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BESCHLUSS DES GERICHTS (Dritte Kammer)

31. März 2023(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke Near-to-Prime – Absoluter Nichtigkeitsgrund – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) – Klage, die offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrt“

In der Rechtssache T‑472/22,

Mocom Compounds GmbH & Co. KG mit Sitz in Hamburg (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwältin J. Bornholdt,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch T. Klee als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO:

Centemia Conseils mit Sitz in Angevillers (Frankreich),

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten F. Schalin sowie der Richterin P. Škvařilová-Pelzl und des Richters I. Nõmm (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, die Mocom Compounds GmbH & Co. KG, die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 24. Mai 2022 (Sache R 2178/2021-1) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) aufzuheben bzw. abzuändern.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 20. November 2020 stellte die andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer, Centemia Conseils, beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung der Unionsmarke, die aufgrund einer Anmeldung der Klägerin vom 8. März 2017 für das Wortzeichen Near-to-Prime eingetragen worden war.

3        Die Nichtigerklärung wurde für alle folgenden von der angegriffenen Marke erfassten Waren der Klasse 1 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung beantragt: „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Kunstharz und Kunststoffe im Rohzustand; thermoplastische Kunststoffe, als compounds, einschließlich deren Bestandteile, soweit in Klasse 1 enthalten; alle vorgenannten Waren insbesondere Silan und/oder Glasfasern und/oder Polypropylen enthaltend; alle vorgenannten Waren mit Ausnahme von Chemikalien zur Verwendung in Tiernahrung, Tiergesundheit und zur Verwendung in der Landwirtschaft, im Gartenbau und in der Forstwirtschaft“.

4        Der Antrag auf Nichtigerklärung wurde auf Art. 59 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) gestützt.

5        Am 12. November 2021 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag auf Nichtigerklärung auf der Grundlage von Art. 59 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 statt.

6        Am 21. Dezember 2021 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

7        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, es bestehe ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen der Bedeutung der angegriffenen Marke und den gekennzeichneten Waren für die maßgeblichen Verkehrskreise, die sich aus den englischsprachigen Geschäftskunden dieser Waren zusammensetzten. Die Marke werde in der Geschäftswelt seit ihrer Eintragung als beschreibend für ein Merkmal der in Rede stehenden Waren wahrgenommen und bringe zum Ausdruck, dass diese Waren die Anforderungen, um als „prime“ („erstklassig“) qualifiziert zu werden, zwar nicht vollständig erfüllten, jedoch annähernd diesem Standard entsprächen. Die Verwendung von Großbuchstaben und Bindestrichen in dem Wortzeichen, aus dem diese Marke bestehe, ändere nichts an ihrer Wahrnehmung.

 Anträge der Parteien

8        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        diese Entscheidung dahin abzuändern, dass die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung aufgehoben und der Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke zurückgewiesen wird;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

9        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

10      Nach Art. 126 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn eine Klage offensichtlich unzulässig ist oder ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt, auf Vorschlag des Berichterstatters jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne das Verfahren fortzusetzen.

11      Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts für ausreichend unterrichtet, um in Anwendung von Art. 126 der Verfahrensordnung ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden, auch wenn eine Partei, hier die Klägerin, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 11. Dezember 2018, Hamburg Beer Company/EUIPO [Hamburg Beer Company], T‑6/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:981, Rn. 11, vom 26. September 2019, Nissin Foods Holdings/EUIPO – The GB Foods [Soba JAPANESE FRIED NOODLES], T‑663/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:716, Rn. 11, und vom 22. Oktober 2020, Grammer/EUIPO [Darstellung einer geometrischen Figur], T‑833/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:509, Rn. 15).

12      Da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der in Rede stehenden Anmeldung, d. h. der 8. März 2017, maßgeblich ist, sind auf den Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) anwendbar (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 23. April 2020, Gugler France/Gugler und EUIPO, C‑736/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:308, Rn. 3 und die dort angeführte Rechtsprechung).

13      Folglich sind, was das materielle Recht betrifft, die Verweise der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung sowie die Verweise der Parteien in ihrem Vorbringen auf Art. 59 Abs. 1 Buchst. a und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 als Verweise auf die inhaltsgleichen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 zu verstehen.

14      Die Klägerin stützt ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie im Wesentlichen eine fehlerhafte Anwendung von Art. 52 Abs. 1 Buchst. a und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 rügt.

