigen.

222    Bei einer analogen Anwendung von Nr. 23 der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) hätte es der Gleichheitsgrundsatz erfordert, auch im Hinblick auf die Klägerinnen eine solche Ermäßigung zu prüfen. Die Kommission habe insofern auch gegen ihre Begründungspflicht verstoßen. Hätte sie objektive Gründe für eine Versagung der Ermäßigung gegenüber den Klägerinnen gehabt, so hätte sie diese in der angefochtenen Entscheidung mitteilen müssen.

223    Die Klägerinnen seien auch diskriminiert worden, da, wie sich aus den Randnrn. 757 ff. und 768 ff. der angefochtenen Entscheidung ergebe, eine Doppelbewertung der jeweiligen Kooperation der KME-Gruppe und der Outokumpu-Gruppe stattgefunden habe.

224    Viertens sei der Kommission in Randnr. 714 der angefochtenen Entscheidung ein Rechenfehler zugunsten der Outokumpu-Gruppe unterlaufen.

225    Die Kommission beantragt die Zurückweisung dieses Klagegrundes.

 Würdigung durch das Gericht

226    Erstens ist die Behauptung, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, indem sie die angeblich schwierige wirtschaftliche Lage der Kupfer-Installationsrohrbranche nicht als mildernden Umstand eingestuft habe, offensichtlich unbegründet.

227    Aus der Rechtsprechung (vgl. Urteile des Gerichts vom 29. November 2005, Heubach/Kommission, T‑64/02, Slg. 2005, II‑5137, Randnr. 139, und vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 345 und die dort angeführte Rechtsprechung) ergibt sich nämlich, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die schlechte Finanzlage der betroffenen Branche als mildernden Umstand zu berücksichtigen, und dass sie deshalb, weil sie in früheren Rechtssachen die wirtschaftliche Situation der Branche als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis nicht unbedingt fortsetzen muss. Kartelle entstehen nämlich im Allgemeinen gerade dann, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, Randnr. 510, und Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 207). Ebenso wenig kann die Kommission verpflichtet sein, bei der Festsetzung des Betrags der Geldbußen die niedrige Umsatzrendite zu berücksichtigen, die in dem betroffenen Wirtschaftszweig angeblich erzielt wird.

228    In Bezug auf die zweite Rüge ist daran zu erinnern, dass nach Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien die „Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen)“ zu den mildernden Umständen gehört. Eine Herabsetzung der Geldbuße wegen der Beendigung einer Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission kann jedoch nicht automatisch eintreten, sondern hängt von einer Bewertung der Umstände des Einzelfalls durch die Kommission im Rahmen ihres Ermessens ab (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, Slg. 2008, II‑1333, Randnr. 436).

229    Im vorliegenden Fall hatte die in Frage stehende Zuwiderhandlung ein geheimes Kartell zum Zweck der Festsetzung von Preisen und der Aufteilung von Märkten zum Gegenstand. Ein derartiges Kartell wird durch Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und c EG ausdrücklich untersagt und stellt eine besonders schwere Zuwiderhandlung dar. Die Beteiligten mussten sich daher der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst sein. Dass das Kartell geheim war, bestätigt, dass dies der Fall war. Nach Auffassung des Gerichts besteht daher kein Zweifel daran, dass die Zuwiderhandlung von den Beteiligten vorsätzlich begangen wurde. Das Gericht hat jedoch bereits entschieden, dass die Beendigung einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand gewertet werden kann, wenn sie auf das Eingreifen der Kommission zurückzuführen ist (Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Ensidesa/Kommission, T‑157/94, Slg. 1999, II‑707, Randnr. 498).

230    Nach alledem ist die Rüge der Klägerinnen als unbegründet zurückzuweisen.

231    Darüber hinaus ist das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass die Tatsache, dass die Klägerinnen die in Rede stehende Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission beendet haben, auf keinen Fall eine Herabsetzung des Betrags der gegen sie verhängten Geldbuße rechtfertigt. Diese Beendigung war nämlich nur eine angemessene und normale Reaktion auf das Eingreifen der Kommission und kann nicht einer eigenständigen Initiative gleichgestellt werden. Außerdem stellte sie nur die Rückkehr zu rechtmäßigem Verhalten dar und hat nicht dazu beigetragen, dass die Kommission die Verstöße wirksamer verfolgen konnte.