15      Sie wirft der Beschwerdekammer vor, von einem rein beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke ausgegangen zu sein, obwohl diese Marke mehrere Bestandteile aufweise, die für die englische Sprache ungewöhnlich seien, nämlich die Verbindung von drei Adjektiven bzw. Adverbien, die besondere und ungewöhnliche Verwendung von Groß- und Kleinbuchstaben sowie die Kombination der Adverbien „near“ und „to“. Außerdem sei die Rechtsprechung, auf die sich die Beschwerdekammer gestützt habe, nicht einschlägig, und im Wesentlichen habe die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt, dass die von der anderen Beteiligten des Verfahrens vorgelegten Nachweise den beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke zum Zeitpunkt ihrer Eintragung bestätigten. Schließlich beziehe sich Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung nicht auf die Marke, sondern auf das Zeichen Next-to-Prime.

16      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

17      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 eine Unionsmarke für nichtig erklärt wird, wenn sie entgegen den Vorschriften von Art. 7 dieser Verordnung eingetragen worden ist, und dass für die Prüfung eines auf Art. 52 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung gestützten Antrags auf Nichtigerklärung allein der Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke maßgeblich ist.

18      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Gemäß Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung finden die Vorschriften von Art. 7 Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Union vorliegen.

19      Außerdem werden Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung begehrt wird, dienen können, nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteil vom 2. Mai 2012, Universal Display/HABM [UniversalPHOLED], T‑435/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:210, Rn. 15; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 23. Oktober 2003, HABM/Wrigley, C‑191/01 P, EU:C:2003:579, Rn. 30).

20      Folglich fällt ein Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 aufgestellte Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es den betreffenden Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2014, Larrañaga Otaño/HABM [GRAPHENE], T‑458/13, EU:T:2014:891, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Die Wahl des Begriffs „Merkmal“ durch den Gesetzgeber hebt den Umstand hervor, dass die von dieser Bestimmung erfassten Zeichen nur solche sind, die dazu dienen, eine leicht von den beteiligten Verkehrskreisen zu erkennende Eigenschaft der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird, zu bezeichnen. So hat der Gerichtshof bereits hervorgehoben, dass die Eintragung eines Zeichens auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 nur dann verweigert werden kann, wenn vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass es von den beteiligten Verkehrskreisen tatsächlich als eine Beschreibung eines dieser Merkmale erkannt werden wird (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 50). Somit spielt es zwar keine Rolle, ob ein solches Merkmal wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich ist (Urteil vom 12. Februar 2004, Koninklijke KPN Nederland, C‑363/99, EU:C:2004:86, Rn. 102); ein Merkmal im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 muss aber gleichwohl objektiv sein und der Natur der in Rede stehenden Ware oder Dienstleistung innewohnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2018, Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise/EUIPO, C‑488/16 P, EU:C:2018:673, Rn. 44).

22      Um eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, als beschreibend im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ansehen zu können, genügt es außerdem nicht, dass für jeden dieser Bestandteile gegebenenfalls ein beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter muss auch für die Neuschöpfung oder das Wort selbst festgestellt werden. Eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder Merkmale der in der Anmeldung beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, ist jedoch selbst für die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung beschreibend, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend stark von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. Insoweit ist auch die Analyse des fraglichen Ausdrucks anhand der maßgeblichen lexikalischen und grammatikalischen Regeln von Bedeutung (vgl. Urteil vom 14. Juni 2017, LG Electronics/EUIPO [Second Display], T‑659/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:387, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Der Rechtsprechung zufolge lässt sich der beschreibende Charakter eines Zeichens ferner nur nach dessen Verständnis aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise und im Hinblick auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen beurteilen (vgl. Urteil vom 7. Juni 2005, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft/HABM [MunichFinancialServices], T‑316/03, EU:T:2005:201, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Schließlich führt nach der Rechtsprechung ein Schreibfehler ohne Auswirkung darauf, dass die Beteiligten die in Rede stehende Argumentation der angefochtenen Entscheidung nachvollziehen können (Urteil vom 7. Juni 2018, Sipral World/EUIPO – La Dolfina [DOLFINA], T‑882/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:336, Rn. 28) oder die Begründung der genannten Entscheidung und ihren Tenor im Anschluss an deren Gesamtlektüre verstehen können (Beschluss vom 6. September 2016, Lidl Stiftung/EUIPO, C‑237/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:667, Rn. 56), nicht dazu, dass die betreffende Entscheidung mit einer Rechtswidrigkeit behaftet ist, die ihre Aufhebung rechtfertigt.

25      Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer, wie die Klägerin geltend macht, mit ihrer Feststellung, dass die angegriffene Marke bei ihrer Eintragung beschreibenden Charakter gehabt habe, gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a und Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen hat.