232    Was drittens die Rüge betrifft, die Kommission hätte zugunsten der Klägerinnen Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien anwenden müssen, ist festzustellen, dass die Kommission die Anwendung dieser Vorschrift dem Unternehmen vorbehalten darf, das ihr als erstes Informationen geliefert hat, die es ihr erlaubten, ihre Untersuchung zu erweitern und die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine schwerere Zuwiderhandlung oder eine Zuwiderhandlung von längerer Dauer nachzuweisen.

233    Das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission hätte Nr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 analog anwenden müssen, ist zurückzuweisen. Aus dieser Bestimmung geht nämlich hervor, dass ihre Anwendung ebenfalls dem ersten Unternehmen vorbehalten ist, das Beweismittel liefert, die eine direkte Auswirkung auf die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells haben. Folglich kann insoweit auch kein Verstoß gegen die Begründungspflicht vorliegen.

234    Daher kann die Rüge der Klägerinnen nur Erfolg haben, wenn sie nachweisen, dass sie die Ersten gewesen sind, die der Kommission Informationen geliefert haben, die es ihr erlaubten, ihre Untersuchung zu erweitern und die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine schwerere Zuwiderhandlung oder eine Zuwiderhandlung von längerer Dauer nachzuweisen.

235    Die Klägerinnen erfüllen diese Voraussetzung jedoch nicht. Der in Randnr. 172 der angefochtenen Entscheidung erwähnte Beweis für die Kontinuität des Kartells zwischen 1995 und 1997 stammt nach Angaben der Kommission, denen die Klägerinnen nicht widersprochen haben, aus in den Räumlichkeiten der Klägerinnen durchgeführten Nachprüfungen.

236    Außerdem geht aus ihrem Antrag vom 23. Januar 2003 auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 hervor, dass Wieland das Jahr 1993 als vermutliches Jahr des Beginns des Kartells genannt hat. Dagegen ergibt sich aus den Randnrn. 758 und 774 der angefochtenen Entscheidung, was von den Klägerinnen nicht bestritten wird, dass die Outokumpu-Gruppe die Kommission bereits im Jahr 2001 darüber informiert hatte, dass sich das Kartell über einen Zeitraum von den achtziger Jahren bis zum Jahr 2001 erstreckte.

237    Im Übrigen kann die Tatsache, dass der Outokumpu- und der KME-Gruppe in Anwendung sowohl der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 als auch der Leitlinien eine Ermäßigung der gegen sie verhängten Geldbußen gewährt wurde, weil sie mit der Kommission zusammengearbeitet haben, keine Diskriminierung der Klägerinnen darstellen. Wenn die Klägerinnen die Ersten gewesen wären, die der Kommission Informationen geliefert hätten, die es ihr erlaubt hätten, ihre Untersuchung zu erweitern, hätte es zu ihren Gunsten zur Anwendung sowohl der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 als auch der Leitlinien kommen können.

238    Viertens ist im Hinblick auf den Grundsatz, nach dem sich niemand auf einen Rechtsverstoß zugunsten eines anderen berufen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T‑68/04, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 119 und die dort angeführte Rechtsprechung), das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, die Kommission habe in Randnr. 759 der angefochtenen Entscheidung einen Rechenfehler zugunsten der Outokumpu-Gruppe begangen. Jedenfalls haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung gelieferte Erläuterung in Bezug auf die Berechnung des Betrags der gegen die Outokumpu-Gruppe verhängten Geldbuße sie zufrieden gestellt habe, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.

239    Nach alledem ist dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum Klagegrund eines Rechenfehlers in Bezug auf die Aufteilung des Bußgeldbetrags zwischen den Klägerinnen

240    In ihrer Klageschrift machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei nach der Aufteilung des Ausgangsbetrags zwischen ihnen zu fehlerhaften Ergebnissen komme, die sich durch die gesamte Entscheidung zögen und im Ergebnis niederschlügen. In Beantwortung von Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen jedoch erklärt, dass die von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung gelieferten Erläuterungen sie zufrieden gestellt hätten und sie nicht mehr geltend machten, dass die Berechnung des Betrags der gegen sie verhängten Geldbuße fehlerhaft sei, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.

241    Daher ist über diesen Klagegrund nicht mehr zu entscheiden.

3.     Zur Widerklage

 Zum Widerklageantrag, der auf das Bestreiten der Kontinuität des Kartells durch die Klägerinnen gestützt ist

 Vorbringen der Parteien

242    In ihrer Klagebeantwortung fordert die Kommission die Klägerinnen auf, ausdrücklich zu erklären, ob sie in Bezug auf den Nachweis der Kontinuität des Kartells zuvor nicht bestrittene Tatsachen bestritten. Sollte dies der Fall sein, seien die Beträge der gegen die Klägerinnen verhängten Bußgelder zu erhöhen, da die ihnen gewährte Ermäßigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 darauf beruht habe, dass sie, nachdem sie die Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten hätten, die Tatsachen, auf die sie ihre Vorwürfe gestützt habe, nicht bestritten hätten.

243    Die Klägerinnen beantragen, diesen Antrag zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

244    Es ist festzustellen, dass die Kommission weder auf ein bestimmtes Beweisstück in Bezug auf den Nachweis der Kontinuität des Kartells in der Akte Bezug genommen noch Argumente zur Stützung ihres Antrags ausgeführt hat. Hieraus folgt, dass die Klagebeantwortung, was diesen Antrag betrifft, nicht den Anforderungen des Art. 46 § 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichts genügt. Daher ist die Widerklage, soweit sie auf das Bestreiten der Kontinuität des Kartells durch die Klägerinnen gestützt ist, als unzulässig abzuweisen.

 Zum Widerklageantrag, der auf die die Klägerinnen möglicherweise gegenüber Chalkor und der IMI‑Gruppe begünstigende Behandlung gestützt ist

 Vorbringen der Parteien

245    Die Kommission stellt fest, die IMI‑Gruppe und Chalkor hätten jeweils in ihren Klageschriften in den Rechtssachen T‑18/05 und T‑21/05 geltend gemacht, dass die Kommission bei der Festsetzung des Betrags der Geldbußen nicht berücksichtigt habe, dass sie an den SANCO-Vereinbarungen und den WICU- und Cuprotherm-Vereinbarungen nicht beteiligt gewesen seien und sie damit eine weniger schwere Zuwiderhandlung begangen hätten als die Klägerinnen, die Boliden-Gruppe und die KME-Gruppe. Das Vorbringen der IMI‑Gruppe und von Chalkor werfe die Frage einer Diskriminierung zwischen den Teilnehmern des Kartells im Rahmen einer Zuwiderhandlung auf, die als einheitlich angesehen worden sei.

246    Für den Fall, dass das Gericht dieses Vorbringen der IMI‑Gruppe und von Chalkor zulassen sollte, müsse es in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eher eine Erhöhung des Betrags der gegen die KME-Gruppe, die Boliden-Gruppe und Wieland verhängten Geldbußen in Betracht ziehen, als den Betrag der gegen die IMI‑Gruppe und Chalkor verhängten Geldbußen herabzusetzen.

247    Die Klägerinnen beantragen, diesen Antrag zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

248    Es ist festzustellen, dass das Gericht in seinen heute erlassenen Urteilen IMI u. a./Kommission (T‑18/05, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) und Chalkor/Kommission (T‑21/05, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) entschieden hat, dass die IMI‑Gruppe und Chalkor eine weniger schwere Zuwiderhandlung begangen haben als die Boliden-Gruppe, die KME-Gruppe und Wieland und dass die Kommission einen Fehler begangen hat, indem sie diesen Gesichtspunkt bei der Berechnung des Betrags der Geldbußen nicht berücksichtigt hat.