26      Als Erstes hat die Beschwerdekammer zu den maßgeblichen Verkehrskreisen, auf die bei der Beurteilung des absoluten Eintragungshindernisses abzustellen ist, in Rn. 16 der angefochtenen Entscheidung, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, beurteilungsfehlerfrei festgestellt, dass, da sich die in Rede stehenden Waren an Geschäftskunden richteten und das Wortzeichen, aus dem die angegriffene Marke bestehe, sich aus Elementen der englischen Sprache zusammensetze, auf den englischsprachigen Teil des Unionsgebiets abzustellen sei.

27      Als Zweites hat die Beschwerdekammer zu der Frage, wie das Wortzeichen, aus dem die angegriffene Marke besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen verstanden wird, in Rn. 18 der angefochtenen Entscheidung ebenfalls beurteilungsfehlerfrei festgestellt, dass die sprachliche Neuschöpfung „Near-to-Prime“ ohne Weiteres im Sinne von „nahezu erstklassig“ verstanden werden könne.

28      Insoweit erzeugen entgegen dem Vorbringen der Klägerin weder die Präposition „to“ noch die Verwendung von Großbuchstaben und Bindestrichen einen merklichen Unterschied zwischen dem Wortzeichen, aus dem die angegriffene Marke besteht, und der Bedeutung, die den verwendeten Wörtern „near“ und „prime“ im Sinne der oben in Rn. 22 angeführten Rechtsprechung beizumessen ist.

29      Erstens ist festzustellen, dass die Verwendung der Präposition „to“ nach dem Adverb „near“ im Englischen nicht so ungewöhnlich ist, wie dies von der Klägerin behauptet wird.

30      Zweitens rechtfertigt es, wie die Beschwerdekammer in den Rn. 23 und 24 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, die Verwendung von Bindestrichen und Großbuchstaben nicht, die sprachliche Neuschöpfung als ungewöhnlich anzusehen. In vergleichbaren Fällen hat der Unionsrichter in dieser Hinsicht entschieden, dass das Vorhandensein oder Fehlen von Bindestrichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2016, Spirig Pharma/EUIPO [Daylong], T‑261/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:220, Rn. 31) bzw. die Verwendung von Großbuchstaben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Oktober 2018, Weber-Stephen Products/EUIPO [iGrill], T‑822/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:693, Rn. 32) keinen Einfluss darauf hat, wie ein Wortzeichen wahrgenommen wird.

31      Als Drittes hat die Beschwerdekammer in Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass das Zeichen, aus dem die angegriffene Marke besteht, mit den in Rede stehenden Waren einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang im Sinne der oben in Rn. 20 angeführten Rechtsprechung aufweist.

32      Erstens geht aus den Rn. 19 und 20 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die andere Beteiligte im Verfahren Nachweise vorgelegt hat, die belegen, dass die Ausdrücke „near prime“ und „near to prime“ zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im Sektor der chemischen Industrie eine besondere Bedeutung gehabt haben, um einen spezifischen Qualitätsparameter der in Rede stehenden Waren zu bezeichnen.

33      Zweitens ist festzustellen, dass die Klägerin die beschreibende Verwendung des Ausdrucks „near prime“ für die Qualität von Chemikalien nicht in Frage stellt. Streitig ist vorliegend allein, inwiefern dieses Ergebnis aufgrund der Unterschiede, die das Wortzeichen gegenüber dem allgemein gebräuchlichen Ausdruck aufweise, auf das Wortzeichen, aus dem die angegriffene Marke besteht, übertragbar ist. Aus den oben in den Rn. 27 bis 30 dargelegten Gründen kann der Argumentation zugunsten einer Übertragbarkeit jedoch nicht gefolgt werden.

34      Als Viertes und Letztes trifft es im Einklang mit der oben in Rn. 24 angeführten Rechtsprechung zwar zu, dass sich die Beschwerdekammer in Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht auf das Wortzeichen Next-to-Prime als angegriffene Marke bezogen hat, jedoch kann der Klägerin nicht gefolgt werden, soweit sie daraus im Wesentlichen den Schluss zieht, dass die Beschwerdekammer ihre Prüfung auf eine falsche tatsächliche Grundlage gestützt habe. Aus den Rn. 2 bis 6, 8, 17 bis 20 und 25 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Beschwerdekammer den beschreibenden Charakter des Wortbestandteils „near-to-prime“ sehr wohl geprüft hat und dass die Bezugnahme auf das Zeichen Next-to-Prime in Rn. 25 dieser Entscheidung einen bloßen Schreibfehler darstellt.

35      Nach alledem hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die angegriffene Marke unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 eingetragen wurde, und die Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung zu Recht zurückgewiesen.

36      Folglich ist die vorliegende Klage als offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend abzuweisen.

 Kosten

37      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

38      Da das EUIPO nur für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, sind dessen Kosten der Klägerin nicht aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrend abgewiesen.

2.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 31. März 2023

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

F. Schalin


*      Verfahrenssprache: Deutsch.