249    Das Gericht hat außerdem in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entschieden, dass der von der Kommission festgesetzte Ausgangsbetrag der Geldbußen im Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung, die die drei Teile des Kartells insgesamt ergeben, angemessen war und dass die Ausgangsbeträge der gegen die IMI‑Gruppe und Chalkor verhängten Geldbußen herabzusetzen waren, um den Umstand zu berücksichtigen, dass die Kommission diese in Bezug auf die SANCO-Vereinbarungen nicht verantwortlich gemacht hat (Urteile IMI u. a./Kommission, Randnrn. 166, 167 und 189, und Chalkor/Kommission, Randnrn. 104, 105 und 185).

250    Folglich ist die Widerklage der Kommission abzuweisen.

 Kosten

251    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 87 § 3 kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist. Gemäß Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Organe, wenn sie einem Rechtsstreit beitreten, ihre eigenen Kosten.

252    Im vorliegenden Fall sind die Klägerinnen mit ihrer Klage und ist die Kommission mit ihrer Widerklage unterlegen. Da Letztere nur auf eine geringfügige Erhöhung des Betrags der Geldbußen abzielte, ist festzustellen, dass im Wesentlichen die Klägerinnen mit ihren Klageanträgen unterlegen sind. Unter diesen Umständen ist zu entscheiden, dass die Klägerinnen ihre eigenen Kosten und 90 % der Kosten der Kommission tragen, während die Kommission 10 % ihrer eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Widerklage der Europäischen Kommission wird abgewiesen.

3.      Die Wieland-Werke AG, die Buntmetall Amstetten GmbH und die Austria Buntmetall AG tragen ihre eigenen Kosten und 90 % der Kosten der Kommission.

4.      Die Kommission trägt 10 % ihrer eigenen Kosten.

5.      Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Wahl

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Mai 2010.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

1.  Verwaltungsverfahren

2.  Angefochtene Entscheidung

Relevante Produkte und relevanter Markt

Elemente der in Rede stehenden Zuwiderhandlung

Dauer und Kontinuität der in Rede stehenden Zuwiderhandlung

Festsetzung des Betrags der Geldbußen

Ausgangsbeträge der Geldbußen

–  Schwere

–  Differenzierte Behandlung

Grundbetrag der Geldbußen

Erschwerende und mildernde Umstände

Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996

Endgültiger Betrag der Geldbußen

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

Rechtliche Würdigung

1.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

Zur Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz ne bis in idem

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund der rechtswidrigen Verfahrenstrennung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

2.  Zum Antrag auf Herabsetzung des Betrags der Geldbuße

Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen den „Billigkeitsgrundsatz“

Zum Klagegrund des überhöhten Ausgangsbetrags der Geldbuße

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

–  Zum Begründungsmangel

–  Zum Verstoß gegen Verteidigungsrechte

–  Zur Art des Kartells

–  Zu den Auswirkungen des Kartells auf die Preise

–  Zum Informationsaustauschsystem

–  Zur Größe des Marktes

–  Zum Verhältnis zwischen dem auf dem Markt für Kupfer-Installationsrohre erzielten Umsatz und dem Gesamtumsatz

Zum Klagegrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund der rechtsfehlerhaften Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße wegen der Dauer des Kartells

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund der rechtsfehlerhaften Anwendung der Regeln über die Verjährungsfristen

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund der Nichtberücksichtigung bestimmter mildernder Umstände

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Klagegrund eines Rechenfehlers in Bezug auf die Aufteilung des Bußgeldbetrags zwischen den Klägerinnen

3.  Zur Widerklage

Zum Widerklageantrag, der auf das Bestreiten der Kontinuität des Kartells durch die Klägerinnen gestützt ist

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Zum Widerklageantrag, der auf die die Klägerinnen möglicherweise gegenüber Chalkor und der IMI‑Gruppe begünstigende Behandlung gestützt ist

Vorbringen der Parteien

Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.